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„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc

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16 Karl-Wilhelm Merks<br />

In <strong>der</strong> E<strong>in</strong>leitung (GF 1-10) wird e<strong>in</strong>gegangen auf die bereits erwähnten Verän<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> Frage von Krieg und Frieden durch die weltpolitischen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> letzten<br />

10 Jahre. Das Symboldatum hierfür ist 1989, die Öffnung des Eisernen Vorhangs, <strong>der</strong><br />

Zerfall <strong>der</strong> Sowjetunion, die Wie<strong>der</strong>vere<strong>in</strong>igung Deutschlands, das Ende <strong>der</strong> bisherigen<br />

militärischen Blöcke, <strong>der</strong> Spaltung zwischen Ost und West. Damit verlor die vornehmliche<br />

Sorge <strong>der</strong> achtziger Jahre, die Verh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>es Krieges zwischen den Blöcken,<br />

auch und gerade durch die Möglichkeit e<strong>in</strong>er Drohung des E<strong>in</strong>satzes von Atomwaffen,<br />

ihre Dr<strong>in</strong>glichkeit.<br />

Freilich bedeutet dies nicht das Ende kriegerischer Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen, wie <strong>der</strong> Golfkrieg<br />

1991, <strong>der</strong> Zerfall Jugoslawiens, aber auch die Konflikte und Kriege <strong>in</strong> vielen Län<strong>der</strong>n<br />

Afrikas und Asiens, wie z.B. Somalia, Sudan, Ruanda, Afghanistan, die Spannungen<br />

zwischen Indien und Pakistan, Tschetschenien, <strong>der</strong> Nahe Osten zeigen. Die kriegerische<br />

Gewalt zwischen Menschen hat also ke<strong>in</strong> Ende gefunden, aber sie hat z.T. ihr Gesicht<br />

verän<strong>der</strong>t (GF 6).<br />

Anstelle <strong>der</strong> Kriege von Staaten gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, o<strong>der</strong> muss man eher sagen, vorrangig<br />

gegenüber diesen Kriegen tritt e<strong>in</strong>e neue Form <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung auf:<br />

„Der gleichsam klassische Typus des Krieges, bei dem reguläre Armeen fe<strong>in</strong>dlicher<br />

Staaten gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> kämpfen, hat <strong>in</strong> den neunziger Jahren des letzten Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

erheblich an Bedeutung verloren. Statt dessen haben gewaltsame Konflikte <strong>in</strong>nerhalb von<br />

Staaten ihrer Zahl, Dauer und Intensität nach stark zugenommen. Hier zeigt sich e<strong>in</strong><br />

neues Kriegsbild, das wohl <strong>in</strong> Afrika am klarsten <strong>in</strong> Ersche<strong>in</strong>ung tritt, phasenweise aber<br />

auch während <strong>der</strong> Balkankriege zu beobachten war. Reguläre Truppen beteiligen sich<br />

ebenso an den Kämpfen wie Partisanen- bzw. Guerillae<strong>in</strong>heiten und bandenähnliche<br />

Gruppen, die von so genannten Warlords (Kriegsführern) geführt werden. Dieses Phänomen<br />

erschwert es nicht nur, zwischen Soldaten und Zivilisten zu unterscheiden. Es<br />

signalisiert vielfach auch das Fehlen o<strong>der</strong> die Auflösung des staatlichen Gewaltmonopols,<br />

nicht selten den Zusammenbruch des Staatswesens überhaupt. Insgesamt weckt die<br />

hier nur angedeutete Entwicklung erhebliche Zweifel daran, ob Konzepte <strong>der</strong> Sicherheitsund<br />

Friedenspolitik, die auf herkömmliche zwischenstaatliche Konflikte konzentriert<br />

bleiben, zukunftsfähig s<strong>in</strong>d" (GF 6)."<br />

Über diese direkten kriegerischen Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen h<strong>in</strong>aus aber weist <strong>der</strong> Brief auf<br />

das drohende Konfliktpotential, das <strong>in</strong> <strong>der</strong> globalen Spannung zwischen den wohlhabenden<br />

Industriestaaten und den so genannten Entwicklungslän<strong>der</strong>n latent anwesend ist und<br />

das auf die Dauer unerträglich ist (GF 7). Schon jetzt zeigt sich, dass gerade auch die<br />

Situation ökonomischen Mangels, <strong>der</strong> Streit um Ressourcen (Wasser, Nahrung, Bodenschätze<br />

usw.) die Gefahr kriegerischer Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzungen heraufbeschwört. Dar<strong>in</strong> wird<br />

auch deutlich, dass mehr als militärisch garantierte Kriegsverh<strong>in</strong><strong>der</strong>ung erfor<strong>der</strong>lich ist:<br />

„Zukunftsfähige Sicherheitspolitik umfasst weit mehr als nur Sicherheitspolitik" (GF 7).<br />

Genau hier<strong>in</strong> liegt das Kernanliegen des Schreibens, das sich damit nicht auf die M<strong>in</strong>imalisierung<br />

<strong>der</strong> Kriegsgefahr durch die nötige militärische Stärke (und damit auch e<strong>in</strong>e<br />

13 Es ist übrigens <strong>in</strong>teressant anzumerken, dass e<strong>in</strong>e <strong>der</strong> Ursachen für diese Gewalttätigkeiten<br />

gerade <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>gang von „Gewalt" <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ganz an<strong>der</strong>n S<strong>in</strong>ne ist, <strong>der</strong> des staatlichen „Gewaltmonopols"<br />

(vgl. Anm. zu GF 6). Dies verweist uns darauf, dass mögliche Gewaltlosigkeit<br />

nicht Machtlosigkeit voraussetzt, son<strong>der</strong>n Macht und „Gewalt" im Staat und über die Staaten<br />

h<strong>in</strong>aus geradezu erfor<strong>der</strong>t.

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