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26<br />

VON SACHA BEUTH<br />

Seit Christian Staufer das Zepter im<br />

Wildnispark Zürich (vormals Wildpark<br />

Langenberg und Sihlwald) übernommen<br />

hat, hat sich in Sachen Tierhaltung<br />

einiges verbessert. Im<br />

«Tagblatt» erzählt der 51-Jährige, wie<br />

er seine Institution populärer machen<br />

will.<br />

«Tagblatt der Stadt Zürich»: Christian<br />

Staufer, in den Medien wird jede Geburt<br />

im Zoo Zürich abgefeiert, Neuigkeiten<br />

aus dem Wildnispark fnden jedoch<br />

kaum Erwähnung. Wie erklären<br />

Sie sich das?<br />

Christian Staufer: Der Zoo steht mit<br />

Elefant, Tiger und Löwe für das Exotische,<br />

wir mit Hirsch, Fuchs und Reh<br />

für das Einheimische, Gewöhnliche.<br />

Das ist weniger populär und fndet darum<br />

auch weniger Echo in den Medien.<br />

Zudem betreuen wir mit Langenberg,<br />

Besucherzentrum und dem<br />

Sihlwald als kleinen Nationalpark anders<br />

als der Zoo drei unterschiedliche<br />

Bereiche. Dieses Konstrukt ist schwieriger<br />

zu vermarkten.<br />

Was also unternehmen Sie, damit der<br />

Wildnispark populärer wird?<br />

Staufer: Man darf nicht vergessen,<br />

dass die Marke Wildnispark Zürich<br />

noch ziemlich neu ist. Damit sie sich<br />

im Bewusstsein der Leute verankert,<br />

braucht es Zeit. Wichtig ist, dass wir<br />

auf unsere Stärken Naturschutz und<br />

Erlebnis der Natur setzen. Doch wenn<br />

wir uns in dieser Richtung weiterentwickeln<br />

wollen, brauchen wir mehr<br />

privates Engagement. Damit meine ich<br />

nicht nur direkte Zuwendungen oder<br />

INFOBOX<br />

AUG UM AUG<br />

«Die Besucher sollen<br />

die Tiere richtig erleben»<br />

Der Langenberg, der Sihlwald und das<br />

Besucherzentrum in Sihlwald werden<br />

seit 2009 von der Stiftung Wildnispark<br />

Zürich geführt. Trägerschaft sind Stadt<br />

und Kanton Zürich, die Gemeinden<br />

des Bezirks Horgen sowie Pro Natura.<br />

Das Gebiet gehört seit dem 16. Jahrhundert<br />

der Stadt Zürich, die es zur Deckung<br />

des Brennholzbedarfs nutzte.<br />

1869 entstand auf Initiative des Stadtforstmeisters<br />

C. A. L. Orelli ein Wildgarten.<br />

Heute leben in den naturnahen<br />

Gehegen des Langenberg und beim<br />

Besucherzentrum in Sihlwald rund<br />

zwei Dutzend Tierarten, darunter Wolf,<br />

Braunbär, Rothirsch und Fischotter.<br />

Projektsponsoring,<br />

sondern auch Tier-<br />

und Sihlwaldpatenschaften<br />

sowie vermehrte<br />

Tätigkeit von<br />

Freiwilligen. Denn<br />

mit den Beiträgen der<br />

Trägerorganisationen<br />

ist nur der laufende<br />

Betrieb gedeckt.<br />

Warum verlangen Sie<br />

kein Eintrittsgeld?<br />

Staufer: Es ist zwar<br />

nicht in den Statuten<br />

festgeschrieben, aber<br />

es ist der Wille der<br />

Stifter, dass der Zutritt<br />

weiterhin kostenlos<br />

ist.<br />

Immerhin hätte man<br />

dann Geld für zusätzliche<br />

Attraktionen.<br />

Zum Beispiel um Anlagen<br />

für winterharte<br />

Exoten wie Puma<br />

oder Waschbär zu<br />

bauen.<br />

Staufer: Die Haltungaussereuropäischer<br />

Tiere widerspricht<br />

der Idee des Parks. Zwar hatte<br />

der Wildpark Langenberg in früherer<br />

Zeit einige Exoten in seinem Bestand,<br />

und auch heute sind mit Przewalskipferd<br />

und Vietnam-Sikahirsch zwei<br />

davon vertreten. Doch stehen sie entweder<br />

als Stellvertreter einer ausgestorbenen<br />

heimischen Art – im Falle des<br />

Przewalskipferdes<br />

für das Tarpan –<br />

oder für eingeführtes<br />

Parkwild.<br />

Weitere Exoten<br />

stehen nicht zur Diskussion. Wir konzentrieren<br />

uns lieber darauf, die Anlagen<br />

für die vorhandenen Tiere zu optimieren.<br />

Und wenn es neue Arten gibt,<br />

dann werden es europäische sein.<br />

Andererseits scheinen gewisse Anlagen<br />

fast zu gut optimiert zu sein. Einige<br />

Besucher beklagen sich, dass sie gar<br />

keine Tiere darin sehen.<br />

Staufer: Die Besucher sollen die Tiere<br />

richtig erleben. Ich glaube auch,<br />

dass die Mehrzahl der Leute die grossen,<br />

naturnahen Gehege schätzt, auch<br />

wenn sie die Tiere manchmal suchen<br />

müssen. Trotzdem haben wir in den<br />

letzten Jahren versucht, die Tiere so zu<br />

animieren, dass sie sich vermehrt den<br />

Geschäftsführer des Wildnisparks Zürich: Christian Stauffer. Bild: SB<br />

Das Interview:<br />

Christian Stauffer<br />

Besuchern zeigen. Etwa über verstecktes<br />

Futter an gut einsehbaren Stellen.<br />

Bei bestimmten Veranstaltungen gibt<br />

es auch kommentierte Schaufütterungen<br />

durch Pfeger.<br />

Stichwort Veranstaltungen: Müsste da<br />

nicht mehr unternommen werden?<br />

Wie wäre es mit<br />

einer Wildwestshow<br />

oder einem Mittelalterspektakel?<br />

Staufer: Es gibt sicher auch da noch<br />

die eine oder andere Möglichkeit. Allerdings<br />

muss man aufpassen, dass<br />

das Ganze nicht in Eventitis ausartet.<br />

Wir werden unter anderem auch als<br />

Oase der Ruhe geschätzt, und diese<br />

Qualität gilt es zu pfegen. Shows<br />

kommen dann infrage, wenn sie in Beziehung<br />

zum Tier und zur Natur stehen.<br />

Seit zwei Jahren gibt es bei uns<br />

im Sommer während den Sonntagen<br />

eines Monats eine Greifvogelvorführung.<br />

Eine Ausweitung des Programms<br />

ist denkbar. Nebenbei sei erwähnt,<br />

dass wir im neuen Westteil mit Fuchsscheune,<br />

Knochenwald, Mongolischer<br />

Jurte, Elchhaus und Feuerhöhle schon<br />

fünf Erlebniswelten geschafen haben.<br />

Warum gibt es im Wildnispark keinen<br />

Streichelzoo?<br />

Staufer: Wir haben diese Option immer<br />

wieder diskutiert, aber auch immer<br />

wieder verworfen. Das Beobachten<br />

der Tiere soll nicht durch das<br />

Berühren konkurrenziert werden. Wir<br />

planen allerdings, zur Bewirtschaftung<br />

der Wiesen beim Besucherzentrum<br />

Nutztiere einzusetzen. Diese sollen<br />

von Kindern betreut werden, und so<br />

gäbe es auch Kontaktmöglichkeiten.<br />

Welche Projekte und Neubauten sind<br />

für die nächsten Jahre geplant?<br />

Staufer: Die Erneuerung und Erweiterung<br />

des Westteils im Langenberg<br />

mit grösseren Anlagen für Elch, Wisent<br />

und Przewalskipferd hat rund 5 Millionen<br />

Franken gekostet. Von daher<br />

werden wir in nächster Zeit eher kleinere<br />

Brötchen backen. In der Pipeline<br />

stehen unter anderem das erwähnte<br />

Nutztierprojekt sowie eine Scheune<br />

mit hausbewohnenden Wildtieren.<br />

Ausserdem müssen wir dringend unseren<br />

Gastronomiebereich auf Vordermann<br />

bringen.<br />

Was wird sich im Bereich Arten- und<br />

Naturschutz tun?<br />

Staufer: Unser wichtigstes Projekt ist<br />

nach wie vor der Sihlwald. Diesen<br />

überlassen wir den Gestaltungskräften<br />

der Natur. Überdies habe ich als persönliches<br />

Ziel, den Wisent im Jura und<br />

die Wildkatze am Albis und südlich<br />

davon wieder anzusiedeln. n<br />

CURRICULUMVITAE<br />

n Geboren<br />

8. 4. 1960 in Aarau.<br />

Mittwoch, 10. August 2011<br />

n Ausbildung<br />

1981 bis 1987 Zoologiestudium an der<br />

Uni Zürich, 1989 bis 1992 Studium<br />

Nationalökonomie an der Uni Bern,<br />

2002 bis 2005 MBA für Non-Profit-<br />

Organisationen an der Uni Freiburg.<br />

n Karriere<br />

Ab 1987: Mitarbeit beim Infodienst<br />

Wildbiologie sowie bei diversen<br />

Zoologie- und Naturschutzprojekten.<br />

Ab 1990: Sachbearbeiter Wildtier beim<br />

Stadtforstamt Zürich. Ab 1992: Wissenschaftlicher<br />

Leiter Wildpark Langenberg<br />

und Wildschonreviere. Ab 2009:<br />

Geschäftsführer Stiftung Wildnispark<br />

Zürich.

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