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Mercator Kolleg - Stiftung Mercator

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Entwicklungspolitik in Afghanistan<br />

Text Florian Neutze<br />

E s ist heiß an diesem Frühlingstag im Norden Afghanistans. Die Fahrt von<br />

Mazar-i-Sharif nach Aybak in der Provinz Samangan dauert auf der neu<br />

geteerten Straße, die mit deutscher Hilfe modernisiert wurde, nur knappe anderthalb<br />

Stunden. Sie führt durch die Ausläufer des Hindukusch, vorbei an zerfallenen<br />

Königspalästen und Karawansereien. Rostende sowjetische Panzer säumen<br />

den Straßenrand. 90 Minuten Fahrt durch die jüngere, vernarbte Geschichte Afghanistans.<br />

Sie genügen, um von Mazar, einer kleinen, relativ sicheren und wirtschaftlich<br />

aufstrebenden Industriezone, ins Mittelalter zurückzukehren.<br />

Begleitet werde ich von einem erfahrenen deutschen Mitarbeiter der Gesellschaft<br />

für Internationale Zusammenarbeit und seinem jungen afghanischen<br />

<strong>Kolleg</strong>en. Unser Ziel: ein kleines Dorf nahe der Provinzhauptstadt<br />

Aybak. Es leidet unter den Wassermassen, die jedes Frühjahr aus den schneebedeckten<br />

Bergen fließen und weite Teile der bestellten Ackerflächen abtragen.<br />

Eine verdorbene Ernte kann in einem Land, in dem 80 Prozent der Bevölkerung<br />

in ländlichen Gegenden leben und von Subsistenzlandwirtschaft<br />

abhängig sind, das Schicksal eines ganzen Dorfes bestimmen. Hier setzt entwicklungsorientierte<br />

Not- und Übergangshilfe an: Sie will Dorfgemeinschaften<br />

befähigen, sich selbst zu helfen – durch Flutschutzmauern, durch Bewässerungskanäle,<br />

durch Abwassersysteme. Cash for Work nennt man diese<br />

Programme, bei denen die Gemeinden Baumaterialien erhalten, die eigentliche<br />

Bauleistung aber selbst erbringen müssen. Man nimmt die Gemeinschaft<br />

in die Pflicht, damit sicher ist, dass auch nach Fertigstellung des Projekts ein<br />

gewisses Verantwortungsbewusstsein bleibt<br />

Die Fahrt an diesem Tag ist meine erste Projektbesichtigung in den drei Monaten,<br />

die ich als Fellow für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit<br />

und Entwicklung (BMZ) in Afghanistan verbringen werde. Neugier<br />

und Vorfreude, das gut gesicherte Gelände gegen einen Ausflug in die Realität<br />

einzutauschen und mit Afghanen statt mit Ausländern zu sprechen, mischen<br />

sich mit der Sorge, ob das, was man hier gerade tut, wirklich eine gute Idee ist.<br />

52 <strong>Mercator</strong> <strong>Kolleg</strong> 2010/11

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