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„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc

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24<br />

Karl-Wilhelm Merks<br />

e<strong>in</strong>em mehr naturrechtlichen, d.h. natürlich vernünftigen Argumentationsstil zu e<strong>in</strong>em<br />

mehr biblisch orientierten Ansatz.<br />

„An<strong>der</strong>s als <strong>in</strong> ,Gerechtigkeit schafft Frieden <strong>—</strong> , so Bischof Kamphaus, „stützen wir uns<br />

dieses Mal <strong>in</strong> weitaus höherem Maße auf die heilsgeschichtliche Sicht <strong>der</strong> Bibel als auf<br />

naturrechtliche Überlegungen. Wir geben damit zu erkennen, aus welcher Quelle wir<br />

schöpfen, von welchem Standort aus wir die Welt betrachten. Die biblische Tradition<br />

birgt e<strong>in</strong> größeres Potential an revolutionärer und <strong>in</strong>novativer Kraft <strong>in</strong> sich, als uns selbst<br />

oft bewusst ist."<br />

Zwar ist „das Leitwort ,Gerechter Friede' ... das Ergebnis e<strong>in</strong>er Konvergenz zwischen<br />

Erkenntnissen und Schlussfolgerungen <strong>der</strong> politischen Vernunft und biblischen E<strong>in</strong>sich-<br />

ten. Der Glaube bestätigt nicht bloß, was die Vernunft von sich aus schon weiß und ver-<br />

doppelt nicht nur, was ohneh<strong>in</strong> bereits allen klar ist. Er enthält e<strong>in</strong>en Überschuss, e<strong>in</strong>en<br />

‚Mehrwert' an Friedenskraft. Gewaltfreiheit <strong>—</strong> christlich verstanden <strong>—</strong> verdankt sich dem<br />

Glauben." 19<br />

Die Gewaltfreiheit hat an<strong>der</strong>erseits „nichts zu tun mit Feigheit o<strong>der</strong> Tatenlosigkeit, son-<br />

<strong>der</strong>n ist e<strong>in</strong>e aktive schöpferische Kraft, die auch und gerade diejenigen prägen muss, die<br />

<strong>in</strong> politischer und ethischer <strong>Verantwortung</strong> Gegengewalt anordnen o<strong>der</strong> ausüben. Das ist<br />

ke<strong>in</strong> Wi<strong>der</strong>spruch. Die unbed<strong>in</strong>gte Achtung <strong>der</strong> menschlichen Würde und die mit-<br />

menschliche Solidarität verbieten <strong>in</strong> aller Regel Gewaltanwendung. In Extremsituationen<br />

jedoch erlauben sie Notwehr und gebieten Nothilfe, wenn Gegengewalt das erkennbar<br />

kle<strong>in</strong>ere Übel im Vergleich zur bereits vorhandenen und ausgeübten Gewalt darstellt und<br />

ke<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es Mittel mehr zur Wahl steht." 2 ° Was bedeutet dieser Wechsel „vom Natur-<br />

recht zur Bibel"?<br />

Hierzu möchte ich zwei Feststellungen treffen.<br />

a) Wenn mit dieser Auffassung <strong>—</strong> mehr Bibel als Naturrecht <strong>—</strong> geme<strong>in</strong>t ist, dass e<strong>in</strong> er-<br />

starrtes Naturrecht allzu lange an e<strong>in</strong>er überspitzten Theorie vom gerechten Krieg fest-<br />

gehalten hat, kann man dem Abschied vom Naturrecht zustimmen. De facto hat ja die<br />

Moraltheologie auch von dieser Art Naturrecht Abschied genommen.<br />

b) Das heißt aber nicht, dass nun anstelle e<strong>in</strong>er vernünftigen Moral e<strong>in</strong>e biblische Moral<br />

getreten wäre. Bei aller erneuten Wertschätzung <strong>der</strong> Heiligen Schrift muss man doch<br />

immer wie<strong>der</strong> betonen, dass <strong>in</strong> moralischen Entscheidungen die Heilige Schrift eher <strong>in</strong>-<br />

spiriert als uns e<strong>in</strong>fachh<strong>in</strong> zeigt, was wir tun müssen. Was wir tun müssen, kann uns die<br />

Schrift alle<strong>in</strong> nicht sagen, es zeigt sich erst, wenn wir unsere eigenen E<strong>in</strong>sichten, Erfah-<br />

rungen, unsere Sachkenntnis und unsere Werte<strong>in</strong>sichten mit unserem Glauben und unse-<br />

rer Tradition, wozu ja zentral die Heilige Schrift gehört, zusammenbr<strong>in</strong>gen. Wir müssen<br />

immer selbst herausf<strong>in</strong>den, was unsere <strong>Verantwortung</strong> von uns verlangt.<br />

2.2 Warum kann die heilige Schrift das Naturrecht nicht ersetzen?<br />

Ich nenne e<strong>in</strong>ige Gründe:<br />

a) Die Bibel ist ke<strong>in</strong> dogmatisches o<strong>der</strong> moralisches Lehrbuch, son<strong>der</strong>n Zeugnis von<br />

Glaubenserfahrungen. Diese Erfahrungen aber s<strong>in</strong>d vielfältig und z.T. <strong>in</strong> Spannung zu-<br />

19 A.a.O. (Anm. 10); was das Ganze heißt, hätte ich wohl gerne e<strong>in</strong>mal näher erläutert gesehen.<br />

20 Ebd.

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