36 fratz <strong>40</strong>/2012 Erziehung Teenager: ›Reifezeit!‹ Wenn Kinder in die Pubertät kommen... Foto: Barbara Eckholdt / www.pixelio.de
Die Zeit, in der Sohn oder Tochter nicht mehr Kind, aber auch noch nicht erwachsen ist, ist eine Phase des Umbruchs, die durch verschiedene Begriffe umschrieben werden kann: Teenager sind, so sagt es schon das Wort, zwischen 13 („thirteen“) und 19 („nineteen“) Jahre alt. Jugendliche nach deutschem Recht sind Jungen und Mädchen zwischen 14 und 18 Jahren, die also strafmündig, aber noch nicht volljährig sind. Der Begriff Pubertät (lat. pubes = Schamhaare) hebt auf die körperlichen Aspekte bei der Geschlechtsreifung ab, während Adoleszenz (lat. adolescere = heranwachsen) eher die psychischen, emotionalen und sozialen Veränderungen beschreibt. Es tut sich was Die Pubertät setzt nicht abrupt ein, sondern ist ein längerer Prozess. Etwa am Ende der Grundschulzeit beginnt die Vorpubertät: Stimmungsschwankungen, Diskussionen um familiäre Regeln, Rückzug und Orientierung an Gleichaltrigen zeigen, dass Ihr Kind sich auf den Weg gemacht hat. Körperlich ist oft ein markanterer Schweißgeruch das erste Reifezeichen, dann beginnt bei Mädchen die Brust zu knospen, bei Tochter oder Sohn werden die Geschlechtsorgane dunkler und wachsen, die ersten Schamhaare sprießen. In der Hochphase der Pubertät (etwa 12. bis 16. Lebensjahr) beschleunigt sich die körperliche und seelische Entwicklung. Die erste Menstruation, der erste Samenerguss sind deutliche Zeichen, dass die oder der Heranwachsende seine Kindheit abstreift. In der spätpubertären Phase (etwa ab dem 16. Lebensjahr) sind oft die größten Turbulenzen überstanden. Diese Altersangaben sind nur Richtwerte: Beginn und Tempo der Pubertät sind individuell verschieden und hängen u.a. von Vererbung und Ernährungsverhalten (kräftige Kinder kommen früher in die Pubertät) ab. Jungs starten im Allgemeinen etwas später als Mädchen. „Voll peinlich!“: Der Wunsch nach Normalität Normalität – das wünschen sich Jungen und Mädchen in dieser Phase der Umwälzungen am meis- Erziehung fratz <strong>40</strong>/2012 37 Viel passiert in der Zeit zwischen Kindheit und Erwachsen-Sein: Ein Teenager muss nicht nur mit der verwirrenden körperlichen Verwandlung zurechtkommen, sondern auch in seine neue soziale Identität hineinwachsen. Die Veränderungen dieser „zweiten Geburt“ sind nicht nur für ihn selbst eine Herausforderung, sondern wirbeln meist die ganze Familie gründlich durcheinander … ten. Anders zu sein als die Freunde, das sorgt für Verunsicherung. Bei den Spätzündern unter den Jungen, die noch lange im kindlichen Körper stecken, nagt die kraftstrotzende Männlichkeit der Altersgenossen am Selbstbewusstsein, bei den Mädchen haben die Frühentwicklerinnen mit dummen Bemerkungen zu kämpfen. In dieser Zeit hilft es dem Sohn oder der Tochter, wenn die Eltern auf Andeutungen in dieser Richtung einfühlsam reagieren und auch scheinbar banale Probleme ernst nehmen. Indem Eltern von den Sorgen in der eigenen Pubertät erzählen und ihr Kind aufmuntern, wenn die körperliche Entwicklung etwa noch auf sich warten lässt, signalisieren sie, dass der oder die Heranwachsende nicht allein ist mit seiner Unsicherheit. Veränderungen positiv zu begrüßen (den ersten BH spendieren, ein Mutter-Tochter-Eisessen nach der ersten Menstruation; ein Jungs-Buch vom Vater für den Sohn) macht deutlich: Ich freue mich, dass du dabei bist, erwachsen zu werden! Neue Körperproportionen, Pickel, veränderte Geschlechtsorgane – wer sich im neuen Körper noch nicht wohlfühlt, will ihn auch nicht zeigen: In der Pubertät entwickeln Jugendliche ein ausgeprägtes Schamgefühl, das die Eltern auch respektieren sollten, indem sie Rückzugsmöglichkeiten schaffen (und sich vielleicht auch mit der eigenen Nacktheit etwas zurückhalten). Die Türen sollten (wieder) Schlüssel haben, Anklopfen am Jugendzimmer selbstverständlich sein. Die Privatsphäre zu wahren bedeutet übrigens auch, nicht stolz oder amüsiert in der Nachbarschaft von den körperlichen Veränderungen des Nachwuchses herumzuerzählen. Die Reifung des Gehirns: „Vorsicht, Bauarbeiten!“ Nicht nur der Körper verändert sich im Verlauf der Pubertät, auch das Gehirn wird massiv umgebaut. Die niederländische Entwicklungspsychologin Eveline Crone erklärt in ihrem Buch „Das pubertierende Gehirn“ anschaulich, dass hier die Erklärung für manches „typische“ Teenager- Verhalten zu finden ist. Hormonbedingt verändern sich nämlich sowohl die Strukturen als auch die Kommunikation zwischen den Hirnarealen. Anzeige Anzeige Anzeige