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DEM FISCHRÜCKGANG AUF DER SPUR - Fischnetz

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<strong>Fischnetz</strong>-Schlussbericht Gesundheit<br />

auswirken kann. Der Oberland-/Mittelland-Gradient in der<br />

Fischgesundheit wurde interessanterweise nur im Herbst<br />

beobachtet, nicht jedoch im Frühjahr. Dieser Befund könnte<br />

sich daraus erklären, dass die kranken und damit geschwächten<br />

Tiere im Laufe des Winters sterben, so dass im<br />

Frühjahr nur die gesunden Individuen überlebt haben.<br />

Das Beispiel der Biomonitoring-Studie Bern verdeutlicht<br />

die Probleme bei der Suche nach den Ursachen der Organschädigungen<br />

in Bachforellen. Ein Problem liegt darin, dass<br />

die Fische im Gewässer nicht einzelnen, isoliert wirkenden,<br />

sondern multiplen Faktoren ausgesetzt sind. So verändern<br />

sich mit dem Übergang vom Oberland zum Mittelland nicht<br />

nur die Wasserbelastung mit anthropogenen Stoffen, sondern<br />

auch beispielsweise die Wassertemperatur, die Hydrologie,<br />

die Gewässermorphologie oder die Intensität der klinischen<br />

Manifestation von PKD. Ein weiteres Problem liegt<br />

in der Festlegung von Effekt-Schwellenwerten. So sind beispielsweise<br />

für eine Reihe von toxischen Wasserinhaltsstoffen<br />

Grenzwerte festgelegt, bei deren Einhaltung keine<br />

nachteiligen Folgen für den Fisch auftreten sollen. Es wird<br />

jedoch zunehmend deutlich, dass auch bei Einhaltung solcher<br />

Grenzwerte nachteilige Gesundheitsveränderungen bei<br />

Fischen auftreten können [4, 41]. Das kann daran liegen,<br />

dass bestimmte Stoffgruppen nicht in der Expositionsanalyse<br />

erfasst werden – beispielsweise ist gerade die Exposition<br />

mit episodisch auftretenden, nicht bioakkumulierenden<br />

Pestiziden oft nur schwer abzuschätzen [42]. Andere mögliche<br />

Ursachen sind, dass Kombinationswirkungen nicht<br />

berücksichtigt werden oder dass Grenzwerte, die meist von<br />

letalen Wirkkonzentrationen abgeleitet wurden, nicht ausreichen,<br />

um vor subletalen Effekten zu schützen.<br />

Ein Beispiel für eine Untersuchung, in der versucht wurde,<br />

die Bedeutung eines einzelnen Faktors – ARA-Einleitungen<br />

– auf den Gesundheitszustand der Forellen im Vorfluter zu<br />

erfassen, ist die Studie «Einfluss von Kläranlagen auf den<br />

Gesundheitszustand von Bachforellen» [37]. Dabei wurden<br />

an 31 ARA sowohl oberhalb wie unterhalb der ARA-Einleitungen<br />

Forellen entnommen und auf histologische Veränderungen<br />

von Leber und Gonaden untersucht. Die histologischen<br />

Leberindices der untersuchten Fische (n = 187) streuten zwischen<br />

7 und 52, der Mittelwert lag bei 27± 9,6. Als «hohe»<br />

Leberindices wurden in dieser Studie jene Werte bezeichnet,<br />

welche einen Indexwert aufwiesen, der über dem 75%-<br />

Quantil lag; das 75%-Quantil entsprach 33 Indexpunkten.<br />

Als quantitative Parameter zur Charakterisierung der ARA<br />

wurden die Belastungsstärke (angegeben in Einwohnergleichwerten,<br />

EGW) und die Verdünnung des Abwassers im<br />

Vorfluter genommen. Eine Beziehung zwischen den quantitativen<br />

Charakteristika der ARA und dem Auftreten von<br />

hohen oder niedrigen Leberindices konnte nicht aufgezeigt<br />

werden. So wurden hohe Leberindices unterhalb von Kläranlagenausflüssen<br />

mit guten Verdünnungsverhältnissen<br />

(Abwasseranteil 2–39%) und geringen Belastungsstärken<br />

(2700 –7750 EGW) ebenso gefunden, wie niedrige Leberindices<br />

unterhalb von ARA mit geringem Verdünnungsverhältnis<br />

(Abwasseranteile 45–71%) und hoher Belastungsstärke<br />

(22 500 –186 600 EGW). Offensichtlich lässt sich aus<br />

der Belastungsstärke der ARA und der Abwasserverdünnung<br />

keine Vorhersage zur Auswirkung auf die Fischgesundheit<br />

treffen. Entscheidender als die quantitativen Parameter dürfte<br />

die Qualität – also die chemische Belastung des Abwassers<br />

– sein. Leider liegen jedoch keine Daten zu den Inhaltsstoffen<br />

der ARA-Abwasser vor, so dass diese Hypothese<br />

nicht verifiziert werden kann.<br />

Die Aussage, dass sich keine Korrelation zwischen dem<br />

quantitativen ARA-Eintrag ins Gewässer und der Fischgesundheit<br />

ergibt, wird weiter erhärtet, wenn man die Gesundheitsdaten<br />

von Fischen ober- und unterhalb der ARA-Einleitungen<br />

vergleicht. Wenn man die histologischen Daten von<br />

allen 31 untersuchten ARA zusammennimmt, unterscheidet<br />

sich der Leberindex-Mittelwert der Fische unterhalb der<br />

ARA-Einleitungen nicht signifikant von dem Mittelwert der<br />

Fische oberhalb der Einleitung. Unterschiede zeigen sich<br />

allerdings in einigen Fällen, wenn man die einzelnen Kläranlagen<br />

für sich betrachtet (gepaarter Vergleich). Unterschiede<br />

zwischen ober- und unterhalb der ARA-Einleitung wurden<br />

als «auffallend» beurteilt, wenn sich die Mittelwerte um mindestens<br />

zehn Indexpunkte unterschieden (ein statistischer<br />

Vergleich war auf Grund der geringen Stichprobengrössen<br />

nicht möglich). Dabei zeigte sich, dass bei drei ARA unterhalb<br />

der Einleitung ein auffallend höherer Leberindex vorlag als<br />

oberhalb, während bei sieben ARA die Werte unterhalb der<br />

Einleitung auffallend niedriger waren (hier war also der Gesundheitszustand<br />

der Fische oberhalb der ARA schlechter<br />

als unterhalb). Bei den restlichen ARA traten keine auffallenden<br />

ober-/unterhalb-Unterschiede auf.<br />

Faller et al. [43] untersuchten den Einfluss von ARA-Einleitungen<br />

auf den Gesundheitszustand von Fischen anhand<br />

von Gründlingen. Untersuchungsgewässer waren die Suhre<br />

(LU/AG) und die Ron (LU); beide Flüsse erhalten chemische<br />

Belastungen (unter anderem Pestizide) aus diffusen Quellen,<br />

in die Suhre entwässert ausserdem eine ARA. Der Gesundheitszustand<br />

der Gründlinge wurde mit einer breiten Palette<br />

von Parametern untersucht: Cytochrom P4501A-Protein,<br />

EROD-Aktivität, Konditionsfaktor, Lipidgehalt, Gonado-somatischer<br />

Index, Leber-somatischer Index, Milz-somatischer<br />

Index, Parasitenbefall, Leberhistologie, Plasma-Vitellogenin<br />

und Gonadenhistologie. Zusätzlich wurden die Populationsstruktur<br />

und die Speziesdiversität erfasst. In beiden Gewässern<br />

zeigten die Gründlinge nachteilige Organveränderungen,<br />

wobei sich kein signifikanter Einfluss der ARA-Einleitung<br />

erkennen liess. Unterhalb der ARA war die Populationsstruktur<br />

der Gründlinge nachteilig verändert, dies war jedoch<br />

offensichtlich durch eine frühere akute Nitrit-Intoxikation<br />

bedingt und somit nicht direkt auf die chronischen Gesundheitsbeeinträchtigungen<br />

zurückzuführen.<br />

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