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„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc

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14 Karl-Wilhelm Merks<br />

I. Vom gerechten Krieg zum gerechten Frieden: Zu Anlass und Inhalt<br />

von „ Gerechter Friede"<br />

Stellungnahmen <strong>der</strong> deutschen Bischöfe, sicher zu sozialethischen Fragen, hängen nicht<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Luft, son<strong>der</strong>n stehen im Zusammenhang mit bestimmten gesellschaftlichen Ent-<br />

wicklungen. Diese E<strong>in</strong>sicht befreit uns von <strong>der</strong> Vorstellung, kirchliche Äußerungen<br />

müssten per se Ewigkeitswert haben. 9 Ethik ist, wo sie recht betrieben wird, immer e<strong>in</strong>e<br />

Antwort auf konkrete Probleme <strong>in</strong> konkreten Umständen. Die dar<strong>in</strong> auftauchenden Fra-<br />

gen bestimmen auch die Antworten (mit). Das zeigen auch die beiden bischöflichen<br />

Friedensschreiben, „Gerechtigkeit schafft Frieden" und <strong>„Gerechter</strong> Friede". Der Kontext<br />

1 983 war die Diskussion über e<strong>in</strong>e Friedenssicherung angesichts des Ost-West-Gegen-<br />

satzes und <strong>der</strong> gegenseitigen Aufrüstung (z.B. die Stationierung von Mittelstreckenrake-<br />

ten), sowie die Frage von Besitz und/o<strong>der</strong> Gebrauch von Atomwaffen.<br />

Mit den politischen Verän<strong>der</strong>ungen seit 1989 än<strong>der</strong>t sich die Fragestellung. Das Thema<br />

„Abschreckung" rückt an den Rand des Interesses. In <strong>der</strong> Pressekonferenz zur Vorstel-<br />

lung von <strong>„Gerechter</strong> Friede" umschreibt Bischof Dr. Franz Kamphaus'° das so: „In ,Ge-<br />

rechtigkeit schafft Frieden' 1983 g<strong>in</strong>g es darum, im Rahmen e<strong>in</strong>er hochexplosiven<br />

Blockkonfrontation den Frieden militärisch zu sichern und den politischen, gesellschaft-<br />

lichen und wirtschaftlichen Ordnungskonflikt zwischen Ost und West zu entschärfen.<br />

Damals lautete die Losung: Entspannung, friedliche Koexistenz und friedlicher Wandel.<br />

Heute ist <strong>der</strong> Ost/West-Konflikt überwunden. Gibt es e<strong>in</strong> neues Leitbild, das program-<br />

matisch bündelt, was von <strong>der</strong> christlichen Tradition her friedenspolitisch an <strong>der</strong> Zeit ist?<br />

Unsere Antwort heißt: ,Gerechter Friede'. Damit ist e<strong>in</strong> ethisch-politischer Maßstab<br />

gegeben, an dem sich das politische Entscheiden und Handeln nicht nur ausrichten kann,<br />

son<strong>der</strong>n sich auch kritisch beurteilen lassen muss. Die sicherheitspolitische Lage hat sich<br />

grundlegend gewandelt. Der klassische Typ des zwischenstaatlichen Krieges, auf den die<br />

bisherige Politik <strong>der</strong> Kriegsverhütung konzentriert war, hat erheblich an Bedeutung ver-<br />

loren." Freilich, so fährt er fort: „Damit ist ke<strong>in</strong>eswegs überall Frieden e<strong>in</strong>gekehrt. Frieden<br />

ist mehr als Abwesenheit von Krieg. Während <strong>der</strong> Krieg im herkömmlichen S<strong>in</strong>n un-<br />

wahrsche<strong>in</strong>licher geworden ist, wächst die Zahl gewaltsamer <strong>in</strong>nerstaatlicher Konflikte.<br />

Das lässt uns neu nach Gewaltfreiheit fragen."<br />

Mit Namen <strong>der</strong> Golfkrieg, die brutalen kriegerischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen im Zusam-<br />

menhang mit <strong>der</strong> Auflösung des alten Jugoslawien, aber auch die Bürgerkriege <strong>in</strong> ver-<br />

schiedenen Län<strong>der</strong>n Afrikas und Asiens verweisen nicht nur auf das Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong><br />

Entwicklung neuer politischer Konzepte und Strategien zur Erhaltung o<strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>her-<br />

stellung von Ordnungen friedlichen Zusammenlebens. Daneben entstehen auch neue<br />

Formen e<strong>in</strong>es möglichen militärischen Engagements, nun nicht zur Selbstverteidigung,<br />

9 Genau diese Vorstellung hat wahrsche<strong>in</strong>lich dazu beigetragen, dass die Lehre vom „gerechten<br />

Krieg" auch noch vorgetragen wurde, als sie schon aufgrund <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Waffentechnologie<br />

weitgehend als Abstraktion erkannt wurde, die e<strong>in</strong>er umfassenden ethischen Beurteilung eher<br />

im Wege stand als sie beför<strong>der</strong>te.<br />

10 Statement des Vorsitzenden <strong>der</strong> Kommission Weltkirche <strong>der</strong> Deutschen Bischofskonferenz,<br />

Bischof Dr. Franz Kamphaus, auf <strong>der</strong> Pressekonferenz zur Vorstellung des Friedenswortes<br />

<strong>„Gerechter</strong> Friede" am I I. Oktober 2000 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.

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