1525 das Domkapitel die beibehaltenen Neuerungen - Historicum.net
1525 das Domkapitel die beibehaltenen Neuerungen - Historicum.net
1525 das Domkapitel die beibehaltenen Neuerungen - Historicum.net
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
294 Winfried Schulze Die veränderte Bedeutung sozialer Konflikte 295<br />
erschien ein „gruendtlicher Bericht und kurtze außführung" über <strong>die</strong> „Continuirende<br />
Rebellion" in Frankreich, 1655 ließ Jakob le Bleu in Gießen<br />
<strong>die</strong> Dissertation seines Schülers Johann Philipp Heintz „de rebellionibus"<br />
erscheinen. 53 Aus dem Jahre 1663 besitzen wir eine Abhandlung Johann<br />
Claussens über <strong>die</strong> „causae seditionum". 54 Nur ein Jahr später veröffentlichte<br />
der Niederländer Martin Schoock eine umfangreiche Untersuchung<br />
„de seditionibus seu discordiis domesticis". 55 1666 faßte Melchior Balthasar<br />
Kupferschmit <strong>das</strong> bekannte Wissen über Aufstände und deren Anführer<br />
in seinem „Speculum rebellatorum et proditorum" zusammen, 56 1675<br />
handelt Georg Friedrich Glandorf „de rebellibus", ein Jahr später Johann<br />
Heinrich Reinhart „de malecontentis in republica". 57 1682 und 1688 finden<br />
sich Leipziger bzw. Basler Dissertationen über <strong>das</strong> Aufstandsproblem<br />
von Andreas Mylius und Achilles August Lersner. 58 Schon 1685 hatte<br />
Ahasver Fritsch in seinem „Subditus peccans" eines der drängendsten<br />
Probleme der Zeit thematisiert, dem jedoch auch einen „Nobilis peccans"<br />
gegenübergestellt und damit den Zusammenhang zwischen beiden deutlich<br />
gemacht." Den Schluß <strong>die</strong>ser sicher nicht vollständigen Aufstellung sollen<br />
Georg Melchior Hoffmanns „Rusticus seditiosus" von 1707, 6" Georg Wilhelm<br />
Fleischmanns Dissertation über den Bauernkrieg von <strong>1525</strong> aus dem<br />
Jahre 1712 und schließlich Johann Christian Schmids Dissertation „de<br />
tumultibus" bilden."'<br />
juristischen Dissertationen des 17. u. 18. Jahrhunderts, Bern 1970, S. 54 ff. — J.<br />
A. Ritter, Dissertatio juridica-politica ad constitutionem Henrici VII. imperatoris<br />
rom. in c. unicam: Qui sint rebelles (praes. G. Ritter); Gießen 1623; J. N. Kaempfer,<br />
Ad Constitutionem Henrici VII. quomodo in laesae majestatis crimine proccdatur<br />
et qui sint rebelles, Argcntoratum 1675. — Die Konstitution Heinrichs<br />
VII. von 1313 ist gedr. in MGH LL IV Const. IV/2, S. 966f.<br />
53 Continuirende Rebellion, Das ist: Gruendtlicher Bericht und kurtze außführung<br />
so wol der anjetzo newen in Franckreich erweckten Rebellion, o. 0. 1650; J. P.<br />
Heintz, Dissertation de rebellionibus, Gießen 1655 (praes. Jakob le Bleu).<br />
54 J. Claussen, Dissertatio politica de seditionum causis, Wittenberg 1663 (praes.<br />
Samuel Schelguigius).<br />
55 M. Schoock, Libri tres de seditionibus seu discordiis domesticis, Groningen 1664.<br />
56 M. B. Kupferschmit, Speculum rebellatorum et proditorum. Das ist Spiegel deren<br />
Verriither und Aufrührer, in welchem sich praesentiren 269 exempla, Frankfurt<br />
1666.<br />
57 G. F. Glandorf, Dissertatio historico-politica de rebellibus, Wittenberg 1675 (praes.<br />
Andreas Kaller); J. H. Reinhart, Disputatio historico-politica de tnalecontentis in<br />
republica, Leipzig 1675 (praes. Valentin Albert).<br />
58 A. Mylius, Disputatio juridica de seditione, Leipzig 1682 (praes. Joh. Balth.<br />
Mylius); A. A. Lersner, Disputatio politico-juridico de seditionibus, von Empörungen<br />
occasione Tit. 30, lib. 9, c. de seditionibus, Basel 1688. Ausgangspunkt<br />
ist hier <strong>die</strong> Aufruhrbestimmung des römischen Rechts.<br />
59 A. Fritsch, Subditus peccans, sive tractatus de peccatis subditorum, Nürnberg<br />
1685; ders., Nobilis peccans, sive tractatus de peccatis nobilium, Nürnberg 1685.<br />
60 G. M. Hoffmann, Rusticus seditiosus, Gießen 1707.<br />
61 G. W. Fleischmann, Dissertatio juridica de tumultibus rusticanis seculo XVI.<br />
motis, vom Bauern Krieg, Straßburg 1712 (praes. Joh. Heinr. Boecler); J. C.<br />
Als Indiz für <strong>das</strong> neue Interesse an einer intensiveren, stärker empirischpraktischen<br />
Aufstandslehre — oder richtiger einer Lehre zur Verhütung<br />
und unproblematischen Beilegung von Aufstandsbewegungen — mag zusätzlich<br />
<strong>die</strong> Tatsache gelten, daß 1617 der hessische Pfarrer Georg Draudius<br />
den bereits zweimal aufgelegten „Fürstlichen Tischreden" — einer<br />
Art Regentenlehre des späten 16. Jahrhunderts — einen völlig neuen zweiten<br />
Teil hinzufügte, der sich allein mit dem Aufstandsproblem beschäftigte<br />
und vor allem „scharfe Mittel und allerhand tunliche Wege" zu seiner<br />
Verhinderung diskutierte."'" Für den Verfasser der erwähnten „Continuirenden<br />
Rebellion" war es geradezu der „Spring-Brunn, darauß Empörungen,<br />
Zerrüttungen, Mißbrauch und gäntzliche Verderbungen der Regimenter<br />
und Reiche herfür quellen", wenn sich <strong>die</strong> Regierenden nicht um <strong>die</strong><br />
Mittel und Wege kümmerten, <strong>die</strong> Untertanen „unter dem Joch des Gehorsams"<br />
zu erhalten."<br />
Über <strong>die</strong> Gründe und Intentionen einer solch erstaunlichen Intensivierung<br />
der Erforschung des Aufstandsproblems kann es kaum Zweifel geben.<br />
Nicht nur <strong>die</strong> Tatsache, daß alle hier erwähnten Schriften, selbst <strong>die</strong> thematisch<br />
begrenzten juristischen Dissertationen, <strong>die</strong> sich häufenden Aufstandsbewegungen<br />
zum Anlaß nehmen, ist hier anzuführen." Diese Einsicht<br />
ord<strong>net</strong> sich zudem in den größeren Zusammenhang ein, der mit einem<br />
Zitat von Johannes Heinrich Cravelius angesprochen wird:<br />
„Omnis historia profecto docet, quod futuras rcrumpublicarum mutationes discordiae<br />
civiles et seditiones intestinae praecedere soleant."65<br />
Der hier angesprochene Kontext einer möglichen umfassenden Veränderung<br />
des „Regiments" — immer verstanden als Umsturz der bestehenden<br />
Schmid, Dissertatio politica-juridica de tumultibus vulgo von Auflauff, Aufruhr,<br />
Jena 1714 (praes. Chr. Wildvogel). In Fleischmanns Arbeit erkennt M. Steinmetz<br />
(Das Müntzerbild von Martin Luther bis Friedrich Engels, Berlin 1971, S. 307 f.)<br />
trotz traditioneller Ausrichtung den Beginn eines kritisch-gelehrten Interesses am<br />
Bauernkrieg.<br />
62 G. Draudius, Fürstliche Tischreden: Das ist von allerhand politisch nachdenklichen<br />
Fragen, Handeln und Geschichten nützliche Bedencken und anmuhtige<br />
Discursen, ander theil, darinnen in sonderheit von Auffruhrern . . . gehandelt<br />
wird. Frankfurt 1626.<br />
63 Continuirende Rebellion. — Zu erwähnen ist, daß mir mit Ausnahme der Arbeiten<br />
von Kaempfer, Heintz und Hoffmann alle Schriften im Leihverkehr bzw. in<br />
der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel zur Verfügung standen.<br />
64 Johann Friedrich Burckard behandelt „materiam rebellionum ob sui frequentiam",<br />
S. A 2. Nikolaus Boerius (Tractatus de seditionibus, S. 89) sieht sich durch viele<br />
Aufstände zu seiner Arbeit veranlaßt. Schmid (De tumultibus, S. 5) spricht davon,<br />
daß man nicht nur davon höre, sondern <strong>die</strong> „fürchterliche Seuche des Aufstands<br />
vor Augen habe, ja spüre." Contzen (Politicorum libri X) schreibt in seiner Dedikation<br />
von 1620, zu keiner Zeit und zu keinem Ort sei <strong>die</strong> Wissenschaft der Politik<br />
notwendiger gewesen als im Europa seiner Zeit.<br />
65 J. H. Cravelius, Dissertatio politica de communissimis republicas mutantibus seu<br />
corrumpentibus causis, Helmstedt 1640 (praes. Heinrich Julius Sehend), S. A 4.