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„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc

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Michael Rosenberger<br />

Ist die Problemwahrnehmung schärfer, kann auch die Problemlösung zielgenauer anset-<br />

zen: Viel klarer als „Gerechtigkeit schafft Frieden" stellt <strong>„Gerechter</strong> Friede" das bibli-<br />

sche und christliche Ziel <strong>der</strong> M<strong>in</strong>imierung, ja <strong>der</strong> Überw<strong>in</strong>dung von Gewalt heraus <strong>—</strong> bei<br />

allem bleibenden Wissen um die Unvollkommenheit menschlicher Bemühungen. Der<br />

Titel <strong>„Gerechter</strong> Friede" zeigt, dass es das durchgängige Ziel des Dokuments ist, e<strong>in</strong><br />

positives Leitbild <strong>der</strong> Friedensethik für heute zu entwerfen.<br />

3. Zentrale Inhalte<br />

<strong>„Gerechter</strong> Friede" besteht aus drei großen Teilen. Zunächst werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em biblischen<br />

Durchgang theologische Grundpositionen zur Frage <strong>der</strong> Gewalt und <strong>der</strong> Gewaltüberw<strong>in</strong>-<br />

dung deutlich gemacht. Im zweiten Teil skizziert <strong>„Gerechter</strong> Friede" e<strong>in</strong>ige Hauptl<strong>in</strong>ien<br />

<strong>der</strong> Friedenspolitik und nimmt <strong>in</strong> diesem Zusammenhang auch zu konkreten Fragen <strong>der</strong><br />

aktuellen bundesdeutschen Debatte Stellung. Abschließend umreißen die Bischöfe im<br />

dritten Teil, was es für sie bedeutet, die Kirche als Sakrament des Friedens zu bezeich-<br />

nen.<br />

3.1 Teil 1: Gewaltfreiheit <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Welt <strong>der</strong> Gewalt.<br />

Die biblische Botschaft vom Frieden<br />

Schon <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bibel hat die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Gewaltproblematik e<strong>in</strong>e zentrale<br />

Bedeutung. Dies herauszuarbeiten, ist das Anliegen des ersten Hauptteiles des Bischofs-<br />

wortes. Er zeigt, wie eng die Offenbarung Gottes <strong>in</strong> <strong>der</strong> Geschichte und se<strong>in</strong> Handeln <strong>in</strong><br />

dieser Welt verknüpft s<strong>in</strong>d mit <strong>der</strong> Aufdeckung <strong>der</strong> Ursachen menschlicher Gewalttätig-<br />

keit und <strong>der</strong> Suche nach Möglichkeiten, ihrer Herr zu werden. Breiten Raum nimmt die<br />

exemplarische Betrachtung <strong>der</strong> biblischen Urgeschichte (Gen 1-11) e<strong>in</strong> (GF 11-22).<br />

Ohne die Idealvorstellung e<strong>in</strong>es umfassenden Schöpfungsfriedens aufzugeben (Gen 1-2),<br />

nehme die Bibel doch unumwunden den menschlichen Hang zur Gewalt <strong>in</strong> den Blick<br />

(Gen 3-8). Ka<strong>in</strong>smal (Gen 4) und Noachbund (Gen 9) werden <strong>in</strong> <strong>„Gerechter</strong> Friede" als<br />

paradigmatische Symbole <strong>in</strong>terpretiert, <strong>in</strong> denen durch rechtliche Regelungen e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>-<br />

grenzung <strong>der</strong> Gewalt unter gleichzeitiger Anerkennung ihres realen Vorhandense<strong>in</strong>s an-<br />

gestrebt werde. Recht und Ethik stünden so <strong>in</strong> <strong>der</strong> unaufgebbaren Spannung zwischen<br />

„realpolitischem" Mühen um Gewaltbegrenzung e<strong>in</strong>erseits und unverbrüchlichem Fest-<br />

halten am Ideal e<strong>in</strong>es völlig gewaltfreien Zusammenlebens im großen Schalom <strong>der</strong><br />

Schöpfung an<strong>der</strong>erseits. Diese Spannung wird <strong>in</strong> <strong>„Gerechter</strong> Friede" durchgängig zu<br />

Grunde gelegt und an ke<strong>in</strong>er Stelle nach <strong>der</strong> e<strong>in</strong>en o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aufgelöst.<br />

Noachbund und Schöpfungsfrieden haben, so <strong>„Gerechter</strong> Friede", nach biblischem Ver-<br />

ständnis verpflichtenden Charakter für alle Menschen. Dennoch kenne die Bibel e<strong>in</strong>e<br />

beson<strong>der</strong>e Rolle des Gottesvolkes. In <strong>der</strong> Vision <strong>der</strong> Völkerwallfahrt zum Zion (Jes 2; Mi<br />

4) werde ausgedrückt, dass Israel gerufen sei, Zeichen und Kristallisationspunkt des<br />

messianischen Friedens zu se<strong>in</strong> (GF 23-26). Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund könne die Ge-<br />

schichte Israels als Geschichte des R<strong>in</strong>gens um e<strong>in</strong> wirksames Entgegentreten gegen alle<br />

Gewalt gelesen werden. Mehrere Schritte dieses Prozesses charakterisiert <strong>„Gerechter</strong><br />

Friede": Gewalt schonungslos wahrnehmen und benennen (nicht wegschauen!) <strong>—</strong> Gewalt

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