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Die Richtung selbst bestimmen - Nord-Handwerk

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Zuerst an die Kleinen denken!<br />

Andreas Katschke,<br />

Hauptgeschäftsführer der<br />

<strong>Handwerk</strong>skammer<br />

Lübeck.<br />

Anfang Juni endete die zweite europaweite<br />

Aktionswoche der kleinen und mittleren<br />

Unternehmen. Das Ziel: Den EU-Grundsatz<br />

„zuerst an die Kleinen denken“ fest<br />

in der politischen Praxis zu verankern. Ein<br />

Thema, das wieder einmal diskutiert wurde,<br />

waren die bürokratischen Belastungen, die<br />

unseren Mitgliedsbetrieben aufgebürdet<br />

werden. Melde- und Informationspflichten<br />

sowie Genehmigungsverfahren binden<br />

Arbeitskraft und verursachen Kosten. Schätzungen<br />

gehen davon aus, dass Kleinbetriebe<br />

etwa 6 % ihres Umsatzes für die Deckung<br />

von Bürokratiekosten aufwenden müssen.<br />

Daher fällt „Bürokratie“ immer wieder als<br />

Stichwort, wenn Hemmnisse für Wachstum<br />

und Beschäftigung genannt werden.<br />

<strong>Die</strong> Bürokratie gebärt indessen „ihre<br />

eigenen Kinder“: Auf EU-Ebene leitet<br />

Edmund Stoiber eine Arbeitsgruppe zum<br />

Bürokratieabbau, es gibt ein Rechenmodell,<br />

um Bürolasten zu ermitteln, das sog.<br />

Standardkostenmodell und ein Normenkontrollrat<br />

ist auch vorhanden. <strong>Die</strong> wollen<br />

alle gut genährt werden …<br />

Dabei greift die Forderung nach „Bürokratieabbau“<br />

viel zu kurz. Notwendig ist<br />

nicht nur ein Abbau, sondern vor allem,<br />

dass nicht immer neue Pflichten für die Betriebe<br />

geschaffen werden. Der Umfang von<br />

Gesetzesblättern ist wahrlich kein Maßstab<br />

für gute Politik.<br />

Nach meinem natürlich höchst subjektiven<br />

Eindruck werden in dem Zeitraum,<br />

in dem es gelingt, eine Vorschrift abzubauen,<br />

etwa zehn neue geschaffen. Dazu<br />

ein kleiner „Erlebnisbericht“ aus den vergangenen<br />

Monaten: Ende April hat die<br />

Europäische Kommission den Entwurf für<br />

ein Konzept zur sog. „intelligenten Regulierung“<br />

vorgestellt, mit dessen Hilfe die<br />

Bürokratiebelastungen identifiziert und<br />

abgebaut werden sollen. Allzu weit muss<br />

die Europäische Kommission gar nicht<br />

schauen: Kurz danach „erfreute“ sie mit<br />

einer Verlängerung der Mutterschutzfrist<br />

bei voller Bezahlung von 14 auf 18<br />

(oder sogar 20) Wochen, das Europäische<br />

Parlament beschloss eine Ausweitung des<br />

sozialen Schutzes Selbständiger (verbunden<br />

mit dem Risiko, dass in Deutschland<br />

eine Rentenversicherungspflicht für alle<br />

Selbständigen eingeführt wird). <strong>Die</strong> Bundesregierung<br />

hat die <strong>Die</strong>nstleistungs-Informationspflichten-Verordnung<br />

erlassen,<br />

die jeden <strong>Die</strong>nstleister (also auch unsere<br />

Mitgliedsbetriebe) verpflichtet, seinem<br />

Auftraggeber vor Vertragsschluss oder vor<br />

Erbringung einer <strong>Die</strong>nstleistung eine Fülle<br />

von Informationen zu geben. In die gleiche<br />

<strong>Richtung</strong> zielt das Gesetz zur Einführung<br />

einer Musterwiderrufsbelehrung<br />

in Verbraucherdarlehensverträgen, das die<br />

Betriebe belastet, die Darlehen vermitteln<br />

(z. B. im Kfz-<strong>Handwerk</strong>), um ihre Produkte<br />

oder <strong>Die</strong>nstleistungen abzusetzen.<br />

Hieraus ergibt sich: Überflüssige Bürokratie<br />

belastet insbesondere die kleinen<br />

Betriebe. Dabei ist es besonders wichtig,<br />

dass die heutigen Entscheidungsträger nicht<br />

mit wachsender Geschwindigkeit immer<br />

neue bürokratische Verpflichtungen erfinden<br />

und auftürmen. Bürokratieabbau ist<br />

wichtig, Bürokratieverhinderung ist noch<br />

wichtiger und besser. Insofern können Parlamentsferien<br />

auch ein Segen sein.<br />

Ihre Meinung unter E-Mail<br />

akatschke@hwk-luebeck.de<br />

standpunkt<br />

Juli / August 2010 <strong>Nord</strong><strong>Handwerk</strong> 3

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