Wissenschaftlicher Ergebnisbericht - Helmholtz-Zentrum für ...
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120 WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Neue Projektgruppen<br />
06 Mikrobielle Proteomforschung<br />
PROJEKTLEITER | Prof. Dr. Katharina Riedel | Arbeitsgruppe Mikrobielle Proteomik |<br />
katharina.riedel@helmholtz-hzi.de | ak.riedel@tu-bs.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Dr. Isabel Hartmann | Dr. Martin Kucklick | Thomas Langer | Christian Lassek<br />
Proteomik – ein ideales Werkzeug zur Erforschung<br />
pathogener Mikroorganismen Proteine vermitteln und<br />
regulieren als eigentliche „Akteure des Lebens“ grundlegende<br />
zelluläre Funktionen. Zudem sind sie häufi g auch<br />
direkte Angriffspunkte antimikrobieller Wirkstoffe. Die<br />
Charakterisierung sämtlicher exprimierten Proteine eines<br />
Mikroorganismus (“Mikrobielle Proteomik”) ist daher ideal<br />
geeignet, um beispielsweise die molekulare Grundlage<br />
bakterieller Infektionen oder die Anpassung von Mikroorganismen<br />
an Antibiotika zu untersuchen. Wir verwenden<br />
2D-Gelelektrophorese und modernste Gel-freie Techniken<br />
zur qualitativen und quantitativen Analyse mikrobieller<br />
Proteome.<br />
Evaluierung neuer Antiinfektiva Durch das vermehrte<br />
Auftreten multiresistenter Mikroorganismen steigt der<br />
Bedarf an neuen antiinfektiven Wirkstoffen. Bakterielle<br />
Zell-Zell-Kommunikation (Quorum Sensing, QS) ist in vielen<br />
Pathogenen eine zentrale „Schaltstelle“ <strong>für</strong> die Expression<br />
von Virulenzfaktoren und die Ausbildung von Biofi lmen.<br />
Damit ist sie ein attraktiver Ansatz <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
alternativer Wirkstoffe. Ein Vorteil dieser Strategie ist das<br />
Ausbleiben von Resistenzen. Wir haben spezifi sche Sensoren<br />
entwickelt, um Substanz-Bibliotheken nach Wirkstoffen zu<br />
durchsuchen, die mit QS zweier wichtiger Pathogene, Pseudomonas<br />
aeruginosa und Burkholderia cenocepacia, inter ferieren.<br />
Effi zienz und Spezifi tät der Substanzen untersuchen wir<br />
mit vergleichender Proteom-Analyse. Darüber hinaus haben<br />
wir in Zusammenarbeit mit Prof. J. Robinson (Universität<br />
Zürich) die Wirkweise sogenannter „Peptidomimetika“, die<br />
spezifi sch P. aeruginosa inhibieren, entschlüsselt.<br />
In situ Proteomik zur Erforschung der molekularen<br />
Grundlagen bakterieller Infektionen 80 Prozent aller<br />
mikrobiellen Infektionen im menschlichen Körper sind mit<br />
der Ausbildung von Biofi lmen verknüpft. Da sie sehr resistent<br />
gegenüber traditionellen antimikrobiellen Wirkstoffen<br />
sind, ist die Entschlüsselung grundsätzlicher Prinzipien<br />
der Biofi lm-Entwicklung ein wesentlicher Schritt <strong>für</strong><br />
das Verständnis pathogener Bakterien. Wir haben in situ<br />
Proteom-Analysen von P. aeruginosa in zwei verschiedenen<br />
Pathogenitätsmodellen etabliert. Mit ihnen identifi zieren<br />
wir mikrobielle Virulenzfaktoren, die spezifi sch während<br />
des Infektionsprozesses exprimiert werden. Und wir analysieren<br />
Veränderungen im Wirtsproteom, die durch die Bakterien<br />
hervorgerufen werden. Langfristig soll damit in einer<br />
Kooperation mit Prof. M. Givskov (Universität Kopenhagen)<br />
die Wirkweise von „linked multi-drugs” validiert werden,<br />
die mehr als eine Zielstruktur innerhalb der Bakterienzelle<br />
angreifen.<br />
Ablauf einer typischen Proteom-Analyse beginnend mit der<br />
Proteinextraktion, gefolgt von Auftrennung und Analyse<br />
mittels Gel-basierenden oder Gel-freien Ansätzen kombiniert<br />
mit Massenspektrometrie und der abschließenden Daten-<br />
Validierung z.B. durch phänotypische Tests.<br />
Metaproteom-Analysen gemischter Biofi lme auf Blasenkathetern<br />
Harnwegsinfektionen gehören zu den häufi gsten<br />
nosokomialen Infektionen. Da uropathogene Bakterien sehr<br />
schnell Resistenzen ausbilden, sind Biofi lme auf Blasenkathetern<br />
schwer zu bekämpfen und treten häufi g persistent<br />
oder chronisch auf. Jüngste Untersuchungen haben gezeigt,<br />
dass Katheter-Biofi lme hochkomplex sind und aus vielen<br />
verschiedenen Spezies bestehen. Unsere Arbeitsgruppe<br />
ist Teil des UroGenOmics-Konsortiums, das regulatorische<br />
und metabolische Strategien während der Katheter-Kolonisierung<br />
und Infektion untersucht. Derzeit analysieren wir<br />
Zusammensetzung und Funktionen gemischter Biofi lme<br />
mit Metaproteom-Analysen; uns interessieren besonders<br />
zeitliche und räumliche Veränderungen, sowie Stammspezifi<br />
sche Strategien zur Anpassung an spezielle Bedingungen<br />
im Harntrakt. Unsere Ergebnisse sollen dazu<br />
beitragen, alternative Angriffspunkte <strong>für</strong> Pharmaka zu<br />
identifi zieren, neue diagnostische Werkzeuge zu entwickeln<br />
und Katheteroberfl ächen zu entwerfen, die Biofi lmen entgegenwirken.<br />
Srinivas, N., Jetter, P., Ueberbacher, B.J., Werneburg, M., Zerbe, K., Steinmann, J., Van der<br />
Meijden, B., Bernardini, F., Lederer, A., Dias, R.L., Misson, P.E., Henze, H., Zumbrunn, J.,<br />
Gombert, F.O., Obrecht, D., Hunziker, P., Schauer, S., Ziegler, U., Käch, A., Eberl, L., Riedel,<br />
K., Demarco, S.J., Robinson, J.A. (2010). Peptidomimetic Antibiotics Target Outer-Membrane<br />
Biogenesis in Pseudomonas aeruginosa. Science 327: 1010-1013.<br />
Schneider, T., Riedel, K. (2010). Environmental proteomics: Analysis of structure and<br />
function of microbial communities. Proteomics 10: 785-798.<br />
Riedel, K., Köthe, M., Kramer, B., Saeb, W., Gotschlich, A., Ammendola, A., Eberl, L. (2006).<br />
Computer-aided design of agents that inhibit the cep quorum sensing system of Burkholderia<br />
cenocepacia. Antimicrob. Agents Chemotherapy 50: 318-323.