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Hellwach am Steuer

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Bestandsaufnahme der Situation von Lastkraftwagenfahrern<br />

und Vorschläge zur Prävention von Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Bestandsaufnahme der Situation von Lastkraftwagenfahrern<br />

und Vorschläge zur Prävention von Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Kooperationspartner<br />

AOK Baden-Württemberg<br />

Autobahnpolizeirevier Stuttgart und Umkirch<br />

Betriebsseelsorge Heilbronn<br />

Daimler AG<br />

Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg<br />

Freiburger Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin<br />

IKK classic<br />

Innenministerium Baden-Württemberg<br />

Klinik Schillerhöhe<br />

Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg<br />

MAN Nutzfahrzeuge Gruppe<br />

Meditext Dr. Antonic<br />

Medizinisches Institut für Schlafstörungen, Wendelstein Klinik<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Polizeiseelsorge<br />

Regierungspräsidium Stuttgart und Tübingen<br />

Spedition Ihro<br />

Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung (STZ)<br />

ver.di<br />

Autoren und Mitwirkende zum Zeitpunkt der Projektdurchführung<br />

Walter H. Moog, AOK Baden-Württemberg · Wolfgang Daub / Jürgen Schaaf, Autobahnpolizeirevier<br />

Stuttgart · Peter Veeser, Autobahnpolizeirevier Umkirch · Viktor Hartl, Landesverband der<br />

Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg · Dr. Corinna Henkel-Hancok / Dr. Siegfried Rothe,<br />

Firma Daimler AG · Dr. Ernst-Ludwig Karl, Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg ·<br />

Josef Krebs, Betriebsseelsorge Heilbronn · Dr. Martina Michaelis, Freiburger Forschungsstelle<br />

Arbeits- und Sozialmedizin (FFAS) · Dr. Manfred Butz BK-DOK · Gerhard Ziegler, Innenministerium<br />

Baden-Württemberg · Kai Ihro, Spedition Ihro · Ruth Wagner / Uta Paproth-Jesinger,<br />

IKK classic · Dipl. Psych. Sabine Eller / Dr. Vera Wienhausen, Klinik Schillerhöhe · Elisabeth<br />

Frank, MAN Nutzfahrzeuge Gruppe · Werner Waldmann, Meditext Dr. Antonic · Dr. Klaus Ederle,<br />

Medizinisches Institut für Schlafstörungen, Wendelstein Klinik · Dr. Gerhard Bort / Matthias Morath<br />

/ Markus Schüller, Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-<br />

Württemberg · Rolf Tönges, Polizeiseelsorge · Dr. Christel Grüner / Dr. Peter Michael Bittighofer /<br />

Petra Edinger / Dr. Elisabeth Härtig / Gabriele Horras-Hun / Dr. Ingrid Hügle / Heinrich Netzel /<br />

Dr. Hannelore Wagner / Dr. Iris Zöllner, Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg · Hubert<br />

Walz, Regierungspräsidium Tübingen, Abteilung 6 · Prof. Dr. Barbara Wilhelm / Wilhelm Durst /<br />

Claire Hütter / Tobias Peters, Steinbeis-Transfer-Zentrum Biomedizinische Optik und<br />

Funktionsprüfung (STZ), Universitäts-Augenklinik Tübingen · Engelbert Reck, ver.di


Verteilerhinweis<br />

Diese Informationsschrift wird von der Landesregierung in Baden-Württemberg im Rahmen ihrer verfassungsmäßigen<br />

Verpflichtung zur Unterrichtung der Öffentlichkeit herausgegeben. Sie darf weder<br />

von Parteien noch von deren Kandidatinnen und Kandidaten oder Helferinnen und Helfern während<br />

eines Wahlk<strong>am</strong>pfes zum Zwecke der Wahlwerbung verwendet werden. Dies gilt für alle Wahlen.<br />

Missbräuchlich ist insbesondere die Verteilung auf Wahlveranstaltungen, an Informationsständen der<br />

Parteien sowie das Einlegen, Aufdrucken und Aufkleben parteipolitischer Informationen oder Werbemittel.<br />

Untersagt ist auch die Weitergabe an Dritte zum Zwecke der Wahlwerbung. Auch ohne zeitlichen Bezug<br />

zu einer bevorstehenden Wahl darf die vorliegende Druckschrift nicht so verwendet werden, dass<br />

dies als Parteinahme des Herausgebers zugunsten einzelner politischer Gruppen verstanden werden<br />

könnte. Diese Beschränkungen gelten unabhängig vom Vertriebsweg, also unabhängig davon, auf<br />

welchem Wege und in welcher Anzahl diese Informationsschrift dem Empfänger zugegangen ist.<br />

Erlaubt ist es jedoch den Parteien, diese Informationsschrift zur Unterrichtung ihrer Mitglieder zu verwenden.<br />

Nachdruck - auch auszugsweise - ist nur mit schriftlicher Erlaubnis des Ministeriums für Arbeit und<br />

Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg zulässig.<br />

Impressum<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />

F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Schellingstr. 15 · 70174 Stuttgart<br />

Tel.: 0711 123-0 · Fax: 0711 123-3999<br />

poststelle@sm.bwl.de<br />

www.sozialministerium-bw.de<br />

April 2011<br />

2. Auflage<br />

Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg<br />

im Regierungspräsidium Stuttgart<br />

Nordbahnhofstr. 135 · 70191 Stuttgart<br />

Tel. 0711 904-35000 · Fax 0711 904-35010<br />

abteilung9@rps.bwl.de<br />

www.rp-stuttgart.de · www.gesundheits<strong>am</strong>t-bw.de<br />

Ansprechpartner:<br />

Dr. Elisabeth Härtig<br />

Tel. 0711 904-39620<br />

elisabeth.haertig@rps.bwl.de


V O R W O R T<br />

Schwere Verkehrsunfälle, an denen teilweise auch Omnibusse oder Lastkraftwagen<br />

beteiligt sind, verursachen nicht nur hohe Sachschäden, oft werden dabei auch Per-<br />

sonen schwer verletzt oder getötet. Nach solchen Unfällen stellt sich dann die Frage,<br />

wie konnte es dazu kommen.<br />

Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg hat diese Frage aufgegriffen und<br />

sich mit dem Thema Müdigkeit im Rahmen des Projekts „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ aus-<br />

einandergesetzt. Mit Unterstützung von Kooperationspartnern aus den unterschied-<br />

lichsten Bereichen wurde eine mögliche Ursache der Müdigkeit von Fahrern <strong>am</strong><br />

<strong>Steuer</strong> von Lastkraftwagen im Fernverkehr, untersucht. Gleichzeitig wurden praxisge-<br />

rechte Möglichkeiten zur Prävention erarbeitet.<br />

Nicht nur überlange Lenkzeiten und zu kurze Ruhezeiten oder Pausen, sondern auch<br />

die Anordnung der Parkflächen auf den Parkplätzen entlang der Autobahnen, die<br />

Einwirkung von Lärm und Temperatur auf die Fahrer insbesondere während deren<br />

Ruhezeiten, eine unausgewogene Ernährung bis hin zu Folgen mangelnder gesund-<br />

heitlicher Betreuung der Fahrer durch Hausärzte und Zahnärzte sind Faktoren, die<br />

zur Übermüdung führen können.<br />

Mit der Pupillographie wurde im Rahmen des Projektes eine Methode getestet, die<br />

einen wichtigen Beitrag leistet, um das Ausmaß der Ermüdung eines Fahrers festzu-<br />

stellen. Die bisherigen Ergebnisse sind vielversprechend, objektive Methoden zum<br />

Messen der Ermüdung zu finden. Die Resultate des Projektes sind nicht nur<br />

für Berufskraftfahrer von Interesse. Alle Teilnehmer <strong>am</strong> Straßenverkehr können von<br />

den Ergebnissen profitieren.<br />

Wir wünschen dieser Broschüre eine weite Verbreitung, d<strong>am</strong>it möglichst alle Ver-<br />

kehrsteilnehmer hellwach <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> sitzen und allen Leserinnen und Lesern eine<br />

gute und gefahrlose Fahrt.<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung,<br />

F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Besonderer Dank<br />

gilt Frau Medizinaldirektorin Dr. Christel Grüner,<br />

die mit außergewöhnlichem Engagement und tatkräftiger Initiative<br />

dieses Projekt angestoßen und<br />

bis zu ihrer Pensionierung begleitet und abgeschlossen hat.


Inhaltsverzeichnis<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

1 Vorbemerkungen und Ziele 9<br />

2 Bestandsaufnahme 11<br />

2.1 Wachheitsgrad, Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Berufskraftfahrern 11<br />

2.1.1 Fahrerbefragungen 11<br />

2.1.2 Untersuchungen des Wachheitsgrades 12<br />

2.1.3 Ursachen von Störungen des Wachheitsgrades (Vigilanzstörungen) 13<br />

2.1.3.1 Bauliche Ursachen 14<br />

2.1.3.2 Organisatorische Ursachen 16<br />

2.1.3.3 Technische Ursachen 18<br />

2.1.3.4 Personenbezogene Ursachen 19<br />

2.1.4 Unfallgefahren und Einschlafunfälle, Erkenntnisse der Polizei 20<br />

2.2 Gesundheitliche Lage der Lastkraftwagenfahrer 21<br />

2.2.1 Lebensumstände und Umweltbelastung 21<br />

2.2.2 Stressreaktionen 21<br />

2.2.3 Metabolisches Syndrom 22<br />

2.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen 22<br />

2.2.5 Suchtverhalten 23<br />

2.2.6 Rauchen 23<br />

2.2.7 Gesundheitliche Folgen des Schlafentzugs 23<br />

2.2.8 Tumorerkrankungen 25<br />

2.2.9 Muskel-Skelett-Erkrankungen 25<br />

2.3 Erkrankungshäufungen bei Berufskraftfahrern in der<br />

Versicherungsstatistik<br />

2.3.1 Statistik der Gesetzlichen Krankenversicherungsträger 25<br />

2.3.2 Statistik der Deutschen Rentenversicherung 28<br />

2.3.3 Statistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BK-DOK) 28<br />

3 Ergebnisse der Untersuchungen des Landesgesundheits<strong>am</strong>tes<br />

zur Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz)<br />

von Lastkraftwagenfahrern<br />

3.1 Methoden 31<br />

3.2 Ergebnisse 31<br />

3.2.1 Arbeits- und Lebensbedingungen der Lastkraftwagenfahrer 32<br />

3.2.2 Einzeluntersuchungen 37<br />

3.2.3 Anliegen und Anregungen der Teilnehmer (Fahrer, Kontrollgruppe) unter dem<br />

Aspekt, die Gesundheit zu erhalten<br />

3.3 Schlussfolgerungen 44<br />

7<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

25<br />

31<br />

42


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

4 Prävention 46<br />

4.1 Arbeitsschutzrechtliche Grundlagen für das Fahrpersonal 46<br />

4.1.1 Arbeitsschutzrecht, Verkehrsrecht 46<br />

4.1.2 Überwachung der Sozialvorschriften 50<br />

4.1.2.1 Überwachung durch die Polizei (Straßenkontrollen) 50<br />

4.1.2.2 Überwachung durch die Gewerbeaufsichtsbehörde (Betriebskontrollen) 52<br />

4.2 Bauliche Ansätze 54<br />

4.2.1 Verbesserung der Parkraumsituation 54<br />

4.2.1.1 Aus- und Neubauprogr<strong>am</strong>me 54<br />

4.2.1.2 Durchsetzbarkeit 54<br />

4.2.1.3 Weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Parkraumsituation 54<br />

4.2.1.4 Möglichkeiten zur Verringerung der Lärmbelastung für Lastkraftwagenfahrer,<br />

planerische Ansätze<br />

4.2.1.5 Zus<strong>am</strong>menfassung 56<br />

4.2.2 Autobahnplanung 56<br />

4.3 Organisatorische Ansätze 57<br />

4.3.1 Gesellschaftliche Ansätze 57<br />

4.3.2 Planung von Fahrzeiten, Fahrtunterbrechungen/Pausen und Ruhezeiten 57<br />

4.3.3 Eignungsuntersuchung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)<br />

und Vorsorgeuntersuchung nach dem BG-Grundsatz 25<br />

4.4 Technische Ansätze 59<br />

4.4.1 Fahrerassistenzsysteme 60<br />

4.4.2 Kabinenausstattung 60<br />

4.4.3 Vorrichtungen zum Heben und Tragen von Lasten 61<br />

4.5 Personenbezogene Ansätze 61<br />

4.5.1 Informationsk<strong>am</strong>pagnen 61<br />

4.5.1.1 Informationsveranstaltungen der Polizei 61<br />

4.5.1.2 Informationsschriften 62<br />

4.5.1.3 Fahrschulen 62<br />

4.5.2 Gesundheitsmanagement 62<br />

4.5.2.1 Ernährung 62<br />

4.5.2.2 Bewegung 64<br />

4.5.2.3 Entspannung, Stressabbau 64<br />

4.5.2.4 Schlaf 64<br />

4.5.2.5 Körperliche Gesundheit 66<br />

4.5.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung 66<br />

4.5.3 Rehabilitationsprogr<strong>am</strong>me, Telemedizin 66<br />

4.5.4 Unterrichtsmaterial für Fahrerschulung 67<br />

4.5.5 Anbieter von Gesundheitsförderungsprogr<strong>am</strong>men 67<br />

5 Ausblick 68<br />

6 Literatur 71<br />

7 Glossar 79<br />

8 Rechtsgrundlagen 83<br />

8<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

55<br />

58


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

1 Vorbemerkungen und Ziele<br />

Unsere Volkswirtschaft ist im Zuge der Globalisierung zwingend auf ein funktionierendes Güterverkehrssystem angewiesen.<br />

Die Logistikbranche hat mit 189 Milliarden Euro Umsatz (2006) eine hohe und wachsende volkswirtschaftliche Bedeutung 1 .<br />

Bei den Herstellungskosten für Waren machen Logistikkosten bis zu 30 % aus. Der Wert des Güteraufkommens auf der<br />

Straße hat sich mit rund 3.000 Mio. Tonnen seit 40 Jahren fast verdoppelt 2 . Die Anzahl der Transportfahrzeuge auf deutschen<br />

Straßen hat sich in den letzten 15 Jahren um ein Viertel erhöht. Bis 2030 rechnet die Europäische Union mit einem<br />

Anstieg des Güterverkehrs um 75% 3 . Sie prognostiziert nach einer Studie von Prognos AG und Progtrans AG Basel zudem<br />

eine weitere Zunahme des LKW-Verkehrs um 60% bis zum Jahre 2050 4 .<br />

Die Logistikbranche erweist sich dabei langfristig gesehen als Jobmotor. Umso wichtiger sind adäquate Arbeitsschutzmaßnahmen<br />

für die Beschäftigten, denn sichere Transporte sind von wachen, aufmerks<strong>am</strong>en sowie gesunden Fahrern abhängig.<br />

Investitionen in die Arbeitssicherheit der Fahrer sind daher wirtschaftlich sinnvolle Investitionen.<br />

Die Medien berichten oft über Verkehrsunfälle durch den sogenannten Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>. Je größer und schwerer<br />

die an Unfällen beteiligten Fahrzeuge sind, umso ernster können Unfallfolgen sein. Schon aus diesem Grund ist es wichtig<br />

zu vermeiden, dass LKW-Fahrer <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> einschlafen oder durch Übermüdung unaufmerks<strong>am</strong> sind. Das Unfallrisiko dürfte<br />

in Zukunft durch den Einsatz von Mega- oder Gigalinern mit einer Länge von über 25 Meter und einem zulässigen Ges<strong>am</strong>tgewicht<br />

von 60 Tonnen erhöht werden, falls diese auch in Deutschland großflächig zugelassen würden, wie ein Gutachten<br />

der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) voraussagt 5 . Übermüdung wird als Unfallursache möglicherweise unterschätzt.<br />

2005 wurde beispielsweise in Baden-Württemberg lediglich bei 104 von 13.594 Unfällen mit LKW-Beteiligung Übermüdung<br />

als Ursache festgehalten. Da nach einem Unfall derzeit nicht mehr beweissicher ermittelt werden kann, ob der Fahrer übermüdet<br />

war, dürfte die Dunkelziffer vermutlich um ein Vielfaches höher sein. Das European Transport Safety Council machte<br />

Schläfrigkeit für etwa 20% der LKW-Unfälle verantwortlich. Für die Bedeutung von Schläfrigkeit als Unfallursache spricht<br />

auch die Tatsache, dass schwere Unfälle signifikant häufiger in den Nachtstunden auftreten, also zu einer Zeit, in der die<br />

meisten Menschen schläfrig sind (Bartl et alii 2006). Schläfrigkeit lässt sich mit Hilfe der Pupillographie nachweisen. Dabei<br />

wird die unwillkürliche Pupillenbewegungen des zu Untersuchenden vor dem Einschlafen (Pupillenunruheindex), als objektives<br />

Maß für die Schläfrigkeit, gemessen. Pupillographische Untersuchungen von Fahrern haben ergeben, dass 8% bis 25%<br />

zu schläfrig sind, um sicher weiterzufahren.<br />

Das steigende Verkehrsaufkommen auf den Straßen verlangt von den Fahrern eine permanent hohe Aufmerks<strong>am</strong>keit, Konzentration<br />

und Reaktionsbereitschaft. Dies setzt jedoch voraus, dass die Fahrer in den Nachtstunden ausreichend schlafen<br />

können und keine zu langen ununterbrochenen Lenkzeiten haben oder gar an einer Schlafstörung leiden. Fahrer mit Erkrankungen,<br />

durch die der Nachtschlaf gestört wird, wie beispielsweise schlafbezogene Atemstörungen (Schlafapnoesyndrom),<br />

sind einem fast vierfachen Unfallrisiko ausgesetzt. Aber auch bei gesunden Fahrern können Überforderungen zur Übermüdung<br />

und Schläfrigkeit führen. Untersuchungen haben ergeben, dass nach 17 Stunden Wachheit das Reaktionsvermögen<br />

eines Menschen beispielsweise genauso eingeschränkt ist, wie durch 0,8 Promille Blutalkohol (Saltzman et alii 2007). Die<br />

Gefahr, in schläfrigem Zustand einen Verkehrsunfall zu verursachen, ist doppelt so hoch wie im wachen Zustand (Gründl<br />

2005).<br />

Besonders kritisch und bisher zu wenig beachtet sind die Faktoren Schlafmangel, schlechter Schlaf und Tagesschläfrigkeit<br />

bei Lastkraftwagenfahrern im Fernverkehr. Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten ist für Lastkraftwagenfahrer<br />

nicht immer einfach. Hierbei spielt neben Termindruck, der insbesondere durch Verkehrsstauungen auf den Straßen<br />

noch erhöht wird, das rechtzeitige Finden eines Parkplatzes an der Autobahn eine Rolle. Häufig haben Fahrer Schwierigkeiten,<br />

rechtzeitig Parkplätze an der Autobahn anzufahren, auf denen sie eine ausreichende Ruhezeit zum Schlafen einlegen<br />

können. Der Schlaf eines Fahrers in der Fahrerkabine kann jedoch auch auf Autobahnparkplätzen durch Verkehrs-<br />

oder Umgebungslärm, Vibrationen oder im Sommer durch hohe Temperaturen beeinträchtigt werden. Eine Studie zum Einfluss<br />

von Verkehrslärm auf Anwohner zeigte bereits bei einem Dauerlärmpegel von 50 dB(A) Störungen der Schlafqualität<br />

(Maschke et alii 2007). Entsprechende Werte werden auch auf Autobahnparkplätzen erreicht. Wie dies die Schlafqualität der<br />

Fahrer beeinflusst, wurde von Schlafforschern der Universität Regensburg im Auftrag der Daimler AG untersucht. Die For-<br />

1<br />

Quelle: Bundesministerium für Verkehr, Bau und Städteplanung, Mittelfristprognose der Beratergruppe Verkehr und Umwelt 2007.<br />

2 Quelle: Statistisches Bundes<strong>am</strong>t 2006<br />

3 Quelle: Kraftfahrt-Bundes<strong>am</strong>t<br />

4 Abschätzung der Güterverkehrsentwicklung bis 2050 durch das Bundesverkehrsministerium 2007<br />

5 Quelle: Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt); Auswirkung von neuen Fahrzeugkonzepten - Schlussbericht (2008)<br />

http://www.bast.de/cln_007/nn_42640/DE/Publikationen/Download-Berichte/download-berichte-node.html?__nnn=true<br />

9<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

scher stellten dabei im Schlaflabor fest, dass die Schlafqualität von LKW-Fahrern, die in einer Fahrerkabine - bei eingespieltem<br />

Verkehrslärm eines Autobahnparkplatzes - übernachteten, verringert war. Auch wenn die Fahrer <strong>am</strong> nächsten Morgen<br />

keine Anzeichen von Schläfrigkeit aufwiesen. Die Untersuchungen zeigten auch, dass nach drei Übernachtungen mit „gestörtem<br />

Schlaf“ sich bei den Fahrern erhöhte Schläfrigkeit bemerkbar machte (Popp et alii 2007, Rothe et alii 2009).<br />

Nacht- und Schichtarbeit können den Circadianrhythmus (24-Stunden-Rhythmus) und d<strong>am</strong>it den Schlaf stören und so den<br />

Wachheitsgrad von Fahrern vermindern. Um gezielt eingreifen zu können, müssen die Haupteinflussfaktoren bekannt sein<br />

und wissenschaftlich analysiert werden. Hierbei ist der Einsatz von objektiven Tests zur Erfassung von Schlafverhalten und<br />

Schläfrigkeit unabdingbar.<br />

Auf Anregung des Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg haben unter der<br />

Leitung des Landesgesundheits<strong>am</strong>tes Baden-Württemberg sich mehrere baden-württembergische Institutionen mit dem<br />

Thema „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ auseinandergesetzt, um ein Zeichen gegen Sekundenschlaf <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> zu setzen. Den verschiedenen<br />

Arbeitsgruppen innerhalb des Projektes gehörten folgende Institutionen an:<br />

� Behörden des Landes Baden-Württemberg: Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren, Innenministerium,<br />

Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg, Gewerbeaufsicht, Polizei<br />

� Forschungseinrichtungen: Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische Optik und Funktionsprüfung (STZ) an der<br />

Universitäts-Augenklinik Tübingen, Schlaflabor der Klinik Schillerhöhe, Schlaflabor der Wendelsteinklinik, Freiburger<br />

Forschungsstelle Arbeits- und Sozialmedizin<br />

� Mitwirkendes Transportunternehmen: Spedition Ihro<br />

� Arbeitnehmer: Gewerkschaft ver.di<br />

� Beratende Firmen: Daimler AG, Meditext Dr. Antonic, MAN Nutzfahrzeuge, Thomas Lattoflex<br />

� Kirchen (Betriebsseelsorge)<br />

� Fahrlehrerverband<br />

� Sozialversicherungsträger: AOK Baden-Württemberg, IKK classic , BKK, BG Verkehr und Deutsche Rentenversicherung<br />

Baden-Württemberg<br />

Das Projekt zielte darauf ab<br />

� eine Übersicht über die Arbeitssituation der Fahrer, die im Gütertransport tätig sind, zu erhalten sowie die Wechselwirkung<br />

von Wachheit und Gesundheit zu untersuchen;<br />

� praxisbezogene Untersuchungen auf diesem Sektor anzustoßen;<br />

� einen Beitrag zur Optimierung des Arbeits- und Gesundheitsschutzes zu leisten.<br />

Tagesschläfrigkeit bei Berufskraftfahrern kann viele Ursachen haben. Die Lösungsansätze müssen deshalb genauso vielfältig<br />

und ganzheitlich sein, um nachhaltig wirks<strong>am</strong>e Verbesserungen zu erzielen. Dabei ist es wichtig, den Arbeitsschutz von<br />

Grund auf zu beachten. Dies bedeutet, straßenbauliche, technische und organisatorische Maßnahmen für den mobilen<br />

Arbeitsplatz „Kraftfahrzeug“ im Hinblick auf den Arbeitsschutz zu optimieren.<br />

Ein wesentlicher Beitrag zum Arbeitsschutz für Fahrer, die Personen- oder Güterbeförderungen europaweit durchführen,<br />

sind die Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr, die in der europäischen Verordnung (EG) Nr. 561/2006<br />

und dem Europäischen Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals<br />

(AETR) enthalten sind. Die Vorschriften beschränken die höchstzulässigen Lenkzeiten und schreiben Fahrtunterbrechungen<br />

(Pausen) sowie ausreichende Ruhezeiten vor. Sie gelten auch für bestimmte nichtgewerbliche Gütertransporte und sind<br />

sowohl von Fahrern, die als Arbeitnehmer tätig sind, als auch von selbstständigen Fahrern einzuhalten. Darüber hinaus ist<br />

es wichtig, dass auch das Gütertransportgewerbe ausreichend über die Gefährdungsbeurteilung beim „mobilen Arbeitsplatz“,<br />

Betriebsanweisung und arbeitsmedizinischen Vorsorgeuntersuchungen für Fahrer informiert und sensibilisiert ist.<br />

Gemäß Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung über die Eignung und bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen,<br />

kann beispielsweise einem Lastkraftwagenfahrer, der an Schlafstörungen mit messbarer Tagesschläfrigkeit leidet, die Eignung<br />

zum Führen eines Lastkraftwagens abgesprochen werden. Nach Behandlung der Schlafstörungen kann dem Fahrer<br />

das Lenken eines Lastkraftwagens wieder erlaubt werden, wenn regelmäßig nachgewiesen wird, dass keine Tagesschläfrigkeit<br />

vorliegt. Ein nachhaltiges verhaltenspräventiv orientiertes betriebliches Gesundheitsmanagement in der Beförderungsbranche<br />

ist infolge der mangelnden Erreichbarkeit der Fahrer besonders schwer durchführbar. Dennoch darf dieser Aspekt<br />

eines Arbeitsschutzes nach erweitertem Verständnis nicht vernachlässigt werden.<br />

Anmerkung:<br />

Nachdem die Beschäftigten im Gütertransportgewerbe überwiegend männlich sind, wird in den folgenden Texten von „Fahrern“ geredet,<br />

wobei Fahrerinnen eingeschlossen sind.<br />

10<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


2 Bestandsaufnahme<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

2.1 Wachheitsgrad, Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Berufskraftfahrern<br />

2.1.1 Fahrerbefragungen<br />

Befragungen von Lastkraftwagenfahrern in verschiedenen Studien zeigen, dass<br />

� bei 30% zu lange Lenkzeiten vorliegen,<br />

� bei 20 – 40% Schläfrigkeit und Sekundenschlaf bekannt ist,<br />

� bei 4 – 26% ein Verdacht auf Schlafapnoesyndrom besteht.<br />

Lastkraftwagenfahrer arbeiten häufig im Nacht- und Schichtdienst. Sie müssen somit auch bezogen auf die biologischen<br />

Abläufe im Körper (chronobiologisch) zu ungünstigen Tageszeiten aufmerks<strong>am</strong> und reaktionsbereit sein. Die Veränderungen<br />

der Leistungsfähigkeit im Tagesablauf zeigt Abb. 1.<br />

%<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

4 6 8 10 12 14 16 18 20 22 0 2 4 6 Uhr<br />

Abb. 1: Leistungsfähigkeit im Circadianrhythmus (Griefahn 1992)<br />

Im Auftrag des Instituts für Fahrzeugsicherheit im Ges<strong>am</strong>tverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wurden<br />

12.988 Lastkraftwagenfahrer zu ihren Arbeitsbedingungen befragt (Fastenmeier et alii 2002). Die Fahrer arbeiteten im<br />

Schnitt 62 Stunden in der Woche und fuhren dabei im Durchschnitt 45 Stunden. Über 35% der befragten Fahrer lenkten ihr<br />

Fahrzeug 50 Stunden oder länger pro Woche. 50% der Fahrer arbeiteten häufig oder meistens nachts. Die Autoren schätzten,<br />

dass ein Viertel der tödlichen Unfälle mit LKW-Beteiligung auf der Autobahn auf Übermüdung bzw. Einschlafen <strong>am</strong><br />

<strong>Steuer</strong> zurückzuführen ist.<br />

Die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Pausen und Ruhezeiten fiel den Fahrern schwer. Sie begründeten dies mit<br />

Parkplatzmangel, Staus, Termindruck sowie unzureichender Disposition und Logistik seitens der Transportunternehmen.<br />

Langjährige Fahrer, aber auch solche mit geringer Fahrpraxis, hatten mehr Probleme beim Einhalten der Ruhezeiten und<br />

Pausen als mittellang beschäftigte Fahrer (Binder et alii 2003).<br />

Bei einer Befragung (Sabagh-Ehrlich et al. 2005) gaben 38% der Lastkraftwagenfahrer in Israel an, die erlaubte Fahrzeit zu<br />

überschreiten. Unfälle waren assoziiert mit schlechter Schlafqualität und der Schwierigkeit, bei Müdigkeit einen Parkplatz für<br />

die Ruhezeiten zu finden. Finnische Fernfahrer berichteten zu 40% über schläfrigkeitsbedingte Aufmerks<strong>am</strong>keitsstörungen<br />

(Hakkanen et alii 2000). In verschiedenen Studien berichteten 20% - 47% der Befragten über Episoden von Sekundenschlaf<br />

<strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> (Müller et alii 2006, Hakkanen et alii 2000, Mc Cartt et alii 2000, Sabagh-Ehrlich et alii 2005). Anhaltspunkte für<br />

das Vorliegen eines Schlafapnoesyndroms ergaben sich bei 4% - 26% der befragten Fernfahrer (Müller et alii 2006,<br />

Hakkanen et alii 2000, Moreno et alii 2004). Risiken für Schlafapnoe waren Rauchen, Übergewicht und Drogenmissbrauch,<br />

11<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

ein schützender Faktor war regelmäßige Bewegung (Moreno et alii 2004). Lastkraftwagenfahrer schilderten tägliche Schlafdefizite<br />

von durchschnittlich knapp einer Stunde (Müller et alii 2006). Folgende Risikofaktoren sind mit Sekundenschlaf <strong>am</strong><br />

<strong>Steuer</strong> assoziiert (Mc Cartt et alii 2000):<br />

� Tagesschläfrigkeit,<br />

� längere Schichten,<br />

� höheres Alter der Fahrer,<br />

� kurzer Nachtschlaf,<br />

� schlechte Schlafqualität während Ruhepausen an der Straße,<br />

� krankhafte Schlafstörungen und<br />

� Nachtfahrten trotz Müdigkeit.<br />

Wurde die Ruhezeit unter Einwirkung von Verkehrslärm verbracht, k<strong>am</strong> es zu Ein- und Durchschlafstörungen sowie zu einer<br />

schlechten Schlafqualität (Maschke et alii 2007, Popp et alii 2007, Rothe et alii 2009). Fahrer, die sich schläfrig fühlten,<br />

hatten signifikant mehr Verkehrsunfälle als ausgeruhte Fahrer (Leechawengwongs 2006). Ad<strong>am</strong>s-Guppy (2003) stellte eine<br />

gering signifikante Korrelation der bei den Fahrern erfragten Schläfrigkeit zur Tageszeit der Arbeit und Schichtrotation fest.<br />

Faktoren: Risikoerhöhung:<br />

Wöchentliche Arbeitszeit über 60 Stunden 1,5 fach<br />

Schlafstörung 1,5 fach<br />

Schlechte Schlafqualität 3,5 fach<br />

Anteil der Fahrten zwischen 00:00 Uhr und 06:00 Uhr über 25 % 3,6 fach<br />

Nachtschlaf kürzer als 5 Stunden 4,6 fach<br />

Schichtarbeit oder Nachtarbeit 5,5 fach<br />

Faktoren, die das Risiko müdigkeitsbedingter Verkehrsunfälle erhöhen (nach Stutts et alii 2003)<br />

2.1.2 Untersuchungen des Wachheitsgrades<br />

Unter Vigilanz versteht man den Wachheitsgrad, die Fähigkeit zur Aufmerks<strong>am</strong>keit einer Person. Untersuchungen der Vigilanz<br />

von Lastkraftwagenfahrern in verschiedenen Studien zeigen, dass<br />

� 8 – 23% auf Grund pupillographischer Untersuchungen als schläfrig eingestuft werden müssen,<br />

� 56% Schläfrigkeitsepisoden in Videoüberwachungen aufwiesen,<br />

� 20% als Folge schlafbezogener Atemstörungen eine zu geringe Sauerstoffsättigung im Blut haben,<br />

� 20 – 25% an einem Schlafapnoesyndrom leiden und eine auf das zwei- bis dreifach erhöhte Unfallneigung<br />

haben.<br />

Folgende Methoden wurden in Studien zur Prüfung der Fahrervigilanz eingesetzt:<br />

� Pupillographie: Der pupillographische Schläfrigkeitstest (PST) misst den Pupillenunruheindex (PUI) als Maß für<br />

die Tagesschläfrigkeit. Bei pupillographischen Untersuchungen von Lastkraftwagenfahrern wurde bei 8% bis 23%<br />

der Untersuchten ein auffälliger Pupillenunruheindex festgestellt (Müller et alii 2006, Wilhelm et alii 2003), bei 16%<br />

lag er im Grenzbereich (Wilhelm et alii 2003). Eine erhöhte Schläfrigkeit wurde bei längerer Schichtdauer und<br />

chronobiologisch ungünstiger Schlafzeit beobachtet. Viele Fahrer überschätzen ihre Fahrtauglichkeit. Walzl et alii<br />

(2007) untersuchten ein Jahr lang 1.180 Lastkraftwagen- und Omnibusfahrer rund um die Uhr mittels Pupillogra-<br />

12<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

phie. 30,9% hatten grenzwertige, 22,3% auffällige Messdaten. Junge Fahrer waren schläfriger als ältere Fahrer.<br />

Die ungünstigsten Pupillographiewerte wurden zwischen 01:00 Uhr und 03:00 Uhr sowie zwischen 13:00 Uhr und<br />

15:00 Uhr festgestellt.<br />

� Prüfung der Sauerstoffsättigung im Blut: Mittels einer Bestimmung des Oxygen Desaturation Index ODI, der die<br />

Zahl der Sauerstoffsättigungsabfälle je Schlafstunde misst, k<strong>am</strong>en Stoohs und Kollegen (1995) zu dem Ergebnis,<br />

dass 20% der Fahrer an schlafbezogenen Atemstörungen litten. Ein erhöhtes Körpergewicht (Body Mass Index)<br />

war hierbei ein statistisch signifikanter Risikofaktor.<br />

� Videoüberwachung: Mitler et alii untersuchten 20 Lastkraftwagenfahrer mit verschiedenen Schichtschemata mittels<br />

neurophysiologischer Methoden und per Videoüberwachung während der Fahrt. Fahrer mit 13 Stunden-<br />

Schichten schliefen im Durchschnitt nur 3,83 Stunden, Fahrer mit 10 Stunden-Schichten 5,2 Stunden <strong>am</strong> Tag. Die<br />

ideale Schlafdauer von 7,1 Stunden pro Tag wurde nicht erreicht. 56% der Fahrer hatten Episoden von Schläfrigkeit<br />

in der Videoüberwachung. Diese traten besonders in Schichten während der Nacht und in den frühen Morgenstunden<br />

auf.<br />

� Fahrsimulator: Leidag (2002) untersuchte 31 Patienten mit obstruktivem Schlafapnoesyndrom sowie eine Kontrollgruppe<br />

im Fahrsimulator vor und unter einer „CPAP-Therapie“ (Continuous Positive Airway Pressure). Bei dieser<br />

Therapie wird den Patienten während des Schlafens kontinuierlich Atemluft mit einem leichten Überdruck zugeführt.<br />

Hierdurch wird ein Kollaps der Atemwege und somit eine Behinderung der Atmung wirkungsvoll verhindert.<br />

Die Schlafapnoe-Patienten hatten gegenüber der Kontrollgruppe eine 2 bis 3-fach erhöhte Unfallneigung (besonders<br />

Auffahrunfälle). Durch die CPAP-Therapie nahmen Konzentrationsfehler und Unfallhäufigkeit deutlich ab.<br />

2.1.3 Ursachen von Störungen des Wachheitsgrades (Vigilanzstörungen)<br />

Als Ursachen für Vigilanzprobleme werden in der Literatur genannt:<br />

� Tätigkeit als Fernfahrer,<br />

� Nacht- und Schichtarbeit, längere Schichten,<br />

� Beeinträchtigung des Schlafes durch schlechte Schlafqualität,<br />

� kurzer Nachtschlaf,<br />

� behandlungsbedürftige Schlafstörungen des Fahrers.<br />

Folgende Ursachen können das Schlafverhalten und die Schlafqualität und d<strong>am</strong>it auch die Wachheit/Aufmerks<strong>am</strong>keit von<br />

Lastkraftwagenfahrern beeinflussen:<br />

� (Straßen-)Bauliche Ursachen: Durch die stetige Verkehrszunahme sind insbesondere Autobahnen und Parkplätze<br />

häufig überlastet. Staus und Parkflächenmangel sind die Folge und führen zu schwer vorausschaubaren Arbeitsabläufen<br />

und Überschreitung der Lenkzeiten. Staus führen überdies zu Monotonie und beim Fahrer zu Ermüdung<br />

und Stress. Zudem kann die Lärmbelastung, durch den 24 Stunden fließenden Straßenverkehr, bei Fahrern<br />

während ihrer Ruhezeit auf Parkplätzen zu Schlafstörungen führen.<br />

� Technische Ursachen: Beim Übernachten in der Fahrerkabine des Lastkraftwagens können eine unzureichende<br />

Lärmdämmung der Kabine sowie das Fehlen einer geeigneten Standklimaanlage die Schlafqualität beeinflussen,<br />

besonders, wenn bei hohen Außentemperaturen tagsüber geschlafen werden muss. Auch die ergonomische Qualität<br />

der Schlafstelle selbst (Aufhängung, Federung, Verstellbarkeit) kann die Schlafqualität beeinflussen.<br />

Das Fehlen von Fahrerassistenz-Systemen, ergonomische Unzulänglichkeiten und eine fehlende Klimaanlage im<br />

Fahrzeug führen zu einer stärkeren Beanspruchung des Fahrers während der Fahrt und d<strong>am</strong>it unter Umständen zu<br />

einer früheren Ermüdung.<br />

� Organisatorische Ursachen: Unzureichende Logistik und Disposition bei den Transportunternehmen oder den<br />

Kunden können zu Termindruck bei den Fahrern führen. Die Folgen sind zu lange Arbeits- und Fahrzeiten, keine<br />

oder keine ausreichend langen Unterbrechungen der Lenkzeiten (Pausen), keine ausreichenden Ruhezeiten. Dies<br />

13<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

in Verbindung mit regelmäßiger Nacht- und Schichtarbeit bringt neben einer immer höheren Belastung der Fahrer,<br />

auch Schlafentzug bei den Fahrern mit sich. Diese Faktoren führen zwangsweise zu Leistungsabfall und zu einer<br />

früheren Ermüdung.<br />

� Persönliche Ursachen: Psychische Faktoren, Stressbelastung im Straßenverkehr, soziale Nachteile durch lange<br />

Abwesenheit von zu Hause, unregelmäßige Arbeitszeiten, Schlafstörungen, Schlafmangel, Bewegungsmangel,<br />

Fehlernährung und daraus teilweise langfristig resultierende Krankheiten sowie Suchtverhalten können die Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />

und Wachheit der Fahrer ebenfalls beeinflussen.<br />

2.1.3.1 Bauliche Ursachen<br />

Überlastung von Autobahnen und Parkplätzen<br />

Eine der wichtigsten Voraussetzungen für Mobilität, Fortschritt, Wohlstand, Wachstum und Beschäftigung in Deutschland ist<br />

ein leistungsfähiger und sicherer Verkehrsfluss auf dem ges<strong>am</strong>ten Straßennetz. Den Prognosen zufolge ist für die nächsten<br />

Jahre ein weiteres erhebliches Verkehrswachstum zu erwarten. Mit stetig ansteigenden Verkehrsmengen - auch im Bereich<br />

des Schwerverkehrs - wird das Gefahrenpotenzial schwerer Nutzfahrzeuge weiter zunehmen.<br />

Lastkraftwagenfahrer haben häufig Schwierigkeiten, für ihre Fahrzeuge Parkflächen zu finden, auf denen sie ihre Ruhezeiten<br />

verbringen können. Oft sind bei ihrer Ankunft die Parkplätze schon überbelegt und die Ausweichmöglichkeit auf Parkflächen<br />

in Industriegebieten können aufgrund der Parkzeitbegrenzung bzw. des Parkverbots für Lastkraftwagen über mehrere Stunden<br />

nicht genutzt werden. Hinzu kommt, dass kleinere Parkplätze in letzter Zeit verstärkt geschlossen worden sind.<br />

Teilweise sind die vorhandenen Standplätze für Lastkraftwagen nicht zur Erholung der Fahrer geeignet, weil der Geräuschpegel<br />

durch das Umfeld (Fahrzeugverkehr, Kühlaggregate von parkenden Kühlfahrzeugen) hoch sowie eine ausreichende<br />

Beschattung der Parkflächen – insbesondere in den Sommermonaten - nicht vorhanden ist. Teilweise sind die Parkplätze<br />

entlang der Autobahnen so überbelegt, dass außerhalb der vorgegebenen Parkflächen, beispielsweise auf dem Standstreifen<br />

der Autobahnen oder entlang der Fahrstreifen der Rastanlagen, die Fahrzeuge unerlaubt abgestellt werden. Infolge des<br />

Nachtfahrverbots in der Schweiz spitzt sich die Parkplatzsituation besonders auf dem Autobahnabschnitt Karlsruhe - Basel<br />

oft schon <strong>am</strong> späten Nachmittag zu.<br />

Verkehrsentwicklung auf den Autobahnen<br />

Die Hauptursache des Parkraummangels entlang der Autobahnen ist das Missverhältnis zwischen der stetigen allgemeinen<br />

Verkehrszunahme und der unzureichenden Erweiterung des Autobahnnetzes. Während der Ges<strong>am</strong>tverkehr auf den Autobahnen<br />

zwischen 1990 und 2005 um ca. 15 % zugenommen hat, beträgt die Zunahme im Güterverkehr ca. 50 %. Im<br />

Schwerverkehr, der auf den Rastanlagen überproportional mehr Parkraum benötigt, sind es über 90%.<br />

60000<br />

50000<br />

40000<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

1949 1960 1970 1980 1990 2000 2005 Ziel<br />

2015<br />

14<br />

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.<br />

6- und mehrspurig Autobahnen km KFZ pro Tag<br />

Abb. 2: Verkehrsdichte auf den Autobahnen (Kraftfahrzeuge pro Tag)<br />

(Ordinate: für „KFZ“ Anzahl, für „Autobahnen“ und „6- und mehrspurig“ Anzahl Kilometer)


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Nach Schätzungen des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wird der Güterverkehr bis zum Jahre<br />

2050 um ca. 60 % zunehmen. Der Abbau von Handelshemmnissen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union<br />

hat zur Folge, dass die Rohmaterialien und Zwischenprodukte zu weit verteilten Produktionsstätten und die Fertigwaren von<br />

dort zu den Konsumenten transportiert werden. Teilweise erfolgen diese Transporte durch ganz Europa. Eine Übersicht über<br />

die Verkehrsentwicklung auf den Autobahnen zeigt Abb. 2<br />

Lage<br />

Die Autobahnabschnitte in Baden-Württemberg sind weitgehend Bestandteil des transeuropäischen Straßenverkehrsnetzes<br />

(Abb. 3). Wegen der geographischen Lage sind die Autobahnabschnitte als Transitstrecke in den Süden besonders stark<br />

durch den Güterverkehr belastet. Trotzdem verfügt Baden-Württemberg im Vergleich zu Nordrhein-Westfalen über weniger<br />

Autobahnabschnitte. Dies hat wiederum zur Folge, dass es - bezogen auf die Länge der Bundesfernstraßen - vergleichsweise<br />

weniger Tank- oder Rastanlagen mit großen Parkplätzen gibt. Nach dem Bundesfernstraßengesetz sind derartige Einrichtungen<br />

nur an den Autobahnen vorgesehen.<br />

Abb. 3:<br />

Autobahnverteilung in Deutschland, Lage und Netzsituation in<br />

Baden-Württemberg<br />

15<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Situation auf den Rastanlagen<br />

Am gravierendsten sind die Probleme auf den Rastanlagen an den Autobahnen. Es gibt in Baden-Württemberg (Stand:<br />

2008)<br />

� 44 bewirtschaftete Rastanlagen (mit Tankstellen, Raststätten, Motels und insges<strong>am</strong>t 1.500 LKW-Stellplätzen) und<br />

� 63 unbewirtschaftete Rastanlagen mit WC (PWC-Anlagen) mit insges<strong>am</strong>t<br />

600 LKW-Stellplätzen.<br />

Darüber hinaus gibt es noch mehrere Kleinparkflächen ohne WC, die jedoch mittelfristig durch PWC-Anlagen ersetzt werden<br />

sollen. Neben diesen Rastanlagen unmittelbar an den Autobahnabschnitten sind in Baden-Württemberg noch 15 privat<br />

betriebene Autohöfe mit ca. 1.350 LKW-Stellplätzen vorhanden. All diese Parkplätze entlang der Autobahnen sind insbesondere<br />

während den Abend- und Nachtzeiten mehr (zum Teil bis zu 200%) oder weniger überbelegt. Die Überbelegung nimmt<br />

von den bewirtschafteten Rastanlagen zu den Kleinparkflächen hin ab.<br />

Lärmbelastung auf Autobahnparkplätzen<br />

Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg führte im April 2007 eine orientierende<br />

Lärmpegelmessung auf einem Autobahnparkplatz bei Karlsruhe durch. Die Ergebnisse sind in Kapitel 3.2.1 im Abschnitt<br />

„Lärmbelastung der Fahrer auf Parkplätzen der Bundesautobahnen (BAB)“ dargelegt.<br />

2.1.3.2 Organisatorische Ursachen<br />

In den letzten Jahren hat das produzierende Gewerbe aus wirtschaftlichen Gründen seine Fuhrparks verkleinert oder vollständig<br />

aufgegeben. Die Güter werden nun von kleineren Transportunternehmen oder von selbstständigen Einzelunternehmern<br />

übernommen. Das Transportgewerbe in Deutschland ist verhältnismäßig kleinteilig strukturiert, wie aus der Unternehmensstatistik<br />

(USTAT 10) des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr (BAG) zu entnehmen ist. Nur 11% der Unternehmen haben<br />

mehr als 20 Fahrer (BAG 2005). Der überwiegende Teil der Unternehmen besteht aus selbstfahrenden Unternehmern mit<br />

oder ohne eigene Fahrzeuge bzw. aus Unternehmen mit bis zu fünf Fahrern.<br />

Obwohl die Logistikbranche Wachstum und Umsatzsteigerungen erzielt, ist die Gewinnsituation der Unternehmen verhalten.<br />

Dies liegt sowohl an den hohen Kraftstoffpreisen als auch an den Anforderungen, die der wachsende Konkurrenzdruck in<br />

dieser Branche mit sich bringt. Der wachsende Konkurrenzdruck ist wiederum eine Folge der Liberalisierung des europäischen<br />

Transportmarktes seit Mitte der neunziger Jahre. Zum einen hat der Verzicht auf die bis dahin staatlich festgesetzten<br />

und kontrollierten Transporttarife zu einem immensen Preisverfall geführt. Auf der anderen Seite herrscht seit der zeitgleichen<br />

Marktöffnung des europäischen Autobahntransportwesens bis in die ehemaligen Sowjetrepubliken hinein ein ruinöser<br />

Verdrängungswettbewerb. In dessen Folge kaufen sich immer mehr deutsche Unternehmen in osteuropäische Fuhrunternehmen<br />

ein, um die begehrten CEMT - Transportgenehmigungen zu erhalten (CEMT = La Conférence Européene des<br />

Ministres des Transports; Ministerrat der Europäischen Verkehrsministerkonferenz). Diese Genehmigungen berechtigen zu<br />

Beförderungen im grenzüberschreitenden Straßengüterverkehr zwischen CEMT-Mitgliedsstaaten. Häufig wird Personal aus<br />

diesen Ländern zu niedrigen Löhnen und bei reduzierter sozialer Sicherung beschäftigt (Röhm und Voigt 2006, Helms et alii<br />

2003). Dieser Sachverhalt wird auch von den neuen EU-Beitrittsstaaten mit EU-Genehmigungen erfüllt (z. B. Rumänien,<br />

Bulgarien, baltische Staaten). Die Folge einer solchen Regelung ist natürlich auch, dass in den alten EU-Ländern mit kostengünstigeren<br />

Fahrern Transporte durchgeführt werden können, die wieder einen stärkeren Preisdruck auf dem Markt zur<br />

Folge haben. Eine Kontrolle von Arbeitsbedingungen der Fahrer in einem fernen osteuropäischen Staat ist schwierig zu<br />

beurteilen.<br />

Die Auftraggeber nützen oft den günstigeren Frachtpreis und interessieren sich auch nicht, unter welchen Bedingungen<br />

dieser zustande kommt. Hier wäre aus politischer Sicht eine stärkere Haftung der Auftraggeber für eingesetzte Transportunternehmer,<br />

die sich nicht an Gesetze und Vorgaben halten, sinnvoll (Organisationsverschulden). Zwar ist dies in geringem<br />

Umfang möglich, in der Praxis gibt es aber kaum Fälle, in denen der Auftraggeber (Industrie, Handel, aber auch Speditionen,<br />

die andere Transportunternehmer einsetzen) zur Verantwortung gezogen wurde. Ein bemerkenswertes Urteil des Landgerichtes<br />

Nürnberg-Fürth, mit dem zwei Spediteure wegen fahrlässiger Tötung sowie Anstiftung zum gefährlichen Eingriff in<br />

den Straßenverkehr verurteilt wurden, nachdem ihr angestellter Fahrer einen tödlichen Verkehrsunfall verursacht hatte, ist<br />

gegenwärtig noch die Ausnahme (LG Nürnberg-Fürth 2006). Insges<strong>am</strong>t haben sich durch diese Entwicklung die Arbeitsbedingungen,<br />

die Arbeitsplatzsicherheit und auch die Entlohnung der Fernfahrer seit Jahren extrem verschlechtert.<br />

Als weitere Folge dieser Entwicklung wird der Zeitrahmen für den Warentransport bei bestehenden Logistikkonzepten immer<br />

enger. Probleme werden häufig auch durch mangelnde Planung und Flexibilität im Bereich der Entladestellen geschildert.<br />

Vom Kunden wird oft zusätzlich verlangt, dass der Fahrer die gelieferte Ware entlädt. Dies führt zu erhöhten Anforderungen<br />

16<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

an die zeitliche und räumliche Flexibilität der Fahrer und d<strong>am</strong>it häufig auch zum Überschreiten von Arbeits- und Lenkzeiten<br />

zu Lasten der vorgeschriebenen Fahrtunterbrechungen, Pausen und Ruhezeiten. Wird die Zeit zum Entladen des Lastkraftwagens<br />

nicht als Arbeitszeit, sondern als Ruhezeit in das digitale Kontrollgerät eingegeben, kann diese Ordnungswidrigkeit<br />

zu einem späteren Zeitpunkt durch die Kontrollbehörde nicht mehr festgestellt werden. Die Folge ist Übermüdung mit der<br />

d<strong>am</strong>it einhergehenden Unfallgefahr (Roth et alii 2004, Müller et alii 2004). Seit April 2007 gelten die in der Verordnung (EG)<br />

Nr. 561/2006 bestimmten geänderten Lenk- und Ruhezeiten 6 .<br />

Die Transportbranche geht deshalb davon aus, dass der Konkurrenzdruck steigt und die Belastungen der Fahrer eher noch<br />

erhöht werden. Begründet wird dies mit der Veränderung der Pausenlage und kürzeren Wochenfahrzeiten gegenüber den<br />

vorherigen Regelungen. Schon jetzt wird von einer Zunahme von Geschwindigkeitsüberschreitungen und riskanten Überholmanövern<br />

berichtet, um aus beruflichen und f<strong>am</strong>iliären Gründen das Ziel möglichst früh zu erreichen 7 . Der situationsbedingte<br />

Kostendruck bei den Transportunternehmen führt oft zu terminlich und personell engerer Planung, die in der Praxis<br />

teilweise Probleme hervorruft.<br />

Einer <strong>am</strong>erikanischen Studie ist zu entnehmen, dass eine 10%ige Erhöhung der kilometerbezogenen Entlohnung zu einer<br />

34% geringeren Wahrscheinlichkeit von Verkehrsunfällen führte (Saltzman 2007). In diesem Zus<strong>am</strong>menhang ist anzumerken,<br />

dass in Deutschland Fahrer als Arbeitnehmer aus Gründen des Arbeitsschutzes und der allgemeinen Verkehrssicherheit<br />

nicht nach den zurückgelegten Fahrstrecken oder der Menge an transportierten Gütern entlohnt werden dürfen.<br />

Bei der Disposition (mengenmäßige Einteilung von Aufträgen) ergeben sich für die Transportunternehmen verschiedene<br />

Planungsunsicherheiten hinsichtlich:<br />

� der Regelmäßigkeit der Transporte,<br />

� der Kette von Transporten verschiedener Auftraggeber,<br />

� der sehr kurzfristigen Auftragserteilungen/-änderungen,<br />

� nicht kalkulierbarer Einflussfaktoren wie Staus, Witterung u. ä.,<br />

� dem LKW-Standort <strong>am</strong> Wochenende (Sonntagsfahrverbot in Deutschland).<br />

Dem gegenüber stehen Planungsnotwendigkeiten durch:<br />

� die Art der benötigten Fahrzeuge (Ladekapazität, Spezialfahrzeuge),<br />

� enge Terminvorgaben der Kunden,<br />

� vertragliche Verpflichtung gegenüber Kunden (Konventionalstrafen),<br />

� Reparatur– und Wartungstermine,<br />

� Fahrerbedürfnisse (Krankheit, Urlaub, private Termine),<br />

� gewinnorientierten Einsatz der Fahrzeuge im Verdrängungswettbewerb,<br />

� rechtliche Vorgaben (Lenk- und Ruhezeitvorschriften, Arbeitszeitgesetz).<br />

Im Rahmen der Disposition sind sowohl die Planungsunsicherheiten als auch die Planungsnotwendigkeiten ausreichend zu<br />

berücksichtigen. Die Disposition erfolgt in der Regel sehr kurzfristig. Hintergrund sind die immer kürzeren Lieferfristen von<br />

Gütern/Produkten (just in time) bedingt durch neue Marktinstrumente wie z. B. elektronische Vertragsanbahnung (Ausschreibungs-<br />

und Buchungsverfahren).<br />

6 Seit April 2007 müssen u. a. Fahrer von Lastkraftwagen täglich eine ununterbrochene Ruhezeit von neun statt bisher acht Stunden<br />

einhalten. Insges<strong>am</strong>t müssen die Fahrer pro Tag elf Stunden und innerhalb von zwei Wochen mindestens 45 Stunden <strong>am</strong> Stück pausieren.<br />

Die Lenkzeit darf grundsätzlich neun Stunden pro Tag nicht überschreiten, wobei zwei Mal in der Woche zehn Stunden <strong>am</strong> Lenkrad<br />

erlaubt sind. Auf die Woche hochgerechnet dürfen Fahrer von Lastkraftwagen maximal 56 Stunden <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> sitzen, in zwei aufeinander<br />

folgenden Wochen höchstens 90 Stunden<br />

7 Quelle (beispielhaft): Bericht des Innenministeriums Brandenburg vom 02.1.2006: „Kontrollen im gewerblichen Güter- und Personenverkehr:<br />

immer häufiger: Schrott-Lkw und übermüdete Fahrer“<br />

ULR: http://www.brandenburg.de/sixcms/detail.php?id=243185, Seitenaufruf 01.02.2007<br />

17<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Grundlage für eine Disposition ist in erster Linie der momentane „Aufenthaltsort“ des Lastkraftwagens und die „Restfahrzeit“<br />

des Fahrers. Die Planung erfolgt nach Auftragserteilung, in der Regel ein bis drei Tage, bevor der Transport durchgeführt<br />

werden soll. Der Disponent muss bei der Planung eine Prognoseentscheidung treffen, bei der er die berufsspezifischen<br />

Unwägbarkeiten berücksichtigt. Er bucht sofort nach Auftragserteilung durch den Kunden sogenannte Verladefenster, wohl<br />

wissend, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine detaillierte Planung möglich ist. Die Disponenten sind deshalb auch über<br />

Telefon oder Telematik (Fahrzeugortung) mit dem Fahrer bzw. dem Kunden in ständigem Kontakt. Nur so kann der Disponent<br />

auf notwendige Änderungen frühzeitig reagieren.<br />

Der Disponent ist, wie der Arbeitgeber und der Fahrer, im Rahmen der Disposition für die Einhaltung der Vorschriften über<br />

die Lenk- und Ruhezeiten, Lenkzeitunterbrechungen und sonstige Arbeitszeiten verantwortlich. Telematiksysteme, wie sie in<br />

der Regel von den LKW-Herstellern oder auch von Softwareprovidern angeboten werden, verbessern durch den Zugriff auf<br />

viele Daten im LKW (Position, Fahrerdaten, Wartungsintervalle) grundsätzlich die Disposition. Zu berücksichtigen ist jedoch,<br />

dass der Disponent bei Telematiksystemen diese Informationen nur einmal täglich erhält, so dass er auf die Kommunikation<br />

mit dem Fahrer angewiesen bleibt.<br />

Die Fahrer sind aufgrund des mobilen Arbeitsplatzes „Kraftfahrzeug“ einer Vielzahl weiterer Belastungen im Rahmen der<br />

Beförderungen ausgesetzt (Roth et alii 2004, Nolle 2005, Ellinghaus & Steinbrecher 2002, Lyons 2002, Hannertz & Tüchsen<br />

2001). Dazu gehören:<br />

� schwer einzuschätzende Straßen- und Witterungsverhältnisse, Streckenumleitungen, LKW-Fahrverbote, schlecht<br />

ausgeschildertes Ziel oder keine genauen Adressen, Konflikte mit anderen Verkehrsteilnehmern, mangelnde Ladungssicherung<br />

oder Enge auf Park- und Rastplätzen (Navigationsgeräte sind im Lastkraftwagen nur bedingt einsetzbar,<br />

da sie keine Informationen zu Brückenhöhen oder deren Tragfähigkeiten und keine für Lastkraftwagen gesperrten<br />

Strecken angeben),<br />

� Zeitdruck nicht nur durch Arbeitgeber oder Auftraggeber, sondern auch durch Verkehrsstaus und lange Wartezeiten<br />

beim Be- und Entladen sowie Verantwortung für Fahrzeug und Ladung,<br />

� Monotonie bei Fahr- und <strong>Steuer</strong>tätigkeiten,<br />

� Stress durch Termindruck, Fahrten bei Nacht und unter schlechten Wetterbedingungen, zu geringe Ruhezeiten,<br />

aggressives Fahrverhalten anderer Autofahrer, Sicherheitsbedenken und mangelnde Akzeptanz durch Arbeitgeber<br />

(Bernard et alii, 2000).<br />

Fernfahrer beginnen mit der Arbeit (dem Fahren) meist in der Nacht zum Montag, um möglichst früh <strong>am</strong> Montag an der<br />

Entladestelle anzukommen. Beim Be- und Entladen der Fahrzeuge können folgende Probleme entstehen:<br />

� unplanbare Wartezeiten (häufig eine Stunde bis vier Stunden, aber auch bis zu einem Tag),<br />

� Entladedauer nicht beeinflussbar,<br />

� vorgegebene Entladezeitfenster müssen eingehalten werden.<br />

2.1.3.3 Technische Ursachen<br />

Die technische Ausstattung von Lastkraftwagen hat sich in den letzten Jahren erheblich verbessert. Vorschriften wie die<br />

Richtlinie 85/3/EWG und die BGV D 29 haben für schwingungsgedämpfte Sitze, ergonomische Anordnung der Instrumente,<br />

Heizung und Lüftung gesorgt. Lastkraftwagen mit Schlafkabine, die im Langstreckenverkehr (mehr als 8 Stunden vom<br />

Standort entfernt) eingesetzt werden, sind aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen mit Zusatzheizungen ausgerüstet.<br />

Wichtig für den Fahrer ist zusätzlich eine Ausrüstung, welche die Sicherheit in der Kabine auch bei Verkehrsunfällen und<br />

Feuer garantiert. Europäische Vorgaben für Sicherheitskonzepte und Kabinendämmung existieren noch nicht in ausreichendem<br />

Maße (Kabinensicherheit bei Verkehrsunfällen, Fahrerassistenzsysteme). Die Ausstattung der Fahrerkabine ist unter<br />

der Berücksichtigung von Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit eines Fahrers von Bedeutung. So kann der vorzeitigen Ermüdung<br />

des Fahrers durch eine entsprechende Gestaltung und Ausrüstung der Kabine vorgebeugt werden. Dazu können folgende<br />

Faktoren beitragen:<br />

Kabinenausstattung:<br />

� ausreichender Raum, besonders bei Nutzung durch mehrere Fahrer,<br />

� ausreichender Stauraum für den/die Fahrer,<br />

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� gute Sicht,<br />

� Blendschutz,<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� übersichtlich gestaltete Schalter und Instrumente (wichtige Schalter und Instrumente sollten im einfachen Greifraum<br />

und im engeren Gesichtsfeld liegen.),<br />

� Klimatisierung, Lüftung und Heizung während der Fahrt,<br />

� bequeme Sitze, die ausreichend verstellbar sind.<br />

Kabinenausstattung für Übernachtungen im Lastkraftwagen:<br />

� Klimatisierung: Bei Übernachtungen in der Fahrerkabine oder mehrtägigem Aufenthalt im Lastkraftwagen, sollte<br />

neben der tarifvertraglich festgelegten Standheizung auch eine Standklimaanlage vorhanden sein. Dies ist jedoch<br />

in ca. 83% der Fahrzeuge nicht der Fall.<br />

� Lärmschutz: Wie Lärmmessungen auf Parkplätzen gezeigt haben, ist die Lärmbelastung in den Fahrerkabinen<br />

noch so hoch, dass der Lärm Schlafstörungen verursachen kann. Eine stärkere Lärmdämmung wäre notwendig.<br />

� Schlafstätte: Das Bett sollte <strong>am</strong> Kopf- und Fußende höhenverstellbar sein, eine Schieflage des Fahrzeugs ausgleichen<br />

können und eine bequeme Unterlage haben (z.B. Lattenrost). In der Regel ist die Liegefläche sehr schmal,<br />

hat nur ein Brett als Bettrost und steht bei Schräglage des Fahrzeugs ebenfalls schräg. Ein Hochstellen des Kopf-<br />

und/oder Fußendes ist nur selten möglich.<br />

Die Fahrerkabinen werden von den Herstellern mit unterschiedlichen Ausstattungen (Komfort) angeboten. Im Progr<strong>am</strong>m der<br />

Hersteller sind beispielsweise enthalten: Internetfähige Computer, Radio, Fernsehen, DVD-Player, CB-Funkgeräte, höhenverstellbare<br />

Schlafmöglichkeiten mit Lattenrost und Lageausgleich, lageverstellbare Beifahrersitze, gekühlte Sitze, Massagesitze,<br />

Klapptische, Küchenausstattung (Kühl- und Gefrierschrank, Kochfeld, Anschluss für Wassererhitzer oder Kaffeemaschine)<br />

sowie Badausstattung (Waschtisch, Dusche, Toilette). In der Praxis verfügen jedoch nur wenige Lastkraftwagen über<br />

einige der im Progr<strong>am</strong>m aufgeführten Ausstattungen.<br />

Eine Ausstattung der Fahrerkabine, die nicht nur den Grundbedürfnissen eines Fahrers entspricht, sondern gleichzeitig<br />

dessen Gesundheitsschutz und Wohlbefinden ausreichend berücksichtigt, trägt dazu bei, den immer stärker werdenden<br />

Arbeitsbelastungen <strong>am</strong> mobilen Arbeitsplatz „Kraftfahrzeug“ besser entgegenzuwirken.<br />

2.1.3.4 Personenbezogene Ursachen<br />

Lastkraftwagenfahrer im Nah- oder Fernverkehr sind für die Wirtschaft in Deutschland und Europa unverzichtbar. Die zuverlässige<br />

und verantwortungsvolle Arbeit der Fahrer im Gütertransport stellen eine schnelle Verfügbarkeit von Waren sicher.<br />

Nur dadurch kann der bisher gewohnte Lebensstil aufrecht erhalten werden.<br />

In deutlichem Missverhältnis zu der zentralen gesellschaftlichen Funktion von Berufskraftfahrern steht die Wahrnehmung und<br />

Wertschätzung ihrer Arbeit in der Öffentlichkeit. Von anderen Verkehrsteilnehmern werden Lastkraftwagen auf den Straßen<br />

häufig entweder als Hindernis beim schnellen Vorwärtskommen oder als Gefahr gesehen. In Medienberichten werden Fahrer<br />

von Lastkraftwagen oft nur bei spektakulären Verstößen gegen die Straßenverkehrsordnung oder nach schweren Verkehrsunfällen<br />

erwähnt, während von ihrem Alltag, in dem sie unzählige Kilometer unfallfrei zurücklegen, selten die Rede ist. Dabei<br />

ist die Entwicklung der Unfallstatistik rückläufig: während die LKW-Transportleistung um 14% stieg, reduzierte sich die Zahl<br />

der schwerverletzten und getöteten Personen im Straßenverkehr um ein Viertel.<br />

Durch die Verminderung der Löhne in den letzten Jahren liegt der tarifliche Stundenbruttolohn, umgerechnet auf die langen<br />

Arbeitszeiten, für westdeutsche Fahrer derzeit bei bis zu sieben Euro, für ostdeutsche Fahrer bei bis zu fünf Euro. Die nichttarifliche<br />

Entlohnung – insbesondere von osteuropäischen Fahrern – beträgt zum Teil weniger als die Hälfte. Oft ist in Arbeitsverträgen<br />

kein zeitlicher Rahmen festgelegt, sondern lediglich eine Lohnpauschale, was angesichts der zunehmenden<br />

zeitlichen und logistischen Anforderungen eine immer geringere Entlohnung zur Folge hat. Neuere arbeitsvertragliche Varianten<br />

sehen von einer pauschalen Entlohnung gänzlich ab. Sie sehen Löhne nach der Zahl der Abladestellen und transportierten<br />

Einheiten des Ladegutes vor (Standzeitverkürzung).<br />

Fahrer werden auf Grund ökonomischer Sachzwänge oft zur Umgehung rechtlicher Vorschriften verleitet. Hierbei riskieren<br />

sie oft nicht nur den Führerschein als Basis ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern auch ihre eigene Gesundheit und die<br />

Gesundheit Dritter. Sicherheit und Gesundheitsschutz werden im Transportgewerbe teilweise nicht als Wettbewerbsvorteil,<br />

sondern als Nachteil (Lange und Roth 2005) betrachtet. Die Arbeitsplatzunsicherheit verbunden mit langen unkalkulierbaren<br />

Arbeitszeiten und Termindruck führt dazu, dass das F<strong>am</strong>ilienleben und weitere soziale Kontakte leiden oder erst gar nicht<br />

19<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

entstehen. Auch andere Notwendigkeiten des alltäglichen Lebens wie z. B. Arzt- und Zahnarztbesuche sind nur mit Einschränkungen<br />

zu bewältigen. Es besteht die Gefahr sozialer Isolation, da vielen Fahrern auch unterwegs Gesprächspartner<br />

fehlen, mit denen sie ihre täglichen Erfahrungen teilen können. Soziale Isolation, psychische Fehlbelastungen durch lange<br />

Arbeitszeiten, Monotonie und Unfallgefahren führen ebenso wie die Verkehrssituation zum Auftreten von Berufsstress und<br />

d<strong>am</strong>it zu Schlafstörungen.<br />

Zusätzlich zu den bereits durch die Arbeitssituation vorgegebenen Belastungen ist in Zukunft durch die beschriebene Zunahme<br />

des Zeit- und Kostendrucks im Fernverkehr noch mit einer Erhöhung des beruflichen Stresses zu rechnen. Hinzu<br />

kommen neue und komplexere Anforderungen durch die zunehmende Elektronisierung der Arbeitsumgebung wie rechtsverbindliche<br />

digitale Kontrollgeräte bei neuen Lastkraftwagen, On-Board-Computer, Abwicklung von Mautgebühren etc. Dadurch<br />

werden erhöhte Anforderungen an mentale Fähigkeiten im Sinne von Informationsaufnahme, -verarbeitung und -<br />

umsetzung gestellt. Es gibt deshalb Überlegungen, in die Berufskraftfahrer-Ausbildung neue Ausbildungsinhalte wie Informationsverarbeitung,<br />

Logistik, Kenntnisse im Arbeitsschutz, neue Medien oder Mehrsprachigkeit aufzunehmen (Röhm und<br />

Voigt 2006). Bisher haben nach Lange & Roth (2005) nur zehn bis zwölf Prozent der Fahrer im Güterverkehr eine qualifizierte<br />

Berufskraftfahrerausbildung. Eine Ausbildungsverpflichtung wurde erst im Jahr 2009 eingeführt (Berufskraftfahrer-<br />

Qualifikationsgesetz (BKrFQG)).<br />

Zus<strong>am</strong>mengefasst entstehen hohe psychische und körperliche Ermüdungs- und Übermüdungserscheinungen, verursacht<br />

durch die erhöhten Konzentrationsanforderungen im Verkehr, Zeitdruck, unregelmäßige Arbeitszeiten und Probleme bei der<br />

Einhaltung der Ruhepausen, insbesondere, wenn – wie mancherorts üblich – in dieser Zeit vom Kunden auch<br />

Entladearbeiten durch den Fahrer abverlangt werden. Auch entwickeln viele Fahrer im Fernverkehr – nicht zuletzt zur Steigerung<br />

des eigenen Wertgefühls – ein nicht unerhebliches Leistungsbewusstsein, wie z.B. eine Untersuchung von Florian<br />

(1994) belegt. Als Leistungskriterien gelten Treibstoffersparnisse, geschicktes Überholen und schnelles Einfädeln in den<br />

fließenden Verkehr, geschicktes Umfahren von Staus, die Vermeidung unnötiger Wartezeiten beim Be- und Entladen und<br />

das Fahren trotz Ermüdung oder gesundheitlicher Probleme. Dies wird u.U. durch wirtschaftliche Anreize wie z. B. Standzeitverkürzungsprämien<br />

und Nachtzuschläge belohnt. Diese häufig selbstgefährdenden Arbeitsleistungen werden als Begleiterscheinung<br />

einer mythosbehafteten Berufskultur gesehen, die in Analogien wie „Kapitäne der Landstraße“, „Asphaltcowboys“<br />

oder „Highwayhelden“ zum Ausdruck kommt. Es ist zu vermuten, dass diese betont männliche Berufsehre als<br />

Basis für die subjektive Bewältigung der hohen Arbeitsanforderungen im Straßengütertransport für die tatsächliche Bewältigung<br />

der arbeitsbedingten Risiken nur begrenzt nützlich ist. Mehr noch erhöht sich das d<strong>am</strong>it verbundene Risiko für stressbedingte<br />

körperliche und psychische Erkrankungen, die häufig unentdeckt und d<strong>am</strong>it unbehandelt bleiben.<br />

2.1.4 Unfallgefahren und Einschlafunfälle, Erkenntnisse der Polizei<br />

Verkehrsunfälle mit Lastkraftwagen verursachen häufig hohe Schäden an Fahrzeug und Ladung. Häufige Unfälle führen zu<br />

Vertrauensverlust beim Kunden. Für den Fahrer oder andere Verkehrsteilnehmer können sie zum tödlichen Risiko werden<br />

oder schwere Verletzungen und Frühberentung zur Folge haben. Im Jahre 2004 gab es in Deutschland 1.284 Todesfälle und<br />

9.180 Schwerverletzte bei Verkehrsunfällen an denen Lastkraftwagen beteiligt waren. Das Allianz Zentrum für Technik (AZT)<br />

untersuchte 600 schwere Verkehrsunfälle mit LKW-Beteiligung und stellte in 24% der Fälle Auffahrunfälle durch überhöhte<br />

Geschwindigkeit oder zu geringen Abstand fest. Während sich bundesweit die Zahl getöteter PKW-Insassen verminderte,<br />

blieb die Zahl getöteter LKW-Insassen gleich (siehe auch 2.1.3.4).<br />

Bundesweit wird bei Verkehrsunfällen jeder siebte Hauptverursacher von der Polizei als „unaufmerks<strong>am</strong>“ eingestuft. Insges<strong>am</strong>t<br />

steht demnach etwa ein Drittel der Unfälle mit Übermüdung oder Unaufmerks<strong>am</strong>keit <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> in Zus<strong>am</strong>menhang.<br />

Mangelnde Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite und Übermüdung sind herausragende Einflussfaktoren für die Sicherheit im<br />

Straßenverkehr. Der gewerbliche Personen- und Güterverkehr nimmt hierbei aufgrund der Massenkräfte, des drohenden<br />

Schadensausmaßes und der transportbedingten Fahrzeiten eine herausragende Stellung ein.<br />

Nach Angaben des Innenministeriums Baden-Württemberg nahm die Zahl der Unfälle, bei denen Lastkraftwagen beteiligt<br />

waren, im Jahr 2006 um 6,4 % gegenüber dem Vorjahr zu. Auch blieb die Quote der dabei von den Fahrern maßgeblich<br />

verursachten Unfälle bei etwa 70 % relativ konstant. Der enorme Anstieg um 32,7 % auf 69 tödlich verletzte Personen bei<br />

von Lastkraftwagenfahrern verursachten Unfällen stellt die mit dem Schwerverkehr verbundene Unfallgefahr drastisch heraus.<br />

Insbesondere bei den Unfällen mit schweren Folgen sind Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße die Hauptursachen.<br />

Zu Beginn des Jahres 2007 ist die Zahl der LKW-Unfälle erneut gestiegen. Dies ist zus<strong>am</strong>men mit der nach wie vor hohen<br />

Zahl der bei Verkehrskontrollen zu beanstandenden Lastkraftwagen eine bedenkliche Entwicklung.<br />

Die Statistik der AOK Deutschland weist für Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko für Unfälle/Vergiftungen (14,8% zu<br />

8,8%) auf. Dieses erhöhte Unfallrisiko erklärt sich nicht allein durch den berufsbedingt längeren Aufenthalt auf Straßen.<br />

20<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Ursächlich können auch die erhöhte Schläfrigkeit bei Nachtfahrten oder durch Schlafstörungen, Stressbelastung, Termindruck<br />

und akute Herz-Kreislauf-Erkrankungen sein. 2006 untersuchten Evers und Auerbach die Entstehung schwerer LKW-<br />

Unfälle auf Autobahnen. Übermüdung wurde in knapp 20 % der schweren Verkehrsunfälle bei Berufskraftfahrern als Hauptunfallursache<br />

eingestuft. Aronson et alii (1999) berichteten, dass auch kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />

hatten, an Autounfällen zu sterben.<br />

Neben Verkehrsunfällen können auch Arbeitsunfälle beim Be- und Entladen oder eine Vernachlässigung der Ladungssicherung,<br />

die später zu Unfällen im Straßenverkehr führt, Folge von Tagesschläfrigkeit, Stress und Termindruck sein. Unfälle<br />

beim Be- und Entladen stellen bekanntermaßen den Schwerpunkt des Unfallgeschehens bei Lastkraftwagenfahrern dar.<br />

2.2 Gesundheitliche Lage der Lastkraftwagenfahrer<br />

2.2.1 Lebensumstände und Umweltbelastung<br />

Als Folge der Arbeitsbelastungen, aber auch der lebensstilbezogenen Risikofaktoren (Ernährung, Rauchen, langes Sitzen<br />

und Bewegungsmangel etc.) sind bestimmte Erkrankungen im Vergleich zu anderen Berufsgruppen erhöht (Übersicht bei<br />

Apostolopoulos et alii 2010, Literaturübersicht über die Thematik siehe Michaelis 2008). Hinzu kommt, dass viele Fahrer<br />

nicht ausreichend betriebsärztlich versorgt werden. So gaben im Rahmen einer ärztlichen Befragung von 256 deutschen<br />

Fernfahrern nur 20% an, schon jemals betriebsärztlich betreut worden zu sein (Müller et alii 2005).<br />

Bei einer Konferenz über Arbeitssicherheit und Gesundheit von Lastkraftwagenfahrern in den USA (Saltzman et alii 2007)<br />

wurden Zahlen zur Lebenserwartung von Lastkraftwagenfahrern in den USA vorgestellt. Danach hatten selbständige Fahrer<br />

eine Lebenserwartung von 55,7 Jahren, angestellte Fahrer von 63 Jahren. Die normale Lebenserwartung liegt in den USA<br />

für Männer bei mindestens 69,2 Jahren 8 . Quinlan (2001) berichtete bei dieser Konferenz über eine dreifach erhöhte Selbstmordrate<br />

bei australischen Lastkraftwagenfahrern, wobei die meisten dieser Fahrer im Verlauf des letzten halben Jahres vor<br />

dem Selbstmord Beziehungsverluste oder finanzielle Notlagen erlitten hatten.<br />

Lastkraftwagenfahrer leiden besonders häufig an folgenden Krankheiten oder Symptomenkomplexen:<br />

� Metabolisches Syndrom,<br />

� Herz-Kreislauf-Erkrankungen,<br />

� Schlafapnoe,<br />

� Tumore der Atemwege und des Dickdarms, multiples Myelom,<br />

� Bandscheibenschäden,<br />

� nicht-alkoholbedingte Leberzirrhose.<br />

2.2.2 Stressreaktionen<br />

Lastkraftwagenfahrer sind, wie oben ausgeführt, verschiedensten Stressoren ausgesetzt. Stressreaktionen kommen deshalb<br />

bei ihnen besonders unter Zusatzbelastungen häufig vor. Vivoli et alii stellten bei Fahrern erhöhte Adrenalinausschüttungen<br />

(Laborpar<strong>am</strong>eter für Stressreaktionen) besonders in schwierigen Verkehrssituationen und bei schlechtem Wetter fest. Dauerstress<br />

kann unter anderem zu Gewichtszunahme und Schlafstörungen, langfristig auch zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

führen. Bültmann et alii stellten fest, dass in einer Kohortenstudie Lastkraftwagenfahrer in einer holländischen Studie von<br />

allen Berufsgruppen die geringste Stressreaktionen zeigten. Dies entspricht den statistischen Ergebnissen der Krankenkassen,<br />

wider-spricht aber den Ergebnissen von Vivoli und auch den Ergebnissen unserer Studie. Eine mögliche Erklärung wäre<br />

8 Centers for Disease Control and Prevention (CDC): "Deaths: Preliminary Data for 2003." News release<br />

(http://www.webmd.com/20050228/us-life-expectancy-best-ever-says-cdc).<br />

21<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

wohl der festgestellte ausgeprägte Selektionseffekt. Möglicherweise scheiden stressempfindliche Fahrer eher aus dem Beruf<br />

aus.<br />

2.2.3 Metabolisches Syndrom<br />

Als metabolisches Syndrom bezeichnet man eine Kombination von Symptomen, die das Risiko von ischämischen Herzerkrankungen<br />

erhöht. Die International Diabetes Federation 9 definierte das metabolische Syndrom als eine Kombination von:<br />

� Adipositas,<br />

� Diabetes mellitus,<br />

� Fettstoffwechselstörung,<br />

� Bluthochdruck.<br />

Gleichartige Symptome werden auch als Folge des veränderten hormonellen Gleichgewichtes bei Stressreaktionen gesehen.<br />

Symptome aus dem Umfeld des metabolischen Syndroms findet man bei Lastkraftwagenfahrern gehäuft:<br />

� Adipositas: Ein häufiges Vorkommen von Übergewicht bei Lastkraftwagenfahrern wurde in mehreren Studien<br />

festgestellt (Belkic et alii 1994, Hedberg et alii 1993, Korelitz et alii 1993, Muth et alii 2003, Rather et alii 1981).<br />

49,5% der selbständigen Fahrer in den USA waren adipös (Saltzman et alii 2007). In einer umfangreichen Analyse<br />

von arbeitsmedizinischen Untersuchungsergebnissen war Adipositas (nichtendokrine Fettsucht) mit einem relativen<br />

Risiko von 1,4 eines der höchsten Risiken für Berufskraftfahrer in den Nachuntersuchungsdaten von Enderlein<br />

et alii 1998. Übergewicht ist ein Risikofaktor für Schlafstörungen, Hypertonie und Herz-Kreislauf-Erkrankungen und<br />

führt zu hohen Kosten durch Behandlung und Arbeitsausfälle (Østbye et alii 2007).<br />

� Diabetes mellitus: Aronson et alii berichteten 1999, dass kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />

hatten, an Diabetes zu sterben.<br />

� Bluthochdruck: In mehreren Studien wurde bei Lastkraftwagenfahrern ein signifikant erhöhtes Risiko (16% bis<br />

38,9% der untersuchten Fahrer) festgestellt, an einer Hypertonie (Bluthochdruck) zu erkranken. Die Hypertonie war<br />

mit der Dauer der Tätigkeit als Fahrer, Stress, erhöhtem Alkoholkonsum und erhöhtem BMI korreliert (Korelitz et<br />

alii 1993, Koda et alii 2000, Ragland et alii 1997, Stoohs et alii 1995).<br />

Ein Risiko für Hypertonie stellt nach zahlreichen Verkehrslärmstudien auch die Höhe und Dauer der Lärmeinwirkung<br />

während der Ruhezeit dar. Schon bei einem nächtlichen äquivalenten Dauerschallpegel ab 50 dB(A) ist die<br />

Hypertonierate erhöht (Maschke et alii 2007, Bjork et alii 2006, Bluhm et alii 2007).<br />

2.2.4 Herz-Kreislauf-Erkrankungen<br />

Übergewicht, Hypertonie und Stressbelastung bei den Fahrern können langfristig Herzinfarkte und Schlaganfälle und d<strong>am</strong>it<br />

lange Fehlzeiten und Frühverrentung nach sich ziehen. Deutsche Lastkraftwagenfahrer haben laut Arbeitsunfähigkeits-<br />

Statistik der AOK ein statistisch signifikant erhöhtes Risiko (9,9% zu 6,8%) für Herz-Kreislauf-Erkrankungen 10 . Auch in verschiedenen<br />

Studien, insbesondere umfangreichen Registerdatenanalysen mit Bevölkerungsbezug, wird dieses Risiko deutlich<br />

(Neri et alii 2005, Aronson et alii 1999, Hannerz et alii 2001). Tritt ein Herzinfarkt oder Schlaganfall <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> auf, so<br />

sind schwere Unfälle die Folge.<br />

In veröffentlichten Studien wurde ein erhöhtes Risiko für Schlaganfälle bei Fahrern festgestellt (Tuchsen et alii 2006, Aronson<br />

et alii 1999 und Hannerz et alii 2001). Andere Studien stellten ein erhöhtes Risiko von Lastkraftwagenfahrern für Herzinfarkte<br />

fest. Betroffen waren vor allem Fernfahrer sowie Fahrer im Nahverkehr mit Bluthochdruck und hohem Konsum von<br />

Tabakprodukten (Malinauskiene 2003, Bigert et alii 2003, Gustavsson et alii 1996, Robinson et alii 2005).<br />

9 Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Metabolisches_Syndrom<br />

10 Quelle: AOK-Landesverband Baden-Württemberg<br />

22<br />

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2.2.5 Suchtverhalten<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Deutsche Untersuchungen zum Suchtverhalten von Lastkraftwagenfahrern fehlen. Die Polizei in Baden-Württemberg stellte<br />

bei 13.594 Unfällen mit LKW-Beteiligung im Jahr 2005 in 171 Fällen Alkohol und in 18 Fällen andere berauschende Mittel als<br />

Ursache fest. Bei Interviews im Rahmen des Projekts „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ gaben Lastkraftwagenfahrer an, dass sie versuchen,<br />

Müdigkeitsprobleme oder Stresssituationen mit Hilfe von legalen Drogen zu bewältigen. Um besser einschlafen zu<br />

können und zu entspannen, wird insbesondere bei großer Hitze und fehlender Standklimaanlage, oft ein Bier, seltener andere<br />

alkoholische Getränke, vor dem Einschlafen konsumiert. Um die Müdigkeit zu überwinden, gaben die Fahrer an, Wachmacher<br />

wie Koffein (meist Kaffee) und seltener Energy Drinks (Getränke mit anregender Wirkung auf den Organismus) zu<br />

sich zu nehmen.<br />

Untersuchungen in den USA erbrachten folgende Ergebnisse: 1.079 Fahrer von Sattelzügen wurden auf die Einnahme von<br />

Drogen untersucht. Nach einem Eingangstest auf Anzeichen von Drogeneinnahme wurden 1,6% der Fahrer wegen Fahren<br />

unter Drogeneinfluss belangt. Zusätzlich wurden auf freiwilliger Basis 822 Urinproben anonym untersucht. In 21 % der Fälle<br />

konnten Drogen, einschließlich legaler Drogen, in 7% mehr als eine Droge nachgewiesen werden. Nach Kaffee und Nikotin<br />

wurden <strong>am</strong> häufigsten wachmachende Drogen wie Meth<strong>am</strong>phet<strong>am</strong>ine, Amphet<strong>am</strong>ine, Phentermine,<br />

Ephedrin/Pseudoephedrin und Kokain (9,5%) verwendet. In 4,3% der Fälle fand man Cannabinoide und Marihuana-<br />

Abbauprodukte. Bei 1,3% der Fahrer konnte Alkohol nachgewiesen werden (Couper et alii 2002).<br />

Bei 168 tödlich verunglückten Lastkraftwagenfahrern konnte in 67% der Fälle eine oder mehrere Drogen im Blut nachgewiesen<br />

werden, in 33% Alkohol oder psychoaktive Drogen. In 8% fand man Kokainderivate bzw. Benzoylecgonin (Stoff der auf<br />

Drogenkonsum hinweist), in 7% Phenylpropanol<strong>am</strong>in, Ephedrin oder Pseudoephedrin. In 50 von 56 Fällen mit Nachweis von<br />

Alkohol oder psychoaktiven Substanzen waren diese beim Unfallgeschehen mitursächlich (Crouch et alii 1993).<br />

2.2.6 Rauchen<br />

Rauchen verschlechtert die Konzentrationsfähigkeit und die sensomotorischen Leistungen (Lacho et alii 1980). Tabakrauch<br />

verursacht durch seine krebserzeugende Wirkung verstärkt Lungenkarzinome (Hansen et alii 1998) und erhöht das Risiko für<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Arbeitstättenverordnung verbietet die Exposition von Arbeitnehmern gegenüber Passivrauch.<br />

Aus diesem Grunde darf in Fahrzeugkabinen nur dann geraucht werden, wenn diese nicht von anderen Personen<br />

genutzt werden.<br />

Jain und Smith stellten fest, dass 67 % der Fernfahrer in den USA angaben, dass sie rauchten, während nur 44% der Büroangestellten<br />

in Transportunternehmen rauchten. Korelitz et alii bestätigten dies 1993 ebenfalls. (54% Raucher bei Fahrern im<br />

Vergleich zu 30% Rauchern in der <strong>am</strong>erikanischen Bevölkerung). In China rauchten 49% der Berufskraftfahrer. In Dänemark<br />

lag die Raucherquote der Berufskraftfahrer im Durchschnitt der Arbeitnehmer (Jain et alii 2006, L<strong>am</strong> et alii 2002, Hansen et<br />

alii 1998). In zwei weiteren skandinavischen Studien (Hedberg et alii 1993, Belkic et alii 1994) waren Lastkraftwagenfahrer<br />

überdurchschnittlich oft Raucher. Eine deutsche Studie (Muth et alii 2003) ergab, dass zwei Drittel der Lastkraftwagenfahrer<br />

rauchten.<br />

2.2.7 Gesundheitliche Folgen des Schlafentzugs<br />

Experimentelle Studien zeigen, dass Schlafmangel u. a.:<br />

� zu einer Senkung der Immunabwehr,<br />

� einem erhöhten Tumorrisiko,<br />

� zu Übergewicht, Diabetes und Hypertonie,<br />

� zu verminderten Aufmerks<strong>am</strong>keits- und Gedächtnisleistungen führt.<br />

Bei Lastkraftwagenfahrern bestehen häufig Schlafdefizite oder Schlafstörungen. Schlaf gehört neben Essen und Trinken zu<br />

den Grundbedürfnissen des Menschen (Abb. 4). Er ist die Regenerationsphase unseres Körpers.<br />

23<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Abb. 4:<br />

Bedürfnispyr<strong>am</strong>ide nach Abrah<strong>am</strong> Harold Maslow<br />

Es gibt bislang keine wissenschaftlich gesicherte Theorie, welche Funktion der Schlaf physiologisch erfüllt. Eine Reihe von<br />

Veränderungen beim Stoffwechsel und von Körperfunktionen außerhalb des zentralen Nervensystems können beobachtet<br />

werden. Langdauernde Eingriffe in Schlafrhythmus, Schlafmenge und Schlafqualität können die Gesundheit des Menschen<br />

schädigen. Chronischer Schlafmangel führt demnach zu:<br />

� Abwehrschwäche (Everson 1993, Nelson 2004),<br />

� erhöhtem Tumorrisiko durch Verminderung des Schlafhormons Melatonin (Straif et alii 2007),<br />

� Übergewicht und Diabetes (Penev 2007, Knutson et alii 2007, Spiegel et alii 2005),<br />

� Hypertonie (Cappuccio et alii 2007),<br />

Selbstverwirklichung<br />

Ichbedürfnisse:<br />

Anerkennung/Geltung<br />

Soziale Bedürfnisse<br />

Freundschaft, Liebe, Gruppenzugehörigkeit<br />

Sicherheitsbedürfnisse<br />

Materielle und berufliche Sicherheit (Wohnen, Arbeit)<br />

Grundbedürfnisse:<br />

Essen, Trinken, Schlafen<br />

� Funktionsstörungen des Zentralnervensystems wie verminderte Aufmerks<strong>am</strong>keit, verschlechtertes Kurzzeitgedächtnis,<br />

verschlechterte Auffassungsgabe, depressive Grundstimmung (Banks 2007),<br />

� Karoshi–Syndrom (frühzeitiger überraschender Tod nach Überarbeitung mit extremem Schlafmangel).<br />

Das Schlafapnoe-Syndrom ist durch Atemstillstände (Apnoen) während des Schlafs gekennzeichnet und vor allem durch<br />

eine ausgeprägte Tagesschläfrigkeit bis hin zum Sekundenschlaf charakterisiert. Stoohs et alii stellten 1995 fest, dass insbesondere<br />

Fahrer mit erhöhtem Body Mass Index (20% der Fahrer) <strong>am</strong> Schlafapnoesyndrom mit Verminderung des Sauerstoffsättigungsindex<br />

litten. Weskott stellte 2005 fest, dass 4,9% einer von ihm untersuchten Gruppe von 1.800 Bus- bzw.<br />

Schwebebahnfahrern sowie Beschäftigten in Leitwarten der Stadt Wuppertal an einem Schlafapnoesyndrom litten. Die Behandlung<br />

des Schlafapnoesyndroms führte zu einer wesentlichen Verringerung der Fahrdienstuntauglichkeitszeiten. Eller et<br />

alii (persönliche Mitteilung) stellten bei 20 – 25% der Lastkraftwagenfahrer eines Gütertransportunternehmens ein Schlafapnoe-Syndrom<br />

fest.<br />

24<br />

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2.2.8 Tumorerkrankungen<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Zahlreiche Studien berichten über ein signifikant erhöhtes Lungenkrebsrisiko bei Lastkraftwagenfahrern. Auch erhöhte Risiken<br />

für Kehlkopfkrebs, Colontumoren und multiple Myelome werden diskutiert (Järvholm et alii 2003, Steenland et alii 1998,<br />

Boffetta et alii 1988, Guberan et alii 1992, Brüske-Hohlfeld et alii 1999, Hansen et alii 1998, Pfluger et alii 1994, Aronson et<br />

alii 1999, Hannerz et alii 2001). Als ursächlich werden die Belastung mit Dieselruß oder polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen<br />

im Verkehr und der Tabakkonsum gesehen (siehe Kapitel 2.2.6). Jakobsson et alii wiesen 1997 erhöhte Lungenkrebsraten<br />

nur bei Fahrern in städtischen Gebieten in Schweden, nicht aber bei Fahrern auf dem Land nach. Straif et alii<br />

berichteten 2007 über ein erhöhtes Tumorrisiko bei Nacht- und Schichtarbeit – möglicherweise durch einen Melatoninmangel<br />

(Schernh<strong>am</strong>mer et alii 2003). Aronson et alii (1999) berichteten, dass kanadische Lastkraftwagenfahrer ein erhöhtes Risiko<br />

hatten, an Darm-, Kehlkopf- und Lungenkrebs, Diabetes mellitus, kardialer oder- zerebraler Minderdurchblutung, Leberzirrhose<br />

und Autounfällen zu sterben.<br />

2.2.9 Muskel- und Skelett-Erkrankungen<br />

Lastkraftwagenfahrer klagen über ein vermehrtes Auftreten von Nacken- und Rückenschmerzen sowie Schmerzen im Bereich<br />

der Schulter. 50% der Lastkraftwagenfahrer berichteten über Schmerzen im Lendenwirbelsäulenbereich (Magnusson et<br />

alii 1996). Diese Schmerzen sind mit häufigem und schwerem Heben und Tragen sowie Vibrationsbelastung korreliert. Piazzi<br />

et alii (1991) sowie Kelsey (1975) stellten bei Lastkraftwagenfahrern gegenüber der Normalbevölkerung signifikante Häufungen<br />

von Bandscheibenvorfällen und Funktionseinschränkungen im Hals- und Lendenwirbelsäulenbereich fest. Eine Analyse<br />

in Dänemark stellte fest, dass Lastkraftwagenfahrer häufiger als normale Arbeitnehmer wegen Bandscheibenvorfällen und<br />

Verletzungen im Rückenbereich ins Krankenhaus k<strong>am</strong>en (Hannerz et alii 2001).<br />

Belastungen durch Ganzkörpervibrationen wurden in den letzten Jahren stark vermindert, sie können aber in älteren Fahrzeugen<br />

oder bei Fahren auf unebenem Gelände (z. B. auf Baustellen) noch eine Rolle spielen (Schwarze et alii, 1998, Fischer<br />

et alii 2001). Beim Be- und Entladen besteht die Möglichkeit von Belastungen durch Heben und Tragen von Lasten<br />

durch mangelndes Transportgerät.<br />

2.3 Erkrankungshäufungen bei Berufskraftfahrern in der<br />

Versicherungsstatistik<br />

Versicherungsstatistiken geben wertvolle Hinweise auf das Krankheitsgeschehen. Sie haben den Vorteil, dass ein großes<br />

Beschäftigtenkollektiv statistisch einheitlich erfasst wird. Nachteile liegen darin, dass Fehldiagnosen nicht überprüft werden<br />

können. Selbständige werden nur erfasst, wenn sie freiwillig versichert sind. Krankenversicherungen werten die Diagnosen<br />

in Arbeitsunfähigkeitsbescheini-gungen aus. Die Rentenversicherung wertet Diagnosen von Patienten aus, bei denen Rehabilitationsmaßnahmen<br />

durchgeführt wurden. Die Unfallversicherungen werten angezeigte und anerkannte Berufskrankheiten,<br />

Arbeits- und Wegeunfälle aus. Bei diesen beschreibenden Statistiken sind schon wegen des großen Kollektivs Datenschutz<br />

und Anonymität gewährleistet. Die Statistiken zeigen zwar nicht die Ursachen von Erkrankungen auf, können aber als Ausgangspunkt<br />

für weitere Untersuchungen dienen.<br />

2.3.1 Statistik der Gesetzlichen Krankenversicherungsträger<br />

Die Statistiken sind nach den üblichen Diagnosegruppen erhoben und beziehen sich auf die Berufskraftfahrer. Die Abb. 5<br />

zeigt, dass der Prozentsatz der arbeitsunfähigen Fahrer im Durchschnitt höher liegt als der Prozentsatz bei der Ges<strong>am</strong>tzahl<br />

der Versicherten.<br />

25<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


6%<br />

5%<br />

4%<br />

3%<br />

2%<br />

1%<br />

0%<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

AOK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 5:<br />

Krankenstand in Prozent<br />

Die folgenden Tabellen stellen den Anteil der Fälle von Arbeitsunfähigkeit bei Berufskraftfahrern (Tabb. 6 - 9) und bei dem<br />

Durchschnitt aller Versicherten sowie die Anzahl der Arbeitsunfähigkeitstage (Tabb. 10 - 13) gegenüber. Bei Erkrankungen<br />

des Muskel-Skelett-Systems, des Herz-Kreislauf-Systems und bei Unfällen liegen sowohl bei den Fällen von Arbeitsunfähigkeit<br />

als auch bei den Arbeitsunfähigkeitstagen die Werte bei den Fahrern höher. Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />

finden sich bei Fahrern hingegen seltener und die Dauer der Arbeitsunfähigkeit ist bei dieser Diagnosegruppe<br />

geringer.<br />

26<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Prozentuale Anteile der Arbeitsunfähigkeit (AU) für bestimmte Erkra nkungen<br />

AU-Fälle AU-Tage<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 6:<br />

Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems<br />

5%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 7:<br />

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere<br />

Folgen äußerer Ursachen<br />

5%<br />

4%<br />

3%<br />

2%<br />

1%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 8:<br />

psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />

8%<br />

6%<br />

4%<br />

2%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 9:<br />

Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems<br />

27<br />

35%<br />

30%<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 10<br />

Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

25%<br />

20%<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 11:<br />

Verletzungen, Vergiftungen und bestimmte andere<br />

Folgen äußerer Ursachen<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 12:<br />

psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen<br />

15%<br />

10%<br />

5%<br />

0%<br />

AOK BKK IKK<br />

Fahrer alle Versicherten<br />

Abb. 13:<br />

Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

2.3.2 Statistik der Deutschen Rentenversicherung<br />

Die Deutsche Rentenversicherung ist der größte Leistungsträger für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen. Im<br />

Jahre 2005 wurden bundesweit 804.000 medizinische Reh<strong>am</strong>aßnahmen abgeschlossen, wobei die Deutsche Rentenversicherung<br />

Baden-Württemberg knapp 60.000 medizinische Heilverfahren durchführte (Abb. 14). Berufskraftfahrer waren hierunter<br />

mit 2,2 % vertreten.<br />

Prozent<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

MSE HKE PsE Sucht SWE<br />

28<br />

MSE Muskel-Skelett-<br />

Erkrankungen<br />

HKE Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen<br />

PsE psychische<br />

Erkrankungen<br />

SWE Stoffwechsel-<br />

Erkrankungen<br />

Fahrer<br />

alle Versicherten<br />

Abb. 14:<br />

Verteilung der ersten Entlassungsdiagnose bei im Jahre 2005 durchgeführten Medizinischen<br />

Reha-Leistungen bei Erwerbstätigen<br />

Die Gruppe der Berufskraftfahrer zeigt d<strong>am</strong>it neben dem Bewegungsapparat eine besondere Belastung bei der Erkrankungsgruppe<br />

des sogenannten Metabolischen Syndroms und eine erhebliche Bedeuts<strong>am</strong>keit der Suchterkrankungen. Als<br />

Metabolisches Syndrom wird eine Kombination der Diagnosen Adipositas, Diabetes, Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörung<br />

bezeichnet. Zus<strong>am</strong>men bilden sie ein hohes Risikopotential für schwerwiegende Herz-Kreislauf- und Gefäßerkrankungen.<br />

Die genannten Risikofaktoren werden bei Berufskraftfahrern verschärft durch Bewegungsmangel, starkes Rauchen<br />

(Nikotinabusus), Arbeitsstress und diverse psychosoziale Belastungsfaktoren.<br />

2.3.3 Statistik der gewerblichen Berufsgenossenschaften (BK-DOK)<br />

Berufskrankheiten sind bei Lastkraftwagenfahrern eher selten, wie die beiliegende Dokumentation aus der BK-DOK der<br />

gewerblichen Berufsgenossenschaften zeigt. Einen Zus<strong>am</strong>menhang mit dem Lenken sowie Be- und Entladen eines Lastkraftwagens<br />

ergibt sich nur für die Berufskrankheiten der Lendenwirbelsäule, die überwiegend durch Heben und Tragen von<br />

Lasten, seltener durch Vibration bedingt sind. Inwieweit die Erkrankungen durch chemische Schädigungen mit der Be- und<br />

Entladung von Lastkraftwagen, mit Reinigungstätigkeiten oder mit früheren Tätigkeiten der Fahrer zus<strong>am</strong>menhängen, geht<br />

aus der Statistik nicht hervor. Die Lärmschwerhörigkeiten gehen wohl überwiegend auf frühere Expositionen der Fahrer, z.B.<br />

auf die Tätigkeit in Steinbrüchen zurück. Hauterkrankungen könnten sich durch Feuchtarbeit und Chemikalienkontakt bei<br />

Wartung und Reinigung der Lastkraftwagen, durch andere gleichzeitig durchgeführte Tätigkeiten oder frühere Tätigkeiten der<br />

Fahrer und Ekzeme, die früher nur gelegentlich auftraten, im Lauf der Zeit jedoch als dauerhaft entwickelt haben (Abb. 15).<br />

Im Gegensatz dazu wurden 2005 bei den gewerblichen Berufsgenossenschaften 34.584 Arbeitsunfälle gemeldet. 88 der<br />

Arbeitsunfälle verliefen tödlich.<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Anzahl<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Lärm Asbest Haut LWS Astma Chemikalien sonstige<br />

Berufskrankheiten<br />

Abb. 15:<br />

Angezeigte Berufskrankheiten bei Fahrern schwerer Lastkraftwagen 2003 - 2005 (BK-DOK)<br />

In der Tabelle 1 sind die möglichen Gefahrenquellen für Berufskraftfahrer zus<strong>am</strong>mengestellt. Die Gefahren sind unterschiedlich<br />

und hängen von den jeweiligen Arbeits- und Umfeldbedingungen ab. Einigen Gefahrenquellen sind die Berufskraftfahrer<br />

regelmäßig ausgesetzt (z.B. Dieselabgase, Stress), andere kommen nur unter bestimmten Umständen vor (z.B. Bioaerosole<br />

oder Belastungen durch bestimmtes Transportgut). Durch technische Verbesserungen sind früher in höherem Maße vorhandene<br />

Belastungen heute geringer geworden (z.B. Ganzkörpervibration).<br />

29<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Gefahren Quelle Exposition Folgen Autor<br />

Chemische Belastungen<br />

Gefahrstoffe Bodenkont<strong>am</strong>ination Transport von Erdaushub<br />

Gefahrstoffe Transportgut; z. B. staubende<br />

oder flüssige Chemikalien,<br />

offenes Transportgut<br />

wie Steine,<br />

PAK (Polycyclische<br />

aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe)<br />

Splitt, Flüssigzement u. ä.,<br />

Abfälle, Wertstoffe<br />

Be- und Entladen,<br />

Reinigung<br />

Dieselabgase Erhöhte Messwerte<br />

in LKW-Kabinen bei<br />

Fahrt in Innenstadt<br />

Bioaerosole Tiertransporte, Transport von<br />

landwirtschaftlichen Produkten,<br />

organischen Abfällen<br />

Biologische Belastungen<br />

30<br />

Kopfschmerzen, Übelkeit<br />

z. B. bei Lösemittelexposition<br />

z. B. Asbestose, Silikose,<br />

Hautveränderungen<br />

(Flüssigzement)<br />

Kopfschmerzen, Übelkeit<br />

(Tanklastwagen)<br />

Lungencarcinome?<br />

Multiple Myelome?<br />

Be- und Entladen Organic dust toxic syndrome<br />

(ODTS)<br />

Mucous membrane irritation<br />

syndrome (MMI),<br />

Asthma<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Arbeitsgruppe<br />

Arbeitsgruppe,<br />

Saltzmann 2007,<br />

Guillemin et alii<br />

Arbeitsgruppe<br />

Ornithoseerreger Geflügeltransporte Be- und Entladen zusätzlich Ornithose Robert Koch-<br />

Ungünstige<br />

Sichtverhältnisse<br />

Körperhaltung ungünstig gestaltete Fahrzeugkabine<br />

Körperhaltung Ungünstig gestaltete Verladeeinrichtungen<br />

Physikalische Belastungen<br />

Institut<br />

Tageszeit, Klima vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />

Ganzkörpervibration LKW auf unebenem Gelände<br />

(Baustellen), ältere Fahrzeuge<br />

Heben und Tragen von<br />

Lasten<br />

Tank- und Zementwagen:<br />

Be- und<br />

Entladung, Reinigung<br />

Ladegut Be- und Entladen<br />

ohne oder mit ungeeignetenTransportgeräten<br />

vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />

Muskelschmerzen Arbeitsgruppe<br />

Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />

Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />

Langes Sitzen Bandscheibenschäden Arbeitsgruppe<br />

Bewegungsmangel und<br />

Fehlernährung<br />

Psychische Fehlbelastung<br />

Monotonie Lange Fahr- und<br />

Wartezeiten, Stau<br />

Stressbelastung Polizeikontrollen,<br />

Auseinandersetzungen<br />

im Straßenverkehr,<br />

Überfälle,<br />

Vereins<strong>am</strong>ung<br />

Adipositas Arbeitsgruppe<br />

Vorzeitige Ermüdung Arbeitsgruppe<br />

Hypertonie, Diabetes<br />

verstärkt, Adipositas usw.<br />

Tabelle 1:<br />

Belastung und Beanspruchung von Lastkraftwagenfahrern<br />

Arbeitsgruppe


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

3 Ergebnisse der Untersuchungen des<br />

Landesgesundheits<strong>am</strong>tes zur Wachheit und<br />

Aufmerks<strong>am</strong>keit (Vigilanz) von Lastkraftwagenfahrern<br />

Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg (LGA) im Regierungspräsidium Stuttgart wurde vom Ministerium für Arbeit<br />

und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren beauftragt, Tagesschläfrigkeit und Schlafverhalten von Lastkraftwagenfahrern zu<br />

untersuchen. Die Studie wurde zus<strong>am</strong>men mit dem Landrats<strong>am</strong>t Böblingen, dem Steinbeis-Transferzentrum Biomedizinische<br />

Optik <strong>am</strong> Department für Augenheilkunde an der Universität Tübingen, dem Autobahnpolizeirevier Stuttgart der Polizeidirektion<br />

Böblingen und der Bereitschaftspolizei Böblingen durchgeführt.<br />

3.1 Methoden<br />

Im Rahmen routinemäßiger Verkehrskontrollen durch die Polizei wurden auf der Rastanlage „Sindelfinger Wald“ an der<br />

Autobahn A 8 / A 81 Lastkraftwagenfahrer angesprochen und gebeten, auf freiwilliger Basis an dieser Studie zur Wachheit<br />

und Aufmerks<strong>am</strong>keit von Lastkraftwagenfahrern teilzunehmen. Die Polizei wählte für die Untersuchungen nur Lastkraftwagen<br />

mit deutschen oder österreichischen Kennzeichen aus dem fließenden Verkehr aus, um deutschsprachige Fahrer zu<br />

erfassen. Die Lastkraftwagenfahrer (Fahrergruppe) wurden in der Zeit von Januar 2008 bis März 2008 jeweils donnerstags<br />

zwischen 04:00 und 10:00 Uhr bzw. zwischen 10:00 und 16:00 Uhr untersucht. Behördenvertreter ohne Nacht- und Schichtarbeit<br />

(Kontrollgruppe) wurde in der Zeit von Mai 2008 bis Dezember 2008 an verschiedenen Wochentagen untersucht.<br />

136 Lastkraftwagenfahrer und eine -fahrerin im Alter von 21 bis 65 Jahren (Durchschnittsalter: 42,9 Jahre) nahmen an der<br />

Studie teil. Dies entsprach ca. 50% der angesprochenen Fahrer. In vergleichbaren Studien nahmen etwa 25% der auf Parkplätzen<br />

an der Autobahn angesprochenen Fahrer teil. Die Behördenvertreter in der Kontrollgruppe nahmen ebenfalls freiwillig<br />

an der Studie teil. Die an dieser Studie beteiligten Personen wurden anhand eines Fragebogens zu ihren Arbeits- und<br />

Lebensbedingungen sowie ihren gesundheitlichen Beschwerden befragt. Zwei weitere Fragebögen enthielten Fragen zum<br />

Thema „Schläfrigkeit“ (Epworth Sleepiness Scale und Stanford Sleepiness Scale).<br />

Die Fahrzeitaufzeichnungen der vergangenen fünf Tage eines jeden Fahrers wurden für die Studie ebenfalls erfasst. Zusätzlich<br />

wurden Untersuchungen zur Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit der einzelnen Fahrer zum Zeitpunkt der Befragung mittels<br />

Pupillometer F2D (Fit for Duty) der Firma Amtech Pupilknowlogy durchgeführt. Desweiteren wurde jeweils der Body Mass<br />

Index (BMI) ermittelt sowie der Blutdruck gemessen.<br />

3.2 Ergebnisse<br />

Die Berufstätigkeit der Fahrer betrug zwischen einem und fünfundvierzig Jahren. Unter Berücksichtigung der Teilnehmerzahl<br />

an der Studie entspricht dies einem Durchschnitt von ca. 18 Berufsjahren. 47,7% der Fahrer arbeiten in mittelgroßen Betrieben<br />

mit 21 bis 100 Beschäftigten. 26,5% der Fahrer arbeiten in größeren Betrieben (mehr als 100 Beschäftigte). Weitere<br />

25,8% sind in Kleinbetrieben (weniger als 21 Beschäftigte) beschäftigt. 90% der Fahrer waren in Gütertransportbetrieben<br />

tätig. 129 Fahrer (97%) waren abhängig beschäftigt (Arbeitnehmer). 62% führten neben der Fahrertätigkeit noch Ladetätigkeiten<br />

durch. Alle Fahrer waren krankenversichert, ca. 60% bei einer AOK, ca. 33% in einer anderen gesetzlichen Krankenversicherung.<br />

Die übrigen Fahrer hatten private oder ausländische Krankenversicherungen (Abb. 16).<br />

31<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Abb. 16:<br />

Art der Krankenversicherung der Fahrer<br />

3.2.1 Arbeits- und Lebensbedingungen der Lastkraftwagenfahrer<br />

Ausstattung der Lastkraftwagen<br />

71% der Lastkraftwagen waren weniger als fünf Jahre alt. Davon verfügten 91% über eine Klimaanlage und 94% über eine<br />

Standheizung. 17,5% der Lastkraftwagen waren mit einer Standklimaanlage ausgestattet.<br />

Arbeits- und Lenkzeiten<br />

8% der Fahrer gaben an, dass sie weniger als 40 Stunden pro Woche arbeiten. 80% der Fahrer arbeiten 40 bis 60 Stunden<br />

pro Woche und 12% der Fahrer mehr als 60 Stunden pro Woche. 21% der Fahrer gaben an, die gesetzlich höchstzulässigen<br />

Lenkzeiten oder Wochenarbeitszeiten zu überschreiten.<br />

Ruhezeiten<br />

Prozent<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

AOK EKK IKK Private BKK ausl.<br />

Versich.<br />

32% der Fahrer können in der Regel ihre Ruhezeiten täglich zu Hause einlegen. 68% der Fahrer verbringen diese sowohl zu<br />

Hause als auch im Lastkraftwagen. Dabei verbringen die meisten Fahrer 5-mal pro Woche ihre Ruhezeit im Lastkraftwagen;<br />

seltener werden vier bzw. zwei Ruhezeiten pro Woche in der Fahrerkabine verbracht. Fahrer, die in ihren Lastkraftwagen die<br />

Ruhezeiten verbringen, wurden gefragt, wodurch sie sich gestört fühlten. Mehrfachnennungen waren hierbei möglich.<br />

Am stärksten fühlten sich die Fahrer durch den Parkplatzmangel oder durch ungünstig angelegte Parkflächen innerhalb der<br />

Parkplätze gestört. Dies war dann der Fall, wenn die Fahrerkabine des Lastkraftwagens zur Autobahn zeigte und daraus<br />

eine Lärmbelastung resultierte. An zweiter Stelle nannten die Fahrer die Wärme an heißen Sommertagen bei fehlender<br />

Standklimaanlage. Eine Lärmbelastung durch den Verkehrslärm, die Kühlaggregate der parkenden Kühllastwagen oder<br />

durch lärmende Menschen wurde an dritter Stelle genannt. An vierter Stelle wurde die Nacht- und Schichtarbeit angeführt.<br />

Schichtarbeit wurde <strong>am</strong> häufigsten von Fahrern angegeben, die auch bei der Pupillographie als schläfrig eingestuft wurden.<br />

Die meisten Fahrer hatten ihre letzte Ruhezeit auf Autobahnparkplätzen verbracht. Ein geringer Teil der Fahrer verbrachte<br />

die Nacht auf Parkflächen in Industriegebieten. Nur 10% der Fahrer waren auf Parkflächen von Autohöfen. Über Lärmbelastungen<br />

klagten überwiegend Fahrer, die auf Parkplätzen mit Parkflächen standen, bei denen die Fahrerkabine zur Fahrbahn<br />

hin ausgerichtet war.<br />

32<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Prozent<br />

Prozent<br />

Prozent<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

LKW Hotel/ Kaserne<br />

1-1,9 2-2,9 3-3,9 4-4,9 5-5,9 6-6,9 7<br />

Tage/Woche<br />

Abb. 17:<br />

Häufigkeit der Übernachtung außer Haus<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9<br />

Abb. 18:<br />

Störfaktoren bei Übernachtung<br />

1 1a 1b 2 2a<br />

Pausen-Standort<br />

Abb. 19:<br />

Standort des LKW bei der letzten Ruhepause<br />

33<br />

1 Parkplatzmangel<br />

2 falsch angelegte Parkplätze<br />

3 Hitze<br />

4 Verkehrslärm<br />

5 laufende Kühlaggregate<br />

6 lärmende Menschen<br />

7 Nacht- und Schichtarbeit<br />

8 Kälte<br />

9 sonstiges<br />

Pausen-Standort<br />

1 Autobahnparkplatz<br />

1a Kabine zur Fahrbahn<br />

1b Kabine weg von<br />

Fahrbahn<br />

2 außerhalb Autobahn<br />

2a Autohof<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Prozent<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

1a 1b 2a 2b<br />

Übernachtungs-Standort<br />

Abb. 20:<br />

Standort des LKW bei der letzten Ruhezeit<br />

Lärmbelastung der Fahrer auf Parkplätzen der Bundesautobahnen (BAB)<br />

34<br />

Übernachtungs-Standort<br />

1 Autobahnparkplatz<br />

1a Kabine zur Fahrbahn<br />

1b Kabine weg von<br />

Fahrbahn<br />

2 außerhalb Autobahn<br />

2a Autohof<br />

2b anderer Parkplatz<br />

Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren führte <strong>am</strong> 26. April 2007 um die Mittagszeit auf einer<br />

Parkfläche der Autobahnraststätte „Bruchsal“ an der BAB 5 in Richtung Mannheim und <strong>am</strong> Nachmittag auf einer Parkfläche<br />

in Richtung Karlsruhe jeweils orientierende Lärmmessungen durch. Der Belag der Autobahn besteht in diesem Bereich aus<br />

Beton mit erneuerten Fugen. Die Witterungsbedingungen waren sommerlich (keine Bewölkung, trocken). Der leichte Wind<br />

beeinflusste die Messergebnisse nicht. Der zur Messung eingesetzte Schallpegelmesser (Typ 118, Klasse 1 der Firma<br />

Norsonik) ermöglichte die Messung der relevanten Lärmmessgrößen (Mittelungspegel, Maximalpegel, Taktmaximalpegel,<br />

Peak). Bezüglich der Definitionen dieser Messgrößen wird auf die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm (TA-Lärm)<br />

verwiesen. Für die Messwerte wurde jeweils die A-Bewertung zu Grunde gelegt. Auf den Messabschlag von 3 dB gemäß Nr.<br />

6.9 TA-Lärm wurde verzichtet. Da nach Aussagen der während der Messung anwesenden Lastkraftwagenfahrer und der<br />

Verkehrspolizei der Geräuschpegel in den Nachtstunden unwesentlich abweicht, wurde auf eine zusätzliche Messung in den<br />

Nachtstunden verzichtet (22.00 Uhr bis 06.00 Uhr). Lediglich zwischen 01:00 Uhr und 05:00 Uhr sinkt der Geräuschpegel<br />

aufgrund des geringeren Fahrzeugverkehrs.<br />

Die Parkflächen, auf denen die Fahrzeuge für die Messung abgestellt waren, lagen ca. 15 Meter von der Fahrbahn der Autobahn<br />

entfernt. Die Messungen ergaben folgendes Ergebnis: Der Außenlärm <strong>am</strong> Fahrzeug hatte einen Mittelungspegel von<br />

75 dB(A) und Spitzen von bis zu 100 dB(A). Zeigte die Fahrerkabine zur Autobahn, wurden in der Kabine bei geschlossenen<br />

Fenstern ein Mittelungspegel von 52 dB(A) und Spitzen von 89 dB(A) festgestellt. War das Fahrzeug so aufgestellt, dass die<br />

Fahrerkabine von der Autobahn abgewandt war und die Fenster geschlossen, wurden Mittelungspegel von 41 dB(A) und<br />

Spitzen von 67 dB(A) ermittelt.<br />

Die Messungen haben gezeigt, dass die Positionierung der Fahrzeuge auf den Parkflächen eine Differenz des Mittelungspegels<br />

von ca. 10 dB(A) ergibt. Dies entspricht einer absoluten Pegelreduzierung von ca. 90% (eine Reduzierung um 3 dB<br />

entspricht einer Halbierung des Schalldrucks, um 10 dB einer Halbierung des Lärmeindrucks). Nachdem viele Lastkraftwagen<br />

über keine Standklimaanlage verfügen, sind viele Fahrer insbesondere an warmen Tagen gezwungen, während der<br />

Ruhezeiten die Fenster der Fahrerkabine zu öffnen. Bei geöffnetem Fenster erhöht sich der Lärmpegel um 10 dB(A) bis 20<br />

dB(A).<br />

Mittelungspegel<br />

(dB(A))<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Spitzenwerte<br />

(dB(A))<br />

Parkfläche 75 100<br />

LKW-Kabine (Parkrichtung zur Autobahn) 52 89<br />

LKW-Kabine (Parkrichtung von der Autobahn weg) 41 67<br />

Tabelle 2:<br />

Orientierende Lärmmessungen


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Maßnahmen der Fahrer zur Aufrechterhaltung der Fahrtüchtigkeit<br />

Die meisten Fahrer gaben an, auf ausreichenden Schlaf und Pausen zu achten sowie koffeinhaltige Getränke zu sich zu<br />

nehmen, um fahrtüchtig zu bleiben. Viele Fahrer wenden sich jedoch auch unsicher wirks<strong>am</strong>en Methoden (z. B. Frischluft,<br />

Radio/Musik hören, Bewegung) zu, die insbesondere dazu dienen sollen, monotone Situationen zu unterbrechen (Abb. 21).<br />

Prozent<br />

Prozent<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10<br />

Vorgehen<br />

Abb. 21:<br />

Vorgehen bei Schläfrigkeit<br />

ESS >9 ESS3 SSS


Prozent<br />

16<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

WS HK BH SW<br />

Krankheitsgruppen<br />

Abb. 23:<br />

Erkrankungen in der An<strong>am</strong>nese<br />

36<br />

Krankheitsgruppen<br />

WS Erkrankungen der<br />

Wirbelsäule<br />

HK Herz-Kreislauf-<br />

Erkrankungen<br />

BH Bluthochdruck-<br />

Krankheit<br />

SW Stoffwechsel-<br />

Krankheiten<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe<br />

8% der Fahrer berichteten über eine gesicherte Schlafapnoe. Bei weiteren 14% der Fahrer liegt eine fragliche Schlafapnoe<br />

vor. Von der Kontrollgruppe gaben im Rahmen der An<strong>am</strong>nese 15%, an einer gesicherten Schlafapnoe zu leiden, weitere<br />

20,6% berichteten über entsprechende, noch nicht abgeklärte Symptome (Abb. 24). Diese Angaben entsprechen nicht der<br />

Tatsache, dass Lastkraftwagenfahrer wesentlich häufiger einen Body Mass Index von mehr als 30 haben, was ein klassischer<br />

Par<strong>am</strong>eter ist, der auf eine Schlafapnoe hindeuten kann. 27% aus der Fahrergruppe und 16% aus der Kontrollgruppe<br />

gaben an, schon einmal <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong> eingeschlafen zu sein.<br />

Genussmittel<br />

Prozent<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

vorhanden fraglich keine<br />

Abb. 24:<br />

Schlafapnoe in der An<strong>am</strong>nese<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe<br />

60,3% der Lastkraftwagenfahrer gaben an, gelegentlich Alkohol zu trinken, davon 28,2% nach Arbeitsende und 16,8% an<br />

den Wochenenden. Von der Kontrollgruppe trinken 41% gelegentlich Alkohol, davon 47,7% nach Arbeitsende und 9,1% an<br />

den Wochenenden. 77,1% der Lastkraftwagenfahrer tranken Kaffee, oft in größeren Mengen bis zu 2 Liter pro Tag. 72,9%<br />

der Kontrollgruppe tranken Kaffee. 3,1% der Fahrer tranken andere koffeinhaltige Getränke (Kontrollgruppe 0%), 3,1%<br />

Guarana-haltige Getränke (Kontrollgruppe 0,9%). 2,3% gaben die Anwendung von Schmerzmitteln an (Kontrollgruppe<br />

0,9%), 0,8% die Anwendung von Amphet<strong>am</strong>inen (Kontrollgruppe 0%).<br />

Vor Beginn der pupillographischen Untersuchung hatten 64,1% der Lastkraftwagenfahrer angegeben, in den vergangenen<br />

acht Stunden geraucht zu haben. Bei den Personen der Kontrollgruppe waren es 16%.<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


3.2.2 Einzeluntersuchungen<br />

Blutdruck<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Organisationsbedingt konnte die Blutdruckmessung bei den Fahrern erst direkt nach der Polizeikontrolle und der Fahrt über<br />

eine fünfspurige Autobahnstrecke durchgeführt werden. Aus diesem Grund ist nicht auszuschließen, dass die bei den Fahrern<br />

gemessenen Blutdruckwerte möglicherweise nicht nur durch einen generell zu hohen Blutdruck (Hypertonie) sondern<br />

situationsbedingt erhöht waren. Außerdem konnten unter „Feldbedingungen“ nicht die notwendigen Voraussetzungen zur<br />

Blutdruckmessung (Pickering 2005) optimal erfüllt werden.<br />

Bei der Messung hatten 74% der Fahrer Blutdruckwerte, die den systolischen Normalwert von 130 mmHg (oberer Blutdruckwert))<br />

und/oder den diastolischen Normalwert von 90 mmHg (unterer Blutdruckwert) überschritten. Davon gaben nur<br />

11,1% der Fahrer bei der An<strong>am</strong>nese an, dass bei ihnen eine Hypertonie bekannt sei (Kontrollgruppe 7,3%). Aus o. g. Gründen<br />

dürften die Blutdruckwerte nicht verwertbar sein. Auf die Bestimmung der Blutdruckwerte der Kontrollgruppe wurde<br />

deshalb verzichtet.<br />

Body Mass Index (BMI)<br />

37% der Lastkraftwagenfahrer und 9,7% der Kontrollgruppe hatten einen Body Mass Index über 30.<br />

Wachheitsgrad/Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />

Als Wachheitsindikator wurde der Pupillenunruheindex bestimmt. Der Pupillographie-Rechner berechnete daraus die Einstufung<br />

der Probanden (Testpersonen) in die Kategorien wach (grün), kontrollbedürftig (gelb) und schläfrig (rot). Sobald fünf der<br />

acht Messfelder auswertbar waren, wurde der mittlere PUI manuell nachberechnet und die Kategorisierung neu vorgenommen.<br />

Wenn Probanden während der Messung einschliefen, wurde die Kategorie rot zugeteilt (Abb. 25).<br />

Bei der Messung der Tagesschläfrigkeit wurden 6,5 % der LKW-Fahrer als „schläfrig“ (einschlafgefährdet; roter Bereich)<br />

eingestuft, 19,5 % als „kontrollbedürftig“ (gelber Bereich) und 74 % als „wach“ (grüner Bereich). In der Kontrollgruppe lagen<br />

die Anteile bei 17,6 %, 12,7 % und 69,6 %.Vor der pupillographischen Untersuchung hatten die Fahrer zuletzt zwischen 1<br />

und 12 Stunden, im Schnitt 7,2 Stunden, geschlafen, die Personen der Kontrollgruppe zwischen 3,5 Stunden und 8 Stunden,<br />

im Durchschnitt 6,2 Stunden. 3,2% der Fahrer und 2% der Personen aus der Kontrollgruppe schliefen bei der Messung ein.<br />

Prozent<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

vorhanden fraglich keine<br />

Abb. 25:<br />

Ergebnisse des pupillographischen Schläfrigkeitstestes<br />

37<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe<br />

Bei Ergebnissen im gelben oder roten Bereich wurde den betroffenen Fahrern geraten, einen angebotenen Kaffee zu trinken<br />

und dann nur 10 bis 15 Minuten zu schlafen, um Tiefschlafphasen mit danach folgender Schläfrigkeit zu vermeiden. Die<br />

meisten Fahrer tranken zwar den Kaffee, legten aber keine Pause ein, da sie unter Zeitdruck standen.<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Einfluss der Lebens- und Arbeitsbedingungen auf den Wachheitsgrad<br />

Fahrer, die angaben, unter Lärmbelastung ihre Ruhezeit genommen zu haben, waren stärker einschlafgefährdet als Fahrer,<br />

die nicht lärmbelastet übernachtet hatten (Abb. 26). Personen aus der Kontrollgruppe, die berichteten, unter Lärmeinfluss<br />

übernachtet zu haben, wurden im Test nur zu 55,6 % als wach eingestuft. Fahrer, die angaben, die Lenk- und Ruhezeiten<br />

nicht einzuhalten oder die zulässige Wochenarbeitszeit zu überschreiten, waren stärker einschlafgefährdet als Fahrer, die<br />

berichteten, dass sie sich an die gesetzlichen Vorgaben hielten (Abb. 27).<br />

Prozent<br />

Prozent<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

0<br />

Lärm kein Lärm<br />

Abb. 26:<br />

Faktor „Übernachtung unter Lärmeinfluss“<br />

Verstoß Einhaltung<br />

Abb. 27:<br />

Faktor „Lenkzeiten“ / „zulässige Wochenarbeitszeit“<br />

38<br />

Pupillographie-Ergebnis<br />

bei LKW-Fahrern<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

schläfrig,<br />

kontrollbedürftig<br />

wach<br />

Pupillographie-Ergebnis<br />

bei LKW-Fahrern<br />

schläfrig,<br />

kontrollbedürftig<br />

28,7 % der Kontrollgruppe überschritten ihre erlaubte Arbeitszeit an mindestens einem Wochentag. Davon waren 79,3%<br />

wach und 20,7% schläfrig oder kontrollbedürftig.<br />

Auswertung der Schaublätter oder der Ausdrucke des digitalen Kontrollgerätes bei Lastkraftwagenfahrern<br />

Die Auswertung der Ausdrucke der digitalen Kontrollgeräte erwies sich als deutlich schwieriger als die Auswertung der<br />

Schaublätter. Oft ließ es sich schwer entscheiden, wie Zeiten eingestuft werden sollten. Viele Fahrer hatten alle Zeiten außerhalb<br />

der Lenkzeiten als Ruhezeit eingestellt. Hierbei fiel auf, dass teilweise nur sehr kurze Ruhezeiten im Wechsel mit<br />

Lenkzeiten auftraten, wobei hier der Verdacht auf Ladetätigkeiten oder Fahren im Stau bestand. Andere Fahrer hatten generell<br />

auf Bereitschaft oder Arbeitszeit umgestellt, wobei dann auch offensichtliche Ruhepausen falsch aufgezeichnet waren.<br />

Eine Auswertung hinsichtlich der Länge der Arbeitszeit und der Aufmerks<strong>am</strong>keit/Wachheit wurde deshalb nicht vorgenommen.<br />

wach


Prozent<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Nachtarbeit keine Nachtarbeit<br />

Abb. 28:<br />

Faktor „Nachtarbeit in den letzten drei Tagen“<br />

39<br />

Pupillographie-Ergebnis<br />

bei LKW-Fahrern<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

schläfrig,<br />

kontrollbedürftig<br />

Fahrer, die in den vergangenen drei Tagen überwiegend in der Nachtzeit gearbeitet hatten, wurden mit Fahrern, die überwiegend<br />

bei Tage tätig waren, verglichen (Abb. 28). Das Ergebnis zeigte, dass Fahrer, die in den vergangenen drei Tagen<br />

überwiegend Nachtarbeit geleistet hatten, schläfriger waren, als Fahrer, die überwiegend <strong>am</strong> Tage gearbeitet hatten (Abb.<br />

28). Nach einem Tag „Nachtarbeit“ konnte jedoch noch kein wesentlicher Unterschied festgestellt werden.<br />

Prozent<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

30 Jahre<br />

Abb. 29:<br />

Faktor „Berufserfahrung“<br />

wach<br />

Pupillographie-Ergebnis<br />

bei LKW-Fahrern<br />

schläfrig,<br />

kontrollbedürftig<br />

Um herauszufinden, ob es während des Berufslebens zu einer Selektion von Lastkraftwagenfahrern kommt, die gegenüber<br />

Nacht- und Schichtarbeit sowie langen Arbeitszeiten relativ unempfindlich sind, wurde die Wachheit/Aufmerks<strong>am</strong>keit von<br />

Fahrern unterschiedlichen Lebensalters und unterschiedlich langer Berufserfahrung verglichen. Fahrer mit über 30 Jahren<br />

Berufserfahrung waren deutlich weniger schläfrig, als Fahrer mit geringerer Berufserfahrung (Abb. 29). Das gleiche gilt für<br />

ältere Fahrer im Vergleich mit jüngeren Fahrern (Abb. 30). Über ähnliche Ergebnisse berichteten Walzl et alii (2007). Bei<br />

genauer Durchsicht der Dateien stellte sich auch heraus, dass ältere Fahrer ihre Ruhezeiten nach Möglichkeit nicht in Lärmbereichen<br />

verbringen und die vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einhielten.<br />

wach


Prozent<br />

Prozent<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

50 Jahre<br />

Abb. 30:<br />

Faktor „Lebensalter“<br />

50 Jahre<br />

Abb. 31:<br />

Faktor „Lebensalter“: Anteil der als wach eingestuften Personen<br />

40<br />

Pupillographie-Ergebnis<br />

bei LKW-Fahrern<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

schläfrig,<br />

kontrollbedürftig<br />

wach<br />

Pupillographie-Ergebnisse<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe<br />

Vergleicht man die Resultate mit den Ergebnissen der Kontrollgruppe, so lässt sich nicht feststellen, dass dort der Anteil der<br />

„wachen Personen“ mit steigendem Alter zunimmt (Abb. 31). Das Ergebnis deutet also auf eine berufsbedingte Selektion,<br />

zumindest bei den untersuchten Lastkraftwagenfahrern, hin (Healthy Worker-Effekt). Da Müller et alii (2004) im Bereich der<br />

gleichen Raststätte bei abweichender Fahrerselektion ähnliche Vigilanzraten nachwies, kann man wohl eher von einem<br />

allgemeinen Healthy Worker-Effekt ausgehen.<br />

Prozent<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

bis 7h Schlaf mehr als 7 h Schlaf<br />

Abb. 32:<br />

Faktor „Schlafdauer in der letzten Nacht“:<br />

Anteil der als wach eingestuften Personen<br />

Pupillographie-Ergebnisse<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Vergleicht man die Angaben zur Dauer der letzten Schlafperiode, so stellt man bei den Personen der Kontrollgruppe ein<br />

hierfür typisches Ergebnis fest (Abb. 32). Wer zu wenig geschlafen hatte, wurde <strong>am</strong> nächsten Tag eher etwas schläfriger<br />

eingestuft. Bei Lastkraftwagenfahrern fällt ein umgekehrtes Ergebnis auf. Dies könnte entweder auf fehlerhafte Angaben der<br />

Fahrer oder auf Schlafstörungen qualitativer Art hindeuten.<br />

Prozent<br />

Prozent<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

schläfrig/kontrollbed. wach<br />

Abb. 33:<br />

Einfluss des Kaffeegenusses auf die Schläfrigkeit<br />

schläfrig/kontrollbed. wach<br />

Abb. 34:<br />

Einfluss des Rauchens auf die Schläfrigkeit<br />

41<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Pupillographie-Ergebnisse<br />

LKW-Fahrer mit Kaffee<br />

LKW-Fahrer<br />

ohne Kaffee<br />

Kontrollgruppe<br />

mit Kaffee<br />

Kontrollgruppe<br />

ohne Kaffee<br />

Pupillographie-Ergebnisse<br />

LKW-Fahrer Raucher<br />

LKW-Fahrer<br />

Nichtraucher<br />

Kontrollgruppe<br />

Raucher<br />

Kontrollgruppe<br />

Nichtraucher<br />

Fahrer, die in den vergangenen vier Stunden vor dem Test Kaffee getrunken hatten, waren weniger schläfrig (Abb. 33). Bei<br />

den Lastkraftwagenfahrern war der Koffeineinfluss wohl deshalb stärker, weil verhältnismäßig mehr Kaffee getrunken wurde.<br />

Rauchen hatte keinen erkennbaren Einfluss (Abb. 34).<br />

Ernährungsgewohnheiten<br />

Die Fahrer und die Personen aus der Kontrollgruppe wurden gefragt, wo sie ihre Mahlzeiten einnehmen, Mehrfachnennungen<br />

waren möglich. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass die Lastkraftwagenfahrer ihre Mahlzeiten in der Regel im Fahrzeug<br />

einnehmen, die Mitglieder der Kontrollgruppe dagegen zu Hause (Abb. 35). Lastkraftwagenfahrer nehmen ihre Nahrungsmittel<br />

weitgehend von zu Hause mit. Bevorzugt werden dabei Lebensmittel, die sich im Fahrzeug lange halten, wie Brot, Wurstkonserven,<br />

Obst (Äpfel) und Gemüse. Zusätzlich werden in Raststätten oder an Imbissständen Gerichte wie Bratwurst,<br />

Schnitzel u. ä. verzehrt.


Prozent<br />

100<br />

80<br />

60<br />

40<br />

20<br />

0<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

AP Wo Ka Re Im<br />

Ort der Essenseinnahme<br />

Abb. 35:<br />

Ort der Essenseinnahme<br />

42<br />

Ort der Essenseinnahme<br />

AP Arbeitsplatz<br />

Wo Wohnung<br />

Ka Kantine<br />

Re Restaurant<br />

Im Imbiss<br />

LKW-Fahrer<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

Kontrollgruppe<br />

Die Personen der Kontrollgruppe nehmen die Hauptmahlzeiten in der Regel zu Hause ein und verzehren <strong>am</strong> Arbeitsplatz<br />

eher mit Käse/Wurst belegte Brote/Brötchen, Marmelade, Obst und Müsli.<br />

Prozent<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Sport kein Sport<br />

Abb. 36:<br />

Sportaktivitäten<br />

Sportaktivitäten<br />

LKW-Fahrer<br />

Kontrollgruppe<br />

Nicht alle Fahrer bzw. Personen aus der Kontrollgruppe machten zeitliche Angaben zu sportlichen Aktivitäten. Von den<br />

Personen, die sportlich aktiv sind und Angaben hierzu machten, waren Fahrer im Durchschnitt 0,02 Stunden wöchentlich und<br />

Personen aus der Kontrollgruppe durchschnittlich 3,78 Stunden wöchentlich sportlich aktiv (Abb. 36). Die Fahrer begründeten<br />

die geringen Aktivitäten mit fehlender Zeit bzw. Gelegenheiten für Sport.<br />

3.2.3 Anliegen und Anregungen der Teilnehmer (Fahrer, Kontrollgruppe) unter dem Aspekt,<br />

die Gesundheit zu erhalten<br />

Fragen zur Gesundheitsförderung<br />

Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Verkehrsunfälle treten bei Lastkraftwagenfahrern häufiger auf als bei der übrigen Bevölkerung.<br />

Eine gezielte Gesundheitsförderung bietet sich deshalb an. Die Fahrer wurden daher nach ihren Lebensgewohnheiten<br />

sowie nach ihren Wünschen zur Gesundheitsförderung befragt. Da insbesondere Fernfahrer meist unterwegs sind und über<br />

wenig Freizeit verfügen, ist es schwierig, Termine für eine ausreichende Gesundheitsförderung im Betrieb zu finden, abgesehen<br />

von den jährlich stattfindenden Fortbildungstagen, an denen auch Gesundheitsthemen vermittelt werden könnten. Für<br />

selbständige Fahrer entfällt diese Möglichkeit. Die Vermittlung von Gesundheitsthemen im Rahmen der Fahrerausbildung ist


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

zwar sinnvoll, wird jedoch im Lauf des Berufslebens mit hoher Wahrscheinlichkeit in Vergessenheit geraten. Aus diesem<br />

Grund wäre wünschenswert, wenn in regelmäßigen Abständen entsprechende Angebote den Fahrern unterbreitet werden<br />

würden und sie die Möglichkeit bekämen, diese auch zu nutzen. Die Fahrer wurden deshalb gefragt, wie sie sich eine solche<br />

Förderung vorstellen könnten und wer sie durchführen sollte.<br />

Angaben der Lastwagenfahrer geordnet nach Priorität<br />

Anliegen % Anliegen %<br />

1. mehr Zeit 25,4 11. Abnehmen 3,0<br />

2. regelmäßigere Arbeitszeiten 25,4 12. Einkaufsmöglichkeit an der Autobahn 3,0<br />

3. mehr Sport 14,9 13. Gesündere Ernährung 2,2<br />

4. Raucherentwöhnung 9,7 14. mehr Pausen 1,5<br />

5. mehr Parkplätze 8,2 15. Einhalten der Lenk- u. Ruhezeiten 1,5<br />

6. Parkplätze mit Lärmschutz 6,7 16. ruhiger Schlaf 1,5<br />

7. mehr Zeit für Arztbesuche 5,9 17. Nachtfahrverbot 1,5<br />

8. Stressabbau 5,9 18. frühere Rente 1,5<br />

9. mehr Zeit zu Hause 4,5 19. höheres Einkommen 1,5<br />

10. bezahlbares Essen 4,4<br />

Weitere Anregungen/Äußerungen der Fahrer: Weniger Staus, Fahrradverleih, Fitnessraum an Raststätten, Sportgeräte im<br />

Fahrzeug, Bandscheibensitze im Auto, die Erlaubnis, auch kurze Zeit auf dem Standstreifen zum Schlafen anzuhalten, anderer<br />

Job, Standklimaanlage, regelmäßiges Essen, mehr Obst, weniger Kaffee, bessere Ausstattung des Fahrzeugs, gründlichere<br />

Verkehrskontrollen, Rückenschulkurse, Yoga, Aktiverholung als Kur, saubere Sanitäranlagen für Fahrer auf den Rastanlagen<br />

bzw. Parkplätzen.<br />

Angaben der Personen aus der Kontrollgruppe geordnet nach Priorität<br />

% %<br />

1. mehr Sport, Bewegung 38,3 7. bessere medizin. Versorgung 5,6<br />

2. bessere Ernährung 7,5 8. Gewichtsabnahme 4,7<br />

3. mehr Zeit / Freizeit 7,5 9. Raucherentwöhnung 1,9<br />

4. besserer Schlaf, mehr Ruhe 7,5 10. mehr Urlaub 1,9<br />

5. weniger Stress / Stressabbau 6,5 11. mehr Aufenthalt im Freien 1,9<br />

6. besseres Raumklima, Sonnen-<br />

schutz, weniger Lärm <strong>am</strong> Arbeitsplatz<br />

5,6 12. kürzere Fahrzeiten zum Arbeitsplatz 1,9<br />

Weitere Anregungen aus der Kontrollgruppe: Bessere Angebote zu Sport und Ernährung/Gewichtsabnahme und Verbesserungen<br />

der Arbeitsplatzsituation durch den Arbeitgeber.<br />

43<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Informationsfluss zu Gesundheitsthemen<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Die Teilnehmer der Studie „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ wurden auch zum Thema „Informationen über Gesundheitsthemen“ befragt.<br />

Als Informanten wurden „Betrieb“, „Radio“ und „Homepage“ angeboten. Für die Lastkraftwagenfahrer waren besonders<br />

Radio, Betrieb, Krankenkasse und Homepages wichtige Informationsquellen. Dass die Informationen durch den Hausarzt,<br />

per Telefon oder über den Betriebsarzt erfolgen soll, wurde im Fragebogen zwar nicht als Antwort angeboten, jedoch von<br />

den Fahrern genannt. Einige Fahrer berichteten über telefonische Betreuungsprogr<strong>am</strong>me von Schweizer Krankenkassen.<br />

Die Teilnehmer der Kontrollgruppe, die auf ein gutes Gesundheitsförderungsangebot im Betrieb zurückgreifen konnten,<br />

gaben überwiegend als Informationsquelle den Betrieb sowie Homepage/Intranet an. Darüber hinaus waren Informationen<br />

aus allen Medien von Bedeutung (Abb. 37).<br />

Prozent<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

Radio<br />

Betrieb<br />

3.3 Schlussfolgerungen<br />

Abb. 37: mögliche Informationsquellen für Gesundheitsthemen<br />

Nur die Hälfte der angesprochenen Fahrer war zur Mitarbeit im Projekt „<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>“ bereit. Dies ist zwar mehr als in<br />

den meisten anderen Studien in diesem Bereich (meist etwa 25% Teilnahme). Dennoch ist davon auszugehen, dass hauptsächlich<br />

angestellte Fahrer aus Groß- und Mittelbetrieben erfasst wurden. Stärker belastete Fahrer (Selbständige, Angestellte<br />

aus Kleinbetrieben) waren kaum vertreten.<br />

Da die im Rahmen des Pilotprojektes untersuchte Gruppe zu klein war, konnten keine statistischen Signifikanzen aufgezeigt<br />

werden. Dennoch konnten Tendenzen festgestellt werden, die mit der angeführten Literatur gut übereinstimmen. Lastkraftwagenfahrer<br />

bestätigten bei der Befragung die gleichen gesundheitlichen Probleme, die auch in der Literatur und in den<br />

Statistiken von Kranken- und Rentenkassen beschrieben wurden. Es handelt sich durchweg um Krankheitsbilder, die bei<br />

andauerndem Stress gehäuft vorkommen. Etwa 40% der Fahrer waren deutlich übergewichtig. Eine bessere ärztliche Betreuung<br />

und Gesundheitsförderung ist notwendig. Verbesserungsmöglichkeiten wurden mit den Fahrern diskutiert.<br />

Das Projekt Docstop 11 hat Möglichkeiten geschaffen, die ärztliche Akutversorgung beispielsweise von Lastkraftwagenfahrern<br />

zu verbessern. Es sollte auf die zahnärztliche Akutversorgung ausgedehnt werden. Aber auch eine präventive arbeitsmedizinische<br />

Diagnostik im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen (z. B. im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanage-<br />

11 Docstop ist eine „Initiative zur medizinischen Unterwegsversorgung von Berufskraftfahrern/-innen“. Der Verein hat eine Website mit der<br />

Adresse: http://www.docstoponline.eu.<br />

Krankenkasse<br />

LKW-Fahrer Kontrollgruppe<br />

Homepage<br />

Hausarzt<br />

44<br />

Telefon<br />

Betriebsarzt<br />

Fernsehen<br />

Zeitungen<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

sonstige Medien


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

ments) und regelmäßige ärztliche Betreuung chronisch Kranker mit Bluthochdruck, Diabetes und entzündlichen oder funktionellen<br />

Erkrankungen des Bewegungsapparats (muskuloskelettalen Erkrankungen) sollte angestrebt werden. Aktionen zur<br />

Gesundheitsförderung könnten an die jährlichen Fahrerschulungen angekoppelt werden und bei Bedarf per elektronischer<br />

Post oder Telefon weitergeführt werden. Themen wären beispielsweise Ernährung, Bewegung, Stressabbau, gesunder<br />

Schlaf, Erkennen und Prävention von Schläfrigkeit sowie Raucherentwöhnung. Wenn der Betriebsarzt keine Untersuchungen<br />

auf Fahr- und <strong>Steuer</strong>tätigkeit oder nach der Fahrerlaubnisverordnung durchführen würde, ließe sich das Vertrauensverhältnis<br />

zu den Fahrern verbessern.<br />

Bei den Messungen zum Wachheitsgrad bzw. zur Aufmerks<strong>am</strong>keit fiel auf, dass lediglich ca. 7% der Fahrer im roten Bereich,<br />

also nicht mehr verkehrstüchtig waren. Es liegt jedoch nahe, dass die Fahrer sowohl durch den fahrtechnisch schwierigen<br />

Autobahnabschnitt als auch durch die vorangegangene Verkehrskontrolle durch die Polizei, unter Stress standen. Dadurch<br />

wurde der Wachheitsgrad möglicherweise kurzfristig erhöht. Durch diese vorangegangene Aktivierung eines Teils des vegetativen<br />

Nervensystems (Sympathikusaktivierung) lässt sich auch erklären, warum mehrere Fahrer während der Messung<br />

zwar im „grünen Bereich“ waren, jedoch unvermittelt während des Tests selbst eingeschlafen sind. Müller et alii (2006) hatten<br />

bei einer Untersuchung von Lastkraftwagenfahrern, die auf dem Parkplatz der gleichen Rastanlage angesprochen wurden,<br />

ähnliche Wachheitswerte (8% im roten Bereich) gemessen.<br />

Projiziert man jedoch diesen geringen Wert von 7% (bzw. von 8%) auf die durchschnittliche tägliche Verkehrsmenge des<br />

Schwerlastverkehrs beispielsweise <strong>am</strong> Autobahnkreuz Stuttgart im Jahr 2009, so ergibt sich bei einer durchschnittlichen<br />

werkstäglichen Verkehrsmenge von fast 24 000 LKW statistisch gesehen ein Potential von ca.1 700 (bzw. 1 900) LKW-<br />

Fahrern pro Werktag, welche an diesem Ort übermüdet und nicht mehr verkehrssicher unterwegs sind.<br />

Zu berücksichtigen ist, dass die Messungen freiwillig waren und tagsüber, bei niedrigen Außentemperaturen, durchgeführt<br />

wurden. Man kann vermuten, dass bei Messungen unter anderen Voraussetzungen – wie z.B. pupillographische Messungen<br />

an einem heißen Sommertag oder auf einem Parkplatz an einem monotonen Autobahnabschnitt, der vom Fahrer angefahren<br />

wird, um eine Ruhezeit/Pause einzulegen oder flächendeckende Messungen oder Messungen an anderen Wochentagen<br />

oder Nachtmessungen – mehr Fahrer im „roten Bereich“ liegen würden.<br />

Die Teilnehmer aus der Kontrollgruppe wurden überwiegend als „schläfriger“ eingestuft als die Fahrer. Hierfür gibt es verschiedene<br />

Gründe. Durch die regelmäßige Eignungsuntersuchung der Fahrer gab es im Fahrerkollektiv weniger Beschäftigte<br />

mit chronischen Erkrankungen, die zu einem eingeschränkten Wachheitsgrad bzw. Aufmerks<strong>am</strong>keit führten, als im Kontrollkollektiv.<br />

Die Untersuchung der Kontrollgruppe fand während der warmen Jahreszeit in nicht klimatisierten Räumen statt.<br />

Darüber hinaus hatten die Teilnehmer der Kontrollgruppe teilweise erhebliche Schlafdefizite, waren zuvor nicht - wie die<br />

Fahrer - in einer Polizeikontrolle gewesen und hatten weniger Kaffee zu sich genommen.<br />

Die untersuchten Fahrer nannten zahlreiche Ursachen für Schläfrigkeit <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>. Am ehesten ließen sich der Einfluss von<br />

Lärmbelastung bei der vorangegangenen Übernachtung und der Einfluss der Überschreitung der Lenkzeiten und Wochenarbeitszeiten<br />

auf die Wachheit und Aufmerks<strong>am</strong>keit feststellen, wobei die Ergebnisse nicht signifikant sind.<br />

Offenbar kommt es vermutlich im Laufe des Berufslebens zu einer Selektion von Fahrern, die geringere Probleme mit Nacht-<br />

und Schichtarbeit haben oder die eher darauf achten, die vorgeschriebenen Lenk- und Arbeitszeiten einzuhalten und bestrebt<br />

sind, ihre Ruhezeiten ohne Lärmbelastung zu verbringen (sogenannter Healthy Worker-Effekt).<br />

45<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


4 Prävention<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

4.1 Arbeitsschutzrechtliche Grundlagen für das Fahrpersonal<br />

4.1.1 Arbeitsschutzrecht, Verkehrsrecht<br />

Wie für alle Betriebe gelten auch für Gütertransportunternehmen die allgemeinen Arbeitsschutzgesetze 12 . Die Arbeitsschutzgesetzgebung<br />

basiert auf europäischem Recht. Diese Regelungen sind Mindestbedingungen, die von allen Mitgliedsstaaten<br />

eingehalten werden müssen. Nationale Vorschriften können über das europäische Recht hinausgehen. Nachfolgend sind<br />

auszugsweise einige Vorschriften aufgeführt:<br />

� Gesetz über die Durchführung von Maßnahmen des Arbeitsschutzes zur Verbesserung der Sicherheit und<br />

des Gesundheitsschutzes der Beschäftigten bei der Arbeit (Arbeitsschutzgesetz – ArbSchG)<br />

Das Arbeitsschutzgesetz regelt die Grundpflichten des Arbeitgebers im Arbeitsschutz wie z. B. das Erstellen einer<br />

Gefährdungsbeurteilung, von Betriebsanweisungen, Schutzmaßnahmen, die Information der Arbeitnehmer zum<br />

Arbeitsschutz und die Pflicht zur Verbesserung des Arbeitsschutzes.<br />

� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen<br />

bei der Arbeit (PSA-Benutzungs-verordnung – PSA-BV)<br />

Die Verordnung enthält Anforderungen an die persönlichen Schutzausrüstungen (z. B. Handschuhe, Atemschutz,<br />

Arbeitsschuhe).<br />

� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der manuellen Handhabung von Lasten bei der<br />

Arbeit (Lastenhandhabungsverordnung – LasthandhabV)<br />

Die Verordnung enthält Grundlagen für das Heben und Tragen von Lasten.<br />

� Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch Lärm und Vibrationen (Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutz-Verordnung<br />

– LärmVibrationsArbSchV)<br />

Die Verordnung enthält Bestimmungen zum Schutz vor Lärm und Vibrationen.<br />

� Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Bereitstellung von Arbeitsmitteln und deren<br />

Benutzung bei der Arbeit, über Sicherheit beim Betrieb überwachungsbedürftiger Anlagen und über die<br />

Organisationen des betrieblichen Arbeitsschutzes (Betriebssicherheits-Verordnung – BetrSichV)<br />

Die Verordnung enthält Anforderungen an die Betriebssicherheit.<br />

� Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit (Arbeitssicherheitsgesetz<br />

– ASiG)<br />

Das Arbeitssicherheitsgesetz regelt die Betreuung der Arbeitnehmer durch Fachkräfte für Arbeitssicherheit, Betriebsärzte<br />

und Sicherheitsbeauftragte sowie die Grundstruktur der Arbeitssicherheit im Betrieb. Es verankert die<br />

Tätigkeit des Arbeitsschutzausschusses. Für Kleinbetriebe enthält es verschiedene Ausnahmeregelungen. Die zuständigen<br />

Berufsgenossenschaften entscheiden über Einsatzzeiten der Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit.<br />

Sie können vom Arbeitssicherheitsgesetz abweichende Betreuungsmodelle, wie zum Beispiel Arbeitgebermodelle<br />

anbieten, bei denen der Arbeitgeber nach entsprechender Schulung die Funktion von Betriebsarzt und<br />

Sicherheitsingenieur übernimmt und parallel dazu von Fachleuten Rat einholen kann.<br />

12 Die hier auszugsweise aufgeführten staatlichen Vorschriften sind im Internet unter<br />

http://www.gaa.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16050/ hinterlegt.<br />

46<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� Gesetz zum Schutze der erwerbstätigen Mutter (Mutterschutzgesetz – MuSchG)<br />

Auf Grund der Mutterschutzgesetzgebung dürfen Lastkraftwagenfahrerinnen während einer Schwangerschaft<br />

grundsätzlich nicht mit Fahrtätigkeiten weiterbeschäftigt werden. Dieses Verbot greift, wenn diese Beschäftigung<br />

schwerpunktmäßig bzw. an mehr als vier Stunden an Werktagen ausgeübt wird. Werdende Mütter dürfen keinen<br />

Vibrationen und Erschütterungen ausgesetzt werden. Dies bedeutet, dass Fahrten insbesondere auf Baustellen<br />

oder unebenen Fahrbahnen nicht zulässig sind. Darüber hinaus dürfen sie nicht in der Nachtzeit oder an Sonn-<br />

und Feiertagen beschäftigt werden. Akkord- oder Schichtarbeit sind verboten, ebenso Tätigkeiten mit erhöhter Unfallgefahr.<br />

Die werdende Mutter darf regelmäßig nicht mehr als 5 kg heben und tragen, gelegentlich nicht mehr als 10 kg. Sie<br />

darf keine Alleinarbeiten verrichten. Die Verordnung zum Schutze der Mütter <strong>am</strong> Arbeitsplatz schreibt zusätzlich<br />

eine Gefährdungsbeurteilung des Arbeitsplatzes von Frauen im gebärfähigen Alter vor.<br />

In der Regel muss der Arbeitgeber die Fahrerin anderweitig im Betrieb beschäftigen oder von der Arbeit freistellen.<br />

Sie bekommt Ihren bisherigen Lohn und Zulagen weiter. Der Arbeitgeber hat die Schwangerschaft seiner Mitarbeiterinnen<br />

der zuständigen Gewerbeaufsicht/Arbeitsschutzbehörde schriftlich mitzuteilen. In Baden-Württemberg<br />

sind dies die Regierungspräsidien. Jeweils zuständig ist das Regierungspräsidium, in dessen Aufsichtsbezirk der<br />

Unternehmenssitz ist.<br />

Der Arbeitgeber kann nach dem sogenannten U2-Verfahren bei der gesetzlichen Krankenkasse der Arbeitnehmerin<br />

beantragen, ihm die entstehenden Lohnkosten zu ersetzen. Es wird empfohlen, dem Antrag an die Krankenkasse<br />

eine Kopie der Mitteilung über die Schwangerschaft der Fahrerin an die zuständige Gewerbeaufsichtsbehörde<br />

beizufügen.<br />

� Gesetz über die Beförderung gefährlicher Güter (Gefahrgutbeförderungsgesetz – GGBefG)<br />

Hier finden sich Grundsätze für die Gefahrgutbeförderung.<br />

� Verordnung über die Beförderung gefährlicher Güter (GGVS)<br />

Hier finden sich Grundsätze für die Gefahrgutbeförderung.<br />

� Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr<br />

Die Sozialvorschriften enthalten u. a. Regelungen zu Lenk- und Ruhezeiten, Fahrtunterbrechungen (Pausen). Sie<br />

gelten für Fahrerinnen/Fahrer, unabhängig, ob sie Selbstständige oder in einem Unternehmen angestellt sind:<br />

- Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten<br />

Fahrpersonals (AETR); die Bestimmungen gelten in allen Staaten, die dieser Vereinbarung beigetreten<br />

sind.<br />

- Verordnung (EG) Nr. 561/2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr;<br />

Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr; die Bestimmungen der beiden<br />

Verordnungen gelten unmittelbar in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union.<br />

- Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (Fahrpersonalgesetz -<br />

FPersG); die Bestimmungen gelten ausschließlich in Deutschland.<br />

- Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (Fahrpersonalverordnung - FPersV); die Bestimmungen<br />

gelten ausschließlich in Deutschland<br />

� Arbeitszeitgesetz (ArbZG)<br />

Regelt u. a. die werktägliche Arbeitszeit, die Ruhezeit und die Pausen von Arbeitnehmern, spezielle Regelungen<br />

für Arbeitnehmer als Fahrer sind zusätzlich in § 21 a ArbZG enthalten.<br />

� Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft-<br />

oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikations-Gesetz – BKrFQG)<br />

Enthält u. a. Bestimmungen zum Mindestalter, zur Qualifikation, Aus- und Weiterbildung eines Kraftfahrers.<br />

� Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO)<br />

Regelt u. a. Ausrüstungspflicht eines Fahrzeugs mit einem Fahrtschreiber/ Kontrollgerät - §57 a StVZO<br />

47<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


Informationen zum Arbeitsschutz<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Auskünfte zu den Arbeitsschutzrechtbestimmungen erteilen in Baden Württemberg die für die Gewerbeaufsicht zuständigen<br />

Stellen in den Stadtverwaltungen der Stadtkreise (Baden-Baden, Freiburg i. Br., Heidelberg, Heilbronn, Karlsruhe, Mannheim,<br />

Pforzheim, Stuttgart und Ulm) sowie in den Landratsämtern der Landkreise.<br />

Berufsgenossenschaftliches Regelwerk<br />

Im Folgenden ist eine auszugsweise Aufstellung der Vorschriften aufgeführt 13 ,<br />

� Berufsgenossenschaftliche Vorschriften:<br />

- BGV A1 Grundsätze der Prävention<br />

- BGV A2 Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit (jetzt DGUV-Vorschrift 2)<br />

- BGV A3 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel<br />

- BGV A4 Arbeitsmedizinische Vorsorge (wird aufgehoben)<br />

- BGV C 27 Müllbeseitigung<br />

- BGV D 29 Fahrzeuge<br />

� Berufsgenossenschaftliche Regeln:<br />

- BGR A1 Grundsätze der Prävention<br />

- BGR A3 Arbeiten unter Spannung an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln<br />

- BGR 117-2 Behälter, Silos und enge Räume; Teil 2: Umgang mit transportablen Silos<br />

- BGR 127 Deponien<br />

- BGR 128 Kont<strong>am</strong>inierte Bereiche<br />

- BGR 136 Richtlinien für Liegeplätze in Führerhäusern und Ruheräumen von Fahrzeugen<br />

- BGR 147 Regeln für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Tankstellen<br />

- BGR 157 Fahrzeug-Instandhaltung<br />

- BGR 186 Austauschbare Kipp- und Absetzbehälter<br />

- BGR 189 Benutzung von Schutzkleidung<br />

- BGR 190 Benutzung von Atemschutzgeräten<br />

- BGR 191 Benutzung von Fuß- und Knieschutz<br />

- BGR 192 Benutzung von Augen- und Gesichtsschutz<br />

- BGR 193 Benutzung von Kopfschutz<br />

- BGR 194 Einsatz von Gehörschützern<br />

- BGR 195 Benutzung von Schutzhandschuhen<br />

- BGR 233 Ladebrücken und fahrbare R<strong>am</strong>pen<br />

- BGR 234 Lagereinrichtungen und Lagergeräte<br />

- BGR 237 Sicherheitsregeln für Hydraulik-Schlauchleitungen<br />

- BGR 238-1 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Tätigkeiten in der Abfallwirtschaft<br />

13 Diese sowie weitere Vorschriften stehen unter http://bgf.vur.jedermann.de zur Verfügung<br />

48<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


- BGR 500 Betreiben von Arbeitsmitteln<br />

� Berufsgenossenschaftliche Informationen:<br />

- BGI 503 Anleitung zur ersten Hilfe<br />

- BGI 504-20 Lärm<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

- BGI 504-25 Fahr-, <strong>Steuer</strong>- und Überwachungstätigkeiten<br />

- BGI 515 Persönliche Schutzausrüstungen<br />

- BGI 520 Ladebrücken<br />

- BGI 534 Arbeiten in engen Räumen<br />

- BGI 550 Fahrzeug - Instandhaltung<br />

- BGI 560 Arbeitssicherheit durch vorbeugenden Brandschutz<br />

- BGI 564 Tätigkeit mit Gefahrstoffen<br />

- BGI 578 Sicherheit durch Betriebsanweisungen<br />

- BGI 581 Fahrerkabinen mit Anlagen zur Atemluftversorgung auf<br />

Erdbaumaschinen<br />

- BGI 582 Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Transport- und<br />

Lagerarbeiten<br />

- BGI 590 Sichere Beförderung von Flüssiggasflaschen auf der Straße<br />

- BGI 599 Sicheres Kuppeln von Fahrzeugen<br />

- BGI 610 Sicherer Betrieb von LKW-Ladekranen<br />

- BGI 649 Ladungssicherung auf Fahrzeugen<br />

- BGI 665 Abbrucharbeiten<br />

- BGI Muster-Betriebsanweisung für den Betrieb von Fahrzeugbehältern für körnige oder staubförmige<br />

Güter<br />

- BGI 673 Empfehlungen zur Benutzung von Gehörschützern durch Fahrzeugführer bei der Teilnahme<br />

<strong>am</strong> öffentlichen Straßenverkehr<br />

- BGI 689 Fahrzeughebebühnen<br />

- BGI 800 Sicherungsmaßnahmen bei Pannen-/Unfallhilfe, Bergungs- und Abschlepparbeit<br />

- BGI 857 Sicherer Betrieb von Tankfahrzeugen für Mineralölprodukte<br />

- BGI 884 Sichere Reifenmontage<br />

- BGI 5004 Sicherer Einsatz von Absetzkippern<br />

- BGI 5005 Sicherer Einsatz von Abroll- und Abgleitkippern<br />

- BGI 5010 Worauf Sie beim Transport kont<strong>am</strong>inierter Materialien achten sollen<br />

- BGI 5017 Ladeeinrichtungen für Fahrzeugbatterien<br />

- BGI 5025 Fahrzeugaufbereitung<br />

- BGI 5042 Sicheres Arbeiten mit Fahrzeugen an Lader<strong>am</strong>pen<br />

- BGI 5064 Nur nicht umkippen!<br />

- BGI 7005 Gesund und fit im Kleinbetrieb<br />

49<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


4.1.2 Überwachung der Sozialvorschriften<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Um die Arbeitssicherheit der Fahrer zu verbessern, die Personen- oder Güterbeförderungen sowohl europaweit als auch<br />

innerhalb Deutschlands durchführen, wurden die Sozialvorschriften erlassen. Die Überwachung der Lenk- und Ruhezeiten,<br />

Fahrtunterbrechungen (Tab. 3) und der Arbeitszeiten der Fahrer erfolgt sowohl auf der Straße als auch in Betrieben, die<br />

Personen- oder Güterbeförderungen durchführen.<br />

In Baden-Württemberg wird die Einhaltung der Sozialvorschriften und der Verkehrssicherheit im Rahmen von Straßenkontrollen<br />

durch die Verkehrs- und Autobahnpolizei sowie durch das Bundes<strong>am</strong>t für Güterverkehr (BAG) überprüft. Dabei festgestellte<br />

Zuwiderhandlungen gegen die Sozialvorschriften werden an die für die Ahndung von Verstößen gegen das Fahrpersonalrecht<br />

und gleichzeitig für den Betriebssitz des Unternehmens zuständige Arbeitsschutzbehörde in den einzelnen<br />

Bundesländern gemeldet. In Baden-Württemberg sind dies die Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien<br />

Städten 14 .<br />

Lenkzeiten Stunden Fahrtunterbrechungen Minuten<br />

täglich 9 nach 4,5 Stunden Lenkdauer 45<br />

zweimal pro Woche 10 Aufteilung innerhalb Lenkdauer:<br />

wöchentlich 56 1. Pause 15<br />

Doppelwoche 90 2. Pause 30<br />

tägliche Ruhezeiten Stunden wöchentliche Ruhezeiten Stunden<br />

24 Stunden-Zeitraum 11 wöchentlich 45<br />

Tab. 3<br />

Lenkzeiten, Fahrtunterbrechungen und Ruhezeiten<br />

gemäß den Sozialvorschriften für das Fahrpersonal<br />

Die Gewerbeaufsichtsbehörden in Baden-Württemberg prüfen im Rahmen von Betriebskontrollen, ob die Verkehrsunternehmen,<br />

Disponenten und die Mitglieder des Fahrpersonals entsprechend ihrem Aufgaben- und Verantwortungsbereich die<br />

Sozialvorschriften hinreichend beachten.<br />

4.1.2.1 Überwachung durch die Polizei (Verkehrskontrollen)<br />

Allgemeine Verkehrslage<br />

Die Polizei ist für die Überwachung der Verkehrssicherheit zuständig. Verkehrssicherheit umfasst begrifflich den Schutz vor<br />

Unfallgefahren und Maßnahmen zur Reduzierung der Unfallfolgen im Straßenverkehr. Die Vermeidung von Unfallrisiken<br />

sowie die Minderung von unfallbedingten Verletzungs- und Schadensfolgen haben deshalb gesellschaftlich und politisch<br />

hohe Priorität. Häufig unterschätzt werden dabei die durch Unfälle verursachten Beeinträchtigungen für einen leichten und<br />

effizienten Verkehrsfluss im Straßennetz. Obwohl die Anzahl der im Straßenverkehr Getöteten seit dem Jahre 1970 um 75 %<br />

zurückgegangen ist, wobei im gleichen Zeitraum Fahrleistung und Anzahl der Fahrzeuge auf Deutschlands Straßen etwa um<br />

das Dreifache anstiegen, bleibt die Verkehrssicherheitsarbeit weiterhin eine herausragende ges<strong>am</strong>tgesellschaftliche Aufgabe.<br />

Um das hohe Gut der Verkehrssicherheit herauszustellen, hat die Bundesregierung 15 ein Maßnahmebündel verabschiedet,<br />

welches unter anderem die durch den Betrieb schwerer Nutzfahrzeuge verursachten Verkehrsgefahren mindern und die<br />

Sicherheit auf Landstraßen erhöhen soll. Orientierung und Maßstab ist hierbei das 3. Europäische Aktionsprogr<strong>am</strong>m zur<br />

Straßenverkehrssicherheit, das eine Halbierung der im Straßenverkehr Getöteten auf Gemeinschaftsebene bis 2010 anstrebt.<br />

14 Eine Übersicht über die Arbeitsschutzbehörden in den einzelnen Bundesländern ist auf der Homepage des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr<br />

hinterlegt: http://www.bag.bund.de/cae/servlet/contentblob/11650/publicationFile/3291/Adressen_Genehmigungsbehoerden.pdf<br />

15 Deutscher Bundestag Drucksache 16/2100 16. Wahlperiode 28. 06. 2006<br />

50<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

2006 wurden in Baden-Württemberg 122.651 Lastkraftwagen kontrolliert. Fast jedes dritte Fahrzeug war auffällig. 6.800<br />

Lastkraftwagen wurden wegen technischer Mängel beanstandet, 15.899-mal wurden Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten<br />

registriert. 3.598-mal musste die Weiterfahrt auf Grund von Verkehrunsicherheit oder Übermüdung durch mangelnde Ruhezeit<br />

oder zu lange Lenkzeit untersagt werden. Bisher gibt es noch kein gerichtsfestes Verfahren, mit dem Übermüdung sicher<br />

festgestellt werden kann.<br />

Unfalllage in Baden-Württemberg<br />

Nach Angaben des Innenministeriums Baden-Württemberg ist die Zahl der LKW-Unfälle zu Beginn des Jahres 2007 erneut<br />

gestiegen. Dies ist zus<strong>am</strong>men mit der nach wie vor hohen Zahl der bei Verkehrskontrollen zu beanstandenden Lkw eine<br />

bedenkliche Entwicklung. So nahm die Zahl der Unfälle, bei denen Lastkraftwagen beteiligt waren, im Jahr 2006 um 6,4%<br />

gegenüber dem Vorjahr zu. Auch blieb die Quote der dabei von den Lastkraftwagenfahrern maßgeblich verursachten Unfälle<br />

bei etwa 70% relativ konstant. Der enorme Anstieg um 32,7% auf 69 tödlich verletzte Personen bei von Lastkraftwagenfahrern<br />

verursachten Unfällen stellt die mit dem Schwerverkehr verbundene Unfallgefahr drastisch heraus. Insbesondere bei<br />

den Unfällen mit schweren Folgen sind Geschwindigkeits- und Abstandsverstöße Hauptursachen.<br />

Zwar überwiegen bei den Beanstandungen des LKW-Verkehrs nach wie vor Verstöße gegen die Lenk- und Ruhezeiten.<br />

Dennoch bleibt die konkrete Unfallursache bei manchem schweren Verkehrsunfall im Dunkeln. Sehr häufig hat eine Verkettung<br />

mehrerer ungünstiger Faktoren den Verkehrsunfall ausgelöst. Erfahrungen, Auswertungen und aus Ermittlungsverfahren<br />

im Bereich des Schwerverkehrs gewonnene Erkenntnisse der Polizei führen zum Schluss, dass in zahlreichen Fällen<br />

Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite die Unfallursachen dominieren oder den negativen Unfallverlauf bzw. das Schadensausmaß wesentlich<br />

beeinträchtigt haben.<br />

Erkenntnisse aus der polizeilichen Ermittlungsarbeit<br />

� Abkommen von der Fahrbahn nach rechts<br />

Massive Spurzeichnungen auf unbefestigten Randstreifen oder gegen Leiteinrichtungen der Fahrbahnen sind untrügliche<br />

Zeugnisse von plötzlich ausgelösten Korrekturmanövern. Im Rahmen von Kontrollgesprächen und Anhörungen<br />

beschreiben Lastkraftwagenfahrer regelmäßig das Phänomen, dass bei nachlassender Konzentration und<br />

eingeschränkter Wachheit das Lenkrad des Fahrzeugs gerade auf monotonen oder verkehrsarmen Strecken leicht<br />

nach rechts gedreht und somit auf den Seitenstreifen gefahren wird. Entweder durch den Anstoß an der Leiteinrichtung<br />

oder beim Einfahren in weichen Untergrund wird die Aufmerks<strong>am</strong>keit schlagartig geweckt und dabei eine<br />

oft unkoordinierte, ruckartige Lenkbewegung ausgeführt. Derselbe Effekt tritt ein, wenn die Fahrbahn nicht mehr<br />

gerade verläuft.<br />

� Abkommen von der Fahrbahn nach links; Fahrstreifenwechsel<br />

Mehrere Fahrzeuge fahren mit annähernd gleicher Geschwindigkeit auf einem Fahrstreifen. Der Einsatz des Tempomats<br />

ist bei Schwerverkehrsfahrzeugen beliebt und gerade auf langen Fahrstrecken eine Erleichterung. Wird<br />

aufgrund unterschiedlicher Ladungsgewichte oder Leistungsstärken innerhalb der Fahrzeugkolonne ein Lastkraftwagen<br />

langs<strong>am</strong>er, reagiert ein nachfolgender Fahrer möglicherweise zu spät oder falsch. Nach der Situationsbeschreibung<br />

von Fahrern wird sozusagen in letzter Sekunde vor dem Aufprall die Abstandsunterschreitung bemerkt<br />

und das Lenkrad in diesen Fällen - bei mehrspurigen Fahrbahnen - ruckartig nach links gerissen. Diese Ausweichbewegung<br />

werten beobachtende Verkehrsteilnehmer meist als „klassisches“ Überholmanöver. Fahren zu diesem<br />

Zeitpunkt Fahrzeuge auf einem parallelen Fahrstreifen, sind folgenschwere seitliche Kollisionen unausweichlich.<br />

� Auffahren auf Stauende<br />

Unfälle mit regelmäßig schwersten Folgen ergeben sich beim ungebremsten Auffahren auf ein Stauende. Auswertungen<br />

der Geschwindigkeitsaufzeichnungen lassen hierbei in den meisten Fällen bis zum Aufprall keinerlei Geschwindigkeitsreduzierung<br />

erkennen. Insbesondere bei hohen Fahrgeschwindigkeiten und guten Sichtverhältnissen<br />

können hier nur kurz anhaltende Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite - also der klassische „Sekundenschlaf“ - nahezu<br />

ausgeschlossen werden. In diesen Fällen ist von massiven Wachheitsdefiziten auszugehen. In weiteren von Fahrern<br />

geschilderten Fällen kommt es im Kolonnenverkehr aufgrund minimaler Geschwindigkeitsdifferenzen, bei<br />

nachlassender Aufmerks<strong>am</strong>keit, zu leichten Auffahrunfällen. Unmittelbar nach dem Kontakt zum vorausfahrenden<br />

Fahrzeug wird der Fahrer wach, korrigiert, bremst und spricht meistens per Funk den vorausfahrenden Geschädigten<br />

an. Derartige “Fahrzeugkontakte“ bleiben in aller Regel vom vorausfahrenden Geschädigten auch nicht unbemerkt,<br />

so dass zur Schadensregulierung die nächste Haltemöglichkeit aufgesucht, aber meistens nicht die Polizei<br />

zur Unfallaufnahme hinzugezogen wird.<br />

51<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


� Manipulation der Kontrollgeräte<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Zur sicheren Überwachung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten, der Fahrtunterbrechungen/Pausen<br />

und Arbeitszeiten müssen grundsätzlich in gewerblich genutzten Fahrzeugen, die zum Gütertransport<br />

bestimmt sind und deren zulässige Höchstmasse mehr als 3,5 Tonnen beträgt bzw. bei Fahrzeugen zur Personenbeförderung<br />

mit mehr als acht Fahrgastplätzen Kontrollgeräte eingebaut und verwendet werden. Diese Kontrollgeräte<br />

unterliegen Überwachungs- und Bedienungspflichten durch Fahrer und Unternehmer als auch der Kontrolle<br />

diverser Behörden. Gewerblich genutzte Fahrzeuge, die grundsätzlich zum Gütertransport bestimmt sind und deren<br />

zulässige Höchstmasse mehr als 2,8 Tonnen und nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, unterliegen zwar auch<br />

den Sozialvorschriften, jedoch kann auf den Einbau und die Benutzung eines Kontrollgerätes verzichtet werden,<br />

wenn der Fahrer die o.g. Zeiten handschriftlich aufzeichnet.<br />

Wenn die vorgegebenen Ruhezeit- und Pausenkontingente unterschritten oder die Lenkzeit überschritten wird,<br />

steigt bei weiterer Teilnahme <strong>am</strong> Straßenverkehr das Unfallrisiko an. Unter den in § 2 Straßenverkehrsgesetz genannten<br />

persönlichen Voraussetzungen zur Teilnahme <strong>am</strong> Straßenverkehr ist eine ausreichende geistige und körperliche<br />

Leistungsfähigkeit Voraussetzung. Sie ist bei Unterschreiten der geforderten Ruhezeiten möglicherweise<br />

eingeschränkt.<br />

Körperliche Mängel, die die Fähigkeit, ein Fahrzeug sicher zu führen, ausschließen, führen zu einem Verlust der<br />

Eignung für den Straßenverkehr für die Dauer des Mangels. Eine durch die Arbeitsdauer oder Arbeitsbelastung<br />

bedingte Müdigkeit kann durch Ersatzhandlungen, Medik<strong>am</strong>ente oder etwa technisch unterstützende Fahrzeugeinrichtungen<br />

nicht wirks<strong>am</strong> aufgehoben und somit dieser Mangel nicht beseitigt werden. Wird gegen die gesetzlich<br />

festgelegten Mindest- oder Höchstmaße der Sozialvorschriften verstoßen, steigt mit dem Ausmaß des Fehlverhaltens<br />

auch das konkrete Unfallrisiko. Neben bußgeldrechtlichen Sanktionen hat der Fahrer die Untersagung seiner<br />

Weiterfahrt zu erwarten. Gerade bei den zahlreichen just in time-Verkehren stellt dies für Fahrer und Unternehmer<br />

ein wesentliches Betriebsrisiko dar. Ist der Lastkraftwagen zur Optimierung der Logistik nur Teil einer komplexen<br />

Transportkette, kann ein Ausfall terminliche Verzögerungen und dadurch erhebliche betriebliche Nachteile (Konventionalstrafen/Auftragsverlust<br />

etc.) auslösen. Die Ursachen von Termindruck und Terminknappheit können unter<br />

anderem in der Disposition, den verschärften Wettbewerbsbedingungen, den unzureichenden Durchflussleistungen<br />

der Straßen aufgrund starker Verkehrsbelastung oder Staus, sowie in technischen Defekten liegen.<br />

Steht der optimalen Ausnutzung gegebener Rahmenbedingungen die Beachtung der arbeitszeitrechtlichen Vorschriften<br />

im Wege, versuchen manche Fahrer und ggf. Unternehmer den Interessenkonflikt zum Nachteil der Verkehrssicherheit<br />

zu lösen. Entweder werden bei entsprechender Kontrolle ein Bußgeld und der polizeilich verfügte<br />

Zwangsstopp riskiert oder nach Möglichkeiten gesucht, die Aufzeichnungstechnik der Kontrollgeräte zu beeinflussen.<br />

Zwar sind zur Verbesserung der Manipulationssicherheit und Optimierung der Datenerfassung und -nutzung seit<br />

dem 01.05.2006 in alle Neufahrzeuge, die erstmals zum Straßenverkehr zugelassen werden und unter den Anwendungsbereich<br />

der fahrpersonalrechtlichen Vorschriften fallen, digitale Kontrollgeräte einzubauen. Derzeit verfügt<br />

jedoch noch der Großteil der bereits im Verkehr befindlichen Fahrzeuge über die herkömmliche Aufzeichnungstechnik,<br />

die für die unterschiedlichsten Fälschungstechniken und -handlungen anfällig ist.<br />

� Fazit<br />

Mangelnde Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keitsdefizite und Übermüdung sind herausragende Risikofaktoren für die Sicherheit<br />

im Straßenverkehr. Der Personen- und Güterverkehr nimmt hierbei wegen der Massenkräfte, des drohenden<br />

Schadensausmaßes und der transportbedingten Fahrzeiten eine herausragende Stellung ein.<br />

4.1.2.2 Überwachung durch die Gewerbeaufsichtsbehörde (Betriebskontrollen)<br />

Die Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien Städten über-prüfen u. a., ob die Entlohnung des<br />

Fahrpersonal abhängig von der zurückgelegten Strecke und/oder der Menge der beförderten Gütern ist und diese Zahlungen<br />

ggf. geeignet sind, die Sicherheit im Straßenverkehr zu gefährden und/oder gegen Regelungen der Sozialvorschriften zu<br />

verstoßen. Durch stichprobenweise Auswertungen der fahrerbezogenen Kontrollgeräteaufzeichnungen (z. B. Schaublätter,<br />

Ausdrucke digitaler Daten) bzw. Hand-Aufschriebe über einen längeren Zeitraum kontrollieren die Bediensteten der Gewerbeaufsicht,<br />

ob die Betriebe die Arbeit bzw. die Arbeitseinsätze der Fahrer so organisieren, dass die Bestimmungen über<br />

Lenk- und Ruhezeiten bzw. Fahrtunterbrechungen und Pausen sowie sonstige Arbeiten eingehalten werden können und ob<br />

das Fahrpersonal sich an die Regelungen der Sozialvorschriften hält. Neben den Kontrollen informiert die Gewerbeaufsicht<br />

52<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

auch die Arbeitgeber und Arbeitnehmer (z. B. Disponenten und Fahrpersonal) über die Vorschriften des Fahrpersonalrechts<br />

und gibt Hinweise zur richtigen Anwendung 16 .<br />

Betriebskontrollen in Omnibus- und Gütertransportbetrieben<br />

Im Jahr 2008 haben die 44 zuständigen Gewerbeaufsichtsbehörden in Baden-Württemberg im Rahmen von Betriebskontrollen<br />

insges<strong>am</strong>t 96 Omnibusunternehmen und 914 Gütertransportbetriebe überprüft. Dabei sind mehr als 250.000 Fahrtage<br />

von mehr als 4.000 Fahrerinnen/Fahrern ausgewertet worden. Die Kontrollen brachten folgendes Ergebnis:<br />

Kontrollen Personenverkehr Güterverkehr<br />

Überprüfte Betriebe<br />

Beanstandete Betriebe<br />

Überprüfte Fahrerinnen/Fahrer<br />

davon von Verstößen betroffen<br />

53<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg<br />

96<br />

60<br />

688<br />

153<br />

914<br />

612<br />

3.645<br />

1.828<br />

Festgestellte Verstöße Personenverkehr Güterverkehr<br />

Verstöße gegen Formvorschriften *<br />

Zulässige Lenkzeiten überschritten<br />

Fahrtunterbrechungen nicht eingehalten<br />

Ruhezeiten nicht eingehalten<br />

403<br />

116<br />

344<br />

270<br />

22.495<br />

12.346<br />

17.806<br />

12.362<br />

* Mängel beim Benutzen des Kontrollgeräts; fehlende bzw. unvollständige Fahrnachweise<br />

Das Ergebnis der Betriebskontrollen zeigte, dass insbesondere in den Güterverkehrsbetrieben das Fahrpersonal die zulässigen<br />

Lenkzeiten überschreitet und die Mindestruhezeiten nicht ausreichend einhält. Die hohe Anzahl an Formverstößen, wie<br />

beispielsweise das nicht ordnungsgemäße Betreiben des Kontrollgeräts, lässt die Vermutung zu, dass hierdurch versucht<br />

wird, Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeitvorschriften zu verbergen. Nachdem die Disposition der Arbeitseinsätze des Fahrpersonals<br />

durch die Betriebe verstärkt telefonisch erfolgt, werden den Bediensteten der Gewerbeaufsicht in der Regel keine<br />

aussagefähigen Dispositionsunterlagen vorgelegt. Verstöße, die zwar vom Fahrpersonal begangen worden sind, aber aufgrund<br />

einer unzureichenden Disposition nicht vermeidbar gewesen sind, können somit nur in Einzelfällen und mit einem<br />

erheblichen Auswertungsaufwand hinsichtlich der Aufzeichnungen (z. B. Schaublätter/Ausdrucke digitaler Daten) den Betrieben<br />

nachgewiesen werden. Auch bei der Überprüfung der Omnibusbetriebe wurden Verstöße gegen die Sozialvorschriften<br />

festgestellt. Dennoch war im Vergleich zu den Güterverkehrsbetrieben der Anteil an Feststellungen, bezogen auf die überprüften<br />

Betriebe bzw. das Fahrpersonal, gering.<br />

Ordnungswidrigkeitenverfahren im Fahrpersonalrecht im Jahr 2008<br />

Die Bußgeldstellen der Gewerbeaufsichtsbehörden in den Landratsämtern und kreisfreien Städten haben aufgrund der im<br />

Jahr 2008 übermittelten Meldungen und Anzeigen der Polizei, des Bundes<strong>am</strong>tes für Güterverkehr und der Gewerbeaufsichtsbehörden<br />

folgende Maßnahmen durch Verwaltungsverfahren getroffen:<br />

Maßnahmen Personenverkehr Güterverkehr<br />

Verwarnungen<br />

Bußgeldverfahren *<br />

15<br />

128<br />

1.209<br />

13.447<br />

* In Bußgeldverfahren gegen Unternehmer oder Disponenten werden regelmäßig mehrere Arbeitnehmer berücksichtigt,<br />

die z. B. aufgrund unzureichender Disposition gegen die Sozialvorschriften verstoßen haben.<br />

16 Hierzu hat das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg eine Informationsbroschüre<br />

„Sozialvorschriften für das Fahrpersonal im Straßenverkehr“ herausgegeben. Die Kurzinformation kann bei den Gewerbeaufsichtsbehörden<br />

angefordert oder direkt vom Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg, Postfach 10<br />

34 43, 70029 Stuttgart bezogen werden. Darüber hinaus steht sie unter<br />

http://www.sozialministerium-bw.de/de/Fahrpersonalrecht/84754.html zum Herunterladen zur Verfügung.


4.2 Bauliche Ansätze<br />

4.2.1. Verbesserung der Parkraumsituation<br />

4.2.1.1 Aus- und Neubauprogr<strong>am</strong>me<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Angesichts der prekären Situation vor allem auf den Parkplätzen der Tank- und Rastanlagen hat der Bund im Jahr 1995 ein<br />

Finanzierungsprogr<strong>am</strong>m in Höhe von 500 Mio. DM mit einer Laufzeit von 10 Jahren aufgelegt. Aus diesem Progr<strong>am</strong>m hat<br />

Baden-Württemberg allein knapp 80 Mio. DM (40 Mio. Euro) erhalten und d<strong>am</strong>it die Parkplätze von insges<strong>am</strong>t 10 Tank- und<br />

Rastanlagen umfassend ausgebaut. Im Jahre 2004 hat der Bund erneut ein Finanzierungsprogr<strong>am</strong>m in Höhe von 250 Mio.<br />

Euro, ebenfalls auf 10 Jahre aufgelegt. Auf der Basis dieses Progr<strong>am</strong>ms hat das Land ein zweites Ausbauprogr<strong>am</strong>m mit<br />

insges<strong>am</strong>t 17 Aus- und 2 Neubaumaßnahmen von Rastanlagen und einem Volumen von über 60 Mio. Euro begonnen. Mit<br />

einem weiteren Progr<strong>am</strong>m sollen bundesweit die Parkplätze an Autobahnen verdoppelt werden. Derzeit realisiert die Straßenbauverwaltung<br />

die Projekte dieses Progr<strong>am</strong>ms, wobei es verschiedene Faktoren gibt, die die Realisierung erschweren.<br />

Es liegt nicht an den finanziellen Mitteln. Diese Mittel stellt der Bund seit über 10 Jahren im erforderlichen Umfang bereit.<br />

Zum einen sind die Abstimmungsprozesse mit der Tank & Rast, der Betreibergesellschaft der Tankstellen, Raststätten und<br />

Motels schwierig und teilweise zeitaufwändig. Beim umfassenden Ausbau der Rastanlagen muss die Tank & Rast häufig ihre<br />

Betriebe an anderer Stelle des Standortes neu bauen. Sie tat sich in den letzten Jahren jedoch teilweise schwer, die notwendigen<br />

Investitionen rechtzeitig zu tätigen. Zum anderen zwischen Bund und Land, denn die Planungen sind sehr komplex<br />

und bedürfen einer intensiven und mehrstufigen Abstimmung.<br />

4.2.1.2 Durchsetzbarkeit<br />

Der Aus- und Neubau von Rastanlagen ist immer mit dem Bau großer LKW-Parkbereiche verbunden. Wenn ein derartiges<br />

Projekt bekannt wird, regt sich in der Regel sofort der Widerstand von Bürgern benachbarter Wohngebiete, z.B. wegen<br />

vermuteten Lärmbeeinträchtigungen oder wegen befürchteter Zunahme der Kriminalität, aber auch der Widerstand der Natur-<br />

und Umweltschutzverbände, z.B. wegen der Versiegelung der Landschaft. In Planfeststellungsverfahren gibt es in der<br />

Regel Einsprüche und Verzögerungen durch langjährige Gerichtsverfahren (aktuelles Beispiel: Die Straßenbauverwaltung<br />

plant schon seit Jahrzehnten den Bau einer Tank- und Rastanlage im südlichen Bereich der A 96. Sie hat dann den Planfeststellungsbeschluss<br />

für den Bau der Rastanlage „Argental“ bei Wangen erwirkt. Der Verwaltungsgerichtshof hat auf Grund<br />

einer Klage des BUND den ges<strong>am</strong>ten Planfeststellungsbeschluss außer Kraft gesetzt mit der Folge, dass die Straßenbauverwaltung<br />

im südlichen Bereich der A 96, soweit Rastanlagen betroffen sind, wieder von vorne beginnen muss).<br />

4.2.1.3 Weitere Aktivitäten zur Verbesserung der Parkraumsituation<br />

� Pilotprojekt zum telematisch gesteuerten LKW-Parken auf Tank- und Rastanlagen<br />

Auf der Rastanlage „Montabaur“ an der Autobahn A 3 hat die Straßenbauverwaltung (SBV) Rheinland-Pfalz in Abstimmung<br />

mit dem Bund ein Pilotprojekt zum telematisch gesteuerten LKW-Parken realisiert. Dabei wurde die Aufgliederung<br />

des LKW-Parkraums so verändert, dass sich die Lastkraftwagen hintereinander, entsprechend ihrer Abfahrtszeit<br />

aufstellen können. Lastkraftwagen mit Kühlaggregaten und Busse werden jeweils in getrennte Parkspuren<br />

eingewiesen. Die Zuweisung der jeweiligen Parkfläche erfolgt durch ein komplexes Software-System in Verbindung<br />

mit in den Stellflächen eingelassenen Sensoren. Die Parkvorgänge müssen rund um die Uhr von ein bis<br />

zwei Personen überwacht werden. Der vom Bund angeforderte Abschlussbericht über dieses Pilotprojekt liegt<br />

noch nicht vor. Sobald dies erfolgt ist, wird sich auch die SBV Baden-Württemberg mit den Realisierungsmöglichkeiten<br />

eines derartigen Projektes in Baden-Württemberg befassen.<br />

� Umwidmung von Parkplätzen<br />

Parkplätze für Personenwagen auf Autobahnrastanlagen sollten nachts mindestens teilweise für Lastkraftwagen<br />

verfügbar gemacht werden. Auch die Errichtung von Parkhäusern für Personenwagen würde die Autobahnparkplätze<br />

entlasten und weitere Parkflächen für Lastkraftwagen freimachen.<br />

54<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


� Einrichtung von Verkehrsleitsystemen<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Mittelfristig ist auch daran gedacht, Leitsysteme zur <strong>Steuer</strong>ung des LKW-Parkverkehrs einzurichten. Solange jedoch<br />

noch flächendeckend entlang der Transit-Achsen eine derart starke Überbelegung der Parkplätze besteht,<br />

sieht der Bund noch keinen Ansatz für den Einsatz derartiger Systeme.<br />

� Aktivitäten der Autohofbetreiber<br />

Parallel zu den Rastanlagen der Autobahn hat sich im Einzugsbereich der Autobahnen das System der Autohöfe<br />

mit ihren großen LKW-Parkplätzen entwickelt. Autohöfe sind eine sinnvolle Ergänzung unseres Rastanlagensystems<br />

an der Autobahn. Allerdings verlangen die Autohofbetreiber zwischenzeitlich Entgelte, was zu einer teilweisen<br />

Zurückverlagerung der Lastkraftwagen auf die Rastanlagen an der Autobahn führt. Mit der fehlenden Mineralölsteuer-Harmonisierung<br />

auf EU-Ebene und den d<strong>am</strong>it verbundenen Umsatzrückgängen und Einkunftseinbußen<br />

wird es in Zukunft kaum noch reizvoll sein, weitere Autohöfe zu bauen.<br />

Seitens des Verbandes der Autohöfe (VEDA) bestehen mittlerweile Überlegungen, auf dem Gelände vorhandener<br />

Autohöfe kurzfristig zusätzliche LKW-Parkplätze zu schaffen, die von dritter Seite (nach den Vorstellungen des<br />

VEDA vom Bund) finanziert werden sollen. Diesem Vorschlag liegt folgende Überlegung zu Grunde: Wegen der<br />

günstigeren Baurechtssituation bei der Errichtung von Autohöfen (Realisierung auf der Basis von Vorhabens- bzw.<br />

Erschließungsplänen von Gemeinden) sind Autohofbetreiber in der Lage, schneller zusätzlichen Parkraum für<br />

Lastkraftwagen zu schaffen. Im Gegensatz dazu sind bei der Erweiterung oder beim Neubau von Rastanlagen an<br />

der Autobahn teilweise sehr zeitaufwändige Planfeststellungsverfahren notwendig. Der VEDA hat diesen Vorschlag<br />

dem Bund vorgetragen.<br />

Lastkraftwagenfahrer berichten, dass entlang der italienischen Autobahnen viele kleinere Parkplätze für zwei bis<br />

drei Lastkraftwagen eingerichtet wurden, dabei sind die Parkflächen von der Einfahrspur weg – oft hinter einem<br />

Lärmschutzwall - auf einer zweiten Spur parallel zur Autobahn eingerichtet.<br />

� Parkplätze mit Discountgeschäften an der Autobahn<br />

Lastkraftwagenfahrer haben angeregt, Parkplätze mit rund um die Uhr geöffneten Discountgeschäften an der Autobahn<br />

einzurichten. Die Fahrer könnten preisgünstig einkaufen und dort ihre Ruhezeit verbringen.<br />

� Parkplätze in Industrie- und Gewerbegebieten<br />

Durch die just in time-Lieferungen können Betriebe ihre Lagerflächen reduzieren bzw. wird das Lager der Betriebe<br />

auf die Straße (den Lastkraftwagen) verlegt. In diesem Zus<strong>am</strong>menhang sollte geprüft werden, ob in Bebauungsplänen<br />

von Industrie- und Gewerbegebieten eine entsprechende Anzahl von LKW-Parkplätzen ausgewiesen werden<br />

kann. Betreiber von Parkplätzen in Autobahnnähe könnten gebeten werden, nachts leer stehende Parkplätze<br />

für die Übernachtung von Lastkraftwagenfahrern zur Verfügung zu stellen. Zumindest sollte darüber nachgedacht<br />

werden, ob Parkmöglichkeiten für Lastkraftwagen in Industrie- und Gewerbegebieten grundsätzlich zugelassen<br />

werden können.<br />

4.2.1.4 Möglichkeiten zur Verringerung der Lärmbelastung für Lastkraftwagenfahrer,<br />

planerische Ansätze<br />

� Ausrichtung der Parkflächen für Lastkraftwagen<br />

Das Land Baden-Württemberg versucht, die Stellplätze für Lastkraftwagen zur Fläche hin, das heißt von der Autobahn<br />

abgewandt, auszurichten, Wenn die dazu notwendige Fläche vorhanden ist (Beispiel: Rastanlage Baden-<br />

Baden).<br />

� Ausrichtung der Fahrerkabinen von der Autobahn weg<br />

Die meisten Parkflächen für Lastkraftwagen werden über eine sogenannte Doppelharfe angefahren. Dadurch können<br />

beim einmaligen Durchfahren alle Parkstände erfasst werden (Beispiel: Rastanlage „Im Hegau - Ostseite“).<br />

Diese Lösung benötigt auch die geringste Fläche. Wo es flächenmäßig möglich ist, versucht das Land, die Parkstände<br />

so anzuordnen, dass die Fahrerkabinen von der Autobahn abgewandt sind (Beispiel „Kraichgau“: Wegen<br />

der räumlichen Beengtheit auf der Nordseite sollen alle Parkflächen auf der Südseite angeordnet werden). Geplant<br />

war für diesen Parkplatz die Lösung mit der Doppelharfe. Im Hinblick auf die Belange der Lastkraftwagenfahrer<br />

55<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

wurde die Planung jedoch überarbeitet, so dass es zumindest bei den drei autobahnnahen Parkreihen möglich ist,<br />

das Fahrzeug mit der Fahrerkabine abgewandt von der Autobahn zu parken.<br />

� Lärmschutzmaßnahmen zwischen Autobahnen und Rastanlagen<br />

Rastanlagen sind rechtlich gesehen Bestandteil der Autobahn und müssen deshalb grundsätzlich nicht mit einem<br />

entsprechenden Schutz gegen den Verkehrslärm der Autobahnen versehen werden. Wie die Lärmmessungen des<br />

Ministeriums für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg jedoch gezeigt haben (siehe<br />

Kapitel 3.2.1), wären entsprechende Maßnahmen im Bereich der Parkanlagen für Lastkraftwagen notwendig.<br />

Erst in letzter Zeit wurde es vom Bund ermöglicht, Lärmschutzeinrichtungen zwischen Autobahn und Rastanlage<br />

auf Kosten des Bundes zu realisieren. Zusätzlich versucht das Land teilweise, durch Geländemodellierung oder<br />

auch durch Anordnung von „Sichtschutzwällen“ einen gewissen Lärmschutz für die Nutzer der Rastanlage, insbesondere<br />

der Parkplätze zu erreichen.<br />

� Gesetzesänderungen<br />

Da die Fahrer von Lastkraftwagen mangels Alternativen auf die Autobahnparkplätze als Übernachtungsmöglichkeit<br />

angewiesen sind, muss die Situation dort verbessert werden. Der Bund sollte sich im Interesse der Verkehrssicherheit<br />

und des legitimen Anspruchs der Lastkraftwagenfahrer auf einen ausreichenden Lärmschutz während der<br />

Ruhezeiten (Grundrecht auf Gesundheit und körperliche Unversehrtheit) zu einer Gesetzesänderung entschließen.<br />

Ziel muss ein ausreichender Lärmschutz für Lastkraftwagenfahrer während ihrer Ruhe- und Pausenzeiten sein.<br />

Stromanschlüsse für Kühlfahrzeuge<br />

Der Lärm, der von den Kühlaggregaten der Kühlfahrzeuge ausgeht, wirkt sich nicht nur nachteilig auf benachbarte<br />

Wohngebiete, sondern auch auf die Nutzer der Rastanlage selbst aus. Das Land hat bei einigen Rastanlagen spezielle<br />

Stromanschlüsse für Kühllastkraftwagen eingerichtet. Aufgrund der Kosten werden die Anschlüsse jedoch<br />

sehr selten genutzt. Die Bereitstellung von gesonderten Parkflächen für Kühllastkraftwagen und Viehtransporte<br />

würde durch eine räumliche Trennung die Lärmbelastung für andere Fahrer reduzieren.<br />

4.2.1.5 Zus<strong>am</strong>menfassung<br />

� Der Straßengüterverkehr nimmt - nicht zuletzt durch die Erweiterung der Europäischen Union - zu.<br />

� Der stetigen Zunahme des Güterkraftverkehrsaufkommens wurde bisher nur unzureichend Rechnung getragen. Es<br />

fehlen auf den Autobahnen gegenwärtig ausreichend geeignete Park- und Rastanlagen, auf denen die Fahrer unter<br />

sicheren, hygienischen und möglichst lärmarmen Bedingungen ihre Pausen- und Ruhezeiten verbringen können.<br />

� Die Straßenbauverwaltungen von Bund und Ländern unternehmen erhebliche finanzielle und personelle Anstrengungen,<br />

um das Kapazitätsproblem zumindest einigermaßen zu verbessern. Dies geschieht durch die Realisierung<br />

von Projekten im Rahmen von Aus- bzw. Neubauprogr<strong>am</strong>men und den Einsatz neuer Technologien. So soll die<br />

Zahl der Parkplätze für Lastkraftwagen an den Autobahnen in Baden-Württemberg in den nächsten Jahren verdoppelt<br />

werden.<br />

� Gleichzeitig wird versucht, durch planerische Ansätze den Belangen der Lastkraftwagenfahrer gerecht zu werden.<br />

� Um den zunehmenden Schwierigkeiten zu begegnen, müssen Straßenbauverwaltung, Transportgewerbe und<br />

Wirtschaft intensiv zus<strong>am</strong>menarbeiten.<br />

4.2.2 Autobahnplanung<br />

Bereits die Erhaltung der bestehenden Bundesautobahnen und Bundesstraßen erfordert hohe weitere Investitionen. Der<br />

Bundesverkehrswegeplan geht davon aus, dass 1.500 km Fahrstreifen auf Autobahnen und mindestens 3.700 km Fahrbahnen<br />

der Bundesstraßen dringend erhaltungsbedürftig sind. 40% der Fahrbahndecken im Bundesgebiet müssten in den<br />

kommenden zehn Jahren erneuert werden. Ebenso sind 15% der Bauwerke wie z. B. Brücken renovierungsbedürftig. Baden-Württemberg<br />

ist dabei überdurchschnittlich betroffen. Der Autobahnausbau im Land muss weiter vorangetrieben wer-<br />

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Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

den. Hohe Finanzierungsaufwendungen werden deshalb in den nächsten Jahren notwendig sein, um die Situation auf den<br />

Fernstraßen im Land zu verbessern.<br />

4.3 Organisatorische Ansätze<br />

4.3.1 Gesellschaftliche Ansätze<br />

Angesichts der beschriebenen Markt- und Verkehrsentwicklungen, den zunehmenden Belastungen und den daraus resultierenden<br />

gesundheitlichen und finanziellen Folgen für viele Fahrer einschließlich der bestehenden Defizite im Bereich der<br />

Arbeitssicherheit (siehe Kapitel 3.1) und Arbeitsmedizin ist das Ergreifen verschiedener Maßnahmen dringend erforderlich.<br />

Dazu gehört<br />

� die Situation der Fahrer ist stärker ins öffentliche Bewusstsein zu rücken,<br />

� die Präventionsbemühungen um Gesundheit und Sicherheit auf allen Ebenen sind zu verstärken,<br />

� die Leistungen des Transportberufes im gesellschaftlichen Gefügemuss mehr Wertschätzung erfahren,<br />

� arbeitsbedingte organisatorischer Belastungen, die zu einer Herabsetzung der Aufmerks<strong>am</strong>keit von Lastkraftwagenfahrer<br />

beitragen, müssen systematisch erfasst und abgebaut werden,<br />

� die logistischen Planungsinstrumente der Fuhrunternehmen müssen untersucht und optimiert werden,<br />

� die gesetzlichen Regelungen zur Verminderung arbeitsplatz- und berufsspezifischer Risikofaktoren der Fahrer sind<br />

zu überprüfen und zu verbessern.<br />

4.3.2 Planung von Fahrzeiten, Fahrtunterbrechungen/Pausen und Ruhezeiten<br />

Wichtig für Organisationsverbesserungen im Betrieb ist der Aufbau einer guten betrieblichen Kommunikation, um Abläufe<br />

reibungsloser zu gestalten und das Betriebsklima zu verbessern. Ansätze hierzu sind regelmäßige Mitarbeitergespräche,<br />

Qualitätszirkel und/oder Gesundheitszirkel.<br />

Telematiksysteme zur Flottenplanung, die dem Disponenten Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, Standort der Lastkraftwagen<br />

und Wartungsintervalle der Fahrzeuge anzeigen, gibt es schon auf dem Markt. Ebenso sollten spezielle Navigationssysteme<br />

für Lastkraftwagen entwickelt werden, die z.B. Brückenhöhen, Brückentragfähigkeiten, Fahrverbote für Lastkraftwagen,<br />

Umweltzonen und Rastmöglichkeiten - auch in Industriegebieten - anzeigen.<br />

Die Entwicklung und der Einsatz geeigneter Softwaresysteme für die Disposition wie auch für die Fahrtplanung des Lastkraftwagenfahrers<br />

- auch in Kombination mit vorhandenen Mautüberwachungssystemen - wird in der Zukunft sicher noch<br />

weiter vorangetrieben werden. Um dem Fahrer eine Vorausplanung seiner Lenk- und Ruhezeiten zu erleichtern, wäre auch<br />

eine Belegungsanzeige von LKW- Parkanlagen auf der Autobahn wichtig. .<br />

Die Fahrer haben, entsprechend den gesetzlichen Vorgaben, folgende Pflichten:<br />

� Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten,<br />

� Mitführen von Schaublättern und/oder Fahrerkarte,<br />

� Abgabe nicht mehr mitführungspflichtiger Nachweise beim Unternehmer,<br />

� Sorge für einwandfreies Funktionieren und ordnungsgemäße Benutzung des Kontrollgerätes und ggf. der Fahrerkarte,<br />

� Aufbewahren von Belegen zu Sanktionen bis zur Verjährung,<br />

� Mitteilung mehrerer Beschäftigungsverhältnisse.<br />

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Die Unternehmer haben folgende Pflichten:<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� Überwachung des Fahrpersonals und Unterbinden von Zuwiderhandlungen,<br />

� ordnungsgemäße Fahrerdisposition, bei der auch Stauzeiten u. ä. einkalkuliert sind,<br />

� Aushändigen einer ausreichenden Anzahl zum Kontrollgerät zugelassener Schaublätter,<br />

� Bereitstellen von Papier zum Ausdruck beim digitalen Kontrollgerät,<br />

� Aufbewahren von Schaublättern und Ausdrucken, Datendownload und Datenspeicherung inklusive Sicherungskopie<br />

für 1 Jahr, ggf. länger,<br />

� Erteilen von Auskünften und Vorlage von Unterlagen auf Verlangen der Behörde,<br />

� Schulung von Fahrern und Disponenten,<br />

� Erstellen von Gefährdungsbeurteilungen nach Arbeitsschutzgesetz und von Betriebsanweisungen, Belehrung der<br />

Fahrer über Gesundheitsgefahren und deren Vermeidung.<br />

4.3.3 Eignungsuntersuchung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV)<br />

und Vorsorgeuntersuchung nach dem BG-Grundsatz 25<br />

In § 11 der Fahrerlaubnisverordnung wird ausgeführt, dass Bewerber um eine Fahrerlaubnis die notwendigen körperlichen<br />

und geistigen Anforderungen erfüllen müssen. Bewerber um die Erteilung oder Verlängerung einer Fahrerlaubnis für Lastkraftwagen<br />

müssen zur Feststellung ihrer Eignung einen Nachweis nach Anlage 5 zur Fahrerlaubnisverordnung vorlegen.<br />

Dazu müssen sie durch körperliche Untersuchung feststellen lassen, ob Erkrankungen vorliegen, die Eignung oder bedingte<br />

Eignung zum Führen eines Lastkraftwagens ausschließen. Lastkraftwagenfahrer müssen alle fünf Jahre einen Nachweis<br />

gemäß dem Muster der Anlage 5 der FeV über die Vorsorgeuntersuchung vorlegen, um die Fahrerlaubnis zu erhalten oder<br />

verlängern zu lassen. Fahrer von Kleinlastern werden nach einer Erstuntersuchung erst im Lebensalter von 50 und 60 Jahren<br />

nachuntersucht.<br />

In der Regel werden folgende Untersuchungen durchgeführt:<br />

- An<strong>am</strong>nese: Körperbehinderungen, Gehör, Schlafstörungen, Diabetes, Bluthochdruck, Herzerkrankungen, Asthma,<br />

Adipositas, Medik<strong>am</strong>enten- und Drogenan<strong>am</strong>nese, neurologische und psychiatrische An<strong>am</strong>nese.<br />

- Untersuchung: Körpergröße, Gewicht, Blutdruck, Puls, Zucker und Eiweiß im Urin, Flüstersprache, Sehtest mit<br />

Beurteilung der zentralen Tagessehschärfe und der Blendempfindlichkeit durch eine Sehteststelle, bei Mängeln ein<br />

augenfachärztliches Gutachten.<br />

Stellt sich der Verdacht auf Schlafstörungen, so können weitere Untersuchungen gemacht werden, z.B.<br />

- Tagesschläfrigkeit: ESS ( Epworth Sleepiness Scale) und SSS ( Stanford Sleepiness Scale)<br />

- Beurteilung der Schlafqualität: PSQI (Pittsburgh Sleep Quality Index)<br />

- Beurteilung des Tagesbefindens und der Wahrscheinlichkeit von Schlafatemstörungen: Flemons-<br />

Fragebogen, Schlaftagebuch (Tag-Nacht-Protokoll) zur Beurteilung des Schlafeintrittes, der Schlafeffizienz,<br />

der Aufwachereignisse und des Befindens-Screening auf Schlafapnoe.<br />

Fragebögen geben Hinweise auf Schlafstörungen, sind aber manipulierbar. Zur Beurteilung einer Tagesschläfrigkeit<br />

werden deshalb folgende Tests erwogen:<br />

- Corporal-Test (Vistec), Pupillographie (PST) und Fahrsimulator. Bei Verdacht auf Schlafstörungen ist eine<br />

polysomnographische Untersuchung im Schlaflabor notwendig. Bei Schlafstörungen mit Tagesschläfrigkeit<br />

führt eine Behandlung in den meisten Fällen zu einer Verbesserung des Wachheitszustandes.<br />

Eine Liste von Funktionsstörungen, welche die Fahreignung beeinflussen, findet sich in der Anlage 4 der FeV. Neu hinzu<br />

gekommen sind hierbei Schlafstörungen mit messbarer Tagesschläfrigkeit, die unbehandelt die Eignung zum Führen eines<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Lastkraftwagens verhindern. Nach Behandlung von Schlafstörungen kann der Fahrer geeignet sein, einen Lastkraftwagen zu<br />

führen, wenn regelmäßig nachgewiesen wird, dass keine Tagesschläfrigkeit vorliegt.<br />

Eine Nichteignung oder beschränkte Eignung wird bescheinigt bei<br />

- dauernder oder wahrscheinlich progressiver Leistungsminderung,<br />

- erhöhtem Risiko eines plötzlichen Leistungsverlustes oder Ablenkung der Aufmerks<strong>am</strong>keit,<br />

- mangelndem Sehvermögen,<br />

- Schwerhörigkeit,<br />

- Bewegungsbehinderungen,<br />

- Krankheiten des Nervensystems, des Rückenmarks und der neuromuskulären Peripherie, Parkinson, kreislaufabhängige<br />

ZNS-Störungen, Hirnschäden, -verletzungen, -operationen, Anfallsleiden,<br />

- psychischen Störungen, organischen Psychosen, chronischen hirnorganischen Psychosyndromen, Demenz,<br />

Intelligenzstörungen, affektiven und schizophrenen Psychosen,<br />

- Alkohol- und Betäubungsmittelmißbrauch,<br />

- Herz- und Gefäßkrankheiten, Herzrhythmusstörungen, hoher/niedriger Blutdruck, Hypotonie, Herzinsuffizienz,<br />

Angina pectoris, peripheren Gefäßkrankheiten,<br />

- Diabetes mellitus,<br />

- Nierenkrankheiten,<br />

- Organtransplantationen,<br />

- Schlafapnoe,<br />

- Lungen- und Bronchialerkrankungen.<br />

Dem Fahrer wird eine Bescheinigung über das Untersuchungsergebnis mitgegeben.<br />

Zusätzlich können Lastkraftwagenfahrer nach dem berufsgenossenschaftlichen Grundsatz für arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchungen<br />

G 25 (Fahr-, <strong>Steuer</strong>- und Überwachungstätigkeiten) arbeitsmedizinisch untersucht werden. Die Untersuchung<br />

ist für Arbeitgeber und Arbeitnehmer freiwillig. Bei dieser Screeninguntersuchung mit vorgegebenem Inhalt werden<br />

nur visuell erkenn- und messbare gesundheitliche Einschränkungen erfasst, die zu einer Einschränkung der Fahrtüchtigkeit<br />

führen.<br />

Außerdem muss geprüft werden, ob Untersuchungen nach der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge erforderlich<br />

sind. Zusätzlich wäre es sinnvoll, Vorsorgeuntersuchungen entsprechend der Leitlinie Nacht- und Schichtarbeit anzubieten 17<br />

und zusätzlich auf muskuloskelettale Erkrankungen zu untersuchen. Die Arbeitnehmer sollten über die bestehenden Probleme<br />

und Abhilfemaßnahmen im Rahmen eines betrieblichen Gesundheitsmanagements beraten werden.<br />

4.4 Technische Ansätze<br />

Lastkraftwagenfahrer werden durch die Technisierung der großen Nutzfahrzeuge, z.B. durch Servosysteme, Speed Controll<br />

oder Automatikgetriebe körperlich entlastet (Florian 1993). Schwingungsbelastungen der Wirbelsäule haben sich durch<br />

verbesserte Fahrwerke und gut ausgebaute Straßen in den letzten Jahren verringert (Fischer et alii 2006). Eine deutliche<br />

Verbesserung des Unfallschutzes verspricht man sich in Zukunft von neuentwickelten Fahrerassistenzsystemen.<br />

17 Die Leitlinie ist unter der Adresse http://www-dgaum.med.uni-rostock.de/leitlinien/nacht_schicht.htm im Internet zu finden.<br />

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4.4.1 Fahrerassistenzsysteme<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Der technische Unfallschutz hat sich seit langem im Arbeitsschutz bewährt, weil er von der Mitwirkung des Arbeitnehmers<br />

unabhängig ist. Der Gedanke liegt deshalb nahe, durch Sekundenschlaf und Unaufmerks<strong>am</strong>keit bedingte Unfälle technisch<br />

mit Hilfe von selbständig eingreifenden Fahrerassistenzsystemen zu verhindern. Fahrerassistenzsysteme können allerdings<br />

Gesundheitsschäden durch Stress oder mangelnden und gestörten Schlaf nicht beeinflussen. Sie lösen also nur einen Teil<br />

des Problems.<br />

Alle n<strong>am</strong>haften Nutzfahrzeughersteller haben Fahrerassistenz- bzw. Sicherheitssysteme entwickelt, welche die Aufgabe<br />

haben, Unfälle zu vermeiden oder zumindest die Unfallfolgen zu minimieren. Fahrerassistenzsysteme unterstützen (informieren<br />

und warnen) in allen gefährlichen Situationen und greifen teilweise sogar in die Fahrdyn<strong>am</strong>ik ein. Viele dieser Systeme,<br />

wie z. B. das Antiblockiersystem ABS, die Anfahrschlupfregelung ASR, das Elektrische Stabilitätsprogr<strong>am</strong>m ESP, der<br />

Bremsassistent BAS, der Abstandsregeltempomat AST, der Notbremsassistent, der Spurverlasswarner, der<br />

Aufmerks<strong>am</strong>keitserkenner, der Totwinkelassistent sind in den heutigen modernen Nutzfahrzeugen in Serie oder als Sonderausstattung<br />

erhältlich. Weitere, wie der Nachtsichtassistent, der adaptive Fernlichtassistent, der Ausweichassistent und viele<br />

mehr werden momentan in der Automobilindustrie weiterentwickelt und erprobt.<br />

Da die Ausgestaltungen dieser Systeme, vor allem aber auch die Bedienung sowie die Mensch-Maschine-Schnittstelle,<br />

herstellerabhängig sind, würde es den Rahmen dieses Berichts sprengen, noch mehr in die Tiefe zu gehen. Nähere Angaben<br />

findet man auf den Homepages der Wikipedia und BG Verkehr 18 . Das Allianz Zentrum für Technik stellte fest, dass<br />

abstandsgeregelte Tempomaten insges<strong>am</strong>t etwa 24%, auf Autobahnen 70% der schweren LKW-Unfälle verhindern könnten.<br />

Zurzeit bestehen nach Fahrerangaben sowie der Literatur (Wikipedia 2009, BGF 2009) teilweise noch folgende Probleme bei<br />

Bremsassistenten und Spurhalteassistenzsystemen:<br />

� Bei eingestelltem vorgeschriebenem Sicherheitsabstand kann die akustische Warnung, die das Gerät abgibt, den<br />

Fahrer stören, ohne dass er sie selbst durch seine Fahrweise verhindern kann, wenn z. B. andere Verkehrsteilnehmer<br />

vor ihm einscheren oder beim Spurhalteassistenten geparkte Autos in der Stadt stören.<br />

� Abstandsregelungstempomaten bremsen bisher nur bei sich bewegenden Hindernissen selbsttätig ab. Bei stehendem<br />

Hindernis muss der Fahrer abbremsen.<br />

Lösungen dafür sind hier schon vorhanden bzw. entwickelt worden. Da bisher nur 6% der Lastkraftwagen über fortgeschrittene<br />

Assistenzsysteme verfügen 19 , wäre es wünschenswert, wenn der Einbau geeigneter Sicherheitssysteme zum Schutze<br />

der Fahrer vor Unfällen für Lastkraftwagen vorgeschrieben würde, die auf Straßen in der Europäischen Union fahren. Sinnvoll<br />

sind auch unterstützende EDV-Angebote, wie z. B. Homepages mit Informationen über Parkplätze, Informationen über<br />

notwendige Ruhepausen etc. Telematiksysteme können durch Anzeige der Parkplatzbelegung die Suche nach einem Parkplatz<br />

erleichtern.<br />

4.4.2 Kabinenausstattung<br />

Die Fahrerkabine muss dem LKW-Fahrer oft für längere Zeit das Zuhause ersetzen. Vielfach ist sie mit Kühlschrank, Tiefkühlfach,<br />

Kochmöglichkeit, Computer, Fax und Telefon ausgestattet. Eine persönliche Einrichtung erhöht die Möglichkeit,<br />

sich in der Kabine wohl zu fühlen. Eine Klimaanlage verhindert Schläfrigkeit durch hohe Kabinentemperaturen. Fahrer berichten<br />

oft, dass der Kühlschrank zu klein dimensioniert ist, um Vorräte für eine Woche aufzunehmen. Angesichts der für die<br />

Fahrer oft zu teuren Einkaufsmöglichkeiten und Einkehrmöglichkeiten während der Fahrt sind sie so auf Lebensmittel angewiesen,<br />

die außerhalb des Kühlschranks gelagert werden können. Größer dimensionierte Kühlschränke/Tiefkühlschränke<br />

und Mikrowelle würden die Ernährungssituation der Fahrer verbessern und es auch ermöglichen, z. B. warme Mahlzeiten im<br />

LKW einzunehmen. Die Schlafqualität in der Kabine ist von folgenden Faktoren abhängig:<br />

18 Bei Wikipedia gibt es Informationen unter derAdresse http://de.wikipedia.org/wiki/Fahrerassistenzsystem.<br />

Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr, früher BGF) Bundesverband Güterkraftverkehr Logistik und<br />

Entsorgung (BGL) e.V. und die KRAVAG (R+V Versicherungsgruppe) unterhalten eine gemeins<strong>am</strong>e homepage http://www.fahrerassistenz-systeme.de<br />

mit aktuellen Informationen über Fahrerassistenzsysteme.<br />

19 Quelle: http://www.spiegel.de Ausgabe vom 11.9.2007<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� Standklimatisierung der Ges<strong>am</strong>tkabine oder im Schlafbereich,<br />

� Standheizung,<br />

� Lärmdämmung,<br />

� Lichtschutz,<br />

� Stabilität der Kabine gegen Vibrationen,<br />

� Elektrischer Betrieb von Kälteaggregaten statt Betrieb durch Verbrennungsmotor auf dem Parkplatz,<br />

� optimale Schwingungseigenschaften und Aufhängung des Bettes,<br />

� Lattenrost statt Brett als Schlafunterlage,<br />

� Verstellbarer Kopf- und Fußteil des Bettes,<br />

� Sicherheit des LKW vor Einbruch.<br />

Während Standheizungen für LKW tarifvertraglich für Fernfahrer vorgeschrieben sind, ist dies für Standklimaanlagen noch<br />

nicht der Fall. Fahrer berichten häufig über Schlafstörungen im Sommer, wenn <strong>am</strong> Tag bei hohen Außentemperaturen übernachtet<br />

werden muss. Das Öffnen des Fensters erhöht die Lärmbelastung und die Überfallgefahr. Hier sollte eine Standklimatisierung<br />

vorgeschrieben werden.<br />

4.4.3 Vorrichtungen zum Heben und Tragen von Lasten<br />

Hebebühnen, Kräne, Ameisen, Sackkarren und Stapellader erleichtern den Transport von Waren und entlasten die Wirbelsäule.<br />

Gemäß Lastenhandhabungsverordnung muss ihr Einsatz geprüft und wenn nötig verwirklicht werden.<br />

4.5 Personenbezogene Ansätze<br />

4.5.1 Informationsk<strong>am</strong>pagnen<br />

4.5.1.1 Informationsveranstaltungen der Polizei<br />

Die körperliche Leistungsfähigkeit als zwingende Voraussetzung zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs ist unterschiedlichsten<br />

Einflüssen ausgesetzt. Die bisherigen Möglichkeiten, die tatsächliche und momentane personale Leistungsfähigkeit<br />

zu optimieren, sind begrenzt. Zur Verringerung des müdigkeitsbedingten Sicherheitsrisikos setzt die Polizei deshalb vorrangig<br />

auf Information und Aufklärung.<br />

Mit der Aktion „Gib Acht im Verkehr“ und der darin eingebetteten Sicherheitspartnerschaft mit Verbänden des badenwürttembergischen<br />

Verkehrsgewerbes wurde eine Informationsplattform mit dem Ziel der wirks<strong>am</strong>en Unfallbekämpfung<br />

geschaffen. Die Polizei bietet, unterstützt von zahlreichen Trägern der gesellschaftlichen Verkehrssicherheitsarbeit wie<br />

BADS, ADAC, Landesverkehrswacht, TÜV oder DEKRA, DocStop und Landesgesundheits<strong>am</strong>t im Rahmen von Trucker-<br />

Treffs, Messen, dem jährlichen Landes-Tag der Verkehrssicherheit, Sicherheitstagen und anderen, der Zielgruppe offensiv<br />

das erforderliche Hintergrundwissen, insbesondere zur Müdigkeitsproblematik, an. Hierzu werden unter anderem überregionale<br />

und örtlich initiierte Präventionsaktionen auf Fernreiserouten, an Landstraßen, in Firmenarealen oder an Rastplätzen<br />

angeboten. Solange jedoch eindeutige und gerichtsfeste Indikatoren zur Feststellung des Wachheits- oder Müdigkeitsgrades<br />

fehlen, sind die Belange der Verkehrssicherheit umso mehr der individuellen Sorgfaltspflicht und persönlichen Einschätzung<br />

der Kraftfahrer als auch der Unternehmer überantwortet.<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

4.5.1.2 Informationsschriften<br />

Die Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft (BG Verkehr) bietet Informationen zur Gesundheitsförderung<br />

für LKW-Fahrer und Busfahrer an. Das Landesgesundheits<strong>am</strong>t Baden-Württemberg im Regierungspräsidium Stuttgart bietet<br />

Flyer zur Vigilanz, Ernährung und Hypertonie an. Geplant sind gemeins<strong>am</strong>e Flyer mit der Innungskrankenkasse zur Ernährung.<br />

Das Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren bietet eine Broschüre zu den Sozialvorschriften<br />

für das Fahrpersonal im Straßenverkehr als Kurzinformation für Kraftfahrer an.<br />

4.5.1.3 Fahrschulen<br />

Im Rahmen der Berufskraftfahrerausbildung und der Weiterbildung von Fahrern im Betrieb werden ebenfalls Informationen<br />

zum Thema angeboten.<br />

4.5.2 Gesundheitsmanagement<br />

Der demographische Wandel trifft möglicherweise Speditionen frühzeitig, da dort oft Hauptschulabgänger beschäftigt werden.<br />

Um Fahrer an den Betrieb zu binden und länger gesund zu erhalten, bietet sich ein betriebliches Gesundheitsmanagement<br />

mit dem Ziel an, die Fahrer gesund zu halten und nach Erkrankungen so gut wie möglich wieder in den Betrieb einzugliedern.<br />

Angesichts der vorhandenen Gesundheitsrisiken kann eine betriebliche Gesundheitsförderung für die Fahrer langdauernde<br />

schwere Erkrankungen vermindern (Literaturübersicht bei Michaelis 2008). Auf Grund der bekannten Risiken sollte<br />

die Förderung folgende Bereiche umfassen:<br />

4.5.2.1 Ernährung<br />

Nach der Studie des LGA essen Fernfahrer überwiegend an ihrem Arbeitsplatz - dem Lastkraftwagen - und selten zu Hause.<br />

Oftmals gibt es dann nur morgens und abends geregelte Mahlzeiten, während zwischendurch auf Süßigkeiten zurückgegriffen<br />

wird. Bei Fernfahrern entfällt auch unter der Woche das Essen zu Hause. Es wird meistens an Tankstellen oder Imbissbuden<br />

gekauft und anschließend <strong>am</strong> Arbeitsplatz (also im Lastkraftwagen) verzehrt. Dies führt zu einer unregelmäßigen und<br />

unausgewogenen Ernährung. Fernfahrer nehmen vor allem zu viel Eiweiß, jedoch kaum Vit<strong>am</strong>ine oder Ballaststoffe auf.<br />

Zudem sind die aufgenommenen kohlenhydrat- und fetthaltigen Nahrungsmittel von schlechter Qualität. Fastfood und Fertigprodukte<br />

sind sehr beliebt. Die Folge ist, dass mehr als 40% der LKW-Fahrer einen deutlich erhöhten BMI haben. D<strong>am</strong>it<br />

steigt das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Fettstoffwechselstörungen, Gicht, degenerative Erkrankungen<br />

des Muskel- und Skelettsystems, Karzinome, Nierensteine oder Fettleber. Auch kann es bei Übergewicht vermehrt zum<br />

Schlafapnoe-Syndrom kommen.<br />

Ein Umdenken bei den Fahrern ist also notwendig. Die Krankenkassen bieten vielfältiges Informationsmaterial zu diesem<br />

Thema an und beteiligen sich gerne an Gesundheitstagen in den Firmen. Kraftfahrer müssen lernen, sich gesund zu ernähren.<br />

Eine Ernährungsumstellung bedeutet Vorplanung bei Einkauf und Vorratshaltung. Eine gesunde Ernährung mit viel Obst<br />

und Gemüse und wenig Fett bietet sich an. Zusätzlich sollten Fahrer ausreichend (täglich mindestens 1,5 l) Flüssigkeit zu<br />

sich nehmen. Die Getränke sollten hierbei zucker- und alkoholfrei sein. Wichtig sind auch Informationen über kalorienarme<br />

Gerichte in Gaststätten. Auch das Personal von Autohöfen und auf Raststätten sollte im Hinblick auf eine gesunde Ernährung<br />

sensibilisiert und geschult werden. In Rastanlagen wird z.B. häufig ein „Fernfahrerteller“ angeboten, der eine große<br />

Portion Fleisch, viel Fett, aber wenig Vit<strong>am</strong>ine enthält. Am Tag sollten in den Ruhepausen mindestens drei geregelte Mahlzeiten<br />

eingenommen werden. Informationen über Zwischenmahlzeiten („snacks“) sollten angeboten werden.<br />

Ernährung „on the road“<br />

Um die Energieversorgung während des Tages sollte man sich genau so gut kümmern wie um das Fahrzeug. Denn eine<br />

ausgewogene Ernährung hält nicht nur fit, sondern erhöht auch die Leistung und die Konzentration, welche bei Berufskraftfahrern<br />

im Straßenverkehr besonders gefragt sind. Doch die meisten LKW-Fahrer sind wegen falscher Ernährung übergewichtig.<br />

Das ideale Lunchpaket<br />

Das bewährte Lunchpaket sowie zwischendurch ein bis zwei Mahlzeiten und ab und zu etwas Bewegung während der Pausen<br />

ist wichtig. Besonders für die Fahrtüchtigkeit ist eine kontinuierliche Versorgung des Organismus mit Nährstoffen wichtig.<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Es wird davon abgeraten, ohne Frühstück loszufahren und es empfiehlt sich, die warme Mahlzeit erst nach Feierabend<br />

einzunehmen. So wirkt sich die Schläfrigkeit nach einem gehaltreichen Mittagessen nicht auf die Fahrtüchtigkeit aus. Obst<br />

und vor allem Gemüse sind die gesünderen Muntermacher als Kaffee oder Süßigkeiten (auch süße Getränke). Weil Süßigkeiten<br />

den Blutzuckerspiegel schnell in die Höhe steigen und dann auch wieder schnell abfallen lassen, sind sie als Zwischenmahlzeiten<br />

nicht geeignet. Als Durstlöscher sollten nur ungesüßter Tee, Saftschorlen und Mineralwasser getrunken<br />

werden.<br />

Beispieltag für einen Lastkraftwagenfahrer:<br />

Frühstück:<br />

- 1 Schale Müsli (Haferflocken, Cornflakes, 1 Banane, Milch)<br />

- 1 Scheibe Roggenbrot mit einer dicken Scheibe Bierschinken<br />

- Tee oder Orangensaft<br />

1. Zwischenmahlzeit:<br />

- 150 g Fruchtjoghurt<br />

- 1 Handvoll Studentenfutter<br />

- Mineralwasser<br />

Mittagessen:<br />

- 2 Scheiben Schwarzbrot mit dünn Margarine oder Butter bestrichen<br />

- 40 g Gouda und 30 g gekochter Schinken<br />

- 1 Salatblatt<br />

- 4 Tomaten<br />

- ½ Liter Saftschorle<br />

2. Zwischenmahlzeit:<br />

- Frischkäse light<br />

- Möhren-, Gurken-, Radieschensticks zum Eintunken in den Frischkäse<br />

- Mineralwasser<br />

Abendessen:<br />

- 1 Portion Salat<br />

- 1 Portion Reis mit Putengeschnetzeltem<br />

- 1 Eis<br />

- Mineralwasser<br />

Unt e r w e g s k a n n m itg e n o m m e n wer d e n<br />

Proviant:<br />

- 2-3 l Mineralwasser<br />

- 1 Flasche Saft<br />

- Obst der Saison (z.B.: Apfel, Banane, Birne, Pfirsich, Aprikosen, Kirschen, Mandarinen)<br />

- Gemüsesticks, schon <strong>am</strong> Abend vorbereitet (z.B.: Möhren, Gurken, Tomaten, Kohlrabi, Paprika, Radieschen)<br />

- Vollkorn-, Schwarz- oder Roggenbrot<br />

- Studentenfutter<br />

63<br />

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- Müsliriegel<br />

- Trockenobst<br />

- eine kleine Dose mit Müsli<br />

Proviant im Kühlschrank:<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

- Frischkäse (zum Eintunken der Gemüsesticks)<br />

- Frucht- oder Naturjoghurt<br />

- Käse (z.B.: Gouda, Maasd<strong>am</strong>er, Emmentaler, Leerd<strong>am</strong>er, Grünländer)<br />

- Wurst (z.B.: Putenschinken, Bierschinken, Lachsschinken, gekochter Schinken, geräucherter Schinken<br />

ohne Fettrand, Geflügelwurst, Sülzwurst, Corned Beef, Sal<strong>am</strong>i)<br />

4.5.2.2 Bewegung<br />

Optimal sind 30 Minuten Bewegung mindestens 3-mal wöchentlich (z. B. Walking, Gymnastik, Krafttraining, Fahrradfahren).<br />

Es wäre günstig, im Lastkraftwagen entsprechende Geräte mitzuführen. Einzelne Fahrer haben heute schon ihre Trainingsgeräte<br />

in der Fahrerkabine dabei. Ein im Lastkraftwagen mitgeführtes Fahrrad würde den Fahrer beim Übernachten auf<br />

Parkplätzen flexibler machen und gleichzeitig als Trainingsgerät dienen. Man könnte auch über einen Fahrradverleih an<br />

Raststätten und Autohöfen nachdenken.<br />

Bei Befragungen geben Lastkraftwagenfahrer häufig an, abends zu müde zu sein, um noch Sport zu treiben. Bekanntlich<br />

erschwert abendlicher Sport das Einschlafen. Man könnte also daran denken, den Sport in der 45-minütigen Mittagspause<br />

oder <strong>am</strong> Wochenende zu betreiben. Hier bleibt allerdings wenig Zeit für Sport, da Lastkraftwagenfahrer oft nur während der<br />

Wochenenden Zeit für die F<strong>am</strong>ilie, für Einkäufe, Arztbesuche und zur Lösung privater Probleme haben. Gütertransportunternehmen<br />

könnten z. B. Fitnessräume oder verbilligte Sportstudiotarife anbieten. Eventuell sollten Schulungen als Kurmaßnahmen<br />

für übergewichtige Fahrer angeboten werden.<br />

4.5.2.3 Entspannung, Stressabbau<br />

Pausen erhalten die Leistungsfähigkeit und bauen Stress ab. Neben den vorgeschriebenen Pausen ist es deshalb sinnvoll,<br />

mehrere Kurzpausen einzulegen. Das Einüben von progressiver Muskelentspannung nach Jacobsen, von Yoga, Chi Gong<br />

oder von autogenem Training, aber auch das Üben von kurzzeitigen Stressabbaumethoden kann hilfreich sein. Auch das<br />

Nutzen von Massagesesseln in Fahrzeugen oder in der Raststätte oder von Whirlpools in der Raststätte fördert abends die<br />

Entspannung und verbessert das Einschlafen. Hilfreich könnte das Einüben von konfliktabbauenden Techniken sein, um<br />

Konflikte im Straßenverkehr zu entschärfen. Wichtig ist eine gute Kommunikation im Betrieb zum Abbau von innerbetrieblichen<br />

Störfaktoren oder Konflikten. Nacht- und Schichtarbeit sollten abgebaut oder optimiert werden.<br />

4.5.2.4 Schlaf<br />

Fahrer müssen lernen, zu erkennen, wenn sie schläfrig sind. Mit Hilfe des Vergleichs von Tests zur Eigeneinschätzung wie<br />

dem SSS und objektiven Tests wie der Pupillographie kann der Fahrer lernen, seine Wachheit besser einzuschätzen. Schläfrigkeit<br />

und Müdigkeit kündigen sich durch folgende Symptome an (siehe auch: Fragebogen: „Parents against tired trucks,<br />

Arizona 20 “):<br />

� Gähnen<br />

� Muskelschmerzen<br />

� Augenbrennen<br />

� undeutliches Sehen<br />

� verstärkte Blendung durch entgegenkommende Fahrzeuge<br />

20 “Parents against tired trucks” und “The Citizens for Reliable and Safe Highways (CRASH) Foundation” bilden eine „Truck Safety<br />

Coalition“ und sind mit einer gemeins<strong>am</strong>en homepage zu finden unter http://www.patt.org/ .:<br />

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� Augen fallen zu<br />

� Hin- und Herrücken auf dem Sitz<br />

� zu dichtes Auffahren auf vorausfahrende Fahrzeuge<br />

� Bremsen ohne Grund<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� Abkommen von der Spur (auf Rand- oder Mittelstreifen)<br />

� ruckartige Lenkbewegungen<br />

� häufiges Verschalten<br />

� Unaufmerks<strong>am</strong>keit<br />

� Blinker oder Fernlicht werden nicht ausgeschaltet<br />

� Fahrzeuge werden übersehen<br />

� Geschwindigkeit wird unregelmäßig<br />

� Öffnen des Fensters<br />

� Lautstellen des Radios<br />

� Häufiger Genuss von Kaffee, Zigaretten und Energy Drinks zum Wachbleiben<br />

� Orientierungsschwierigkeiten (Verfahren)<br />

Bei Auftreten dieser Symptome sollte der Fahrer unmittelbar eine Pause einlegen. Gegen Müdigkeit und Schläfrigkeit hilft nur<br />

Schlaf. Man sollte sich deshalb hinlegen, um 10 bis 20 Minuten zu schlafen (Wecker stellen, um Tiefschlafphasen zu vermeiden,<br />

nach denen man zunächst noch schläfriger wäre). Einen Kaffee oder Energy Drink trinkt man <strong>am</strong> besten kurz vor<br />

oder nach dem Kurzschlaf. Auf diese Weise gelingt es meist, noch etwa zwei weitere Stunden wach zu bleiben. Natürlich<br />

kann dieses Vorgehen nicht mehrmals wiederholt werden und wirkt nicht bei allen Fahrern gleich.<br />

Bei Nachtfahrten zwischen 23:00 und 6:00 Uhr kann eine zusätzliche Pause von 30 Minuten zum Schlafen bei Müdigkeit<br />

(Powernapping) den Wachheitsgrad deutlich steigern, wie Untersuchungen bei Krankenschwestern im Nachtdienst gezeigt<br />

haben. Der Schlaf sollte in einer solchen Pause aber nicht länger dauern. Es wäre auch überlegenswert, zu diesen Zeiten<br />

nur Lastkraftwagen fahren zu lassen, die mit Fahrerassistenzsystemen gegen Unfälle durch Sekundenschlaf ausgerüstet<br />

sind.<br />

Um dauerhafte Übermüdung zu vermeiden, müssen die vorgegebenen Pausen und Ruhezeiten eingehalten werden. Der<br />

Mensch benötigt in der Regel mindestens sechs bis acht Stunden Schlaf pro Tag. Man sollte dafür sorgen, dass man während<br />

der Ruhezeiten genügend schläft. Dazu sollte der Schlafplatz ruhig sein. Dies findet man eher, wenn man von der<br />

Autobahn entfernt übernachtet. Die Fahrzeugkabine sollte vor dem Schlaf ausreichend gelüftet und gut temperiert werden.<br />

Alkohol ist kein Schlafmittel. Er erleichtert nach einer Anregungsphase zwar durch Ermüdung das Einschlafen. Es kommt<br />

danach aber zu einer Störung der Schlafqualität, weil beim Abklingen des Alkoholspiegels wieder die anregende Wirkung<br />

einsetzt. Außerdem braucht der Abbau des Alkohols durch den Stoffwechsel Zeit, sodass unter Umständen auch der <strong>am</strong><br />

nächsten Morgen noch vorhandene Alkoholspiegel im Blut eine sichere Weiterfahrt nicht erlaubt. Bei Lärmbelastung in der<br />

Ruhepause helfen Gehörschutz-Stöpsel. Wenn Fahrer Medik<strong>am</strong>ente einnehmen müssen, sollten sie darauf achten, dass<br />

diese keine Müdigkeit verursachen, wie dies z. B. Beruhigungsmittel, Schlafmittel und Antihist<strong>am</strong>inika (Mittel gegen Allergien)<br />

tun. Man muss also immer den Beipackzettel der Medik<strong>am</strong>ente lesen, bzw. behandelnde Ärzte und Zahnärzte darauf<br />

hinweisen, dass man Berufskraftfahrer ist.<br />

Wichtig ist es auch, dass man <strong>am</strong> Wochenende längere Heimfahrten nicht in übermüdetem Zustand antritt. Auch bei längerer<br />

Fahrt zur Arbeit sollte man vor Schichtbeginn eine ausreichende Ruhezeit einhalten. Unfälle durch Sekundenschlaf sind<br />

sonst vorprogr<strong>am</strong>miert. Fahrer sollten auf die Symptome von Schlafstörungen wie z. B. Schnarchen und Atemaussetzer<br />

beim Schlafapnoesyndrom hingewiesen werden. Bei Verdacht auf Schlafstörungen sollte darauf hingewirkt werden, dass<br />

eine Diagnostik im Schlaflabor und wenn nötig eine Behandlung durchgeführt wird.<br />

65<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Bei der Schichtplanung sollten Nachtschichten, insbesondere zwischen Mitternacht und 6 Uhr morgens, wenn irgend möglich,<br />

vermieden werden. Man sollte versuchen, mit Hilfe der Arbeitsunterbrechung nach 4,5 Stunden, die für 3 Stunden möglich<br />

ist, wenn nach weiteren 4,5 Stunden eine 9-stündige Pause erfolgt, nach Nachtschichten wieder in die Tagesschicht zu<br />

kommen. Fahrer sollten insbesondere auch auf gesundheitliche Folgen eines chronischen Schlafmangels hingewiesen<br />

werden.<br />

4.5.2.5 Körperliche Gesundheit<br />

� Blutdruck: Regelmäßige Blutdruckmessungen sollten vom Betrieb angeboten werden, um auftretende Hypertonien<br />

rechtzeitig behandeln zu können. Eine Behandlung des Bluthochdrucks ist notwendig um rechtzeitig den besonderen<br />

Risiken wie Schlaganfall oder Herzinfarkt sowie Spätfolgen wie Herzmuskelschwäche und Nierenversagen<br />

entgegen zu wirken. Allerdings führen manche Bluthochdruckmittel zu erhöhter Schläfrigkeit.<br />

� Blutzucker: Sinnvoll ist ein regelmäßiges Blutzuckerscreening im Betrieb, da diabetische Stoffwechsellagen bei<br />

Fahrern häufiger als in der Normalbevölkerung beobachtet werden. Hier muss ggf. eine Therapie eingeleitet werden.<br />

� Heben und Tragen von Lasten: Um Lasten mit geringster möglicher Wirbelsäulenbelastung zu befördern, bietet<br />

sich eine Schulung im Betrieb mit Rückenschule, Üben des Einsatzes von Hilfsmitteln und des optimalen Hebens<br />

von Gegenständen an.<br />

� Suchtprävention: Bei der Prävention von Gesundheitsgefahren darf die Suchtprävention nicht vergessen werden.<br />

Wichtig ist hier die Prävention von Alkohol- und Nikotinmissbrauch, aber auch vom Missbrauch mit Wachmachern<br />

und dem exzessiven Genuss von Kaffee und Energy Drinks. Neben der Information der Fahrer sollten gegebenenfalls<br />

auch Betriebsvereinbarungen getroffen und Kurse zum Suchtabbau angeboten werden.<br />

� Zahnmedizinische Vorsorge: Um Zahnschäden zu vermeiden, sollte den Fahrern empfohlen werden, sich nach<br />

dem Essen die Zähne zu putzen. Mindestens einmal jährlich und selbstverständlich bei Zahnschmerzen sollte ein<br />

Zahnarzt aufgesucht werden.<br />

4.5.2.6 Betriebliche Gesundheitsförderung<br />

Betriebliche Veranstaltungen zur Gesundheitsförderung sollten mindestens jährlich wiederholt werden, um Nachhaltigkeit zu<br />

gewährleisten. Weitere Ansatzpunkte für die betriebliche Gesundheitsförderung könnten z. B. sein: Gesundheitsförderung<br />

zum Abrufen bei Wochenendaufenthalten auf Rastplätzen mit Übernachtungsmöglichkeiten außerhalb der Fahrerkabine,<br />

Gesundheitstage, Gesundheitszirkel, E-Mails an die Fahrer über die Gesundheitsförderung oder über Angebot von geeigneter<br />

Tiefkühlkost und Rezepte zu Gerichten, schriftliche oder telefonische Informationen an die Fahrer über entsprechende<br />

Angebote der Berufsgenossenschaft, Rentenversicherung oder Krankenkasse. Dabei ist wichtig, dass Informationen zum<br />

Arbeitsschutz, zu Gesundheitsgefahren und zur Gesundheitsförderung in die Ausbildung und Weiterbildung von Berufskraftfahrern<br />

einfließen.<br />

Besteht die Möglichkeit nicht, Gesundheitstage im Betrieb durchzuführen, sollte von diesen Betrieben für den Fahrer ein<br />

Anreiz geschaffen werden, den Hausarzt und Hauszahnarzt mindestens einmal jährlich aufzusuchen. Dies wäre z. B. mit<br />

einer Prämie oder einem zu diesem Zweck gewährten zusätzlichen Urlaubstag zu erreichen.<br />

4.5.3 Rehabilitationsprogr<strong>am</strong>me, Telemedizin<br />

Präventivmedizinisch lohnt sich eine arbeitsmedizinische Vorsorge nicht nur im Rahmen der Untersuchungen nach dem BG-<br />

Grundsatz 25, sondern auch bei der Prävention und Behandlung von Herzkreislauferkrankungen, Übergewicht, Schlafstörungen,<br />

Rauchen und anderen Suchterkrankungen, Wirbelsäulenschäden u. ä. Unter Umständen sollten auch Rehabilitationsmaßnahmen<br />

geprüft werden, um Verhaltensänderungen zu erreichen. Wichtig ist eine Organisation der medizinischen<br />

und zahnmedizinischen Versorgung während der Fahrten.<br />

Alternativ wäre auch an eine telemedizinische Versorgung chronisch kranker Lastwagenfahrer zu denken. Wenn man bei der<br />

Gesundheitsförderung oder bei Untersuchungen durch den Betriebsarzt festgestellt hat, dass Fahrer an Übergewicht, Hypertonie<br />

oder Diabetes leiden, könnten sie dann täglich z. B. Gewicht, Blutdruck oder Blutzucker messen und an die betreuende<br />

66<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

medizinische Stelle (z.B. Fachklinik) melden. Der betreuende Arzt nimmt dann mit dem Fahrer zur weiteren Therapieplanung<br />

Kontakt auf. Man könnte in dieses Progr<strong>am</strong>m auch Elemente der Gesundheitsförderung einbauen, z. B. Bewegungsübungen<br />

zum Abrufen, Einkaufslisten und Rezepte für eine optimale Ernährung, Anleitungen zum Stressabbau und Motivation zur<br />

Gesundheitsförderung. Fahrer mit Bandscheibenschäden sollten geeignete Sitze für ihr Fahrzeug erhalten.<br />

4.5.4 Unterrichtsmaterial für Fahrerschulung<br />

Unterrichtsmaterial für die Fahrerschulung im Arbeitsschutz und der Gesundheitsförderung wird von den unten genannten<br />

Institutionen angeboten.<br />

4.5.5 Anbieter von Gesundheitsförderungsprogr<strong>am</strong>men<br />

Spezielle Gesundheitsförderprojekte für Lastkraftwagenfahrer und Hinweise für betriebliches Gesundheitsmanagement bei<br />

Speditionen gibt es bei folgenden Institutionen:<br />

� Verwaltungs-Berufsgenossenschaft<br />

Deelbögenk<strong>am</strong>p 4, 22297 H<strong>am</strong>burg<br />

Telefon: 040 5146-0, Telefax: 040 5146-2146<br />

http://www.vbg.de<br />

E-Mail: HV.H<strong>am</strong>burg@vbg.de<br />

(Entstanden durch Fusion der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft mit der Berufsgenossenschaft der Straßen-, U-<br />

Bahnen und Eisenbahnen ab 01.01.2010. Weiterer Vorläufer: Berufsgenossenschaft der ker<strong>am</strong>ischen und Glas-<br />

Industrie)<br />

� Berufsgenossenschaft für Transport und Verkehrswirtschaft<br />

Ottenser Hauptstraße 54, 22765 H<strong>am</strong>burg<br />

Telefon: 040 3980-0, Telefax: 040 3980-1666<br />

http://www.bg-verkehr.de<br />

E-Mail: info@bg-verkehr.de<br />

(Entstanden durch Fusion der Berufsgenossenschaft für Fahrzeughaltungen und der See-Berufsgenossenschaft<br />

ab 01.01.2010)<br />

� Projektpartner der "Initiative betriebliches Gesundheitsmanagement in Baden-Württemberg". Ansprechpartner<br />

ist das Referat 45 (Gewerbeaufsicht, medizinischer und sozialer Arbeitsschutz) des Ministeriums für Arbeit und<br />

Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren:<br />

Unterstützung für Gesundheitsförderungsmaßnahmen findet man darüber hinaus bei den zuständigen Versicherungen und<br />

Behörden, bei Berufsverbänden sowie bei kommerziellen Anbietern.<br />

67<br />

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5 Ausblick<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Qualitätszirkel erarbeiten für ihren Betrieb Verbesserungsvorschläge, bei denen zus<strong>am</strong>mengefasst wird, welche die Gesundheit<br />

der Fahrer berührenden Probleme im Betrieb bestehen und wie man sie abbauen kann. Dieser Leitfaden, der von<br />

Fachleuten verschiedener Fachrichtungen erarbeitet wurde, hat Vorschläge mit einem multikausalen Ansatz zus<strong>am</strong>mengestellt,<br />

wie die Berufs- und Gesundheitssituation der Lastkraftwagenfahrer und die Situation der Speditionen verbessert werden<br />

kann. Es wäre gut für die Infrastruktur, aber auch die Verkehrssicherheit und die Gesundheit der Lastkraftwagenfahrer,<br />

wenn in den nächsten Jahren möglichst viel davon umgesetzt werden könnte.<br />

Wer kann Verbesserungen der Situation herbeiführen?<br />

Gesetzgebung:<br />

� Stärkere Verlagerung von Transitverkehr auf die Bahn,<br />

� Schaffung einer rechtlichen Basis für die Ausstattung der Autobahn mit ausreichenden Langzeitrastplätzen für<br />

Lastkraftwagenfahrer,<br />

� Schaffung einer rechtlichen Basis für Lärmschutz an Rastplätzen,<br />

� Festlegung von Normen für die Ausstattung von Rastplätzen (Lärmreduktion durch Parken der Lastkraftwagen von<br />

der Autobahn entfernt, Ausrichtung der Fahrerkabine von der Autobahn weg, eigene Stellplätze mit Stromanschluss<br />

und Wasseranschluss für Kühlfahrzeuge und Tiertransporter, Festlegung einer Infrastrukturausstattung der<br />

Parkplätze mit WC-Anlage, Waschgelegenheit, Kiosk , Einkaufsmöglichkeit),<br />

� Festlegung der Einrichtung von Rastplätzen in Industrie- und Gewerbegebieten,<br />

� Regulierung von Parkverboten in Industrie- und Gewerbegebieten,<br />

� Vorgabe der Ausstattung der Lastkraftwagen mit Fahrerassistenzsystemen, Lärmdämmung, Klimatisierung bei der<br />

Fahrt und im Stand,<br />

� Verbesserung der Vorschriften zur Unfallsicherheit der Fahrzeugkabinen,<br />

� Verbot von Nachtfahrten zwischen 23:00 und 6:00 Uhr für Lastkraftwagen ohne unfallverhindernde Fahrerassistenzsysteme,<br />

� Ausgleich der höheren Belastung und Unfallgefährdung durch Nachtarbeit gegenüber Tagarbeit z. B. durch zusätzliche<br />

Pausen, kürzere Arbeitszeit,<br />

� Vorgaben für eine automatische Erfassung von Ladetätigkeiten durch den digitalen Tachographen.<br />

Planung von Autobahnen und Rastplätzen:<br />

� Vermehrte Schaffung von Rastplätzen für LKW-Fahrer. Evtl. Unterbringung von mehr Lastkraftwagen auf den vorhandenen<br />

Parkplätzen durch Verwendung intelligenter Parkplatzverteilungssysteme oder durch nächtliche Umwidmung<br />

von PKW-Parkplätzen als LKW-Parkplätze,<br />

� Sanitäreinrichtungen und Lärmschutz für Rastplätze,<br />

� Bereitstellung von Infrastruktureinrichtungen im Rastplatzumfeld, z.B. Discounter an der Autobahn,<br />

� Leitsystem für Rastplatz-suchende LKW,<br />

� Anbringen von Fahrbahnmarkierungen mit akustischer oder haptischer Warnfunktion an Stellen mit erhöhter Unfallgefahr,<br />

68<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� erhöhte Personalbereitstellung für Autobahnplanung.<br />

Kontrollbehörden:<br />

� Erhöhte Personalbereitstellung für verstärkte Kontrollen von Lenk- und Ruhezeiten, Ladungssicherung, evtl. auch<br />

Kontrollen auf Drogenabusus auf der Autobahn und autobahnähnlich ausgebauten Bundesstraßen,<br />

� erhöhte Personalbereitstellung für verstärkte Kontrollen von Speditionen,<br />

� Installation von gerichtsfesten Vigilanzprüfungen,<br />

� verstärkte Prävention (Information für Fahrer und Speditionen).<br />

Versicherungen:<br />

� Angebot von Progr<strong>am</strong>men zur Gesundheitsförderung,<br />

� Angebot von Informations- und Schulungsmaterial,<br />

� finanzielle Entlastung gesundheitsfördernder Betriebe,<br />

� Angebot telemedizinischer Betreuung.<br />

Speditionen:<br />

Fahrer:<br />

� Bildung von Frachtzentren zur Reduzierung von Fernfahrten,<br />

� realistische Disposition von Fahrten,<br />

� Kontrolle der Einhaltung von Lenk- und Ruhezeiten,<br />

� Information der Arbeitnehmer über Gesundheitsgefahren und ihre Prävention,<br />

� Verwendung von Fahrerassistenzsystemen,<br />

� Verwendung von Lastkraftwagen mit Klimaanlage, die auch im Stand betrieben werden kann,<br />

� betriebliches Gesundheitsmanagement und Gesundheitsförderung,<br />

� verbesserte Kommunikation im Betrieb,<br />

� Qualitätszirkel / Gesundheitszirkel,<br />

� betriebsärztliche / sicherheitstechnische Versorgung,<br />

� Weiterbildung der Fahrer, auch in Arbeitsschutz und Gesundheitsförderung.<br />

� Nutzen von Informationen über Gesundheitsgefahren,<br />

� Einhalten von Lenk- und Ruhezeiten,<br />

� Teilnahme an Gesundheitsförderprogr<strong>am</strong>men,<br />

� Teilnahme an Aus- und Weiterbildung,<br />

69<br />

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� Ladungssicherung,<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

� rechtzeitiges Aufsuchen von Ärzten/Zahnärzten bei Beschwerden,<br />

� rechtzeitige Behandlung von Erkrankungen,<br />

� Nutzung von Fahrerassistenzsystemen.<br />

Fahrzeughersteller:<br />

� Entwicklung von praxisgeeigneten Fahrerassistenzsystemen und Angebot zu erschwinglichen Preisen,<br />

� Entwicklung von LKW-geeigneten Navigationssystemen,<br />

� Verbesserung der Unfallsicherheit der Kabinen,<br />

� verbesserte Ausstattung der Fahrerkabinen (Klimatisierung, Lärmschutz, Unfallschutz, Toilette, Waschgelegenheit,<br />

ausreichend großer Kühlschrank, Gefrierschrank, Mikrowelle, Sportgeräte usw.).<br />

70<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


6 Literatur<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

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Objektivierung von Tagesschläfrigkeit bei 50- bis 65- jährigen Beschäftigten im Verwaltungsbereich<br />

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Einschlafen <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong>: Hauptursache schwerer Verkehrsunfälle<br />

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78<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


7 Glossar<br />

Abusus Missbrauch<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Adipositas Fettleibigkeit, Fettsucht. Nach WHO-Definition liegt eine Adipositas ab einem Körpermasseindex<br />

(BMI) von 30 kg/m² vor. Es werden drei Schweregrade (< 30, < 35 und < 40) unterschieden.<br />

Adrenalin Ein in Stresssituationen ausgeschüttetes Hormon des Nebennierenmarks. Als Stresshormon<br />

vermittelt Adrenalin eine Steigerung der Herzfrequenz, einen Anstieg des Blutdrucks, eine Erweiterung<br />

der Bronchiolen, eine schnelle Bereitstellung von Energiereserven durch Fettabbau<br />

(Lipolyse) sowie die Freisetzung und Biosynthese von Glucose. Es reguliert ebenso die Durchblutung<br />

(Zentralisierung) und die Magen-Darm-Tätigkeit (Hemmung). Im Zentralnervensystem<br />

kommt Adrenalin als Neurotransmitter in adrenergenen Neuronen (Nervenzellen) vor.<br />

Amphet<strong>am</strong>in Synthetische stimulierende Droge. Es ist ein indirektes Sympathomimetikum und hat somit eine<br />

anregende Wirkung auf das Zentralnervensystem. Aufgrund seiner stimulierenden und euphorisierenden<br />

Wirkung wird Amphet<strong>am</strong>in als Rauschmittel eingesetzt. Der Handel und Besitz von<br />

Amphet<strong>am</strong>in ohne Erlaubnis ist in den meisten europäischen Ländern, u.a. in Deutschland<br />

strafbar. Illegal wird es meist unter den N<strong>am</strong>en Speed und Pep angeboten.<br />

An<strong>am</strong>nese Im Arzt-Patientengespräch erfragte medizinische Vorgeschichte.<br />

Angina<br />

pectoris<br />

Engegefühl und Schmerzen in der Brust bei Patienten mit einer Arteriosklerose der Herzkranzgefäße<br />

(Koronare Herzkrankheit = KHK). Sie geht mit einer Minderversorgung des Herzmuskels<br />

mit Sauerstoff oder einem gesteigerten Sauerstoffbedarf des Herzens einher.<br />

Arbeitszeit Zeit vom Beginn bis Ende der Arbeit, wobei Pausen abgezogen werden. Die Dauer der Arbeitszeit<br />

ist im Arbeitszeitgesetz geregelt.<br />

Asbestose Krankheit der Lunge und gehört zu den so genannten Pneumokoniosen (Staublungenkrankheiten).<br />

Sie entsteht durch eingeatmeten Staub von Asbest, dessen Verwendung EU-weit seit 2005<br />

verboten ist. Asbest kann die folgenden Erkrankungen verursachen: Fibrose, Lungenkrebs oder<br />

Kehlkopfkrebs und Lungenfellkrebs (Mesotheliom). Asbeste sind natürlich vorkommende faserförmige<br />

Minerale und bis in die neunziger Jahre des letzten Jahrhunderts sehr häufig in Handwerk<br />

und Industrie angewendet worden, weil es besondere Eigenschaften besitzt: große Zugfestigkeit,<br />

Hitze- und Säurebeständigkeit, hervorragendes Isolationsvermögen und textile<br />

Verarbeitbarkeit bei niedrigen Kosten.<br />

Asthma Eine chronische, entzündliche Erkrankung der Atemwege mit dauerhaft bestehender Überempfindlichkeit.<br />

AU Arbeitsunfähigkeit. Die Meldung einer Arbeitsunfähigkeit bei der gesetzlichen Krankenkasse ist<br />

für sozialversicherungspflichtig Beschäftigte dabei spätestens ab dem vierten Krankheitstag<br />

gesetzlich vorgeschrieben.<br />

BAB Bundesautobahn<br />

Bandscheibenprolaps Teile der Bandscheibe treten in den Wirbelkanal vor und drücken auf das im Wirbelkanal liegende<br />

Rückenmark bzw. Nervengewebe. Die Ursache liegt oft in einer Überlastung nach Vorschädigung<br />

der Bandscheiben. Ein Bandscheibenvorfall kann aber auch ohne erkennbaren äußeren<br />

Anlass auftreten.<br />

Bioaerosol Luftgemisch mit Staubteilchen biologischer Herkunft.<br />

BMI Body Mass Index, ist eine Maßzahl für die Bewertung des Körpergewichts eines Menschen;<br />

Berechnung: Körpergewicht (in kg) / Körpergröße (in m) 2 .<br />

Carcinom Auch Karzinom, solider bösartiger Tumor (volkstümlich „Krebs“)<br />

CEMT European Conference of Ministers of Transport, erteilt Genehmigungen für Fahrten in der CEMT<br />

angehörende Länder (OECD, Süd- und Osteuropa).<br />

79<br />

Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Circadianrhythmus „Innere Uhr“, die den Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen steuert.<br />

Cortison Von der Nebennierenrinde gebildetes Hormon. Es hat im Stoffwechsel vor allem Effekte auf den<br />

Kohlenhydrathaushalt, den Fettstoffwechsel und den Proteinumsatz im Sinne einer Energiebereitstellung.<br />

Bei pharmakologischer Anwendung wirkt es entzündungshemmend und immunsuppressiv.<br />

CPAP-Therapie Continuous Positive Airway Pressure, Therapie dient zur Behandlung vorübergehender Atemstillstände<br />

während des Schlafens, der sog. Schlafapnoe.<br />

dB(A) Dezibel A; eine Maßeinheit für den Schallpegel. Eine Erhöhung um 3 Dezibel bedeutet eine<br />

Verdoppelung des Schallpegels, eine Erhöhung um 10 Dezibel entspricht einer Verzehnfachung<br />

des Schallpegels und einer Verdoppelung des empfundenen Schalleindrucks („doppelt so laut“).<br />

Diabetes mellitus Zuckerkrankheit durch Insulinmangel oder verminderte Insulinwirkung<br />

Digitaler Tachograph Gerät zur digitalen Aufzeichnung von Lenk- und Ruhezeiten sowie Arbeitszeit in Fahrzeugen.<br />

Disposition Eine besondere Anfälligkeit für die Ausbildung von Krankheiten<br />

Doppelharfe Straße, von der nach rechts und links Parkplätze angefahren werden<br />

Energy Drinks Bezeichnung für Getränke, die eine anregende Wirkung auf den Organismus haben sollen<br />

(meist mit Coffein oder Guarana).<br />

Episode Vorübergehendes Ereignis<br />

Epworth Sleepiness<br />

Scale<br />

Fragebogen mit wenigen und sehr kurzen Fragen zur Abschätzung chronischer Tagesschläfrigkeit.<br />

Er wurde 1991 von Dr. Murray JONES vom Epworth Hospital in Melbourne (Australien)<br />

entwickelt.<br />

Ergonomie Wissenschaft von der Gesetzmäßigkeit menschlicher Arbeit. Sie hat die Schaffung geeigneter<br />

Ausführungsbedingungen für die Arbeit und die Nutzung technischer Einrichtungen und Werkzeuge<br />

zum Ziel, wobei der menschgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes eine besondere<br />

Bedeutung zukommt.<br />

et alii und weitere Autoren.<br />

Fahrer-assistenzsysteme<br />

Elektronische Zusatzeinrichtungen in Kraftfahrzeugen zur Unterstützung des Fahrers in bestimmten<br />

Fahrsituationen. Hierbei stehen oft Sicherheitsaspekte, aber auch die Steigerung des<br />

Fahrkomforts im Vordergrund.<br />

Fahrsimulatoren Vorrichtungen, die dem Benutzer die gleichen Eindrücke vermitteln, wie sie beim Fahren eines<br />

Kraftfahrzeugs entstehen. Sie können u.a. zum Fahrtsicherheitstraining und als Reaktionstests<br />

eingesetzt werden.<br />

Gigaliner Lange LKW-Kombination mit bis zu 25,25 m Fahrzeuglänge und bis zu 60 t Ges<strong>am</strong>tgewicht.<br />

Gegenwärtig nicht für den Straßenverkehr zugelassen.<br />

Globalisierung Weltweite Verflechtung der Wirtschaft<br />

Guaraná Aus dem Amazonasgebiet st<strong>am</strong>mende Lianenart. Ihre Früchte mit den bitter schmeckenden<br />

Kernen zeichnen sich durch hohen Koffeingehalt (ca. 4 - 8% in der Trockenmasse) aus.<br />

Guaraná besitzt die stimulierende Wirkung des Kaffees.<br />

Hypertonie Bluthochdruck. Der normale Druck liegt bei 120/80 mmHg. Von Bluthochdruck (auch Hypertonus<br />

genannt) spricht man, wenn der Druck in den Arterien krankhaft auf einen systolischen Wert von<br />

über 140 mmHg und einen diastolischen Wert über 90 mmHg gesteigert ist.<br />

Investition Anlage von Kapital<br />

just in time Rechtzeitig. Just-in-time-Lieferung bedeutet, dass die Lieferung genau zum vorgesehenen Zeitpunkt<br />

eintrifft, wenn sie zur Weiterverarbeitung benötigt wird. D<strong>am</strong>it können Einsparungen in der<br />

Lagerhaltung erzielt werden. Wenn die Lieferzeit nicht eingehalten werden kann, kann es zu<br />

Produktionsverzögerungen mit wirtschaftlichem Schaden kommen.<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Karoshi-Syndrom Plötzlicher Tod wegen chronischer Übermüdung und Überarbeitung. Soll in Japan als Berufskrankheit<br />

anerkannt sein.<br />

Kommunikation Verständigung<br />

Kont<strong>am</strong>ination Verunreinigung (insbesondere durch mikrobielle Keime)<br />

Krankenstand Anteil der arbeitsunfähigen Beschäftigten vom Ges<strong>am</strong>tbestand der Beschäftigten (in Prozent).<br />

Laborpar<strong>am</strong>eter Par<strong>am</strong>eter ist eine charakterisierende Eigenschaft, eine Messgröße. Unter Laborpar<strong>am</strong>eter<br />

versteht man meistens die Konzentration oder Aktivität einer Substanz, eines Substrates oder<br />

eines Enzyms in Körperflüssigkeiten, welche im Allgemeinen auf einen Referenzwert bezogen<br />

wird („Normalwert“).<br />

Leberzirrhose Endstadium chronischer Lebererkrankungen mit bindegewebiger Veränderung der Leber. Dieses<br />

Stadium gilt als irreversibel. Zu den häufigsten Ursachen zählen der Alkoholmissbrauch und<br />

die chronische Virushepatitis.<br />

Lenkzeit Zeitspanne, in der ein Fahrzeug gelenkt wird.<br />

Logistik Planung, Gestaltung, Abwicklung und Kontrolle des Material- und Güterflusses zwischen Lieferant<br />

und Kunden.<br />

Melatonin Hormon, welches in der Zirbeldrüse (Epiphyse, zum Zwischenhirn gehörig) aus Serotonin (einer<br />

der Botenstoffe im Zentralnervensystem) synthetisiert wird und in die <strong>Steuer</strong>ung des Tag-Nacht-<br />

Rhythmus eingreift.<br />

Metabolisches Syndrom Das gemeins<strong>am</strong>e Auftreten von Bluthochdruck, Übergewicht und Fettstoffwechselstörungen,<br />

verbunden mit einer Insulinresistenz. Jede dieser Erkrankungen stellt schon für sich ein Risiko<br />

für Gefäßerkrankungen dar. In Kombination erhöht sich das Risiko für Gefäßerkrankungen<br />

überadditiv. Folgen können z.B. Gefäßverschlüsse, Schlaganfall und Herzinfarkt sein.<br />

Mobilität Beweglichkeit<br />

Monotonie Einförmigkeit, Reizarmut. Führt zur Unterforderung<br />

Mucus Membrane<br />

Irritation<br />

Reizung von Haut und Schleimhäuten durch Bioaerosole<br />

Multifaktoriell Aus vielen Faktoren bestehend. Multifaktoriell verursacht heißt, dass mehrere Ursachen <strong>am</strong><br />

zustande kommen eines Ergebnisses beteiligt sind.<br />

Multiples Myelom (auch Plasmozytom) Krebserkrankung des Knochenmarks mit bösartiger Vermehrung von Zellen,<br />

die Antikörper (Immunglobuline) produzieren. Es kommt zu einer Überproduktion von identischen<br />

Immunglobulinen.<br />

Navigationsgerät Gerät zur Richtungseinweisung und Orientierung im Verkehr<br />

on-board-Computer Rechner im LKW<br />

Organic Dust Toxic<br />

Syndrome<br />

(ODTS) Reizung durch Bioaerosole von Haut und Schleimhäuten. Als Folge können Asthma,<br />

Lungenentzündung, vermehrte Müdigkeit auftreten.<br />

Ornithose Durch Chl<strong>am</strong>ydien hervorgerufene, von Vögeln übertragene Krankheit (Papageienkrankheit).<br />

Parkinson-Syndrom Degenerative Erkrankung des Zentralnervensystems mit Veränderungen im Bewegungsablauf<br />

(Verlangs<strong>am</strong>ung, Fallneigung), Muskelstarre und grobschlägigem Tremor (Schüttellähmung).<br />

Polyzyklische<br />

aromatische<br />

Kohlenwasserstoffe<br />

Prävention Vorbeugung<br />

(PAK) Vielfältige Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die sich aus Benzolringen zus<strong>am</strong>mensetzt.<br />

Bekannte Vertreter sind Naphthalin oder Benzo-a-pyren. Viele PAK sind krebserzeugend.<br />

Psychose Psychische Erkrankung (Geisteskrankheit), die mit einer Veränderung des Erlebens des Individuums<br />

einhergeht.<br />

81<br />

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<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Pupillenunruheindex (PUI) Maß für autonome Pupillenbewegungen kurz vor dem Einschlafen und d<strong>am</strong>it für Schläfrigkeit.<br />

Der PUI wird mit der Pupillographie gemessen und aufgezeichnet.<br />

PWC-Anlagen Parkplatz-Anlagen mit Toiletten (WC).<br />

Rehabilitation Wiederherstellung (der Gesundheit), Wiedereingliederung (z.B. in den Arbeitsprozess). Alle<br />

Maßnahmen zur Vorbeugung, Linderung und Beseitigung von gesundheitlichen Störungen.<br />

Ruhezeit Zeit für längere Ruheperiode<br />

Sauerstoffsättigung Anteil des mit Sauerstoff beladenen Hämoglobins (roter Blutfarbstoff) vom ges<strong>am</strong>ten Blutfarbstoff.<br />

Schläfrigkeit Verminderte Wachheit mit Reduktion der zentralnervösen Aktivierung. Folgen davon können<br />

Aufmerks<strong>am</strong>keitsstörung, Einschlafneigung insbesondere bei Monotonie, Sekundenschlaf oder<br />

gar Einschlafattacken sein.<br />

Schlafapnoe-Syndrom Erkrankung mit Episoden von starkem Schnarchen und vermehrten Atemstillständen im Schlaf.<br />

Schlafqualität Ein qualitativ guter Schlaf beinhaltet neben oberflächlichem Schlaf Tiefschlafphasen und REM<br />

(rapid eye movement) – Phasen.<br />

Schlaganfall Zugrundegehen von Hirngewebe durch Blutungen oder Minderdurchblutung.<br />

Sekundenschlaf Kurzdauernde Schlafepisode<br />

Signifikanz Statistische Bedeuts<strong>am</strong>keit in statistischen Testverfahren.<br />

Silikose Lungenerkrankung mit Verminderung der Gasaustauschfläche in den Lungenbläschen durch<br />

silikogene quarzhaltige Feinstäube. Sie geht mit Knötchenbildung in der Lunge und zunehmender<br />

Atemnot einher. Die Gefahr der Entstehung von Lungenkrebs und Tuberkulose ist erhöht.<br />

Stanford Sleepiness<br />

Scale<br />

Fragebogen zur Abschätzung der momentanen Schläfrigkeit.<br />

Stress Belastungsfaktor (auch Stressor) oder Reaktion auf eine psychische Belastung (auch Stressreaktion).<br />

Bei der Stressreaktion werden die Stresshormone Adrenalin, Noradrenalin und Cortison<br />

freigesetzt. Die Stressreaktion soll Angriff oder Flucht in Gefahrensituationen ermöglichen.<br />

Chronische Stressreaktionen können zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Rückenschmerzen,<br />

Adipositas, verstärktem Diabetes, verstärkter Gicht, Schäden im ZNS und Störung der Immunabwehr<br />

führen.<br />

Telematik Messwertübertragung über längere Strecken<br />

Telemedizin Medizinische Betreuung über Telefon und Intranet<br />

Verhaltens-prävention Maßnahmen zur Vermeidung von gesundheitsgefährlichem Verhalten<br />

Vibration Erschütterung<br />

Vigilanz Wachheit, Aufmerks<strong>am</strong>keit<br />

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Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, F<strong>am</strong>ilien und Senioren Baden-Württemberg


8 Rechtsgrundlagen<br />

<strong>Hellwach</strong> <strong>am</strong> <strong>Steuer</strong><br />

Die hier aufgeführten gesetzlichen Regelungen finden Sie im Internet unter<br />

http://www.gewerbeaufsicht.baden-wuerttemberg.de/servlet/is/16504/ .<br />

� Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parl<strong>am</strong>ents und Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung<br />

bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85 und<br />

(EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates; (Amtsblatt der EG<br />

Nr. L 102 S. 1 vom 11.04.2006)<br />

� Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr<br />

(Amtsblatt der EG Nr. L 370, S.8 vom 31.12.1985) zuletzt geändert durch die Verordnung (EG) Nr. 561/2006 vom<br />

15.03.2006 (Amtsblatt der EG Nr. L 102 S. 1 vom 11.04.2006)<br />

� Europäisches Übereinkommen über die Arbeit des im internationalen Straßenverkehr beschäftigten Fahrpersonals<br />

(AETR) (BGBl. II 1985 S. 890) mit Änderungen vom 01.02.1991 und 05.02.1993, die für die Bundesrepublik<br />

Deutschland nach Artikel 23 Abs. 6 AETR <strong>am</strong> 24.04.1992 und <strong>am</strong> 28.02.1995 in Kraft getreten sind (BGBl. II<br />

1997 S. 1550)<br />

� Gesetz über das Fahrpersonal von Kraftfahrzeugen und Straßenbahnen (Fahrpersonalgesetz – FPersG) in<br />

der Fassung der Bekanntmachung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 640), zuletzt geändert durch Art. 2 des Gesetzes<br />

vom 31.7.2010 (BGBl. I S. 1057)<br />

� Verordnung zur Durchführung des Fahrpersonalgesetzes (Fahrpersonalverordnung – FPersV) vom 27. Juni<br />

2005 (BGBl. I S. 1882), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 22.01.2008 (BGBl. I S. 54)<br />

� Gesetz über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer bestimmter Kraftfahrzeuge für den Güterkraft-<br />

oder Personenverkehr (Berufskraftfahrer-Qualifikationsgesetz – BKrFQG) vom 14. August 2006 (BGBl. I<br />

S. 1958)<br />

� Straßenverkehrsgesetz (StVG) in der Fassung der Bekanntmachung vom<br />

05. März 2003 (BGBl. I S. 310, 919), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzes vom 31. Juli 2009 (BGBl. I S.<br />

2507)<br />

� Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) vom 16. November 1970 (BGBl. I S. 1565) zuletzt geändert durch Artikel 1 der<br />

Verordnung vom 05. August 2009 (BGBl. I S. 2631)<br />

� Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV) vom<br />

18. August 1998 (BGBl. I S. 2214), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 05. August 2009 (BGBl. I<br />

S. 2631)<br />

� Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) in der Fassung der Bekanntmachung vom 28. September 1988<br />

(BGBl. I S. 1793), zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.04.2009 (BGBl. I S. 872)<br />

� Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr (BOKraft) vom 21. Juni 1975<br />

(BGBl. I S. 1573), zuletzt geändert durch Artikel 2 der Verordnung vom 8. November 2007 (BGBl. I S. 2569)<br />

� Arbeitszeitgesetz (ArbZG) vom 6. Juni 1994 (BGBl. I S. 1170, 1171), zuletzt geändert durch Artikel 229 der Verordnung<br />

vom 31.10. 2006 (BGBl. I S. 2407)<br />

� Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes – Immissionsschutzgesetz (Technische Anleitung<br />

zum Schutz gegen Lärm -TA Lärm) vom 28. August 1998 (GMBl. Nr. 26/1998 S. 503)<br />

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