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OUTSOURCING:<br />
WENN UNTERNEHMEN<br />
AN DIE KETTE GELEGT WERDEN<br />
von Dietmar Kern, Stuttgart<br />
Outsourcing ist das Zauberwort, mit <strong>de</strong>m<br />
Subunternehmerverträge mit freien Un<br />
ternehmern geschlossen wer<strong>de</strong>n. Dabei<br />
ist schon mancher Unternehmer auf <strong>de</strong>r<br />
Strecke geblieben, ohne sich <strong>de</strong>ssen rich<br />
tig bewußt zu wer<strong>de</strong>n, und hat sich vom<br />
freien Unternehmer zum abhängigen<br />
Angestellten amputieren lassen. Viele<br />
Dienstleister bin<strong>de</strong>n sich vertraglich<br />
an einen großen Auftraggeber, <strong>de</strong>r ih<br />
nen zu oft beachtlichen finanziellen<br />
Konditionen regelmäßige Aufträge ga<br />
rantiert. Einzige Bedingung: Der Auftrag<br />
nehmer muß selbständig sein und für<br />
Sozialabgaben und Steuern selbst auf<br />
kommen. Die „freien" Gewerbetreiben<br />
<strong>de</strong>n meinen, das große Los gezogen zu<br />
haben. Beachtliche Einnahmen sind ih<br />
nen sicher, und die Kalkulation wird nicht<br />
unerheblich vereinfacht.<br />
Es empfiehlt sich, einen solchen Subun<br />
ternehmervertrag sorgfältig und mißtrau-<br />
isch Punkt für Punkt durchzuarbeiten<br />
und nicht in <strong>de</strong>r ersten Euphorie mit <strong>de</strong>m<br />
Blick auf die Gewinnmöglichkeiten nach<br />
nur flüchtiger Kenntnisnahme <strong>de</strong>r übri<br />
gen Vertragsklauseln unterschriftlich<br />
abzusegnen. Nicht selten verpflichtet sich<br />
<strong>de</strong>r „freie" Subunternehmer vertraglich,<br />
Konditionen einzuhalten, die ihn bei Licht<br />
betrachtet zwingen, an seiner unterneh<br />
merischen Freiheit einige Abstriche hin<br />
zunehmen. Da muß bspw. das „outge-<br />
sourcte" kleine TVansportuntemehmen<br />
vertraglich einverstan<strong>de</strong>n sein, um 21.00<br />
Uhr im Lager einzutreffen, um die zu<br />
beför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n Güter entsprechend <strong>de</strong>m<br />
Tourenplan aufzula<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Urlaub mit<br />
<strong>de</strong>m Auftraggeber abzusprechen, sich<br />
die zu fahren<strong>de</strong>n Routen und nicht zu<br />
letzt auch Farbe und Beschriftung <strong>de</strong>s<br />
Transportfahrzeugs vom „outsourcen-<br />
<strong>de</strong>n" Hauptunternehmer vorschreiben zu<br />
lassen. Dabei gewinnt <strong>de</strong>r Auftraggeber<br />
freilich zunehmend an Freiheit, <strong>de</strong>r Auf<br />
tragnehmer dagegen büßt seine Freiheit<br />
sukzessive ein.<br />
Bekanntgewor<strong>de</strong>n ist das unselige Out-<br />
sourcing-Beispiel <strong>de</strong>r damaligen Deut<br />
schen Bun<strong>de</strong>spost, die durch entspre<br />
chen<strong>de</strong> Verträge einen speziellen Typus<br />
von Raumpflegerin von Post-Angestell<br />
ten zu „freien" Subunternehmerinnen<br />
ausglie<strong>de</strong>rte. Es ging um die Reinigung<br />
von Telefonhäuschen. Die „selbständigen<br />
Unternehmerinnen" konnten nicht son<br />
<strong>de</strong>rlich selbständig arbeiten, <strong>de</strong>nn sie<br />
erhielten <strong>de</strong>rart viel vertragliche Vorga<br />
ben, wie, wie oft und wie lange die Häus<br />
chen zu reinigen seien, daß nennenswer<br />
te Unterschie<strong>de</strong> zu ihrem Angestellten<br />
dasein nicht ersichtlich waren - es sei<br />
<strong>de</strong>nn, daß sie für Steuern und Sozialab<br />
gaben künftig selbst aufzukommen hat<br />
ten. Das Ganze barg noch einen zusätzli<br />
chen gewaltigen „Pfer<strong>de</strong>fuß". Durch ihre<br />
selbständige Tätigkeit betrieben sie plötz<br />
lich - ohne die Voraussetzungen dafür zu<br />
haben - ein sogenanntes, nach <strong>de</strong>r Hand<br />
werksordnung an bestimmte Vorausset<br />
zungen gebun<strong>de</strong>nes Vollhandwerk, näm<br />
lich das <strong>de</strong>r Glas- und Gebäu<strong>de</strong>reinigung.<br />
Und prompt gab es von <strong>de</strong>n zuständigen<br />
Innungen, Kreishandwerkerschaften und<br />
Han<strong>de</strong>lskammern „Druck".<br />
Wenn ein Verstoß gegen einzelne Bestim<br />
mungen <strong>de</strong>s Subunternehmervertrages<br />
die gesamte Vertragsauflösung zur Folge<br />
hat, ist das für <strong>de</strong>n Subunternehmer zwar<br />
Controller magazin 5/98<br />
Dietmar Kem, Ttiomas-Mann-<br />
Straße 49 b, 70469 Stuttgart,<br />
freier Autor/Journalist<br />
mißlich - aber besser ein En<strong>de</strong> mit Schrek-<br />
ken als ein Schrecken ohne En<strong>de</strong>! In man<br />
chen Verträgen fin<strong>de</strong>n sich allerdings<br />
Klauseln, daß bei Vertragsverstößen Kon<br />
ventionalstrafen in genau bezifferter<br />
Höhe zu zahlen seien. Das kann dann im<br />
Einzelfalle durchaus schon einmal dazu<br />
führen, daß zwar Einnahmen von 6.000<br />
Mark vertraglich zugestan<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n,<br />
aber im selben Zeitraum Vertragsstrafen<br />
von 7.000 Mark fällig wer<strong>de</strong>n. Drei neue<br />
Urteile <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sarbeitsgerichts wei<br />
sen in diesem Zusammenhang <strong>de</strong>n rich<br />
tigen Weg und schützen vor Outsour-<br />
cing-Mißbrauch: BAG 5 AZR 170, 627,<br />
628/93 vom 20. luli 1994. Hier wird<br />
festgelegt, daß man keineswegs freier<br />
Unternehmer, son<strong>de</strong>m lediglich „aus<br />
gelagerter Angestellter" ist, wenn man<br />
Arbeitszeit und Tätigkeit nicht im we<br />
sentlichen frei bestimmen kann. Entspre<br />
chend ist bzw. bleibt <strong>de</strong>r Auftraggeber<br />
auch für die Zahlung von Lohnsteuern<br />
und Sozialversicherungsbeiträgen zu<br />
ständig und verantwortlich.<br />
Immer wenn also <strong>de</strong>r Vertragspartner<br />
darüber entschei<strong>de</strong>t, welche Tätigkeit<br />
ausgeübt wird, wie lange gearbeitet wer<br />
<strong>de</strong>n muß, wann die Leistung zu erbrin<br />
gen ist und wie im einzelnen zu arbeiten<br />
ist, liegt keine selbständige, son<strong>de</strong>rn eine<br />
weisungsgebun<strong>de</strong>ne Tätigkeit vor Wer<br />
outsourcen o<strong>de</strong>r ein Subunternehmer-<br />
verhältnis eingehen will, sollte sich <strong>de</strong>s<br />
wegen von Fachleuten beraten lassen. •<br />
Zuordnung CM-Themen-Tableau<br />
25 31 L T<br />
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