DEM FISCHRÜCKGANG AUF DER SPUR - Fischnetz
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<strong>Fischnetz</strong>-Schlussbericht nachwachsende Fische<br />
Habitat ist ein Habitat, das über eine lange Zeitperiode<br />
(beispielsweise über mehrere Generationen) keine grosse<br />
Änderung in der Populationsgrösse zeigt, aber dennoch<br />
Individuen «exportiert». Sink-Habitate können sehr grosse<br />
Populationen aufweisen, trotz der offensichtlichen Tatsache,<br />
dass die Sink-Population verschwindet, wenn keine Immigranten<br />
mehr nachkommen [27]. Aufgrund ihrer Mobilität<br />
können Fische durch Verteilung auf verschiedene Habitate<br />
ihre Reproduktions- und Mortalitätsraten zu einem gewissen<br />
Ausmass kontrollieren [28]. Voraussetzung dafür ist eine<br />
uneingeschränkte Ausbreitungsmöglichkeit: Oberläufe und<br />
Seitenbäche können ihre Rolle als Source-Habitat nur spielen,<br />
wenn sie longitudinal (nach oben und unten) vernetzt<br />
sind. Diesbezüglich bestehen in schweizerischen Gewässern<br />
erhebliche Mängel (siehe Hypothese «Lebensraum»). Viele<br />
Seitengewässer sind für aufwandernde Laichtiere nicht<br />
mehr erreichbar, weil beispielsweise durch Verbauungen<br />
oder einer Eintiefung des Hauptgewässers eine Mündungsbarriere<br />
entstanden ist.<br />
Die Beobachtungen in den Mittel- und Unterläufen<br />
schweizerischer Gewässer deuten auf Probleme mit der<br />
Jungfischdichte hin. Wichtige Forellengewässer wie die<br />
Emme, der Liechtensteiner Binnenkanal, der Necker und die<br />
Wigger weisen nur geringe Dichten juveniler Fische in den<br />
Mittel- und/oder Unterläufen auf.<br />
In den Zuflüssen zum Vierwaldstättersee liegen zum überwiegenden<br />
Teil geringe Sömmerlingsdichten vor. Von 35 Gewässerstrecken<br />
weisen 27 zum Grossteil bedeutend weniger<br />
als 1000 0 + -Bachforellen pro Hektar auf. Circa die Hälfte der<br />
Untersuchungsstrecken ist morphologisch und/oder hydrologisch<br />
stark beeinträchtigt. Im Vergleich zu Mittelland- und<br />
Juragewässern ist in den Voralpen im Allgemeinen aufgrund<br />
der geringeren Produktivität mit geringeren Fischbeständen<br />
zu rechnen. Die hier festgestellten geringen Sömmerlingsdichten<br />
deuten jedoch darauf hin, dass es zu wenig<br />
Fischnachwuchs gibt.<br />
5.2.4 Schlussfolgerungen und offene Fragen<br />
Den kleinen Gewässern (Seitenbächen und Oberläufen mit<br />
einer Breite bis circa 3 m) kommt für die natürliche Reproduktion<br />
der Bachforelle eine Schlüsselrolle zu. Damit sich<br />
fortpflanzende Bachforellen in diese Seitengewässer einwandern<br />
können, muss die Vernetzung der Gewässer funktionieren.<br />
Dies ist in sehr vielen Gewässern nicht der Fall<br />
(beispielsweise Töss Oberlauf [29], Sitter [30]) und ist eines<br />
der wichtigsten Defizite unserer Gewässer. Die Situation wird<br />
sich künftig eher noch verschlimmern, da die Eintiefung der<br />
Hauptgewässer aufgrund des anhaltenden Geschieberückhalts<br />
in den Zubringern weiter fortschreiten wird.<br />
Die Resultate der Sömmerlingsstudie deuten nicht darauf<br />
hin, dass es in den untersuchten kleinen Gewässern an<br />
natürlicher Reproduktion der Fische fehlt. Erfahrungen aus<br />
den Testgebieten und aus der Wigger zeigen, dass die Re-<br />
produktionskapazität der Oberläufe und Seitengewässer<br />
sogar relativ gross ist. Ein Problem besteht allerdings in den<br />
morphologisch und/oder hydrologisch sehr stark beeinträchtigten<br />
Gewässern (Rhone, Thur, Wigger, Gewässer des Einzugsgebietes<br />
des Vierwaldstättersees) sowie in den Mittelund<br />
Unterläufen vieler Flüsse. Die nur in geringem Ausmass<br />
vorhandene Längsvernetzung verschärft diese Situation. Ein<br />
kausaler Zusammenhang mit dem seit 1980 festgestellten<br />
Fangrückgang ist nicht ausgeschlossen, aber auch nicht zu<br />
beweisen. Die Vernetzung der Kleinbäche verschlechterte<br />
sich in diesem Zeitabschnitt tendenziell (siehe Hypothese<br />
«Lebensraum»).<br />
In den Strecken der Sömmerlingsstudie weisen circa zwei<br />
Drittel der Untersuchungsstrecken keine erkennbaren oder<br />
nur lokale Verbauungsmassnahmen auf und bilden somit<br />
eine gute Basis für die natürliche Reproduktion.<br />
Diese Hypothese trifft aufgrund der vorliegenden Daten<br />
und den in der Literatur angegebenen Werten für Sömmerlingsdichten<br />
für die kleinen und mittleren Gewässer nur<br />
eingeschränkt zu. Für grössere Gewässer ist hingegen wahrscheinlich,<br />
dass wesentliche Einschränkungen bei der Abundanz<br />
der Sömmerlinge bestehen. Necker, Emme sowie die<br />
Wigger weisen klar darauf hin.<br />
5.2.5 Massnahmen<br />
Massnahmen zu Verbesserung der Fangerträge<br />
und der Gewässerqualität<br />
� Vernetzung der Seitengewässer und der Gewässeroberläufe:<br />
Herstellung der Durchwanderbarkeit: Gewährleistung<br />
der Aufwanderung für adulte Fische sowie der Abwanderung<br />
für Jungfische. Entgegenwirken der Tiefenerosion der Gewässer,<br />
weil diese zu einer Abkopplung der Seitengewässer<br />
führt. Tiefenerosion wird durch eine Sanierung des Geschiebehaushaltes<br />
sowie durch den Bau von Aufweitungen verhindert.<br />
� Herstellen der strukturellen Vielfalt in den Gewässern: Ein<br />
ausgewogener Wechsel zwischen Pools und Riffles erhöht<br />
die Dichte der Jungfische und der adulten Tiere. Vielfältige<br />
Lebensräume sind zu schützen, monotone Gewässer sollten<br />
revitalisiert werden. Im Gewässer belassenes Totholz wird<br />
von Jungfischen gern als Unterstand benutzt.<br />
� Wiederherstellung des Uferrandstreifens: Uferrandstreifen<br />
tragen wesentlich zur Strukturierung des Gewässers bei und<br />
vergrössern den Lebensraum für Jungfische.<br />
Forschungsbedarf<br />
� Langjähriges Bestandesmonitoring mit speziellem Fokus<br />
auf die Sömmerlinge in Gewässern, die nicht mit Jungfischen<br />
besetzt werden.<br />
5.2.6 Literaturnachweis<br />
[1] Elliott JM (1994) Quantitative ecology and the brown trout. Oxford<br />
University Press, Oxford. pp. 286.<br />
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