Marlene Dietrich - Leni Riefenstahl Doppelbiografie - Neue Zürcher ...
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Belletristik<br />
Roman Die irische Erzählerin Anne Enright erforscht, wie sich Menschen in der Erinnerung ihr<br />
banales Leben zurechtlegen<br />
Alles begann auf dem Gartenfest<br />
Anne Enright: Anatomie einer Affäre. Aus<br />
dem Englischen von Petra Kindler und<br />
Hans-Christian Oeser. DVA. 320 Seiten,<br />
Fr. 28.50.<br />
Von Simone von Büren<br />
«Das Licht ist wundervoll und grundverkehrt<br />
– es ist, als müsste ich den ganzen<br />
Planeten in meinem Kopf drehen,<br />
um in diesen Garten zu gelangen, in diesen<br />
Abschnitt des Nachmittags und zu<br />
diesem Mann, diesem Fremden, neben<br />
dem ich jetzt schlafe.» Während ein<br />
Sturm im Winter 2009 Dublin lahmlegt,<br />
blickt die 39-jährige Ich-Erzählerin von<br />
Anne Enrights neuem Roman zurück<br />
auf eine Affäre, die zum Alltag wurde.<br />
Das Thema Erinnerung taucht in den<br />
Werken der irischen Autorin immer<br />
wieder auf – am eindringlichsten in<br />
ihrem Roman «Das Familientreffen»,<br />
der 2007 mit dem Booker-Preis ausgezeichnet<br />
wurde. Während jener um ein<br />
6 ❘ NZZ am Sonntag ❘ 27. November 2011<br />
düsteres Geheimnis kreist, wissen wir in<br />
«Anatomie einer Affäre» schon nach<br />
wenigen Seiten, was geschehen wird:<br />
Die Sache wird ihren Lauf nehmen, zwei<br />
Ehen zerstören, mehrere Häuser auf den<br />
Markt bringen und einem eh schon angeschlagenen<br />
Kind hart zusetzen.<br />
Anne Enright geht es hier weder um<br />
Spannung noch um Moral. Es geht ihr<br />
nicht um das, was passiert ist, sondern<br />
darum, wie es wiedergegeben wird. Sie<br />
erforscht, wie sich Menschen die Unordentlichkeit<br />
und Willkür des Lebens zurechterzählen,<br />
wie sie sich selektiv erinnern<br />
und banale Ereignisse zu einer Geschichte<br />
formen, die sie dann fortlaufend<br />
redigieren.<br />
Geschönte Vergangenheit<br />
Gina Moynihan – eine von Enrights vielen<br />
unverblümten Ich-Erzählerinnen –<br />
steigt ein «in diese Geschichte über<br />
Seán, die ich mir selbst erzähle» mit der<br />
ersten Begegnung im Sommer 2002 an<br />
einem Fest im Garten ihrer Schwester.<br />
DER NEUE ROMAN<br />
VON WOLFGANG HERRNDORF<br />
«Wie Wolfgang Herrndorf erzählt, mit einer Sprache,<br />
nach der man süchtig werden kann, das ist brillant.»<br />
Frankfurter Rundschau<br />
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Auch als<br />
E-Book<br />
Sie reproduziert den Moment aktiv, entscheidet<br />
über die Art des Lichts und arrangiert<br />
die Personen nach Bedarf: Ihren<br />
Verlobten Conor, mit dem sie damals gerade<br />
ein Reihenhaus in einem Vorort<br />
gekauft hatte, streicht sie aus der Geschichte<br />
und beschreibt stattdessen, wie<br />
sich eine ihr unbekannte Frau durch<br />
einen Teller Süssigkeiten futtert. Seán<br />
stellt sie «ans untere Ende des Gartens,<br />
nachmittags, zu dem Zeitpunkt, wenn<br />
der Tag sich zu neigen beginnt. Vielleicht<br />
um halb sechs.» Die Einzige, die<br />
sich in der Erinnerung nicht recht bändigen<br />
lässt, ist Seáns vierjährige Tochter<br />
Evie, «ein seltsames, gestörtes kleines<br />
Ding» mit epileptischen Anfällen, «eine<br />
Art Schmierfleck auf einem ansonsten<br />
vollkommen klaren Bild.»<br />
Der Diskrepanz zwischen Erlebtem<br />
und Erinnertem, Erinnertem und Erzähltem<br />
ist sich Gina dabei durchaus<br />
bewusst: Sie weiss, dass sie lange gar<br />
nicht in Seán verliebt war, aber: «Würde<br />
man mich heute fragen, würde ich na-<br />
www.rowohlt-berlin.de<br />
480 Seiten. Gebunden<br />
€ 19,95 (D) / € 20,60 (A) / sFr. 28,50 (UVP)<br />
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