Heft 4/2001 - Pro Tier
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Schächtung ohne Narkose bald salonfähig?<br />
Unbarmherziger<br />
Kehlschnitt<br />
Der Messerschnitt durch die<br />
Kehle eines unbetäubten<br />
Schlachttiers soll in der<br />
Schweiz möglich werden. Mit<br />
dem Schächten ohne Narkose<br />
will der Bundesrat islamischen<br />
und jüdischen Bürgern entgegenkommen.<br />
Die <strong>Tier</strong>schutzorganisationen<br />
aber wehren sich<br />
vehement für die <strong>Tier</strong>e: Der<br />
Schächttod ist langsam, qualvoll<br />
– und vermeidbar.<br />
Das Schaf muss sterben:<br />
Schächtung. Sein Fleisch<br />
soll den Hunger der Menschen<br />
stillen. So wird es heute getötet,<br />
wie Millionen anderer<br />
«Schlachttiere» auf dieser Welt.<br />
Sterben zu müssen, ist immer<br />
schlimm. Egal wie, ob durch einen<br />
Schuss ins Hirn, Kopfabhacken,<br />
Elektroschock oder einen Schnitt<br />
durch die Kehle. Was einem beim<br />
Sterben genau widerfährt, weiss<br />
niemand wirklich. Man hofft einfach,<br />
es gehe schnell, angst- und<br />
schmerzlos. Das Schächten aber,<br />
das auch schon bei Menschen praktizierte<br />
Halsdurchschneiden, ist<br />
eine langsame Tötungsmethode.<br />
VON RUEDI SUTER<br />
Bevor die Opfer – vor allem Rinder,<br />
Ziegen und Schafe – ihr Bewusstsein<br />
verlieren und tot sind, vergeht<br />
eine grausame Zeit. Wieviel Zeit<br />
und wie schmerzlich genau, darüber<br />
wird gestritten. Es gibt keine<br />
Berichte von Geschächteten über<br />
das Widerfahrene. Genauso wenig<br />
wie es Berichte von <strong>Tier</strong>en über ihr<br />
<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/01<br />
Auch der Schweizer Kuh droht das Schächtmesser.<br />
Denkvermögen oder ihre Gefühlswelt<br />
gibt. So wird eben interpretiert.<br />
Dass das zum Tod verurteilte<br />
Schaf – Symbol des alttestamentarischen<br />
Opfertiers – jetzt etwas<br />
merkt, ist aber zweifelsfrei: Es ist<br />
unruhig, und als es von kräftigen<br />
Männerfäusten an den Läufen gepackt<br />
und trotz verzweifeltem Zappeln<br />
und Blöken zu Boden gezwungen<br />
und gefesselt wird, hat es sichtlich<br />
Angst. Die Fäuste fixieren seinen<br />
Kopf und straffen den Hals<br />
nach hinten, dann wird die scharfe<br />
Messerklinge angesetzt und rasch<br />
durchgezogen. Aus der weit klaffenden<br />
Halswunde schiesst das Blut<br />
unter den röchelnden Tönen des im<br />
Todeskampf zuckenden Schafes. Es<br />
dauert Minuten, qualvoll lange Minuten,<br />
bis das <strong>Tier</strong> endlich tot ist.<br />
Umstrittene Betäubungsverweigerung<br />
Fromme Juden und Muslime müssen<br />
ihre zur Mahlzeit bestimmten<br />
<strong>Tier</strong>e unbetäubt schächten – religiöser,<br />
moralischer und hygienischer<br />
Vorgaben wegen. Die Vertreter der<br />
betäubungslosen Schächtung beider<br />
Religionen praktizieren die rituelle<br />
Tötung des Mitgeschöpfes <strong>Tier</strong><br />
als religiöse Opfer-Kulthandlung,<br />
bei dem das fliessende Blut eine<br />
vielschichtige Rolle spielt. Dabei<br />
stützt man sich auf Interpretationen<br />
des jüdischen Talmuds und der<br />
Thora oder des Korans. Diese Interpretationen<br />
aber werden seit Jahrhunderten<br />
auch von jüdischen wie<br />
muslimischen Gelehrten in einem<br />
Punkt kritisiert: bei der auch ihrer<br />
Bild: Ruedi Suter<br />
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