diakonie regensburg aktuell - dw-regensburg.de
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<strong>aktuell</strong><br />
liegen<strong>de</strong>n und wettbewerbsneutralen Arbeiten möglich.<br />
Zu<strong>de</strong>m muss dies für je<strong>de</strong> Einsatzstelle einzeln begrün<strong>de</strong>t<br />
und nachgewiesen wer<strong>de</strong>n. Das Konzept <strong>de</strong>s Werkhofs, die<br />
Menschen möglichst nahe an normalen Arbeitsverhältnis-<br />
sen arbeiten zu lassen und zu qualifizieren, ist damit wert-<br />
los gewor<strong>de</strong>n.<br />
Denn „zusätzlich“ meint nach <strong>de</strong>n neuen Vorgaben:<br />
Tätigkeiten, die durch AGH-Teilnehmer ausgeführt wer<strong>de</strong>n<br />
dürfen, können nicht bzw. nicht ausreichend vom festan-<br />
gestellten Personal angeboten sein. „Wettbewerbsneut-<br />
ral“ sind Arbeiten, die nicht auf <strong>de</strong>m freien Markt ange-<br />
boten wer<strong>de</strong>n können, also eigentlich nutzlose Arbeiten.<br />
Sie sollen trotz<strong>de</strong>m im öffentlichen Interesse liegen – nicht<br />
so ganz einfach! Waren vor <strong>de</strong>r <strong>aktuell</strong>en Reform zu<strong>de</strong>m<br />
noch sozialpädagogische Betreuung und Qualifizierung<br />
regulärer Bestandteil von AGH, ist dies jetzt vorbei, über-<br />
flüssig – AGH meint die reine Arbeitstätigkeit und sonst<br />
nichts. Keine Qualifizierung, keine persönliche Stabilisie-<br />
rung und auch sonst keine Unterstützung o<strong>de</strong>r Hilfestellung<br />
in irgen<strong>de</strong>iner Form.<br />
Da es aber bei <strong>de</strong>r Arbeit mit Langzeitarbeitslosen ohne<br />
ergänzen<strong>de</strong> sozialpädagogische Angebote in aller Regel<br />
nicht funktioniert, und Qualifizierungsangebote auch für<br />
diese Zielgruppe nicht grundsätzlich sinnlos sind, wur<strong>de</strong> im<br />
Sozialgesetzbuch (SGB) III ein neues Instrument geschaf-<br />
fen: <strong>de</strong>r „Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein“ (Para-<br />
graph 45). Der kann auch mit AGH kombiniert wer<strong>de</strong>n.<br />
Auf <strong>de</strong>n ersten Blick sieht das recht gelungen aus. Seine<br />
35<br />
Tücken entfaltet <strong>de</strong>r Paragraph aber – wie so oft – in <strong>de</strong>r<br />
praktischen Umsetzung.<br />
Maßnahmen nach Paragraph 45 dürfen nur Träger<br />
durchführen, die von einer fachkundigen Stelle anerkannt,<br />
also zertifiziert sind. Der Werkhof ist seit 2010 zertifiziert.<br />
Damit aber nicht genug. Es muss auch noch zusätzlich je<strong>de</strong><br />
einzelne Maßnahme zertifiziert wer<strong>de</strong>n – und dies kostet<br />
Zeit und Geld. Die Kosten für die Zertifizierung einer einzi-<br />
gen Maßnahme belaufen sich auf etwa 600 Euro. Sind die-<br />
se formalen Hür<strong>de</strong>n genommen, tun sich weitere Probleme<br />
auf: Die Jobcenter, zuständig für die Betreuung von Lang-<br />
zeitarbeitslosen, nehmen die ministerielle Zielvorgabe „grö-<br />
ßere Individualität“ sehr ernst. Sie wollen eine individuelle<br />
Betreuung, welche auf die Schwierigkeiten je<strong>de</strong>s einzelnen<br />
Teilnehmers zugeschnitten ist. Dies ist sehr erstrebenswert.<br />
Denn an<strong>de</strong>rs kann man mit Menschen, die unterschied-<br />
lichste Probleme (Sucht, Krankheit, Schul<strong>de</strong>n, Obdachlo-<br />
sigkeit etc.) mitbringen, gar nicht arbeiten. Dabei ist je<strong>de</strong>m<br />
klar, dass so ein Ansatz teurer wird als die bisherigen Grup-<br />
penveranstaltungen – nur nicht <strong>de</strong>m Gesetzgeber. Die Bun-<br />
<strong>de</strong>sagentur für Arbeit, Kontrollinstanz für genehmigungs-<br />
fähige Stun<strong>de</strong>nsätze, bewertet nach <strong>de</strong>m bisherigen, auf<br />
Gruppenveranstaltungen ausgerichteten Kalkulationssche-<br />
ma und reibt sich verwun<strong>de</strong>rt die Augen, dass bei einem<br />
Stun<strong>de</strong>nsatz von beispielsweise fünf Euro zehn Teilneh-<br />
mer in <strong>de</strong>r Gruppe betreut wer<strong>de</strong>n. Bei Einzelbetreuung<br />
wird aber je<strong>de</strong>r Einzelne <strong>de</strong>r zehn Teilnehmer eine Stun<strong>de</strong><br />
betreut, was dann logischerweise fünf Euro pro Teilnehmer,<br />
also insgesamt 50 Euro kostet.<br />
Hier ist also, wie so oft, wenn Zielsetzung auf Realität<br />
trifft, noch einiges an Abstimmung zu leisten. Zu<strong>de</strong>m bleibt<br />
zu hoffen, dass man nicht auf die I<strong>de</strong>e verfällt, <strong>de</strong>n „Inst-<br />
rumentenkasten“ noch mal aufzumachen und das höchst<br />
sinnvolle Werkzeug „Einzelbetreuung“ einfach wie<strong>de</strong>r her-<br />
auszunehmen – aus Kostengrün<strong>de</strong>n. Der Werkhof Regens-<br />
burg hat es inzwischen trotz aller Widrigkeiten geschafft, drei<br />
Maßnahmen nach Paragraph 45 anerkannt zu bekommen.<br />
Diese sind zwar scharf kalkuliert, können aber kosten<strong>de</strong>-<br />
ckend durchgeführt wer<strong>de</strong>n. Bleibt zu wünschen, dass die<br />
Plätze bald auch alle besetzt sind. Günther Lang