Jahrgang 08 | Nr. 40 - Fratz
Jahrgang 08 | Nr. 40 - Fratz
Jahrgang 08 | Nr. 40 - Fratz
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
lizei-beratung.de) raten bei weniger<br />
gravierenden Verstößen zu Gelassenheit:<br />
Nicht jeder Heranwachsende,<br />
der gegen Gesetze verstößt, rutscht<br />
automatisch in eine kriminelle Karriere.<br />
Oftmals handelt es sich um ein<br />
entwicklungstypisches Verhalten, das<br />
sich bald von selbst verliert.<br />
Wichtig ist es, nach den Ursachen für<br />
das Fehlverhalten zu fragen. Bei kleineren<br />
Kindern, die stehlen, fehlt noch<br />
das Unrechtsbewusstsein oder die<br />
richtige Vorstellung von Eigentum.<br />
Oft macht auch Gelegenheit Diebe:<br />
Der in der Wohnung herumliegende<br />
Geldschein ist zu verlockend …<br />
Wichtige<br />
Ursachenforschung:<br />
Ist es Gruppenzwang<br />
oder will das Kind<br />
mehr Aufmerksamkeit<br />
von den Eltern?<br />
Neben solchen pragmatischen Gründen<br />
(„Ich kann mir das schicke Shirt<br />
im Laden nicht leisten, deshalb nehme<br />
ich es eben so mit.“) kann auch<br />
der Reiz des Verbotenen Motivation<br />
für Diebstahl oder Vandalismus sein.<br />
In beiden Fällen steht möglicherweise<br />
Gruppendruck dahinter: Das Kind<br />
will Statussymbole besitzen oder<br />
seinen Mut beweisen, um bei den<br />
Gleichaltrigen dazuzugehören. Oft<br />
liegen die Gründe aber tiefer: Vielleicht<br />
fühlt sich das Kind momentan<br />
nicht genügend beachtet, ist frustriert<br />
und ohne Perspektive. Dann fordert<br />
es Aufmerksamkeit und Zuwendung<br />
ein, indem es Dinge tut, die die<br />
Eltern zu Reaktionen zwingen.<br />
Meist setzt sich die Motivation aber<br />
aus mehreren Faktoren zusammen.<br />
Wenn Eltern diese erkennen, können<br />
sie gemeinsam mit ihrem Kind das<br />
Problem, das hinter der Tat steckt,<br />
zu lösen versuchen: einen Ferienjob<br />
zur legalen Geldbeschaffung suchen,<br />
Widerstand gegen das Diktat der<br />
Clique einüben, dem Kind Angebote<br />
machen, die sein Selbstvertrauen<br />
stärken (auch im Sportverein kann<br />
man Kräfte messen und Grenzerfahrungen<br />
machen), exklusive Extra-Zeit<br />
mit dem zu kurz gekommenen Kind<br />
vereinbaren. Diese konstruktive Herangehensweise<br />
signalisiert dem Kind<br />
zugleich, dass es nicht auf die begangene<br />
Straftat reduziert wird, sondern<br />
als ganze Person ernst genommen und<br />
geachtet wird, egal was passiert ist.<br />
Verständnis zeigen bedeutet aber<br />
keineswegs bagatellisieren: Eltern<br />
müssen ihrem Nachwuchs deutlich<br />
machen, dass solches Fehlverhalten<br />
ihnen im Wiederholungsfall ernsthafte<br />
Schwierigkeiten (finanzielle und<br />
rechtliche) bereiten wird. Es sollte<br />
auch selbstverständlich sein, dass das<br />
Kind sich persönlich und angemessen<br />
bei seinem Opfer entschuldigt.<br />
Im Rahmen seiner Möglichkeiten<br />
kann es auch für eine materielle Wiedergutmachung<br />
des Schadens sorgen,<br />
statt nur lässig auf die elterliche<br />
Haftpflichtversicherung zu verweisen<br />
(einen Teil der Kosten mit dem Taschengeld<br />
begleichen, bei Reparatur<br />
oder Reinigung mithelfen). Jüngere<br />
Kinder brauchen dabei vielleicht Anregung<br />
und Begleitung von Erwachsenen.<br />
Die direkte Konfrontation mit<br />
dem Geschädigten ist dann oft ein<br />
heilsamer Schock und bewirkt wahre<br />
Wunder in Sachen Gewissensbildung.<br />
Damit Eltern nicht erst durch die Polizei<br />
an der Haustür erfahren, wenn<br />
ihr Kind eine Dummheit begangen<br />
hat, ist es aber ganz wichtig, in der<br />
Familie für eine offene Atmosphäre<br />
auf der Basis gegenseitigen Vertrauens<br />
zu sorgen: Nur wenn das Kind<br />
nicht gleich mit Strafpredigt, Vorverurteilung<br />
und Ablehnung rechnen<br />
muss, kann es überhaupt den Mut<br />
aufbringen, Fehler zu beichten. Und<br />
anschließend gemeinsam mit den<br />
Eltern überlegen, wie man dem<br />
Nachbarn seine Blumenpracht und<br />
dem Kaufhaus das Diebesgut wiederbringt.<br />
(Monika Klingemann) ■<br />
Anzeige<br />
Ratgeber fratz <strong>40</strong>/2012 25<br />
alles, was recht ist<br />
Eltern müssen für ihre Kinder<br />
einstehen und sie auf<br />
ein selbstständiges Leben<br />
vorbereiten. Das bedeutet<br />
zum einen, dass sie ihre<br />
Kinder erziehen und beaufsichtigen<br />
müssen, zum<br />
anderen, dass sie sie bis<br />
zum Erwerb einer eigenen<br />
Lebensstellung zumindest<br />
in materieller Hinsicht mit<br />
allem versorgen müssen,<br />
was sie benötigen.<br />
Geschäftsfähigkeit<br />
Minderjährige Kinder sind insbesondere<br />
in ihren ersten Jahren überhaupt<br />
nicht in der Lage, sich selbst<br />
zu versorgen und ihre eigenen Angelegenheiten<br />
zu besorgen. Sie sind<br />
bis zu ihrem siebten Lebensjahr „geschäftsunfähig“.<br />
Willenserklärungen<br />
von Geschäftsunfähigen haben überhaupt<br />
keine Bedeutung im Rechtsverkehr,<br />
sie sind „nichtig“. Ein Vertrag,<br />
den z.B. ein fünfjähriges Kind im eigenen<br />
Namen schließt, bindet daher<br />
niemanden. Das gilt selbst bei Geschäften<br />
mit Kleinstbeträgen, etwa<br />
wenn Eltern ihr Kind zum Brötchen-<br />
holen schicken. Dieses Geschäft ist<br />
rechtlich gesehen nur wirksam, weil<br />
hier die Eltern das Kind beauftragen.<br />
Der Bäcker weiß, dass das Kind im<br />
Namen der Eltern auftritt, und das<br />
Kind mit den Brötchen wieder zu<br />
den Eltern zurückschickt. Kauft das<br />
Kind mit dem übergebenen Geld auf<br />
eigene Faust Süßigkeiten, ist dieser<br />
Vertrag unwirksam! Die Eltern müssen<br />
hierfür nicht bezahlen, könnten<br />
sogar verlangen, dass der Bäcker die<br />
Süßigkeiten (oder das was noch davon<br />
übrig ist…) zurücknimmt und<br />
das Geld zurückzahlt. Die Eltern „haften“<br />
für diesen Vertrag nicht, der Bäcker<br />
bleibt auf seinen Kosten sitzen.<br />
Ab dem siebten Lebensjahr sind<br />
minderjährige Kinder nicht mehr geschäftsunfähig,<br />
sondern beschränkt<br />
geschäftsfähig. Sie können prinzipiell<br />
alle Geschäfte wirksam abschließen,<br />
sofern die Eltern vorher oder nachher<br />
zustimmen. Sie können sogar ganz<br />
ohne Zustimmung der Eltern auf eigene<br />
Faust Geschäfte abschließen,<br />
die lediglich rechtlich vorteilhaft sind.<br />
Gegen einen Schenkungsvertrag,<br />
den das Kind mit jemandem schließt,<br />
können die Eltern z.B. nichts ausrichten,<br />
selbst wenn ihnen das Geschenk<br />
noch so sehr missfällt. Wirksame Verträge<br />
kann ein beschränkt geschäftsfähiges<br />
Kind auch mit seinem Taschengeld<br />
bewirken. Wenn ein Kind<br />
sein Taschengeld für kleine Ausgaben<br />
Foto: M. Gade / www.pixelio.de