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Mercator Kolleg - Stiftung Mercator

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„Versöhnung vor Gerechtigkeit“<br />

Interview mit José Ramos-Horta<br />

Text und Foto Kristoffer Tangri<br />

Herr Ramos-Horta, Sie waren Außen- und Verteidigungsminister, Premier<br />

und Präsident von Timor-Leste, gehören aber keiner Partei an. Warum wollten<br />

Sie als Unabhängiger aktiv sein?<br />

Ich war Mitbegründer der Revolutionären Front für die Unabhängigkeit von<br />

Timor-Leste (FRETILIN). 1999, drei Jahre vor der Unabhängigkeit, habe ich<br />

mich jedoch entschlossen, aus dieser Partei auszutreten, denn ich hatte genug<br />

von den ständigen internen Machtkämpfen, die bis heute andauern. Nachdem<br />

ich 1999 aus dem Exil zurückkehrte, wollte man mich für die eine oder andere<br />

politische Partei gewinnen. Ich fand aber, dass es auch Leute geben müsste, die<br />

unabhängig bleiben. Insbesondere in Staaten, die sich im Prozess der Nationenbildung<br />

und des Staatsaufbaus befinden, in denen die Wunden der Vergangenheit<br />

noch nicht verheilt sind, muss es auch Führungspersonen geben, die unabhängig<br />

sind und zwischen den einzelnen Gruppierungen vermitteln können.<br />

Während der Unruhen 2006 war ich dann auch die einzige Person, der alle<br />

Parteien und auch das Militär vertraut haben, ich wurde zum Premier- und<br />

Verteidigungsminister ernannt. Ein Jahr später wurde ich zum Präsidenten von<br />

Timor-Leste gewählt, wieder als parteiunabhängiger Kandidat.<br />

Wie beurteilen Sie die politische Parteienlandschaft in Osttimor im Hinblick auf<br />

die Parlamentswahlen im Frühjahr 2012?<br />

Timor-Leste ist einer der kleinsten und ärmsten Staaten der Welt, leistet sich<br />

aber den Luxus, über 20 politische Parteien zu unterhalten. Politische Vielfalt<br />

und Pluralität sind von höchster Bedeutung, und doch ist es gerade in Post-<br />

Konflikt-Staaten wichtig, politische Instabilität zu vermeiden, die mit einer<br />

sehr hohen Anzahl von Parteien einhergehen kann. Ich habe daher der Regierung<br />

vorgeschlagen, Parteien erst dann finanziell zu unterstützen, wenn sie<br />

Chancen haben, bei der nächsten Wahl mindestens drei Prozent der Stimmen<br />

zu bekommen, und ich habe die Bevölkerung aufgerufen, ihre Stimme nicht an<br />

kleine Randparteien zu verschwenden.<br />

<strong>Mercator</strong> <strong>Kolleg</strong> 2010/11 73

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