ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG

Weitere Magazine

Empfehlungen

Info

68 Zum Orgelumbau 2008 Gedanken des Orgelbauers Hans Späth 2 Bereits bei der ersten Besichtigung und Anhörung der Goldacher Orgel wurde mir klar, dass dieses Instrument aus der Zeit der sogenannten "Orgelbewegung" stammte und zu jenen Werken gehörte, welche in Zukunft weder klanglich noch gestalterisch befriedigen würden. Die im Gegensatz zur Architektur des Raumes stehende Gestaltung verkörperte eine damals bewusste Abkehr vom "Althergebrachten" und verstand sich als sichtbares Zeichen einer neuen Epoche, dem Kubismus. Diese Entwicklung bezog sich ebenfalls auf die als neobarock bezeichnete Disposition mit der dazugehörigen Intonationsart, einem aufgehellten, spitzigen und obertönigen Klangbild. Dabei wurden die tragenden und warmen Basstöne, damals als zu romantisch empfunden, vernachlässigt. Die in den 60er Jahren angestrebte Intonationsart wurde mittels enger Kernspalten und niedriger Aufschnitte im Bereich des Labiums (Lippe), sowie durch offene Pfeifenfüsse erreicht. Dies führte jedoch dazu, dass minimalste Veränderungen durch Ablagerungen von Staub oder am Material selbst, die Klangentwicklung negativ beeinflussten. Mit der Wiederentdeckung der romantischen Orgelliteratur, wobei auch Rudolf Meyer wesentlich dazu beigetragen hatte, begann der Absolutismus des neobarocken Stils zu wanken. Durch den Neubau der romantischen Orgel in Weinfelden, bei welchem wir die bestehenden und teilweise noch originalen Pfeifen wiederverwendeten, wurde ein neuer Meilenstein gesetzt. Inzwischen hat die romantische Orgelmusik, die lange Zeit als dekadent galt, eine gleichberechtigte Stellung neben der barocken Literatur gefunden. Die Pfeifen des neuen Registers Untersatz 32' an der Rückwand der Orgel. 2 Abdruck aus der Broschüre zur Einweihung der neuen Orgel vom April 2008. Unser Jahrhundert blickt auf mehr als 300 Jahre Musikgeschichte zurück. So wird, wenn eine grössere Orgel gebaut oder umgebaut wird, von ihr erwartet, dass diese möglichst vielseitig einsetzbar ist. Dies setzt einen gewissen Schwerpunkt voraus, damit das Werk, auch wenn man es zeitlich und stilistisch erweitert, in sich geschlossen bleibt. Auch die Intonation wird heute so angelegt, dass bei bestimmten Registern Stile und Epochen kombiniert werden können, was eine weitgehend authentische Interpretation des umfassenden Kulturerbes erlaubt. Unsere langjährige Erfahrung hat uns zu Verfechtern der mechanischen Spiel- und Registertraktur gemacht. Trotzdem Bulletin <strong>OFSG</strong> 27, Nr.4, 2009
wollten wir uns der modernen Technik und Elektronik nicht ganz verschliessen, denn diese bietet dem Organisten die Möglichkeit, seine Auswahl der Register vorzubereiten und abzuspeichern, was bei grösseren Werken bereits zum Standard gehört. Der Einsatz der Doppelregistratur, wie sie auch hier in Goldach Verwendung findet, erlaubt diesen Komfort, ohne auf die Vorteile der traditionellen, mechanischen Traktur verzichten zu müssen. Wir sind dankbar und es freut uns, dass wir mit dem Umbau der Orgel eine neue Herausforderung in grossem Ausmass annehmen und verwirklichen durften. Die Orgel ist zu einem Schmuckstück geworden und passt sich nun stilistisch, wie auch klanglich dem Kirchenraum an. Unser Auftrag bestand darin, das ganze Innenleben zu überarbeiten, die Technik zu erneuern, die Disposition zu erweitern und das Ganze zu einer neuen Einheit zu verschmelzen. Die Orgel wurde mit neuen Windladen für das Schwellwerk ergänzt und besitzt nun rund 3000 Pfeifen, welche alle einzeln mit einem Arbeitsaufwand von mehr als 1000 Stunden nachintoniert wurden. Das Instrument hat nun den gewünschten grundtönigen und weichen Klang mit grosser Gravität, welcher durch vielseitig einsetzbare und verschmelzungsfähige Solostimmen mit unverwechselbarem Charakter ergänzt wird. Auch im Namen meiner Mitarbeiter danke ich für das in uns gesetzte Vertrauen und wünsche allen viel Freude mit der neu gestalteten und umgebauten Orgel. 69 Konzert zur Orgelweihe in der Pfarrkirche St. Mauritius in Goldach Sonntag, 20. April 2008, 18:00 Uhr RUDOLF MEYER (Orgel) und JÜRG SCHMID (Akkordeon) Charles-Marie Widor Allegro aus Symphonie Nr. 6 g-moll op. 42 1844–1937 Franz Liszt Legende Nr. 1 "Die Vogelpredigt des heiligen 1811–1886 Franziskus". Orgelfassung von Rudolf Meyer. Rudolf Meyer "Tangenziale" * 1943 Paraphrase über das Loblied "Mein ganzes Herz erhebet dich" für Akkordeon und Orgel. Den Goldacherinnen, Goldachern und dem Organisten Jürg Schmid herzlich zugeeignet (Uraufführung) Olivier Messiaen L'apparition de l'Eglise Eternelle (1932) 1908–1992 Johann Sebastian Bach Praeludium C-Dur BW 547.1 1685–1750 Georg Böhm Choralvariationen "Herr Jesus Christ, dich zu uns 1661–1733 wend" Johann Sebastian Bach Fuga C-Dur, BWV 547.2 1685–1750 Bulletin <strong>OFSG</strong> 27, Nr.4, 2009
Seite 1 und 2: Liebe St. Galler Orgelfreundinnen u
Seite 3 und 4: Die Orgel der Pfarrkirche St. Mauri
Seite 5 und 6: Planung der Vergrösserung der Kirc
Seite 7: Orgel im Bau (Bild aus der Einweihu
Seite 11 und 12: 5 Koppeln: III-I II-I III-P II-P I-
Seite 13 und 14: Barock und französischer Romantik
Seite 15 und 16: Kosten Fr. 300'000.- bis Fr. 390'00

ST. GALLER ORGELFREUNDE OFSG

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Template löschen?

Als Template speichern?