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Libretto & Synopsis - EMI Classics

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Die Handlung<br />

Beim „dritten Tag“ seines „Bühnenfestspiels“ konnte Wagner die ganze Fertigkeit der Wortvertonung, der Orchestration und des<br />

Leitmotiv-Gebrauchs entfalten, die er erworben hatte, als er sich zwischen dem zweiten und dritten Akt des Siegfried mit der<br />

Komposition von Tristan und Isolde und den Meistersingern von Nürnberg befasste. Man muss nur die Verwendung der relativ<br />

einfachen und kurzen, phantomartigen Leitmotive aus dem Rheingold (die Musik der Riesen) mit ihren umfänglicheren, besser<br />

integrierten Nachfolgern der Götterdämmerung vergleichen. Hier scheint das Gebäude der Partitur von Alberichs Fluch mit seiner<br />

fallenden Phrase aufgesogen zu sein; ein deutlich größeres Spektrum an Farben, Tonalität und musikdramatischen Effekten verraten<br />

indessen die reiche Verflechtung und die kontrapunktische Entfaltung bei Abschnitten wie Siegfrieds Rheinfahrt, Siegfrieds<br />

Ankunft in der Halle der Gibichungen oder auch die ungewöhnlichen Intervalle, mit denen Brünnhilde im zweiten Akt in Wut ausbricht<br />

(wo das Orchester binnen weniger Takte von Webers Wolfsschlucht zu Strauss’ Elektra hinüberzuspringen scheint). Neben<br />

diesen „neuen“ Entwicklungen verwendet Wagner auf kluge Weise auch „alte“ Elemente: Einige Duette (der Schwur der<br />

Blutsbrüderschaft) und sogar ein kraftvoller Chor (Hagens Gefolgsleute) wird zugelassen. Das bedeutet nun nicht, wie Bernard<br />

Shaw seine bekannte Klage formulierte, einen Verrat an der Tradition der großen Oper, sondern vielmehr Wagners bewussten<br />

Gebrauch älterer, konventioneller Musikformen zur Darstellung älterer, konventioneller Menschen.<br />

Compact Disc 1<br />

VORSPIEL<br />

Die Szene ist dieselbe wie am Schlusse des zweiten Tages, auf dem Walküren-Felsen.<br />

Die Nornen sind die nordischen Schicksalsgöttinnen. Wagner hat ihnen keine Namen gegeben; in den Sagas heißen die drei<br />

Schwestern jedoch Urd oder Wurd (vgl. die „weird sisters“ des Macbeth), Verdandi und Skuld, wobei die erste für die Vergangenheit,<br />

die zweite für die Gegenwart und die dritte für die Zukunft zuständig ist. Wagner versuchte, die trockenen, änigmatischen<br />

Sprachmuster der Völuspá („Weissagung der Seherin“) aus der poetischen Edda nachzuahmen: „Von da kamen Jungfrauen,<br />

vielwissende/Dreie aus dem See, so unter dem Baume stehet/Die bestimmten das Schicksal, die wählten das Leben/Den<br />

Geschlechtern der Zeiten, der Männer Schicksal.“<br />

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