„Gerechter Friede" — Weltgemeinschaft in der Verantwortung - eDoc
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48 Michael Rosenberger<br />
e<strong>in</strong>treten (GF 177-183). Unter ihnen f<strong>in</strong>den sich Institutionen, die seit Jahrzehnten <strong>in</strong><br />
kirchlichen Kreisen und über sie h<strong>in</strong>aus anerkannt und etabliert s<strong>in</strong>d, aber auch solche,<br />
die nicht im Rampenlicht <strong>der</strong> öffentlichen Wahrnehmung stehen, ja teilweise <strong>in</strong> Pfarrge-<br />
me<strong>in</strong>den von <strong>der</strong> bürgerlichen Mehrheit an den Rand gedrängt werden und doch un-<br />
ersetzliche Arbeit leisten. Die Bischöfe nehmen dankbar wahr, wie viel Engagement hier<br />
vorhanden ist. Den <strong>in</strong> den letzten Jahren neu entstandenen zivilen Friedensdiensten und<br />
ihrer wohlwollenden För<strong>der</strong>ung durch die gegenwärtige Bundesregierung widmen sie<br />
dabei e<strong>in</strong>en eigenen Absatz. 6<br />
Unter den „Bewährungsfel<strong>der</strong>n kirchlichen Handelns für den Frieden" (GF 184-196)<br />
nennen die Bischöfe bewusst an erster Stelle das Verhältnis zum Judentum, dann die<br />
Ökumene, den <strong>in</strong>terreligiösen Dialog sowie den Umgang mit Fremden und die Frage <strong>der</strong><br />
Gerechtigkeit gegenüber Frauen. E<strong>in</strong> Fortschritt auf diesen fünf Fel<strong>der</strong>n könne und<br />
müsse als Indikator dafür gewertet werden, ob die Kirche tatsächlich ihrer Berufung nä-<br />
her kommt, Sakrament des Friedens zu se<strong>in</strong>. Schließlich kommt <strong>der</strong> letzte Abschnitt auf<br />
die pädagogischen, didaktischen und spirituellen Bemühungen <strong>der</strong> Kirche im Blick auf<br />
den Frieden zu sprechen (GF 197-208). Wie schon „Gerechtigkeit schafft Frieden" 1983<br />
schließt auch <strong>„Gerechter</strong> Friede" im Jahr 2000 mit dem Gebet „Werkzeug de<strong>in</strong>es Frie-<br />
dens" des hl. Franz von Assisi.<br />
4. Zur moraltheologischen Bewertung des Dokuments<br />
Zweifellos ist den Bischöfen mit <strong>„Gerechter</strong> Friede" e<strong>in</strong> großer Wurf gelungen. E<strong>in</strong>ige<br />
se<strong>in</strong>er herausragenden Stärken wurden bereits en passant <strong>in</strong> <strong>der</strong> Darstellung genannt. Im<br />
Vergleich mit den e<strong>in</strong>gangs genannten an<strong>der</strong>en kirchlichen Friedensworten <strong>der</strong> 90er<br />
Jahre werden sie noch deutlicher: Ihr kompakter, e<strong>in</strong>leuchten<strong>der</strong> und theologisch unter-<br />
mauerter Duktus (<strong>der</strong> z.B. dem holländischen Dokument von 1996 teilweise abgeht); das<br />
breite biblische Fundament (im Dokument <strong>der</strong> EKD von 1994 erschöpft sich dies <strong>in</strong><br />
e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>zigen Absatz über das Liebesgebot!); se<strong>in</strong>e hermeneutisch transparente und<br />
verantwortete Umsetzung biblischer Weisungen <strong>in</strong> ethische Optionen; die konsequente<br />
Entwicklung des Themas vom Gewaltphänomen her; die nie aufgegebene Grundspan-<br />
nung zwischen noachitischer Gewalte<strong>in</strong>dämmung und eschatologischem Gewaltverzicht<br />
unter gleichzeitigem Festhalten am theologischen und ethischen Primat des letzteren; die<br />
E<strong>in</strong>bettung <strong>der</strong> Friedensthematik <strong>in</strong> die Trias des konziliaren Prozesses (all diese Aspekte<br />
f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> den an<strong>der</strong>en genannten Dokumenten kaum o<strong>der</strong> gar nicht); die differen-<br />
zierte Analyse <strong>der</strong> gegenwärtigen politischen Lage; <strong>der</strong> erfrischend offensive und<br />
zugleich von Empathie getragene Ton; <strong>der</strong> Mut zur Konkretion gerade <strong>in</strong> strittigen Fra-<br />
gen. Dem Dokument ist daher e<strong>in</strong>e breite und nachhaltige Diskussion <strong>in</strong> Kirche und Ge-<br />
sellschaft zu wünschen. Es könnte zu e<strong>in</strong>em Initialfunken und zum Katalysator e<strong>in</strong>er<br />
neuen friedensethischen und -politischen Debatte <strong>in</strong> Deutschland werden. Dies umso<br />
mehr, als sich <strong>in</strong> den ersten Stellungnahmen von Politiker<strong>in</strong>nen, Parteien und Verbänden<br />
e<strong>in</strong> sehr positives Echo manifestiert. Außerdem wurden dar<strong>in</strong> zumeist sehr konkrete Im-<br />
6<br />
Dazu sehr kompakt und <strong>in</strong>formativ: Jörg Lüer, Ziviler Umgang mit Konflikten. Zur Debatte<br />
um den Aufbau von Friedensfachdiensten <strong>in</strong> Deutschland, <strong>in</strong>: Her<strong>der</strong> Korrespondenz 53 (1999)<br />
577-581.