MUM 01 | 2004 PROFILE 18 VERBEUGUNG VOR DER ZIVILCOURAGE GESCHWISTER-SCHOLL-PREIS FÜR DEN BRITISCHEN HISTORIKER MARK ROSEMAN Für sein Buch „In einem unbewachten Augenblick“ hat der britische Geschichtsprofessor Mark Roseman den Geschwister- Scholl-Preis 2003 erhalten. Das Werk mache „in exemplarischer Weise deutlich, dass es auch im nationalsozialistischen Terrorsystem möglich war, großen persönlichen Mut zu beweisen“, urteilte die Jury. Der Preis wird vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels – Landesverband Bayern und der Landeshauptstadt <strong>München</strong> im Andenken an die Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ vergeben. Die mit 10.000 Euro dotiert Auszeichnung nahm Roseman Ende 2003 in der Großen Aula der LMU entgegen. Mark Rosemans Buch „In einem unbewachten Augenblick“ ist eine Geschichte von persönlichem Mut, von Moral und kleinen Glücksmomenten in unglückseligen Zeiten und von nie versiegender Hoffnung. Roseman erzählt von der deutschen Jüdin Marianne Ellenbogen, geborene Strauß, die 1943 unmittelbar vor der Deportation ihrer Eltern und ihres Bruders untertaucht. Im Untergrund überlebt sie den Nationalsozialismus – auch dank der Unterstützung einer bislang nicht näher erforschten Widerstandsgruppe. Rosemans Buch stellt die von Artur Jacobs gegründete Organisation „Bund. Gemeinschaft für sozialistisches Leben“ erstmals einer breiten Öffentlichkeit vor. Marianne Strauß überlebte, doch ihre Familie, ihr Verlobter und dessen Familie wurden von den Nationalsozialisten ermordet. Nach dem Krieg sah Marianne Strauß keine Möglichkeit, in Deutschland ein neues Leben zu beginnen: Sie zog nach Großbritannien und heiratete dort einen britischen Offizier. Aus ihren Tagebüchern, Briefen, Dokumenten sowie den Ergebnissen eigener akribischer Recherche webt Mark Roseman einen eindringlichen Erzählteppich, der Geschichte anschaulich lebendig macht. Ihm gelingt die bewegende Schilderung eines Leidensweges, die zeigt, dass Menschlichkeit auch im Naziterror Nischen schaffte, in denen die Hoffnung überleben konnte. „In einem unbewachten Augenblick“ ist eine Verbeugung vor der Zivilcourage der Marianne Strauß sowie ihrer Helfer. „Gerade die leidenschaftliche Subjektivität des Geschichtsprofessors Roseman objektiviert beispielhaft seine Lebensgeschichte einer couragierten Frau“, hob Dr. Rosemarie von dem Knesebeck hervor, die Vorsitzende des Landesverbandes Bayern im Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Durch die Konfrontation mündlicher Aussagen und Dokumente werde Roseman zum Interpreten von Geschichte. Das Buch erinnere an das Vermächtnis der Geschwister Scholl, deren Geschichte „in unsere Gegenwart bedrückend hineinreicht“, so <strong>München</strong>s Oberbürgermeister Christian Ude in seiner Laudatio. Mut und Moral zu zeigen sei ein aktuelles Gebot, so Ude weiter. In seiner sehr persönlichen Laudatio erzählte der in Ahlen geborene jüdische Regisseur Imo Moszkowicz von seinen Kontakten zum Umfeld von Marianne Strauß. Moszkowicz, der Auschwitz überlebte, brach den Mutigen eine Lanze, die sich oftmals unter großen Gefahren für die Verfolgten eingesetzt haben: „Wir, die Opfer, dürfen niemals aufhören, das hohe Lied derjenigen zu singen, die in unserem Lande die Kühnheit hatten, ihre Mitmenschlichkeit zu bewahren.“ ■ ms
BBDO Berlin/für Harald&Erhard Fotografie du kannst. Franka Potente, Schauspielerin, engagiert sich für ai. Sie können es auch. www.amnesty.de Spendenkonto 80 90 100, Bank für Sozialwirtschaft Köln, Bankleitzahl 370 205 00