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Heft 4/2001 - Pro Tier

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<strong>Tier</strong>e bald vor Fleischgourmands sicher?<br />

Künstliche Steaks<br />

Um das Töten von <strong>Tier</strong>en<br />

überflüssig zu machen,<br />

möchten niederländische<br />

Forscher im Labor künstliches<br />

Fleisch züchten.<br />

Fleischklumpen von mindestens<br />

50 Gramm will der Dermatologe<br />

Wiete Westerhof<br />

von der Universität Amsterdam in<br />

grossen Containern heranwachsen<br />

lassen, so das Magazin «Geo-Wissen<br />

– Ernährung» (Hamburg). Er<br />

habe sich von der Methode zur Herstellung<br />

künstlicher Haut inspirieren<br />

lassen und besitze zusammen<br />

mit zwei Geschäftsleuten bereits<br />

ein weltweites Patent auf diese Methode.<br />

Allerdings sei das Verfahren<br />

noch nicht ganz ausgereift.<br />

Muskelzellen von Walen<br />

Die Fleischproduktion soll mit Hilfe<br />

von Kollagen-Gerüsten gelingen,<br />

an denen Muskelzellen andocken,<br />

die zuvor Spendertieren entnommen<br />

worden sind. Westerhof<br />

spricht von Containern mit mehr als<br />

5000 Litern Fassungsvermögen, in<br />

denen das Fleisch in einer Nährstofflösung<br />

erzeugt werden könne.<br />

Die Flüssigkeit solle 62 Inhaltsstoffe,<br />

darunter 20 Aminosäuren, 12<br />

Vitamine und diverse Enzyme enthalten.<br />

«Das <strong>Pro</strong>dukt hat die Struktur und<br />

den Geschmack von magerem<br />

Fleisch, ohne dass die <strong>Tier</strong>e leiden<br />

müssen oder religiöse und ethische<br />

Bedenken oder Umweltprobleme<br />

auftreten, wie das bei der heutigen<br />

Fleischproduktion der Fall ist»,<br />

heisst es in der Patentschrift. Ausserdem<br />

sei die Substanz frei von<br />

Fett, Knochen, Knorpeln und Sehnen<br />

und deshalb auch für die «ältere<br />

Generation einfacher zu konsumieren».<br />

Die <strong>Pro</strong>duktion gelinge<br />

<strong>Pro</strong><strong>Tier</strong> 4/01<br />

nicht nur mit Muskelzellen von<br />

Schweinen, Rindern und Hühnern.<br />

Auch Fleisch von Känguruhs, Walen<br />

oder Langusten liesse sich auf<br />

diese Weise herstellen. Allerdings<br />

Fast zehn Jahre nach der erstmaligen<br />

Erteilung eines Patents auf <strong>Tier</strong>e in Europa<br />

hat das Europäische Patentamt<br />

(EPA) in München am 7. November<br />

<strong>2001</strong> das umstrittene Patent auf die<br />

genmanipulierte «Krebsmaus» (wir<br />

berichteten) im Wesentlichen bestätigt.<br />

Über 100 Organisationen, Gruppen sowie<br />

zahlreiche Einzelpersonen hatten<br />

gegen das von der Harward-Universität<br />

eingereichte und vom EPA 1992 erteilte<br />

Patent für eine Maus, in deren Gensequenz<br />

ein menschliches Krebsgen<br />

eingeschleust wurde, mit insgesamt 17<br />

Sammelklagen Widerspruch eingelegt.<br />

Als erstes Patent in Europa beanspruchte<br />

es nicht nur das Recht, Versuche<br />

an <strong>Tier</strong>en durchzuführen, sondern<br />

erklärte die <strong>Tier</strong>e selbst zur angeblichen<br />

«Erfindung». Die manipulierten <strong>Tier</strong>e<br />

erkranken mit grosser Wahrscheinlichkeit<br />

frühzeitig an einem Krebstumor.<br />

Deswegen werden sie sich als <strong>Tier</strong>modelle<br />

eingesetzt, beispielsweise um die<br />

Wirksamkeit von Krebstherapien zu erforschen.<br />

Schon 1985 hatten die Wissenschafter<br />

das Verfahren in den USA<br />

zum Patent angemeldet.<br />

Nach zweitägiger Verhandlung erklärte<br />

das EPA Patente auf Lebewesen<br />

grundsätzlich für zulässig und schränkte<br />

die Gültigkeit des «Krebsmaus-Patents»<br />

lediglich auf Nagetiere ein. Die<br />

Harvard-University in Cambridge (Mas-<br />

<strong>Pro</strong>blem-Patent<br />

habe sich in den bisherigen Versuchen<br />

die Zahl der Zellen lediglich<br />

alle zwei bis drei Tage verdoppelt.<br />

Derzeit suchen die Patentinhaber<br />

nach Investoren. uk<br />

Genmanipulierte Säugetiere<br />

Das umstrittene Patent auf die genmanipulierte Krebsmaus<br />

ist bestätigt. Von den Kritikern wird jetzt ein «Dammbruch<br />

bei der Vermarktung des Lebendigen» befürchtet.<br />

sachusetts) hatte Ansprüche auf alle<br />

nach derselben Methode manipulierten<br />

Säugetiere angemeldet. Für die gegen<br />

das Patent protestierenden Umweltgruppen<br />

ist diese Einschränkung jedoch<br />

lediglich eine kosmetische Korrektur.<br />

Sie sehen in der EPA-Entscheidung<br />

eine Gleichsetzung von Lebewesen mit<br />

irgendwelchen technischen Erfindungen.<br />

«Das EPA überschreitet skrupellos<br />

die ethischen Grenzen», sagt ein<br />

Greenpeace Sprecher. «Es hat aus dem<br />

kleinen Feuer einen Flächenbrand gemacht.<br />

Wer Säugetiere zu einer Erfindung<br />

erklärt, für den ist auch der<br />

menschliche Körper nichts als ein Haufen<br />

Zellen, den man wirtschaftlich ausbeuten<br />

kann.»<br />

Die Forschung an dem Patent hatte<br />

der Chemiekonzern DuPont bezahlt.<br />

DuPont hoffte, dass Arzneimittelhersteller<br />

Interesse an dem <strong>Tier</strong> hätten, um<br />

an ihm zu forschen und Krebstherapien<br />

zu entwickeln. Aber das Patent hatte<br />

ganz andere Folgen: Wegen seiner<br />

breiten Ansprüche behinderte es in vielen<br />

Fällen sogar die Krebsforschung.<br />

Umweltschützer wie auch Kirchengruppen<br />

befürchten jetzt einen «Dammbruch<br />

bei der Vermarktung des Lebendigen».<br />

Immerhin hat das EPA, so<br />

Greenpeace, bis zum April dieses Jahres<br />

bereits mehr als 20 Patente auf Lebewesen<br />

erteilt. Ulrich Karlowski<br />

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