Ziele und Inhalte der Psychomotorik - BSCW
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Soziales Lernen <strong>und</strong> Soziomotorik<br />
Psychomotorisch orientierter Sportunterricht auf <strong>der</strong> Oberstufe<br />
Bewegung <strong>und</strong> Körperlichkeit haben eine ausgeprägte soziale Komponente.<br />
Soziales Lernen bezeichnet eine Dimension des Lernens, die zwischenmenschliche Beziehun-<br />
gen <strong>und</strong> den Umgang mit darauf bezogenen Sinndeutungen, Handlungsmustern <strong>und</strong> Werthal-<br />
tungen zum Gegenstand hat (vgl. Kurz, zit. nach Horsch, 2005, S. 66). Es ist ein Prozess, <strong>der</strong><br />
sich vorwiegend in Interaktionen mit an<strong>der</strong>en Menschen, also in Situationen verbaler <strong>und</strong><br />
nonverbaler Kommunikation, vollzieht (vgl. Ulich, zit. nach Horsch, 2005, S. 66). Demnach<br />
spielt sich das soziale Lernen also in zwischenmenschlichen Beziehungen, <strong>der</strong>en Gestaltung<br />
<strong>und</strong> Deutung sowie in <strong>der</strong> Interaktion zwischen den Beteiligten ab.<br />
Soziales Lernen ist gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong> Inhalt <strong>der</strong> psychomotorischen För<strong>der</strong>ung. Es geht um das<br />
Verstehen <strong>und</strong> die Handhabung von Regeln <strong>und</strong> Grenzen, um Rollenübernahme <strong>und</strong> Kon-<br />
fliktbewältigung, um das Erkennen eigener Gefühle <strong>und</strong> denjenigen von an<strong>der</strong>en <strong>und</strong> um de-<br />
ren Ausdruck, es geht um Kommunikation <strong>und</strong> den Umgang mit Heterogenität innerhalb einer<br />
Gruppe. Es ist ein Anliegen <strong>der</strong> <strong>Psychomotorik</strong>, dem Kind einen geschützten Rahmen zu bie-<br />
ten, in dem es soziale Erfahrungen sammeln <strong>und</strong> Beziehungen sowohl zur Therapeutin als<br />
auch zu an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong>n aufbauen kann. Der <strong>Psychomotorik</strong>therapeutin kommt dabei die<br />
Aufgabe zu, die eben genannten Aspekte des sozialen Lernens zu begleiten <strong>und</strong> zu unterstüt-<br />
zen.<br />
Ein weiterer sozialer Aspekt <strong>der</strong> Körperlichkeit liegt in <strong>der</strong>en Bedeutung in <strong>der</strong> heutigen Ge-<br />
sellschaft. Seit dem Mittelalter haben in gesellschaftlichen <strong>und</strong> individuellen Lebensbereichen<br />
zahlreiche bedeutende Verän<strong>der</strong>ungen stattgef<strong>und</strong>en. Als Folge davon sind implizite <strong>und</strong> ex-<br />
plizite Verhaltensvorschriften entstanden, welche eine Beherrschung <strong>und</strong> oft auch Unterdrü-<br />
ckung des eigenen Körpers for<strong>der</strong>n. So werden in <strong>der</strong> heutigen Gesellschaft Fähigkeiten wie<br />
beispielsweise Selbstbeherrschung <strong>und</strong> –kontrolle in vielen Lebensbereichen als unabdingbar<br />
betrachtet. Dies bewirkt, dass <strong>der</strong> menschliche Körper zunehmend instrumentalisiert wird,<br />
wodurch sich <strong>der</strong> Mensch immer mehr von den Empfindungen <strong>und</strong> Bedürfnissen seines eige-<br />
nen Körpers distanziert <strong>und</strong> entfremdet (vgl. Fischer, 2001, S. 57). Die zunehmende Industria-<br />
lisierung <strong>und</strong> Technisierung unserer Lebenswelt unterstützen diesen Prozess. Schon unsere<br />
Kin<strong>der</strong> <strong>und</strong> Jugendlichen wachsen heute zum grössten Teil unter an<strong>der</strong>en Bedingungen auf als<br />
noch vor dreissig Jahren. Gründe dafür sind nach Stachelhaus (2005) einerseits die zuneh-<br />
mende Verstädterung <strong>und</strong> damit die Einschränkung von Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsräumen, ande-<br />
rerseits die steigende Nutzung von Computern <strong>und</strong> Fernsehern. Diese Entwicklung birgt in<br />
sich die Gefahr, dass die Kin<strong>der</strong> sich insgesamt zu wenig bewegen, wodurch gr<strong>und</strong>legende<br />
Erfahrungen wie z. B. die taktile, vestibuläre <strong>und</strong> kinästhetische Wahrnehmung eingeschränkt<br />
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