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Heft 4/2001 - Pro Tier

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end des langsamen Ausblutens<br />

verstopfen vielfach die Gefässenden<br />

der vorderen Halsarterien, so<br />

das regelmässig nachgeschnitten<br />

werden muss. Und das alles bei<br />

vollem Bewusstsein des <strong>Tier</strong>es,<br />

weil beim Schächtschnitt die grossen,<br />

das Gehirn versorgenden Arterien<br />

innerhalb der Halswirbelsäule<br />

ebenso wie das Rückenmark und<br />

die 12 Hirnnerven nicht durchtrennt<br />

sind und wegen der knöchernen<br />

Ummantelung auch nicht durchtrennt<br />

werden können. Diese noch<br />

intakten Gefässe versorgen weiterhin<br />

das ganze Gehirn noch ausreichend,<br />

so dass keine Bewusstlosigkeit<br />

eintritt.»<br />

Wird das Opfer nachher gemäss<br />

Vorschrift noch an den Hinterbeinen<br />

aufgehängt, so der Mediziner weiter,<br />

werde das Gehirn weiter mit<br />

Blut versorgt. So bleibe das <strong>Tier</strong><br />

«praktisch bis zum Auslaufen der<br />

letzten Blutstropfen bei vollem Bewusstsein».<br />

Der Beweis hierfür sei<br />

vielfach erbracht worden, indem<br />

man das <strong>Tier</strong> nach dem Ausbluten<br />

entfesselte. Hartinger: «Mit der entsetzlich<br />

klaffenden Halswunde<br />

strebte es meistens voll orientiert,<br />

bewegungsfähig und angstvoll dem<br />

Ausgang des Schlachtraumes zu<br />

und musste durch den Bolzenschuss-<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/01<br />

Die Haltung von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> gegenüber<br />

dem Versuch des Bundesrats, die<br />

Schächtung ohne vorhergehende Narkose<br />

zu bewilligen, ist klar: «Das wäre<br />

ein schwerer Rückschlag für die Sache<br />

des <strong>Tier</strong>es und muss rundweg abgelehnt<br />

werden», sagt Rita Dubois, Geschäftsführerin<br />

der Schweizerischen<br />

Gesellschaft für <strong>Tier</strong>schutz/<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong>.<br />

«Nur schon die herrschende Unsicherheit<br />

über das Leiden eines unbetäubten<br />

<strong>Tier</strong>es während des Schächtens<br />

zwingt zum heute gültigen und im <strong>Tier</strong>schutzgesetz<br />

festgelegten Kompromiss.<br />

Wir verlangen dessen Beibehaltung:<br />

Zuerst betäuben, dann erst<br />

schächten.»<br />

Diese Meinung vertritt u.a. auch der<br />

in der Schweiz lebende Jurist Sami<br />

Adeeb, verantwortlich für arabisches<br />

und muselmanisches Recht am «Institut<br />

suisse de droit comparé» in<br />

Dorigny. Adeeb studierte auch die rituellen<br />

Schlachtmethoden der Juden,<br />

Muslime und Christen. In einem Brief<br />

an Bundesrätin Ruth Metzler-Arnold<br />

bietet er seine Hilfe an und stellt gleich<br />

klar: «Es ist nicht korrekt zu sagen, die<br />

apparat endgültig getötet werden.» Ablenkungsmanöver<br />

«Antisemitismus»<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> nimmt Stellung<br />

«Nicht tolerierbarer Rückschritt»<br />

Dieser Schilderung setzt der<br />

Schweizerische Israelitische Gemeindebund<br />

(SIG) seine Interpretation<br />

entgegen: Dank des sofortigen<br />

Blutdruckabfalls im Gehirn nach<br />

dem Schächtschnitt werde das<br />

Schlachtopfer ohnmächtig. Es leide<br />

deshalb nicht länger als nach der<br />

Betäubung mit dem Bolzenschuss<br />

oder dem Elektroschock. Was<br />

stimmt also, was geschieht dem<br />

<strong>Tier</strong> wirklich? Wie gesagt: Die Geschächteten<br />

können keine Auskunft<br />

geben, weshalb sich <strong>Tier</strong>schützer<br />

auch «im Zweifelsfall für das <strong>Tier</strong>»<br />

und damit gegen das traditionelle<br />

Schächten wehren. Allerdings vertritt<br />

auch keine Religion die Auffassung,<br />

<strong>Tier</strong>e müssten absichtlich eines<br />

qualvollen Todes sterben.<br />

«Judentum und <strong>Tier</strong>schutz sind<br />

dasselbe» erklärte sogar Rolf Halon-<br />

Schächtung ohne Betäubung sei ein<br />

wichtiges Ritual für die Juden und<br />

Muslime.» Was der Bundesrat nun wolle,<br />

sei auf Religionsebene nicht zu<br />

rechtfertigen, weder im Judentum,<br />

noch im Islam.<br />

Die Ablehnung der vorgeschlagenen<br />

Gesetzeslockerung habe auch<br />

nichts mit versteckten antiislamischen<br />

oder antisemitischen Motiven zu tun,<br />

präzisiert Dubois. Entsetzte Menschen,<br />

auch jüdischen Glaubens, hätten der<br />

Geschäftsstelle von <strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> angerufen<br />

und ihr Entsetzen über das geplante<br />

Fallenlassen der Betäubungspflicht<br />

zum Ausdruck gebracht. «Selbst jüdische<br />

und muslimische Gelehrten haben<br />

in ihren heiligen Büchern keine Beweise<br />

dafür gefunden, dass eine Betäubung<br />

des <strong>Tier</strong>es vor dem Schächten<br />

verboten wäre.» Der <strong>Tier</strong>schutz kämpfe<br />

seit Jahren für die Verbesserung der<br />

Nutztierhaltung, der <strong>Tier</strong>transporte und<br />

der Schlachtmethoden. Rita Dubois:<br />

«Schächten ohne Betäubung wäre in<br />

unserer Gesellschaft ein entsetzlicher<br />

Rückschritt, den wir niemals tolerieren<br />

werden.» rs<br />

brenner von der SIG-Geschäftsleitung<br />

laut dem jüdischen Wochenmagazin<br />

«tachless» im September<br />

in Bern. Halonbrenner soll aber<br />

noch etwas anderes gesagt haben:<br />

<strong>Tier</strong>schützer, die das Schächten<br />

[ohne Narkose, die Red.] verbieten<br />

wollten, seien «antisemitisch motiviert».<br />

Dies wäre eine demagogische<br />

Pauschalverurteilung, die billig<br />

vom <strong>Tier</strong> abzulenken versucht.<br />

Jedenfalls versichert der Berner<br />

<strong>Tier</strong>arzt und <strong>Pro</strong>fessor Urs Schatzmann<br />

gemäss «Basler Zeitung»,<br />

die genaue Zeitspanne zwischen<br />

dem Schächtschnitt und dem sicheren<br />

Verlust der Empfindungsfähigkeit<br />

könne «nicht mit Sicherheit»<br />

angegeben werden. Ein<br />

Grund mehr für den <strong>Tier</strong>schutz, am<br />

Betäubungszwang vor der Schächtung<br />

festzuhalten. Ohne irgendwelche<br />

Ressentiments – sondern<br />

schlicht und einfach dem wehrlosen<br />

<strong>Tier</strong> zuliebe. ■<br />

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