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58 KINO DER TOPFILM DER WOCHE Barney (Paul Giamatti, l.) und sein Vater Izzy (Dustin Hoffman) haben Differenzen. Bilder: PD Das turbulente Leben eines miesepetrigen Taugenichts In «Barney’s Version» hält Paul Giamatti in der Rolle eines miesepetrigen, jüdischen TV-Fernsehproduzenten Rückblick auf sein Leben – und läuft dabei zur Höchstform auf. Amors Pfeile können jeden jederzeit trefen. Doch dass einem Mann ausgerechnet an seiner Hochzeit die Liebe des Lebens begegnet, ist abstrus. So abstrus wie etliches anderes auch in Mordechai Richlers Roman «Barney’s Version», den Richard J. Lewis nun auf die Leinwand gehoben hat. Er setzt ein am Tag, an dem Barney Panofskys unautorisierte Biografe erscheint und dieser sich gezwungen sieht, die eigene Version «seines vertanen Lebens» publik zu machen. Ergo erzählt er: von Boheme- Jahren in Italien, der Rückkehr nach Montreal. Von drei Ehen, die im De- Luca Marinelli in «Die Einsamkeit der Primzahlen.» Ewig zusammen, immer allein «Die Einsamkeit der Primzahlen»: Saverio Costanzo hat den zauberhaften Bestseller von Paolo Giordano in einen tief melancholischen Film verwandelt. Selbst sich unmittelbar folgende Primzahlen stehen nie direkt nebeneinander: Tiefsinnige Erkenntnis steckt im Titel des neuen Films von Saverio saster endeten. Von seiner Liebe zu Miriam (Rosamunde Pike), der nicht stressfreien Beziehung zu seinem Vater, dem Ex-Polizisten Izzy (Dustin Hofman). Und natürlich vom Tag, an dem sein bester Freund spurlos verschwunden und Barney unter Mordverdacht geraten war. Ziemlich unsympathisch beschreibt Barney sich selber. Als impulsiven Egozentriker, der zu viel trinkt, sich oft selber im Weg steht, als jähzornigen und selbstmitleidigen Alten. Doch Paul Giamatti verpasst Barney Charme und Charisma, sodass man diesen auf der Stelle ins Herz schliesst. Bald lustig, bald tragisch, stets leise ironisch ist «Barney’s Version». Die berührende Bauchnabelschau eines alles andere als über jeden Verdacht erhabenen Mr. Jedermann; schönes und kluges Unterhaltungskino. IRENE GENHART Costanzo. Sie kennzeichnet symbolisch die Beziehung von Alice und Mattia, die sich als Jugendliche ineinander verlieben, aber nicht zusammenkommen, weil auf ihnen düstere Schatten der Kindheit lasten: der Vertrauensmissbrauch durch den Vater bei Alice, der Verlust der Schwester bei Mattia. Gleichwohl bleiben Alice und Mattia – hervorragend: Alba Rohrwacher, Luca Marinelli – bis in ihre Studienzeit eng befreundet. Dann aber trennen sich ihre Wege. Und als sie sich Jahre später wieder begegnen, stecken beide tief in einer Krise. Die Adaption des Bestsellers von Paolo Giordano «Die Einsamkeit der Primzahlen» erzählt von faszinierender Seelenverwandtschaft. Doch derweil im Roman die Traumen die Protagonisten magisch aneinanderketten, treiben sie diese im Film auseinander. Und das verpasst diesem eine unerträgliche Fatalität. GEN NEUSTARTS ■ Barney’s Version In dieser Adaption von Mordechai Richlers gleichnamigem Roman spielen Dustin Hoffman einen strammen Ex-Polizisten und Paul Giamatti seinen bloss halb so strammen, doch als TV-Produzent durchaus erfolgreichen Sohn. Abgesehen davon, handelt Richard J. Lewis’ Film – bald verrückt romantisch, bald tief satirisch – von der Liebe eines Lebens. (Capitol, Corso) ■ Die Einsamkeit der Primzahlen Eigentlich können Alice (Alba Rohrwacher) und Mattia (Luca Marinelli) ohne einander nicht leben, und eigentlich wissen sie das, seit sie sich auf dem Gymnasium das erste Mal begegnet sind. Doch die Liebe geht in Saverio Costanzos tief melancholischem Film sehr bizarre Wege. (Arthouse Nord-Süd) ■ Resturlaub Oberdoofe Beziehungskomödie von Gregor Schnitzler, in der sich Melanie Winiger als Spanischlehrerin und Leandro Nigro als tuntiger Hundecoiffeur in Buenos Aires unverbrämt zu Affen machen. Auweia. (Abaton, Arena) ■ Rise of the Planet of the Apes Eigentlich erzählt Rupert Wyatts Prequel zum beliebten Scifi-Klassiker «Planet der Affen» bloss, welche phänomenalen Auswirkungen gewisse Alzheimermedikamente auf den Laboraffen Caesar haben. Eine grandios animierte Scifi-Gaudi, deren haariger Protagonist sich auf der Stelle in die Herzen der Zuschauer schleicht. (Abaton, ABC, Arena, Metropol) ■ Balada triste de trompeta Ein Zirkus- und Clownfilm und ein Horrormovie. Eine das Herz abdrückende zärtliche, zornige und traurige Liebesgeschichte auch. Vor allem aber: eine grossartig zynische spanische Politsatire, für die Leinwand arrangiert von Alex de la Iglesia. (Riffraff) BEST OF ■ Super 8 Dieses Monsterfilm- Mash -up von J. J. Abrams ist eine entzückend nostalgisch anmutende Hommage an die guten alten Spielberg-Filme. Es dreht sich um sechs vom Zombiefilm begeisterte Teenager, einen spektakulären Zugunfall und ein ausserirdisches Wesen, das vor allem wünscht «to go home». (Abaton, Arena, Corso, Metropol) ■ How Much Does Your Building Weigh, Mr. Foster? Dreht sich um Mittwoch, 10. August 2011 Fragen der Perfektion und des architektonischen Designs. Beleuchtet daneben schwungvoll erzählt den Werdegang eines englischen Arbeitersohns, der heute als einer der arriviertesten Architekten der Welt gilt: Norman Foster. (Arthouse Movie) ■ Gianni e le donne Wirklich neu erfunden hat «Pranzo di ferragosto»- Regisseur Gianni Di Gregorio sich und das Kino hiermit nicht. Aber sein Film verströmt eine angenehme Italianità, und die 96-jährige Valeria De Franciscis, zum dritten Mal vor der Kamera stehend, ist als Mama nach wie vor die pure Wucht! (Arthouse Alba) ■ Die Schlümpfe / The Smurfs Jetzt hat es nun also auch die blauhäutigen Zipfelmützenträger in die 3-D- Kinowelt verschlagen. An sich hübsch animiert, ist der von Raja Gosnell inszenierte Trick/Realspielfilm leider aber ein wenig zu actionwild, um wirklich kindergerecht zu sein. Schade. (Abaton, Arena, Capitol, Corso) ■ Cars 2 Kommt hübsch bunt und niedlich daher wie ein Trickfilm für Kinder. Ist aber arg textlastig, erzählt eine Art James-Bond-/Mission-Impossible- Story für Autofreaks und setzt sich so zielpublikumsmässig ziemlich zwischen die Bänke. Schade. (Abaton, ABC, Arena, Corso) ■ Angèle & Tony Da steht am Anfang einer Beziehung eine Kontaktanzeige. Und weil dieser Erstling von Alix Delaporte in einem kleinen Kaff in der Normandie spielt, die Protagonisten ein wortkarger Kerl und eine eigenwillige junge Frau mit trister Vergangenheit sind, ist, was im Kleinen geschieht, auf Leinwand herzberührend grosses Kino. (Riffraff) ■ Beginners Regenbogenbunter Liebesfilm, in dem Christopher Plummer als alter Vater ein spätes Coming-out durchgibt, Ewan McGregor als längst erwachsener Sohn eine erste Liebe erlebt und die in «Inglorious Basterds» masslos unterforderte Mélanie Laurent beweisen darf, dass sie nicht nur schön, sondern auch eine grossartige Schauspielerin ist. Ein Meisterwerklein von Mike Mills. (Capitol, Riffraff) ■ Green Lantern Hier verwandelt sich Ryan Reynolds vom draufgängerischen Piloten zum coolen Superhelden und Peter Sarsgaard vom Wissenschaftler zum Schurken. Abgesehen davon, ist Martin Campbells Comicverfilmung ein unterhaltsames und solides 3-D-Science-Fiction-Spektakel. (Abaton, ABC, Arena)
Mittwoch, 10. August 2011 KINO 59 BEST OF ■ Klitschko Sebastian Dehnhardts Dokuporträt der boxenden Brüder ist spannender als die meisten Spielfilme, die derzeit im Kino laufen. Und: Es geht darin um viel mehr als «nur» Sport. Ein Muss. (Capitol) ■ Bridesmaids / Brautalarm Am einfachsten zu umschreiben als «Hangover» für Mädels. Oder aber: eine herzhafte Zicken-Komödie, in der US-Komikerin Kristen Wiig zur Höchstform aufläuft. Macht wider Erwarten saumässig Spass! (Abaton, Arena,Capitol) ■ Life in a Day 24. Juli 2010. In 190 Ländern halten Youtube-User mit der Kamera fest, was sie im Moment erleben, befürchten, hoffen, lieben… Von Kevin Macdonald zusammengefügt, ist ein kunterbunter Film entstanden, der in praller Fülle vom Leben auf Erden berichtet. ( Riffraff) ■ Das Lied in mir Spielt im Buenos Aires von heute, handelt im Kern aber von unlauteren Machenschaften zu Zeiten der Militärdiktatur. Ein atmosphärisch dichtes Familiendrama von Florian Cossen. Stark: Jessica Schwarz auf der Suche nach ihrer wahren Vergangenheit. (Arthouse Movie) ■ Insidious Dieser hübsch schauerliche Gruselthriller von «Saw»-Regisseur James Wan bewegt sich unübersehbar auf den Spuren von Horrorfilm-Klassikern wie «Poltergeist» und «The Exorcist». Leider erreicht er nicht ganz deren Niveau. (Abaton, ABC, Arena) ■ Harry Potter and the Deathly Hallows – Part 2 Dies soll nun also des wackeren Zauberlehrlings definitiv letzter Leinwandauftritt sein. Der von David Yates in Szene gesetzte Film ist bilderprächtig, trotz heftig-prächtigen, finalen Kämpfen recht gemächlich, das 3-D-Format allerdings verschenkt. Gleichwohl einwürdiger Abgang. (Abaton, ABC, Arena, Capitol, Corso) IMPRESSUM «TAGBLATT» Herausgeberin: Tagblatt der Stadt Zürich AG Auflage 140’000 Expl. Leser 126’000 (MACH Basic 11 I) VERLAG/REDAKTION Verlagsleiter/ Markus Hegglin (he) Chefredaktor Redaktion Sacha Beuth (sb) Ginger Hebel (gh) Clarissa Rohrbach (cla) Jan Strobel (js) Janine Grünenwald (Assistenz) ■ Carlos – der Schakal Olivier Assayas neuster Leinwandstreich ist das überaus packende Porträt des im Kalten Krieg meistgesuchten Terroristen der Welt: Ilich Ramirez Sánchez. (Riffraff) ■ Kill Me Please Pechrabenschwarz/weisseSterbeklinik-Komödie von Olias Barco. So grundbodenständig-erz-makaber überaus selten. (Riffraff) ist Kino ■ The Zookeeper / Der Zoowärter Da sprechen Tiere wie Menschen und ahmt Kevin James als tumber Tor Affe, Wolf, Bär nach um seine Herzdame zurückzuerobern. Ist ja nett angedacht, diese Komödie von Frank Coraci und bis auf einige Igitt- Szenen durchaus familientauglich. Doch grosses Kino ist dieser Film, trotz Gottschalks Kurzauftritt als Modedesigner, nicht. (Abaton, Arena) ■ Les petits mouchoirs Obwohl einer der ihren kurz davor schwer verunfallt, fährt eine Gruppe befreundeter Pariser wie jeden Sommer für ein paar Wochen ans Meer. Eine sehr bewegende, und mit u. a. François Cluzet und Marion Cotillard hoch karätig besetzte Tragikomödie über die Liebe, das Leben, Freundschaft und den Tod von Guillaume Canet. (Arthouse Movie) ■ Larry Crowne Er hat das College verpasst und den Job verloren, sie einen Sexmaniak als Mann und ein Alkproblem; als er und sie sich begegnen, sind einiges über 40, sie die Lehrerin, er ihr Student: Durchstarten und Neuanfangen, auch wenn es schwierig ist, lautet die Message dieser leise romantischen Cheer-Up-Folk-Comedy von und mit Tom Hanks und Julia Roberts. (Corso) ■ También la lluvia Faszinierend doppelbodig verbindet dieses Drama von Icíar Bollain – ausgehend von Dreharbeiten zu einem Film über Christoph Kolumbus – die Ge- ANZEIGEN Leitung Daniel Fritsche Beratung Thomas Lüthy ADRESSEN Redaktion Werdstr. 21, Postfach 8021 Zürich Tel. 044 248 42 11 Fax 044 248 62 71 redaktion@tagblattzuerich.ch leserbriefe@tagblattzuerich.ch Inserate- Tel. 044 248 48 48 Annahme Fax 044 241 80 22 schichte der Kolonialisierung Lateinamerikas mit den heute tobenden Auseinandersetzungen um natürliche Ressourcen in Bolivien. Ungewohnt «erwachsen»: Schauspieler Gael Garcia Bernal, der als idealistischer Filmemacher zwischen die Fronten gerät. (Riffraff) ■ Transformers: Dark of the Moon Dass sich der Kampf zwischen Autobots und Deceptions irgendwann auch ins Universum ausbreiten würde war genauso zu erwarten, wie dass diese spektakuläre Science Fiction-Reihe ins Reich der dritten Dimension vordringen würde. Ein in wahrhaft prächtiges 3-D-Spektakel! (Abaton, Arena) ■ Mr. Popper’s Penguins / Mr. Poppers Pinguine Jim Carey spielt mit Pinguinen. Das ist ulkig anzusehen – gleichwohl nicht zur Nachahmung zu empfehlen. (Abaton, Arena) ■ Les femmes du 6eme étage Gutbürgerlicher Franzose techtelmechtelt mit spanischer Haushaltshilfe. Spielt im Paris der 1960er-Jahre. Ist mit Fabrice Luchini als bravem Biedermann und Natalia Verbeke als so schöner, wie stolzer und verletzlicher Gegenspielerin phantastisch besetzt, zudem stimmungsvoll und menschelnd. (Arthouse Movie) ■ The Lincoln Lawyer / Der Mandant Endlich spielt Matthew McConaughey mal wieder eine seriösere Rolle – und man staunt: Der Kerl kann spielen, hat dazu Charme und Sexappeal. Vermag sehr zu gefallen, Brad Furmans prickelnde Verfilmung des gleichnamigen Justiz-Thrillers von Michael Connelly. (Capitol) ■ Kung Fu Panda 2 Fernöstliche Lebensweisheiten und ein kampferprobter Panda. Dazu eine actionreiche Story, sanft wallende Vater/ Sohn-Gefühle und endlich die Erklärung, wieso Panda Pos Vater ein Gänserich ist: Hübsch unterhaltsam und cool 3-D-animiert ist diese zwei- inserat@tagblattzuerich.ch www.e-inserat.ch Verlag Tel. 044 248 42 11 Fax 044 248 65 12 verlag@tagblattzuerich.ch Zustellungs-Probleme/ Mengenänderungen in der Stadt Zürich 08.00 bis 11.00 Uhr Tel. 058 448 31 94 presto.zh.tagblatt@post.ch Abo: 044 248 63 50 Mo-Fr 9-12h te Panda-Trick-Gaudi. Allerdings weniger was für kleine Kinogänger, denn ein Bonbon für ausgewachsene für Martial-Art-Film-Lovers. (Abaton, Arena) ■ Submarine Erwachsenwerden ist schwer. Vor allem, wenn man just in dem Moment, in dem man sich das erste Mal verliebt, die in Schieflage geratene Ehe der Eltern retten muss. Ein köstlich-ironisches und sehr britisches Coming-of-age-Movie von Richard Ayoade, das allein schon wegen dendunklen Staun-Augen und der schrägen Pilzkopffrisur von Hauptdarsteller Craig Roberts den Kinogang lohnt. (Riffraff) ■ Rien à déclarer Der neue Film von Dany Boon ist eine Enttäuschung. Dies vor allem, weil ihm der hinreissende Charme und die Herzlichkeit weitgehend fehlen, die einem «Bienvenue chez les Ch’tis» sofort ans Herz wachsen liessen. Schade. (Arthouse Le Paris, Frosch) ■ Joschka und Herr Fischer Vom Sponti zum Starpolitiker und von da als Berater weiter in die Chefetagen grösster Weltkonzerne: ein höchst unterhaltsames Dokuporträt des ehemaligen deutschen Aussenminister, gedreht von Pepe Danquart. (Riffraff) ■ La prima cosa bella Als Bruno noch ein Bub war, war seine Mama die Beste. Doch dann drückte man ihr ein Miss-Krönlein auf, und das steht auch Jahrzehnte später, als Bruno längst ein Mann und Mama todkrank ist, zwischen Mutter und Sohn. Ein vor melancholischer Italianità strotzendes Komödiendrama. (Uto) ■ The Hangover Part II Zum zweiten Mal fährt das Männerquartett unter Regie von Todd Phillips zur Junggesellenfeier, und selbstverständlich läuft schief, was schieflaufen kann: Liebhaber von Dummdösel-Filmen dürften ihre Gaudi haben, alle andern sich nerven und fremdschämen. (Abaton, Capitol) DRUCK Druckzentrum Tamedia, Zürich OMBUDSMANN Ignaz Staub, Postfach 837, 6330 Cham Die Inserate dürfen von Dritten weder ganz noch teilweise kopiert, bearbeitet oder sonst wie verwertet werden. Ausgeschlossen ist auch eine Einspeisung auf Online-Dienste. Der Verleger und die Inserenten untersagen ausdrücklich die Übernahme auf Online-Dienste durch Dritte.
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