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Evaluation der Sozialpädagogischen Diagnose-Tabellen ...

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Die Bezirkssozialarbeit bewegt sich damit im Spannungsfeld von Elternrecht und Kin<strong>der</strong>schutz,<br />

von Nähe und Distanz sowie von Hilfe und Kontrolle.<br />

Um die Lebenslage <strong>der</strong> jungen Menschen und ihrer Familie, ihre psychosoziale Belastung<br />

und den daraus resultierenden Hilfebedarf qualifiziert einschätzen zu können, bedarf es einer<br />

Eingangsdiagnostik. Und obwohl <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Diagnose</strong> in <strong>der</strong> sozialen Arbeit schon eine<br />

lange Tradition hat, die auf Mary Richmond und Alice Salomon zurückzuführen ist, wird bis<br />

heute heftig um diesen Begriff gerungen. Dabei geht es nicht alleine um die semantische<br />

Begrifflichkeit, son<strong>der</strong>n um die dahinter stehenden Inhalte.<br />

Dem klassischen <strong>Diagnose</strong>verständnis folgen Viola Harnach-Beck (1995, 1998, 1999, 2003)<br />

und Maja Heiner (2004, 2005) mit ihrer „Psychosozialen Diagnostik“, welche in Grundzügen<br />

an die Expertendiagnostik <strong>der</strong> Medizin o<strong>der</strong> Psychotherapie angelehnt ist.<br />

Kritiker assoziieren mit dem Begriff <strong>der</strong> „<strong>Diagnose</strong>“ einen naturwissenschaftlichmedizinischen<br />

Ansatz, <strong>der</strong> ihrer Meinung nach die Anwen<strong>der</strong> nur scheinbar befähige, „objektives<br />

Expertenwissen“ einzusetzen, um Symptome abweichenden Verhaltens zu diagnostizieren.<br />

An<strong>der</strong>e Kritiker wie Merchel (1999, 2003) lehnen den Begriff <strong>der</strong> <strong>Diagnose</strong> ab, da damit <strong>der</strong><br />

spezifisch sozialpädagogische, fallbezogene Erkennens- und Verstehensprozess nicht erfasst<br />

werden kann. Nach Merchel hat „jede <strong>Diagnose</strong> Hypothesencharakter mit einem strukturell<br />

bedingten Anteil an Irrtumswahrscheinlichkeit“ und <strong>der</strong> Adressat bleibt letztlich im Status<br />

des „Datenlieferanten“.<br />

Die „sozialpädagogisch-hermeneutische <strong>Diagnose</strong>“, u.a. nach Uhlendorff (1994, 1997, 2001,<br />

2002, 2003a, 2003b, 2004a, 2004b; Uhlendorff & Cinkl, 2003), ist ein biografischrekonstruktives<br />

Vorgehen. In einem aufwendigen Verfahren werden subjektive Prozesse und<br />

Lebensmuster des jungen Menschen mit ihm gemeinsam rekonstruiert und in einem „Aushandlungsprozess“<br />

zwischen Sozialpädagogen und jungem Menschen ausgewertet.<br />

Schrapper (2003a, 2003b, 2004) verwendet den Begriff „Sozialpädagogische Diagnostik und<br />

Fallverstehen“ für sein „beziehungsanalytisch-inszenierendes Verfahren“, das die Bearbeitung<br />

<strong>der</strong> Fallanalyse im Team und die Identifizierung mit den im Fall handelnden Personen in<br />

den Mittelpunkt stellt.<br />

Das ZBFS definierte bereits vor <strong>der</strong> Entwicklung <strong>der</strong> <strong>Diagnose</strong>-<strong>Tabellen</strong> den Begriff Diagnostik<br />

wie folgt:<br />

Diagnostik in <strong>der</strong> Jugendhilfe bezieht sich vor allem nicht nur auf Schwächen, Defizite und<br />

Entwicklungsverzögerungen, son<strong>der</strong>n wirft den Blick auf Ressourcen, die Stärken und Entwicklungspotenziale<br />

des jungen Menschen und seiner Familie. Sie will beschreiben und<br />

muss benennen, sie soll aber nicht verurteilen und ausgrenzen. Sie bemüht sich folglich um<br />

eine Sprache, die nicht abwertet o<strong>der</strong> verletzt. Diagnostik muss ordnen, verkürzen, die Vielfalt<br />

von Informationen auf das Wesentliche reduzieren, ohne das komplexe Bedingungs- und<br />

Beziehungsgefüge menschlichen Erlebens, Handelns und Zusammenlebens außer Acht zu<br />

lassen. Vom Verfahren und vom Verständnis her muss sie alltagstauglich und praktikabel<br />

sein. Sie bemüht sich um Intersubjektivität, Zuverlässigkeit, Gültigkeit und Nachvollziehbarkeit<br />

sowie Transparenz und Klarheit ihrer Aussage.<br />

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