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Donau-Universität Krems - Arbeiterkammer Wien

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den InterviewpartnerInnen angeführt: Eine (gut qualifizierte) Frau war vor der Kinderkarenz in<br />

Vollzeit erwerbstätig. Nach der Karenzzeit will sie wieder über Teilzeit in den Erwerbsmarkt<br />

einsteigen, muss aber feststellen, dass das Teilzeit‐Einkommen weniger Geld einbringt als die<br />

Transferleistung, die sich am vormaligen Vollzeit‐Erwerbseinkommen ausrichtet. Es besteht also kein<br />

Anreiz, eine Erwerbsarbeit aufzunehmen. Steuerrechtliche Bestimmungen<br />

(Alleinverdienerabsetzbetrag) können dies noch verstärken. Transfers tragen somit zum<br />

Haushaltseinkommen bei, bieten allerdings keine eigenständige sozialversicherungsrechtlich<br />

abgesicherten Beschäftigung. Auch die Auszahlung einer Geldleistung im Gegensatz zu dem Anspruch<br />

auf eine außerhäusliche soziale Dienstleistung wird von vielen Expertinnen vor Ort als problematisch<br />

angesehen: sie fördert den Verbleib im Haushalt und erschwert einen späteren Wiedereinstieg ins<br />

Erwerbsleben. Ein Scheck bzw. Gutschein in gut durchdachter Umsetzungsart wie etwa in<br />

Frankreich 56 , Belgien und Deutschland wäre ein adäquater Weg, wie legale Beschäftigung im sozialen<br />

Dienstleistungsbereich geschaffen werden kann, die flexibel und professionell auf den Bedarf und<br />

Bedarfsänderungen reagiert. (Finger 1997)<br />

Das bedeutet auch, dass die in diesem Bereich anzutreffende Schwarzarbeit abgebaut und durch<br />

legale Beschäftigung ersetzt wird. Dafür bedarf es an Anreizen, die einerseits in einer<br />

Verbesserung/Professionalisierung der Dienste, andererseits im Preis ihren Niederschlag finden<br />

(Leistbarkeit über unterschiedliche Subventionsgeber, wie Betriebe und Gemeinden).<br />

Das Pflegegeld stellt – wie von den InterviewpartnerInnen berichtet wurde – in vielen Haushalten<br />

eine nicht unwesentliche Säule des Haushalteinkommens dar. Die Einstufung des Pflegegeldes erfolgt<br />

über die Hausärzte und nicht durch die Sozialsprengel, die in Tirol einen Großteil der Altenbetreuung<br />

und –pflege sicherstellen. Die mobile Pflege ist im internationalen Vergleich gering ausgebaut, nicht<br />

zuletzt weil max. 90 h/Monat verrechnet werden können (max. 3h/Tag). Das reicht oft nicht für die<br />

Bezahlung einer professionellen mobilen Pflegeversorgung. Die kann derzeit in Sozialzentren<br />

angeboten werden (gebündelte Kinder‐ und/oder Altenbetreuung). Diese haben die kritische Masse<br />

an Fällen, die notwendig sind, um die sozialen Dienstleistungen rentabel organisieren zu können.<br />

Für eine Bündelung der verschiedenen haushaltsnahen sozialen Dienstleistungen ist ein hoher<br />

Koordinationsaufwand notwendig. Aus Sicht der ExpertInnen fehlt dafür derzeit einerseits der Wille,<br />

andererseits die Start‐up Finanzierung. Auch ist die Organisation der Finanzierung der sozialen<br />

Dienstleistungen je nach Dienstleistung eine andere, was eine komplexe Koordination der<br />

Finanzierung (Bund, Länder, Gemeinden sowie Versicherungsträger) impliziert. In privat organisierten<br />

Einrichtungen ist die Finanzierung oft leichter als im hierarchisch und funktional differenzierten<br />

öffentlichen Dienst.<br />

Es gibt aber auch noch andere hemmende Faktoren, etwa das Dienstrecht im öffentlichen Dienst<br />

(Gehaltshierarchie und Seniorität). Gemäß Einschätzung der Osttiroler Bürgermeister können<br />

Gemeinden kaum mehr aktiv gestalterisch agieren, nicht zuletzt weil Förderbeiträge des Landes über<br />

Kopfquoten erfolgen. In der Folge werden die Erträge/Einkommen der Gemeinden mit<br />

56 In Frankreich wurde im Jahr 2006 das vormalige Schecksystem ausgeweitet auf den ‚chèque emploi‐service<br />

universel‘ (CESU), das das Wachstum der legalen Beschäftigung im Sektors der haushaltsnahen Dienste<br />

beschleunigt hat.<br />

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