Wissenschaftlicher Ergebnisbericht - Helmholtz-Zentrum für ...
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76 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Mikrobielle Pathogenese<br />
01.8 Strukturelle Charakterisierung von Faktoren der<br />
Pathogenabwehr<br />
PROJEKTLEITER | Dr. Konrad Büssow | Arbeitsgruppe Rekombinante Proteinexpression |<br />
kbu07@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Sonja Wilke | Sarah Tokarski<br />
An der Abwehr von Krankheitserregern nimmt eine Vielzahl<br />
von Proteinen teil. Die Aufklärung der dreidimensionalen<br />
Struktur von Proteinen durch Röntgenstrukturanalyse<br />
liefert wichtige Informationen über ihre Funktionsweise.<br />
Bei vielen menschlichen Proteinen waren Strukturuntersuchungen<br />
bisher nicht möglich, weil die Proteine nicht in<br />
größeren Mengen rein hergestellt werden konnten. Das ist<br />
jedoch die Voraussetzung, um Proteinkristalle zu züchten<br />
und Röntgenbeugungsdaten aufzunehmen.<br />
Proteine werden <strong>für</strong> Röntgenstrukturuntersuchungen<br />
meistens in Bakterien hergestellt. Die Bakterien werden gentechnisch<br />
so verändert, dass sie das jeweilige Zielprotein in<br />
großen Mengen produzieren. Das Verfahren ist schnell und<br />
preiswert. Allerdings lassen sich viele menschliche Proteine,<br />
die an der Abwehr von Krankheitserregern beteiligt sind,<br />
so nicht herstellen. In Bakterien werden die notwendigen<br />
Prozessierungsschritte nicht ausgeführt, die diese Proteine<br />
in ihre biologisch aktive Form überführen.<br />
Proteine aus tierischen Zellkulturen Kultivierte tierische<br />
Zellen sind bei der Herstellung von Proteinen <strong>für</strong> die Röntgenstrukturuntersuchung<br />
eine Alternative zu Bakterien.<br />
Meistens werden Insektenzellen eingesetzt, die mit gentechnisch<br />
veränderten Baculoviren infi ziert werden. Aber<br />
auch Säugerzelllinien leisten gute Dienste, besonders bei<br />
Proteinen, die in ihrer natürlichen Umgebung aus den Zellen<br />
ausgeschleust werden und sich in der extrazellulären Flüssigkeit<br />
oder auf der Zellaußenseite befi nden.<br />
Diese ausgeschleusten Proteine, beispielsweise Antikörper<br />
oder Zytokine, sind oftmals durch Disulfi dbrücken stabilisiert<br />
und tragen Kohlenhydratketten auf ihrer Oberfl äche.<br />
Um sie <strong>für</strong> die Röntgenstrukturanalyse herzustellen, bietet<br />
sich die Hamster-Zelllinie CHO-Lec 3.2.8.1 an. Bei ihr<br />
führen Mutationen dazu, dass die Kohlenhydratketten klein<br />
und einheitlich ausfallen und die produzierten Proteine<br />
deshalb gut kristallisierbar sind.<br />
Beschleunigte Zelllinienerzeugung Nachteilig ist, dass<br />
die Herstellung einer gentechnisch veränderten CHO-Lec<br />
Zell linie nach Standardmethoden ungefähr ein Jahr erfordert.<br />
Durch den Einsatz eines neuen Verfahrens konnten<br />
wir den Zeitaufwand stark reduzieren. Dieses Verfahren<br />
basiert auf einem fl uoreszierenden Reportergen, GFP, das<br />
es ermöglicht, gentechnisch veränderte CHO-Lec Zellen<br />
mit besonders guten Produktionseigenschaften mit der<br />
Fluoreszenz-akti vierten Zellsortierung (FACS) zu separieren<br />
und anschließend zu klonieren.<br />
Klonierung einer stabilen GFP Zelllinie durch Fluoreszenzaktivierte<br />
Zellsortierung Grafi k: HZI<br />
Die Kassettenaustauschtechnologie (RMCE) ermöglicht<br />
es, die Herstellung von Produktionszelllinien noch weiter<br />
zu beschleunigen. RMCE erlaubt es, über ortsgerichtete<br />
Rekombination ein Markergen wie GFP gegen ein beliebiges<br />
anderes Gen auszutauschen. Ein Verfahren, das nur wenige<br />
Wochen in Anspruch nimmt. Wir haben die Klonierung<br />
einer GFP-Zelllinie über Zellsortierung mit RMCE kombiniert<br />
und konnten den Kassettenaustausch in CHO-Lec<br />
Zellen bereits erfolgreich demonstrieren.<br />
Mit dieser Methode haben wir Produktionszellinien <strong>für</strong><br />
verschiedene Lysosomen-assoziierte Membranproteine<br />
(LAMP) hergestellt. Die Zelllinien sekretieren verkürzte<br />
LAMP Proteine, denen der Membrananker fehlt. Die LAMPs<br />
spielen in den Lysosomen eine wichtige Rolle und sind <strong>für</strong><br />
Beseitigung von Krankheitserregern durch Phagozytose erforderlich.<br />
Verschiedene LAMP Proteine konnten in großen<br />
Mengen hergestellt und kristallisiert werden. Zum ersten<br />
Mal konnte die räumliche Struktur eines LAMPs ermittelt<br />
werden. Allerdings sind weitere Arbeiten nötig, um die<br />
Struktur zu verbessern und den molekularen Aufbau dieser<br />
wichtigen Proteine im Detail zu verstehen.<br />
Wilke,S., Krausze,J., Gossen,M., Gröbe,L., Jager,V., Gherardi,E., van den,H.J., & Bussow,K.<br />
(2010) Glycoprotein production for structure analysis with stable, glycosylation mutant CHO<br />
cell lines established by fl uorescence-activated cell sorting. Protein Science 19, 1264-1271.