Der Sinn vom Ganzen - Die Gesellschafter
Der Sinn vom Ganzen - Die Gesellschafter
Der Sinn vom Ganzen - Die Gesellschafter
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
und macht einen konkreten<br />
Vorschlag. „Mit dem man aber<br />
klugerweise zunächst an den<br />
Bürgermeister herantritt“, so<br />
Huber. Denn erst, wenn er<br />
oder der Gemeinderat abgelehnt<br />
haben, kann man ein<br />
Bürgerbegehren starten. In<br />
vielen Fällen erübrigt sich das<br />
aber nach dem Besuch, wenn<br />
der Bürgermeister merkt, dass<br />
es ein Thema gibt, das seine<br />
Wähler umtreibt.<br />
Auf Bundesebene<br />
keine Volksbegehren<br />
<strong>Der</strong> Volksentscheid hat die<br />
gleiche Bedeutung wie eine<br />
Parlamentsabstimmung und<br />
ist deshalb immer mit einem<br />
Gesetzentwurf gekoppelt. Ist<br />
der Volksentscheid erfolgreich,<br />
ist das betreffende<br />
Gesetz gültig und muss nicht<br />
mehr <strong>vom</strong> Parlament verabschiedet<br />
werden.<br />
Auf Bundesebene gibt es<br />
in Deutschland keine Volksbegehren.<br />
Seit der Verabschiedung<br />
des Grundgesetzes<br />
wurde zwar immer wieder<br />
versucht, Volksentscheide<br />
auch auf Bundesebene durchzusetzen.<br />
Bisher jedoch ohne<br />
Erfolg. <strong>Der</strong> letzte Versuch, das<br />
Grundgesetz entsprechend zu<br />
ändern, scheiterte 2002 unter<br />
der rot-grünen Bundesregierung.<br />
Obwohl es eine Mehrheit<br />
im Bundestag für die direkte<br />
Demokratie gab, verfehlte der<br />
Gesetzentwurf wegen der Ablehnung<br />
der CDU die notwendige<br />
Zwei-Drittel-Mehrheit.<br />
<strong>Die</strong> Gegner von Volksentscheiden<br />
auf Bundesebene<br />
argumentieren gern mit der<br />
Manipulierbarkeit der Wähler<br />
Schwerpunk t > Demokr atie<br />
und damit, dass den meisten<br />
Bürgern angesichts der immer<br />
komplexer werdenden<br />
Themen das Verständnis für<br />
politische Zusammenhänge<br />
fehle. In diese Richtung geht<br />
auch die Annahme, dass es<br />
die Wiederbewaffnung, den<br />
Nato-Doppelbeschluss oder<br />
die Wiedervereinigung mit<br />
einem Volksentscheid darüber<br />
nicht gegeben hätte. Dem hält<br />
Roman Huber unverdrossen<br />
entgegen: „Ich vertraue auf<br />
die Weisheit der Massen.“<br />
Zum Beispiel bei der Wiedervereinigung.<br />
<strong>Die</strong> sei schließlich<br />
<strong>vom</strong> Volk angeschoben<br />
worden.<br />
<strong>Der</strong> Verein „Mehr Demokratie“<br />
streitet seit Jahrzehnten<br />
für eine Reform und die Einführung<br />
des bundesweiten<br />
Volksentscheids. Außerdem<br />
setzt er sich dafür ein, dass die<br />
Spielregeln für Volksbegehren<br />
auf Landesebene und Bürgerbegehren<br />
in den Gemeinden<br />
demokratischer werden.<br />
Mit zunehmendem Erfolg.<br />
Seit der Wiedervereinigung<br />
ist Bewegung in die Entwicklung<br />
der direkten Demokratie<br />
gekommen. Vor 1990 gab es<br />
nur sieben Bundesländer mit<br />
einer landesweiten Gesetzgebung<br />
zu Volksbegehren; Bürgerbegehren<br />
und -entscheide<br />
gab es nur in Baden-Württemberg.<br />
Seit 1998 sind diese<br />
wichtigen Instrumente der<br />
direkten Demokratie in allen<br />
16 Bundesländern verankert.<br />
Auf Landes- wie auf kommunaler<br />
Ebene. Und dort, wo die<br />
Hürden für ein erfolgreiches<br />
Volksbegehren nicht so hoch<br />
sind, machen die Bürger auch<br />
beherzt Gebrauch davon.<br />
In Berlin zum Beispiel, wo<br />
Bürger zurzeit mit Hilfe eines<br />
Volksbegehrens versuchen,<br />
Religions- und Ethikunterricht<br />
gleichzustellen. Oder Brandenburg.<br />
Dort soll ein kürzlich<br />
begonnenes Volksbegehren<br />
verhindern, dass der Braunkohle-Tagebau<br />
in der Lausitz<br />
ausgebaut wird. Bundesweit<br />
gab es im vergangenen Jahr 27<br />
neue und 34 laufende Volksbegehren.<br />
Ein Rekordjahr. Berlin<br />
war mit sieben neuen Verfahren<br />
Spitzenreiter, vor Hamburg,<br />
wo drei neue Volksbegehren<br />
gestartet wurden.<br />
„Politik lebt <strong>vom</strong> Engagement<br />
und der Beteiligung der<br />
Bürger“, sagt Roman Huber<br />
und ist überzeugt: Dort, wo<br />
sich Bürger wirklich einmischen<br />
und nicht nur ohnmächtig<br />
zuschauen dürfen, lebt die<br />
Demokratie.<br />
Bis zu 20 Prozent aller<br />
Wahlberechtigten<br />
Eine Erkenntnis, die sich allerdings<br />
laut Huber in den meisten<br />
Bundesländern noch nicht<br />
herumgesprochen hat. Huber<br />
kritisiert vor allem die Länder,<br />
wo die vorgeschriebene Zahl<br />
von Unterschriften Volksbegehren<br />
erschwert. So sind<br />
dafür auf Landesebene meist<br />
zwischen zehn und zwanzig<br />
Prozent der Unterschriften<br />
aller Wahlberechtigten nötig.<br />
<strong>Die</strong>se Hürde schaffen nur etwa<br />
40 Prozent aller Anträge. Zum<br />
Vergleich: In der Schweiz oder<br />
den USA, den Stammländern<br />
der direkten Demokratie, reichen<br />
zwei bis fünf Prozent der<br />
Stimmberechtigten für ein<br />
Volksbegehren aus. Eine solch<br />
aktivisten sammeln in hamburg Unterschriften für ein Volksbegehren zur direkten Demokratie.<br />
Foto: Picture alliance<br />
BITTE EINMISCHEN!<br />
aWer<br />
auf Entscheidungen<br />
in seiner Gemeinde oder<br />
seinem Land Einfluss nehmen<br />
möchte, kann...<br />
a...<br />
einen Bürgerverein<br />
gründen und ins Vereinsregister<br />
eintragen lassen.<br />
<strong>Die</strong>s ist ein Zusammenschluss<br />
von Anwohnern<br />
eines Stadtteils oder eines<br />
Dorfes, die Ziele des Gemeinwesens<br />
verfolgen<br />
und fördern wollen<br />
(zum Beispiel Brauchtums-<br />
und Denkmalpflege,<br />
Dorffeste, Konzerte, Adventssingen).<br />
a...<br />
eine Bürgerinitiative<br />
mit Gleichgesinnten,<br />
Nachbarn, Freunden gründen,<br />
um ein bestimmtes<br />
Vorhaben voranzutreiben<br />
(idealer Ausgangspunkt<br />
für den Start eines Bürgerbegehrens.<br />
Tipps gibt es<br />
bei: www.mehr-demokratie.de<br />
bürgerfreundliche Regelung<br />
gibt es bei uns nur in Brandenburg,<br />
Hamburg und Schleswig-<br />
Holstein. Das Schlusslicht aller<br />
Bundesländer ist das Saarland.<br />
Dort benötigt ein Volksbegehren<br />
20 Prozent Unterschriften<br />
innerhalb von 14 Tagen.<br />
Dass die Bürgerinnen und<br />
Bürger im Land sich einmischen<br />
wollen, zeigen auch die<br />
Bitten und Beschwerden, die<br />
den Petitionsausschuss des<br />
Bundestages erreichen. Jeder<br />
Bürger kann eine solche Petition<br />
einreichen, einzeln oder<br />
als Interessensgruppe, als<br />
Bürgerinitiative oder -verein.<br />
Seit drei Jahren ist dies auch<br />
online möglich. Zwischen Oktober<br />
2005 und Oktober 2008<br />
wurden fast 700 öffentliche<br />
Petitionen online eingereicht,<br />
diskutiert und von 1,2 Millionen<br />
Usern mit unterzeichnet.<br />
Inzwischen melden sich täglich<br />
etwa 130 Nutzer an.<br />
Erst kürzlich konnten sich<br />
Parlamentarier ein Bild davon<br />
machen, was den Leuten<br />
auf den Nägeln brennt. Über<br />
120.000 Menschen schlossen<br />
sich innerhalb von sechs<br />
Wochen per Mausklick einer<br />
öffentlichen Online-Petition<br />
an, mit der ein Bürger die Politiker<br />
aufgefordert hatte, die<br />
Spritsteuer zu halbieren.<br />
Wessen Anliegen es schafft,<br />
innerhalb von drei Wochen<br />
mehr als 50.000 Unterstützer zu<br />
finden, darf persönlich vor dem<br />
Dezember 2008 17<br />
a...<br />
einer Partei beitreten.<br />
Man wendet sich an den<br />
Ortsverein der Partei seiner<br />
Wahl, wird zahlendes<br />
Mitglied und kann von da<br />
an bei allen Aktivitäten<br />
des Ortsvereins mitwirken<br />
und Verantwortung<br />
für bestimmte Aufgaben<br />
übernehmen.<br />
a...<br />
sich als aktives Mitglied<br />
der lokalen Gruppe<br />
einer überregionalen Organisation<br />
für bestimmte<br />
gesellschaftspolitische<br />
Ziele einsetzen (zum Beispiel<br />
Naturschutzbund,<br />
Amnesty International<br />
oder Greenpeace).<br />
a...<br />
eine Petition an den<br />
Deutschen Bundestag<br />
schreiben – schriftlich<br />
per Post oder E-Mail.<br />
Informationen gibt es<br />
auf der Homepage des<br />
Deutschen Bundestages:<br />
www.bundestag.de<br />
Petitionsausschuss erscheinen.<br />
<strong>Die</strong> Abgeordneten können das<br />
Anliegen dann der Regierung<br />
vorlegen. Auf der Internetseite<br />
des Bundestages klickt man<br />
den Button „Petitionen“ an, und<br />
schon hat man die Möglichkeit,<br />
eine bereits eingereichte Online-Petition<br />
mit zu unterzeichnen<br />
oder auch eine neue zu<br />
verfassen. <strong>Die</strong> Bandbreite der<br />
Themen ist auch hier groß. Petitionen<br />
gibt es zum Gaststättenrecht<br />
oder Führerscheinwesen,<br />
ebenso wie zum Schächten von<br />
Tieren oder zur Verschrottung<br />
von Altfahrzeugen.<br />
<strong>Die</strong> Menschen der heutigen<br />
Welt, zumindest in den<br />
so genannten zivilisierten<br />
Teilen, grenzen sich immer<br />
weiter ab. Was zählt, ist man<br />
selbst, die Verwandten und<br />
vielleicht noch gute Freunde.<br />
<strong>Der</strong> Rest ist einem egal. Ich<br />
will eine Gesellschaft, in der<br />
der Mensch sich gegenseitig<br />
so behandelt, wie wir es<br />
überhaupt so weit gebracht<br />
haben in der Leiter der Evolution:<br />
durch Gemeinschaft.<br />
Ich will in einer Gesellschaft<br />
leben, die auf persönlichem,<br />
aber zwanglosem Engagement<br />
basiert.<br />
T.P.<br />
3 die<strong>Gesellschafter</strong>.de