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RK B01 - Kunstwanderungen

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dokumentiert. 1478 wurde im florentinischen Dom von Mitgliedern<br />

der Familie Pazzi der Bruder von Lorenzo des Prächtigen,<br />

Giuliano, ermordet. Sandro erhielt den Auftrag, die Porträts<br />

der vier gehängten Rädelsführer an die Wand des Palazzo<br />

della Signoria zu malen. Diese Aufgabe auszuführen, wird dem<br />

sensiblen Maler äußerst schwergefallen sein. – In den Jahren<br />

1481 und 1482 malte Sandro drei komplexe Gemälde in der<br />

Sixtinischen Kapelle in Rom. Nun folgte ein Jahrzehnt, das ihn<br />

mit Aufträgen überschüttete und in dem er Meisterwerke höchster<br />

Klarheit und Heiterkeit schuf. Hierzu zählen die Madonnen,<br />

besonders jene, die in Tonden gemalt wurden, aber auch mythologische<br />

Gemälde. Seine Bilder wurden immer durchgeistigter.<br />

Der Tod Lorenzos de’ Medici 1492 brachte eine Zäsur in seinem<br />

Schaffen. Die Verunsicherung im Stadtstaate, die durch<br />

Savonarola hervorgerufen wurde, trug dazu bei. Sandro wohnte<br />

im Hause seines Bruders Simone, der ein glühender Anhänger<br />

Savonarolas war. Sandro gab sich weit weniger fasziniert von<br />

den Ansichten des Mönchs, machte sich jedoch – wie viele andere<br />

– mehr Gedanken über Buße und Vergebung, was in seinen<br />

nun in Arbeit genommenen Vesperbildern und den Zeichnungen<br />

zu Dantes Göttlicher Komödie sichtbar wird. Savonarolas<br />

Geißelung der Verweltlichung der Kunst findet in Sandros<br />

Bild der „Verleumdung“ in den Uffizien seinen Niederschlag.<br />

Dieses Bild steht gleichzeitig für die Überwindung des feinen<br />

heiteren, über alle Maße zarten lyrischen Stils als auch für den<br />

Höhepunkt und das Ende der mystifizierenden Malerei des<br />

Quattrocento, also des 15. Jhs. Sandro Botticelli starb im Jahre<br />

1510.<br />

*<br />

Neben so herausragenden Werken wie der Anbetung, von Goes,<br />

der mit diesem Flügelaltargemälde eine Reihe florentinischer<br />

Maler beeinflusste, und Rogiers „Grablegung“ sind in diesem<br />

Saal Botticellis großformatige Werke untergebracht. Die immer<br />

noch Rätsel aufgebende „Primavera“, dieses bedeutende, frühe<br />

Werk Botticellis, 1478, lässt mehrere Deutungen zu. Vielleicht<br />

leuchtet folgende Handlung von rechts nach links ein: Zephir<br />

(Februar) hascht nach der Nymphe (März), die Flora (April)<br />

erblühen lässt; Venus (Mai), die Königin des Frühlings erwacht<br />

unter dem über ihr schwebenden Amor; die drei Grazien (Juni,<br />

Juli, August) tanzen einen Sommerreigen, derweil Merkur (September)<br />

die Nebel zerteilt.<br />

Dieses, unter Lorenzo dem Prächtigen entstandene Werk, ist ein<br />

Zeugnis des kulturellen Höhepunktes im Florenz des 15. Jhs.<br />

Sowohl die Kunst als auch die Literatur standen in hohem<br />

Rang. So wurde Botticelli von Polizianos Gedicht „La Giostra<br />

(= Turnier) zu diesem Bild inspiriert. Botticellis „Frühling“ inspirierte<br />

Pietro Agrano zu einem Gedicht auf seine Geliebte aus<br />

dem Geiste des frühen 16. Jhs., das vielleicht die lyrisch ausführlichste<br />

und genaueste Beschreibung der Flora, der dritten<br />

Gestalt von rechts, darstellt:<br />

Flora<br />

von<br />

Pietro Agrano

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