Wissenschaftlicher Ergebnisbericht - Helmholtz-Zentrum für ...
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WISSENSCHAFTLICHER ERGEBNISBERICHT | Infektion und Immunität | Wirt-Pathogen-Interaktionen 89<br />
02.6 Biofi lm-Gemeinschaften<br />
PROJEKTLEITER | Dr. Wolf-Rainer Abraham | Arbeitsgruppe Chemische Mikrobiologie | wab@helmholtz-hzi.de<br />
PROJEKTMITARBEITER | Andreía B. Estrela | Ahmed S. Gebreil | Dr. Marcela G. Heck | Rolf Kramer |<br />
Dr. Heinrich Lünsdorf | Maira Peres de Cavalho | Esther Surges<br />
Das Projekt versteht Lebensgemeinschaften von Mikroorganismen<br />
in Biofi lmen als funktionelle Einheiten. Wir<br />
verfolgen das Ziel, durch Erkundung der Artenvielfalt von<br />
Mikroben und deren Zusammenwirken neue Wege zu ihrer<br />
Kontrolle zu fi nden. Dabei steht im Fokus, dass in der Natur<br />
Bakterien zumeist nicht als Reinstämme, sondern fast<br />
immer in Gemeinschaften leben. Besonders interessant ist,<br />
wie sich pathogene Bakterien in ihrem Wirt verhalten und<br />
wie sie mit nicht- oder fakultativ pathogenen Bakterien in<br />
Biofi lmen im menschlichen Körper umgehen.<br />
Entwicklung dentaler Biofi lme Eine der Hauptkomplikationen<br />
bei klinischen Implantaten ist die Infektion, die meist<br />
mit einer Biofi lm-Bildung auf dem Implantat einhergeht.<br />
Solche Biofi lme sind schwer zu bekämpfen, da die Bakterien<br />
in Biofi lmen besondere Schutzmechanismen gegen Antibiotika<br />
und das Immunsystem besitzen. Probleme treten<br />
insbesondere in der Mundhöhle auf, die von Natur aus von<br />
einer Vielzahl unterschiedlicher Bakterien besiedelt ist. Wir<br />
wollten wissen, welche Bakterien mit der Besiedlung der<br />
Implantate in der Mundhöhle beginnen. Dazu haben wir<br />
zwei Wochen alte Biofi lme von Zahnimplantaten verschiedener<br />
Patienten untersucht. Wir fanden stets komplexe<br />
Gemeinschaften von Bakterien. Durch statistische Analyse<br />
konnten wir zeigen, dass es einige charakteristische Bakterienarten<br />
gibt, welche an bestimmten Stellen des Implantats<br />
immer wieder vorkommen und somit charakteristisch<br />
<strong>für</strong> diese Orte sind. Interessanterweise fanden wir an den<br />
Implantaten häufi ger Streptokokken als an den natürlichen<br />
Zähnen derselben Patienten, konnten aber keine Häufung<br />
pathogener Bakterien fi nden.<br />
Metabolische Aktivitäten in Biofi lmen Das Wissen,<br />
welche Bakterien in welchen Biofi lmen vorkommen – und<br />
an welchen Stellen -, ist aber nur der erste Schritt, um das<br />
komplexe Phänomen Biofi lm zu verstehen. Die Nutzung von<br />
Substraten durch die einzelnen Bakterien in der Biofi lm-Gemeinschaft<br />
ist ein weiterer wichtiger Faktor. Um zu klären,<br />
wie schnell und wie stark ein Substrat von Bakterien aufgenommen<br />
wird, setzen wir Substrate ein, die mit stabilen<br />
Isotopen, also nicht radioaktiv, markiert sind. Darüber<br />
verfolgen wir den Einbau dieser Substrate in die einzelnen<br />
Bakterienarten. Wir können so Kinetiken bestimmen und<br />
den Stofffl uss in der Gemeinschaft modellieren. Um nicht<br />
nur Interaktionen der Bakterien untereinander, sondern<br />
auch Wirts-Bakterien-Wechselbeziehungen aufzuklären, haben<br />
wir begonnen, solche Studien auch in Zellkulturen und<br />
in Tiermodellen durchzuführen. Da die Materialien nicht<br />
radioaktiv sind, sind hier keine besonderen Sicherheitsmaßnahmen<br />
erforderlich. Wir können an solchen Modellen<br />
zeigen, dass dieselben Bakterien in unterschiedlichen<br />
Bild einer Biofi lm-Gemeinschaft, aufgenommen mit einem<br />
konfokalen Lasermikroskop. Die Zellen wurden mit Nilrot<br />
gefärbt, wobei leicht hydrophobe Bakterienzellen (rot) von<br />
stark hydrophoben (grün) unterschieden werden können<br />
Foto: Ahmed Gebreil/ Maximilliano Gutierrez<br />
Organen unterschiedliche Stoffwechselwege haben und in<br />
einem Organ z. B. die Glukose direkt aufnehmen, während<br />
sie sich in einem Tumor bevorzugt von dessen Stoffwechselprodukten<br />
ernähren.<br />
Naturstoffe zur Kontrolle von Biofi lmen Ziel dieser Untersuchungen<br />
ist es, Biofi lm-Gemeinschaften zu modulieren<br />
und pathogene Bakterien aus ihnen zu verdrängen. Wir setzen<br />
dazu bekannte Naturstoffe ein, suchen aber auch nach<br />
neuen in Pilzen. Eine erste Untersuchung von Pilzisolaten<br />
ergab, dass eine Reihe recht unterschiedlicher Naturstoffe<br />
in der Lage sind, Biofi lme pathogener Bakterien aufzulösen,<br />
ohne aber selbst antibiotisch zu wirken. Noch stehen diese<br />
Untersuchungen am Anfang, wir können aber dennoch<br />
bereits jetzt sagen, dass Pilze eine reiche Quelle <strong>für</strong> Verbindungen<br />
sind, die Biofi lme modulieren können.<br />
A. B. Estrela, M. G. Heck, W.-R. Abraham (2009) Novel approaches to control biofi lm infections.<br />
Curr. Med. Chem., 16, 1512-1530.<br />
A. B. Estrela, W.-R. Abraham (2010) Combining biofi lm controlling compounds and antibiotics<br />
as a promising new way to control biofi lm infections. Pharmaceuticals, 3, 1374-1393.<br />
W. Heuer, M. Stiesch, W. R. Abraham (2010) Microbial diversity of supra- and<br />
subgingival biofi lms on freshly colonized titanium implant abutments in the human mouth.<br />
European Journal of Clinical and Microbiological Infection Diseases,<br />
http://dx.doi.org/10.1007/s10096-010-1068-y