6 RUNDSCHAU POLIZEI SPORT 07–08/2010 - PSV Wien
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<strong>PSV</strong> <strong>Wien</strong><br />
SPEIS & TRANK<br />
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Speiseeis hat eine lange Geschichte.<br />
Als „Erfinder“ gelten<br />
die Chinesen, die vor<br />
mehr als 3000 Jahren zerquetschte<br />
Früchte mit Schnee<br />
vermischten.<br />
Das erste historische<br />
Dokument über Speiseeis<br />
stammt vom griechischen<br />
Dichter Simonides von Keos<br />
(556–468 v. Chr.). Demzufolge<br />
wurde die wichtigste Zutat<br />
für die einem Sorbet ähnelnde<br />
kühle Köstlichkeit von den<br />
schneebedeckten Gipfeln<br />
der griechischen Berge geholt.<br />
Schnee und Eis wurden<br />
mit Rosenwasser, Veilchen,<br />
Honig, Zimt, Koriander und<br />
verschiedenen Früchten vermischt.<br />
Im antiken Rom legte man<br />
im Winter in holzverkleideten<br />
Erdgruben Schneevorräte<br />
aus den nahe gelegenen<br />
Albaner Bergen an. Waren<br />
die Vorräte aufgebraucht,<br />
sorgten Stafettenläufer für<br />
Nachschub für die römischen<br />
Kaiser.<br />
Marco Polo beschrieb<br />
1298 die ersten „Eisdielen“<br />
in Asien und brachte sogar<br />
Rezepte mit.<br />
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Speiseeis aus Wasser und<br />
Fruchtsaft oder -püree (Granita)<br />
wurde zu einer italienischen<br />
Spezialität, die Katharina<br />
von Medici (1519–1589),<br />
Gemahlin Heinrichs II., des<br />
späteren Königs von Frankreich,<br />
im 16. Jahrhundert<br />
nach Paris mitgebracht ha-<br />
Brigitte Mramor<br />
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Eis, das zart-schmelzende Schleckvergnügen, begeistert Jung und Alt rund<br />
um den Globus. Hochsaison hat das Speiseeis natürlich in den Sommermonaten,<br />
dann ist das Angebot am vielfältigsten und bietet für jeden Geschmack<br />
und jede Diät die richtige Sorte.<br />
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�� <strong>RUNDSCHAU</strong> <strong>POLIZEI</strong> <strong>SPORT</strong> <strong>07–08</strong>/<strong>2010</strong><br />
ben soll. Ludwig XIV. erließ<br />
1673 sogar eine Steuer auf<br />
Speiseeis. Ob das wohl damit<br />
zusammenhing, dass sein<br />
Koch, der Italiener Franceso<br />
Procopio di Cultelli, in Paris<br />
ein Eiscafé eröffnete? Um<br />
1700 war Speiseeis auch im<br />
übrigen Europa bekannt. Der<br />
eiskalte Genuss stand auf allen<br />
Tafeln der europäischen<br />
Fürstenhöfe. Auch in der<br />
Hofküche der Habsburger<br />
wurde das „Gefrorene“ verfeinert<br />
und zu imposanten<br />
Schaustücken modelliert.<br />
In der Folge wurde Eis<br />
zum Mode- und Luxusartikel:<br />
Casanova bevorzugte<br />
Vanilleeis, König Ludwig von<br />
Bayern verlangte nach exotischen<br />
Gaumenstreichlern<br />
und Kaiserin Sisi ließ sich als<br />
Nachtisch gern Veilchengefrorenes<br />
servieren, das von<br />
ihrer Köchin Therese Teufl<br />
zubereitet sein musste.<br />
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Spätestens mit der Erfindung<br />
der künstlich erzeugten Kälte<br />
(1530) ließ sich der Siegeszug<br />
dieser Delikatesse nicht<br />
mehr aufhalten. Englische<br />
Kolonisten brachten die Delikatesse<br />
im frühen 18. Jahrhundert<br />
nach Amerika. 1843<br />
erfand die amerikanische<br />
Hausfrau Nancy Johnson eine<br />
„Eismaschine“, die man<br />
sich als Butterfass mit Handkurbel<br />
vorstellen muss. 1851<br />
kam der Milchhändler Jacob<br />
Fussell in Baltimore auf die<br />
Idee, überschüssige Milch-<br />
produkte als Speiseeis zu<br />
verarbeiten, und errichtete in<br />
der Folge die erste industrielle<br />
Eiscremeproduktion. Bis<br />
zur Ammoniak-Verflüssigung<br />
durch Michael Faraday 1873<br />
wurde die Technik immer<br />
weiter verbessert. Bisher war<br />
man auf Stangeneis aus dem<br />
Winter, das in Eiskellern bis<br />
zum Sommer aufbewahrt<br />
wurde, und Kochsalz für die<br />
Kältemischung angewiesen.<br />
Die 1876 von Carl von Linde<br />
erfundene Kältemaschine<br />
verhalf schließlich der industriellen<br />
Massenproduktion<br />
von Speiseeis zum Durchbruch.<br />
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Die ersten gewerblichen<br />
Eishersteller kamen aus den<br />
Dolomiten. Ab Ende des 19.<br />
Jahrhunderts begannen Bauern<br />
aus dem Gebiet um Belluno,<br />
aus dem „Val de Zoldo“<br />
sowie dem benachbarten<br />
„Val di Cadore“ ins nördlichere<br />
Europa auszuwandern:<br />
Die wenigen Äcker und der<br />
Handel mit gekochten Birnen<br />
und Maronen reichten<br />
nicht mehr fürs Überleben.<br />
Wahrscheinlich blieb jedoch<br />
einer von ihnen über den<br />
Sommer im Tal und erlernte<br />
das Handwerk des Eiskonditors.<br />
Wie betagte Einwohner<br />
erzählten, vermittelte ein Sizilianer<br />
die Geheimnisse der<br />
Eisherstellung, dessen Name<br />
jedoch nicht überliefert ist.<br />
Mit den neuen Fähigkeiten<br />
versehen, wanderten immer<br />
mehr angelernte Gelatieri<br />
nach Österreich-Ungarn aus.<br />
1865 erhielt Tomea Antonio<br />
Bareta von den <strong>Wien</strong>er Behörden<br />
die Genehmigung,<br />
einen Eiswagen im <strong>Wien</strong>er<br />
Prater aufzustellen. Doch bereits<br />
1874 wechselte er nach<br />
Leipzig, wo er 1890 24 Eiswagen<br />
besaß, und sein Sohn<br />
Bortolo nach Budapest, wo<br />
er Anfang des Jahrhunderts<br />
12 Eisdielen und 60 Eiswagen<br />
besaß.<br />
Die Geschichte der beiden<br />
ist kein Einzelfall und begründet<br />
sich in der protektionistischen<br />
Politik der Österreicher:<br />
Um die eingesessenen<br />
Süßwarenhändler zu schützen,<br />
verweigerten sie den<br />
Cadore-Italienern den Gewerbeschein<br />
für fliegenden<br />
Handel. Damit war gleichzeitig<br />
die Eisdiele geboren!<br />
Der Name entstand, weil<br />
die Gelatieri ihr Eis anfangs<br />
aus eigenen Wohnungen im<br />
Erdgeschoß verkauften, um<br />
Geld für ein Geschäftslokal<br />
zu sparen. Damit die Kundschaft<br />
an die Öffnung heranreichen<br />
konnte, befestigten<br />
sie Holzbretter – sogenannte<br />
Dielen – unter den Fenstern.<br />
Von <strong>Wien</strong> als Ausgangspunkt<br />
schwärmten die Eismacher<br />
nach 1880 nach Zentral-<br />
und Osteuropa aus. In den<br />
Weltkriegen kehrten fast alle<br />
Gelatieri nach Hause zurück,<br />
viele kamen jedoch in den<br />
Zeiten des wirtschaftlichen<br />
Aufschwungs in den 1950er-<br />
Jahren wieder. Bis heute sind<br />
die italienischen Eisgeschäfte<br />
in den Sommermonaten ein