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Juli/ August 2009 BLICK AUF DIE KULTUR Ausverk<strong>auf</strong>te Premiere der Burgfestspiele <strong>auf</strong> Oberhaus Wenn der Romeo mit der Julia... ‚Romeo und Julia‘ kennt jeder – als Romanze. Und als vulgäre Posse? Auf den Open-Air-Burgfestspielen gab es Liebe total, romantisch wurde gelitten und obszön gelacht. Brünftige Jungs aus vornehmem Haus lungern in den Straßen, pöbeln Jung und Alt mit derben Anzüglichkeiten an, ‚dissen‘ und penetrieren sich gespielt gegenseitig - schon aus Potenzgehabe können sie von <strong>keine</strong>m Kampf mit der Feindesgang lassen. Und hinter den Villenmauern beschimpft Papa die Tochter als „Schlampe, Flittchen, Satansbraten“. Von kultivierten Manieren ist wenig zu spüren. Einer fällt da aus der Reihe, macht es aber auch kaum besser. Schrecklich verknallt ist er in ein sprödes Mädchen mit dem ebenso schlimmen Namen „Rosaline“. Als unerwidert Liebender heult er den Mond an. Solches Gebaren schmeckt mehr nach emotionalem Kitsch statt ernster Liebe. Aber dann trifft er jemand anders, Julia… Romeo und Julia. <strong>Das</strong> Liebespaar schlechthin. Eine Tragödie, in der das Gefühl nicht mehr größer, die Welt nicht mehr kleiner werden kann. Der Zuschauer hängt an den Lippen der ekstatisch Liebenden, gleich ob sie Worte formen oder küssen. Wie geht das zusammen? Was hat das Ensemble des Landestheaters Niederbayern angestellt? Zunächst liegt der Verdacht nahe, hier moderner Der konservative Kunstrebell Der Akt eines Mädchens: spitze Brüste, Haar blond und lockig. Gemalt im Stil der Altmeister, feines Licht- und Schattenspiel, realistisch genau. Doch wo sich im Körperäußeren - Gesicht, Augen, Mimik – Seele zeigt, ist die Wirkung ganz anders. Feistes Wangenrot, verkniffener Blick, dazu ein gespreizt-angewidertes Lächeln. <strong>Das</strong> Mädchen muss Hässliches denken – und wird dabei selbst hässlich. ‚Vanitas‘ lautet der Titel. Ein Bildnis bezeichnend für den großen Maler klassischer Moderne, Otto Dix. <strong>Das</strong> Museum moderner Kunst zeigt einen Querschnitt seines Gesamtschaffens und stellt die Technik der Variation als Klammer für Dix‘ Œuvre heraus. Schäbig-verzerrte Lithographien von Huren wechseln mit heiterenLandschaftsimpressi- Otto Dix - Vanitas (1932) onen, verträumt-anmutige Aquarelle von Kindern gehen Porträts des ausgemergelten Jesu voran. Zum Schluss verstörende Radierungen der Kriegsschatten, die in ihrer Wucht einem Goya nahe kommen. Sehenswerte Ausstellung, die einen Reichtum an Stil(- brechungen) und Themen zeigt, der neben Dix‘ expressionistischem Hauptwerk oft übersehen wird. -ch Freiluftspiele im Burghof: gelungener Auftakt, volle Ränge. Radikalinszenierung zu begegnen. Platonische Gefühlshöhe bricht man <strong>auf</strong> die Schmierigkeit von Softpornos herunter, aus Grandezza, Kostümopulenz und Weinpokalen werden Rohheit, nackte Leiber und Plastikwasserflaschen – und dabei tut man bei aller Zerrung dem Text und Ursprungssinn oft unerträgliche Gewalt an. Aber dieser Vorwurf ist dem Regisseur Heinz Oliver Karbus <strong>keine</strong>swegs zu machen – weder entblößen sich die Darsteller noch zerhäckselte er die Liebesprosa in rohe Klötze. Was an Romeo und Julia roh daherkommt (und auch das nur dem Inhalt, nie der Form nach!), ist roh. Shakespeare selbst ist Schöpfer dieser wunderbar unterhaltsamen Geschmacklosigkeiten, Sexwitze und pragmatischen Liebes- und Ehesophistereien. Schlüpfrige Erotik Und darin liegt die große Stärke der Passauer Inszenierung. Sie gibt ‚Romeo und Julia‘ eine Welt zurück, die meist von der reinen Romanze verdrängt wird, zeigt sich ambivalent, da sie schlüpfrige Erotik und Liebesethos zusammenbringt. Auch die hohe Liebe zwischen Romeo und Julia hat ihre komischen Niederungen, das eine schließt das andere nicht aus – so hatte es Shakespeare gesehen. Daher ist die weitgehende Inhaltstreue erfrischend, die 2 ¾ Stunden Spieldauer werden nie lang. Die Inszenierung nimmt sich zurück und lässt wirken: Shakespeares lebendigeBlankverssprache, von Karbus mit Schelm e n g e s c h i c k übersetzt. Und die Burgkulisse. Die Veste steigt am keilförmigenFelsmassivzwischen Ilz und Donau dicht und steil empor, ein mächtiges Ineinander von Bollwerk und Herrschaftsglanz. Ein Ambien- 27 te, wie es dem Verona des 16. Jahrhundert gut nahe kommt. Nahekommen - das gelingt auch Katharina Elisabeth Kram. Sie geht in der Rolle der Julia <strong>auf</strong>. Anfangs ist sie knospenhaft schön und vergnügt, kokettiert mit Romeo. Aber erst der zweite Teil fordert sie. Und mit welcher Grazie und Sinnlichkeit pariert sie! Ihre verzweifelten Liebesschreie treffen ins Mark und geben der Szene einen bitteren Ernst wie man es nicht oft <strong>auf</strong> dem Theater erlebt. -ch " K n o s p e n h a f t schön": Katharina Elisabeth Kram als Julia Photos: Tobias Köhler (2), MMK