Ausgabe 1304 als PDF zum Download - Kulturportal West Ost
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Hatzfeldt (gestorben 1945) war mit den Kindern<br />
in ihre rheinische Heimat zurückgekehrt.<br />
Um das bis 1943 verpachtete Gut und<br />
Schloß kümmerte sich der in Skandau, Kreis<br />
Gerdauen, wohnende Bruder Dietrich Graf<br />
Dönhoff (gestorben 1991), der <strong>als</strong> Betriebsleiter<br />
von der Wehrmacht „uk“, das heißt unabkömmlich,<br />
gestellt wurde und am 25. Januar<br />
1945 beim Herannahen der ersten sowjetischen<br />
Panzer zu Pferd floh.<br />
Obgleich Marion Gräfin Dönhoff die Unterbringung<br />
auch der von Andreas Schlüter<br />
1697/98 in Berlin geschaffenen und von dem<br />
Hof- und Artillerie-Gießer Johann Jacobi<br />
gegossenen sowie 1802 am Schloßplatz in<br />
Königsberg aufgestellten Statue des ersten<br />
preußischen Königs in Friedrichstein nirgendwo<br />
erwähnt, gibt es keinen Grund, an<br />
der durch Gerlach und Wilczek bezeugten<br />
Auslagerung der beiden und weiterer Statuen<br />
auf Befehl des Gauleiters Erich Koch<br />
(gestorben 1986) Ende 1944 zu zweifeln.<br />
Vielleicht hat die Gräfin aber – wenn es denn<br />
nicht Unwissenheit war – mit dem Schweigen<br />
bis zu ihrem Tode 2002 den Mythos von<br />
Redivivus: Nachguß in Königsberg,<br />
auf Initiative von Marion Gräfin Dönhoff<br />
der nach dem Inferno von 1944 im Park ihres<br />
geliebten Schlosses Friedrichstein Asyl<br />
findenden Statue des Philosophen nicht zerstören<br />
wollen. Hat sie doch auch, wie man<br />
erst seit wenigen Jahren weiß, die wundersame<br />
Rettung eines großen Teils des Schloßinventars,<br />
der Kunstschätze und des Familienarchivs<br />
1943/44 in den <strong>West</strong>en geheimgehalten<br />
und in ihren Büchern und Artikeln<br />
alles mit dem Schloß in den Flammen<br />
von Ende Januar 1945 aufgehen lassen.<br />
Auch in dem Flyer des Deutschen Kulturforums<br />
östliches Europa hieß es zur 2009 in<br />
Kooperation mit der Stiftung Preußische<br />
Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg<br />
gezeigten Ausstellung „Schloß Friedrichstein<br />
in <strong>Ost</strong>preußen und die Grafen von<br />
Dönhoff“ im Schloß Caputh bei Potsdam<br />
zwar unrichtig, daß die Ruine erst „in den<br />
1980er Jahren abgetragen“ wurde – dies<br />
geschah bereits 1957, wie mir Owsjanow<br />
mitteilte, der <strong>als</strong> junger Pionier bei der Sprengung<br />
des Schlosses mitgewirkt hatte –, aber<br />
zutreffend: „Ein großer Teil der Ausstattung<br />
– Möbel, Tapisserien, Kunstwerke – konnte<br />
jedoch gerettet werden.“<br />
Die Statuen des Königs und des Philosophen<br />
dürften sich unter den 1968 in dem<br />
Bericht des Rotarmisten I. Altschakow über<br />
Funde im Fort 1945/46 erwähnten „Denkmälern<br />
aus gelbem Metall, die uns nicht gefielen“,<br />
befunden haben. Zwei Nachgüsse<br />
der Schlüter-Statue wurden 1972 in Berlin-<br />
Köpenick angefertigt und aufgestellt im<br />
Bode-Museum in <strong>Ost</strong>berlin bzw. 1979 vor<br />
dem Neuen Flügel des Schlosses Charlottenburg<br />
in <strong>West</strong>berlin, das der selbstgekrönte<br />
Friedrich I. (1701 in Königsberg)<br />
einst <strong>als</strong> Lustschloß Lietzenburg für seine<br />
zweite Gemahlin Sophie Charlotte errichten<br />
und nach ihrem frühen Tod 1705 in Charlottenburg<br />
umbenennen ließ. Die beiden ganz<br />
und gar hervorragenden Kunstwerke teilten<br />
sicherlich das Schicksal der Einschmelzung<br />
fast aller Bronzedenkmäler der Stadt und<br />
der Provinz für Krieger-, Kalinin-, Stalin- und<br />
Lenin-Denkmäler.<br />
Heinrich Lange (KK)<br />
KK <strong>1304</strong> vom 25. Januar 2011<br />
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