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„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc

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50 Michael Rosenberger<br />

kündet, wohl aber <strong>der</strong> Impuls zu e<strong>in</strong>em solchen gegeben, das als eigenständige Erklä-<br />

rung <strong>in</strong> ökumenischer Geme<strong>in</strong>samkeit verfasst werden solle. Die holländischen Bi-<br />

schöfe verweisen dabei auf e<strong>in</strong> ähnliches, anlässlich des 50. Jahrestags <strong>der</strong> Befreiung<br />

von Auschwitz gegebenes Bekenntnis, <strong>in</strong> dem sie die kirchliche Mitschuld im Blick<br />

auf Antisemitismus und Judenverfolgung e<strong>in</strong>geräumt hatten (Zum Frieden imstande<br />

1 996, Kap. 2.1). Auch die deutschen Bischöfe haben anlässlich des 50. Jahrestags <strong>der</strong><br />

Novemberpogrome und zum 50. Jahrestag <strong>der</strong> Befreiung von Auschwitz die Mit-<br />

schuld <strong>der</strong> Kirche am Antisemitismus bekannt. Umso mehr wäre das Jubiläumsjahr<br />

2000 Anlass gewesen, auch bezüglich des Kriegsausbruchs e<strong>in</strong> klares Wort zur Rolle<br />

<strong>der</strong> Kirche zu sagen.<br />

<strong>—</strong> Mehr Raum hätte weiterh<strong>in</strong> die Frage e<strong>in</strong>er Medienethik im Blick auf Gewalt und<br />

Krieg verdient gehabt. Das Problem wird angesprochen, aber vergleichsweise kurz<br />

behandelt, wenn man die zentrale Rolle bedenkt, die die Medien <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er mo<strong>der</strong>nen<br />

Informations- und „Spaß-"gesellschaft e<strong>in</strong>nehmen. E<strong>in</strong>e umfassende wissenschaftli-<br />

che Analyse <strong>der</strong> Rolle <strong>der</strong> Medien im Kosovo-Konflikt steht noch aus und kann daher<br />

von <strong>„Gerechter</strong> Friede" nicht gefor<strong>der</strong>t werden. Sie ist jedoch aus ethischer Sicht e<strong>in</strong><br />

wesentliches Desi<strong>der</strong>at. Denn die oft sehr selektive, e<strong>in</strong>fachste Regeln journalistischer<br />

Sorgfalt außer Acht lassende Berichterstattung <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zeit des Kosovokrieges lässt <strong>—</strong><br />

teilweise komb<strong>in</strong>iert mit gezielter Des<strong>in</strong>formation seitens <strong>der</strong> Militärsprecher <strong>—</strong> doch<br />

erhebliche Zweifel am Funktionieren unserer Zivilgesellschaft <strong>in</strong> solchen Krisen-<br />

situationen aufkommen. Hier hätte <strong>„Gerechter</strong> Friede" deutlichere Impulse setzen<br />

können.<br />

<strong>—</strong> Me<strong>in</strong>es Erachtens am gewichtigsten ist <strong>der</strong> dritte E<strong>in</strong>wand: Der Gewaltbegriff ist <strong>der</strong><br />

Schlüssel zu <strong>„Gerechter</strong> Friede". Insofern hätte se<strong>in</strong>e Reflexion und Def<strong>in</strong>ition wahr-<br />

haft mehr Raum verdient als nur e<strong>in</strong>e Fußnote <strong>in</strong> <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung. Zwar wird dort die<br />

Unterscheidung zwischen Gewaltanwendung (englisch: violence, force) und rechts-<br />

staatlich <strong>in</strong>stitutionalisierter Gewaltausübung (englisch: power, authority) grundge-<br />

legt. E<strong>in</strong> <strong>in</strong>nerer Zusammenhang und e<strong>in</strong>e klare Abgrenzung <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en von <strong>der</strong> ande-<br />

ren Dimension <strong>der</strong> Gewalt wird aber nicht deutlich. Auch wird im weiteren Verlauf<br />

des Dokuments nicht mehr mit <strong>der</strong> e<strong>in</strong>gangs vorgeschlagenen Unterscheidung gear-<br />

beitet. Dabei hätten manche konkreten friedenspolitischen Optionen des zweiten<br />

Hauptteils schlüssiger an den Gewaltbegriff angebunden werden können, wenn die<br />

begriffliche Entfaltung mit mehr Geduld und Sorgfalt erfolgt wäre. Ob die Fußnote<br />

erst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er späten Phase <strong>der</strong> Textgenese e<strong>in</strong>gefügt wurde?<br />

In Zusammenhang mit dieser Kritik sei am Rande <strong>der</strong> doch deutlich an<strong>der</strong>e Sprach-<br />

duktus des I. im Vergleich zum 2. Kapitel angefragt. Hier ist die Kompositionsarbeit<br />

<strong>der</strong> Redaktionsgruppe <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat nicht voll befriedigend. Zwar kann ich im Vergleich<br />

<strong>der</strong> beiden Kapitel ke<strong>in</strong>e grundsätzlich e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>streitenden Positionen erken-<br />

nen, wenn <strong>der</strong> Kontext e<strong>in</strong>zelner Passagen ausreichend berücksichtigt wird, sprachlich<br />

aber bleiben doch deutliche Differenzen zwischen dem eher biblisch dom<strong>in</strong>ierten 1.<br />

und dem eher systematisch-ethisch geprägten 2. Teil. Manches Missverständnis mag<br />

hier se<strong>in</strong> fundamentum <strong>in</strong> re haben.<br />

<strong>—</strong> E<strong>in</strong> letzter, eher didaktischer E<strong>in</strong>wand betrifft die enorme Länge des Dokuments. Wer<br />

außer den absoluten „Spezialisten" wird den Text ganz lesen? Diese Frage <strong>in</strong>tendiert<br />

wohl gemerkt nicht e<strong>in</strong>en kürzeren Text, denn kaum e<strong>in</strong>er <strong>der</strong> angesprochenen As-<br />

pekte wäre verzichtbar gewesen. Wohl aber hätte e<strong>in</strong>e vorangestellte Kurzfassung gut

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