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Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 1
2 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 3
4 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 5<br />
„When I say that school is the educational unit, I mean exactly what I say, no<br />
larger unit, no smaller unit. Each school must have the claim to be considered in<br />
relation to its special circumstances. The classifying of schools for some<br />
purposes is necessary. But no absolutely rigid curriculum, not modified by its<br />
staff, should be permissible.“<br />
(A. N. WHITEHEAD, 1967, S. 14)<br />
„Die Einzelschule ist Fokus und Handlungseinheit für die Qualitätsentwicklung<br />
im Bildungswesen. [...] Das Konzept der Qualitätsentwicklung als innerer<br />
Schulentwicklung beruht – was mitunter in Vergessenheit geraten zu sein<br />
scheint – nicht zuletzt auf Ergebnissen empirischer Schulleistungsstudien in den<br />
siebziger und achtziger Jahren. Diese Studien belegen im querschnittlichen Vergleich<br />
wie auch in Längsschnittanalysen den Einfluss schulspezifischer Lernbedingungen<br />
auf Lernergebnisse von Schülern.“<br />
(E. KLIEME, J. BAUMERT & K. SCHWIPPERT, 2000, S. 387)
6 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Für<br />
Maria,<br />
Simon<br />
und Alissa<br />
Franz<br />
Für<br />
Christina<br />
und Philipp<br />
Andreas
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 7<br />
Vorwort<br />
„Vom Wegn alloa wird d’Sau ned fett.“ („Vom Wiegen alleine wird das<br />
Schwein nicht fett.“) Natürlich stimmt diese alte Volksweisheit. Nur durch<br />
Messung, ohne jegliche Interventionsmaßnahme, wird sich üblicherweise in<br />
keinem Bereich etwas zum Besseren ändern. Andererseits, wer wüsste denn<br />
nicht auch gern „wia vui de Sau wegt, de wo ma kauft“ („wie viel das Schwein<br />
wiegt, das man kauft“)? Ohne Messung von Interventionsergebnissen, ohne<br />
Evaluation, bleibt es unklar, ob die gesetzten Maßnahmen zu den gewünschten<br />
Zielen geführt haben.<br />
Die Wirklichkeit des Schulalltags ist komplex und die im Rahmen der Schulentwicklung<br />
gesetzten Interventionen lassen sich nur schwer verlässlich<br />
„messen“. Noch schwieriger wird dies, wenn sich Schulen in Zeiten von schulautonomen<br />
Freiräumen sehr unterschiedlich entfalten.<br />
Das Entwicklungsteam des „Modulansatzes zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten“<br />
(kurz: MSS) legt mit diesem Buch ein über Jahre in der<br />
Praxis erprobtes, flexibles Evaluationskonzept vor, mit dem es möglich ist, die<br />
vielschichtige Wirklichkeit sich unterschiedlich entwickelnder Schulen verlässlich<br />
zu erfassen. Im Zentrum des MSS-Konzepts steht der Modulpool. Die<br />
einzelnen Module des Pools können situationsangemessen ausgewählt werden,<br />
um genau jene Themen zu beleuchten, die den Personengruppen (LehrerInnen,<br />
SchülerInnen, Eltern) der jeweiligen Schule zu einem bestimmten Zeitpunkt als<br />
besonders wichtig erscheinen. Ein “testing to the needs of the single school“ ist<br />
somit die Grundausrichtung des MSS.<br />
Der Zündfunke für das MSS-Projekt geht auf die Kooperation mit einer einzelnen<br />
Schule zurück: Helmut PLANK, 1996 Direktor am Gymnasium Braunau,<br />
hatte als erster den Mut, sich auf das erst in Entwicklung befindliche MSS-Evaluationskonzept,<br />
einzulassen, um verlässliche und relevante Daten für den<br />
Schulentwicklungsprozess an seiner Schule zu erheben. In der Zwischenzeit<br />
wurde der MSS elf Mal eingesetzt und insgesamt sind bislang über 8.000 Fragebögen<br />
(in jeweils schulspezifischen Varianten) ausgefüllt worden. Durch diesen<br />
praktischen Einsatz konnte das MSS-Konzept kontinuierlich optimiert werden.<br />
Wir möchten uns daher bei allen SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und Direktoren<br />
dieser Schulen für die Kooperationsbereitschaft bedanken. Dieser Dank geht<br />
auch an die Pädagogischen Institute in den Bundesländern <strong>Salzburg</strong> und<br />
Oberösterreich, die über die Finanzierung von Schilf-Veranstaltungen an den<br />
Schulen diese Projekte mitgetragen haben.
8 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Ein derartig umfangreiches Projekt kann nur in einem günstigen Arbeitsumfeld<br />
gelingen:<br />
Es war eine Anmerkung, die Josef THONHAUSER (1996, S. 422) in einem<br />
seiner Aufsätze gemacht hat, die vielleicht zum auslösenden Impuls für die Entwicklung<br />
des MSS wurde: die Forderung, die Aktionsforschung von der Mikroebene<br />
des Unterrichts auf die Mesoebene der Einzelschule zu heben – freilich<br />
unter Wahrung und Sicherstellung wissenschaftlicher Methodenstandards. Diese<br />
paradigmenverschmelzende Grundausrichtung zeichnet u. E. eine Stärke des<br />
MSS aus: das Ernstnehmen der Akteure in ihren Praxisbezügen bei gleichzeitiger<br />
Sicherung einer wissenschaftlichen Vorgangsweise.<br />
Von Jean-Luc PATRY haben wir vieles gelernt, was dem MSS in vielerlei<br />
Hinsicht zugute gekommen ist. Insbesondere seine Theorie der Situationsspezifität<br />
menschlichen Sozialverhaltens hat uns dazu angeregt, die einzelne Schule<br />
in ihrer konkreten, kontextabhängigen Entwicklungssituation zu sehen. Darüber<br />
hinaus hat er uns als langjähriger Institutsvorstand den Freiraum eröffnet, um<br />
konzentriert an der Entwicklung des MSS arbeiten zu können.<br />
Viele Einflüsse, die eine Arbeit prägen, ja vielfach erst möglich machen,<br />
bleiben vage, nicht exakt lokalisierbar. Ein derartig subtiler (und gerade deshalb<br />
besonders wirksamer?) Einfluss war und ist sicherlich in der Person Hans-Jörg<br />
HERBER und seinem Ansatz der Inneren Differenzierung gegeben. Er verstand es<br />
immer, uns zu motivieren, zu stützen und aufzubauen. Sein Ansatz der Inneren<br />
Differenzierung war zudem für uns Anregung, die komplexe Realität unterschiedlicher<br />
Schulen mittels unseres Konzeptes differenziert ins Blickfeld zu<br />
bringen.<br />
Ferdinand EDERS Arbeiten zum Schul- und Klassenklima haben ebenfalls die<br />
Entwicklung des MSS beeinflusst. Besonders danken wir ihm als Fachbereichsleiter<br />
dafür, dass er uns in der Schlussphase dieses Buchprojekts eine Studienassistentin<br />
als Mitarbeiterin zur Verfügung gestellt hat.<br />
Elke STÖCKL, die ursprünglich ein MSS-Forschungspraktikum absolviert<br />
hatte, hat in der Funktion als Studienassistentin die diffizile Aufgabe übernommen,<br />
den Modulpool gründlich zu überarbeiten. Großer Dank gebührt ihr<br />
darüber hinaus auch dafür, dass sie das Manuskript dieses Buchs sorgfältig<br />
Korrektur gelesen hat.<br />
Bei Stefan GMOSER bedanken wir uns herzlich für die Gestaltung der MSS-<br />
Homepage.<br />
Wir bedanken uns auch bei all jenen Studierenden, die in Forschungsseminaren<br />
wichtige Impulse zur Weiterentwicklung gesetzt haben.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 9<br />
Last but not least gilt unser Dank einer langjährigen Mitarbeiterin, die fast<br />
von Anfang an bei der Durchführung von MSS-Projekten mitgearbeitet hat:<br />
Kirstin Eckstein. Ihr Engagement, das kontinuierlich intensiver wurde, mündete<br />
schließlich in einer Diplomarbeit zum Thema MSS und in gemeinsamen Publikationen.<br />
Das nun vorliegende Buch stellt das (vorläufige) Endergebnis einer achtjährigen<br />
intensiven Arbeit dar. Diese Arbeit war in erster Linie eine fruchtbare<br />
Zusammenarbeit zwischen den beiden Autoren. Beide haben ihre Stärken eingebracht,<br />
sich ergänzt, korrigiert und somit viel voneinander gelernt! Die Projekte<br />
mit den einzelnen Schulen waren oft sehr zeitintensiv. Insbesondere unsere<br />
Familien waren davon betroffen. Deshalb gilt unser größter Dank unseren<br />
Frauen Maria und Christina, sowie unseren Kindern.<br />
Wir beschreiben in diesem MSS-Handbuch sowohl den Stellenwert des verlässlichen<br />
Messens, das von Zeit zu Zeit Aufschluss über Veränderungen gibt,<br />
als auch die Wichtigkeit der (schulinternen) Interventionsplanung und -durchführung,<br />
deren Zielerreichung im Zentrum der (Selbst-)Evaluation steht.<br />
Wir hoffen, dass das vorliegende Buch vielen Schulpartnern – LehrerInnen,<br />
SchülerInnen und Eltern – zum hilfreichen Begleiter im nicht immer einfachen<br />
Schulentwicklungsprozess wird.<br />
Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
<strong>Salzburg</strong>, Juli 2005
10 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 11<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
Vorwort ................................................................................................................ 7<br />
Inhaltsverzeichnis.............................................................................................. 11<br />
1. Aktueller schulpolitischer Kontext ........................................................... 15<br />
1.1 Veränderte politische Landschaft............................................................................. 15<br />
1.2 Die Schule im Kontext der neuen Herausforderungen............................................. 15<br />
1.3 Gesetzlicher Rahmen für Schulentwicklung............................................................ 17<br />
1.3.1 Die 14. Novelle des Schulorganisationsgesetzes ............................................. 18<br />
1.3.2 Der Lehrplan 2000 ........................................................................................... 18<br />
1.3.3 Lehrplan 2000 und 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz: Dissonanz.... 20<br />
1.4 Die Neuverteilung der Verantwortlichkeiten durch die Schulautonomie ................ 22<br />
2. Evaluation ................................................................................................... 27<br />
2.1 Definition, Arten und Funktionen von Evaluation................................................... 27<br />
2.1.1 Wissenschaftliche Definition ........................................................................... 27<br />
2.1.2 Arten von Evaluation ....................................................................................... 30<br />
2.1.3 Voraussetzung der Wirksamkeit von Evaluation............................................. 35<br />
2.2 Evaluation im Schulentwicklungsprozess................................................................ 36<br />
2.2.1 Das Schulprogramm......................................................................................... 36<br />
2.2.2 Funktionen der Evaluation im Schulentwicklungsprozess............................... 41<br />
2.2.3 Einflussfaktoren effektiver Evaluation............................................................. 45<br />
2.2.4 Vorteile wissenschaftlich fundierter Evaluation in der Schulentwicklung ...... 49<br />
3. Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten... 53<br />
3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen.................................................................... 53<br />
3.1.1 Empirisch-analytisches Paradigma .................................................................. 53<br />
3.1.2 Das Paradigma der Aktionsforschung.............................................................. 54<br />
3.1.3 Konkurrenz oder Kooperation?........................................................................ 58<br />
3.2 Die MSS-Konzeption ............................................................................................... 60<br />
3.2.1 Der MSS-Analysewürfel.................................................................................. 61<br />
3.2.2 Der Modulpool ................................................................................................. 64<br />
3.2.2.1 Themen......................................................................................................... 65<br />
3.2.2.2 Am Schulprozess beteiligte Personengruppen ............................................. 71<br />
3.2.2.2.1 LehrerInnen ............................................................................................ 71<br />
3.2.2.2.2 SchülerInnen........................................................................................... 71<br />
3.2.2.2.3 Eltern ...................................................................................................... 72<br />
3.2.2.2.4 Schulpartnerschaft als gelebter Diskurs ................................................. 74
12 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
3.2.2.3 Methoden...................................................................................................... 74<br />
3.2.2.3.1 Fragebogen............................................................................................. 74<br />
3.2.2.3.2 Weitere Erhebungsmethoden im Überblick ........................................... 75<br />
3.2.2.3.2.1 Interview.......................................................................................... 75<br />
3.2.2.3.2.2 Beobachtung.................................................................................... 77<br />
3.2.2.3.2.3 Test.................................................................................................. 79<br />
3.2.2.3.2.4 Diskussion ....................................................................................... 79<br />
3.2.3 MSS-Einsatzablauf........................................................................................... 80<br />
3.2.4 Vertrag.............................................................................................................. 88<br />
3.2.5 Ergebnisrückmeldung....................................................................................... 89<br />
3.2.6 Metaevaluierung des MSS ............................................................................... 95<br />
4. ZME – Eine Methode zur Schulentwicklungsarbeit mittels MSS....... 101<br />
4.1 TOTE-Schleife und ZME-Schema......................................................................... 101<br />
4.2 Das ZME-Schema im Detail .................................................................................. 105<br />
4.2.1 Problemformulierung ..................................................................................... 105<br />
4.2.2 Zielformulierung ............................................................................................ 110<br />
4.2.3 Überprüfbarkeit der Zielerreichung ............................................................... 112<br />
4.2.4 Festlegung der Realisierungssituation............................................................ 113<br />
4.2.5 Überprüfung der Auswirkungen der Zielverwirklichung............................... 114<br />
4.2.6 Zusätzlich nötige Hilfen und Ressourcen....................................................... 115<br />
4.2.7 Verbliebene Hindernisse und Barrieren ......................................................... 115<br />
4.2.8 Arbeitsaufteilung............................................................................................ 116<br />
5. Beispiele aus dem Modulpool .................................................................. 119<br />
5.1 Modul: Wohlbefinden ............................................................................................ 119<br />
5.2 Modul: Schul- und Klassenklima........................................................................... 125<br />
5.3 Modul: Angst, Prüfungsangst, Schulunlust............................................................ 128<br />
5.3.1 Angst und Schulleistung................................................................................. 129<br />
5.3.2 Skalen zur Messung von Angst...................................................................... 131<br />
5.4 Modul: Aggression................................................................................................. 134<br />
5.4.1 Der Aggressionsbegriff .................................................................................. 135<br />
5.4.2 Aggressives Verhalten und die Folgen........................................................... 137<br />
5.4.3 Erfassung von Aggressionen mittels MSS..................................................... 138<br />
5.5 Modul: Selbstwirksamkeit...................................................................................... 141<br />
5.5.1 Das Konzept der Selbstwirksamkeit .............................................................. 141<br />
5.5.2 Selbstwirksamkeit und Schule ....................................................................... 142<br />
5.5.3 Skalen zur Erfassung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen ...................... 145<br />
5.6 Modul: Bildungsziele ............................................................................................. 150<br />
5.7 Modul: Individualfeedback für LehrerInnen.......................................................... 157<br />
5.7.1 Das Feedbackmodul – Inhalte und Auswertungsmöglichkeiten.................... 157<br />
5.7.2 Einsatzzweck und Fallstricke......................................................................... 160
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 13<br />
6. Fallbeispiele: Schulentwicklung auf MSS-Basis.................................... 163<br />
6.1 Einführung eines Sozialtrainings ........................................................................... 163<br />
6.1.1 Diagnostische Ersterhebung mittels MSS...................................................... 163<br />
6.1.2 Diskussion und Entscheidung für das Fach ‚Sozialtraining’ ......................... 167<br />
6.1.3 Trainingsaufbau, Inhalte und Durchführung.................................................. 169<br />
6.1.4 Evaluation des Pilotprojekts........................................................................... 171<br />
6.1.4.1 Evaluationsdesign....................................................................................... 171<br />
6.1.4.2 Ergebnisse .................................................................................................. 172<br />
6.1.5 Abschließende Bemerkungen......................................................................... 177<br />
6.2 Weitere Fallbeispiele im Überblick........................................................................ 178<br />
6.2.1 Metapher-Modul............................................................................................. 178<br />
6.2.1.1 Was sollen und können Metaphern in der Schulentwicklung? .................. 179<br />
6.2.1.2 Das Metaphernmodul und sein Einsatz...................................................... 180<br />
6.2.1.3 Schulentwicklung mittels Metaphernmodul............................................... 183<br />
6.2.2 Englischsprachiger Fachunterricht................................................................. 188<br />
6.2.2.1 Englisch in Studium und Beruf .................................................................. 188<br />
6.2.2.2 Projektbeschreibung................................................................................... 189<br />
6.2.2.3 Evaluationsergebnisse ................................................................................ 190<br />
6.2.3 ECDL-Einsatz an der Schule.......................................................................... 194<br />
6.2.4 Verbesserung des Informationsflusses an der Schule .................................... 198<br />
6.2.5 Akzeptanz der Hausordnung .......................................................................... 199<br />
6.2.6 LehrerInnen-Eltern-Interaktion: Besprechungszimmer ................................. 200<br />
6.2.7 Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen........................................ 201<br />
6.2.8 Mittagessen an der Schule.............................................................................. 202<br />
6.2.9 VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen...................................... 202<br />
6.2.10 Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’........................................... 203<br />
7. Nachwort: ‚Quick Wins’ und ‚Everlasting Struggles’.......................... 207<br />
Literatur ........................................................................................................... 213<br />
Anhang:<br />
A.1 Modulpoolliste<br />
A.2 MSS-Mustervertrag<br />
A.3 Musterbogen einer Schule: SchülerInnen<br />
A.4 Musterauswertung einer Schule: SchülerInnen-Datenbasisbericht<br />
A.5 Musterbogen der Schule 807: Eltern<br />
A.6 Musterbogen der Schule 807: LehrerInnen<br />
A.7 Musterbogen der Schule 807: SchülerInnen<br />
A.8 Musterbogen eines LehrerInnenfeedbacks<br />
A.9 Begleitschreiben mit MSS-Durchführungsinstruktion in den Klassen
14 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 15<br />
1. Aktueller schulpolitischer Kontext<br />
1.1 Veränderte politische Landschaft<br />
Seit den 80er Jahren zeichnete sich eine immer schneller vor sich gehende Veränderung<br />
der Gesellschaft und damit auch der Parteienlandschaft in Österreich<br />
ab. Überkommene Wertvorstellungen wurden zunehmend in Frage gestellt und<br />
dementsprechend flexibilisierte sich auch das WählerInnenverhalten. Traditionelle<br />
Institutionen – von den etablierten christlichen Kirchen bis hin zum Österreichischen<br />
Gewerkschaftsbund – verloren an Zuspruch und damit Einfluss in<br />
der Gesellschaft. Der lange Zeit viel gepriesene ‚österreichische Weg’ der<br />
‚Sozialpartnerschaft’, der aus den leidvollen Erfahrungen des Ständestaates und<br />
der Anschlusszeit entstanden war, scheint immer brüchiger zu werden.<br />
1989 fiel der ‚Eiserne Vorhang’ und rückte damit nach fast einem halben<br />
Jahrhundert beinahe vergessene Nachbarn wieder von der Peripherie ins Zentrum<br />
der Aufmerksamkeit. Gleichzeitig zeichnete sich in der Wirtschaft eine zunehmende<br />
Globalisierung ab, die durch die immer rasanter vonstatten gehende<br />
Entwicklung am Multimedia- und Informationstechnologiesektor an Geschwindigkeit<br />
zunahm. Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit trat und tritt sie vor allem<br />
durch die Absiedlung von Firmen und der verstärkten Forderung nach Flexibilität<br />
seitens der ArbeitnehmerInnen. Schließlich trat Österreich 1995 der Europäischen<br />
Union bei, was weitere Herausforderungen mit sich brachte und bringen<br />
wird. Die 2004 vollzogene Osterweiterung der Europäischen Union wird<br />
Österreich eine Reihe zusätzlicher Anstrengungen abverlangen. Alles in allem<br />
lässt sich aus diesen hier nur grob skizzierten Entwicklungssträngen folgendes<br />
Resümee ziehen: Vieles spricht dafür, dass Österreich vor einer äußerst<br />
dynamischen Phase der gesellschaftlichen Entwicklung steht.<br />
1.2 Die Schule im Kontext der neuen Herausforderungen<br />
Und die Schule? Sie ist selbstverständlich als Teil der Gesellschaft auch all diesen<br />
neuen Einflüssen ausgesetzt. Mehr als das: Schule wird von politischer Seite<br />
als Instrument zur Bewältigung eben dieser gesellschaftlichen Probleme gesehen<br />
und entsprechend einzusetzen versucht. Die Fülle an Aufgaben, die der Schule<br />
bereits seit den siebziger Jahren in Form von Unterrichtsprinzipien zugeordnet<br />
worden sind, von der Politischen Bildung, Sexualerziehung, Drogen- und AIDS-<br />
Prävention, Behindertenintegration, Umwelterziehung etc. belegen dies deutlich.
16 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Die oben skizzierten gesellschaftlichen Veränderungen führen aber zu vielen<br />
weiteren Herausforderungen an die Schule: die Brüchigkeit alter Wertsysteme<br />
und die verstärkte Pluralisierung von Wertauffassungen oder gar deren Verlust<br />
führen zu einem verstärkten Individualismus und schon wird die Forderung nach<br />
Sozialerziehung in der Schule laut – nicht zuletzt auch seitens der Wirtschaft.<br />
Angesichts einer sich immer schneller drehenden Spirale technologischer Innovationen<br />
wird die Forderung nach verstärktem Bemühen die dadurch erforderlichen<br />
neuen Kulturtechniken zu vermitteln laut. Die Ostöffnung seit dem Zusammenbruch<br />
des Warschauer Paktes macht es zumindest im Osten und Südosten<br />
Österreichs nötig, sich die Sprachen der ‚neuen’ Nachbarn und Wirtschaftspartner<br />
anzueignen.<br />
Die fortschreitende Globalisierung führt zum Wunsch nach der Beherrschung<br />
von Kommunikationstechniken und interkulturellem Lernen. Die EU-<br />
Mitgliedschaft bringt eine stärkere Bedeutung lebender europäischer ‚Nachbar’-<br />
Sprachen mit sich. Das Schwinden allgemein akzeptierter Wertestandards in<br />
Gesellschaft und Familie – sei es durch den zunehmenden Verlust der Bindungen<br />
an etablierte Kirchen oder die Zuwanderung aus anderen Kulturbereichen<br />
mit anderen Wertesystemen – haben die Forderung nach der Einführung<br />
eines Ethikunterrichts für all jene, die keinen Religionsunterricht einer staatlich<br />
anerkannten Religionsgemeinschaft besuchen, laut werden lassen. Angesichts<br />
einer ständig wachsenden Flut an kaum mehr bewältigbarem Faktenwissen und<br />
Informationen (vgl. dazu die differenzierte Analyse von MARX und GRAMM<br />
2002) wird der Wechsel von der Vermittlung ‚fertigen’ Wissens hin zum Erwerb<br />
von Strategien zur Informationssuche, Informationsquellenbewertung und Problemlösungskompetenz<br />
sowie zur Entwicklung sozialer Kompetenzen für die<br />
Teamarbeit immer wichtiger. Die Forderung nach fortschreitender Demokratisierung<br />
der Gesellschaft soll – so wird immer wieder gefordert – nicht vor der<br />
Schule Halt machen, sondern gerade durch eine Zunahme der Mitbestimmungsrechte<br />
aller Beteiligten (LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen) in der Schule<br />
eingeübt werden. Selbstbewusstere Eltern fordern zudem verstärkt von der<br />
Schule für bestimmte Situationen eine spezielle Betreuung. Die Wünsche<br />
reichen von der Behindertenintegration über den Förderunterricht bis hin zur Begabtenförderung.<br />
Wie lässt sich auf diese Fülle an Anforderungen und Herausforderungen, die<br />
zudem teilweise noch regional sehr unterschiedlich wichtig sind, seitens der<br />
Schule effektiv reagieren? Anton DOBART, Sektionsleiter für die Allgemeinbildenden<br />
Höheren Schulen, formuliert seine Antwort folgendermaßen: „Auf der<br />
strukturellen Ebene ist vor allem gefordert, eine institutionelle Antwort auf den
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 17<br />
gesellschaftlichen Individualisierungstrend zu formulieren. Innerhalb dieser<br />
Strukturen sollen in einem überschaubaren Rahmen verstärkt individuelle Bildungsverläufe<br />
durch Neigungs- und Leistungsdifferenzierung, flexible Lerngruppenbildung,<br />
hohe Mobilität auf der Lehrplanebene, wo interessante Arbeitsgemeinschaften<br />
vorherrschen und den Prozess unterstützen, gefördert werden.“<br />
(DOBART 1996, S. 142f)<br />
Diese flexible Antwortstrategie kann nicht (alleine) in der zentralen Lenkung<br />
durch gesetzliche Vorgaben von oben bestehen. Dafür ist die Problemlage zu<br />
komplex und regional zu stark unterschiedlich ausgeprägt. Zudem dürften die so<br />
eingeleiteten Maßnahmen – selbst bei einer unterstellten, aber gleichwohl nur<br />
selten erreichbaren Effizienz – angesichts des raschen Veränderungstempos bei<br />
ihrer Realisierung häufig schon überholt sein. Und so stellt DOBART fest, „dass<br />
dieser Veränderungsprozess nicht durch Konzepte von oben allein gestaltet<br />
werden kann, sondern es auch und vor allem der Erarbeitung von Projekten und<br />
Konzepten von unten bedarf. Es ist ein Entwicklungsprozess zu gestalten, in<br />
dem Betroffene, Experten und Politiker gemeinsam zusammenwirken.“<br />
(DOBART 1996, S. 142)<br />
Die einzelne Schule wird in diesem Ansatz als ‚lernende Organisation’<br />
aufgefasst, die flexibel auf Neuerungen in ihrem Umfeld reagieren kann. Damit<br />
die Schulen als ‚lernende Organisationen’ agieren können, bedarf es aber neben<br />
rechtlicher Rahmenbedingungen, welche die Mitbestimmungsmöglichkeiten der<br />
Schulpartner und damit den autonomen Gestaltungsbereich der Einzelschulen<br />
erweitern, auch einer zusätzlichen Professionalisierung der Schulaufsicht, Schulleitung,<br />
der LehrerInnenschaft, aber auch der SchülerInnen und Eltern. Ein unverzichtbares<br />
Element stellt in diesem Ansatz die Evaluation dar. Nur durch sie<br />
kann eine lernende Organisation mit verlässlichen Feed-back-Daten versorgt<br />
werden, die nötig sind, um auf ihrer Basis Fehlentwicklungen genauso wie positive<br />
Resultate zu erkennen und entsprechende Steuerungsmaßnahmen einzuleiten.<br />
Darauf wird später noch ausführlich eingegangen werden.<br />
Zunächst werden die gesetzlichen Rahmenbestimmungen dargestellt, die<br />
derzeit bestehen, um diese Flexibilisierung der Schulen zu ermöglichen.<br />
1.3 Gesetzlicher Rahmen für Schulentwicklung<br />
Im AHS-Bereich wird der gesetzliche Rahmen für Schulentwicklung insbesondere<br />
durch die 14. Schulorganisationsgesetzesnovelle (1993) und den ‚Lehrplan<br />
2000’ abgesteckt. Beide werden kurz dargestellt.
18 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
1.3.1 Die 14. Novelle des Schulorganisationsgesetzes<br />
Zunächst zur 14. SchOG-Novelle (BGBl. Nr. 555/1993). Diese Novelle des<br />
SchOG enthält Bestimmungen zur schulautonomen Gestaltung von Lehrplänen<br />
und Stundentafeln der einzelnen Unterrichtsfächer, der Lern- und Arbeitsformen<br />
im Unterricht sowie der Lernorganisation. Der Gesetzgeber macht für eine in<br />
seinem Sinne erfolgende Nutzung des gewährten Freiraums in den angeführten<br />
Bereichen folgende Vorgaben: eine schulautonome Veränderung hat sich an der<br />
Bedarfs- und Problemsituation einer Klasse oder Schule insgesamt und den sich<br />
daraus ergebenden Zielvorstellungen an einem spezifischen Schulort zu orientieren.<br />
Die gesetzten Maßnahmen dürfen darüber hinaus keine isolierten Einzelmaßnahmen<br />
darstellen, sondern sind konzeptgeleitet durchzuführen. Dabei sind<br />
die Bedürfnisse aller Schulpartner – also der LehrerInnen, Eltern und Schüler-<br />
Innen – und des schulischen Umfelds zu berücksichtigen. Interessant ist in diesem<br />
Zusammenhang, dass im Gesetzestext die SchülerInnen als einzige Gruppe<br />
der Schulpartner gesondert erwähnt werden: „Die Nutzung von schulautonomen<br />
Freiräumen [...] bedarf eines an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler,<br />
der Schulpartner insgesamt sowie des schulischen Umfelds orientierten Konzeptes.“<br />
(BGBl. Nr. 555/1993) Die in diesem Text angesprochene Forderung<br />
lässt offen, ob es sich bei dem angesprochenen ‚Konzept’ um Leitbild und<br />
Schulprogramm handelt. Derzeit ist weder die Erstellung eines Schulleitbildes<br />
noch die Erarbeitung eines Schulprogramms für die Österreichischen AHS verpflichtend.<br />
Allerdings lassen sich u.E. schulautonome Lehrplan- oder Stundentafeländerungen<br />
– dies legt auch die 14. SchOG-Novelle (BGBl. Nr. 555/1993) nahe<br />
– nur auf Grundlage eines Schulprogramms sinnvoll durchführen.<br />
1.3.2 Der Lehrplan 2000<br />
Der Lehrplan 2000 (BGBl. II Nr. 133/2000) – erlassen in den Verordnungen 133<br />
und 134 im Bundesgesetzblatt vom 11. Mai 2000 – kann schon deshalb als<br />
„Reformwerk“ (RIFFERT 2002, S. 42) bezeichnet werden, weil in ihm eine Reduktion<br />
des Umfangs des bisherigen Lehrplans von ca. 240 Seiten Umfang auf<br />
nun etwa 110 Seiten erreicht wurde und damit eine seit Langem von verschiedenen<br />
Seiten geforderte ‚Entrümpelung’ der Lehrinhalte stattgefunden hat.<br />
Dies wird durch eine Konzentration auf wesentliche Lerninhalte und die Propagierung<br />
des exemplarischen Lernens möglich. Die Umsetzung des Lehrplans<br />
2000 begann mit 1. September 2000. Nachdem der Lehrplan in über 50 Hauptschulen<br />
und AHS-Unterstufen erprobt worden war, wurden beginnend ab der 5.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 19<br />
Schulstufe, die in Kern- und Erweiterungsbereiche gegliederten Fachlehrpläne<br />
sukzessive eingeführt. Die allgemeinen pädagogischen Richtlinien galten hingegen<br />
ab diesem Datum bereits für alle Schulstufen. Der Lehrplan setzt sich aus<br />
fünf Teilen zusammen: (1) das Allgemeine Bildungsziel, (2) die Allgemeinen<br />
Didaktischen Grundsätze, (3) die Schul- und Unterrichtsplanung, (4) die Stundentafel<br />
und (5) die Fachlehrpläne. In den Fachlehrplänen sind die sogenannten<br />
Kernbereiche für jedes einzelne Unterrichtsfach und für jede Schulstufe angegeben.<br />
Im Teil ‚Schul- und Unterrichtsgestaltung’ finden sich die allgemeinen<br />
Durchführungsbestimmungen zu den Kern- und Erweiterungsbereichen. Die<br />
Kernbereiche decken demnach die für alle Hauptschulen und Unterstufen der<br />
Allgemeinbildenden Höheren Schulen obligatorischen Lehrinhalte für jedes<br />
Pflichtfach und jede verbindliche Übung ab. Durch diese verpflichtend vorgegebenen<br />
Kernbereiche wird ein einheitliches Fundamentum geschaffen, das wesentliche<br />
Bildungsinhalte und -ziele flächendeckend installiert und damit ein<br />
Mindestmaß an Chancengleichheit sicherstellt; andererseits wird die grundsätzliche<br />
Möglichkeit des Schulwechsels für die SchülerInnen (‚Zugangsmöglichkeit’<br />
und ‚Durchlässigkeit’) gewährleistet. Zwei Drittel der Unterrichtszeit muss<br />
diesen Kernbereichen gewidmet werden, wobei die Konkretisierung innerhalb<br />
dieses vorgegebenen Rahmens sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Sicht<br />
einzelnen LehrerInnengruppen oder Lehrkräften überlassen bleibt. Bei einer<br />
völligen Liberalisierung wären demokratiepolitisch fatale Konsequenzen nicht<br />
auszuschließen: „Schulentwicklung ohne Gestaltungsrahmen [...] würde nicht<br />
unbedingt im Chaos, wohl aber im Sozialdarwinismus enden, d.h. in Vernichtungskonkurrenz,<br />
Auseinanderentwicklung und Aufgabe der gesellschaftlichen<br />
Integrationsfunktion von Schule.“ (FISCHER & ROLFF 1997, S. 542)<br />
Das restliche Drittel an Unterrichtszeit verbleibt für die Erweiterungsbereiche.<br />
Dieses Drittel kann autonom dazu genutzt werden, die Inhalte der<br />
Kernbereiche zu festigen. Bei dieser Vorgangsweise würden allerdings die<br />
eigentlichen Spielräume des neuen Lehrplans ungenutzt gelassen. Andererseits<br />
können aber auch die Kernbereiche z.B. durch schulautonom festgelegte<br />
Schwerpunktbildungen, fächerübergreifenden Projektunterricht, durch begabungs-<br />
und/oder interessensbezogene Schwerpunktbildungen etc. ergänzt werden.<br />
Wann die jeweilige Lehrkraft die Kernbereiche und wann die Erweiterungsbereiche<br />
innerhalb eines Schuljahres unterrichtet und in welchem<br />
Tempo, bleibt ebenfalls in der Entscheidungsbefugnis der jeweiligen Lehrkraft.<br />
Bei den hier nur skizzierten autonomen Spielräumen handelt es sich um jene<br />
notwendigen Freiräume, die für schulautonome Entscheidungen unerlässlich
20 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
sind. Ohne sie wäre der Begriff ‚Schule als lernende Organisation’ nicht mehr<br />
als eine schöne Floskel – ‚das Wahre, Schöne und Gute’ in neuem Gewand.<br />
Die 14. SchOG-Novelle und der Lehrplan 2000 stellen unverzichtbare<br />
Weichenstellungen in Richtung Autonomie der Einzelschulen und verstärkte<br />
Mitbestimmung aller am Schulprozess beteiligten Personengruppen (Lehrer-<br />
Innen, Eltern, SchülerInnen) dar. Selbstverständlich müssen diese ersten Schritte<br />
durch zusätzliche gesetzliche Bestimmungen im Bereich Qualitätsmanagement<br />
und -sicherung ergänzt werden. Ausständig sind bislang zudem noch entsprechende<br />
Schritte für den Finanzbereich der Einzelschulen und ihre Personalentwicklung<br />
(z.B. MitarbeiterInnenauswahl). Insgesamt führen aber bereits die<br />
angeführten Änderungen zu verbesserter Autonomie. Kritisch muss aber auch<br />
angemerkt werden, dass die 14. SchOG-Novelle und der Lehrplan 2000 an<br />
einem wichtigen Punkt in einem Spannungsverhältnis stehen.<br />
1.3.3 Lehrplan 2000 und 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz: Dissonanz<br />
Zwischen 14.SchOG-Novelle und Lehrplan 2000 lässt sich ein gewisses Spannungsverhältnis<br />
feststellen: Nach der 14. SchOG-Novelle stellt die Erstellung<br />
eines Schulkonzepts eine zentrale und unverzichtbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme<br />
schulautonomer Gestaltungsspielräume dar. Zwar wird im Gesetz<br />
nur von einem ‚Konzept’ gesprochen, aber es dürfte dabei zweifellos an das<br />
Schulleitbild und das Schulprofil gedacht worden sein, auch wenn diesbezüglich<br />
derzeit (noch) keine gesetzlichen Bestimmungen vorliegen.<br />
Das Schulprogramm (Leitbild, Schulprofil und Entwicklungsplan) ist vom<br />
paritätisch besetzten Schulgemeinschaftsausschuss zu beschließen. Während das<br />
Leitbild die allgemeinen Ziele, welche die Schule anstrebt, offen legt, gibt der<br />
Entwicklungsplan Auskunft über die konkreten Einzelmaßnahmen, mit denen<br />
die Ziele (Schritt für Schritt) realisiert werden sollen. (vgl. dazu ausführlicher<br />
2.2.1)<br />
Über die Mitarbeit bei der Entwicklung des Schulprogramms haben alle<br />
Schulpartner Einfluss auf die schulautonomen Gestaltungsspielräume. Da das<br />
Schulprogramm, welches das Schulleitbild beinhaltet, öffentlich gemacht wird,<br />
ist für alle interessierten Personen, insbesondere aber die Schulpartner, überprüfbar,<br />
inwieweit Arbeitsschritte in Richtung des postulierten Ziels tatsächlich<br />
gesetzt wurden und in wie weit diese Ziele dadurch auch erreicht wurden.<br />
Der Lehrplan 2000 macht hingegen die Nutzung des schulautonomen Gestaltungsrahmens<br />
nicht vom Schulprogramm (Leitbild, Profil und Entwicklungsplan)<br />
einer Schule abhängig. Er erlaubt vielmehr jeder einzelnen Lehrkraft oder<br />
einzelnen Gruppen von LehrerInnen ohne Einbindung in das jeweilige Schulpro-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 21<br />
gramm, die den ihr/ihnen zur Verfügung stehenden Erweiterungsbereich eigenverantwortlich<br />
zu gestalten. Hier liegt also eine offensichtliche Ungereimtheit<br />
zwischen 14. SchOG-Novelle und Lehrplan 2000 vor.<br />
Für den Fall, dass einzelne LehrerInnen und LehrerInnengruppen die schulautonomen<br />
Freiräume ohne Rücksprache mit den im SGA vertretenen Schulpartnern<br />
nutzen, ist die evaluative Überprüfung dieser Maßnahmen umso dringlicher<br />
erforderlich, da die gesetzten Veränderungsmaßnahmen nicht über einen<br />
intensiven Diskussionsprozess im Kollegium und zwischen den Schulpartnern<br />
kritisch reflektiert worden sind.<br />
Eine mögliche Auflösung dieser Spannung zwischen 14. SchOG-Novelle<br />
und Lehrplan 2000 könnte darin bestehen, dass nur die Veränderungsmaßnahmen,<br />
die über den Unterricht der einzelnen Lehrkraft hinausgehen der Zustimmung<br />
durch den SGA bedürfen, alle ausschließlich den Unterricht einzelner<br />
Lehrkräfte betreffenden Änderungen hingegen nicht. Ob aber diese Interpretation<br />
korrekt ist, muss an dieser Stelle offen bleiben; diese Unklarheit bedarf<br />
aber einer Klärung durch den Gesetzgeber.<br />
Die für die Einzelschulen entstandenen Gestaltungsfreiräume bringen eine<br />
Verschiebung der Verantwortlichkeiten mit sich. Es kann kein Zweifel daran<br />
bestehen, dass der Staat Macht in Form von autonomem Handlungsspielraum an<br />
die regionalen, standortgebundenen Schulpartner und ihr Entscheidungsgremium,<br />
den SGA, aber auch an die einzelnen Lehrkräfte abgegeben hat. 1 Seitens<br />
des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird dies auch<br />
klar zum Ausdruck gebracht: „Schulautonomie bedeutet in Österreich Dezentralisierung<br />
von Entscheidungskompetenzen. Das heißt, Schulen können Angelegenheiten,<br />
die bisher übergeordnete Verwaltungseinheiten entschieden haben,<br />
unter Mitwirkung der Schulpartner selbst entscheiden.“ (BMBWK 2000, S. 5)<br />
Freilich hält der Gesetzgeber aber sofort fest: „Ungeachtet dieser den Schulen<br />
zusätzlich übertragenen Kompetenzen bleibt die Aufsichtsfunktion der Schulbehörden<br />
erhalten.“ (BMBWK 2000, S. 5)<br />
1 Vom juristischen Standpunkt aus stellt sich die interessante Frage nach der Vereinbarkeit der<br />
Schulautonomie mit dem Legalitätsprinzip, demzufolge jeder Verwaltungsakt – und bei<br />
einer engen Interpretation des Artikels 18 der Bundesverfassung handelt es sich beim gesamten<br />
Unterrichtshandeln um Verwaltungsakte – durch (mindestens) ein Gesetz legitimiert<br />
sein muss. Man versucht dieses Dilemma zu lösen, indem man das Unterrichtshandeln von<br />
der Hoheitsverwaltung unterscheidet und ihm notwendige pädagogische Freiheit zuerkennt.<br />
In der traditionellen, engen Interpretation wurde hingegen dieser Freiraum des Unterrichtshandelns<br />
der Lehrkraft als bedauerlicherweise nicht mehr durch Gesetze regelbarer Restbereich<br />
aufgefasst.
22 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
1.4 Die Neuverteilung der Verantwortlichkeiten durch die Schulautonomie<br />
Der skizzierte schulautonome Freiraum zur Stundentafel- und Unterrichtsgestaltung<br />
ist nur dann verantwortbar, wenn er von einem System der Rechenschaftslegung<br />
begleitet wird: So muss bei einer verantworteten Schulentwicklung<br />
natürlich überprüft werden, ob die im Leitbild und Schulprogramm gesetzten<br />
Ziele, deren Umsetzung durch entsprechende schulautonomen Maßnahmen<br />
und deren Qualität – z.B. Einführung eines neuen Schulzweigs, oder von<br />
Integrationsklassen, eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’, oder eines Projekts<br />
‚offenes Lernen’, um nur ein paar wenige Möglichkeiten anzudeuten – zu den<br />
gewünschten positiven Effekten führen. Eine verlässliche Feststellung der (positiven<br />
oder auch negativen) Effekte von Veränderungsmaßnahmen kann nur<br />
über eine wissenschaftliche Standards erfüllende Evaluation der vorgenommenen<br />
Veränderungsmaßnahmen erfolgen.<br />
Von diesem unverzichtbaren Element autonomer Schulentwicklung ist in der<br />
endgültigen Fassung des Lehrplans 2000 aber nur mehr an einer einzigen Stelle<br />
die Rede: „Aspekte des Lehrens und Lernens wie Unterrichtsgestaltung, Erziehungsstil<br />
und individuelle Förderung sowie Rückmeldungen über das Unterrichts-<br />
und Schulgeschehen sind wichtige Bereiche von Qualität in der Schule.<br />
Schulqualität umfasst weiters Elemente wie Schulklima, Schulmanagement,<br />
Außenbeziehungen und Professionalität sowie Personalentwicklung. Die Entwicklung<br />
von Schulqualität wird auch durch geeignete Maßnahmen der Selbstevaluation<br />
gefördert.“ (BGBl. 133/2000: Dritter Teil; Hervorhebung nicht im<br />
Original)<br />
Diese kryptische Formulierung in Form einer deskriptiven Aussage lässt<br />
viele Fragen offen und bedarf ebenfalls dringend einer schärferen Fassung.<br />
Denn bei enger Lesart liegt – weil eben deskriptiv und nicht präskriptiv<br />
formuliert – keinerlei Verpflichtung zur Selbstevaluation vor. Bei einer weiteren<br />
Interpretation lässt sich argumentieren, dass – unter der Voraussetzung, dass<br />
Schulen möglichst hohe Qualität zu erbringen haben – qualitätssteigernde Maßnahmen<br />
wie Selbstevaluierung zumindest implizit gefordert sind. Nur über<br />
Evaluation lässt sich verantwortet Rechenschaft ablegen über die Aktivitäten,<br />
die im Rahmen des schulautonomen Freiraums gesetzt wurden. Selbstevaluation<br />
stellt damit ein unverzichtbares Element in einem selbstreferenziellen Adaptationsprozess<br />
dar.<br />
Bis vor wenigen Jahren wurden die Schulen – LehrerInnen und SchulleiterInnen<br />
– im Rahmen ihrer Ausbildung nur unzureichend auf die Autonomie<br />
und die damit einhergehende Qualitätssicherung (Selbstevaluation) vorbereitet.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 23<br />
Mit der Internetplattform QIS (Qualität in Schulen: http://www.qis.at/) bietet das<br />
BM:BWK den Schulen eine Hilfestellung an, die sich auf fünf Qualitätsbereich<br />
von Schule bezieht: (1) Lehren und Lernen, (2) Lebensraum Klasse und Schule,<br />
(3) Schulpartnerschaft und Außenbeziehungen, (4) Schulmanagement und (5)<br />
Professionalität von Schulentwicklung. (Siehe ausführlicher die Internetplattform<br />
von QIS: http://www.qis.at/qis.asp?dokument=4)<br />
Darüber hinaus stellt diese Plattform vorgefertigte Fragebögen zum Download<br />
zur Verfügung. Allerdings wird zugleich seitens des QIS betont, dass die<br />
angebotenen Fragebögen „selbstverständlich nicht automatisch auf alle individuellen<br />
Gegebenheiten verschiedener Schulen und Schultypen optimal passen“.<br />
(http://www.qis.at/qisfb.asp?Dokument=49&Reihenfolge=2) Eine schulspezifische<br />
Anwendung der im QIS angebotenen Methoden (Fragebögen) im dynamischen<br />
Schulentwicklungsprozess ist also nur bedingt möglich. Als erster Schritt<br />
und Einstieg in das Qualitätsmanagement an Schulen eignen sich die QIS-<br />
Evaluationsinstrumente durchaus, aber für weitergehende schulspezifische Entwicklungen<br />
im Rahmen der Autonomie bedarf es einer dynamischeren Konzeption.<br />
Der in diesem Buch vorgestellte Modulansatz zur Selbstevaluation trägt<br />
dieser Forderung Rechnung.<br />
In Abbildung 1 wird eine Form der Neuverteilung von Verantwortlichkeiten<br />
innerhalb des Schulsystems dargestellt und dabei die unverzichtbare Rolle der<br />
Selbstevaluation verdeutlicht. Zu beachten ist, dass es sich hierbei um einen<br />
Vorschlag der Autoren handelt, für den sachliche Überlegungen sprechen, für<br />
den aber derzeit noch keine gesetzliche Grundlage existiert. Grundsätzlich könnten<br />
demnach also in Zukunft drei Evaluationsbereiche unterschieden werden.<br />
Der erste Strang bezieht sich auf den schulautonomen Bereich (Schulprogramm:<br />
Leitbild, Profil, Entwicklungsplan). In diesem Bereich haben vor allem<br />
die Schulpartner (zumindest nach der 14. SchOG-Novelle), also der SGA, einen<br />
selbst zu verantwortenden Gestaltungsspielraum. Zusätzlich fallen in diesen<br />
Bereich die lehrplanmäßigen Erweiterungen, die ebenfalls vom SGA, aber auch<br />
von LehrerInnengruppen bzw. einzelnen Lehrkräften (so der Lehrplan 2000)<br />
autonom genutzt werden können. Alle autonom gesetzten Maßnahmen müssen<br />
aber selbstverständlich auch auf ihre Zielerreichung hin überprüft werden. Dies<br />
geschieht und kann aufgrund der schulspezifischen Gestaltung dieser Freiräume<br />
nur durch Selbstevaluation geschehen.<br />
Die dokumentierten Ergebnisse der Selbstevaluation der Einzelschulen werden<br />
seitens der Schulaufsicht (z.B. LandesschulinspektorInnen) einer Metaevaluation<br />
unterzogen (Strang 2). Der Staat tritt also nur mehr indirekt als Kontroll-
24 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
instanz auf, indem er den schuleigenen Selbstevaluationsprozess nochmals einer<br />
kritischen Bewertung unterzieht.<br />
Einzelschulen mit der<br />
Durchführung der<br />
internen Selbstevaluation<br />
von …<br />
Erweitungsbereichen<br />
des Lehrplans und<br />
weiterer schulautonomerEntwicklungsfreiräume<br />
Staat / Bildungsministerium beauftragt …<br />
Schulaufsicht mit der<br />
Durchführung der<br />
Metaevaluation von<br />
…<br />
den von den Einzelschulendurchgeführten<br />
und dokumentiertenSelbstevaluationen<br />
Qualitätssicherungszentren<br />
mit der Durchführung der<br />
externen (standardisierten)<br />
Evaluation von …<br />
Kernbereichen des Lehrplans<br />
sowie nationaler und<br />
internationaler Bildungsstandards<br />
Abb. 1: Qualitätssicherungsmaßnahmen im Schulbereich<br />
(fett umrandet: Einsatzgebiet des in diesem Buch vorgestellten MSS-Konzepts)<br />
Der dritte Strang dient der Sicherung nationaler Bildungsstandards (Kernbereich)<br />
und der Vergleichbarkeit von Schulen, die z.B. für etwaige Schulwechsel<br />
unerlässlich ist. Die Sicherung lässt sich über nationale und internationale<br />
standardisierte Leistungstests (z.B. TIMSS, PISA etc.) oder etwa eine ‚zentrale<br />
Matura’ erreichen. 2 Von den politischen Entscheidungsträgern wird in letzter<br />
Zeit bezüglich der in den Kernbereichen des Lehrplans vorgegebenen Lehr- und<br />
2 Freilich muss hier auch eine mögliche Gefahr im Auge behalten werden: In den so evaluierten<br />
Fächern könnte ein ‚teaching to the test’ den gesamten schulautonomen Freiraum in<br />
Anspruch nehmen, was wohl kaum der Intention des Gesetzgebers entsprechen und von<br />
LehrerInnen als Einschränkung einer flexibel-schülerInnenzentrierten Unterrichtsgestaltung<br />
aufgefasst werden dürfte. Auch auf engagierter Eltern- und SchülerInnenseite dürfte ein vorrangig<br />
testorientiertes Pauken Widerspruch hervorrufen. Diese Gefahr der ausschließlichen<br />
Nutzung des Erweiterungsbereichs für das ‚Eintrichtern’ von standardbezogenen Lehrinhalten<br />
wird sich vor allem dann vergrößern, wenn die Erreichung dieser Standards für Zugangsberechtigungen<br />
(z.B. Zentralmatura für das <strong>Universität</strong>sstudium) relevant werden<br />
sollte. Beispiele aus verschiedenen Bundesstaaten der USA belegen, dass es sich hierbei um<br />
eine realistische Gefahr handelt (vgl. dazu: CARNOY, ELMORE & SISKIN 2003).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 25<br />
Lerninhalte eine zentral gesteuerte Fremdevaluation sowie eine ‚zentrale<br />
Matura’ immer wieder ins Gespräch gebracht.<br />
Der in diesem Buch vorgestellte Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />
Schulentwicklungsprojekten hat zur Zielsetzung, den Schulen behilflich zu sein,<br />
ihre ‚hauseigene’ Selbstevaluation auf einem möglichst hohen wissenschaftlichen<br />
Stand durchführen zu können.
26 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 27<br />
2. Evaluation<br />
Im ersten Kapitel wurde auf die bedeutende Rolle, die der Evaluation an autonomen<br />
Schulen zukommt, hingewiesen. Bevor auf den MSS (Modulansatz zur<br />
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten) als Selbstevaluationsinstrument<br />
ausführlich eingegangen wird, muss zunächst noch erörtert werden, was<br />
allgemein unter ‚Evaluation’ zu verstehen ist, welche Arten von Evaluation sich<br />
unterscheiden lassen (2.1) und welche Rolle die Evaluation in der Schulentwicklung<br />
spielt (2.2).<br />
2.1 Definition, Arten und Funktionen von Evaluation<br />
2.1.1 Wissenschaftliche Definition<br />
Zunächst muss festgehalten werden, dass es eine Vielzahl von Definitionen des<br />
Begriffs ‚Evaluation’ gibt. Eine Nominalanalyse erlaubt eine erste grobe<br />
Orientierung: Der Begriff ‚Evaluation’ weist in seinem französischen und englischen<br />
Bedeutungsgehalt bereits auf seine gegenwärtige (wissenschaftliche)<br />
Funktion hin: frz. valeur bedeutet Wert, Geltung; engl. value meint Wert, Bedeutung.<br />
Bei Evaluation geht es also immer auch um Wertung. Derartige<br />
Bewertungen sollen Hilfen für Entscheidungen und Planungen bieten. Es geht<br />
um Fragen, welches die Vor- und Nachteile einer Methode, Strategie, Vorgehensweise<br />
etc. sind.<br />
In den Sozialwissenschaften versteht man unter ‚Evaluation’ „die systematische<br />
Anwendung sozialwissenschaftlicher Methoden zur Bewertung der Konzeption,<br />
[...] der Implementation und des Nutzens einer sozialen Interventionsmaßnahme.“<br />
(ROSSI & FREEMAN 1980, zitiert nach der Übersetzung von:<br />
WOTTAWA & THIERAU 1990, S. 18)<br />
In den USA hatte die Evaluation bereits um 1950 im Bildungssektor an Bedeutung<br />
gewonnen (genauer dazu: HOPKINS 1992) und Mitte der achtziger Jahre<br />
des 20. Jahrhunderts Jahre umfasste der Berufsstand der EvaluatorInnen bereits<br />
etwa 3.000 Mitglieder. Das Hauptfeld der EvaluatorInnen liegt in den USA<br />
heute in den Bereichen Wirtschaft, Psychologie/Psychotherapie und Erziehung.<br />
In Deutschland und Österreich hielt die Evaluation erst in den siebziger Jahren<br />
Einzug in den Bildungsbereich. Damals wurden im Zuge zentral verordneter und<br />
groß angelegter Schulversuche erste begleitende Evaluationsmaßnahmen<br />
gesetzt. Ihre Aufgabe war es, die Effektivität und Effizienz der verschiedenen<br />
Schulmodelle gegeneinander abzuwägen. Gerade weil derartige Schulversuche
28 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
eng mit parteipolitischen Bildungskonzeptionen verknüpft und damit ideologisch<br />
vorbelastet waren, stand die begleitende Evaluation gelegentlich im<br />
Geruch einer parteilichen ‚Gefälligkeitsgutachterei’. Wie dem auch immer<br />
(gewesen) sein mag, seit dieser Zeit ist die Evaluation auch im Schulbereich fest<br />
etabliert.<br />
Im Bildungsbereich hat Evaluation die Aufgabe zu überprüfen, ob bzw. in<br />
wie weit bildungsspezifische Zielsetzungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums<br />
erreicht wurden. Selbstverständlich können die evaluierten Bereiche auf<br />
sehr unterschiedlichen Niveaus angesiedelt sein. Es kann sich um internationale<br />
Zielvereinbarungen (z.B. auf EU-Ebene), national vorgegebene Bildungsstandards<br />
(z.B. implizit durch das Anforderungsniveau einer zentralen Matura),<br />
Arbeitsbereiche in einzelnen Bildungssektoren (Evaluation der universitären<br />
Lehre) und einzelnen Schulen (z.B. Schulprogramm) handeln.<br />
Auftraggeber für die Durchführung von Evaluationen und die Bewertung<br />
ihrer Ergebnisse im Bildungsbereich ist in letzter Instanz der Gesetzgeber. So ist<br />
die Notwendigkeit von Evaluierungsmaßnahmen an <strong>Universität</strong>en (<strong>Universität</strong>sorganisationsgesetz<br />
von 1993) und Fachhochschulen (Bundesgesetz über<br />
Fachhochschul-Studiengänge 1993) festgelegt. Während in vielen deutschen<br />
Bundesländern die Durchführung von Evaluationen im Schulbereich – teilweise<br />
bereits seit Längerem – durch Gesetze bzw. Erlässe geregelt ist, die darüber<br />
hinaus auch noch durch praxisrelevante Literatur und Fortbildungsmaßnahmen<br />
ergänzt werden (vgl. z.B. Bremer Schulgesetz 1994, LSW 1995, MSWWF 1997,<br />
1999, MBWF 1998), ist die Lage in Österreich derzeit noch eine andere. (siehe:<br />
BUSCHMANN 2002)<br />
Bis auf eine bereits zitierte Stelle im Lehrplan 2000 gibt es bislang seitens<br />
des Gesetzgebers (noch) keinerlei rechtlich verbindliche Angaben zu Evaluierungsmaßnahmen<br />
an Schulen – weder über Art und Durchführungsmodus<br />
noch über die Bewertungsinstanz etwaiger erhobener Resultate. 3 Und dies<br />
obwohl Evaluation einen wesentlichen und unverzichtbaren Bestandteil autonomer<br />
Schulentwicklung darstellt (vgl. etwa Kapitel 1, Abbildung 1). Allerdings<br />
wurden von der Zukunftskommission Vorschläge in diese Richtung zur Diskussion<br />
gestellt. (ausführlicher dazu: EDER, HAIDER, SPECHT & SPIEL 2002;<br />
siehe dazu auch URL: http://www.klassezukunft.at/index.php?;)<br />
3 Dieses doch sehr erstaunliche Faktum wurde – nach einem ausgesprochen kargen Ergebnis<br />
der Literaturrecherche – den Autoren auch von Schuljuristen zweier Bundesländer unabhängig<br />
voneinander bestätigt. Nach dieser Quelle gibt es bislang (mit Ausnahme von Buschmann<br />
2002) auch keinerlei Publikationen, in welchen die rechtlich relevanten Stellen in<br />
einer auch für Nicht-Juristen les- und verstehbarer Form aufbereitet wurden.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 29<br />
Auf institutioneller Ebene wurden seitens des BM:BWK bereits einige Begleitmaßnahmen<br />
geschaffen, die zur Unterstützung von Evaluationsprojekten an<br />
Schulen beitragen können (z.B. QIS, vgl. 1.4). Das BM:BWK bezieht folgende<br />
Position: „Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung werden erstmals in<br />
einem österreichischen Lehrplan als wichtige Anliegen der Schulentwicklung<br />
formuliert. Ausdrücklich empfiehlt der der neue Lehrplan, zur Qualitätssicherung<br />
Methoden der Selbstevaluation anzuwenden.“ (BM:BWK 2004, S.<br />
47)<br />
Zur Zeit ist also von Seiten der bildungspolitisch Verantwortlichen erst<br />
zögerlich in offiziellen Dokumenten von Empfehlungen zur (Selbst-)Evaluation<br />
im Schulbereich die Rede. Eine Durchsicht von wissenschaftlichen Arbeiten<br />
zeigt jedoch, dass quer über die Paradigmen die zentrale Bedeutung der Evaluation<br />
für alle wie auch immer gearteten Veränderungsmaßnahmen erkannt und<br />
betont wird.<br />
Stellvertretend sei hier der Innsbrucker Erziehungswissenschaftler Franz<br />
KROATH (1996, S. 652) zitiert: Für ihn ist Evaluation ein „unverzichtbarer<br />
Ablaufschritt jeder rational geplanten Handlung von Praktikern und Wissenschaftlern<br />
im Erziehungs- und Bildungsbereich, da sie begründete Bewertungskriterien<br />
für die Planung, Auswahl, Wirkung und Kontrolle pädagogischer<br />
Maßnahmen zur Verfügung stellt.“<br />
Wie aber funktioniert Evaluation überhaupt? Evaluationen haben alle ein<br />
typisches Grundmuster:<br />
PRÄ-ERHEBUNG � INTERVENTION � POST-ERHEBUNG<br />
(Veränderung)<br />
Abb. 2: Grundmuster der Evaluation<br />
Um die Wirksamkeit einer Intervention(smaßnahme) feststellen zu können,<br />
müssen mindestens zwei Messungen an zwei verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt<br />
werden (Abbildung 2). Zuerst muss der Zustand vor der Interventionsmaßnahme<br />
gemessen werden (=Prä-Erhebung). Ein Beispiel hierfür wäre z.B.<br />
die Aggressionsrate in einer Schulklasse. Nach der Durchführung einer Interventionsmaßnahme<br />
– in unserem Fall etwa der Durchführung eines Verhaltenstrainingsprogramms<br />
zur Reduktion aggressiven Verhaltens – wird erneut die<br />
Aggressionsrate in der betreffenden Klasse erhoben (=Post-Erhebung). Der Vergleich<br />
der beiden Messergebnisse lässt nun einen Rückschluss auf die Wirksam-
30 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
keit der Interventionsmaßnahme (Verhaltenstrainingsprogramm) zu. Natürlich<br />
können hier noch verschiedene sogenannte Störvariablen, wie beispielsweise der<br />
Faktor ‚Zeit’, die Ergebnisse verzerren. Daher müssen geeignete Maßnahmen –<br />
z.B. die Einführung einer Kontrollgruppe für Vergleichszwecke mit der Interventionsgruppe<br />
– ergriffen werden, um etwaige Störfaktoren auszuschalten oder<br />
zumindest zu kontrollieren.<br />
Im Abschnitt 6.1 wird anhand eines Fallbeispiels im Detail gezeigt, wie mit<br />
Hilfe von Quasi-Kontrollgruppen (etwa Parallelklassen) verschiedene Störvariablen<br />
zumindest einigermaßen kontrolliert werden können. 4<br />
Es ist grundsätzlich zu beachten, dass eine einmalige Erhebung (Prä-Erhebung)<br />
noch keine Evaluation im vollständigen Sinn ist; mit einer ersten Erhebung<br />
wird lediglich eine Diagnose des Ist-Zustands bzw. des gewünschten Soll-<br />
Ideals durchgeführt, die schließlich in Veränderungsmaßnahmen münden muss,<br />
welche erst dann ihrerseits im vollen Sinne evaluiert werden (Post-Erhebung).<br />
Dementsprechend stellt eine Prä-Erhebung natürlich auch noch keinen gezielten<br />
Veränderungsvorgang dar. Eine erste Erhebung ist lediglich ein erster<br />
unerlässlicher Schritt in Richtung verantwortete Schulentwicklung, nicht jedoch<br />
die vollständige Evaluation und schon gar nicht die Schulentwicklung selbst.<br />
Da es bei der Evaluation im wesentlichen um die Erfassung der Wirkung<br />
bzw. der Ursachen einer Wirkung einer Interventionsmaßnahme (Veränderungsstrategien)<br />
auf einer wissenschaftlich gesicherten empirischen Grundlage geht,<br />
muss unbedingt auch nach der Interventionsmaßnahme eine Erhebung (Messung)<br />
durchgeführt werden. Erst dann ist die Grundstruktur eines Evaluationsprojekts<br />
realisiert. (Vgl. dazu auch WOTAWA & THIERAU 1990)<br />
2.1.2 Arten von Evaluation<br />
Hier sollen nur die für den Schulbereich wichtigsten Arten von Evaluation vorgestellt<br />
werden: Summative Evaluation, Formative Evaluation, Fremd- und<br />
Selbst-, sowie Transferevaluation. Während ‚formative’ Evaluation stärker prozess-<br />
und entwicklungsorientiert ausgerichtet ist, ist die ‚summative’ Evaluation<br />
eher ergebnisorientiert und abschließend bewertend. Beiden Formen liegt ein<br />
unterschiedlicher Anspruch zugrunde.<br />
(a) Formative Evaluation: Bei der formativen Evaluation werden mitunter<br />
einzelne Phasen einer Intervention evaluiert. Die Ergebnisse sollen unmittelbar<br />
4 Ausführlichere Informationen für interessierte LeserInnen über Kriterien wissenschaftlich<br />
fundierter Evaluation finden sich in HAGER, PATRY & BREZING (2000).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 31<br />
auf den Interventionsprozess zurückwirken, ihn korrigieren, modifizieren und so<br />
optimieren.<br />
Beispiele aus dem Schulbereich: (a) Eine Lehrerin gibt bei der Weitsprunganlage<br />
nach jedem Sprung ein kurzes Feedback, damit die SchülerInnen sich<br />
keine falschen Bewegungsabläufe eintrainieren und sukzessive ihre Sprungtechnik<br />
verbessern können. (b) Semesternoten sowie Test- und Prüfungsergebnisse<br />
haben eine formative Funktion, da selbst bei schlechtem Abschneiden unmittelbar<br />
noch keine Konsequenzen wie ‚Sitzenbleiben’ erfolgen. (c) Korrigierte<br />
Hausübungen, Mitarbeitsüberprüfungen, Gespräche mit den Eltern in der<br />
Sprechstunde über die SchülerInnen, welche Aufschluss über den momentanen<br />
Leistungsstand und mögliche Defizite geben und Lernanregungen beinhalten,<br />
sind formative Rückmeldungen (der LehrerInnen) an einzelne SchülerInnen in<br />
einem Fach. (d) Fallweise gegenseitige Unterrichtshospitationen im Kollegium<br />
können ebenfalls formativ gesehen werden: Die gezielten Rückmeldungen von<br />
LehrerkollegInnen können für die ‚supervidierte’ Lehrkraft eine Hilfestellung<br />
sein, im verhältnismäßig geschützten Rahmen den eigenen Unterricht zu reflektieren.<br />
Evaluation in diesem Sinne entspricht einem permanenten Rückkoppelungsprozess<br />
mit dem Ziel, die Interventionsmaßnahme zu optimieren.<br />
(b) Summative Evaluation: Bei der summativen Evaluation geht es nicht um<br />
die Korrektur einzelner Phasen innerhalb eines komplexeren Interventionsprozesses,<br />
sondern um die abschließende Bewertung der Intervention. Sie soll abklären,<br />
ob eine bereits durchgeführte Maßnahme beibehalten oder aber abgeschafft<br />
werden soll.<br />
Beispiele aus dem Schulbereich: (a) Es wird die Praktikabilität der Pausenregelungen<br />
in der neu erarbeiteten Hausordnung evaluiert: Zu diesem Zweck<br />
wird von den Lehrern bei der Gangaufsicht die konsequente Einmahnung der<br />
Neuerungen und die Beobachtung der Regelverstöße dokumentiert. Aufgrund<br />
der Aufzeichnungen wird nach einer gewissen Frist nach der Einführung dieser<br />
Hausordnung über deren Beibehaltung oder Abschaffung auf Basis der Evaluationsdaten<br />
entschieden. (b) Die Zeugnisnoten – in Verbindung mit der<br />
Klassenkonferenz – geben Aufschluss darüber, ob ein/e SchülerIn eine Klasse<br />
wiederholen muss oder nicht.<br />
(c) Transferevaluation: Die Transferevaluation setzt im Schulbereich z.B.<br />
bei den AbsolventInnen an und wird deshalb bei Evaluationskonzepten mit<br />
‚Outcome’ in Verbindung gebracht: So kann etwa überprüft werden, ob die
32 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Effekte, die durch eine bestimmte Intervention in einem bestimmten Kontext<br />
erreicht wurden, auch auf andere Bereiche übertragen – transferiert – wurden.<br />
Transferevaluation soll Aufschluss darüber geben, welche an der Schule<br />
erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten SchülerInnen nach dem Schulabschluss<br />
im weiteren Werdegang hilfreich waren bzw. welche wichtigen Kenntnisse und<br />
Fertigkeiten an dieser Schule nicht vermittelt wurden. (v. SALDERN 1997, S. 66f)<br />
Ein Beispiel aus dem Schulbereich: In einer AbsolventInnenbefragung wird<br />
ein Lehrer, dessen Unterricht von den derzeit im Schulprozess befindlichen<br />
SchülerInnen als sehr positiv beurteilt wurde, rückblickend kritisiert. Insbesondere<br />
zeigt sich, dass die in seinem Fremdsprachenunterricht erworbenen Kenntnisse<br />
und Fertigkeiten nicht ausreichten, um ohne größere Probleme die Fachliteratur<br />
der jeweiligen Studienzweige lesen und verstehen zu können. Dieses<br />
Ergebnis ist ein wichtiges Korrektiv im Rahmen der Evaluation des Fremdsprachenunterrichts<br />
an dieser Schule.<br />
Angesichts der hohen Zahl an StudienabbrecherInnen sowie den damit verbundenen<br />
persönlichen Problemen und hohen finanziellen Verlusten für die<br />
Bürger und den Staat ist diese Form der Evaluation zweifelsohne von zentraler<br />
Bedeutung. Sie stellt darüber hinaus eine sinnvolle Ergänzung zur direkten<br />
Evaluation des aktuellen Schulprozesses und der darin involvierten SchülerInnen<br />
dar, weil nur sie Aufschluss darüber geben kann, ob es gelingt, mit dem<br />
Wissen und den Kompetenzen, die die AbsolventInnen an der Schule erworben<br />
haben, die Herausforderungen des Studiums oder der Arbeitswelt zu bewältigen.<br />
Es mag für SchülerInnen im Schulprozess die eine oder andere Anforderung<br />
schwer nachvollziehbar sein, im Lichte der Anforderungen an <strong>Universität</strong>en<br />
oder im Berufsleben können aber gerade die dadurch erworbenen bzw. nicht<br />
erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse als sehr wichtig erkannt werden. Ein<br />
Perspektivenwechsel von der Schulsituation zur <strong>Universität</strong>s- bzw. zur Berufssituation<br />
kann also durchaus zu einer Revidierung früherer Bewertungen führen.<br />
Der Begriff der Evaluation lässt sich aber auch noch nach anderen Gesichtspunkten<br />
differenzieren, nämlich in Fremd- und Selbstevaluation. Wird die Evaluation<br />
von Personen, die nicht dauerhaft einer Institution unmittelbar angehören<br />
verordnet bzw. bestimmt und durchgeführt, so spricht man von Fremdevaluation<br />
(gelegentlich auch als externe Evaluation bezeichnet). Wird die Evaluation von<br />
den dauerhaften Mitgliedern einer Institution/Organisation selbst initiiert und<br />
durchgeführt, so handelt es sich um Selbstevaluation. Sie wird auch als interne<br />
Evaluation bezeichnet – unabhängig davon, ob von der Schule zur technischen<br />
Durchführung Hilfe (Evaluationsexperten) von außen mit heran gezogen wird<br />
oder nicht.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 33<br />
Diese Unterscheidung ist natürlich für die evaluierten Personen von entscheidender<br />
Bedeutung. Es macht einen Unterschied, ob man selbst ein Evaluationsprojekt<br />
auf die Beine stellt, die Themenbereiche der Evaluation auswählt,<br />
die Instrumente mitbestimmt und darüber entscheiden kann, was mit den Ergebnissen<br />
geschieht, wer sie also beispielsweise zu Gesicht bekommt, und wer<br />
nicht. Hier sind wesentliche ethische und motivationale Aspekte angesprochen,<br />
denen ein Evaluationskonzept genügen muss. Hier nur so viel: der in diesem<br />
Buch vorgestellte MSS (Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten)<br />
ist – nach obiger Unterscheidung – explizit als Selbstevaluationsinstrument<br />
konzipiert.<br />
Schließlich lassen sich die vorgestellten Evaluationsarten noch ergänzen<br />
durch eine Unterscheidung bezüglich der Absichten, welche mit einer Evaluation<br />
verbunden werden. Folgende Absichten sind dabei (in Anlehnung an<br />
ROLFF, BUHREN, LINDAU-BANK und MÜLLER 1999, S. 217ff) mindestens<br />
denkbar:<br />
(1) wissenschaftliche Erkenntnissuche,<br />
(2) Bewertung und Kontrolle,<br />
(3) Schulentwicklung.<br />
Ad (1): Evaluation mit der Absicht wissenschaftliche Erkenntnisse über<br />
schulische Prozesse zu gewinnen ist seit einigen Jahrzehnten bekannt: diverse<br />
Modell- und Schulversuche, sowie verschiedene Unterrichtsdesigns wurden<br />
wissenschaftlich begleitet und auf ihre Vor- und Nachteile hin evaluiert. Eine<br />
detaillierte Diskussion von wissenschaftlichen Evaluationsstandards bieten<br />
BEYWL (2002), SANDERS (2000) sowie HAGER, PATRY und BREZING (2000).<br />
Ad (2): In der Schule gibt es vielfältige Erfahrungen mit Evaluation im Sinne<br />
von Bewertung und Kontrolle: Die Beurteilung jeder Schularbeit oder Prüfung<br />
stellt – formal gesehen – eine kontrollierende Evaluation der SchülerInnenleistung<br />
dar. Aber auch die LehrerInnen selbst waren bislang mit der kontrollierenden<br />
Evaluation konfrontiert. Jeder Unterrichtsbesuch seitens der Schulaufsicht<br />
(DirektorIn, LandesschulinspektorIn, FachinspektorIn etc.) diente dem Zweck<br />
der bewertenden und kontrollierenden Evaluation. Leider sind hier auch diverse,<br />
von verschiedenen Zeitschriften durchgeführte Befragungen, die in höchst<br />
dubiosen Schulrankings ihren Niederschlag finden, zu erwähnen. Diese völlig<br />
unprofessionell und unwissenschaftlich durchgeführten ‚Befragungen’ haben
34 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
sicherlich wesentlich dazu beigetragen, dass man heute der Evaluation nicht<br />
selten mit großer Skepsis begegnet.<br />
Ein kurzes, aber anschauliches Beispiel zum Thema ‚Schulrankingerstellung<br />
durch Zeitschriften’ aus der Praxis: An einer AHS wurden von einer großen<br />
Österreichischen Wochenzeitschrift die SchülerInnen zweier Jahrgänge ausgewählt,<br />
um einen Fragebogen auszufüllen. Bei einem Jahrgang handelte es sich<br />
um die beiden 7. Klassen (11. Schulstufe). Diese beiden Klassen waren in der<br />
Woche unmittelbar vor der Erhebung auf ‚Wienwoche’. Da sie aus organisationstechnischen<br />
Gründen bereits am Freitag dieser Woche aus Wien zurückgekommen<br />
waren, mussten sie am Samstag natürlich die Schule besuchen. Da die<br />
Rückkehr aber aufgrund einer Panne erst spät abends erfolgt war, beschlossen<br />
die SchülerInnen der beiden Klassen ‚konzertiert’ am Samstag nicht in der<br />
Schule zu erscheinen und setzten dies auch um. Sie wurden daraufhin vom<br />
jeweiligen Klassenvorstand und der Schulleitung am Montag der darauf folgenden<br />
Woche zur Rede gestellt und mussten die versäumte Unterrichtszeit<br />
nachholen. Am Dienstag nach dem ‚Gespräch’ mit Klassenvorstand und Schulleitung<br />
wurden den SchülerInnen die Bewertungsbögen der besagten Wochenzeitschrift<br />
vorgelegt. Resultat: Die Schule fand sich im Ranking auf einem der<br />
österreichweit letzten Plätze wieder.<br />
Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie eine unseriöse Vorgangweise bzw. Dateninterpretation<br />
in Form einer unzulässigen Generalisierung auf die gesamte<br />
Schule zu stark verzerrten Ergebnissen führt. Die Ergebnisse dieser Stichprobe<br />
dürften keinesfalls auf die Gesamtschule generalisiert werden. Selbstverständlich<br />
wäre aus stichprobentheoretischen Überlegungen anders vorzugehen gewesen,<br />
um solche Effekte einer Klumpenstichprobe zu vermeiden. Bei Evaluationsprojekten<br />
besteht die Möglichkeit, eine Vollerhebung durchzuführen, damit<br />
nicht einzelne Klassen das Gesamtergebnis völlig verzerren können. Dadurch<br />
können statistische Kennwerte für die gesamte Schule errechnet werden, aber<br />
auch jene für Klassen oder Subgruppen (z.B. Sprachteilungen). Schließlich ist<br />
auch noch darauf zu verweisen, dass unabhängig vom Evaluationszugang und<br />
der Stichprobengröße der Evaluationsvorgang selbst immer eine Momentaufnahme<br />
darstellt. Dass am obigen Beispiel diese Schule aufgrund einer unwissenschaftlichen<br />
Vorgangsweise in ihrem öffentlichen Ruf stark geschädigt<br />
wurde, ist offensichtlich. Unsachgemäß durchgeführte Evaluation – so man denn<br />
dafür diesen Begriff überhaupt verwenden sollte – kann also in allen schulischen<br />
Bereichen zu schwerwiegenden verfälschenden und damit negativen Effekten<br />
führen. Daher ist die Einhaltung von Qualitätsstandards bei der Durchführung
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 35<br />
von Evaluationen unverzichtbar. Kann dies nicht sichergestellt werden, sollte<br />
tunlichst von einer Evaluation Abstand genommen werden.<br />
Ad (3): Mit der den einzelnen Schulen eingeräumten Autonomie tritt die<br />
Bedeutung der Evaluation als Steuerungs- und Lenkungsinstrument zunehmend<br />
stärker in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang dient die Evaluation vor<br />
allem der Rückmeldung an die einzelne Schule, ob die neu im Rahmen der<br />
Autonomie gesetzten Interventionen (Projekte etc.) auch tatsächlich den gewünschten<br />
und beabsichtigten Effekt erzielen, oder ob sie wirkungslos bleiben<br />
bzw. sogar unerwünschte Folgen nach sich ziehen.<br />
Zwar dient die Evaluation in diesem Zusammenhang der Sicherung qualitätsvoller<br />
Entwicklung und der Rechenschaftslegung gegenüber SchülerInnen<br />
und Eltern, es kann aber dennoch nicht von kontrollierender Evaluation die Rede<br />
sein, da ja schulautonome Veränderungsprozesse (Interventionen) immer nur<br />
mit Einwilligung der Eltern und SchülerInnen (z.B. SGA an AHS) in Gang gesetzt<br />
werden können. Diese Form der Evaluation dient vielmehr der Sicherstellung,<br />
dass die von allen gewünschten Ziele auch tatsächlich erreicht werden<br />
bzw. der Erhebung, wie weit man in Richtung Ziel vorangekommen ist und ob<br />
gegebenenfalls etwas verändert werden müsste, um sich an die konsensualen<br />
Ziele noch besser annähern zu können. Evaluation dient also der Planung,<br />
Optimierung und Entwicklung der Schule.<br />
2.1.3 Voraussetzung der Wirksamkeit von Evaluation<br />
Evaluation basiert auf der Annahme, dass menschliches Denken und Handeln<br />
fehleranfällig und daher verbesserungsbedürftig und -fähig ist. Es geht bei der<br />
Evaluation daher um die Minimierung von Defiziten und Missständen; Evaluation<br />
soll also einen sukzessiven Lernfortschritt ermöglichen indem eine Feedback-Spirale<br />
etabliert wird: Es werden kleinere oder größere Veränderungsprozesse<br />
in Gang gesetzt und die (Teil-)Ergebnisse werden in der neuerlichen<br />
Planung berücksichtigt. Dies bedeutet, Schule als ‚selbstlernende Organisation’<br />
aufzufassen. Lernen aufgrund tatsächlicher Erfolge und Misserfolge ist nur dort<br />
sinnvoll, wo man nicht der Ansicht ist, letzte Wahrheiten gepachtet zu haben,<br />
die man nur konsequent genug umsetzen müsste, um so das makellose Ideal herzustellen<br />
(das dann natürlich auch keiner weiteren kritischen Überprüfung mehr<br />
bedarf). Schulen entwickeln sich sukzessive nach dem ‚trial and error’ Prinzip in<br />
kontinuierlicher Adaptation an eine sich rasch verändernde Umwelt (Elternansprüche,<br />
Wirtschaftslage, neue Technologien, sich verändernde finanzielle<br />
und personelle Ressourcen etc.). Dementsprechend wird sich Evaluation nur
36 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
dort sinnvoll und (relativ) angstfrei durchführen lassen, wo eine Kultur des<br />
‚Fehler machen(dürfen)s’ entwickelt worden ist und weiter kultiviert wird.<br />
Einen Fehler zu machen ist keine Katastrophe; aus einem gemachten Fehler<br />
nichts zu lernen schon eher. Solange das Aufdecken von Defiziten als Bloßstellung<br />
und Demütigung erlebt wird – und hier spielt das Gesamtklima an einer<br />
Schule sowie die Rolle der Schulleitung und -aufsicht eine entscheidende Rolle<br />
– wird Evaluation immer auf Abwehr und Ablehnung stoßen. Wird das Aufdecken<br />
von Defiziten hingegen als Chance zur Verbesserung begriffen, so wird<br />
die Evaluation fruchtbare Dynamiken in Gang setzen können.<br />
2.2 Evaluation im Schulentwicklungsprozess<br />
Um die Bedeutung der Evaluation im Rahmen der Schulentwicklung besser verstehen<br />
zu können, muss zunächst ganz kurz auf einige zentrale Begriffe eingegangen<br />
werden: Schulprogramm, Leitbild, Schulprofil und Entwicklungsplan.<br />
2.2.1 Das Schulprogramm<br />
Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben den Schulen mehr Freiraum<br />
eröffnet (vgl. Abschnitt 1.2.3). Die Möglichkeit der Schwerpunktsetzung lässt<br />
Schulen in ihrem Angebot mehr als bisher individuelle Wege gehen. Begriffe<br />
wie ‚Schulprogramm’, ‚Schulleitbild’, ‚Schulprofil’ und ‚konkrete Entwicklungsplanung’<br />
spielen hier eine zentrale Rolle. Da diese Begriffe in der Literatur<br />
sehr unterschiedlich verwendet werden, ist es notwendig, diese Begriffe zu definieren:<br />
„Ein Schulprogramm umfasst im weiten Sinn (a) das Leitbild und das Schulprofil<br />
einer Schule sowie (b) in einem konkreten Entwicklungsplan den gegenwärtigen<br />
Entwicklungsstand bzw. die Ergebnisse bereits vorliegender Evaluationsergebnisse,<br />
die Ziele in den einzelnen Qualitätsbereichen, einen Katalog von Maßnahmen,<br />
die der Erreichung der ausverhandelten Ziele dienen sollen, und einen Aktionsplan<br />
zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen und Verfahren, mit denen<br />
überprüft wird, inwieweit die Ziele und ggf. nicht beabsichtigte Nebenwirkungen<br />
erreicht worden sind. In einem engeren Sinne wird mit Schulprogramm bezeichnet,<br />
was unter (b) aufgelistet ist.“ (THONHAUSER 2002, S. 86).<br />
In der vorliegenden Arbeit wird daher der Begriff ‚Schulprogramm’ im oben<br />
unter (a) definierten Sinn verwendet und besteht demnach aus (1) Schulleitbild,<br />
(2) Schulprofil und (3) Entwicklungsplan (siehe Abbildung 3). Diese Begriffe<br />
werden im Folgenden näher erläutert.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 37<br />
Ad (1): Leitbild<br />
Schulleitbild<br />
Umfassendes Schulprogramm<br />
besteht aus …<br />
Schulprofil<br />
Entwicklungsplan<br />
Abb. 3: Komponenten des „umfassenden Schulprogramms“<br />
(THONHAUSER 2004, S. 68)<br />
„Inhalt des Leitbildes einer Schule sind die allgemeinen Zielvorstellungen und<br />
allgemeinen Prinzipien für die Arbeit und das Zusammenleben an der Schule. Es<br />
sind mit Vorteil kurze und einprägsame Formulierungen, die sowohl für die Beteiligten<br />
in der Schule als auch nach außen die grundlegenden Werthaltungen<br />
festhalten. Sie sollten jedenfalls deutlich konkreter formuliert sein als jene Normen,<br />
die (laut Gesetzen) für alle Schulen gelten und damit im schulischen Alltag<br />
außerhalb jeder Diskussion stehen. Wesentlich ist, dass das Leitbild im schulischen<br />
Alltag erkennbar zum Ausdruck kommt und in allen Teilen des Schulprogramms<br />
seinen Niederschlag findet.“ (THONHAUSER 2002, S. 87)<br />
Nach obiger Definition stellt das Leitbild den gemeinsamen Wertekonsens<br />
zwischen LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern dar. Ein Leitbild ist „Eigentum“<br />
der Schule (PHILIPP & ROLFF 1999, S. 15) und kann nicht von anderen Schulen<br />
übernommen werden, da es aufgrund der Schulspezifität nur ‚selbst bezogen’<br />
sein kann. Die Leitsätze sollen einprägsame Zielformulierungen sein, die das<br />
Wunschbild – oder wenn man so will: die Visionen – einer Schule schlagwort-
38 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
artig zusammenfassen. Wunschbilder bzw. Visionen sind metaphernhaft und<br />
folglich auch eher diffus. Mit der Formulierung von Leitbildern soll eine Prägnanz<br />
und Deutlichkeit und damit auch Kommunizierbarkeit erreicht werden, um<br />
sich selber, aber auch anderen (Kundschaft und Schulbehörde) klarer bewusst zu<br />
werden, was man will und wohin man will. Die Außendarstellung der schulspezifischen<br />
Leitideen soll zudem zur „Entwicklung des Wir-Gefühls“ (ROLFF et<br />
al. 1999, S. 112) an der Schule beitragen.<br />
Beispiele für die Formulierung von Leitbildern geben SCHRATZ (1997) und<br />
THONHAUSER (2002). Der tatsächliche Ist-Zustand einer Schule wird sich meist<br />
nicht mit dem Leitbild (Ideal) decken. Im günstigsten Fall finden sich die allgemein-abstrakten<br />
Formulierungen des Leitbilds in der programmatischen Umsetzung<br />
des Schulprofils in konkretisierter Form wieder.<br />
Ad (2): Schulprofil<br />
„Inhalt eines Schulprofils ist die aktuelle Verfassung der Schule, […] aus der<br />
sich die verschiedensten Interessenten, insbesondere die Schülerinnen und<br />
Schüler sowie deren Eltern, ein klares Bild machen können. Kern eines Schulprofils<br />
sind die fachlichen und überfachlichen Angebote der Schule, insbesondere<br />
ihre Besonderheiten, in denen sie sich von anderen Schulen (gleicher oder vergleichbarer<br />
Typen) unterscheidet, sowie die erreichbaren Qualifikationen. Zum<br />
Schulprofil gehören jedoch auch Informationen über die Lage der Schule, das<br />
Schulgebäude und die (personelle und materielle) Ausstattung der Schule, historische<br />
Daten und Angaben über die schulische, regionale und soziale Herkunft<br />
der Schülerinnen und Schüler (als der wichtigsten Adressaten der Schule) sowie<br />
Hinweise auf Funktionsverteilungen innerhalb der Schule. […] Ein Schulprofil<br />
ist ein Aushängeschild der Schule. Es wird mit Vorteil in einem Prospekt (Folder)<br />
der Schule bzw. in ihrer Website dargestellt.“ (THONHAUSER 2002, S. 88-89)<br />
Jede Schule hat von jeher ein (vielleicht bisher nicht bewusst wahrgenommenes<br />
und nach außen kommuniziertes) Ist-Profil. Der Schulentwicklungsprozess setzt<br />
an der Leitbildentwicklung an, die in einem Soll-Profil seine Konkretisierung<br />
findet. Idealerweise sollten sich Ist- und Soll-Profil decken, was aber in der<br />
Realität kaum der Fall sein dürfte. Es treten vielmehr Diskrepanzen zwischen<br />
Ist- und Soll-Profil auf. Diese Diskrepanzen bilden den Ausgangspunkt für die<br />
Schulentwicklungsarbeit: das Ist-Profil wird durch entsprechende Interventionen<br />
dem Soll-Profil angenähert. SCHÖNIG (2000, S. 313f) betont in diesem Zusammenhang,<br />
dass die einzelne Schule sich vor übertriebenen Erwartungen<br />
schützen müsse und von daher in ihren Aufgaben eine wirklichkeitsnahe Selbstbeschränkung<br />
vornehmen sollte.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 39<br />
Ad (3): Entwicklungsplan<br />
Während das Leitbild abstrakte Zielvorgaben beinhaltet und das Ist-Profil die<br />
gegenwärtige Schulsituation festhält, sind es die konkreten Entwicklungspläne,<br />
die den Prozess der Schulentwicklung in Richtung Soll-Profil festlegen. Hier<br />
setzt die Selbstevaluation an, um das Ausmaß der Zielerreichung festzustellen.<br />
„Konkrete Entwicklungspläne (Schulprogramme im engeren Sinn) sind die wichtigsten<br />
internen Instrumente der Schulentwicklung und erfüllen (potenziell) folgende<br />
Aufgaben: (a) Sie legen Rechenschaft ab und geben Auskunft über Vorhaben<br />
der Schulentwicklung. (b) Sie konkretisieren kurz- und mittelfristige Ziele,<br />
die in der Perspektive der im Leitbild festgehaltenen allgemeinen Zielvorstellungen<br />
liegen. (c) Sie schreiben die vereinbarten oder zumindest in Aussicht genommenen<br />
Maßnahmen, mit denen die konkreten Ziele erreicht werden sollen, sowie<br />
Aktionspläne für die konkrete Durchführung fest. (d) Sie benennen Indikatoren<br />
und – zumindest beispielhaft – Kriterien, mit deren Hilfe – zum Beispiel im Zusammenhang<br />
mit evaluativen Maßnahmen – festgestellt werden kann, ob bzw.<br />
inwieweit die Ziele erreicht wurden.“ (THONHAUSER 2002, S. 89-90)<br />
Dieser Teil des Schulprogramms – der eigentliche Umsetzungsplan – berücksichtigt<br />
die Zeitperspektive, die Form der Rechenschaftslegung und benennt<br />
überprüfbare Kriterien, an denen erkannt werden kann, dass ein (Zwischen-)Ziel<br />
erreicht wurde bzw. eine Maßnahme erfolgreich war. Damit dient er als Ausgangspunkt<br />
und Referenzpunkt der Selbstevaluation.<br />
Zusammenspiel von Leitbild, Schulprofil (Soll und Ist) und Entwicklungsplan<br />
(vgl. Abbildung 4): Die Konkretisierung des abstrakten Schulleitbilds führt<br />
zum Soll-Profil der Schule. Dieses wird mit dem bereits vorhandenen Ist-Profil<br />
der Schule verglichen. Diskrepanzen zwischen dem Ist- und Soll-Profil führen<br />
zur Erstellung eines konkreten Entwicklungsplans. Die Umsetzung des Plans<br />
wird evaluiert. Endet die Evaluation positiv (Zielrealisierung), so wurde ein Teil<br />
des Soll-Profils zum Ist-Profil; endet der Evaluationsprozess negativ, so wird<br />
eine neuerliche Diskrepanzanalyse auf der Basis des Evaluationsergebnisses notwendig,<br />
die zu einem neuen Entwicklungsplan führt.
40 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Schulleitbild<br />
(Abstrakte Leitideen)<br />
Konkretisierung<br />
Schulprofil- SOLL<br />
(Konkretisierung des<br />
Schulleitbilds)<br />
Erstellung des<br />
Entwicklungsplans<br />
Konkreter<br />
Entwicklungsplan<br />
zur Zielerreichung<br />
Vergleich<br />
Diskrepanzanalyse<br />
Ausgangspunkt für<br />
Interventionsmaßnahmen<br />
Realisierung<br />
des Plans<br />
Schul(programm)entwicklung<br />
Evaluationsergebnis<br />
negativ<br />
Schulprofil- IST<br />
(aktuell vorhandenes<br />
Profil)<br />
Evaluationsergebnis<br />
positiv<br />
Selbstevaluation<br />
der Realisierung der<br />
Ziele des Entwicklungsplans<br />
(Bericht)<br />
Abb. 4: Zusammenspiel von Schulleitbild, -profil und –entwicklungsplan<br />
in der Schul(programm)entwicklung
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 41<br />
2.2.2 Funktionen der Evaluation im Schulentwicklungsprozess<br />
Der Entwicklungsplan steckt den Rahmen von Selbstevaluation ab. Evaluation<br />
soll ja sicherstellen, dass die konkret gesetzten Maßnahmen/Interventionen auch<br />
tatsächlich in die gewünschte Richtung wirken. Eventuelle Fehlentwicklungen<br />
und unerwünschte Nebeneffekte von Veränderungsmaßnahmen können nur so<br />
rechtzeitig erkannt werden. Nur so sind auch Gegensteuerungsmaßnahmen möglich.<br />
Selbstevaluation steht also im Dienst der selbstständigen Qualitätssicherung<br />
der Schulen, ohne sie ist seriöse Qualitätssicherung nicht möglich. Unter<br />
Qualitätssicherung versteht man „die Gesamtheit aller Maßnahmen, die darauf<br />
abzielen, die Qualität eines Produkts oder einer Dienstleistung sicherzustellen<br />
und weiterzuentwickeln.“ (RADNITZKI 1997, S. 401) Damit zielt Qualitätssicherung<br />
auf Optimierungsmaßnahmen in allen schulischen Bereichen: Personalentwicklung,<br />
Personalqualifizierung, Strukturverbesserung, Veränderung<br />
der Angebotspalette etc. In welchen Bereichen aber Optimierungsmaßnahmen<br />
an einer konkreten Schule anzusetzen sind, und ob sie (falls bereits eingesetzt)<br />
effektiv sind, kann nur mittels Evaluation erhoben werden. Es geht also um<br />
Fragen wie: ‚Welche Stärken und Schwächen hat unsere Schule?’, ‚Haben wir<br />
effektiv bzw. effizient gearbeitet?’, ‚Haben wir die richtige Strategie für unsere<br />
Situation verfolgt?’, ‚Müssen wir die Strategie ändern?’, ‚Wo müssen wir sie<br />
ändern?’, ‚Haben sich unsere Ziele verändert?’, ‚Wie lassen sich unsere Ziele<br />
besser umsetzen?’, ‚Welche Ressourcen bleiben bisher weitgehend ungenützt?’,<br />
‚Wer hätte auch persönlich Lust, sich für neue Bereiche zu qualifizieren?’, ‚Wer<br />
hat sich schon – vielleicht in der Freizeit – qualifiziert und in welchem Ausmaß?’,<br />
‚Wie sieht man uns und wie wollen wir gesehen werden?’, ‚Wer übernimmt<br />
die Öffentlichkeitsarbeit?’, ‚Wie können Informationsflüsse in der Schule<br />
zwischen verschiedenen Personengruppen transparenter gemacht werden?’ etc.<br />
Eine professionelle Auseinandersetzung mit derartigen (und noch vielen<br />
anderen) Fragen ist unerlässlich in (teil-)autonomen Schulen. Im Kapitel 6.1<br />
wird anhand der Einführung eines Projekts ‚Soziales Lernen’ exemplarisch gezeigt,<br />
wie man vom Leitbild über das Schulprogramm bis hin zum konkreten<br />
Projekt gelangt. Im Folgenden werden 10 wichtige Funktionen der Evaluation in<br />
der Schulentwicklung dargestellt.<br />
(1) Zunächst dient die Evaluation in einer ersten Phase der Bestandsaufnahme<br />
des Ist-Zustands der Schule, die auch Diagnose bezeichnet wird.<br />
Häufig stellt sich am Beginn eines Schulentwicklungsprozesses die Frage, was<br />
denn nicht optimal ist und daher verbessert werden sollte. Die Erfahrung mit<br />
Schulentwicklungsprojekten zeigt immer wieder, dass diese Phase nicht
42 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
unterschätzt werden darf. Liegt keine umfassende und gründliche Erhebung des<br />
Ist-Zustands einer Schule aus verschiedenen Perspektiven vor, so verzetteln sich<br />
Arbeitsgruppen häufig in endlosen und fruchtlosen Diskussionen, da keine<br />
verlässliche Basis für Entscheidungen vorliegt. Die Mitglieder der<br />
Arbeitsgruppe(n) sind auf eigene persönliche und somit weitgehend subjektive<br />
Spekulationen über den Zustand (Stärken und Schwächen) der eigenen Schule<br />
angewiesen. Tauchen dann – und dies ist nach unseren Erfahrungen und bisherigen<br />
Berichten geradezu immer der Fall – divergierende Mutmaßungen über<br />
vermeintliche Defizite und Stärken auf, so dreht sich die Diskussion im Kreise<br />
unbelegbarer aber auch unwiderlegbarer Vermutungen der Beteiligten. Das<br />
Ergebnis ist nicht selten Frustration unter den anfangs durchaus engagierten<br />
MitarbeiterInnen. Die Motivation der Beteiligten sinkt und die Arbeitsgruppe<br />
verliert die Motivation. Aber auch Konflikte können durch ein derart unprofessionelles<br />
Vorgehen entstehen, die schließlich den gesamten Schulentwicklungsprozess<br />
gefährden können.<br />
Der Einsatz eines (geeigneten) Evaluationsinstruments hilft derartige Frustrationen<br />
zu vermeiden und damit die Motivation zu sichern. Insbesondere bei<br />
einer Vollerhebung, wo jedermann/frau seine/ihre Meinung zu schulischen<br />
Themenbereichen anonym und folglich ohne Angst vor (vermuteten) Repressionen<br />
äußern kann, wird auf diese Weise aus verschiedenen Blickwinkeln<br />
ein wirklich umfassendes Bild der Schulrealität sichtbar.<br />
(2) Auf der Grundlage einer derartigen Ist-Erhebung (Diagnose) lassen sich<br />
dann verantwortet und auch gegenüber anderen argumentierbare Ziele des<br />
Schulentwicklungsprozesses abklären und festlegen. Diese Ziele sind leichter<br />
rechtfertigbar, da alle interessierten Personen ihre Meinung zu den Themenstellungen<br />
anonym einbringen konnten.<br />
(3) Aber auch die Durchsetzung der Ziele wird durch eine solide Ersterhebung<br />
im Rahmen einer guten Evaluation erleichtert: Wählt man nämlich jene Problembereiche,<br />
bezüglich derer großer Konsens besteht, so steht einem (relativ)<br />
harmonischen Übergang von der diagnostischen Phase in die Interventionsphase<br />
kaum etwas im Wege. Und erste Erfolge motivieren schließlich auch dazu,<br />
weitere komplexere und weniger konsensuelle Aufgaben in Angriff zu nehmen.<br />
Damit ist die Richtung, in welche die jeweilige Schule gehen möchte, angegeben.<br />
Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung für die weiteren Planungen.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 43<br />
(4) Über die Erhebung des Ist-Zustands hinaus kann mit einem guten Evaluationsinstrument<br />
auch der Entscheidungs- und Planungsprozess entscheidend<br />
unterstützt werden. Ein gutes Evaluationsinstrument erlaubt nämlich auch die<br />
Erhebung von Soll-Werten. Unter ‚Soll-Werten’ werden die Ideale und Wunschvorstellungen<br />
der Betroffenen verstanden. Jene Bereiche, in denen die Ist-Zustände<br />
stark von den Wunschvorstellungen (Soll-Werten) abweichen – wo also<br />
große Ist-Soll-Diskrepanzen festgestellt werden – sind natürlich vorrangige<br />
Arbeitsgebiete für die Schulentwicklung, denn die Diagnose leitet nachvollziehbar<br />
in die Planungsphase über und erspart so manche zeit- und substanzraubende<br />
Diskussion.<br />
(5) Ein gutes Evaluationsinstrument erlaubt die Einbindung aller beteiligten<br />
Personengruppen. Im Schulbereich sind dies vor allem die LehrerInnen, SchülerInnen<br />
und Eltern. Vor allem jene Evaluationsinstrumente und -konzepte, die<br />
alle beteiligten bzw. betroffenen Personen(gruppen) in die Erhebung (insbesondere<br />
bei der diagnostischen Prä-Erhebung) einbinden, tragen dadurch auch<br />
zur Demokratisierung der Schule bei. Das Bild von der Schule als einem Residuum<br />
des Absolutismus kann damit entscheidend verändert werden. Auch der<br />
motivierende Faktor der Beteiligung aller Personengruppen sollte keinesfalls<br />
unterschätzt werden. Eltern, deren Meinung ernst genommen werden, sind eher<br />
bereit, sich stärker in den Schulprozess einzubringen und auch größere finanzielle<br />
Anstrengungen zu unternehmen, um Projekte, die auch ihnen wichtig sind,<br />
ins Leben zu rufen oder am Leben zu erhalten. Sie sind auch eher dafür zu gewinnen,<br />
sich auf SponsorInnensuche zu machen.<br />
(6) Eine umfassende Selbstevaluation, also die Vollerhebung unter allen betroffenen<br />
und beteiligten Personengruppen, wie sie der MSS ermöglicht, führt<br />
vor allem im Bereich der Diagnose zu einer Erhöhung der Beteiligungsmöglichkeit<br />
der Eltern und SchülerInnen am Schulprozess und damit zur Möglichkeit,<br />
(Zwischen-)Zielerreichungen auch aus verschiedenen Perspektiven (Sichtweisen<br />
verschiedener Personengruppen) zu registrieren. Nicht mehr nur die LehrerInnen<br />
alleine entscheiden im stillen Kämmerlein über die vermutete Akzeptanz<br />
und/oder Effektivität einer Intervention bei den SchülerInnen. Sie sind nicht<br />
mehr auf bloße Mutmaßungen über die vermeintlichen Ansichten und Überzeugungen<br />
der Eltern und SchülerInnen angewiesen. Schließlich erlaubt eine umfassende<br />
Erhebung (Evaluation) auch ein unverzerrtes Feedback an die jeweils<br />
anderen Gruppen, da aufgrund der Anonymität niemand mit negativen Konsequenzen<br />
rechnen muss.
44 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
(7) Ergebniskontrolle und Selbstkorrektur sind schließlich in einer wissenschaftlich<br />
verantworteten Weise ebenfalls nur über ein gutes Evaluationsinstrument<br />
möglich. Autonomie braucht als Erfolgsnachweis eine für alle transparente<br />
Rechenschaftslegung und diese kann nicht nur von außen, sondern auch intern<br />
durch Selbstevaluation erzielt werden, denn natürlich muss in irgendeiner Form<br />
von den VerantwortungsträgerInnen nachgewiesen werden, dass die Neuerungen<br />
und autonom vorgenommenen Veränderungen auch tatsächlich ‚Verbesserungen’<br />
hin zu den vereinbarten Zielen darstellen. Alle beteiligten LehrerInnen,<br />
aber auch die SchülerInnen und Eltern werden sich zweifelsohne wünschen, eine<br />
Rückmeldung über die Qualität der Neuerungen zu erhalten.<br />
(8) Auch gegenüber GeldgeberInnen, die z.B. Projekte unterstützen, – seien<br />
es Pädagogische Institute, das Kulturservice, der Gesundheitsfond, EU-Institutionen<br />
oder private SponsorInnen – lassen sich nur auf der Grundlage nachgewiesener<br />
Erfolge neue Gelder beispielsweise für die Aufrechterhaltung der<br />
Neuerungen oder für zusätzliche Schritte requirieren. Aber auch eine Zwischenbilanz<br />
über das Gesamtprojekt ‚Schulentwicklung’ an einer Schule – freilich in<br />
größeren zeitlichen Abständen – ist unerlässlich. All das kann gut nur auf der<br />
Basis einer verlässlichen Evaluation erfolgen.<br />
(9) Die Dokumentation der Veränderungsmaßnahmen und deren Wirksamkeit<br />
sind innerhalb von Evaluationsprojekten schon aus Gründen der Rechenschaftslegung<br />
unerlässlich. Zusätzlich wird dadurch aber auch für andere Schulen<br />
die Möglichkeit eröffnet, anhand dieser Dokumentationen zu lernen und sich<br />
damit vielleicht so manchen Irrweg zu ersparen.<br />
(10) Schließlich stellt eine gut dokumentierte Evaluation für andere Schulen<br />
eine wichtige Informationsquelle dar. Weder muss ‚das Rad zweimal erfunden’<br />
werden, noch braucht man ‚zweimal in denselben Bach zu fallen’ – und dennoch:<br />
Diese Dokumentationen dienen nur als Anhaltspunkte, denn jede Schule<br />
ist einer anderen Dynamik durch ihre LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern, Schulleitung<br />
und Schulumwelt unterworfen. Diese Tatsache unterstreicht die Notwendigkeit<br />
schulspezifischer Evaluation.<br />
So viel zu den wesentlich Funktionen, die mit Hilfe eines guten Evaluationsinstruments<br />
bei Schulentwicklungsprojekten zielgerichtet in Angriff genommen<br />
werden können. Damit aber Evaluation erfolgreich durchgeführt werden kann,
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 45<br />
müssen neben guten Evaluationskonzepten und -instrumenten auch einige Voraussetzungen<br />
auf Seiten der Beteiligten und Betroffenen gegeben sein. Darauf<br />
wird im nächsten Abschnitt eingegangen.<br />
2.2.3 Einflussfaktoren effektiver Evaluation<br />
Folgende sieben Aspekte begünstigen, nach bisherigen Erfahrungen der Autoren,<br />
die Effektivität einer Evaluation. Es handelt sich dabei um: (1) Akzeptanz<br />
der Notwendigkeit von Veränderung, (2) Bereitschaft zum (Teil-)Risiko, (3)<br />
Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Beteiligung am Erfolg, (4)<br />
Akzeptanz von ‚Fakten’, (5) Klarheit über Grenzen von Evaluation, (6) Klarheit<br />
über die ‚Datenhoheit’ und (7) Konsens zwischen den Betroffenen. Auf diese<br />
Aspekte wird nun näher eingegangen.<br />
Ad (1) Akzeptanz der Notwendigkeit von Veränderung: Diese Voraussetzung<br />
zielt darauf ab, dass Evaluation nur dort sinnvoll und konfliktarm<br />
durchgeführt werden kann, wo man bereit ist, sich von (vielleicht sehr lieb gewonnenen)<br />
Gewohnheiten, verantwortungsreduzierenden Autoritäten und eingeschliffenen<br />
Automatismen (simple Verhaltens- und Denkwiederholungen) zu<br />
lösen. Dies ist keinesfalls immer einfach. Gewohnheiten und Automatismen sind<br />
aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte meist sehr veränderungsresistent. Daher<br />
ist es auch schwierig, sie (zumindest kurzfristig) zu durchbrechen. Manchmal<br />
beginnt der Schulentwicklungsprozess erst aufgrund eines massiven äußeren<br />
Drucks. Dazu drei Beispiele aus dem österreichischen Kontext:<br />
a) Hauptschulen: Sie haben in den letzten Jahren eine erstaunliche Flexibilität<br />
und einen beeindruckenden Innovationswillen an den Tag gelegt; ausgelöst<br />
wurde er nicht zuletzt durch die massive Abwanderung von SchülerInnen an<br />
die Unterstufen der AHS.<br />
b) AHS-Bereich: Auch an einzelnen AHS wurde Druck aus verschiedenen<br />
Bereichen spürbar: Kritischere Eltern, zunehmender Abgang von SchülerInnen<br />
nach der Unterstufe (bedingt durch die Attraktivität berufsbildender Schultypen<br />
mit ihrer Doppelausbildung für Beruf und <strong>Universität</strong>sstudium), sowie in<br />
nächster Zeit auch durch geburtenschwache Jahrgänge und schließlich die aus<br />
Elternsicht oft in Zweifel gezogene Zukunftsrelevanz traditioneller AHS-<br />
Gegenstände wie z.B. Latein. Der dadurch entstandene Druck führte zu regional<br />
oft sehr unterschiedlicher Reaktionen an den Gymnasien. Die Antworten auf<br />
diese Herausforderungen reichen von der Aufwertung bereits angebotener bzw.<br />
Einführung neuer lebender Fremdsprachen (meist auf Kosten des Lateinunterrichts),<br />
über spezielle Förderungsangebote im Bereich sozialer und kommuni-
46 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
kativer Kompetenzen (Soziales Lernen, offener Unterricht etc.) bis hin zur Einrichtung<br />
neuer Schulzweige (Euro-tec, Laborzweig etc.), um dadurch der Abwanderung<br />
an berufsbildende Schulen entgegenzuwirken.<br />
c) Abendschulen für Berufstätige: Die Abendschulen für Berufstätige sind<br />
aufgrund verschiedener neu geschaffener gesetzlicher Möglichkeiten für Berufstätige,<br />
die Hochschulreife zu erlangen (z.B. Berufsreifeprüfung), ebenfalls<br />
einem starken Konkurrenzdruck ausgesetzt. Einzelne Schulen sehen neben stärkerer<br />
Flexibilisierung und verstärkter Betreuung ihrer Klientel eine Gegenstrategie<br />
im Ausbau von Fernstudiengängen mittels Einsatz moderner elektronischer<br />
Kommunikationsmittel wie E-mail, Internet, Lernplattformen.<br />
Ad (2) Bereitschaft zum (Teil-)Risiko: Evaluation wird dann auf wenig<br />
Widerstand stoßen, wenn bei den Betroffenen die Überzeugung vorherrscht,<br />
dass das Risiko des eventuellen Scheiterns bei der Realisierung von Innovationen<br />
geringer ist, als die Wahrscheinlichkeit, Qualität zu erreichen. Aber ein<br />
Scheitern kann nie ganz ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist<br />
nun eine Kultur des Fehlermachen-Dürfens an den Schulen von zentraler Bedeutung.<br />
Selbst die Wissenschaften schreiten nur fort indem sie die Fehler, die<br />
permanent gemacht werden, analysieren und so über Verbesserungsmaßnahmen<br />
eine Optimierung (Fortschritt) erreichen.<br />
Ad (3) Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Beteiligung am<br />
Erfolg: Dieser Punkt hängt eng mit der Kultur des Fehlermachen-Dürfens zusammen.<br />
Wo Fehler etwas Schlimmes sind, dort muss man sich gegen Fehler<br />
absichern. Oft führt dies zu einer aus Angst geborenen Strategie, erst gar keine<br />
Fehler aufdecken zu wollen. Obgleich dies in einem Klima, das von perfektionistischen<br />
Überzeugungen geprägt ist, nur zu verständlich ist, führt diese Strategie<br />
aber zu ausgesprochen schädlichen Konsequenzen, denn die Chronifizierung<br />
von Defiziten ist die unausweichliche Folge. Eine Möglichkeit Verantwortung<br />
für Fehler abzuschieben, besteht darin, dass man nur klar umschriebene Anweisungen,<br />
die man von verantwortlichen Autoritäten (Vorgesetzten) erhält,<br />
ausführt. Beim Scheitern kann man sich immer darauf berufen, dass man nur<br />
Anordnungen ausgeführt hat. Die Verantwortung liegt dann bei jenen (da oben),<br />
welche die Anweisungen gegeben haben. Eng mit der Übernahme von Verantwortung<br />
verknüpft ist natürlich auch die Beteiligung am Erfolg. Wer für die<br />
Durchführung eines Projekts Verantwortung übernommen hat, dem gebührt im<br />
Falle des Erfolgs auch eine entsprechende Honorierung. Leider gibt im österreichischen<br />
Schulsystem bestenfalls eine klägliche Kultur des Feierns und
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 47<br />
Honorierens von Erfolgen. Dies hat sicherlich viele Ursachen. Eine davon dürfte<br />
sein, dass der (eindeutige und zur Freude Anlass gebende) Erfolg einer pädagogischen<br />
Interventionsmaßnahme durch unsystematische Wahrnehmung nur<br />
schwer feststellbar ist. Eine systematische Evaluation von Projekten lässt hingegen<br />
(Teil-)Erfolge und (Teil-)Misserfolge deutlich zu Tage treten. Evaluation<br />
kann einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung einer Kultur der Orientierung<br />
an und des Auskostens von Erfolgen leisten.<br />
Ad (4) Akzeptanz von ‚Fakten’: Evaluation hat nur dort Sinn, wo man an<br />
einer unparteilichen Erhebung der vorliegenden Fakten (Situation) interessiert<br />
ist. Nur auf der Grundlage einer vorurteilslosen Bestandsaufnahme lassen sich –<br />
als einer conditio sine qua non – verantwortete und sinnvolle Veränderungsschritte<br />
setzen. Hier ist zu beachten, dass auch Idealvorstellungen und Wünsche<br />
zu den ‚Fakten’ zählen, die mittels Evaluation erhoben werden können: sie sind<br />
die faktisch vorhandenen Wünsche und Ideale.<br />
Ad (5) Klarheit über die Grenzen von Evaluation: Wie bereits dargestellt liefert<br />
Evaluation nur ein Querschnittergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt.<br />
Durch diese Einengung der Erhebung auf einen bestimmten Zeitpunkt sind gewisse<br />
Verzerrungen nicht zu vermeiden. Dies muss allen Beteiligten bewusst<br />
sein. Folglich muss allen klar sein, dass Evaluation zu keinen allgemeingültigen<br />
und überdauernden Erkenntnissen führt.<br />
Ein Beispiel: Ein als sehr guter Pädagoge und Klassenvorstand bekannter<br />
Lehrer hat eine schwierige Klasse übernommen; vielleicht sogar von einem<br />
Kollegen der mit dieser schwierigen Klasse überhaupt nicht mehr zurecht kam;<br />
wenn nun eine Evaluation im Herbst, also kurze Zeit nach Schulbeginn, durchgeführt<br />
wurde, so muss allen klar sein, dass jener Lehrer aufgrund seiner Ausgangsposition<br />
aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht (sehr) gut abschneiden<br />
kann. (Wenn er es trotzdem tut, umso besser.) Ein simpler Vergleich mit den<br />
Ergebnissen anderer Klassenvorstände wäre schlichtweg ungerecht. In solchen<br />
(nie völlig zu vermeidenden) Fällen ist es sehr wichtig, dass der betroffene<br />
Kollege, das Kollegium insgesamt und die Schulleitung dieses relativierende<br />
Hintergrundwissen in ihre Bewertung einbeziehen.<br />
Ein weiteres Beispiel sei hier nur angedeutet: Eine Schularbeit ist sehr<br />
schlecht ausgefallen und wurde am Tag vor der Evaluation zurückgegeben. Dies<br />
kann zu einer negativen Bewertung der Lehrkraft führen.<br />
An dieser Schwäche, die sich aus der Zeitpunktabhängigkeit der Erhebung<br />
ergibt, leidet jedes Evaluationsinstrument. Kompensiert wird dieses Manko je-
48 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
doch durch den wiederholten Einsatz des Instruments zu verschiedenen Zeitpunkten<br />
(Posterhebungen, Zeitreihenanalysen etc.). Auf diese Weise können die<br />
bei einmaligen Einsätzen unvermeidbaren Zeitpunktverzerrungen weitgehend<br />
korrigiert werden und es lassen sich mehr oder minder stabile Ergebnisse oder<br />
Trends feststellen.<br />
Eine am Ende des Schuljahres oder nach zwei Jahren durchgeführte<br />
Posterhebung könnte beispielsweise zeigen, wie gut der ‚neue’ Klassenvorstand<br />
in der problematischen Klasse (siehe oben) nun im Urteil seiner SchülerInnen<br />
abschneidet.<br />
Ähnliche Verzerrungen können auftreten, wenn zu kleine Stichproben nicht<br />
professionell gezogen werden; darüber hinaus haben Stichproben bei Einzelschulen<br />
gerade im Zusammenhang mit Schulentwicklung meist den Nachteil,<br />
dass aufgrund der geringen Anzahl von befragten SchülerInnen pro Klasse zwar<br />
inferenzstatistisch annehmbare Kennwerte für die Gesamtschule errechnet werden<br />
dürfen, aber keine aussagekräftigen Analysen auf Klassenebene durchgeführt<br />
werden können.<br />
Mit Vollerhebungen an der zu evaluierenden Einzelschule kann diese Einschränkung<br />
behoben werden. Daher werden im Rahmen von MSS-Einsätzen<br />
grundsätzlich nur Vollerhebungen durchgeführt, um auch für die einzelnen<br />
Klassen auf der Datenbasis einer Vollerhebung Schlussfolgerungen formulieren<br />
zu können.<br />
Ad (6) Klarheit über die ‚Datenhoheit’: Im Kollegium, aber auch unter<br />
Eltern und SchülerInnen sollte nicht nur klar sein, was mit welchen Daten<br />
passiert, sondern sie sollten darüber auch eigenverantwortlich entschieden<br />
haben. Es muss vor der Evaluation mit aller gebotener Transparenz gemeinsam<br />
festgelegt werden, wer die Ergebnisse bzw. welchen Teil davon zurückgemeldet<br />
bekommt. Es muss unbedingt abgeklärt werden, was mit den personenbezogenen<br />
Daten passiert. An Schulen sind davon v.a. DirektorInnen und Klassenvorstände<br />
betroffen, da die Offenlegung ihrer Ergebnisse sofort auch ihre Anonymität<br />
aufhebt. Aber es sind auch die einzelnen LehrerInnen dann betroffen,<br />
wenn Daten zu ihrem Unterricht in den einzelnen Klassen erhoben werden.<br />
Wenn die personenbezogenen LehrerInnendaten nur die jeweiligen LehrerInnen<br />
selbst erhalten – wofür durchaus einiges spricht, wie Sicherung eines<br />
Freiraums, gelassen reagieren zu können, Vermeidung von Reaktanz etc. – dann<br />
sollten dies die SchülerInnen und Eltern von Anfang an wissen, um Enttäuschungen<br />
darüber zu vermeiden, dass die Daten nicht publik werden. Es muss<br />
also klar ausgesprochen und schriftlich festgehalten werden, was mit den Daten
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 49<br />
auf keinen Fall passieren darf (z.B. Weiterleitung an den/die DirektorIn oder die<br />
Schulbehörde) oder auf jeden Fall passieren muss.<br />
Ad (7) Konsens zwischen den Betroffenen: Insbesondere für den Schulbereich<br />
gilt: Es muss im Kollegium und darüber hinaus auch zwischen den LehrerInnen<br />
einerseits und den Eltern und SchülerInnen andererseits ein grundlegender<br />
Konsens hergestellt werden. Nur wenn alle beteiligten und betroffenen<br />
Personengruppen (nicht jede einzelne Person) den Sinn von Evaluation erkennen,<br />
ist eine Durchführung effizient und nutzbringend durchführbar. Dies<br />
schränkt in keiner Weise die Möglichkeiten einzelner Personen ein, sich nicht an<br />
der Evaluation (in aktiver oder passiver Weise) zu beteiligen. Bezüglich folgender<br />
Bereiche ist ein Konsens unbedingt herzustellen:<br />
(a) auf welche Art Evaluation durchgeführt werden soll,<br />
(b) zu welchem Zweck die Evaluation an der Schule stattfinden soll,<br />
(c) welche Bereiche und Inhalte evaluiert werden sollen,<br />
(d) was mit den Ergebnissen geschieht, wer also beispielsweise Zugriff – im<br />
Sinne von ‚data ownership’– auf die Daten erhält.<br />
Wenn die genannten sieben Punkte ausreichend berücksichtigt werden, so zeigt<br />
die Beratungspraxis der Autoren, ist damit zu rechnen, dass für die konstruktive<br />
Durchführung einer Evaluation eine hinreichende Akzeptanz unter den Betroffenen<br />
erreicht werden kann.<br />
2.2.4 Vorteile wissenschaftlich fundierter Evaluation in der Schulentwicklung<br />
In diversen Einleitungswerken und Handbüchern zur Schulentwicklung, Schulautonomie<br />
und Schulqualität(ssicherung) wird auch der Bereich der Evaluation<br />
behandelt. Es wird durchgängig darauf hingewiesen, dass die Evaluation einerseits<br />
wissenschaftlichen Kriterien genügen soll, andererseits aber nicht schulfern<br />
im wissenschaftlichen Elfenbeinturm stattfinden darf, sondern praxis- und problembezogen<br />
sein muss.<br />
Hier liegt offensichtlich ein Problem vor. Es ist kaum anzunehmen, dass an<br />
den Schulen ExpertInnen für Evaluation sitzen, die bisher nur darauf gewartet<br />
haben, zum Einsatz zu kommen. Weiters darf auch kaum erwartet werden, dass<br />
sich einzelne LehrerInnen in kurzer Zeit zu solchen ExpertInnen ausbilden<br />
lassen werden – oder auch nur die Zeit für eine derartige zeitintensive Ausbildung<br />
(wissenschaftstheoretische Kenntnisse, Methodik, Statistik, Softwareanwendung,<br />
Kenntnisse verschiedener Skalen und Fragebatterien etc.) haben. Wie
50 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
im Rahmen des MSS dieses Dilemma zu lösen versucht wird, wird in Abschnitt<br />
3.1.3 erörtert. An dieser Stelle soll nur auf die Notwendigkeit einer wissenschaftlich<br />
fundierten, also dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechenden,<br />
Evaluation hingewiesen werden.<br />
Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die für eine wissenschaftliche<br />
Evaluation sprechen und die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen:<br />
(1) Wissenschaftliche ExpertInnen verfügen über das (sozial-)psychologische,<br />
(schul-)pädagogische und (organisations-)soziologische Hintergrundwissen,<br />
das für eine wissenschaftliche Evaluation nötig ist.<br />
(2) Nur sie dürften in der Regel das ausreichend umfangreiche Wissen über<br />
die verschiedenen bereits entwickelten und im Umlauf befindlichen Erhebungsinstrumente<br />
und deren aktuelle Versionen haben. Fragebögen zu Themen wie<br />
Schulangst, Schulunlust, Aggressionen, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, soziale<br />
Unsicherheit, Schulbewältigungsstrategien, Bildungsziele, Prüfungsangst,<br />
soziale Kompetenz, Metaphernerhebung etc., um nur einige wenige hier zu nennen,<br />
können nur ausgebildete Personen fachgerecht einsetzen.<br />
(3) ExpertInnen verfügen zudem über das nötige Handwerkszeug für eine<br />
verlässliche Fragebogenkonstruktion, Interviewdurchführung oder systematische<br />
Beobachtung. Nur wenn dies sichergestellt ist, lässt sich ein Ergebnis verantwortbar<br />
interpretieren.<br />
(4) Statistische Kenntnisse und der effektive und sichere Umgang mit der<br />
entsprechenden Computer-Software sind für eine moderne Evaluation umfangreicheren<br />
Stils, wie er bei einer Vollerhebung im schulischen Bereich und bei<br />
der Erfassung aller am Schulprozess beteiligten Personengruppen anzustreben<br />
ist, unerlässlich. Dies wiederum ist erst die Basis, um Daten überhaupt richtig<br />
interpretieren zu können.<br />
(5) Nur WissenschaftlerInnen sind schließlich mit verschiedenen erziehungswissenschaftlichen<br />
Paradigmata – d.h. grundsätzlichen Herangehensweisen an<br />
z.B. die Schulwirklichkeit – vertraut. Es handelt sich hierbei etwa um das handlungstheoretische<br />
Paradigma, den Aktionsforschungsansatz, das empirisch-analytischen<br />
Paradigma, den Konstruktivismus etc.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 51<br />
(6) Der ‚von außen kommende Wissenschaftler’ ist nicht in schulinterne<br />
Dynamiken, Cliquenbildungen, Interessensvereinigungen, Schulgeschichte und<br />
unaufgearbeitete Schulgeschichte(n) etc. involviert und insofern grundsätzlich<br />
der Schule und ihren Mitgliedern gegenüber weitgehend neutral eingestellt.<br />
(7) Daraus ergibt sich ferner die Möglichkeit, als objektive/r (unvoreingenommene/r)<br />
BetrachterIn von außen in Konfliktsituationen vermittelnd einzugreifen.<br />
Dieses Eingreifen kann darüber hinaus auch noch auf der Basis professioneller<br />
Konfliktmanagementtechniken erfolgen.<br />
(8) Ein externe/r Beauftragte/r bringt eine ‚Außensicht’ an die Schule heran.<br />
Betriebsblindheit, die jeden trifft, der innerhalb einer Organisation jahrelang arbeitet,<br />
kann so leichter aufgedeckt werden. Alte, eingeschliffene Denkgewohnheiten<br />
und Handlungsroutinen können dadurch in Frage gestellt werden.<br />
(9) Eine unbeeinflusste Sicht von außen begünstigt das Aufbrechen selbst<br />
von (automatisch-unbewussten) gruppendynamischen Prozessen: der Abwertung<br />
bestimmter Kollegiumsmitglieder, der Meinungsinselbildung etc. kann so entgegengewirkt<br />
und die Ressourcen an einer Schule können besser genutzt werden.<br />
(10) Externe, wissenschaftlich-technologisch ausgebildete EvaluatorInnen<br />
stehen schließlich auch außerhalb der hierarchischen Strukturen der Institution.<br />
Sie brauchen daher z.B. keinerlei Repressionen zu fürchten, wenn sie unangenehme<br />
Fragen ansprechen und Themen ins Spiel bringen.
52 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 53<br />
3. Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />
Schulentwicklungsprojekten<br />
In diesem Kapitel wird nun der Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />
(MSS) im Detail vorgestellt (3.2). Zunächst wird aber noch<br />
auf die wissenschaftstheoretischen Grundlagen des MSS eingegangen. (3.1)<br />
3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen<br />
Derzeit lassen sich im Bereich der schulischen Evaluation in Österreich im Wesentlichen<br />
zwei unterschiedliche erziehungswissenschaftliche Paradigmen<br />
ausmachen. Auf der Grundlage beider Paradigmen werden Evaluationsprojekte<br />
an österreichischen Schulen durchgeführt. Es handelt sich hierbei um das<br />
‚empirisch-analytische’ Paradigma und das Paradigma der ‚Aktionsforschung’.<br />
Da beide Paradigmen als rivalisierend aufgefasst wurden und werden, sollen sie<br />
im Folgenden kurz dargestellt werden. Daran anschließend wird die Möglichkeit<br />
der wechselseitigen Nutzbarmachung beider Paradigmen erörtert. (Vgl. dazu<br />
auch: RIFFERT & PASCHON 2001)<br />
3.1.1 Empirisch-analytisches Paradigma<br />
Das empirisch-analytische oder hypothetico-deduktive Paradigma (vgl. dazu<br />
etwa BREZINKA 1971, S. 51-59) in der Erziehungswissenschaft legt besonderen<br />
Wert auf eine möglichst strenge Einhaltung hochentwickelter methodologischer<br />
Kriterien und Standards in der wissenschaftlichen Forschung: empirisch gehaltvolle<br />
Theorien sind in durchdachten experimentellen bzw. quasi-experimentellen<br />
Designs für Gruppen und Einzeluntersuchungen auf ihren Wahrheitswert<br />
hin zu überprüfen; die dabei verwendeten Instrumente haben den<br />
jeweils aktuellen wissenschaftlichen Stand in Bezug auf Objektivität, Validität<br />
(Gültigkeit im Sinne der Interpretationsadäquatheit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit<br />
im Sinne der Messgenauigkeit) zu entsprechen. (Ausführlich dazu:<br />
LEUTNER 1999). Der professionelle Umgang mit und Einsatz von Forschungsinstrumenten<br />
kann daher nur durch entsprechend wissenschaftlich ausgebildetes<br />
Personal erfolgen.<br />
Technologische Interventionen, aber auch deren Bewertung (durch Evaluation)<br />
sollten aus ethischen Gründen nur auf der Basis bewährter wissenschaftlicher<br />
Theorien und Instrumente durchgeführt werden, falls und insoweit solche
54 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Theorien vorhanden sind und entsprechende Erhebungsinstrumente vorliegen.<br />
Denn wissenschaftlich bewährtes Wissen verfügt über wesentlich mehr Verlässlichkeit<br />
als das kaum je streng überprüfte Alltagswissen; tiefgreifende Veränderungen<br />
etwa in sozialen Bereichen (und damit auch in der Erziehung und im<br />
Schulwesen) sollten daher immer auf der Basis wissenschaftlich fundierter<br />
Theorien und Instrumente durchgeführt werden, wenn dies möglich ist. (Vgl.<br />
BUNGE 1967, S. 145) Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass im<br />
Schulbereich die betroffenen LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern aber meist<br />
zu wenig Zeit und Ressourcen haben, um sich in die wissenschaftlichen Methoden<br />
und Theorien so umfassend einzuarbeiten, um damit effizient und verlässlich<br />
umgehen zu können.<br />
Dass die wissenschaftlich fundiert erhobenen Ergebnisse auch praxisrelevant<br />
sein sollten, wird im empirisch-analytischen Paradigma zwar auch immer wieder<br />
betont (vgl. etwa: BREZINKA 1971, 73-81), aber diese Forderung steht in einem<br />
anerkannten Spannungsverhältnis zu der Tatsache, dass die Einhaltung hochstehender<br />
methodischer Gütekriterien oft nur in Laborsituationen und somit bei<br />
der Untersuchung von künstlich vereinfachten Problemstellungen in einem gewünscht<br />
hohen Ausmaß möglich ist. (Vgl. z.B. WEINERT 1967; MCKEACHIE<br />
1974; BRONFENBRENNER 1976; LEHNER 1994, S. 104f, LEUTNER 1999, S. 129)<br />
So stellen durchaus auch VertreterInnen des empirisch-kritischen Ansatzes fest,<br />
dass sich die Aktionsforschung gerade aus der Kritik an mangelnder Praxisrelevanz<br />
empirisch-kritischer Sozialforschung entwickelt hat. (Vgl. etwa:<br />
BAUMERT 1977, S. 228) Und so manche VertreterIn des empirisch-analytischen<br />
Paradigmas spricht sich auch angesichts der mageren Relevanz der Ergebnisse<br />
methodologisch hochstehender Laborforschung für die komplexen Alltagsprobleme<br />
der PraktikerInnen sogar für den Wechsel von der Laborforschung zur<br />
Feldforschung aus und „nimmt die für ein solches Vorgehen bekannten Mess-,<br />
Prüf- und Versuchsplan-Probleme in Kauf.“ (HERRMANN 1979, S. 225)<br />
3.1.2 Das Paradigma der Aktionsforschung<br />
Bei der Erörterung des Paradigmas der Aktionsforschung ist es zunächst notwendig<br />
eine Differenzierung anzubringen, um unnötige Konfusionen zu vermeiden.<br />
Zu unterscheiden ist zwischen der ‚alten‘ Aktionsforschung, die bis in die<br />
siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum etabliert<br />
war und dann unerwartet rasch an Einfluss verloren hat, sowie der<br />
ursprünglich im britischen Raum in den siebziger Jahren entwickelten ‚action<br />
research‘, die im Folgenden aus rein pragmatischen Gründen der leichteren
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 55<br />
Unterscheidbarkeit schlagwortartig als ‚neue‘ Aktionsforschung (vgl. MOSER<br />
1995, S. 208) bezeichnet wird.<br />
Die alte Aktionsforschung war stark emanzipatorisch und damit z.T. im<br />
Einflussbereich der kritischen Theorie der Frankfurter Schule auf radikal gesellschaftspolitische<br />
Veränderung hin orientiert. Als solche verstand sie sich als<br />
alternative Wissenschaftskonzeption zum empirisch-analytischen Paradigma<br />
(CREMER & KLEHM 1977, S. 143). Aus dieser stark emanzipatorischen Grundhaltung<br />
heraus wurde in der Folge oft dem Praxisbezug Vorrang vor der<br />
Einhaltung wissenschaftlicher Gütekriterien eingeräumt: „Ob Kriterien ‚klassischer’<br />
Forschung eingehalten, modifiziert oder durch andere methodologische<br />
Kriterien ersetzt werden müssen, muss von der jeweiligen Fragestellung und<br />
Zielsetzung einer Untersuchung und von der Struktur des zu untersuchenden<br />
pädagogischen Feldes abhängig gemacht werden.“ (KLAFKI 1973, S. 490) Eine<br />
derartige ‚Aufweichung‘ methodologischer Standards kann nur als äußerst<br />
bedenklich eingestuft werden, da sie in der Konsequenz jeglicher Scharlatanerie<br />
Tür und Tor öffnet.<br />
So verwundert es auch nicht, dass die alte Aktionsforschung im deutschen<br />
Sprachraum ab dem Ende der siebziger Jahre kaum mehr als eine marginale<br />
Rolle gespielt hat. Einer der Gründe für ihren raschen Niedergang dürfte – so<br />
darf wohl mit einigem Grund vermutet werden – im Scheitern der AktionsforscherInnen<br />
zu suchen sein, der empirisch-analytischen Kritik an ihren methodologischen<br />
Positionen Paroli bieten zu können. Die Verquickung von Wissenschaft<br />
mit einem emanzipatorisch motivierten Veränderungsimpetus (vgl. dazu<br />
etwa die sehr polemische, aber nichts desto trotz weitgehend stichhältige Zusammenstellung<br />
von Kritikpunkten an der ‚alten’ Aktionsforschung bei: ZECHA<br />
& LUKESCH 1986) trug zu ihrem raschen Niedergang mit bei. Andererseits ist<br />
das stille Verschwinden aber sicherlich auch durch die wirtschaftlichen Veränderungen<br />
und den damit einhergehenden Ausfällen an kostspieligen Feldforschungsaufträgen<br />
seitens des Staates und der Wirtschaft (z.B. VW Stiftung,<br />
vgl. etwa: MÜLLER & SCHRÖTER 1975) bedingt gewesen.<br />
Etwa zur selben Zeit als die ‚alte’ Aktionsforschung in Deutschland im Begriffe<br />
war sich aufzulösen, wurde im britischen Raum damit begonnen, eine<br />
(neue) Konzeption von ‚action research’ zu entwickeln. (z.B. STENHOUSE 1975;<br />
ELLIOTT 1976) Ausläufer dieser ‚neuen’ Aktionsforschung haben nun in den<br />
letzten eineinhalb Jahrzehnte den europäischen Kontinent erreicht und sind in<br />
Österreich etwa von Herbert ALTRICHTER und Peter POSCH (1994) aufgegriffen<br />
und propagiert worden.
56 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
VertreterInnen der ‚neuen’ Aktionsforschung haben sich von der ‚alten’ Aktionsforschung<br />
distanziert und sie für obsolet erklärt. Sie legen eine Reihe von<br />
Kriterien vor, anhand derer die ‚alte’ von der ‚neuen’ Aktionsforschung zu<br />
unterscheiden sei. Diese Differenzierungsmerkmale sind allerdings durchwegs<br />
sehr abstrakter, teilweise philosophischer Natur, wohingegen die Ähnlichkeiten<br />
und Analogien zwischen beiden Konzeptionen u.E. doch viel deutlicher hervortreten:<br />
(1) die Bedeutung der Praxisrelevanz aktionswissenschaftlicher Forschung<br />
und – damit junktimiert – (2) eine gewisse Skepsis gegenüber (sozial-)wissenschaftlicher<br />
Methodologie. Dies führt auch bei AktionsforscherInnen nicht<br />
selten zu einem merkwürdigen Schwanken zwischen verbaler Anerkennung<br />
methodologischer Standards und deren praktischer Ablehnung. Als Beispiel mag<br />
ein Zitat aus einem Praxishandbuch zur Selbstevaluation dienen:<br />
„Aber Selbstevaluation ist in Schulen keine Schul- und Unterrichtsforschung,<br />
sondern Praxisforschung von Lehrerinnen und Lehrern. [...] Deshalb ist es zwar<br />
wichtig, ‚solide’ Instrumente zu haben, schließlich soll es bei der Evaluation darum<br />
gehen, zu gesicherten und datengestützten Beschreibungen und Bewertungen<br />
von Schulrealität zu kommen. Aber für die Selbstevaluation müssen keine<br />
Qualitätskriterien an die Instrumente angelegt werden, wie sie für wissenschaftliche<br />
Forschungsinstrumente notwendig sind.“ (BURKARD & EIKENBUSCH 2000,<br />
S. 194)<br />
In diesem Zitat zeigt sich dieses ‚Schwanken’ ganz deutlich: Einerseits wird betont,<br />
dass auch Selbstevaluation nur auf der Grundlage von ‚gesicherten und<br />
datengestützten Beschreibungen und Bewertungen’ verantwortet erfolgen kann,<br />
gleichzeitig wird aber auch behauptet, dass für die einzusetzenden Erhebungsinstrumente<br />
‚keine Qualitätskriterien’ wie für ‚wissenschaftliche Forschungsinstrumente’<br />
nötig sind. Dies führt dann zu dem Ergebnis, dass die einzusetzenden<br />
Instrumente als ‚solid’ bezeichnet werden; und wenn nicht alles täuscht,<br />
führt das Unbehagen der Autoren mit diesem Ergebnis dazu, dass sie diesen<br />
Ausdruck – ‚solid’ – unter Anführungszeichen setzen. Es stellt sich allerdings<br />
sofort die Frage, wann bzw. unter welchen Bedingungen ein Erhebungsinstrument,<br />
zwar nicht wissenschaftlich, aber doch ‚solid’ – was immer dies auch<br />
bedeuten soll – ist. Wenn es in der Selbstevaluation, wie in jeder Evaluation, um<br />
die Bewertung von Veränderungen auf einer möglichst wahrheitsgetreuen Basis<br />
geht (und BURKARD und EIKENBUSCH scheinen dieser Ansicht zu sein), dann ist<br />
der Einsatz von Instrumenten, die wissenschaftlichen Gütekriterien genügen,<br />
unerlässlich. Zur Wahrheit führt keine Abkürzung, die uns die Auseinandersetzung<br />
mit Wissenschaft ersparen würde. Das Problem, das hier sichtbar
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 57<br />
wird, hängt mit einer nicht oder unsachgemäß durchgeführten Unterscheidung<br />
zwischen wissenschaftlicher Forschung und Praxisforschung (oder Technologie)<br />
zusammen. Der Unterschied besteht – wie BUNGE gezeigt hat – nicht darin, dass<br />
Praxisforschung oder Technologien nichtwissenschaftlich seien. Der Unterschied<br />
besteht vielmehr darin, dass wissenschaftliche Forschung auf die<br />
Entdeckung neuen Wissens abzielt, während Praxisforschung/Technologie wissenschaftlich<br />
bewährte Erkenntnisse im Rahmen eines pragmatisch vorgegebenen<br />
Problemlösungsprozesses einsetzt und sich darauf stützt. Technologien<br />
setzen also wissenschaftliche Forschung voraus und setzen deren Ergebnisse –<br />
soweit in einem pragmatischen Kontext sinnvoll – zur Problemlösung ein.<br />
Auch die ‚neue’ Aktionsforschung legt, wie schon die ‚alte’ Aktionsforschung<br />
und im Unterschied zum empirisch-analytischen Paradigma, von vorneherein<br />
aus wissenschaftspraktischen und ethischen Überlegungen heraus besonderen<br />
Wert auf die Einbindung der Betroffenen und die Berücksichtigung ihrer<br />
Interessen. Im Schulbereich sind die Betroffenen insbesondere die LehrerInnen,<br />
aber auch die SchülerInnen bzw. deren Eltern. Durch die Einbindung der<br />
Betroffenen – die wie ja bereits erwähnt, in Österreich seit einigen Jahren auch<br />
gesetzlich verankert ist (14. SCHOG-Novelle) – soll der Praxisbezug der Forschungsresultate<br />
sichergestellt werden, der – so wird oft geargwöhnt – beim empirisch-analytischen<br />
Ansatz aufgrund der Praxisferne externer ForscherInnen,<br />
die zudem „Forschungsinteressen nachgehen, die nicht den Handlungsinteressen<br />
ihres ‚Gastgebers’ entsprechen müssen“ (ALTRICHTER & POSCH 1994, S. 106),<br />
allzu leicht verloren gehen kann. Daher wird auch gefordert, dass die Lehrer-<br />
InnenforscherInnen sich ihre eigenen Erhebungsinstrumente konzipieren sollten.<br />
Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die „Fertigung eines eigenen Werkzeugs<br />
[...] eines der wirkungsvollsten Mittel [ist], die Beteiligten zu motivieren“<br />
(DALIN & ROLFF 1990, S. 104; vgl. auch: BURKARD & EIKENBUSCH 2000, S.<br />
192); fordert man aber gleichzeitig für diese Instrumente die Erfüllung der<br />
Gütekriterien wissenschaftlicher Forschung, so wird sehr schnell auch in den<br />
Reihen der Aktionsforscher das Dilemma offensichtlich: „Hochentwickelte Validitätsprüfungsverfahren<br />
erfordern einen Aufwand, der von einem forschenden<br />
Lehrer kaum zu erwarten ist.“ (ALTRICHTER & POSCH 1994, S. 91) Daher ist es<br />
dann aber auch nicht weiter verwunderlich, wenn etwa POSCH und ALTRICHTER<br />
bezüglich ‚selbstgestrickter’ Erhebungsinstrumente ein ernüchterndes Resümee<br />
ziehen: „Allerdings liefern sie [die selbst konzipierten Erhebungsinstrumente],<br />
wie die Beispiele zeigen, relativ karge Informationen.“ (ALTRICHTER & POSCH<br />
1994, S. 106) Und darüber hinaus – so muss man leider anfügen – ist die<br />
Qualität dieser Informationen angesichts mangelnder Reliabilität und Validität
58 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
überdies auch oft noch sehr fragwürdig. Dies veranlasst etwa H. MOSER zu dem<br />
Schluss, dass die Aktionsforschung sich nur dann dauerhaft in der scientific<br />
community wird etablieren können, „wenn es ihr gelingt, auch methodologisch<br />
Anschluss an den gegenwärtigen Stand der Diskussionen – vor allem im Bereich<br />
der qualitativen Methoden – zu finden.“ (MOSER 1995, S. 213) Hier bleibt nur<br />
noch darauf hinzuweisen, dass dies selbstverständlich auch – und sogar in einem<br />
höheren Ausmaß – für die quantitativen Methoden gilt.<br />
Aber selbst die effiziente Suche und verantwortete Auswahl von Erhebungsmethoden,<br />
etwa von Skalen und Fragebatterien aus bereits entwickelten Messinstrumenten,<br />
wird in aller Regel die Betroffenen und selbst die PraxisexpertInnen<br />
überfordern: weder das Wissen um die Existenz der vielen vorhandenen<br />
Messinstrumente, ihren fachgerechten Einsatz und den jeweiligen theoretischen<br />
Hintergrund, sowie noch weniger die Bewertung der dazu vorliegenden<br />
messtheoretischen Kennwerte und damit ihrer Brauchbarkeit, kann realistischer<br />
Weise in einem nötigen Ausmaß vorausgesetzt werden. Methodensammlungen<br />
(vgl. etwa: MOSER 1997, ROLFF, BUHREN, LINAU-BANK & MÜLLER 1999) können<br />
hier zwar hilfreich sein, bieten aber einerseits ebenfalls nur einen kleinen<br />
Ausschnitt möglicher Instrumente und sind andererseits – was die Anleitung<br />
zum professionellen Einsatz der Instrumente anbelangt – häufig zu kurz<br />
und/oder oberflächlich gehalten.<br />
3.1.3 Konkurrenz oder Kooperation?<br />
Der Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten (MSS)<br />
stellt nun angesichts dieser Dilemmasituation den Versuch dar, unbezweifelbar<br />
wichtigen Grundanliegen beider Paradigmata – Sicherstellung der Praxisrelevanz<br />
der Forschungsergebnisse und der Einhaltung anerkannter methodischer<br />
Standards der Forschung – im Bereich der Schulentwicklung in einem<br />
Ausmaß erreichbar zu machen, wie es keinem der beiden Paradigmata für sich<br />
alleine bisher gelungen ist. Im Bereich der Schulentwicklung ist die verbesserte<br />
Realisierung beider genannten Hauptkriterien (Praxisrelevanz und Wissenschaftlichkeit)<br />
deshalb von besonderer Bedeutung, weil es sich teilweise um<br />
Eingriffe in das psycho-soziale Milieu ganzer Schulen handelt, die zu weitreichenden<br />
Folgen für eine große Zahl von Menschen führen. Bei Schulentwicklung<br />
handelt es sich um technologische Interventionsmaßnahmen, die das<br />
schulische Leben verändern. Solche technologischen Eingriffe lassen sich aus<br />
ethischer Perspektive – wie bereits angeführt – nur dann rechtfertigen, wenn sie<br />
auf der Basis praxisrelevanten und zugleich wissenschaftlich verlässlichen Wissens<br />
vorgenommen werden.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 59<br />
Bevor Konzeption, Einsatzmöglichkeiten und -ablauf von MSS vorgestellt<br />
werden, soll kurz skizziert werden, wie die Erreichung dieser beiden Hauptkriterien<br />
im MSS gewährleistet wird.<br />
Die Einhaltung hoher methodischer Standards, welche die Objektivität,<br />
Reliabilität und Validität der Resultate sicherstellen sollen, wird durch die Arbeit<br />
wissenschaftlich ausgebildeter ExpertInnen gewährleistet: Es werden etwa<br />
wissenschaftlich gut bewährte und für die Praxis der Schulentwicklung relevante<br />
Skalen und Fragebatterien ausgewählt und in den Modulpool aufgenommen.<br />
Andererseits werden die Statements der Fragebatterien so formuliert, dass die<br />
Ergebnisse nach Durchführung der Erhebungen auch (für die PraktikerInnen und<br />
die Betroffenen generell) eindeutig interpretierbar sind. Zudem besteht auch die<br />
Möglichkeit, dass für schulspezifische Fragestellungen eigene Fragebatterien<br />
entwickelt werden. Einen ersten Überblick über die Module des MSS bietet<br />
Anhang 1 (A.1)<br />
Die Sicherstellung ethischer Standards und der Praxisrelevanz wird durch<br />
Einbeziehung der Betroffenen – möglichst aller LehrerInnen, SchülerInnen und<br />
Eltern – erreicht. Der Auftrag für ein Evaluationsprojekt muss von den Betroffenen<br />
selbst an das MSS-Team herangetragen werden. Darüber hinaus erhalten die<br />
Betroffenen beim MSS-Einsatz zunächst (1) die Möglichkeiten der Modulauswahl:<br />
In Form eines Diskurses werden von den VertreterInnen der drei Personengruppen<br />
die jeweils relevanten Module ausgewählt. Das MSS-Team bietet<br />
dabei lediglich ‚wissenschafts-pragmatische’ Hilfestellung an: es weist etwa darauf<br />
hin, dass Skalen nur ganz oder gar nicht in den Fragebogen integriert werden<br />
können, oder erläutert den theoretischen Hintergrund und die Relevanz<br />
einzelner Skalen für die Schulentwicklung (z.B. der ‚Selbstwirksamkeitsskalen’<br />
oder der Subskala zur ‚sozialen Erwünschtheit’). Die Modulauswahl selbst und<br />
die damit explizit oder implizit einhergehenden Zielsetzungen des Schulentwicklungsprojekts,<br />
das mittels MSS stimuliert und evaluiert werden soll, bleiben<br />
völlig in der Souveränität der drei Personengruppen. Darüber hinaus (2) liegt<br />
selbstverständlich auch die Festlegung des Umgangs mit sensiblen – Einzelpersonen<br />
betreffende – Daten und die Frage der Anonymität einzig im Entscheidungsbereich<br />
der drei Personengruppen. Seitens des MSS-Teams wird im<br />
Verlauf der Diskussion verschiedener möglicher Varianten beim Umgang mit<br />
diesen Daten lediglich auf die verschiedenen Konsequenzen – Vor- und Nachteile,<br />
sowie etwaige Gefahren – der einzelnen Varianten hingewiesen. Ein MSS-<br />
Einsatz erfolgt nur dann, wenn die VertreterInnen aller drei betroffenen Personengruppen<br />
ihr Einverständnis zur Themenauswahl und zum Umgang mit der
60 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Anonymität äußern, das schließlich in einem Vertrag zwischen MSS-Team und<br />
Schule schriftlich fixiert wird. (vgl. auch An hang A.2)<br />
Abschließend sei aber nochmals explizit darauf hingewiesen, dass im<br />
Rahmen von MSS-Einsätzen eine reflektierte Ergänzung zwischen den beiden<br />
rivalisierenden Paradigmata stattfindet, keinesfalls aber eine naive Vermischung<br />
zwischen wissenschaftlicher Forschungsaktivität und praktischen Maßnahmen<br />
zur Schulentwicklung oder (schul-)politischen Aktionen, da selbstverständlich<br />
„eine unkontrollierte Veränderung des Feldes mit der gleichzeitigen Erhebung<br />
von Daten im Feld unvereinbar ist.“ (HABERMAS 1971, S. 18; ähnlich auch<br />
ZECHA & LUKESCH 1982, S. 370) Es wird vielmehr der bewusst reflektierte<br />
Versuch unternommen, Diagnostik, Veränderungsmaßnahmen und Evaluation in<br />
ein wissenschaftlich und praktisch sinnvolles Prozedere zu integrieren.<br />
Die gerade angesprochenen Punkte sollen im Folgenden ausführlicher dargestellt<br />
werden.<br />
3.2 Die MSS-Konzeption<br />
Beim MSS handelt es sich um einen Bausatz zur Erstellung von situationsspezifischen<br />
Messinstrumenten 5 , das speziell zur Evaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />
entwickelt wurde. Ein Evaluationsinstrument für situationsspezifische<br />
Anforderungen zu konzeptionieren war deshalb nötig, weil sich jede Schule<br />
durch ein ganz spezielles inneres und äußeres Milieu auszeichnet. Eine Schule<br />
verfügt über ganz spezifische interne personelle, räumliche und logistische<br />
Ressourcen und ist zudem in eine Umwelt mit ganz speziellen Anforderungen,<br />
Möglichkeiten und Grenzen eingebettet. Bei der Schulentwicklung geht es nun<br />
um die Erarbeitung von individuellen Schulprofilen die diese einzigartigen internen<br />
und externen Kontexte ausreichend berücksichtigen, ja nutzen. Es war<br />
also unmöglich, ein fertiges Erhebungsinstrument zu entwickeln, das in der<br />
Folge für alle Schulen zur Anwendung hätte kommen können. Der Vergleich<br />
von Schulen ist überdies in diesem Zusammenhang, wenn überhaupt, nur von<br />
einer nachgeordneten Bedeutung. Um der zentralen Forderung nach<br />
Situationsspezifität des Messinstruments Rechnung tragen zu können, wurde ein<br />
semi-strukturiertes Messinstrument auf Modulbasis entwickelt, das aufgrund<br />
seiner Beschaffenheit zu Adaptationen auf möglichst viele unterschiedliche<br />
Schulsituationen fähig sein sollte.<br />
5 Eine Theorie der Situationsspezifität menschlichen (Sozial-)Verhaltens wurde von PATRY<br />
(1991) vorgelegt. Vgl. dazu auch PATRY & RIFFERT (2000).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 61<br />
3.2.1 Der MSS-Analysewürfel<br />
Ein zentrales Merkmal und eine wesentliche Stärke des MSS stellt also seine<br />
grundlegende Offenheit für die Aufnahme bzw. Entwicklung von neuen speziell<br />
für eine bestimmte Schule relevanten Modulen dar. So können etwa bestimmte<br />
Personengruppen (SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern) bereits intuitiv Problemfelder<br />
wahrgenommen haben: etwa hohe Aggressivität unter UnterstufenschülerInnen.<br />
Oder aber die Relevanz eines Themas ergibt sich aus der einmaligen<br />
Situation an einer Schule, wie z.B. die Möglichkeit neu zur Verfügung gestellte<br />
Räumlichkeiten sinnvoll zu nutzen oder die Akzeptanz, Effektivität und (vielleicht<br />
unerwünschten) Nebeneffekte eines neu eingeführten Unterrichtsschwerpunkts<br />
oder Schulzweigs zu evaluieren.<br />
Um bei der Entwicklung neuer Module nicht vorschnell zu enge Sichtweisen<br />
einzubringen bzw. wichtige Aspekte zu übersehen, wurde vom MSS-Team der<br />
MSS-Analysewürfel entwickelt.<br />
Eine Dimension dieses Würfels stellt die von der Evaluation betroffenen<br />
Personengruppen bzw. die Interaktionsmöglichkeiten zwischen ihnen dar (Y-<br />
Achse in Abbildung 5). In der Schule sind dies vor allem SchülerInnen, LehrerInnen<br />
und Eltern, aber auch SchulleiterInnen, AdministratorInnen, Landesschul-<br />
und FachinspektorInnen. Daneben kann aber natürlich auch außerschulische<br />
Klientel (z.B. <strong>Universität</strong>en, Fachhochschulen, potentielle ArbeitgeberInnen,<br />
Vereine etc.) Berücksichtigung finden.<br />
Neben dieser Personen-Dimension sind die Inhalte bzw. Themen (im MSS<br />
durch Module abgedeckt) eine weitere wichtige Evaluationsdimension (X-Achse<br />
in Abbildung 5). Schließlich sind einige der unverzichtbaren Erhebungsinstrumente<br />
auf der Z-Achse der Abbildung 5 angeführt.<br />
Datenerhebungsmethode<br />
Modul-Thema<br />
Abb. 5: Dimensionen des MSS-Analysewürfels<br />
Personengruppe
62 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Diese Dimensionen können also in Form eines Würfels dargestellt werden. Die<br />
grafische Darstellung hat den Vorteil, dass auf einen Blick alle logischen Kombinationsmöglichkeiten<br />
zwischen den drei Dimensionen erfasst werden können.<br />
. . .<br />
Internat. Leistungsvergleich <br />
Aggressionen<br />
Beobachtung<br />
Interview<br />
Fragebogen<br />
Test<br />
Diskussion<br />
Feedback Führungsstil <br />
Bildungsziele<br />
Eltern<br />
SchülerInnen<br />
Schulleitung<br />
LehrerInnen<br />
Abb. 6: Mögliche Aspekte der drei Modulwürfel-Dimensionen;<br />
X-Achse: Themen (Auswahl), Y-Achse: Personengruppen (Auswahl),<br />
Z-Achse: Erhebungsinstrumente (Auswahl)<br />
.<br />
.<br />
.<br />
.<br />
Absolvent-<br />
Innen<br />
Dieses Würfelmodell bietet den an einem Evaluationsprojekt beteiligten Personen<br />
eine wichtige Hilfestellung, da es die Übersicht und den Diskussionsprozess<br />
erleichtert, sowie auf die Notwendigkeit einer Festlegung aller drei Dimensionen<br />
bereits im Anfangsstadium des Projekts verweist. Beispielhaft wird<br />
dies in Abbildung 6 anhand einiger ausgewählter Beispiele illustriert.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 63<br />
Interview<br />
1<br />
Informationsfluss<br />
7<br />
Internat.<br />
Leistungs-<br />
vergleich<br />
Test<br />
Eltern<br />
Interview<br />
Visionen<br />
2<br />
SchülerInnen<br />
Unterrichtsfeedback <br />
Schulleitung<br />
Fragebogen<br />
Bildungsziele�<br />
Fragebogen<br />
3<br />
Bildungsziele�<br />
Bildungsziele�<br />
6<br />
Fragebogen<br />
Diskussion<br />
5<br />
LehrerInnen<br />
4<br />
SchülerInnen<br />
Eltern<br />
LehrerInnen<br />
Abb. 7: Modulwürfel: Sieben ausgewählte Modulwürfel;<br />
�... Am Beispiel ‚Bildungsziele’ wird gezeigt, dass ein Thema auf verschiedene<br />
Personen-gruppen bezogen werden kann und dabei auch verschiedene Datenerhebungsmethoden<br />
(Fragebogen, Diskussion) zur Anwendung kommen können.
64 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
In Abbildung 7 wurden zur weiteren Illustration sieben fiktive MSS-Würfel ausgewählt:<br />
(1) Informationsfluss/Eltern/Interview, (2) Visionen/Schulleitung/Interview,<br />
(3) Unterrichtsfeedback/LehrerInnen/Fragebogen, (4) Bildungsziele/Eltern/Fragebogen,<br />
(5) Bildungsziele/LehrerInnen/Diskussion, (6) Bildungsziele/<br />
SchülerInnen/Fragebogen und (7) Internationaler Leistungsvergleich/SchülerInnen/Test.<br />
Die Würfel (4), (5) und (6) thematisieren alle drei die Bildungsziele, sind<br />
aber jeweils auf eine andere Personengruppe bezogen. Dies erlaubt es, dieses<br />
Thema multiperspektivisch aus dem Blickwinkel jeder dieser Gruppe ins Visier<br />
zu nehmen und Vergleiche anzustellen.<br />
Im Würfel (7) geht es darum, zu erheben, wie die SchülerInnen (einer bestimmten<br />
Altersstufe) der Schule leistungsmäßig in einem bestimmten Fach im<br />
Verhältnis zu SchülerInnen des gesamten Landes oder sogar international liegen.<br />
Eine derartige Erhebung wäre prinzipiell dann möglich, wenn – wie dies<br />
beispielsweise bei TIMSS (vgl. TÖGLHOFER 2001) der Fall ist – die Fragestellungen,<br />
welche in internationalen Studien eingesetzt worden sind, und die<br />
erhobenen Resultate den Schulen für Vergleiche zur Verfügung stehen.<br />
Im Modulwürfel (3) geht es darum, dass sich die LehrerInnen durch ihre<br />
SchülerInnen Feedback bezüglich Ihres Unterrichts geben lassen. Dieses Modul<br />
wird im Abschnitt 5.7 ausführlicher dargestellt.<br />
Natürlich kann auch die Schulleitung zu ihren Vorstellungen und Visionen<br />
bezüglich künftiger Entwicklungen an der Schule befragt werden (Würfel 2).<br />
Ähnliches gilt für den Würfel (1), bei dem etwa die Mitglieder des Elternvereinsvorstands<br />
zum Thema Informationsfluss zwischen ihm und der Schulleitung,<br />
den LehrerInnen oder den Eltern interviewt werden.<br />
3.2.2 Der Modulpool<br />
Wie bereits oben kurz umrissen, bedeutet ‚Modulkonzeption’, dass sich der<br />
MSS aus Modulen verschiedener Abstraktionsniveaus zusammensetzt: Jedes<br />
einzelne Modul auf beliebiger Abstraktionsstufe (also auch jedes übergeordnete<br />
Super- bzw. untergeordnete Submodul) ist beispielsweise in einen schulspezifisch<br />
konzipierten Fragebogen integrierbar. Gerade durch diese Flexibilität<br />
wird die schulspezifische Konstruktion von Fragebögen möglich, die der Einzelschule<br />
gerecht werden kann. (Vgl. auch: PASCHON & RIFFERT 2004 & 1997)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 65<br />
3.2.2.1 Themen<br />
Der MSS-Itempool besteht derzeit aus einigen tausend einzelnen Items, die den<br />
Schulen zur Verfügung stehen. Um an Übersichtlichkeit zu gewinnen, wurden<br />
Items zu Modulen zusammengefasst. Unter ‚Modul’ wird eine komplexe Ganzheit<br />
verstanden, die eine (relativ) geschlossene Funktionseinheit bildet. Im MSS<br />
deckt ein Modul folglich jeweils einen eindeutig abgegrenzten Inhalt aus dem<br />
Bereich der Schulentwicklung ab (z.B. Bildungsziele, Aggressionen, Schulbewältigungsstrategien,<br />
Elternverein, Prüfungsangst, soziale Kompetenz, Schulklima,<br />
Klassenklima, LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktionen etc.). Die jeweils<br />
für SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern entwickelten ca. 150 Module decken<br />
damit ein weites Spektrum der für Schulentwicklung relevanten Themenbereiche<br />
ab. Die Module ihrerseits bestehen jeweils aus mehreren Items oder Skalen.<br />
Ein Item besteht dem Anspruch nach aus genau einer eindeutig interpretierbaren<br />
Frage. Der MSS-Itempool besteht derzeit aus etwa 4.000 Fragen.<br />
Bei der Itemgewinnung wurden unterschiedliche Wege beschritten: (a)<br />
deduktiv- theoriegeleitet und (b) induktiv-praxisorientiert:<br />
Ad (a): In die Auswahl und Ausarbeitung der einzelnen Module floss die<br />
jahrelange Lektüre erziehungswissenschaftlicher Literatur zur Schulentwicklung<br />
und –qualitätsforschung ein; es ist aber natürlich unmöglich, alle Quellen, die<br />
die Autoren beeinflusst haben, im Detail den einzelnen Modulen zuzuordnen.<br />
Stellvertretend sollen hier aber einige der zentralen Werke angeführt werden:<br />
HELMKE (2003), ROLFF, BUHREN, LINDAU-BANK und MÜLLER (1999), EDER<br />
(1996), SPECHT und THONHAUSER (1996), ALTRICHTER und POSCH (1994),<br />
PHILIPP (1992), HERBER (1983) und FEND (1981).<br />
Ad (b): Darüber hinaus boten sich im Rahmen der Schulberatungstätigkeit<br />
der Autoren vielfältige Anlässe zur Modulentwicklung. Insbesondere die unterschiedlichen<br />
Perspektiven der Personengruppen (LehrerInnen, SchülerInnen,<br />
Eltern, DirektorInnen, Landesschul- und FachinspektorInnen, etc.) waren diesbezüglich<br />
besonders fruchtbar und wiesen teilsweise über die in der Literatur<br />
meist behandelten Themenbereiche hinaus.<br />
Neben den allgemein üblichen sozialstatistischen Angaben sind zwei Arten<br />
von Modulen zu unterscheiden:<br />
1) Personengruppenübergreifende Module, welche sich auf alle drei befragten<br />
Zielgruppen (LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern) anwenden lassen, wie<br />
beispielsweise die Module ‚schulische Infrastruktur’ (z.B. Wanderklasse(n),<br />
Klassenräume, Schulgebäude, Lehrmittel etc.), ‚Interaktionen’ (z.B. Eltern-
66 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
LehrerInnen-Kontakte, DirektorIn etc.), ‚Unterricht’ (z.B. Einführung neuer<br />
Fächer, Lehrpläne, Nachhilfe, neue Lehr- und Lernmethoden etc.), ‚Schulorganisation’<br />
(z.B. Schulfeste, Elternsprechtage, Konferenzen etc.). In diesen<br />
Modulen kann der multiperspektivische Aspekt besonders wichtig sein, um die<br />
Sichtweisen der Personengruppen einander gegenüber zu stellen.<br />
2) Daneben gibt es spezifische Module, die nur auf eine der Personengruppen<br />
anwendbar sind. Dazu zählen u.a.: (a) für SchülerInnen spezifischen Module wie<br />
z.B. Fragen zum Schul- und Klassenklima; (b) für die LehrerInnen Fragen zum<br />
Konferenzzimmer, den Lehrplänen, den Disziplinproblemen oder den Beziehungen<br />
unter den KollegInnen und (c) für die Eltern Fragen zu den Elternsprechtagen,<br />
den Beziehungen der Eltern untereinander sowie zu Stärken und<br />
Schwächen des Elternvereins. Eine weitere wichtige Einsatzmöglichkeit des<br />
MSS stellt (d) die Transferevaluation (v. SALDERN 1997, GRAUDENZ &<br />
RANDOLL 1992) dar. Es geht darum, die AbsolventInnen zur Relevanz ihrer<br />
schulischen Ausbildung bezüglich <strong>Universität</strong>s-, Berufs- und Alltagsleben zu<br />
befragen. Dabei wird nicht nur der Leistungs- sondern auch der persönlichkeitsbildende<br />
Aspekt schulischer Ausbildung in einem speziellen AbsolventInnenmodul<br />
berücksichtigt. Ferner (e) erlaubt der MSS auch die Entwicklung<br />
von ‚schulspezifischen Items’, die jeweils nur an der entsprechenden<br />
Schule sinnvoll einsetzbar sind, wie spezielle Zusatzangebote an dieser Schule<br />
(z.B. spezielles Informatikangebot, Maturaballvorbereitung, Zusammenarbeit<br />
mit örtlichen Vereinen etc.). Schließlich (f) besteht bei den SchülerInnenmodulen<br />
zusätzlich die Möglichkeit, schulstufenspezifische Module einzusetzen,<br />
wie etwa für die SchülerInnen der ersten Klassen (5. Schulstufe) zum<br />
Themenbereich Überstiegsprobleme oder für SchülerInnen der 4. bzw. 5. Klasse<br />
(8. bzw. 9. Schulstufe) Fragen nach den Gründen für den Schulverbleib bzw.<br />
einen Schulwechsel. Darüber hinaus wurden einzelne Module für den Einsatz in<br />
den ersten bis dritten Klassen (5. bis 7. Schulstufe) sprachlich an die Altersgruppe<br />
angepasst, um die Verständlichkeit seitens der jüngeren SchülerInnen zu<br />
gewährleisten. (vgl. Tabelle 1)<br />
Durch die Auswahl sowohl personengruppenübergreifender als auch persongruppenspezifischer<br />
Module können spezielle Schwerpunktsetzungen an den jeweiligen<br />
Schulen erfolgen: So kann etwa der Bereich ‚Aggressionen’ bei den<br />
SchülerInnen ausgespart werden, wenn kein Anlass zur Überprüfung dieses<br />
Bereichs besteht. Es könnte etwa das Submodul ‚LehrerInnen-Eltern-Interaktion’<br />
einer umfassenderen Untersuchung unterzogen werden, wenn sich Kommunikationsprobleme<br />
in der Vergangenheit störend bemerkbar gemacht haben.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 67<br />
So kann der Bereich ‚Administration’ vernachlässigt werden, falls die damit zusammenhängenden<br />
Agenden reibungslos funktionieren und zu keinerlei Klagen<br />
Anlass geben. Es könnte hingegen das Submodul ‚KollegInnen’ einer ausgedehnteren<br />
Untersuchung unterzogen werden, falls Kommunikationsabläufe,<br />
Cliquenbildungen etc. in der Vergangenheit zu Problemen geführt haben sollten.<br />
Unterstufenformulierung<br />
Oberstufenformulierung<br />
In dieser Schule lernt man, …<br />
In dieser Schule geht es darum, dass …<br />
wie man gut mit anderen zusammenlebt. soziale Fähigkeiten erworben werden.<br />
was richtig und gerecht ist. ethische Einstellungen erworben werden.<br />
wie die technischen Geräte funktionieren. technisches Verständnis gefördert wird.<br />
wie die Dinge (z.B. in der Natur)<br />
zusammenhängen.<br />
gelehrt wird, Zusammenhänge zu erfassen.<br />
Zusammenhänge zwischen den<br />
fächerübergreifende Zusammenhänge bewusst<br />
Unterrichtsgegenständen klar erkennen. werden.<br />
was für die Natur gut und was für sie schädlich<br />
ist.<br />
Sensibilität für die Natur gefördert wird.<br />
wie uns heute Zeitungen, Radio, Fernsehen und die Bedeutung der Massenmedien erkannt<br />
Computer beeinflussen.<br />
wird.<br />
anderen zu helfen, auch wenn es mir Nachteile die SchülerInnen zur Zivilcourage motiviert<br />
einbringen könnte.<br />
werden.<br />
sich durchzusetzen. Selbstbehauptungsvermögen ausgebildet wird.<br />
Tab. 1: Beispielformulierungen für Unter- und Oberstufe<br />
aus dem Modul ‚Bildungsziele’<br />
Module bzw. Submodule können folglich bestehen aus:<br />
(a) Item/Fragenaggregate: Das sind inhaltlich lose miteinander verknüpfte<br />
Items eines bestimmten Themenbereichs; einzelne Items können ausgewählt und<br />
isoliert eingesetzt werden. Beispiel: Schulveranstaltungen, LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktionen,<br />
Räumlichkeiten.<br />
(b) Item/Fragebatterien: Das sind inhaltlich stärker aufeinander abgestimmte<br />
Itemkombinationen; einzelne Items sollten nicht isoliert eingesetzt werden;<br />
meist können nur Kombinationen von Items sinnvoller Weise aus einer Fragebatterie<br />
herausgelöst und eingesetzt werden. Beispiele: Schulbewältigungsstrategien,<br />
Aggressionen, Bildungsziele.<br />
(c) Skalen: Die Items/Fragen sind hier so eng miteinander verflochten, dass<br />
ein isolierter Einsatz einzelner Items sinnlos (zumindest aber zweckwidrig) ist;<br />
die Items einer Skala bilden eine Ganzheit, die den geläufigen testtheoretischen
68 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Gütekriterien (Reliabilität, Validität) genügt. Beispiele: Prüfungsangst, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen.<br />
Zu den verschiedenen Themenbereichen wurden an der <strong>Universität</strong> Module ausgearbeitet,<br />
die ständig überarbeitet und verbessert werden. Außerdem werden<br />
auch bestehende Skalen übernommen oder inhaltlich für den Schulbereich adaptiert.<br />
Im Anhang (A.1) befindet sich eine Übersicht von wesentlichen Themen<br />
des Modulpools; eine Aufsplitterung dieser Themen bis auf Itemebene kann<br />
sowohl aus Platzgründen als auch wegen der permanenten Aktualisierung hier<br />
nicht angeführt werden. 6<br />
Um mit dem Modulpool effizient arbeiten zu können, wird jedem Item eine<br />
eindeutige Item-Bezeichnung (Item-Code) zugewiesen. Dies ermöglicht es auch,<br />
dass im Falle eines wiederholten Einsatzes des betreffenden Items an der gleichen<br />
Schule die Daten vernetzt werden können bzw. gleiche Items bei verschiedenen<br />
Schulen vergleichend zum Einsatz kommen können. Jedes Item bekommt<br />
einen achtstelligen Code, wobei das erste Zeichen ein Buchstabe ist, der dieses<br />
Item jener Personengruppe zuweist, die damit befragt wird: ‚S’ für SchülerInnen,<br />
‚L’ für LehrerInnen, ‚E’ für Eltern, ‚A’ für AbsolventInnen. Die nächsten<br />
drei Stellen verweisen auf das Modul, aus dem das Item stammt: z.B. S097<br />
bezieht sich auf Schulbewältigungsstrategien bei den SchülerInnenfragen. Im<br />
Modul E097 sind alle Items zu Schulbewältigungsstrategien der Eltern und in<br />
L097 jene für die Lehrerbögen abrufbar.<br />
E053 sind alle Fragen an die Eltern, die den Elternverein thematisieren, L053<br />
LehrerInnenfragen, die den Elternverein betreffen. Im Modul S053 sind demnach<br />
vergleichsweise wenige SchülerInnenfragen, die sich auf den Elternverein<br />
beziehen. Bei den meisten Modulen existieren einige Statements, die von allen<br />
drei Gruppen bewertet werden können. Darüber hinaus sind aber die Module je<br />
nach Relevanz für die einzelnen Gruppen unterschiedlich ausführlich und variieren<br />
im Gesamtumfang erheblich.<br />
Das Modul 065 bezieht sich beispielsweise auf den/die SchulleiterIn. Da für<br />
alle drei Personengruppen Fragen zum Thema Schulleitung bereitstehen, gibt es<br />
die Module S065, L065 und E065, wobei ein Teil der Fragen gleich lautend sein<br />
kann und ein anderer Teil der Fragen ausschließlich an eine bestimmte Personengruppe<br />
gestellt werden kann.<br />
6<br />
Interessierte LeserInnen können die jeweils aktuelle CD-Rom gegen einen Unkostenbeitrag von<br />
den Autoren erwerben.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 69<br />
Nach der eindeutigen Identifikation des Moduls folgt ein Unterstrich und<br />
dann neuerlich ein dreistelliger Zahlencode, der innerhalb eines Moduls mit<br />
‚_001’ beginnt und theoretisch bis ‚_999’ fortgeführt werden kann. Innerhalb<br />
eines vergleichbaren Moduls für SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern ist<br />
darauf zu achten, dass vergleichbare Items das gleiche Kürzel zugewiesen bekommen:<br />
z.B. das Item ‚Ich fühle mich in jenen schulischen Belangen, die mich<br />
betreffen, gut informiert’ kann für SchülerInnen (S028_101) oder LehrerInnen<br />
(L028_101) oder Eltern (E028_101) gleichermaßen eingesetzt werden. Dieses<br />
Item entstammt dem Modul 028 ‚Transparenz des Informationsflusses’. Items,<br />
die ausschließlich für den Einsatz an einer Schule entwickelt wurden, z.B.<br />
Bedarfsklärung eines schulspezifischen Freizeitangebots, bekommen als eindeutige<br />
Kennzeichnung eine Kombination aus MSS-Schulcode und laufender Itemnummerierung<br />
an dieser Schule; die erste MSS-Schule bekommt das Kürzel<br />
S800 bzw. L800 bzw. E800; nachfolgende Schulen die Nummern 801, 802 etc.;<br />
spezielle schulspezifische Items wäre demnach z.B. S805_043 oder E802_115.<br />
Durch diese Vorgehensweise ist gesichert, dass zusätzlich zu den angebotenen<br />
Optionen alle Fragen, die auch nur ein einziges Mal in einer einzigen<br />
Schule gestellt werden, in den Pool integrierbar sind. Die Modulauflistung und<br />
einige Prototypen von Fragebögen befinden sich im Anhang (A.3 bis A.8).<br />
Aus pragmatischen Gründen befindet sich im Fragebogen für jedes Item<br />
ganz rechts eine grau hinterlegte Spalte, aus der die genaue Modul-Adresse des<br />
Items hervorgeht, was eine Auswertungserleichterung darstellt (siehe Tabelle 2).<br />
Im Fragebogen selbst können die ausgewählten Statements so gemischt werden,<br />
dass sich keine Eintönigkeit beim Ausfüllen einstellt und Subskalen über das<br />
Instrument verteilt werden können.<br />
Ein Großteil der Items beim MSS misst ‚Einstellungen’, da es v.a. in der<br />
Ersterhebung bei Schulentwicklungsprojekten wichtig ist, die LehrerInnen-,<br />
SchülerInnen-, Elternmeinungen zu kennen und gegebenenfalls auf dieses<br />
Meinungsbild aufbauend Entscheidungen im Hinblick auf Entwicklungsziele zu<br />
treffen. Im MSS wird versucht, sowohl kognitive als auch affektive Aspekte zu<br />
operationalisieren und darüber hinaus einen Bezug zu konkreten Verhaltensintentionen<br />
herzustellen: Zusätzlich zum Statement ‚Es sollte an unserer Schule<br />
eine Arbeitsgruppe X geben’ (Forderung) erweist es sich als zweckmäßig nachzuhaken:<br />
‚Ich bin bereit, an der Arbeitsgruppe X mitzuarbeiten’ (Selbstverpflichtung).<br />
Solche Items haben den Zweck, der zunächst relativ unverbindlichen<br />
Forderung eine größere Verbindlichkeit zu verleihen. Über zusätzliche,<br />
meist offen gestellte Ergänzungsfragen, welche Erwartungen damit verknüpft
70 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
sind, kann die Motivlage eruiert werden, die hinter der Einstellungsaussage<br />
steckt.<br />
Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung durch<br />
Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den Mitschülern meiner<br />
Klasse.<br />
� � � � � S046_001<br />
Ich fühle mich in jenen schulischen Belangen, die mich betreffen, gut informiert � � � � � S028_101<br />
Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />
… � � � � � …<br />
Tab. 2: Auszug aus einem SchülerInnenfragebogen<br />
bestehend aus Items der Module 028 (Transparenz) und 046 (Klassenklima)<br />
Die meisten Fragen sind ‚geschlossen’ formuliert, also mit Antwortvorgaben.<br />
Dies erlaubt eine zeitökonomische Vorgehensweise in der Datenerhebung und -<br />
auswertung. Jede Frage kann nur einen inhaltlichen Aspekt erörtern; diese<br />
Anmerkung klingt zwar trivial, aber bei etlichen Schulentwicklungsinstrumenten<br />
stößt man auf das ‚two-in-one’-Problem, da offenbar versucht wird, mit wenigen<br />
Fragen auszukommen, dafür aber unzulässige Verknüpfungen von Aussagen in<br />
Kauf genommen werden: Bei SCHILF-Fortbildungen ist es beispielsweise<br />
mehrfach vorgekommen, dass LehrerInnen mangelhafte selbstkonstruierte Instrumente<br />
vorgestellt haben, in denen z.B. zwei Aussagen, die unterschiedlich<br />
bewertet werden konnten, in einem einzigen Item so kombiniert sind, dass eine<br />
eindeutige Beantwortung der Frage nicht mehr möglich ist: z.B.: ‚Unser<br />
Direktor informiert mich sehr gut und ermöglicht mir ausreichende Mitentscheidungsmöglichkeiten’.<br />
Der/die Antwortende könnte sich zwar gut informiert<br />
fühlen, aber andererseits der Meinung sein, nicht wirklich in Entscheidungen<br />
eingebunden zu werden – was soll er/sie nun ankreuzen?<br />
Da der MSS thematisch eher breit angelegt ist, gibt es (prinzipiell) keine<br />
Obergrenze an Fragen – wichtig ist, dass sie eindeutig, verständlich und treffsicher<br />
sind und verlässlich Auskunft über die Meinung der Befragten zu einem<br />
ganz bestimmten Sachverhalt geben. Zumeist werden die von der Schule ausgewählten<br />
Items im Fragebogen gut durchmischt, dennoch bleiben sie im überschaubaren<br />
Kontext zusammen, da dadurch für die Befragten eine thematische<br />
Struktur erkennbar bleibt.<br />
Kodierhilfe
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 71<br />
3.2.2.2 Am Schulprozess beteiligte Personengruppen<br />
Der MSS wurde so entwickelt, dass er die Einbeziehung aller drei im Schulprozess<br />
einer einzelnen Schule unmittelbar betroffenen Personengruppen – LehrerInnen,<br />
SchülerInnen und Eltern – erlaubt.<br />
3.2.2.2.1 LehrerInnen<br />
Im Zentrum der Überlegungen bei der Entwicklung des MSS stand zu Beginn<br />
die Notwendigkeit, LehrerInnenfragebögen aus dem Modulpool zu entwickeln.<br />
Inzwischen sind die meisten Module in adaptierter Form auch für Eltern und<br />
SchülerInnen einsetzbar. Die evaluierbaren Themen reichen von der schulischen<br />
‚Infrastruktur’, über ‚Interaktionen’, ‚Unterricht’, ‚Schulorganisation’, ‚Außenkontakte’,<br />
‚Aus- und Weiterbildung’ und ‚Schulethos’ bis hin zum ‚Schulentwicklungsprojekt’<br />
selbst. Die LehrerInnen können selbst entscheiden, wie sie<br />
die Schwerpunkte legen und wie umfangreich sie den Fragebogen gestalten.<br />
Im Zuge des Ausbaus der Autonomie erhalten die LehrerInnen die Möglichkeit,<br />
bei der Gestaltung ihres eigenen Unterrichts, aber auch eines eigenständigen<br />
Schulprofils verstärkt ihre individuellen Fähigkeiten und Ideen einzubringen.<br />
Daher wird im MSS zu diesem Thema ein Modul angeboten, um die<br />
Ressourcen der LehrerInnen, aber auch deren Grenzen heben zu können.<br />
Zu beachten ist, dass der MSS keinesfalls den, ein Schulentwicklungsprojekt<br />
vorantreibenden, Diskurs innerhalb der LehrerInnenschaft ersetzen kann. Er vermag<br />
allerdings die fundierte Datenbasis für diesen Prozess zu liefern bzw. beim<br />
formativen Einsatz nützliche Rückmeldungen für notwendige Korrekturen bereitzustellen.<br />
3.2.2.2.2 SchülerInnen<br />
Obwohl zahlenmäßig die stärkste der betroffenen Personengruppe, kamen die<br />
SchülerInnen bei anderen Schulentwicklungskonzepten meist nur – wenn überhaupt<br />
– in indirekter Form zu Wort, wenn nämlich LehrerInnen über Verbesserungen<br />
des Schulgeschehens befanden und damit auch über die SchülerInnen.<br />
Daher wurde bei der Entwicklung des MSS besonderes Augenmerk auf die<br />
adäquate Berücksichtigung der SchülerInnen gelegt. Schließlich sind sie es, die<br />
im Zentrum der schulischen Prozesse stehen (sollten).<br />
Andererseits wurde durch die Schulforschung der letzten Jahre immer wieder<br />
belegt, dass das Einvernehmen unter den beteiligten Gruppen ein wesentliches<br />
Element für das Gelingen schulischer und unterrichtlicher Bemühungen ist (vgl.<br />
etwa: NÖLLE 1993). Im MSS werden die SchülerInnen als MitgestalterInnen von
72 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Veränderungsprozessen aufgefasst, die – freilich altersspezifisch auf verschiedenen<br />
Niveaus – durchaus selber kritisch zu ihrer Arbeitssituation Stellung nehmen,<br />
Verbesserungsvorschläge einbringen und verantwortlich mitarbeiten können<br />
und dürfen. Will man nicht auf zweifelhafte Spekulationen über ihre Meinungen<br />
und Ansichten zurückgreifen, müssen die SchülerInnen selbst zu Wort<br />
kommen. „Eine schulweite Diagnose [...] bleibt unvollständig, wenn sie nur die<br />
Lehrerperspektive berücksichtigt, da die Einschätzung der betroffenen Kinder<br />
und Jugendlichen – quasi der ‚Kundschaft’ – fehlt.” (MÜLLER 1996, S. 22).<br />
Folglich wurde versucht, die SchülerInnenperspektive bei der Entwicklung der<br />
Module umfassend einzubeziehen, um auf ihrer Basis auch SchülerInnenfragebögen<br />
erstellen zu können.<br />
Damit der Modulfragebogen auch an den Langformen der Gymnasien (AHS)<br />
einsetzbar ist, mussten teilweise altersentsprechende Adaptierungen bei der<br />
sprachlichen Formulierung von Statements vorgenommen werden. In diese acht<br />
Jahre menschlicher Entwicklung fallen beachtliche Entwicklungsschübe und<br />
dementsprechende Veränderungen senso-motorischer, emotionaler, motivationaler<br />
und sozial-kognitiver Art. (Vgl. dazu: PIAGET & INHELDER 1986; MUSSEN,<br />
CONGER & KAGAN 1981) Daher musste bei der Modulentwicklung dem<br />
kognitiven Entwicklungsstand bezüglich des Itemverständnisses in einem<br />
Mindestmaß Rechnung getragen werden. Beim Modul ‚neue Fächer’ konnten<br />
etwa die Zehnjährigen (5. Schulstufe) selbstverständlich nicht einfach nach<br />
ihrem Wunsch bezüglich der Einführung eines Fachs ‚Ethik’ oder ‚Sozialerziehung’<br />
befragt werden. Es galt, die Bedeutung der Begriffe ‚Ethik’ und<br />
‚Sozialerziehung’ altersadäquat zu umschreiben. Überall dort, wo es unumgänglich<br />
war, wurden also altersentsprechende Anpassungen der sprachlichen Form<br />
der Statements durchgeführt. Die Adäquatheit der sprachlichen ‚Übertragungen’<br />
von Statements auf ein altersentsprechendes Niveau und deren Vergleichbarkeit<br />
mit den Ausgangsformulierungen muss allerdings erst noch anhand des<br />
inzwischen vorliegenden Datenmaterials einer Analyse unterzogen werden.<br />
3.2.2.2.3 Eltern<br />
Bis 1974 hatten die Eltern in Österreich den rechtlichen Status so genannter<br />
‚schulfremder Personen’ und mussten streng genommen für das Betreten der<br />
Schule eine Genehmigung einholen. An Mitbestimmung oder auch nur Mitberatung<br />
der Eltern in schulischen Angelegenheiten war folglich nicht zu denken.<br />
„Was das Schulleben betraf, hatten sie keine gesetzlich festgeschriebenen<br />
Rechte. Bildlich gesprochen – demokratisch-rechtsstaatliche Bedingungen fanden<br />
ihre Grenze am Schultor.” (REITMEIER 1991, S. 41). Mit der Verabschied-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 73<br />
ung des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) im Jahr 1974 erhielten die Eltern (ab<br />
der neunten Schulstufe im BHS-Bereich und ab der fünften Schulstufe in den<br />
AHS mit Unterstufe) in Österreich durch die Etablierung von Schulgemeinschaftsausschüssen<br />
(SGA) gesetzlich festgelegte und abgesicherte Mitbestimmungsrechte<br />
in insgesamt neun schulischen Entscheidungsbelangen. Darüber<br />
hinaus wurde den Eltern ein Mitberatungsrecht „in allen Fragen der Erziehung<br />
und des Unterrichts der Schüler” (SchUG-Novelle BGBl. 211/86 §62) eingeräumt.<br />
Der MSS trägt dieser Entwicklung hin zur verstärkten Demokratisierung der<br />
Schule Rechnung. Grundsätzlich können alle interessierten Eltern bei der<br />
Mitgestaltung des Schullebens mittels MSS eingebunden werden. So kann beispielsweise<br />
die Mitwirkung der Eltern durch gewählte VertreterInnen (z.B.<br />
Elternverein) erfolgen. Diese können an der Erstellung des MSS-Elternfragebogens<br />
(Modulauswahl) teilnehmen.<br />
Während in der einen Schule Spannungen zwischen Eltern und LehrerInnenschaft<br />
einen breiteren Einsatz der Eltern-LehrerInnen-Module als sinnvoll erscheinen<br />
lassen kann, mag in einer anderen Schule eher einer diffuse Unzufriedenheit<br />
mit dem Elternverein nachgegangen werden. Es besteht auch die Möglichkeit,<br />
Eltern in die Entscheidung einzubinden, wie viele und in welcher Form<br />
Elternsprechtage abgehalten werden sollten, oder ob die Fünf-Tage-Woche eingeführt<br />
werden sollte.<br />
Da Eltern nicht zuletzt für viele Schulveranstaltungen die Kosten für Auslandsaufenthalte,<br />
Sportwochen, Schullandwoche, Kulturveranstaltungen etc.<br />
tragen müssen, ist es mehr als angebracht, die Hauptträger der Lasten an der<br />
Planung zu beteiligen. Eltern könnten sich mittels MSS aber auch zu (vermeintlichen)<br />
Missständen – zu überzogenen oder aber unzureichenden Leistungsanforderungen<br />
und damit eventuell verbundenen (finanziellen) Belastungen (Nachhilfestunden,<br />
Mithilfe bei Hausaufgaben etc.) – äußern.<br />
Bereits der Umstand, in die Schulentwicklung eingebunden zu sein, eröffnet<br />
der Schule neue Perspektiven ‚von außen’, die bisher kaum so umfassend und<br />
unverzerrt in den Schulprozess eingebracht werden konnten. Die Anonymität<br />
der Fragebogenmethode wirkt der Angst mancher Eltern entgegen, durch kritische<br />
Äußerungen zum Unterrichts- und Schulgeschehen sich oder dem eigenen<br />
Kind zu schaden. Der MSS bringt somit die Eltern als unverzichtbare Partner im<br />
Schulalltag wesentlich stärker ins Spiel.
74 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
3.2.2.2.4 Schulpartnerschaft als gelebter Diskurs<br />
Alle drei am Schulprozess beteiligten Personengruppen werden im MSS berücksichtigt.<br />
Zum einen wird seitens des MSS-Teams bei der Ausarbeitung des<br />
Modulpools Wert darauf gelegt, dass einzelne wichtige Themenbereiche aus<br />
jeder der drei Interessenslagen und Perspektiven beleuchtet werden können.<br />
Diese Multiperspektivität sichert eine umfassende Erhellung schulischer Problembereiche.<br />
Zum anderen erhält jede Personengruppe die Möglichkeit, Module<br />
aus dem Modulpool für den Fragebogen der eigenen Gruppe, aber auch für<br />
die Fragebögen der anderen beiden Personengruppen auszuwählen. Schließlich<br />
sind auch alle drei Gruppen in die Entscheidung über den Umgang mit Daten<br />
eingebunden, der die individuelle Anonymität aufheben würde.<br />
3.2.2.3 Methoden<br />
Da den im Folgenden angeführten sozialwissenschaftlichen Datenerhebungsmethoden<br />
ein reichhaltiges Literaturangebot (z.B. ATTESLANDER 2000, DIEK-<br />
MANN 2004, BORTZ & DÖRING 2002) vorliegt, genügt es an dieser Stelle die<br />
Grundcharakteristik jedes dieser Methoden, sowie ihre Stärken und Schwächen<br />
überblicksartig darzustellen.<br />
3.2.2.3.1 Fragebogen<br />
Der Fragebogen dient zur schriftlichen Befragung von Personen, um dadurch für<br />
einen bestimmten Themenbereich relevante Informationen zu erheben. Grundsätzlich<br />
lassen sich zwei Arten von Fragen unterscheiden: offene und<br />
geschlossene Fragen. Bei offenen Fragen werden den Befragten keine Antwortmöglichkeiten<br />
vorgegeben, sondern die Formulierung der Antwort obliegt zur<br />
Gänze dem/der Antwortenden. Bei den geschlossenen Fragen werden Antwortkategorien<br />
vorgegeben, aus denen der/die Antwortende auszuwählen hat. Bei<br />
sogenannten ‚Ratingskalen’ wird der/die Befragte aufgefordert, den Grad der<br />
Zustimmung/Ablehnung zu einem vorgegebenen Statement anzugeben. Beim<br />
MSS kommen in diesem Fall meist fünfstufige Likertskalen (z.B. FEGER 1996)<br />
zum Einsatz. Es ist auch möglich, die Wichtigkeit der vorgelegten Antworten<br />
reihen zu lassen (Ranking).<br />
Da Fragebogenerhebungen sehr zeitökonomisch sind, finden sie in den<br />
Sozialwissenschaften häufig Anwendung. Auch bei MSS-Erhebungen wurde<br />
deshalb hauptsächlich diese Methode eingesetzt. Fragebogenerhebungen erlauben<br />
es, dass alle Personen (SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern) möglichst simultan<br />
Stellung zu den schulrelevanten Fragen beziehen. Durch diese Gleichzei-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 75<br />
tigkeit bei der Erhebung der Daten lassen sich verzerrende Effekte, wie etwa<br />
‚Inselbildungen von Meinungen’, vermeiden. Alle am Schulprozess beteiligten<br />
Personen können sich mit dem MSS unbeeinflusst von Opinionleadern und frei<br />
von Gruppendruck in Ruhe und anonym d.h. frei von Tendenzen zur sozialen<br />
Erwünschtheit in den Schulentwicklungsprozess von Anfang an einbringen.<br />
Vom MSS-Team wird immer die Empfehlung gegeben, ausreichend Zeit und<br />
Energie in die gemeinsame Diskussion bei der Itemauswahl zu investieren, um<br />
auf diese Weise die wichtigsten Fragen der Schule zu finden. Der Diskussionsprozess<br />
bei der Auswahl der Fragen stellt selbst einen nicht zu unterschätzenden<br />
Schulentwicklungsprozess dar, da sich die drei Personengruppen mit ihrer<br />
Schule auseinandersetzen müssen. Bisherige MSS-Einsätze zeigten, dass die<br />
Fragebögen maximal vier Seiten umfassen sollten. Beim MSS-Layout kommt<br />
man dann insgesamt immer noch in Abhängigkeit der gewählten Module auf<br />
120-180 Fragen. Diese vier DIN-A4-Seiten stellen nach bisherigen Erfahrungen<br />
einen gut zu bewältigenden Umfang dar, denn es zeigte sich bei SchülerInnen,<br />
LehrerInnen und Eltern ein erfreulich hoher Rücklauf von jeweils mindestens<br />
90%.<br />
Das diskursive Auswahlverfahren nimmt einige Zeit in Anspruch, stellt aber<br />
andererseits einen wichtigen Aspekt der Schulentwicklung dar: man muss sich<br />
mit der eigenen Schule auseinandersetzen und Gewichtungen unter den Themenbereichen<br />
vornehmen. Um den Diskussionsprozess effizient zu gestalten,<br />
setzt der Selektionsprozess nicht auf Itembasis, sondern auf Modulebene, an.<br />
Erst wenn abgeklärt ist, welche Themenbereiche (Module) relevant sind, wird<br />
auf die Itemebene gewechselt und eine weitere Eingrenzung relevanter Aspekte<br />
vorgenommen. Auf die prototypische Vorgehensweise wird in Kapitel 3.2.3<br />
ausführlicher eingegangen.<br />
3.2.2.3.2 Weitere Erhebungsmethoden im Überblick<br />
Fragebögen sind bislang die zentrale Erhebungsmethode des MSS. Zur Zeit<br />
arbeitet das MSS-Team daran, auch andere Erhebungsmethoden (insbesondere<br />
Beobachtungsbögen) zu entwickeln. Auch diese Instrumente können im Bereich<br />
Schulentwicklung sinnvoll eingesetzt werden. Es handelt sich hierbei vor allem<br />
um das Interview, die Beobachtung und den Test. Das MSS-Team betrachtet darüber<br />
hinaus auch die (geleitete) Diskussion als ein unverzichtbares Instrument.<br />
3.2.2.3.2.1 Interview<br />
Unter einem ‚Interview’ versteht man in den Sozialwissenschaften die mündliche<br />
Befragung einer Person durch eine/n InterviewerIn mit dem Ziel für einen
76 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Themenbereich relevante Informationen zu erhalten. Das Interview zählt, zusammen<br />
mit dem Fragebogen, zur am meisten angewandten sozialwissenschaftlichen<br />
Erhebungsmethode.<br />
Die wichtigsten Formen stellen das strukturierte (standardisierte) und das unstrukturierte<br />
Interview dar. Unter einem strukturierten Interview versteht man<br />
eine Befragung, bei der alle Details des Frageverhaltens des Interviewers (z.B.<br />
Themen- und Fragenreihenfolge) und das Reaktionsverhaltens des Interviewten<br />
(z.B. werden ausweichende Antworten nicht akzeptiert) genau festgelegt sind,<br />
um eine maximale Vergleichbarkeit von Daten zu erreichen, die (gegebenenfalls)<br />
von unterschiedlichen Interviewern systematisch erhoben wurden. Das<br />
unstrukturierte Interview geht hingegen von einer sehr allgemeinen Fragestellung<br />
aus und lässt dem Interviewten maximalen Spielraum bei der Beantwortung<br />
der Frage. Das unstrukturierte Interview eignet sich daher auch besonders<br />
dort, wo noch kaum Informationen zu einem bestimmten Themenbereich<br />
vorliegen; es dient daher in erster Linie explorativen Zwecken. Das strukturierte<br />
Interview ist vor allem dort angebracht, wo bereits Hypothesen zu einem Themenbereich<br />
vorliegen; es wird daher zur Hypothesenprüfung herangezogen.<br />
Bezogen auf den MSS bedeutet dies etwa, dass ein offenes Interview bei (zufällig<br />
oder gezielt) ausgewählten SchülerInnen eingesetzt wird, um sich einen<br />
ersten Überblick z.B. über Häufigkeit und Motive für Schulschwänzen an der<br />
Schule oder über Stärken und Schwächen der Schule zu verschaffen. Ein strukturiertes<br />
Interview könnte hingegen beim Themenbereich Aggressionen eingesetzt<br />
werden, da dieser Bereich wissenschaftlich bereits sehr gut untersucht ist<br />
und eine Reihe von ursächlichen Faktoren (körperlich Schwächere als Opfer,<br />
nur diffuse wahrgenommene Verhaltensregeln, (unbewusste) negative Verstärkung<br />
aggressiven Verhaltens durch LehrerInnen etc. – ausführlicher dazu:<br />
OLWEUS 1996) zielgerichtet im strukturierten Interview Schritt für Schritt ‚abgeklopft’<br />
werden können. Es eignet sich besonders dort, wo einzelne Personen<br />
oder zahlenmäßig kleine Personengruppen und nicht größere Gruppen befragt<br />
werden, also z.B. bei der Schulleitung, dem/der AdministratorIn, dem/der AbteilungsleiterIn,<br />
aber auch den Elternvereins- oder SGA-Mitgliedern.<br />
Da nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass bei sozial<br />
sensiblen Bereichen die Fragen auch immer wahrheitsgetreu beantwortet werden,<br />
wurden verschiedene Interviewtechniken entwickelt die dies sicherstellen<br />
sollen: das harte und das weiche Interview. Als ‚weich’ bezeichnet man ein Interview<br />
dann, wenn der/die InterviewerIn versucht, ein Vertrauensverhältnis zur<br />
befragten Person zu entwickeln, indem er/sie Sympathie gegenüber dieser Person<br />
(nicht aber gegenüber den spezifischen Inhalten der Antworten!) zeigt. Als
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 77<br />
‚hart’ bezeichnet man hingegen ein Interview, bei dem der/die InterviewerIn<br />
eine autoritäre Stellung gegenüber dem/der Interviewten einnimmt, also gewissermaßen<br />
eine ‚Verhörtechnik’ anwendet. Beide Formen scheinen geeignet,<br />
auch sozial sensible und daher nur latent vorhandene Sachverhalte und Meinungen<br />
aufzudecken. Folglich sind beide Techniken in der Schulentwicklungsarbeit<br />
dann sinnvoll einsetzbar, wenn bei einem Einsatz von Fragebögen mit Antworttendenzen<br />
in Richtung sozialer Erwünschtheit zu rechnen ist, oder der Schulentwicklungsprozess<br />
auf der Stelle tritt, ohne dass die Ursachen offen zur Sprache<br />
gebracht werden.<br />
In der Literatur wird zusätzlich zwischen Einzel- und Gruppeninterviews<br />
unterschieden. Gruppeninterviews werden beim MSS als spezielle Methode gesondert<br />
unter der Rubrik ‚Diskussion’ (vgl. 3.2.2.3.2.4) erörtert. Einzelinterviews<br />
sind bislang im Rahmen von MSS-Projekten meist aufgrund des hohen<br />
erforderlichen Zeit- und Personalaufwands in den damit einhergehenden finanziellen<br />
Erwägungen nicht zum Einsatz gekommen.<br />
3.2.2.3.2.2 Beobachtung<br />
In den Sozialwissenschaften versteht man unter ‚Beobachtung’ das aufmerksame,<br />
planmäßige und zielgerechte (kontrollierte) Wahrnehmen und Registrieren<br />
von Teilbereichen der Wirklichkeit (Vorgängen, Ereignissen, Verhaltensweisen<br />
von Menschen (und Tieren)) mit dem Ziel, den Gegenstand des jeweiligen<br />
Interesses möglichst genau zu erfassen. Es handelt sich daher bei der<br />
wissenschaftlichen Beobachtung im Gegensatz zur Alltagsbeobachtung um ein<br />
selektives, zielgerichtetes, objektives und systematisches Vorgehen.<br />
Beobachtung kann zum einen eine Kontrollfunktion haben, ob Befragte das,<br />
was sie vielleicht aufgrund von sozialer Erwünschtheit idealisierend von sich<br />
gegeben haben, auch tatsächlich tun. Andererseits muss man bei Beobachtung<br />
aber ebenfalls, sofern sie offen stattfindet, mit Reaktionen (z.B. sozialer Erwünschtheit)<br />
rechnen.<br />
Es lassen sich bei der Beobachtung als Datenerhebungsmethode einige Formen<br />
unterscheiden: (1) offen versus verdeckt, (2) Selbst- versus Fremdbeobachtung,<br />
(3) unsystematisch-unstandardisiert versus systematisch-standardisiert, um<br />
nur einige zu nennen.<br />
Ad (1): Bei einer verdeckten Beobachtung weiß der/die Beobachtete nicht,<br />
dass er/sie beobachtet wird, was ethische Probleme aufwirft, andererseits aber<br />
die Erfassung unverfälschten Verhaltens ermöglicht. Bei der offenen Beobachtung<br />
findet diese in Kenntnis der/des Beobachteten statt. Eine verdeckte<br />
Beobachtung ließe sich z.B. rechtfertigen, wenn die LehrerInnen bei einer Pau-
78 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
senaufsicht gezielt darauf schauen, ob und welche Verstöße gegen die Hausordnung<br />
in welchem Ausmaß in welchen Klassen besonders häufig auftreten<br />
(ohne jede Kleinigkeit gleich einzumahnen). Somit hat die Beobachtung den<br />
Zweck, einigermaßen gesichert Daten über diverse Regelverstöße zu erheben.<br />
Diese Daten können für Schulentwicklungsmaßnahmen (z.B. vor der Einführung<br />
eines Sozialtrainings in einer Klasse oder Schulstufe) den Ausgangspunkt darstellen;<br />
nach der Einführung eines solchen Trainings könnten neuerliche systematische<br />
Beobachtungen ergeben, dass in den Interventionsklassen im Vergleich<br />
zu den anderen Klassen etwa aggressives Verhalten seltener auftritt und somit<br />
die Intervention erfolgreich war. Bewusst könnte offene Beobachtung eingesetzt<br />
werden, wenn sich LehrerInnen gegenseitig hospitieren, um sich in Bezug auf<br />
klar definierte Beobachtungsziele (z.B. Umgang mit Störungen, Blickkontakt zu<br />
den SchülerInnen) Rückmeldung geben zu können. Natürlich sollte eine solche<br />
Sequenz mehrfach durchgeführt werden, da sich die Klasse bei einem nur ‚einmaligen<br />
Event’ dieser Art meist ‚untypisch’ verhält und somit eher ‚Schulinspektionsatmosphäre’<br />
ausgelöst wird. Wenn alle Betroffenen die Chance haben,<br />
sich an eine ‚beobachtete Situation’ zu gewöhnen, kehren sehr schnell die<br />
‚Alltagsmuster’ im Verhalten zurück, die dann im Feedback fokussiert werden<br />
sollen.<br />
Ad (2): Bei der Fremdbeobachtung hat der/die Beobachtende einen klaren<br />
Auftrag, was bei wem ‚unter die Lupe’ genommen und in welcher Form dies<br />
registriert werden soll. Bei der Selbstbeobachtung richtet die/der Beobachtende<br />
ihre/seine Wahrnehmung auf sich selbst (z.B. könnten alle SchülerInnen aufgefordert<br />
werden, eine Woche lang immer dann eine Notiz auf einem Vordruck zu<br />
machen, wenn sie ein Gefühl von ‚Angst/Ohnmacht’ empfinden – wer hat in<br />
welchen Situationen diese Emotion mit welcher Intensität wahrgenommen?).<br />
Dieser Befund kann insbesondere bei einer Schule, die sich im Schulleitbild ein<br />
‚angstfreies Lernen’ zum Ziel gesetzt hat, wichtige Daten zur realistischen<br />
Einschätzung des Ist-Zustands liefern. (Selbstverständlich ließe sich auch am<br />
Beispiel von ‚Humor’ oder ‚Schulfreude’ eine derartige Erhebung auf Basis der<br />
Selbstbeobachtung machen).<br />
Ad (3): Eine unsystematisch-unstrukturierte Beobachtung ist meist sehr vage<br />
und lediglich für die Exploration ratsam. Eine systematisch-strukturierte Wahrnehmung,<br />
die aufgrund ihrer Fokussierung sehr reliable und valide Ergebnisse<br />
liefert, braucht ein fundiertes Beobachtungskonzept und übersteigt bei der Erstellung<br />
schnell die methodischen Kenntnisse der SchulpraktikerInnen.<br />
Beobachtung hat zwar bei entsprechender Durchführung den Vorteil, objektive<br />
Daten zu liefern; die Grenze zur Interpretation verläuft aber in der Praxis
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 79<br />
leider oft allzu fließend. Beim MSS bietet sich Beobachtung insbesondere bei<br />
konkreten Schulentwicklungsprojekten fallweise an; aufgrund der Komplexität<br />
braucht es hierfür aber Hilfestellungen (Einschulungen) durch das MSS-Team.<br />
3.2.2.3.2.3 Test<br />
Unter einem ‚Test’ versteht man in den Sozialwissenschaften ein Messverfahren,<br />
mit dessen Hilfe der individuelle Ausprägungsgrad eines oder mehrerer<br />
empirisch feststellbarer Merkmale eines Menschen festgestellt und in Beziehung<br />
zur Verteilung der Ausprägung dieses Merkmals (dieser Merkmale) in einer<br />
gegebenen Population über die Eichstichprobe gesetzt werden kann. Es lassen<br />
sich u.a. folgende Testarten unterscheiden: Leistungs-, Persönlichkeits-, Einstellungs-,<br />
Motivations- und Verhaltenstest. (Vgl. auch ROST 2004, S. 45ff)<br />
Im Modulpool des MSS finden sich etwa Skalen zur Messung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen,<br />
Aggressionen, Schul- und Prüfungsangst sowie<br />
Schulunlust. Darüber hinaus ist es auch möglich, bei MSS-Einsätzen Leistungstests<br />
einzusetzen, die z.B. für die TIMSS- und PISA-Studien entwickelt wurden.<br />
Dies erlaubt den einzelnen SchülerInnen der Schule, sich untereinander, aber<br />
auch an den Ergebnissen der internationalen Erhebungen zu orientieren.<br />
3.2.2.3.2.4 Diskussion<br />
Unter ‚Diskussion’ versteht das MSS-Team primär das semi-strukturierte<br />
Gruppeninterview. Es spielt vor allem am Beginn von MSS-Schulentwicklungsprojekten,<br />
wie bereits oben erwähnt wurde, eine wichtige Rolle: Die Diskussion<br />
wird im Rahmen des MSS im explorativen Bereich der Modul- und Itemauswahl<br />
eingesetzt.<br />
Natürlich ist beim Einsatz der Diskussion als ‚Erhebungsmethode’ besondere<br />
Vorsicht geboten, da sich z.B. Opinionleader in den Vordergrund drängen können<br />
und das Gesamtbild so in Richtung Unifikation verzerrt werden kann. Daher<br />
ist bei diesem Instrument der Einsatz von professionellen DiskussionsleiterInnen,<br />
die über einen Fundus von Techniken verfügen, um derartige Verzerrungen<br />
zu vermeiden, unverzichtbar.<br />
Andererseits eröffnet die Diskussion aber auch Möglichkeiten und Chancen<br />
für den Schulentwicklungsprozess: Die Dynamik der Diskussion bietet dem<br />
MSS-Team Einblicke in systemische Zusammenhänge an der jeweiligen Schule.<br />
Bei sorgfältiger Durchführung stellt die Diskussion ein unverzichtbares Instrumentarium<br />
in der Schulentwicklung mittels MSS dar.
80 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Abschließend muss zum Thema Methoden klar festgehalten werden, dass der<br />
Einsatz nur professionell erfolgen darf, um zu interpretierbaren und verlässlichen<br />
Ergebnissen zu kommen. Da die notwendige Methodenkompetenz in der<br />
derzeitigen LehrerInnenausbildung nicht bzw. nur unzureichend vermittelt wird,<br />
bedarf die Schule der Unterstützung von außen. Diese wird durch das MSS-<br />
Team sichergestellt.<br />
3.2.3 MSS-Einsatzablauf<br />
Im Folgenden wird anhand von neun Schritten der idealtypische Ablauf eines<br />
MSS-Einsatzes skizziert. Teilweise Überschneidungen mit bereits vorgestellten<br />
Inhalten sind unvermeidbar. Diese sind jedoch für ein umfassendes Verständnis<br />
des Ablaufs eines MSS-Einsatzes unerlässlich und werden daher in Kauf<br />
genommen.<br />
Da ein MSS-Projekt sehr zeit- und personalaufwändig ist, braucht es in der<br />
Planung gewisse Vorlaufzeiten, um das Zeitbudget des Teams und der Schule<br />
aufeinander abzustimmen. Die Ausgangslage für ein MSS-Projekt ist für das<br />
Team insofern immer gleich, als bei der Kontaktaufnahme durch die Schule<br />
noch nicht abschätzbar ist, welche Themen vorrangig sein werden und welche<br />
Erwartungen an das MSS-Team herangetragen werden. Bisher ist noch kein<br />
MSS-Instrument in einer anderen Schule in gleicher Form zum Einsatz gekommen,<br />
und dies wird angesichts der schulspezifischen Unterschiede vermutlich<br />
auch weiterhin so bleiben.<br />
Es ist ein Grundprinzip für die Anbahnung eines MSS-Projekts, dass die<br />
Initiative von der Einzelschule ausgeht. Eine weitere conditio sine qua non des<br />
MSS-Einsatzes stellt die Bereitschaft zur Kooperation zwischen allen am Schulprozess<br />
beteiligten Personengruppen – LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern –<br />
dar. Ist diese nicht gegeben, so wird seitens des ForscherInnenteams der Einsatz<br />
des MSS abgelehnt. 7 Kann ein Konsens zwischen allen Schulpartnern hergestellt<br />
werden, so durchläuft der MSS-Einsatz immer – wenngleich auch oft in unterschiedlicher<br />
Intensität – die folgenden neun Schritte (vgl. Abbildung 8):<br />
7 Dies war bisher einige Male der Fall. In den meisten Fällen konnte kein Konsens zwischen<br />
ElternvertreterInnen und LehrerInnen bezüglich Modulauswahl und Umgang mit persönlichen<br />
Feedbackdaten der LehrerInnen erzielt werden.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 81<br />
Abb. 8: Die neun Schritte eines idealtypischen Ablaufs eines MSS-Einsatzes.<br />
1. Erstgespräch: Die Schule nimmt von sich aus mit dem MSS-Team Kontakt<br />
auf. Es wird ein Termin vereinbart, an dem das MSS-Team die Möglichkeiten<br />
und Grenzen eines MSS-Einsatzes jeder Personengruppe gesondert und ohne<br />
Anwesenheit von VertreterInnen der anderen beiden Personengruppen vorstellt:<br />
Dieses Treffen wird ‚Erstgespräch’ genannt. Zu diesem Termin sind alle offiziellen<br />
VertreterInnen der jeweiligen Personengruppen besonders eingeladen.<br />
Bei den LehrerInnen etwa die PersonalvertreterInnen, die SGA-Mitglieder und<br />
alle interessierten KollegInnen; bei den SchülerInnen sind dies die SchulsprecherInnen,<br />
die KlassensprecherInnen und KlassensprecherstellvertreterInnen,<br />
SGA-Mitglieder sowie interessierte SchülerInnen; für die Eltern sind in der<br />
Regel die gewählten ElternvertreterInnen (Elternvereinsobmann/frau, KlassenelternvertreterInnen<br />
etc.) und ebenfalls weitere interessierte Eltern anwesend.<br />
Somit sind potenziell alle ‚Betroffenen’ explizit eingeladen.<br />
Den Anwesenden wird ausreichend Möglichkeit für klärende Rückfragen an<br />
das MSS-Team geboten. Insbesondere die Problematik der Anonymität der<br />
Daten nimmt bei den LehrerInnen, aber auch bei den Eltern und SchülerInnen<br />
erfahrungsgemäß einen breiten Raum ein. Zu diesem Zeitpunkt müssen auch die<br />
weitere Vorgehensweise abgeklärt und die rechtlichen Rahmenbedingungen
82 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
fixiert werden, auf die im Abschnitt 3.2.4 genauer eingegangen wird. In dieser<br />
Phase wird fixiert, wie viele Aspekte maximal beim MSS-Projekt an dieser<br />
Schule einer Untersuchung unterzogen werden. Dies führt zur Bestimmung der<br />
maximalen Fragebogenlänge und zur Preiskalkulation des Projekts. Bislang<br />
waren es meistens die LehrerInnen, die in dieser Phase Bedenken anmeldeten,<br />
ob sich eine Untersuchung lohne. Es hat sich gezeigt, dass es für alle Seiten vorteilhaft<br />
ist, möglichen Vorbehalten entsprechenden Raum zu geben, damit auch<br />
die Skeptischen und Ängstlichen die Erfahrung machen können, dass jede/r<br />
ernst genommen wird und es nicht darum geht, möglichst schnell Fakten zu<br />
produzieren.<br />
2. Modulauswahl: Das MSS-Team wählt gemeinsam mit VertreterInnen jeder<br />
Personengruppe Themen aus, die für die eigene, aber auch für die anderen beiden<br />
Personengruppen an dieser Schule von besonderem Interesse sind. In dieser<br />
Phase besteht die Möglichkeit, dass für ganz spezielle Anliegen der jeweiligen<br />
Schule, für die bislang noch kein Modul vorliegt, vom MSS-Team ein neues<br />
Modul unter Einbeziehung der ExpertInnen vor Ort (LehrerInnen, SchülerInnen,<br />
Eltern) entwickelt wird.<br />
Hier haben sich unterschiedliche Vorgehensweisen bewährt, was u.a. von der<br />
Größe der Schule aber auch von den gegebenen organisatorischen Möglichkeiten<br />
abhängt; meist wurden SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern separat in<br />
dieser Phase begleitet, sodass zwischen den Gruppen nicht Druck oder Bevormundung<br />
(v.a. gegenüber den SchülerInnen) entsteht, sondern sich alle drei<br />
Gruppen intern mit der Materie vertraut machen können. Für jede Gruppe wird<br />
meist eine Zeitspanne von ca. zwei Unterrichtsstunden vorgesehen. In kleinen<br />
Schulen wurden alle SchülerInnen im Turnsaal vom MSS-Team in Groß- und<br />
Kleingruppenarbeit moderiert, in größeren Schulen wurden fallweise auch nur<br />
RepräsentantInnen der SchülerInnen (KlassensprecherInnen und StellvertreterInnen)<br />
eingebunden. Üblicherweise werden kleine Arbeitsgruppen von drei bis<br />
sechs SchülernInnen (klassenintern) gebildet, die eine Auflistung aller Module<br />
bekommen (siehe Anhang A.1). Diese dienen einer groben Strukturierung der<br />
schulrelevanten Themen. Jede Gruppe wird gebeten, jene Module zu kennzeichnen,<br />
die ihr als besonders wichtig erscheinen. Meist wird die mögliche<br />
Wahl auf zehn Module limitiert, damit sich jede Gruppe nach längeren Diskussionen<br />
auch intern einigen kann, welche Bereiche für sie für ein Meinungsbild<br />
an der Schule besonders bedeutsam sind. Bei Unklarheiten gibt das MSS-Team<br />
Hilfestellung.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 83<br />
Da insgesamt meist zwischen acht und fünfundzwanzig SchülerInnengruppen<br />
gebildet werden, entstehen entsprechend viele Wunschlisten, die im<br />
nächsten Schritt ausgewertet und aufeinander abgestimmt werden müssen:<br />
Welche Themen habe viele Gruppen gemeinsam, welche sind ganz bestimmten<br />
Klassen oder Schulstufen wichtig etc. Dieser erste Schritt der Modulauswahl<br />
soll helfen, dass nicht ca. 4.000 Items, sondern zunächst ‚nur’ 150 Module für<br />
jede Personengruppe zur Wahl stehen. In kleinen Schulen hat es sich bewährt,<br />
zusätzlich allen SchülerInnen jeweils ein Blatt Papier, aus dem die Klassenzugehörigkeit<br />
hervorgeht, zu geben, mit der Bitte, fünf Fragen bzw. Statements zu<br />
formulieren, die ebenfalls in den Fragebogen aufgenommen werden sollten.<br />
Darüber hinaus können zwei Fragen als besonders wichtig gekennzeichnet<br />
werden. Diese gewünschten Fragen werden vom MSS-Team durchgesehen,<br />
damit klar wird, ob sie bereits vom bestehenden Modulpool abgedeckt sind oder<br />
ob diese Fragen schulspezifische Bedeutung haben und bislang nicht vorgesehen<br />
sind.<br />
Solche SchülerInnenversammlungen, die aus Organisationsgründen am Vormittag<br />
stattfinden, beanspruchen meist zwei Unterrichtsstunden. Dies hat auf die<br />
SchülerInnen zweierler Auswirkungen: erstens wird ihnen klar, dass es eine für<br />
sie relevante Untersuchung ist, da sie – von Anfang an – eingebunden sind und<br />
zweitens, dass dieses Projekt so wichtig ist, dass (sogar) Unterrichtszeit dafür<br />
zur Verfügung gestellt wird.<br />
Am Nachmittag des gleichen Tages werden die LehrerInnen zum MSS-<br />
Treffen gebeten. Sie durchlaufen sinngemäß dasselbe Prozedere wie die SchülerInnen.<br />
Zum einen füllen sie das Blatt mit fünf besonders dringlichen Fragen<br />
aus, zum anderen arbeiten sie in kleinen KollegInnengruppen zusammen, um<br />
aus dem Modulpool die wichtigsten Module aus ihrer Sicht zu identifizieren. Es<br />
besteht hierbei die Möglichkeit zu differenzieren, welche Themen im LehrerInnenbogen,<br />
im Elternbogen und im SchülerInnenbogen angesprochen werden<br />
sollten. Die Personengruppen können demnach nicht nur für die eigenen Bögen<br />
wichtige Fragen festlegen, sondern auch Vorschläge unterbreiten, welche Fragen<br />
in den Fragebögen der anderen Personengruppen wichtig wären.<br />
Bislang wurden die Eltern von den Schulen für den frühen Abend desselben<br />
Tags eingeladen, um ihre Sichtweise festzulegen. Bei den Eltern waren mitunter<br />
sehr viele Interessierte dabei, manchmal nur eine kleinere engagierte Gruppe<br />
von ElternvertrerInnen. Die Einladung ergeht allerdings konzeptgemäß immer<br />
an alle. Am Ende dieser drei moderierten Sitzungen an einem Tag steht jeweils<br />
auch noch Zeit zur Verfügung, Fragen abzuklären, die weitere Vorgehensweise<br />
zu besprechen und jeweils Kontaktpersonen für das MSS-Team zu benennen,
84 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
die in den nächsten Schritten eingebunden sind. Manchmal sind dies die Mitglieder<br />
des SGA, gelegentlich melden sich aber auch andere Eltern. Der Modulauswahltag<br />
wird vom MSS-Team protokolliert. Auf Grundlage dieses Protokolls,<br />
der bearbeiteten Listen und der von den Anwesenden formulierten Fragen wird<br />
vom MSS-Team der Fragebogen in einer ersten Version zusammengestellt.<br />
3. Fragebogenerstellung: Das MSS-Team koordiniert die von den drei<br />
Personengruppen ausgewählten Module und erstellt einen ersten Fragebogenprototyp.<br />
Dieser Prototyp wird an die Schule – an alle drei Personengruppen<br />
bzw. deren VertreterInnen – meist aus Zeitgründen auf elektronischem Weg per<br />
E-mail zurückgemeldet; an der Schule werden von den Personengruppen Kürzungen,<br />
Ergänzungen oder Präzisierung vorgenommen. Dabei ist auch der gewünschte<br />
und vertraglich festgelegte Seitenumfang des Fragebogens im Auge zu<br />
behalten. Dieser Schritt wird so lange wiederholt, bis das Einverständnis aller<br />
drei Personengruppen bezüglich aller drei Fragebögen hergestellt ist. Diese<br />
Phase kann drei bis sechs Wochen in Anspruch nehmen. Schließlich wird die<br />
Endversion des Fragebogens in der erforderlichen Anzahl vervielfältigt und an<br />
die Schule geschickt.<br />
4. Datenerhebung: An der Schule wird nun die Ersterhebung bei allen drei Personengruppen<br />
(in etwa) gleichzeitig durchgeführt. Es wird eine Vollerhebung<br />
angestrebt, d.h. alle SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern können und sollen<br />
sich daran beteiligen. Durch die simultane Durchführung soll die Bildung von<br />
Meinungsinseln oder die Dominanz einzelner Personen vermieden werden. Dadurch<br />
wird erreicht, dass sich jede/r unbeeinflusst und ohne Angst vor Sanktionen<br />
zu relevanten schulischen Themen zu Wort melden kann. Insbesondere<br />
bei der SchülerInnenbefragung, die für alle SchülerInnen – soweit möglich<br />
(Schikurse, Schullandwochen etc.) – in derselben Stunde durchgeführt werden<br />
soll, ist auf die Wahrung der Anonymität zu achten: anwesende LehrerInnen<br />
dürfen während des Ausfüllens der Fragebögen durch die SchülerInnen keinesfalls<br />
durch das Klassenzimmer ‚patroullieren’ und den SchülerInnen ‚über die<br />
Schultern schauen’. Die KlassensprecherInnen versiegeln nach der vereinbarten<br />
Zeit ein Kuvert, das alle ausgefüllten Fragebögen enthält, mit ihrer Unterschrift.<br />
Die Kuverts aller Klassen werden zentral gesammelt und an das MSS-Team<br />
weitergeleitet. Die Datenerhebung selbst wird in allen Klassen im Ablauf<br />
standardisiert. (vgl. dazu Anhang A.9)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 85<br />
5. Datenauswertung: Die Eingabe der Daten für alle Personengruppen und die<br />
statistische Auswertung erfolgt durch das MSS-Team an der <strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong>.<br />
Zusätzlich erfolgt eine Interpretation der wichtigsten Ergebnisse. Die<br />
Fragebögen und Rohdaten bleiben an der <strong>Universität</strong> und werden dort archiviert.<br />
Keinesfalls – dies wird im Vertrag festgehalten – werden die Rohdaten an die<br />
Schule zurückgegeben, da dadurch an der Schule beispielsweise die Anonymität<br />
von Einzelpersonen aufgehoben werden könnte.<br />
6. Präsentation: Nach der Durchführung der Auswertung werden die wesentlichen<br />
Ergebnisse an der Schule mit Powerpointfolien präsentiert. Dazu werden<br />
wieder alle drei Personengruppen bzw. deren VertreterInnen eingeladen. Es werden<br />
die zentralen Ergebnisse der jeweiligen Zielgruppe vom betreuenden MSS-<br />
Team den drei Personengruppen (LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern) gesondert<br />
in einem jeweils etwa eineinhalbstündigen Vortrag präsentiert. Die Präsentation<br />
erlaubt es, offene Fragen gemeinsam mit dem MSS-Team abzuklären.<br />
Zusätzlich zum Vortrag bekommt die Schule Unterlagen in einfacher Ausfertigung,<br />
die ihr zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen: Dazu gehören<br />
der sogenannte Basisbericht (Zahlenbericht), die Antwortlisten aus den<br />
Ergänzungsfragen, der schriftliche Bericht mit weiteren Hinweisen für die<br />
Schulentwicklung, alle Powerpoint-Präsentationsfolien und schließlich eine CD-<br />
ROM mit der gesamten Dokumentation. Eine detailliertere Darstellung der<br />
Datenrückmeldung im Rahmen einer MSS-Evaluation wird im Abschnitt 3.2.5<br />
gegeben.<br />
7. Diskussion: Auf der Basis der erhobenen Informationen (z.B. Aggressionsarten<br />
und -häufigkeiten, Schwächen und Stärken der Schule, bislang ungenutzte<br />
Ressourcen, Beurteilung der Bildungsziele durch die drei Personengruppen in<br />
ihrer Ist- und Soll-Dimension etc.) findet nun – beginnend ab dem Zeitpunkt der<br />
Datenrückmeldung – ein Diskussionsprozess an der Schule mit dem Ziel statt,<br />
schulentwicklungsrelevante Themen aus den rückgemeldeten Daten herauszufiltern<br />
und Veränderungsmaßnahmen einzuleiten: vorhandene Stärken können<br />
weiter ausgebaut, vorhandene Ressourcen besser genutzt bzw. Problemfelder<br />
Schritt für Schritt einer Verbesserung zugeführt werden.<br />
In der Diskussionsphase ist primär abzuklären, welche Bereiche mit wenig<br />
Mühe schnell umgesetzt werden können, und welche mittel- und langfristige<br />
Planungen erfordern. Auf Basis der Daten kann festgestellt werden, welche<br />
Ziele nur für einzelne Gruppen von Bedeutung sind und welche von allen<br />
Schulpartnern verfolgt werden. Es bedarf einer realistischen Einschätzung, in
86 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
welchem Zeitraum ein Ziel erreicht werden kann. Die am Schulentwicklungsprozess<br />
beteiligten Personen erarbeiten gemeinsam das ‚MSS-Zielerarbeitungsblatt’<br />
(Tabelle 3) und kategorisieren die Ziele unter Berücksichtigung von Personengruppenakzeptanz,<br />
Wertigkeit und zeitlichem Aufwand. Ob die Ziele<br />
erreicht wurden, kann durch eine weitere Evaluation zu einem späteren Zeitpunkt<br />
abgeklärt werden.<br />
Ziel Wichtig für alle Personengruppen<br />
Wichtigkeit für eine Personengruppe<br />
Schüler+Lehrer+Eltern<br />
oder Subgruppe<br />
Kurzfristig … …<br />
Mittelfristig … …<br />
Langfristig … …<br />
Tab. 3: MSS-Zielfestlegungen für die Schulpartner<br />
unter Beachtung des Zeitaspekts der Realisierung<br />
Es können sich auf dieser Basis Steuer- oder Schulentwicklungsgruppen konstituieren,<br />
die in der Folge an der Zielerreichung arbeiten. Es kann zweckmäßig<br />
sein, dass mehrere Arbeitskreise eingerichtet werden, die unterschiedliche Projekte<br />
übernehmen.<br />
Dabei werden für die Motivationslage der potenziell Interessierten wichtige<br />
Grundentscheidungen getroffen: Es muss im Vorfeld abgeklärt werden, in<br />
welcher Form die Umsetzung stattfindet; dazu gehört auch, dass festzulegen ist,<br />
wie Personen informiert werden, die nicht der Arbeitsgruppe angehören, und in<br />
welcher Form Beschlüsse gefasst werden: ob die Arbeitsgruppe allein entscheidungsbefugt<br />
ist, ob LehrerInnenkonferenzen oder der SGA die Entscheidungen<br />
treffen, ob die Schulleitung der Arbeitsgruppe angehört oder nicht. Hier<br />
lassen sich keine verbindlichen Vorgaben durch den MSS machen, sondern es<br />
müssen die Rahmenbedingungen der Schule optimal genützt werden. Die mitunter<br />
aufwändige Abklärung der Arbeitsfähigkeit und Entscheidungsbefugnis<br />
der Schulentwicklungsgruppen ist ausschlaggebend für die Erfüllung der in den<br />
MSS gesetzten Hoffnungen, denn mit der Ersterhebung wurde lediglich der Start<br />
für eine empirisch fundierte Schulentwicklung festgesetzt. Der darauf aufbauende<br />
Prozess hängt ab diesem Zeitpunkt primär vom Engagement und den Arbeitsstrukturen<br />
vor Ort ab.<br />
Einige Schulen haben die Evaluation in ihre ‚Jahresberichte’ eingearbeitet,<br />
die am Ende des Schuljahrs alle LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern bekommen;<br />
somit wird eine umfassende Dokumentation veröffentlicht (vgl. auch<br />
PASCHON & RIFFERT 1996a & b). Auch die AbsolventInnenbefragung einer
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 87<br />
Schule (PASCHON & RIFFERT 1998f) sowie eine MSS-Datenerhebung zur<br />
Meinungsbildung hinsichtlich der Umstrukturierung des Angebots eines Abendgymnasiums<br />
(STEINKOGLER 2000) wurde auf diesem Weg möglichst vielen<br />
Betroffenen und auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<br />
Über diese Publikationen ist am ehesten gewährleistet, dass auch jenen, die das<br />
Geschehen nur am Rande mitverfolgen wollen oder können, keine<br />
Informationen vorenthalten werden (RIFFERT et al. 1999). Dass der MSS Wirkung<br />
zeigt und zur Diskussion anregt, soll exemplarisch anhand der zusammenfassenden<br />
Darstellung eines Direktors in seinem Schulbericht illustriert werden:<br />
„Das Ergebnis wurde jedenfalls später noch Gegenstand einiger Diskussionen<br />
unter den Lehrern und wurde in der pädagogischen Konferenz Ende Jänner noch<br />
einmal ausführlich thematisiert. Im Gespräch zwischen den Klassenvorständen<br />
und ihren Klassen wurden – hier insbesondere die klassenbezogenen Ergebnisse<br />
– ausführlich erörtert. Auch an Elternabenden war das Ergebnis oft Thema und<br />
Anlass zu umfassenden Diskussionen. Insgesamt hat diese Fragebogenaktion<br />
eine Momentaufnahme des Selbstverständnisses, aber auch des Selbstbewusstseins<br />
unserer Schule geliefert, die zumeist ein recht positives Bild zeichnet, gelegentlich<br />
aber auch Anlass zu Überlegungen gegeben hat, wie Dinge verbessert<br />
werden können.“ (BITTNER, Jahresbericht 1999, S. 7)<br />
Einige Schulen haben Teile der Evaluation bzw. Anmerkungen zum MSS auf<br />
ihre Homepage gestellt. Die Verwertung der MSS-Daten kann also sehr unterschiedlich<br />
erfolgen. Wenn der MSS-Bericht lediglich zur Kenntnis genommen<br />
wird, verkommt das MSS-Projekt allerdings zu einer Alibiaktion der Schule,<br />
was das MSS-Team aber letztlich nicht verhindern kann. Das Team versucht<br />
dem entgegenzuwirken, indem es bereits bei der Präsentation darauf aufmerksam<br />
macht, welche kleinen Änderungen schnell und mit überschaubarem Aufwand<br />
herbeigeführt werden können; solche ‚quick wins’ sind für die Aufbruchsstimmung<br />
wichtige Anknüpfungspunkte, damit es nicht beim ‚Bewundern der<br />
Graphiken’ bleibt. Mit dem Verfassen von Beiträgen in den Schulberichten zum<br />
Schuljahresausklang ist es nicht getan; diese können allerdings einen wichtigen<br />
Schritt in Richtung Schulprogramm darstellen, weil in diesen Artikeln ausgehend<br />
von den Daten konkrete Entwicklungsvorhaben skizziert werden und im<br />
günstigsten Fall eine Evaluation in Aussicht gestellt wird. In dieser Phase übernimmt<br />
das MSS-Team primär die ModeratorInnenrolle im Diskussionsprozess.<br />
8. Umsetzung: Die Umsetzungsphase besteht in der konkreten Ausarbeitung der<br />
Veränderungsmaßnahmen und deren Implementierung im Schulalltag. In dieser,<br />
wie auch schon in der vorangegangenen Phase, kann sich die Schule – und bis-
88 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
herige Erfahrungen zeigen, dass dies sehr sinnvoll und zielführend ist – von<br />
externen SchulentwicklungsberaterInnen im Rahmen von SCHILF-Veranstaltungen<br />
und/oder Supervisionen betreuen lassen. Prinzipiell kann auch das MSS-<br />
Team diese Begleitung übernehmen, es ist aber auch möglich, dass eine Schule<br />
mit anderen SchulentwicklerInnen auf Basis der empirisch erhobenen MSS-<br />
Daten die weiteren Maßnahmen betreut. Das MSS-Team wendet in dieser Phase<br />
– ausgehend von den Einträgen im MSS-Zielerarbeitungsblatt – das ZME-<br />
Modell (Ziele-Maßnahmen-Ergebnis-Schema) an, das im Kapitel 4 ausführlich<br />
beschrieben wird.<br />
9. Veränderungsmessung: Die Veränderungsmaßnahmen, die an der Schule<br />
durchgeführt wurden, müssen in einer zweiten Messung (Posterhebung) daraufhin<br />
überprüft werden, ob sie die erhofften Resultate erzielen bzw. ob evtl. unvorhergesehene<br />
und unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Diese Post-Erhebung<br />
muss keinesfalls so umfangreich wie die Ersterhebung sein, sondern sollte<br />
im Wesentlichen auf jene Bereiche beschränkt werden, in denen Veränderungsmaßnahmen<br />
initiiert wurden. Je nach Ergebnis dieser Post-Erhebung können die<br />
Veränderungsmaßnahmen beibehalten, modifiziert, wieder abgeschafft bzw.<br />
durch andere Maßnahmen ersetzt werden.<br />
Dieser idealtypische Phasenverlauf eines MSS-Einsatzes wurde in allen bisherigen<br />
MSS-Einsätzen realisiert; freilich wurden aufgrund verschiedener schulspezifischer<br />
Problemstellungen die einzelnen Phasen unterschiedlich intensiv<br />
ausgestaltet. Der Grundablauf hat sich aber aufgrund bisheriger Erfahrungen als<br />
zielführend erwiesen.<br />
3.2.4 Vertrag<br />
Das Ergebnis der Modulauswahl, der Umfang des Fragebogens und vor allem<br />
der Umgang mit den Daten, sowie die Präsentationsform jener Daten, die die<br />
Anonymität einzelner LehrerInnen aufheben würde, wird in einem Vertrag<br />
zwischen MSS-Team und der Schule schriftlich festgehalten. Diese vertragliche<br />
Regelung sowohl aller Pflichten des MSS-Teams als auch jener der Schulpartner<br />
ist unerlässlich, da nur so die nötige Klarheit bzgl. Rechte und Pflichten aller<br />
beteiligten Partner in allen Bereichen hergestellt werden kann.<br />
Zu den Pflichten des MSS-Teams gehören mindestens folgende Punkte:<br />
1. vertrauliche Behandlung (Weiterleitungsverbot) und Archivierung der<br />
ausgefüllten Fragebögen;
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 89<br />
2. Stillschweigen über schulspezifische Daten gegenüber Dritten;<br />
3. strikte Einhaltung der Vereinbarungen, die einvernehmlich bezüglich sensibler<br />
Daten (Aufhebung der Anonymität einzelner Personen) getroffen<br />
wurden und zwar sowohl bezüglich der quantitativen, als auch der qualitativen<br />
Daten (offene Fragen);<br />
4. dreifache Datenrückmeldung: persönliche Präsentation durch das MSS-<br />
Team vor Ort nebst zeitlichem Rahmen, Basisbericht (Zahlenbericht) und<br />
interpretativer Schlussbericht (beide auf CD-ROM), sowie Anzahl der zu<br />
erarbeitenden Grafiken und Umfang des Schlussberichts, Zeitraum der<br />
Datenrückmeldung;<br />
5. Vereinbarungen zum Auswertungsniveau (z.B. bei einzelnen Statements<br />
bis auf Klassenebene, bei anderen auf Schulstufenebene bzw. auf Unter-<br />
und Oberstufenniveau).<br />
Die Schule muss sich auf die Einhaltung mindestens der folgenden Punkte verpflichten:<br />
1. Bezahlung der vereinbarten Kosten für die Durchführung des MSS;<br />
2. zusätzliche Entrichtung der Fahrtspesen zu den üblichen Richtsätzen;<br />
3. selbstständige Organisation der Treffen mit dem MSS-Team und Durchführung<br />
der Erhebung nach den vom MSS-Team vorgegebenen Richtlinien;<br />
4. Einwilligung zur wissenschaftlichen Weiterverarbeitung (Verbesserung<br />
der MSS-Instrumente) und anonymisierten Publikation der Daten.<br />
Ein idealtypischer Vertrag ist im Anhang abgedruckt. (vgl. A. 2)<br />
3.2.5 Ergebnisrückmeldung<br />
Zwischen Datenerhebung und Präsentation vergehen in der Regel ca. drei bis<br />
vier Monate. Nach der Durchführung der Auswertung wird die Präsentation der<br />
wesentlichen Ergebnisse an der Schule durchgeführt – dafür ist ein ganzer Arbeitstag<br />
vorgesehen; es werden alle drei Personengruppen bzw. deren VertreterInnen<br />
eingeladen und wie bei der Modulauswahl separat über die Ergebnisse<br />
informiert. Fallweise ist es möglich, Unter- und Oberstufe getrennt zu informieren,<br />
was den Vorteil hat, die Ergebnisse noch adressatengerechter präsentieren<br />
zu können. Diese Vorgangsweise hat sich als ergiebiger erwiesen als ein<br />
einziger Vortrag vor allen Personengruppen gleichzeitig, da vor allem SchülerInnen<br />
und Eltern – aber auch die LehrerInnen – im differenzierten Setting
90 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
erfahrungsgemäß mehr Rückfragen stellen als dies bei der gleichzeitigen Anwesenheit<br />
aller Personengruppen der Fall ist.<br />
Es wird versucht, Überinterpretationen und damit ‚falsche Handlungsempfehlungen’<br />
– insbesondere durch Überstrapazierung von Kausalzusammenhängen<br />
– zu vermeiden (z.B. WOTTAWA 1994, S. 731). Diese Form der Präsentation<br />
(Vortrag mit Diskussion) erlaubt es, offene Fragen gemeinsam mit<br />
dem MSS-Team abzuklären.<br />
Zusätzlich zum Vortrag bekommt die Schule Unterlagen in einfacher Ausfertigung,<br />
die ihr zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen: Dazu gehören<br />
(1) Basisbericht (Zahlenbericht), (2) Antwortlisten zu den offenen Fragen, (3)<br />
schriftlicher Bericht, (4) Powerpoint-Präsentationsfolien und (5) eine CD-ROM<br />
mit der gesamten Dokumentation.<br />
Ad (1) Basisbericht 8 : Er orientiert sich jeweils an den eingesetzten Fragebögen.<br />
Aus Gründen der Übersichtlichkeit ähnelt diese Darstellungsweise möglichst<br />
dem eingesetzten Originalbogen (Tabelle 4) und enthält alle relevanten<br />
Daten, die beim MSS-Vortrag allen Zielgruppen erklärt werden, damit in der<br />
Folge ein prinzipielles Verständnis für das Lesen der schuleigenen Daten vorausgesetzt<br />
werden kann.<br />
(1) ...Zwischenmenschlicher Umgang (MUSTERBEISPIEL)<br />
Bitte in jeder Zeile die für dich am besten passende Antwort ankreuzen.<br />
* Rücklauf unter 90%<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Kodierhilfe<br />
Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />
Mitschülern meiner Klasse.<br />
� � � � � S046_001<br />
Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. � � � � � S046_003<br />
Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />
Tab. 4: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Originalbogen<br />
Anstelle der anzukreuzenden Kategorien bei einer fünfstufigen Skala von<br />
„stimmt genau“ bis „stimmt nicht“ werden pro Frage die Ergebnisse in Prozentwerten<br />
eingetragen (Tabelle 5). Pro Zeile sollen die Prozentzahlen demnach in<br />
Summe 100 ergeben; aufgrund der Vernachlässigung von Nachkommastellen<br />
können sich aber Rundungsfehler zwischen 98 und 102 ergeben.<br />
8 Als ausführlicheres Beispiel sei auf den SchülerInnenbasisbericht (A.4) vom Gymnasium X<br />
im Anhang verwiesen. Dieser basiert auf dem SchülerInnenfragebogen (A.3) dieser Schule.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 91<br />
(2) ...Zwischenmenschlicher Umgang (MUSTERBEISPIEL)<br />
Angaben in % der ausgefüllten Fragebögen<br />
* Rücklauf/Antwort unter 90%<br />
Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />
Mitschülern meiner Klasse.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht Mittel-<br />
wert<br />
38 20 21 3 18 2,43<br />
Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. 86 7 4 2 1 1,27<br />
Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. 5 19 53 17 6 2,89*<br />
Tab. 5: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Datenbasisbericht<br />
Das folgende Beispiel bezieht sich ebenfalls auf Tabelle 5: Das Item S046_001<br />
(„Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den Mitschülern<br />
meiner Klasse“) wurde bei den SchülerInnen eingesetzt, um die Kooperation<br />
(Klassenklima-Aspekt) abzufragen. Dieser Aussage haben 38% aller SchülerInnen<br />
voll zugestimmt, weitere 20% stimmten eher zu. 21% der SchülerInnen<br />
wählten die mittlere Kategorie, 3% lehnten diese Aussage eher ab. 18% aller<br />
SchülerInnen konnten dieser Aussage überhaupt nicht zustimmen. Natürlich<br />
könnte sich die Schule jetzt mit den 58% Befragten (38%+20% der Kategorien 1<br />
und 2) zufrieden geben, die offenbar mit der Hilfe von KollegInnen rechnen<br />
dürfen. Man könnte aber das Faktum, dass 21% aller SchülerInnen (Kategorien<br />
4 und 5) auf kollegiale Unterstützung nicht vertrauen dürfen – das ist jede/r<br />
fünfte/r SchülerIn – zum Anlass nehmen, an Möglichkeiten der Abhilfe zu arbeiten.<br />
Da Prozentzahlen gelegentlich ‚unpersönlich’ wirken, wird versucht, den<br />
Schulen bewusst zu machen, dass z.B. 30 SchülerInnen dieser MSS-Schule (mit<br />
150 SchülerInnen) bei dieser Umfrage klar deklariert haben, dass sie bei Lernproblemen<br />
(eher) keine Hilfe von MitschülerInnenn zu erwarten haben. So<br />
gelesen, lässt sich für die Schule (eher) ein Handlungsdruck ableiten, gezielt<br />
Kollegialität zu fördern, schulische Angebote zu setzen oder auch Tabuthemen<br />
im Schulentwicklungsprozess anzusprechen. Es ist also bei jeder Frage wichtig,<br />
wie sich die Personen auf die vorgegebenen Kategorien verteilen, ob es Häufungen<br />
links oder mittig oder rechts gibt, ob eine Frage stark polarisiert etc.<br />
Deshalb wird vom MSS-Team für jede Frage die vollständige Information über<br />
die Verteilung auf Prozentbasis zurückgemeldet. Diese Fakten sind Ausgangspunkt<br />
aller weiteren Analysen.<br />
In der ursprünglichen Spalte mit den Kodierhilfen – ganz rechts – werden<br />
(wenn zweckmäßig) die Mittelwerte für die jeweiligen Items (Aussagen) eingefügt.<br />
Erst in Verbindung mit den Prozentzahlen ist rekonstruierbar, wie der<br />
Mittelwert genau zu interpretieren ist. Da der Begriff der Streuung in den<br />
Schulen kaum verstanden wird, beschränkt sich das MSS-Team auf die Ver-
92 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
mittlung von Mittelwerten, Modalwerten und Prozentwerten über die Kategorien<br />
(als Ausdruck von Varianz). Weitere statistische Kennzahlen werden in der<br />
Rückmeldung an Schulen vernachlässigt, solange vom MSS-Team keine Notwendigkeit<br />
gesehen wird, auf weitere Kennzahlen genauer einzugehen.<br />
Der Modalwert – also die am häufigsten angekreuzte Kategorie einer Frage –<br />
wird zudem grau hinterlegt, um eine schnellere Orientierung zu gewährleisten.<br />
(Beispiel: 38% aller Schüler haben gesagt, dass sie Unterstützung bei Klassenkameraden<br />
finden würden. Keine der anderen Kategorien wurde von so vielen<br />
Schülern angekreuzt.) Der Modalwert dient als Blickfang, darf aber nicht als<br />
allein relevanter Kennwert ‚überinterpretiert’ werden.<br />
Natürlich ist es für eine seriöse Interpretation notwendig, alle Kategorien zu<br />
berücksichtigen, da die Antworthäufigkeit unterschiedlich streuen kann: es<br />
könnte sein, (a) dass beide Extremwerte von sehr vielen Befragten angekreuzt<br />
wurden, also die Frage stark ‚polarisiert’ oder (b) alle Kategorien annähernd<br />
gleich viele Befragte auf sich vereinigen, also eher eine (fast)-Gleichverteilung<br />
vorliegt oder (c) nur die Kategorien 1+2 bzw. nur 4+5 gewählt wurden und<br />
somit klare Zustimmung bzw. klare Ablehnung zu einem Sachverhalt signalisiert<br />
wird. Die Schulen werden angeleitet, für die Weiterarbeit auf die Verteilungsform<br />
der empirischen Daten zu achten, ohne dass sie mit Dispersionsmaßen<br />
überfordert werden.<br />
Schließlich werden jene Items seitlich mit einem ‚Stern’ symbolisch gekennzeichnet,<br />
bei denen die Rückmeldung so gering ist, dass eine Interpretation wenn<br />
überhaupt nur mit Vorsicht durchgeführt werden kann: ‚*’ bedeutet, dass<br />
weniger als 90% dieses Item bewertet haben; ‚**’ bedeutet, dass weniger als<br />
75% und ‚***’, dass weniger als 50% der Befragten eine Stellungnahme abgegeben<br />
haben. Diese Grenzwerte wurden willkürlich gewählt und entsprechen<br />
keinen Standards; es hat sich aber gezeigt, dass der Hinweis auf Valid-Percent<br />
eine Notwendigkeit für die Bewertung der Ergebnisse darstellt.<br />
Für die geringe Häufigkeit von Antworten bei einzelnen Fragen können verschiedene<br />
Ursachen in Frage kommen: Es könnte daran liegen, dass die Frage<br />
von vielen übersehen wurde oder etliche mit der Frage nichts anzufangen<br />
wussten oder absichtlich nicht beantwortet haben (z.B. aus Angst vor den Folgen<br />
oder weil die Frage sehr missverständlich oder zu ‚intim’ war).<br />
Die Basisberichte geben allen interessierten Personen die Möglichkeit, alle<br />
Resultate der Untersuchung einzusehen, auch wenn nicht alle Aspekte im mündlichen<br />
Vortrag unterzubringen sind. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil<br />
bei anderen Formen der Rückmeldung – wie z.B. im Schlussbericht – nicht die<br />
gesamte Fülle aller erhobenen Daten berücksichtigt werden kann, und daher
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 93<br />
durch das Evaluationsteam eine Auswahl jener Themenbereiche getroffen werden<br />
muss, die in seinen Augen für die Schule von größerer Bedeutung sind.<br />
Ad (2) Auflistung der Antworten zu den offenen Fragen: Die sogenannten<br />
‚offenen Fragen’ bieten SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern die Gelegenheit,<br />
ohne Vorgaben selber kurze Anmerkungen zu einzelnen Themenbereichen zu<br />
machen. Im Datenbericht wird nur darauf hingewiesen, wie viele Prozent diese<br />
Möglichkeit genutzt haben. Die konkret gegebenen Antworten werden im Wortlaut<br />
– sofern lesbar – gesondert als Listen ausgewiesen; diese werden bei den<br />
SchülerInnen auch nach Schulstufen geordnet. Auch wenn manche Anregungen<br />
öfter in ähnlicher Formulierung vorkommen, legte das MSS-Team Wert darauf,<br />
dass diese nicht zusammengefasst werden, sondern im Originaltext stehen<br />
bleiben. (In einem nächsten Schulentwicklungsschritt ist es natürlich angebracht,<br />
jene Meldungen, die gehäuft auftreten, genauer unter die Lupe zu nehmen, und<br />
‚Unsinniges’ auszuscheiden – das MSS-Team will diese Entscheidung nicht<br />
treffen, um nicht eine Zensur auszuüben.)<br />
Ad (3) Schriftlicher Bericht: Dabei handelt es sich um einen Text, der üblicherweise<br />
20-40 Seiten umfasst. Er soll (a) die Zusammenfassung der vielen<br />
Daten in den wesentlichen Zügen darstellen, (b) eine Anleitung für die Interpretation<br />
des Basisberichts geben und (c) eine Interpretation der aus Sicht des ForscherInnenteams<br />
wichtigsten Ergebnisse liefern.<br />
Daran schließt sich meist ein Vorschlag an, welche Implikationen sich aus<br />
den vorgestellten Ergebnissen und ihrer Interpretation für die Schulentwicklung<br />
ergeben könnten. Diese Vorschläge sind im Schriftbild vom restlichen Text<br />
(Datenpräsentation und Interpretation) klar und deutlich unterschieden (eingerahmter<br />
Fettdruck- oder Kursivdruck), um dadurch dem/der LeserIn auf den<br />
ersten Blick deutlich werden zu lassen, dass hier die Erhebung im engeren Sinne<br />
verlassen wird und mögliche Konsequenzen aus den Ergebnissen gezogen werden,<br />
also Vorschläge für den Schulentwicklungsprozess auf der Basis der vorliegenden<br />
Daten gegeben werden. Das MSS-Team gibt dabei nicht schon Lösungen<br />
vor, versucht aber, an den Schulen eine ‚Sensibilität’ für mögliche Anknüpfungspunkte<br />
einer auf Daten basierenden Schulentwicklung zu wecken.<br />
Der Grat zwischen Datenrückmeldung und Schulberatung ist sehr schmal;<br />
die Erwartungen der Schulen, zumindest die Potenziale für eine Schulentwicklung<br />
schemenhaft anzudeuten, hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass das<br />
MSS-Team diesem Wunsch verstärkt nachkommt. Wichtig ist dabei aber auch<br />
die Klarstellung, dass diese Texte ‚unverbindliche Empfehlungen’ sind und die
94 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Prioritätensetzung letztlich ausschließlich in der Hand der Schule sein muss.<br />
Dieser Schlussbericht bietet der Schule also explizite Anhaltspunkte aus schulexterner<br />
Sicht für die Schulentwicklung. Einzelne Aspekte werden in Form von<br />
Grafiken visuell aufbereitet.<br />
Ad (4) Powerpoint-Präsentionsfolien: Der Vortrag vor LehrerInnen, SchülerInnen<br />
bzw. Eltern wird mit Powerpointslides unterstützt. Die wesentlichen<br />
Ergebnisse werden als Graphiken an die Schule adressatengerecht zurückgemeldet.<br />
Dabei wird Gelegenheit geboten, Fragen zu stellen, Unklarheiten zu beseitigen<br />
und Anregungen für die Arbeit am Schulentwicklungsprozess zu liefern.<br />
Insgesamt werden pro Schule ca. 100 bis 250 Folien vorbereitet; einige dieser<br />
Folien werden für alle drei Zielgruppen verwendet, andere kommen nur in<br />
einem der Vorträge vor. Alle Vorträge sind jedoch in einem einzigen File gespeichert,<br />
das der Schule nach den Vorträgen überlassen wird. Im MSS werden<br />
für die Präsentation, so weit möglich und sinnvoll, graphische Darstellungsvarianten<br />
(zumeist Säulendiagramme) angestrebt.<br />
In Abhängigkeit vom Inhalt entscheidet sich letztlich, was die Optimalvariante<br />
ist. Es wird versucht, eine einheitliche Struktur aufzubauen, damit das<br />
Publikum auch über die Farben eine Informationsvermittlung bekommt: Daten,<br />
die von SchülerInnen kommen, sind immer blau (gleichgültig ob als Säulen,<br />
Balken etc.), Elterndaten sind grün und die LehrerInnendaten rot. Bei einer Vergleichsdarstellung<br />
aller drei Gruppen zum gleichen Thema erweist sich diese<br />
Vereinheitlichung als übersichtlich; da bei einem MSS-Vortrag viele unterschiedliche<br />
Themen angesprochen werden, ist es hilfreich, sich optisch orientieren<br />
zu können, von welcher Personengruppe die präsentierten Daten stammen.<br />
Einige Mustergraphiken sind auf der MSS-Homepage über den Link,<br />
URL: http://www.sbg.ac.at/erz/mss/index.htm, einsehbar.<br />
Ad (5) CD-ROM: Auf ihr sind alle Files von Punkt 1 bis 4 gespeichert,<br />
damit die Schule im Rahmen der Schulentwicklung die eigenen Daten<br />
weiterverwerten kann, um z.B. einzelne Ergebnisse auf der Homepage zu präsentieren,<br />
die Auflistungen nachträglich zu kategorisieren, einzelne Folien für<br />
Gespräche in den Klassen auszudrucken etc.; die Rohdaten befinden sich aus<br />
Datenschutzgründen nicht auf der CD-ROM. Die VertreterInnen der Schule<br />
sorgen dafür, dass die Ergebnisse für alle Interessierten – soweit vertraglich<br />
(z.B. bei Daten die einzelnen LehrerInnen betreffend) nicht anders vereinbart –<br />
für die Weiterarbeit zugänglich sind.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 95<br />
3.2.6 Metaevaluierung des MSS<br />
Den Anfang machte 1996 ein Gymnasium im ländlichen Raum. Seit damals<br />
wurde viel Zeit investiert, um in den Arbeitsabläufen bei MSS-Einsätzen zeitökonomischer<br />
und effizienter zu werden. Rückblickend ist als wichtigste äußerlich<br />
erkennbare Änderung die Reduktion der Fragebogenlänge zu nennen. Die<br />
Schulen wurden darin bestärkt, sich länger Zeit für eine gezielte Auswahl von<br />
Fragen zu nehmen, damit sie auf einem vergleichsweise kurzen Bogen Platz<br />
finden können. Das Layout der Fragebögen hat sich ebenfalls über die Jahre<br />
verändert – die Instrumente wurden zunehmend Platz sparender konzipiert, was<br />
von den Schulen im Hinblick auf Kostenersparnisse positiv vermerkt wurde.<br />
Weil ein MSS-Einsatz zeitlich sehr aufwändig ist – mehr als zwei Schulen<br />
pro Schuljahr wären mit dem derzeit zur Verfügung stehenden MSS-Personal<br />
nicht zu schaffen – sieht die bisherige Bilanz über die Anzahl der Schulen vergleichsweise<br />
bescheiden aus. Das liegt im Unterschied zu anderen Schulentwicklungsansätzen<br />
daran, dass beim MSS zu allen drei Personengruppen bzw.<br />
deren VertreterInnen ein persönlicher Kontakt hergestellt wird und sie so in die<br />
Schulentwicklung eingebunden werden. Das bedeutet eine arbeitsintensive<br />
Verzahnung zwischen Erziehungswissenschaft und Schule, die mit den<br />
verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen nur in begrenztem Umfang<br />
leistbar ist.<br />
Insgesamt gingen bislang 8.263 MSS-Bögen aus neun Schulen in die MSS-<br />
Datenmatrix ein. Da die Fragebögen trotz Rückgriff auf den Modulpool völlig<br />
unterschiedlich aussehen, wurden bisher rund 30 Fragebögen erstellt, die insgesamt<br />
ca. 230 Seiten umfassen; teilweise kommen gleiche Fragen (Items) bzw.<br />
Module – wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge und Kombination – vor.<br />
Viele Fragen sind bisher nur in einzelnen Schulen zum Einsatz gekommen und<br />
einige Module des MSS wurden noch nie genützt. Bedingt durch das Layout<br />
finden auf den sehr dicht beschriebenen Seiten durchschnittlich ca. 40 Items pro<br />
Seite Platz.<br />
Der MSS wurde bisher elf Mal eingesetzt. Davon waren acht Einsätze Ersterhebungen<br />
mit einer entsprechend diagnostischen Zielsetzung. Diese Erhebungen<br />
waren daher auch sehr umfassend. Der Seitenumfang der Fragebögen bewegte<br />
sich zwischen acht und dreizehn Seiten – je nach Modulauswahl durch die<br />
VertreterInnen der jeweiligen Schule. Bei zwei Erhebungen handelte es sich um<br />
AbsolventInnenbefragungen und einmal wurde eine Zweiterhebung (Überprüfung<br />
der Interventionseffekte) durchgeführt.<br />
In den bisherigen Evaluationsprojekten lag der Schwerpunkt auf dem Schultyp<br />
der AHS; jeweils einmal wurde der MSS an einer HTL und an einer Haupt-
96 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
schule eingesetzt. In fast allen Erhebungen waren alle drei zentral am Schulgeschehen<br />
beteiligten Personengruppen (SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern)<br />
eingebunden. (Vgl. Tabelle 6)<br />
Schule Typ Erhebung Schüler Seiten Lehrer Seiten Eltern Seiten<br />
Absolventen<br />
Seiten Summe<br />
800* AHS 1996 632 8 43 16 159 8 102** 6 936<br />
801* AHS 1998 694 12/FB 53 12 452 8 1199<br />
802* AHS 1998 350 12/FB 40 12 244 8 634<br />
803* AHS 1998 573 13/FB 49 12 350 8 972<br />
804* AHS 1998 584 11 42 9 191 8 817<br />
805 BHS 1998 507 13/FB 64 12 571<br />
807 AHS 2000 688 6/FB 61 4 510 4 1259<br />
807 AHS 2001 689 2 51 2 402 2 1142<br />
820 AHS 2000 313 2 116** 7 429<br />
851 HS 2002 148 4 16 5 140 4 304<br />
Summe 5.178 83 419 84 2.448 50 218 13 8.263<br />
Tab. 6: Aufstellung der MSS-Schulen 1996-2002, Anzahl der Fragebögen,<br />
Versionen und Bogenlängen<br />
* An diesen Schulen gab es innerhalb der Schulstufen 8 Varianten (jeweils eine Seite<br />
war stufenspezifisch konstruiert und die Unter- bzw. Oberstufe auch sprachlich<br />
altersgemäß adaptiert worden); in der BHS waren aufgrund der Unterteilung in<br />
Abteilungen und Schulstufen sogar 13 verschiedene SchülerInnenfragebögen notwendig<br />
geworden.<br />
** Die AbsolventInnenbefragungen wurden ein Jahr nach der Haupterhebung<br />
durchgeführt, weil sich die Schulen in der ersten Erhebungsphase primär auf jene<br />
Zielgruppe einstellen wollten, die aktuell im Schulgeschehen steht.<br />
Die AHS-807 ist bislang die einzige Schule, die bereits ein Jahr später eine MSS-<br />
Update-Studie durchgeführt hat, um zentrale Variablen auf deren Stabilität ‚kontrollieren’<br />
bzw. Interventionen evaluieren zu lassen. Andere Schulen haben entweder<br />
noch keine Zweituntersuchung gemacht, oder wie im Fall von AHS-800 nur gezielt<br />
Klassen, in denen Interventionen durchgeführt wurden, evaluiert.<br />
In den Schulen 801, 802, 803, 805 und 807 wurde das ausgesprochen aufwändige<br />
LehrerInnenfeedback (FB) eingesetzt (siehe Kapitel 5.7).<br />
Die genaue Darstellungen der einzelnen Schule und deren Ergebnisse liegen in Form<br />
von Projektberichten vor (PASCHON & RIFFERT 1996b, 1998a, b, c, d, e; PASCHON et<br />
al. 2000a & b; 2001a & b).<br />
Unter den teilnehmenden Schulen befanden sich Privatschulen und öffentliche<br />
Schulen, Schulen mit vielen (ca. 700) SchülerInnen und wenigen (ca. 300) SchülerInnen,<br />
Schulen am Land (in Kleinstädten) und im städtischen Zentralbereich<br />
(in Landeshauptstädten). Die bislang kleinste MSS-Schule (851) war eine<br />
Hauptschule mit 160 Schülern. Die Schule mit dem komplexesten Erhebungs-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 97<br />
design war eine Berufsbildende Höhere Schule (805), die mit fünf Abteilungen<br />
geführt wird, sodass insgesamt 17 unterschiedliche Fragebogenvarianten bei den<br />
SchülerInnen im Umlauf waren. Hier gelangte der MSS organisatorisch an die<br />
Grenzen des Bewältigbaren.<br />
An zwei Schulen wurde nach einer eintägigen Präsentation und eingehenden<br />
Diskussion der Vor- und Nachteile des MSS mit LehrerInnen, SchülerInnen und<br />
Eltern der Einsatz des MSS vom MSS-Team aus ethischen Gründen abgelehnt.<br />
Die Gründe lagen beide Male darin, dass sich die Schulpartner – immer waren<br />
es Eltern und LehrerInnen – nicht auf eine gemeinsame Modulauswahl und Vorgangsweise<br />
bei der Frage der Anonymität der erhobenen Daten, die Einzelpersonen<br />
betrafen, einigen konnten. Einmal sah sich eine Schule (in privater Trägerschaft)<br />
aufgrund explodierender Kosten im Zuge von umfangreichen Umbauarbeiten<br />
nicht in der Lage, die erforderlichen finanziellen Mittel für den MSS-<br />
Einsatz aufzubringen.<br />
Bei sechs Evaluationsprojekten wurden auch Maßnahmen für eine Metaevaluation<br />
des MSS durchgeführt, da überprüft werden sollte, ob die seitens des<br />
MSS-Teams an den MSS gesetzten Erwartungen gerechtfertigt waren. (Vgl.<br />
Tabelle 7) So wurden u.a. folgende Fragen gestellt: Wurden tatsächlich für diese<br />
Schule relevante Themenstellungen berücksichtigt? Wie hoch ist das Interesse<br />
an den Ergebnissen der Befragung? Hat man sich bis zum Schluss bemüht, die<br />
Fragen richtig zu beantworten?<br />
Obwohl die Fragebögen vor allem in den Pilot-Schulen (800-805) sehr ausführlich<br />
und damit auch sehr lang – aus heutiger Sicht zu lang – waren, haben<br />
sich fast alle Antwortenden (zwischen 85% und 98%) nach eigenen, anonymen<br />
Angaben bis zum Schluss bemüht, alle Fragen korrekt zu beantworten. Dies sind<br />
sehr erfreuliche Ergebnisse, die implizit auch für die Qualität der Fragen sprechen;<br />
denn erfahrungsgemäß neigt man bei Fragen, die als irrelevant empfunden<br />
werden dazu, das Ausfüllen des Fragebogens nicht ernsthaft und nicht vollständig<br />
durchzuführen. Die Schule 807 mit noch höheren Bewertungen stammt<br />
bereits aus der Zeit, als MSS-Bögen auf vier Seiten limitiert wurden.<br />
Auch das rückgemeldete Interesse an den Ergebnissen (zwischen 74% und<br />
95%) ist für eine sozialwissenschaftliche Fragebogenerhebung äußerst hoch.<br />
Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass die Grundkonzeption des MSS,<br />
nämlich die Integration von PraxisexpertInnen (und das sind alle Betroffenen<br />
Personengruppen: SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern) der richtige Weg war,<br />
um neben der Praxisrelevanz der Fragen auch ein hohes Interesse der Betroffenen<br />
an den erhobenen Ergebnissen sicherzustellen. Dieses Interesse an den Erhebungsresultaten<br />
wurde an den meisten der Schulen auch genutzt, um effizient
98 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Veränderungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, was sich bereits an einem<br />
hohen Engagement beim Ausfüllen der Fragebögen (Rücklauf) zeigt.<br />
Zustimmung der SchülerInnen (S), LehrerInnen<br />
(L) und Eltern (E) in<br />
Prozent zu folgenden Aussagen:<br />
Ich habe mich bis zum Schluss bemüht, die<br />
Fragen richtig zu beantworten.<br />
Ich bin an den Ergebnissen der Befragung<br />
interessiert.<br />
Dieser Fragebogen war mir zu lang.<br />
Der Fragebogen war leicht auszufüllen.<br />
Der Fragebogen war gut – ich halte viele<br />
Fragen für unsere Schule für wichtig.<br />
801 802 803 804 805 807<br />
S 91 92 88 84 92 97<br />
L 90 97 98 97 90 100<br />
E 94 96 98 97 n.e. n.e.<br />
S 85 92 80 74 86 92<br />
L 81 89 91 95 77 87<br />
E 79 84 87 86 n.e. n.e.<br />
S 57 50 70 56 56 17<br />
L 50 38 59 54 55 8<br />
E 56 50 58 53 n.e. n.e.<br />
S 42 39 39 55 52 67<br />
L 35 30 35 59 39 77<br />
E 41 43 42 47 n.e. n.e.<br />
S 61 64 58 53 53 78<br />
L 42 70 54 68 39 58<br />
E 53 58 56 64 n.e. n.e<br />
Tab. 7: Metaevaluation der MSS-Fragebögen;<br />
n.e. … nicht erhoben<br />
In allen Schulen war der Rücklauf bei den SchülerInnen mit (immer) über 90%<br />
am höchsten, an einer Schule betrug er sogar 96%. Die Erklärung dafür liegt<br />
wohl daran, dass die Bögen im Klassenzimmer in der regulären Unterrichtszeit<br />
ausgefüllt werden. Bei den LehrerInnen bewegt sich der Rücklauf im Regelfall<br />
zwischen 65% und 90%. Bei den Eltern war der Rücklauf in zwei Schulen<br />
äußerst gering (unter 35%); ansonsten betrug der Rücklauf der Elternbögen<br />
zwischen 62% und 77%. In der zuletzt durchgeführten MSS-Erhebung<br />
(PASCHON et al. 2003) konnte sogar bei den Eltern der beachtliche Rücklauf von<br />
rund 90% erzielt werden. Dies ist u.E. auf mehrere Faktoren zurückzuführen: (1)<br />
Direktorin und Elternverein sind mit ihrer Anfrage gemeinsam an der <strong>Universität</strong><br />
vorstellig geworden, was von Anfang an zeigte, dass dieses Projekt<br />
schulpartnerschaftlich getragen wird; (2) das MSS-Team ist inzwischen besser<br />
auf die Bedürfnisse der Eltern eingestellt und auch in den Vorgesprächen besser<br />
in der Lage, die Elternwünsche ‚herauszuhören und aufzugreifen’; (3) das<br />
Schreiben von Elternverein und Direktion signalisierte den Eltern, dass ihre<br />
Meinung wirklich gefragt ist – auch von jenen, die sich ansonsten nicht mit der<br />
Schule ihrer Kinder auseinandersetzen und (4) besitzt diese Stadtrandschule mit<br />
ihrer ‚Small-is-beautiful-Philosophie’ ein hohes Maß an Vertrautheit. Mit dieser
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 99<br />
Schule ist der MSS seinem Ziel einer Vollerhebung in allen drei Personengruppen<br />
sehr nahe gekommen. Die 10% fehlenden Daten lassen sich z.T. durch<br />
Absenzen zum Erhebungszeitpunkt erklären.<br />
Bei den SchülerInnen kommt ‚Verweigerung’ ganz selten vor, lediglich in<br />
der siebten bis neunten Schulstufe sind gelegentlich Fragebögen ‚auszuscheiden’,<br />
was mit Spezifika dieser Alterstufe (Pubertät) zusammenhängen dürfte. Im<br />
Regelfall sind die Bögen, abgesehen von kleineren offensichtlichen Fehlern, mit<br />
großer Sorgfalt ausgefüllt worden.<br />
Eine wichtige Erkenntnis über die Jahre war, dass (a) die Freiwilligkeit<br />
explizit zu garantieren ist, dass aber (b) die Ergebnisse auch für die als verbindlich<br />
angesehen werden, die keinen Fragebogen ausfüllen (wollen). Die Gruppe<br />
jener, die nach der Datenpräsentation das Wort für die ‚Nichtwähler’ ergreifen,<br />
hielt sich jedoch bislang wohl deshalb in Grenzen, weil ausdrücklich alle eingeladen<br />
werden, sich von Beginn an einzubringen. Unter diesen Umständen brauchen<br />
spätere Kommentare von Skeptikern oder Verweigerern nicht überbewertet<br />
zu werden.<br />
Alles in allem hat sich der MSS als ein sehr effizientes Evaluationsinstrument<br />
erwiesen, das neben dem primären Ziel der Evaluation auch noch den Vorteil<br />
besitzt, die betroffenen Personengruppen für die Schulentwicklung zu motivieren.<br />
Darüber hinaus erleichtert der MSS die Schulentwicklungsarbeit, indem<br />
er eine wissenschaftlichen Kriterien genügende, verlässliche und breite Datenbasis<br />
bereitstellt, auf der verantwortet und effizient gearbeitet werden kann.
100 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 101<br />
4. ZME – Eine Methode zur<br />
Schulentwicklungsarbeit mittels MSS<br />
Wenn im Zuge eines Evaluationsprojekts an einer Schule die diagnostische<br />
Phase abgeschlossen ist und damit die Ergebnisse der Ersterhebung vorliegen,<br />
dann beginnt der eigentliche Prozess der Schulentwicklungsarbeit auf der Basis<br />
dieser Resultate. Zunächst müssen aus den Ergebnissen der Erhebung jene Bereiche<br />
herausgegriffen werden, die verändert werden sollen (vgl. ausführliche<br />
Erörterung im Abschnitt 3.2.3, Tabelle 3). Dann müssen Interventionsmaßnahmen<br />
geplant werden und auch auf ihre möglichen Neben- und Fernwirkungen<br />
hin überprüft werden. Die Veränderungen selbst sind dann in der Zweiterhebung<br />
auf ihre Effektivität und Effizienz hin zu evaluieren.<br />
Da es sich bei Schulen um sehr komplexe Systeme handelt, können bei<br />
diesen Schulentwicklungsarbeiten vielerlei Fehler begangen werden, die zu<br />
Frustrationen und Demotivierung, ja schließlich sogar zum Scheitern des Prozesses<br />
führen können. Um solche Fehler und Unzulänglichkeiten weitgehend zu<br />
vermeiden, hat sich in der bisherigen MSS-Praxis ein Instrument als sehr hilfreich<br />
erwiesen: das Ziel-Maßnahmen-Ergebnis-Schema (kurz: ZME-Schema).<br />
4.1 TOTE-Schleife und ZME-Schema<br />
Das ZME-Schema basiert auf der von MILLER, GALANTER und PRIBRAM in<br />
ihrem für den cognitive turn in der Psychologie sehr bedeutsamen Werk Plans<br />
and the Structure of Behavior (1960) entwickelten TOTE-Schleife (Test-<br />
Operation-Test-Exit-Schema). Den Kern dieses Schemas stellt die Feedbackschleife<br />
dar. Das TOTE-Schema weist folgende Grundstruktur auf (vgl. Abbildung<br />
9):<br />
TEST1<br />
OPERATION<br />
TEST2<br />
Abb. 9: Grundstruktur der TOTE-Feedback-Schleife<br />
EXIT<br />
Diese Grundstruktur lässt sich folgendermaßen erläutern: Der ‚Test1’ stellt die<br />
diagnostische Phase des Schulentwicklungsprozesses dar (Ersterhebung). Auf
102 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
der Basis der in dieser Phase (z.B. mittels MSS) erhobenen Ergebnisse wird nun<br />
eine ‚Operation’, also eine Interventionen, geplant und durchgeführt. Der Begriff<br />
‚Operation’ steht hier für spezifische Interventionen, die an der Schule zur<br />
Verbesserung einer bestimmten aufgrund der Diagnose als unbefriedigend erkannten<br />
Situation gesetzt wurden. ‚Test2’ bezieht sich auf die evaluative Zweiterhebung,<br />
welche die Wirksamkeit der gesetzten Interventionen überprüft. Falls<br />
die Zweiterhebung positiv ausfällt, also die intendierten Veränderungen auch<br />
tatsächlich nachgewiesen werden, ist der entsprechende Teil dieses Schulentwicklungsprozesses<br />
(vorläufig) erfolgreich beendet (Exit). Zeigt die Zweiterhebung<br />
hingegen, dass die gesetzten Interventionen nicht die gewünschten<br />
Effekte erzielen, so müssen neue und/oder zusätzliche ‚Operationen’ (Interventionen)<br />
gesetzt werden. Dies wird durch den rückwärtsgerichteten Pfeil ausgedrückt.<br />
Die negativen Ergebnisse der Zweiterhebung führen also zu einem Feedback-Prozess,<br />
durch den die ursprünglich vorgenommenen Interventionen modifiziert<br />
werden. Es handelt sich um einen zyklischen Vorgang, wobei durch die<br />
Nichterreichung des Ziels jeweils ein neuer (verbesserter) Operate-Vorgang<br />
notwendig wird. Streng genommen handelt es sich dabei um eine ‚Spirale’, da<br />
durch die Rückkoppelung der Ausgangspunkt nicht exakt wiederhergestellt<br />
wird, sondern der Erkenntnisgewinn (des bisherigen Misslingens) für den jeweils<br />
nächsten Versuch mitberücksichtigt werden kann.<br />
TEST +<br />
1 EXIT<br />
OPERATE 1<br />
TEST 2<br />
OPERATE 2 TEST 3<br />
OPERATE 3 TEST 4<br />
Abb. 10: Darstellung des TOTE-Schemas mit seinen möglichen Rückkoppelungsphasen<br />
Da die dadurch notwendig gewordene neuerliche Intervention selbst auch wieder<br />
einer Überprüfung unterzogen werden muss, ergibt sich ein etwas komplexeres<br />
Schema, das in Abbildung 10 dargestellt ist. Die sich sequenziell wie-<br />
–<br />
–<br />
+<br />
+<br />
–<br />
…
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 103<br />
derholende Rückkoppelung bei (Noch-)Nichterreichung und die damit verbundenen<br />
Nachbesserungsarbeiten entsprechen dem formativen Evaluationsverständnis.<br />
Die Erreichung des Exit-Zustands kann als erfolgreiche summative<br />
Evaluation gesehen werden.<br />
Dieses erweiterte TOTE-Schema gibt die Grundstruktur jeglicher verantworteten<br />
Schulentwicklung wieder. Freilich stellt selbst diese etwas komplexere<br />
Darstellung des TOTE-Prozesses nur eine grobe Annäherung an die tatsächlich<br />
erforderlichen komplexen Prozesse dar, die im Zuge von Schulentwicklung zu<br />
bewältigen sind. Das TOTE-Schema lässt sich aber so adaptieren, dass es für die<br />
komplexe Arbeit im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen einen roten<br />
Faden und Effizienz steigernden Rahmen zu bieten in der Lage ist. (vgl. dazu<br />
Abbildung 11) Dabei entspricht die Schulentwicklung selbst dem Gesamtvorhaben<br />
(Schritte 0-11) und den MSS-Erhebungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />
fallen die Test-Sequenzen Prämessung (0) und Postmessung (10) zu. Die Daten<br />
der Postmessung geben Aufschluss, ob die vorab formulierten Ziele (2)<br />
durch die gesetzten Interventionen (9) erreicht wurden (=Exit (11)) oder ob weitere<br />
ZME-Phasen (1-9) benötigt werden. Dieser aus der einfachen TOTE-Schleife<br />
entwickelte komplexe neungliedrige ZME-Arbeitsleitfaden für den Bereich<br />
‚Operate’ (grau hinterlegt) wird nun Punkt für Punkt vorgestellt und erörtert. Es<br />
gilt zu beachten, dass auf jeder Stufe erneut eine eigene TOTE-Sequenz abläuft,<br />
auf die sinngemäß wiederum die neun Punkte angewendet werden können.<br />
Diese neun Punkte, die den komplexen ‚Operate’-Schritt ergeben, werden im<br />
MSS-Konzept als ZME-Schema bezeichnet.<br />
Ausgangspunkt des ZME-Schemas ist – wie auch schon bei der simplen<br />
TOTE-Schleife – ein ‚Test’ (Test1 des TOTE-Grundschemas), also die Feststellung<br />
eines bestimmten Ist-Zustands einer bestimmten gegebenen Situation. Der<br />
Zustand der Schule in einem oder mehreren ausgewählten Bereich wurde einer<br />
diagnostischen Evaluation unterzogen und die Ergebnisse liegen nun vor.<br />
Schlusspunkt des Schemas bildet auch hier das ‚Exit’. Dieser Punkt ist erreicht,<br />
wenn durch eine evaluative Zweiterhebung die Wirksamkeit bzw. Effizienz<br />
der implementierten Interventionsmaßnahmen bestätigt wurden. Wird die<br />
Effektivität hingegen durch das Evaluationsergebnis in Frage gestellt, so müssen<br />
die Interventionsmaßnahmen abgeändert, ergänzt oder aber (bis auf Weiteres)<br />
eingestellt werden.<br />
Zwischen diesen beiden Punkten liegen verschiedene Operation-Test-Sequenzen.<br />
Bei jedem dieser Punkte wird die gesetzte Operation z.B. die Zielformulierung,<br />
oder die Auswirkung der Intervention auf ihre Korrektheit hin<br />
überprüft bzw. getestet.
104 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
TEST 0<br />
TEST<br />
(Ersterhebung: diagnostische Erhebung, Evaluation)<br />
� +�<br />
ZME 1<br />
Worin besteht das Problem?<br />
(Wer definiert das Problem wie?)<br />
+�<br />
�<br />
2 Positive Zielformulierung und Kontrollierbarkeit<br />
+�<br />
- �<br />
3<br />
Woran lässt sich (von den Beteiligten) wahrnehmen,<br />
dass das Ziel erreicht ist?<br />
- �<br />
O +�<br />
P 4<br />
Situation der Realisierung<br />
(wo? wann? Was? wie lange? etc.)<br />
- �<br />
E +�<br />
R 5 Überprüfung der Auswirkungen auf den Kontext - �<br />
A +�<br />
T 6 Sind zusätzliche Hilfen nötig? - �<br />
E +�<br />
7 Bestehen noch Hindernisse?<br />
+�<br />
- �<br />
8<br />
Arbeitsaufteilung:<br />
Was macht wer mit wem, wann, wo, wie, bis wann etc.?<br />
+�<br />
- �<br />
ZME 9 UMSETZUNG DES KONZEPTS - �<br />
� +�<br />
TEST<br />
TEST 10 (Zweiterhebung: evaluative Überprüfung der<br />
Interventionsauswirkungen)<br />
- �<br />
� +�<br />
EXIT 11 EXIT<br />
Abb. 11: ZME-Schema: eine effiziente Methode für die Schulentwicklungsarbeit;<br />
+� (Teilzielerreichung) führt jeweils zum nächsten Schritt,<br />
während -� (Zielverfehlung) eine neuerliche Problemdefinition (1) nötig macht.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 105<br />
Das ZME-Konzept ist v.a. geeignet, noch vor der Inangriffnahme von Interventionen<br />
systematisch ein ganzes Bündel von Checks zu durchlaufen, um mögliche<br />
Fehlerquellen zu antizipieren. Diese potenziellen Fehler werden wiederum durch<br />
die kleinen TOTE-Feedbackschleifen in jedem Zwischenschritt bestmöglich<br />
ausgeschaltet. Die ZME-Phase kann zwar ein langwieriger und mühsamer<br />
Prozess für die Beteiligten sein, was sich aber dadurch rechtfertigen lässt, dass<br />
nicht im ersten Eifer nach dem Prinzip ‚trial-and-error’ vorschnell agiert wird,<br />
sondern die Chancen einer erfolgreichen Realisierung planvoll geprüft und erhöht<br />
werden. Versuch und Irrtum werden demnach systematisch in der Planung<br />
genutzt, um eventuell zu erwartende Fehler in der praktischen Umsetzung möglichst<br />
zu minimieren. Dadurch wird weitgehend verhindert, dass ein Projekt (unerwartet)<br />
ins Stocken gerät. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung aber auch, dass<br />
das Arbeiten mit diesem Instrument bei einiger Übung zu hoher zeitlicher und<br />
inhaltlicher Effizienz führt.<br />
Fällt die Überprüfung (Test) eines Teilschritts positiv aus, so kann dieser zu<br />
realisierende Teilschritt korrekt ausgeführt und der nächste Teilschritt in Angriff<br />
genommen werden. Fällt der Test hingegen negativ aus, so muss der gesamte<br />
Prozess wieder am Anfangspunkt, also bei der Problemdefinition (1), erneut begonnen<br />
werden.<br />
4.2 Das ZME-Schema im Detail<br />
Das aus der simplen TOTE-Schleife entwickelte komplexe neungliedrige ZME-<br />
Schema bietet einen wirksamen Arbeitsleitfaden. Er soll nun im folgenden<br />
Punkt für Punkt anhand eines illustrativen Beispiels aus der Schulentwicklungspraxis<br />
vorgestellt und erörtert werden. Als Beispiel wird der Umgang mit hohen<br />
Aggressionswerten bei UnterstufenschülerInnen einer bestimmten Schule herangezogen.<br />
4.2.1 Problemformulierung<br />
Im ersten Schritt (1) gilt es, aus den vorliegenden Evaluationsergebnissen einzelne<br />
Bereiche auszuwählen und als Probleme zu definieren, die im Zuge von<br />
Schulentwicklungsmaßnahmen bearbeitet d.h. möglichst gelöst oder zumindest<br />
minimiert werden sollen. Als Beispiel sollen die Evaluationsergebnisse zum Bereich<br />
‚Aggressionen in der Schule’ dienen. Es wird angenommen, dass die<br />
erhobenen Aggressionswerte der UnterstufenschülerInnen in einzelnen Klassen<br />
einer bestimmten Schule sehr hoch sind.
106 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Natürlich sind viele andere Beispiele denkbar, z.B. dass etwa ein sehr hoher<br />
Prozentsatz der SchülerInnen angibt, dass sie nach der vierten Klasse (8. Schulstufe)<br />
das Gymnasium verlassen, weil sie an der HTL (Höhere Technische<br />
Lehranstalt) eine bessere naturwissenschaftlich-technische Ausbildung zu bekommen<br />
glauben als im naturwissenschaftlichen Zweig dieses Gymnasiums;<br />
oder aber die Verbesserung der Transparenz bei der Verteilung der knapper werdenden<br />
Ressourcen an einer Schule.<br />
Die scheinbar so simple Aufgabe der Problemdefinition birgt aber bereits<br />
ihre Tücken. Evaluationsergebnisse bieten in der Regel nur Zahlen wie zum<br />
Beispiel Häufigkeiten und Mittelwerte. Welche Zahlen aus dem Evaluationsbericht<br />
nun als ‚problematisch’ bewertet werden (sollten/müssen), ist zunächst<br />
nicht klar und bedarf daher einer Entscheidung. 9 Und im Zusammenhang mit<br />
dieser Entscheidungssituation stellen sich mindestens zwei wichtige Fragen: (1)<br />
Wer entscheidet darüber, dass z.B. die Aggressionsrate der UnterstufenschülerInnen<br />
sehr (zu) hoch ist? Und: (2) Wie wird das Problem konkret formuliert.<br />
Bereits bei der Beantwortung dieser beiden Fragen werden entscheidende<br />
Weichenstellungen mit oft weitreichenden und langfristigen Auswirkungen auf<br />
den Schulentwicklungsprozess getroffen. Beide Fragen hängen natürlich partiell<br />
miteinander zusammen: Wie ein Problem definiert wird hängt auch davon ab,<br />
wer es definiert. Dies soll kurz illustriert werden.<br />
Man sollte sich Folgendes zunächst ins Gedächtnis rufen: ‚Mit dem Akzeptieren<br />
der Fragestellung (hier Problemdefinition) beginnt die geistige Unterwerfung!’<br />
Damit ist zunächst gar nicht einmal die Unterwerfung bzw. Auslieferung<br />
unter die verdeckten Zielsetzung eines Übel wollenden Manipulators gemeint,<br />
sondern ganz simpel und einfach unter die Fragestellung- bzw. Problemdefinition<br />
selbst. Frage- und Problemformulierungen setzen implizit Annahmen voraus,<br />
die mit dem Akzeptieren der Fragestellung bzw. Problemformulierung mit<br />
9 Bei MSS-Erhebungen wird – wie bereits weiter oben angeführt – allerdings vom MSS-Team<br />
ein schriftlicher Abschlussbericht mitgeliefert, in dem aus der Perspektive außenstehender<br />
ExpertInnen jene Bereiche benannt werden, die als problematisch erscheinen und sich von<br />
daher zunächst besonders für die Schulentwicklung eignen würden. Aber natürlich soll diese<br />
Nennung von Bereichen den am Schulentwicklungsprozess der jeweiligen Schule beteiligten<br />
Personen nur eine zusätzliche Hilfestellung bieten, keinesfalls soll dadurch in die Entscheidungsautonomie<br />
der Schulpartner eingegriffen werden. Die Schulentwicklung und<br />
damit natürlich auch die Definition der zu bearbeitenden Probleme werden von den Betroffenen<br />
vor Ort eigenverantwortlich durchgeführt. Es ist zielführend, dabei auf die MSS-<br />
Zielmatrix (siehe Kapitel 3.2.3, Tabelle 3) zurückzugreifen, um gemeinsam kurz-, mittel-,<br />
langfristige Visionen der einzelnen Personengruppen zu strukturieren.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 107<br />
eingehen und so oft unbewusst mitakzeptiert werden, obwohl sie durchaus fragwürdig<br />
sein können. Dies soll kurz anhand einer fiktiven Geschichte illustriert<br />
werden:<br />
„Es wird erzählt, dass in einem Parlament ein Finanzminister bei jeder seiner<br />
jährlich wiederkehrenden Budgetreden vom Gegenspieler einer Oppositionspartei<br />
mit Zwischenrufen genervt wurde, die immer auf die folgende der Art endeten<br />
„Stimmt es also, dass ... – Ja oder Nein! Und kein Herumreden um den heißen<br />
Brei, keine Ausflüchte! Sagen Sie endlich klar und deutlich die Wahrheit! Schenken<br />
Sie der Bevölkerung endlich einmal reinen Wein ein!“ Der Finanzminister,<br />
genervt durch dieses wiederholte Fordern einer Ja- oder Nein-Antwort, überlegte<br />
lange, wie er seinem Gegenspieler aus der Oppositionspartei diese unqualifizierten<br />
Einwürfe abgewöhnen könnte. Und schließlich kam ihm eine gute Idee. Als<br />
bei der nächsten Budgetrede der Finanzexperte der Opposition wieder seine Einwürfe<br />
machte und den Finanzminister auf ein „Ja oder Nein“ festnageln wollte,<br />
antwortete ihm der Finanzminister: „Damit Sie sich ein für alle mal merken, dass<br />
es Fragen gibt, die man sinnvoller Weise nicht mit Ja oder Nein beantworten<br />
kann, stelle auch ich Ihnen einmal eine Frage: „Stimmt es, dass Sie seit gestern<br />
aufgehört haben Ihre Frau zu schlagen? Und keine Ausflüchte jetzt! Lassen Sie<br />
das Wahlvolk nur ein einziges Mal nicht im Unklaren: Ja oder Nein und kein<br />
ablenkendes Herumgeschwafel!“<br />
Diese kleine Anekdote zeigt anschaulich, dass mit dem Akzeptieren von Fragestellungen<br />
auch implizite Voraussetzungen mitakzeptiert werden. In diesem Fall<br />
die Voraussetzung, dass der Gefragte zumindest bis zum gestrigen Tag seine<br />
Frau geschlagen hatte. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, dann kann die Frage<br />
auch nicht beantwortet werden. Man muss vielmehr weiter ausholen, um<br />
deutlich zu machen, warum die Fragestellung nicht akzeptiert werden kann und<br />
somit die Frage falsch gestellt ist.<br />
Zurück zum Thema Schule: Es könnte etwa die erhobene hohe Aggressionsrate<br />
bei den UnterstufenschülerInnen folgendermaßen als Problem formuliert<br />
werden: ‚Unser Aggressionsproblem liegt darin, dass die Eltern ihrer Erziehungsaufgabe<br />
bei Ihren Kinder, nämlich die Erziehung zu einem humanen und<br />
sozialen Miteinander in unserer Gesellschaft nicht nachkommen.’ In dieser Problemformulierung<br />
wird ein Versagen der Erziehung durch Eltern unterstellt.<br />
Diese legt natürlich (wenngleich auch logisch unzulässig) nahe, die Lösung des<br />
Problems dort zu suchen bzw. dorthin zu delegieren, wo das Problem ja auch<br />
entstanden sei: bei den Eltern! Es braucht nicht weiter dargelegt zu werden, wie<br />
wichtig hier die Mitwirkung der Eltern (aber auch der SchülerInnen) bei der<br />
konkreten Problemformulierung ist. Um nicht missverstanden zu werden: es<br />
geht hier nicht darum, eine Personengruppe schlechter als die andere darzu-
108 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
stellen. Auch von Elternseite erlebt man ein ganz Ähnliches (und damit genauso<br />
fehlerhaftes) Vorgehen: ‚Die Aggressionen finden in der Schule statt und daher<br />
sind die LehrerInnen gefordert, das zu unterbinden.’ Auch hier stellt die Teilnahme<br />
von VertreterInnen der beiden anderen Personengruppen – SchülerInnen<br />
und insbesondere der LehrerInnen – ein natürliches und wichtiges Korrektiv dar.<br />
Am besten ist man immer beraten, wenn man sich bei der Problemformulierung<br />
der Mutmaßungen über Ursachen eines Defizits enthält und stattdessen<br />
bei der Problemformulierung möglichst nahe bei der Beschreibung der Fakten<br />
(hier also bei der Höhe der Aggressionsrate) bleibt, ohne über Ursachenzusammenhänge<br />
zu spekulieren. Eine entsprechende Problemformulierung könnte<br />
etwa lauten: ‚Aus Sicht der LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen stellen die<br />
erhobenen Aggressionswerte ein Problem dar.’ Hier wird lediglich ein deskriptives<br />
Erhebungsresultat als Problem bewertet; Ursachen- oder gar Schuldzuschreibungen<br />
unterbleiben. Nun kann darüber nachgedacht werden, was jetzt<br />
von allen Beteiligten dazu beigetragen werden kann, um dieses Problem zu beseitigen<br />
oder zumindest zu minimieren.<br />
Dies mag den einen oder die andere LeserIn befremden. Denn – so könnte<br />
man fragen – erlaubt nicht erst eine Ursachenanalyse nachhaltige Veränderungen?<br />
Muss man das Übel nicht an seinen Wurzeln, also bei seinen Ursachen<br />
packen, um es dauerhaft beseitigen zu können? Im Rahmen von konkreten<br />
Schulentwicklungsprojekten ist es oft müßig, über die eigentlichen, vergangenen<br />
Ursachen (!) eines Problems zu spekulieren. Ob die Ursachen für eine erhobene<br />
hohe Aggressionsrate letztendlich z.B. in der Berufstätigkeit der Frauen und der<br />
damit zusammenhängenden zu frühen Abwesenheit der Mütter von ihren Kindern<br />
liegt, wie dies an einer Schule von einer zur Problemlösung an die Schule<br />
eingeladenen Psychoanalytikerin vertreten wurde, hilft in der konkreten Schulentwicklungssituation<br />
nicht sehr viel weiter – die SchülerInnen können nicht<br />
durch andere, deren Mütter nicht berufstätig waren, ausgetauscht werden. Abgesehen<br />
von der dadurch zumindest bei einigen anwesenden Müttern ausgelösten<br />
Betroffenheit, bringt eine derartige Ursachensuche, die von PsychologInnen als<br />
‚Kausalattribuierungen’ bezeichnet werden, zwar evtl. eine Entlastung für die<br />
SchulentwicklerInnen (da ja eine Ursache benannt ist, für deren Behebung aber<br />
die SchulentwicklerInnen nicht zuständig sind), für eine konkrete Problemlösung<br />
hingegen aber leider meist nur sehr wenig bis gar nichts. Damit wird<br />
nicht behauptet, dass derartige gesellschaftspolitische Analysen sinnlos wären.<br />
Nur bei der konkreten Schulentwicklungsarbeit führen sie häufig im einen Fall<br />
entweder zu einer ‚Verdammung der schlechten Gesellschaft’ (oder einzelner<br />
ihrer Elemente, z.B. der Mütter) und damit zur Verschiebung des Problems auf
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 109<br />
eine Ebene, auf der die Schulpartner nicht mehr eingreifen kann (was auch eine<br />
Entlastung sein kann) oder aber es entstehen gesellschafts- oder gar parteipolitische<br />
Grabenkämpfe, die ebenfalls konkrete und konstruktive Lösungen auf<br />
Schulebene eher behindern denn befördern. In der Schulentwicklung sollte man<br />
möglichst lösungs- und damit zielorientiert vorgehen: Welche Mittel stehen uns<br />
hier und heute und unter den gegebenen Rahmenbedingungen zur Verfügung,<br />
um ein bestimmtes Ziel zumindest teilweise zu erreichen?<br />
Wenn mit dem MSS gearbeitet wurde, ist die Gefahr, dass man sich bereits<br />
bei diesem ersten Punkt in selbstfabrizierten Fallstricken verfängt, etwas geringer:<br />
Zunächst setzt nämlich jeder MSS-Einsatz voraus, dass alle betroffenen<br />
Personengruppen zu Wort kommen können, wenn sie dies wünschen. (Bei MSS-<br />
Einsätzen werden Vollerhebungen über alle betroffenen Personengruppen angestrebt.)<br />
Dies reduziert die Gefahr, dass Problemformulierungen auf der<br />
Grundlage eines einzelnen gruppenspezifischen Interesses – ob bewusst oder unbewusst<br />
spielt hier zunächst nur eine untergeordnete Rolle – alleine vorgenommen<br />
werden können.<br />
Des Weiteren erlauben die immer wieder möglichen Ist-Soll Vergleiche eine<br />
schnelle Orientierung, in welchen Bereichen Schulwirklichkeit (Ist) und Ideal<br />
(Soll) besonders weit auseinander klaffen bzw. aus Sicht welcher Personengruppe(n)<br />
dies der Fall ist. Gerade jene Bereiche, bei denen zwischen allen drei<br />
Personengruppen, der SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern hoher Konsens bezüglich<br />
der Ist-Soll-Diskrepanzen besteht, bieten sich daher besonders für erste<br />
Projekte in der Schulentwicklungsarbeit an.<br />
Bei Fragestellungen, wo aus der diagnostischen Erhebung keine Ist-Soll-Diskrepanzen<br />
entnommen werden können, muss Klarheit darüber herrschen, dass<br />
die Evaluationsergebnisse vor dem Hintergrund der entsprechenden Standards<br />
der am Schulentwicklungsprozess beteiligten Personen(gruppen) bewertet werden.<br />
Es muss also allen bewusst sein, dass etwa darüber entschieden wird, ob<br />
eine bestimmte Aggressionsrate bei SchülerInnen ein Problem darstellt oder<br />
nicht.<br />
Für die Problemdefinition sollte sich das Schulentwicklungsteam ausreichend<br />
Zeit lassen, denn hier werden – wie gesagt – die Weichen gestellt. Es<br />
ist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll, alle Probleme gleichzeitig lösen zu<br />
wollen. Beim MSS-Einsatz wird versucht, anhand einiger konkreter Probleme<br />
das TOTE-Konzept (zuerst für alle, dann in kleinen Arbeitsgruppen) ‚durchzuspielen’,<br />
damit für die Anwesenden dieses Konzept geläufiger wird und später<br />
ohne MSS-Team zur Anwendung kommen kann. Später können sich inhaltlich
110 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
arbeitsteilige Gruppen bilden, die sich der Lösung bestimmter Probleme annehmen.<br />
4.2.2 Zielformulierung<br />
Aber auch beim zweiten wichtigen Schritt, der Zieldefinition und -formulierung,<br />
können bei Beachtung einiger einfacher Regeln frustrierende Erfahrungen minimiert<br />
werden.<br />
Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass ein (noch so gut formuliertes)<br />
Problem noch kein Ziel darstellt, das man anstreben könnte. Häufig wird in<br />
Problemlösungssituationen der Fehler begangen, dass man bei der Problemformulierung<br />
hängen bleibt und das Ziel ganz einfach als die Negation des Problems<br />
definiert. Eine entsprechende ‚negative’ Zielformulierung könnte etwa so<br />
lauten: ‚Die UnterstufenschülerInnen sollten nicht mehr so aggressiv sein.’ Der<br />
Nachteil solch ‚negativ’ formulierter Ziele liegt auf der Hand: niemand hat eine<br />
Vorstellung davon, was getan werden kann, um das Ziel zu erreichen, da das<br />
Ziel lediglich als Abwesenheit des Problems formuliert wurde. Die Situation soll<br />
nur ‚irgendwie’ anders werden. Als einziger Ausweg bietet sich in Situationen<br />
mit negativ formulierten Zielen daher meist nur der Appell an die SchülerInnen<br />
an, ihr aggressives Verhalten zu unterlassen. Die Sinnhaftigkeit solcher Aufrufe<br />
und ihre Wirkung darf allerdings bezweifelt werden. Woher sollten die SchülerInnen<br />
wissen, wie sie mit dem Problem der Aggressionen konstruktiv umgehen<br />
können, wenn es die pädagogisch gebildeten LehrerInnen schon nicht wissen?<br />
Mit einem negativ formulierten Ziel findet sich eine Schulentwicklungsgruppe<br />
in einer ähnlich unbefriedigenden Situation wie ein Raucher, dessen Ziel es ist,<br />
nicht mehr zu rauchen. Sein negativ formuliertes Ziel, das Rauchen aufzugeben,<br />
bietet ihm keinerlei Anhaltspunkte dafür, was er unternehmen kann, um sein<br />
Verhalten zu ändern.<br />
Ähnlich verhält es sich mit Zielen, die komparativ formuliert sind: „Das<br />
Klima zwischen KollegInnen sollte besser werden.“ Worin genau besteht das<br />
‚besser’ eigentlich? „Die Komparative deuten an, dass man gar nicht genau<br />
weiß, wie der angestrebte Zustand nun eigentlich aussehen soll; er soll eben<br />
anders sein.“ (DÖRNER 2002, S. 76)<br />
Daher sollten Ziele immer positiv und spezifisch formuliert werden. Im Falle<br />
des Rauchers könnte eine solche Zielformulierung etwa folgendermaßen lauten:<br />
„Ich ersetze einen Impuls zu rauchen durch andere Handlungen: z.B. Kauen<br />
eines Nikotimkaumgummis.“ Dieses positiv und spezifisch formulierte Ziel gibt<br />
dem Raucher Hinweise, wie er sein Ziel erreichen kann. Am wichtigsten: er<br />
muss einen (Nikotin-)Kaugummi zu sich nehmen, wenn er den Drang zu
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 111<br />
rauchen verspürt. Um dieses Verhalten ausführen zu können, muss er aber auch<br />
einen (Nikotin-)Kaugummi bei sich haben. Um ihn bei sich haben zu können,<br />
muss er sich einen besorgt haben. Diese Beispiele scheinen vielleicht auf den<br />
ersten Blick sehr simpel zu sein. Tatsächlich stellen sie aber unerlässliche<br />
Schritte zur wirksamen Erreichung des angestrebten Ziels dar.<br />
Bezogen auf unser Schulbeispiel könnte eine ‚positive’ Zielformulierung<br />
etwa so lauten: „Die UnterstufenschülerInnen regeln ihre Konflikte auf eine<br />
sozial angemessene Weise.“ oder: „Die UnterstufenschülerInnen sind in der<br />
Lage, aggressive Impulse zu kontrollieren.“ Für das zugrunde liegende Problem<br />
wären viele weitere positiv formulierte Ziele möglich.<br />
Neben der positiven Formulierung von Zielen ist die Beachtung noch eines<br />
weiteren Hinweises von Bedeutung: die Erreichung des Ziels muss unter der<br />
Kontrolle der an der Zielerreichung interessierten Person(en) liegen.<br />
Dieser Aspekt ist sehr wichtig, wird aber immer wieder verletzt. Ziele, die<br />
nicht unter der eigenen Kontrolle liegen, sind Wünsche; Wünsche können nur<br />
durch andere erfüllt werden. Man ist also abhängig vom wohlwollenden Handeln<br />
anderer. Dies kann dazu führen, dass man sich in eine Situation permanenter<br />
Frustration begibt, nämlich dann, wenn die eigenen Wünsche von den anderen<br />
nicht erfüllt werden. In unserem Fall: wenn die UnterstufenschülerInnen<br />
dem Wunsch nach Beendigung des aggressiven Verhaltens nicht nachkommen.<br />
Solche Situationen, in denen Menschen immer wieder erleben, dass sie die<br />
Realisierung selbstgesetzter Ziele nicht erreichen können, führen dazu, dass man<br />
sich als hilflos erlebt. Solche wiederholten Hilflosigkeitserfahrungen sind frustrierend,<br />
entmutigend, demotivierend und rauben schließlich das Vertrauen in<br />
die eigenen Kompetenzen, Situationen effektiv auf eigene Ziele hin verändern<br />
zu können. Und genau dies ist häufig in Schulentwicklungsgruppen feststellbar,<br />
wenn Appelle der LehrerInnen an z.B. SchülerInnen („Die SchülerInnen sollen<br />
(endlich) erkennen wie wichtig Hausübungen sind!“ oder: „Die lokale Wirtschaft<br />
soll unsere Schule stärker finanziell unterstützen!“) zu keinerlei gewünschten<br />
Veränderungen der Situation führen. Alle diese Wünsche sind zwar<br />
positiv formuliert, ihre Realisierung liegt jedoch nicht in der Macht derjenigen,<br />
die diese Ziele formuliert haben.<br />
Die Entstehung einer negativen Spirale von Hilflosigkeitserlebnissen, Demotivation<br />
und schließlich dem Verlust an Kontrollüberzeugungen kann aber<br />
ganz einfach vermieden werden, indem die positiv formulierten Ziele immer<br />
auch daraufhin überprüft werden, ob sie im Kontrollbereich derjenigen liegen,<br />
die sie proklamieren. Liegt ein Ziel nicht im eigenen Einflussbereich, so muss<br />
das Ziel umformuliert werden. In aller Regel läuft dies auf eine Redimensio-
112 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
nierung des Ziels in Richtung realistischer Bescheidenheit hinaus. Zwar mag es<br />
verführerisch sein, eigene Wunsch- oder Idealvorstellungen als anzustrebende<br />
Ziele zu formulieren, die große Gefahr des wiederholten Scheiterns, die damit<br />
aber in Kauf genommen wird, sollte Warnung genug sein. Eine positive Zielformulierung<br />
bezüglich unseres Beispielproblems, das zudem auch noch in unserer<br />
Macht liegt, könnte folgendermaßen lauten: ‚Die LehrerInnen des Schulentwicklungsteams<br />
beraten gemeinsam mit ihren UnterstufenschülerInnen darüber, was<br />
gegen die hohe Rate an aggressivem Verhalten getan werden kann.’ oder: ‚Die<br />
MitarbeiterInnen des Schulentwicklungsteams organisieren eine Schulveranstaltung<br />
für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern, zu der eine Expertin für Gewaltprävention<br />
an Schulen eingeladen wird.’ Diese Ziele liegen im Einflussbereich<br />
der Steuergruppe der Schule; die Wahrscheinlichkeit, frustrierende Erfahrungen<br />
durch das Nichterreichen des Ziels zu machen, ist daher sehr gering.<br />
Zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass bei Zielformulierungen zwei<br />
Aspekte unbedingt beachtet werden müssen: Ziele müssen (1) positiv formuliert<br />
werden und müssen (2) unter der Kontrolle der sie setzenden Personen liegen.<br />
4.2.3 Überprüfbarkeit der Zielerreichung<br />
Mit diesem dritten Kriterium wird gefordert, dass die Ziele möglichst konkret<br />
formuliert werden. Nur konkrete Ereignisse, Zustände, Fakten lassen sich mit<br />
Hilfe der Sinnesorgane wahrnehmen. Die Forderung anzugeben, woran man<br />
wahrnehmen kann, wann das Ziel erreicht ist, dient dem Zweck, das Ziel möglichst<br />
konkret zu formulieren.<br />
Auch hinter dieser Forderung steckt natürlich wieder eine häufig anzutreffende<br />
gefährliche Tendenz: die Tendenz, Ziele sehr abstrakt zu formulieren.<br />
Je abstrakter aber ein Ziel formuliert ist, desto schwieriger wird es, festzustellen,<br />
ob das Ziel erreicht, bzw. in wieweit es realisiert wurde. Ist die Zielerreichung<br />
aber nicht mehr feststellbar, so bricht der Feedbackprozess, dessen Kern die<br />
Überprüfung der Zielerreichung ausmacht, zusammen.<br />
So ist etwa die folgende Zielformulierung nur schwer, wenn überhaupt,<br />
durch Sinneswahrnehmungen überprüfbar: ‚Die SchülerInnen sollen sich positiv<br />
verhalten.’ (Natürlich liegt die Erreichung dieses Ziels darüber hinaus auch nicht<br />
in unserer Macht.) Oder: ‚Die LehrerInnen verhelfen den SchülerInnen zu<br />
ausreichender sozialer Kompetenz.’ Die Erreichung dieses Ziels ist nicht<br />
überprüfbar: wann liegt ‚ausreichende’ soziale Kompetenz vor? Wie konkret<br />
‚verhelfen’ die LehrerInnen ihren SchülerInnen zur sozialen Kompetenz? Was<br />
genau versteht man unter ‚sozialer Kompetenz’? Kurzum: das Ziel wurde zu<br />
abstrakt und diffus formuliert.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 113<br />
Erinnern wir uns zunächst nochmals an die im letzten Abschnitt formulierten<br />
beiden möglichen Ziele. Beide Ziele sind positiv formuliert und befinden sich<br />
unter der Kontrolle der Schulentwicklungsgruppe:<br />
(1) ‚Die LehrerInnen des Schulentwicklungsteams beraten gemeinsam mit<br />
ihren UnterstufenschülerInnen darüber, was gegen die hohe Rate an aggressivem<br />
Verhalten getan werden kann.’<br />
(2) ‚Die MitarbeiterInnen des Schulentwicklungsteams organisieren eine<br />
Schulveranstaltung für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern, zu der eine<br />
Expertin für Gewaltprävention an Schulen eingeladen wird.’<br />
Erfüllen diese beiden Ziele das dritte Kriterium der Überprüfbarkeit der Zielerreichung?<br />
Ziel (1) kann als überprüft gelten, wenn man sehen kann, dass sich<br />
zumindest einige SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern gemeinsam in einem<br />
Raum befinden und gehört werden kann, dass sie miteinander über die Evaluationsresultate<br />
zum Thema ‚Aggressionen’ sprechen.<br />
Für Ziel (2) gilt Analoges: Man kann sehen, dass sich VertreterInnen der<br />
SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und eine Vortragende in einem Raum befinden<br />
und die Vortragende ein Referat zum Thema ‚Gewaltprävention’ hält. Beide<br />
Zielformulierungen sind also auf ihre Realisierung hin (intersubjektiv) überprüfbar.<br />
4.2.4 Festlegung der Realisierungssituation<br />
Im nächsten Schritt (Kriterium 4) muss nun der Realisierungskontext des formulierten<br />
Ziels genau festgelegt werden. Diese Konkretisierung trägt (1) zur<br />
besseren wahrnehmungsmäßigen Überprüfbarmachung des Ziels und (2) zur<br />
klareren Strukturierung des Wegs hin zum Ziel bei. Diese Festlegung der Realisierungssituation<br />
bzw. des Realisierungsablaufs kann auch in die Zielformulierung<br />
einfließen, die dadurch natürlich immer umfangreicher und detaillierter<br />
wird.<br />
‚Die MitarbeiterInnen des Schulveranstaltungsteams organisieren innerhalb<br />
der nächsten drei Wochen eine Schulveranstaltung, die in der Aula der Schule<br />
stattfindet, zu der alle UnterstufenschülerInnen mit ihren Eltern und die Gewaltpräventionsexpertin<br />
XY eingeladen werden: dazu sind folgende Schritte notwendig:<br />
Suche einer Expertin bzw. eines Experten, Kontaktaufnahme, Versuch einer<br />
Terminvereinbarung mit ihr/ihm und Festlegung der Veranstaltungsdauer. Verfassung,<br />
Vervielfältigung und Verteilung einer Einladung an die KollegInnen,<br />
SchülerInnen und Eltern. Organisieren der nötigen Räumlichkeit (z.B. Gespräch<br />
mit der/dem DirektorIn oder einer anderen dafür zuständigen Person (Admi-
114 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
nistratorIn, Schulwart) darüber führen, welche Räume am festgesetzten Zeitpunkt<br />
verfügbar sind.)’<br />
Zu beachten ist hier wiederum, dass die konkreten Teilziele oder Ablaufsequenzen<br />
ebenfalls alle im Einflussbereich der Steuergruppe liegen müssen.<br />
Daher wurde in der ersten Ablaufsequenz formuliert: ‚Versuch einer Terminvereinbarung’;<br />
denn die tatsächliche Terminvereinbarung hängt nicht ausschließlich<br />
vom Schulentwicklungsteam oder der vom Team dazu beauftragten<br />
Person alleine ab. Es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass die gefundene<br />
Expertin zu keinem der vorgeschlagenen Termine verfügbar ist oder ihre Honorarvorstellungen<br />
von der Schule nicht erfüllt werden können.<br />
4.2.5 Überprüfung der Auswirkungen der Zielverwirklichung<br />
Jede menschliche Handlung zeitigt Folgen. Diese Folgen können positiv oder<br />
negativ sein. Und es ist realistisch davon auszugehen, dass vor allem unser<br />
Verhalten in komplexen sozialen Situationen immer ein Bündel von Konsequenzen<br />
nach sich zieht, in dem sich immer sowohl positive als auch negative Elemente<br />
finden. Dies bedeutet, dass es zumindest möglich ist, dass die unmittelbare<br />
Realisierung eines erwünschten Ziels langfristig zu überwiegend negativen<br />
Spätfolgen führen kann, welche unter Umständen den ‚Gewinn’ der kurzfristigen<br />
Zielerreichung sogar zunichte machen können.<br />
Daher ist es notwendig, sich noch vor der Umsetzung der Ziele explizit<br />
Rechenschaft darüber abzulegen, zu welchen Folgen diese Zielerreichung in<br />
verschiedenen Kontexten aller Wahrscheinlichkeit nach führen wird.<br />
Hier ist es zunächst wichtig, sich zu überlegen, auf welche Bereiche die<br />
Zielerreichung Auswirkungen und insbesondere nicht beabsichtigte Nebenwirkungen<br />
haben kann. Die Durchführung eines Informationsabends zum Thema<br />
‚Gewaltprävention’ an der Schule dürfte kaum zu schwerwiegenden negativen<br />
Nebeneffekten führen. Anders wird es aber bei anderen Maßnahmen aussehen.<br />
So kann etwa die Einführung eines neuen Schulzweigs den unbeabsichtigten<br />
Nebeneffekt haben, dass sich die SchülerInnen, die nicht in den neuen Zweig<br />
aufgenommen werden konnten, benachteiligt fühlen. Dies könnte in der Folge<br />
zu Rivalitäten zwischen SchülerInnen in den verschiedenen Schulzweigen oder<br />
zu einem Motivationsabbau bei den abgewiesenen SchülerInnen führen. Oder<br />
ein anderes Beispiel: SchülerInnen, die an einem Sozialtraining teilgenommen<br />
haben, könnten durchaus selbstbewusster und kompetenter ihre Rechte auch<br />
gegenüber LehrerInnen einfordern. Letztgenannte Folge einer Veränderungsmaßnahme<br />
wird aber von kaum jemandem als negativ bewertet werden, dürfte<br />
aber auch nicht das ursprünglich intendierte Ziel gewesen sein. Es gilt also die
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 115<br />
Nebenwirkungen zu bewerten; keinesfalls alle unbeabsichtigten side effects sind<br />
negativ.<br />
Wichtig ist es, die verschiedenen betroffenen Kontexte einer Implementierungsmaßnahme<br />
auf zu erwartende Veränderungen hin zu analysieren. Der<br />
unmittelbar relevante Kontext auf den eine Intervention an der Schule Auswirkungen<br />
haben kann, sind all jene Personen, die unmittelbar von den Veränderungsmaßnahmen<br />
betroffen sind; im Fall der Einführung eines Sozialen Kompetenztrainings<br />
sind dies zunächst die teilnehmenden SchülerInnen selbst. Sodann<br />
sind etwaige Auswirkungen auf die KlassenlehrerInnen dieser Schüler-<br />
Innen zu untersuchen. Schließlich gilt es zu versuchen, die Konsequenzen des<br />
Trainings für die MitschülerInnen anderer Klassen und schließlich auf die Schule<br />
insgesamt abzuschätzen. Erst wenn eine Abwägung aller Auswirkungen in<br />
den verschiedenen Bereichen zu einer insgesamt positiven Bewertung führt,<br />
sollte das Training auch realisiert werden bzw. der nächste Schritt hin zur Realisierung<br />
in Angriff genommen werden. So ein ‚ökologischer Check’ auf die<br />
Umweltverträglichkeit verhindert, dass in der Umsetzungsphase ein Projekt von<br />
einzelnen oder betroffenen Gruppen torpediert wird.<br />
4.2.6 Zusätzlich nötige Hilfen und Ressourcen<br />
Im Zuge der Planung der Zielrealisierung kann erkannt werden, dass für bestimmte<br />
Teilbereiche noch zusätzliche Hilfen notwendig sind. D.h. es gibt in<br />
Teilbereichen Aufgabenstellungen, die nur mit Hilfe von außen bewältigt werden<br />
können. So kann es etwa nötig sein, sich mit dem Elternverein kurzzuschließen,<br />
um ein realistisches ReferentInnenhonorar anbieten zu können. Es<br />
kann auch notwendig sein, die SchülerInnen für das Vortragsthema zu sensibilisieren,<br />
sodass die Einladungen, wenn sie über die Kinder der Eltern verteilt<br />
werden, auch tatsächlich bei den Adressaten ankommen. Oder aber es erscheint<br />
sinnvoll, eine Kollegin bzw. einen Kollegen mit der Kontaktaufnahme zu beauftragen,<br />
weil er/sie etwa die Referentin bzw. den Referenten gut kennt.<br />
Ist es nicht möglich, diese benötigten Hilfen und Ressourcen sicherzustellen,<br />
so muss überlegt werden, ob das Ziel nicht reformuliert werden sollte, da eine<br />
Sicherstellung der Erreichung des Ziels nicht in der eigenen Macht liegt.<br />
4.2.7 Verbliebene Hindernisse und Barrieren<br />
Sollten auch alle noch offenen Fragen und Mängel behoben worden sein, so ist<br />
es sinnvoll, sich nochmals in Ruhe mit dem Ziel auseinander zu setzen und es<br />
auf vielleicht noch übersehene objektive Hindernisse, aber auch subjektiv vor-
116 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
handene Barrieren hin zu überprüfen. Wenn es die Zeit erlaubt, so kann durchaus<br />
auf die aus dem Alltag bei wichtigen anstehenden Entscheidungen bekannte<br />
Strategie zurückgegriffen werden, nämlich die Lösung nochmals zu ‚überschlafen’.<br />
Es kann dann für den nächsten Tag eine ganz kurze Endbesprechung<br />
angesetzt werden, in der abgeklärt wird, ob vielleicht ein wichtiges Problem<br />
übersehen wurde. Wenn dies der Fall sein sollte, muss entweder sofort eine<br />
Lösung angestrebt oder ein neuer Besprechungstermin vereinbart werden. Wenn<br />
nicht, wird der nächste Schritt gesetzt: die endgültige Arbeitsaufteilung.<br />
4.2.8 Arbeitsaufteilung<br />
Wenn das positiv formulierte und in der Kontrolle der Steuergruppe der Schule<br />
liegende Ziel, über dessen potentiellen Auswirkungen ausführlich reflektiert<br />
wurde, alle Überprüfungsinstanzen ‚überstanden’ hat, so kann als letzter Schritt<br />
die Arbeitsaufteilung für einzelne Teilaufgaben stattfinden. Auch dieser letzte<br />
Schritt führt nochmals zu einer Überprüfung des Ziels: Wenn etwa für einen<br />
Teilschritt keine Person aus dem Schulentwicklungsteam gefunden werden<br />
kann, die ein Teilziel eigenverantwortlich (und ohne Hilfe von außen) lösen<br />
kann, dann ist man gut beraten, nochmals zu überprüfen, ob das Ziel bzw. Teilziel<br />
auch tatsächlich in der Kontrolle des Teams liegt. Auch dann, wenn es<br />
schwierig sein sollte, für eine Teilaufgabe eine/n Verantwortliche/n zu finden,<br />
könnten immer noch unausgesprochene Barrieren vorliegen, die an der Umsetzung<br />
des Ziels hindern. Findet sich beispielsweise niemand in der Steuergruppe,<br />
der bereit ist, ein Gespräch mit den ElternvertreterInnen zu führen, so liegt<br />
dieses Ziel außerhalb der Kontrolle dieser Gruppe.<br />
Es sind unbedingt folgende Fragen definitiv zu beantworten: In welche Teilziele<br />
ist das Gesamtziel aufzugliedern? Ist die Erreichung einzelner Teilziele abhängig<br />
von einer vorangegangenen Lösung anderer Teilziele? Zwischen welchen<br />
Zielen besteht ein diesbezügliches Bedingungsverhältnis? Was ergibt sich<br />
aus diesem Bedingungsverhältnis für die Planung des zeitlichen Ablaufs der<br />
Teilzielrealisierungen? Wer übernimmt welches Teilziel eigenverantwortlich?<br />
Gegebenfalls auch: mit wem wird zusammengearbeitet? Wo und wie wird das<br />
Teilziel realisiert? Wann bzw. bis wann wird das Teilziel erledigt?<br />
Erst wenn alle diese Fragen eine klare Antwort gefunden haben, kann man<br />
realistischer Weise mit einer Zielerreichung rechnen.<br />
In den meisten Konzepten wird Schulentwicklung auf Punkt 8 reduziert:<br />
‚Wer macht was (mit wem) bis wann?’. Diese reduzierte Vorgangsweise ist aber<br />
nur vermeintlich effektiv, denn mögliche Stolpersteine werden dabei häufig<br />
übersehen. Das vollständig umgesetzte ZME-Konzept stellt hingegen sicher,
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 117<br />
dass zunächst die potenziellen Hürden gemeinsam reflektiert werden und erst<br />
bei hoher Realisierungswahrscheinlichkeit eine Arbeitsaufteilung erfolgt. Sollte<br />
sich herausstellen, dass die ‚Checklist’ abgearbeitet werden kann, steht einer<br />
Umsetzung nichts mehr im Wege.<br />
Zeitlicher<br />
Richtwert<br />
bei MSS<br />
SCHULENTWICKLUNG: FESTLEGUNGEN<br />
Wer darf/muss mitmachen?<br />
Wer darf/muss mitentscheiden?<br />
Auf welcher Grundlage wird entschieden?<br />
�<br />
Art der Evaluation, Evaluationsinstrument<br />
�<br />
Festlegung der Evaluationsbereiche<br />
�<br />
Ca. 2-6 Monate BASIS-EVALUATION – PHASE I:<br />
DIAGNOSE<br />
Erhebung der Stärken und Schwächen<br />
(IST-ZUSTÄNDE und der SOLL-WERTE)<br />
�<br />
1 Tag Datenpräsentation<br />
�<br />
Mind. 1-2 Tage Dateninterpretation<br />
Planung konkreter Interventionen<br />
(Problemdefinition, Zielfestlegung, Methodenwahl,<br />
Festlegung von Erfolgskriterien und Evaluationsdesign)<br />
�……………………�………………….. �<br />
Prä-Messung 1 Prä-Messung 2 Prä-Messung 3<br />
Problem-<br />
Abhängig:<br />
Tage bis Jahre<br />
2-5 Jahre<br />
nach der 1. Phase<br />
� � �<br />
Intervention 1<br />
Beispiel:<br />
Schulforum<br />
Intervention 2<br />
Beispiel: Begabtenförderung<br />
Intervention 3<br />
Beispiel:<br />
neue Hausordnung<br />
� � �<br />
Post-Messung 1 Post-Messung 2 Post-Messung 3<br />
� ……… ..………�…….. ………. �<br />
BASIS-EVALUATION – PHASE II:<br />
VERÄNDERUNGSMESSUNG<br />
Abb. 12: Schematische Darstellung eines idealtypischen Evaluationseinsatzes mit dem<br />
MSS<br />
Wenn die Interventionen an der Schule gesetzt wurden, müssen sie in angemessener<br />
Zeit dem vollständigen TOTE-Zyklus gemäß evaluiert werden, denn<br />
die Veränderungsmaßnahmen müssen in einer zweiten Messung (Posterhebung)<br />
Aufschluss geben, ob sie die erhofften Resultate erzielen bzw. ob eventuell un-
118 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
vorhergesehene und unerwünschte Nebenwirkungen aufgetreten sind. Diese<br />
Post-Erhebung muss keinesfalls so umfangreich wie die Ersterhebung sein,<br />
sondern kann und sollte im Wesentlichen auch auf jene Bereiche beschränkt<br />
werden, in denen Veränderungsmaßnahmen initiiert wurden (Abbildung 12). Je<br />
nach Ergebnis dieser Post-Erhebung können die Veränderungsmaßnahmen beibehalten,<br />
modifiziert oder wieder abgeschafft bzw. durch andere Maßnahmen<br />
ersetzt werden.<br />
Diese Phasen des MSS-Konzepts wurden in allen bisherigen MSS-Einsätzen<br />
realisiert. Aufgrund verschiedener schulspezifischer Problemstellungen verlaufen<br />
zwar MSS-Projekte (ZME-Prioritäten) höchst unterschiedlich, der Ablauf ist<br />
aber im Lichte bisheriger Erfahrungen zielführend.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 119<br />
5. Beispiele aus dem Modulpool<br />
In diesem Kapitel werden sieben Module ausgewählt und vorgestellt. Es handelt<br />
sich um die Module zu den Themenbereichen ‚Wohlbefinden’ (5.1), ‚Schul- und<br />
Klassenklima’ (5.2), ‚Angst, Prüfungsangst, Schulunlust’ (5.3), ‚Aggression’<br />
(5.4), ‚Selbstwirksamkeitsüberzeugung’ (5.5), ‚Bildungsziele’ (5.6) und ‚Individualfeedback<br />
für LehrerInnen’ (5.7). Sie wurden ausgewählt, weil sich in der<br />
Praxis gezeigt hat, dass diese Module sehr häufig von den SchulpartnerInnen<br />
gewünscht werden.<br />
5.1 Modul: Wohlbefinden<br />
Schule wird zu Recht oft mit Leistung und Noten assoziiert. Wenn man aber<br />
bedenkt, dass junge Menschen viele Lebensjahre in der Institution Schule verbringen,<br />
so rücken auch andere Faktoren wie Arbeitsklima, Wohlbefinden, Kooperation<br />
etc. ins Blickfeld des Interesses. Während die fundierte Leistungsmessung<br />
über (standardisierte) Tests erfolgen müssen wird, kann beispielsweise<br />
das subjektives Wohlbefinden an der Schulen mittels Fragebogen erhoben werden<br />
(z.B. EDER 1996, HASCHER 2004).<br />
Als zentrale Items im Modulpool erweisen sich die Fragen nach dem Wohlfühlen<br />
in der eigenen Klasse und dem Wohlbefinden in der Schule sowie die<br />
Abklärung, ob die SchülerInnen nach ihren bisherigen Erfahrungen ihre Schule<br />
wiederbesuchen würden. Bisher haben alle Schulen zumindest Teile dieses<br />
Frageblocks (Tabelle 8) in ihren Fragebogen übernommen. Die meisten waren<br />
darüber hinaus daran interessiert, zu erfragen, ob die Eltern ihr Kind wieder<br />
dieser Schule anvertrauen würden, und ob diese glauben, dass sich ihr Kind in<br />
der Schule bzw. in der Klasse wohl fühlt.<br />
Wenn man die Ergebnisse der bisherigen Erhebungen betrachtet, so fällt auf,<br />
dass in allen Schulen die Eltern zu einem höheren Prozentsatz als die SchülerInnen<br />
selbst angeben, dass sich ihr Kind in der Klasse und Schule wohl fühlt<br />
und sie auch eher bereit wären, ihr Kind wieder in diese Schule zu schicken. Das<br />
ist ein Befund, der bei der Präsentation in den Schulen gelegentlich mit einem<br />
gewissen Erstaunen seitens der Eltern zur Kenntnis genommen wird. Manche<br />
Eltern beginnen sich zu fragen, ob vielleicht das eigene Kind zu jener Gruppe<br />
gehört, die das eigene Wohlbefinden in Schule und Klasse schlechter einschätzt<br />
als ihre Eltern. Unseres Erachtens liefern in diesem Fall die MSS-Daten einen
120 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
wichtigen Anstoß für eine intensivere Kommunikation zwischen Eltern und<br />
Kindern über die Schule und wie sie erlebt wird.<br />
Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung<br />
durch Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />
sehr<br />
gut gut mittel schlecht<br />
sehr<br />
schlecht<br />
Kodierhilfe<br />
Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in Deiner<br />
Klasse?<br />
� � � � � S047_101<br />
Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit an der Schule? � � � � � S047_102<br />
Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in den<br />
Sprachteilungsgruppen?<br />
� � � � � S047_103<br />
Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in den<br />
Leistungsgruppen?<br />
� � � � � S047_104<br />
Würdest Du nach Deinen bisherigen Erfahrungen<br />
diese Schule nochmals besuchen?<br />
� ja � nein S047_001<br />
Tab. 8: Auswahl von Statements zum „Wohlbefinden/Wiederbesuch“<br />
Während die Erhebung des Wohlbefindens in der Klasse (S047_101) und in der<br />
Schule (S047_102) für alle Schulen von großer Bedeutung ist, zeigt sich an<br />
diesem Modul bereits, dass sich aufgrund der Option, einzelne Items aus- bzw.<br />
abzuwählen, unterschiedliche Varianten von Bögen ergeben können. So ist etwa<br />
das Item S047_104 in der AHS schlichtweg nicht einsetzbar, da es in diesem<br />
Schultyp keine Leistungsgruppen gibt. Hingegen ist die Frage nach dem Wohlbefinden<br />
in den Leistungsgruppen (S047_104) für die Hauptschulen u. E. von<br />
zentraler Bedeutung. Es wurde in der bislang einzigen Hauptschule auch tatsächlich<br />
ausgewählt und eingesetzt. In diesem konkreten Fall stellte sich heraus,<br />
dass kein systematischer Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer<br />
bestimmten Leistungsgruppe und dem Wohlfühlen in dieser jeweiligen<br />
Leistungsgruppe (getrennt nach Fächern) feststellbar war; ein Befund, der von<br />
LehrerInnen und Eltern mit Erleichterung aufgenommen wurde. Das Ergebnis<br />
belegte, dass es an dieser Schule gelungen war, emotionales Konfliktpotential,<br />
das durch die Zuordnung von SchülerInnen zu Leistungsgruppen durchaus zu<br />
befürchten ist, zu vermieden. Künftige MSS-Einsätze an Hauptschulen müssten<br />
Analysen dieser Art wiederholen, da sich die Ergebnisse einer Schule natürlich<br />
nicht auf andere Schulen verallgemeinern lassen.<br />
Die anderen oben erwähnten Items dieses Moduls wurden hingegen mehrfach<br />
eingesetzt. Ein genereller Trend, der sich zeigte war, dass das Wohlbefinden<br />
in den Klassen über die Schulstufen hinweg eher stabil bleibt, was mit<br />
der Peer-Group als Identifikationseinheit zu tun haben dürfte, während das<br />
Wohlfühlen in der Schule insgesamt sukzessive über die Jahre hinweg in allen<br />
bisher untersuchten Schulen abnimmt.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 121<br />
In Langformen der AHS lässt sich zudem am Wiederbesuchs-Item („Ich<br />
würde diese Schule nach meinen bisherigen Erfahrungen wieder besuchen.“) erkennen,<br />
dass am Ende der Unterstufe ein ‚Einbruch’ erfolgt; in manchen Schulen<br />
geben bis zu 50% der SchülerInnen an, dass sie ihre Schule aufgrund ihrer<br />
bisherigen Erfahrungen nicht wieder besuchen würden. In den 5. Klassen der<br />
AHS ist hingegen ein leichter Anstieg bei den an der Schule verbliebenen SchülerInnen<br />
zu beobachten, ehe der ‚Wiederbesuchswert’ in den Folgejahren neuerlich<br />
abfällt, wie sich aus Abbildung 13 erkennen lässt. Das Ansteigen der Zustimmung<br />
zum Wiederbesuchs-Item in den fünften Klassen AHS (9. Schulstufe)<br />
lässt sich dadurch erklären, dass viele der SchülerInnen, die diese Schule aufgrund<br />
ihrer bisherigen Erfahrungen nicht mehr besuchen würden, nach der<br />
vierten Klasse die Schule verlassen HABEN.<br />
Zustimmung in Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
84<br />
1<br />
77<br />
2<br />
70<br />
3<br />
73<br />
Klassenstufe (alle AHS des MSS)<br />
4<br />
76<br />
5<br />
78<br />
6<br />
75<br />
7<br />
78<br />
8<br />
Schule (Wohlfühlen)<br />
Wiederbesuch<br />
Klasse (Wohlfühlen)<br />
Abb. 13: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse (Balken) im Vergleich zur Abnahme<br />
von Wohlfühlen in der Schule (Linie) unter Berücksichtigung des Wiederbesuchswunsches<br />
(schwarze Fläche); gerechnet über die Selbsteinschätzung der SchülerInnen<br />
aller MSS-Schulen (N=2201)<br />
In der Abbildung 13 wird eine Gegenüberstellung von Wiederbesuch, Wohlbefinden<br />
in der Klasse und Wohlfühlen in der Schule, gerechnet über alle bis-
122 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
herigen SchülerInnendaten, vorgenommen. An diesen Werten kann sich jede<br />
Schule mit dem schuleigenen Wohlfühl-Profil messen. In Abbildung 14 sind<br />
beispielsweise die Ergebnisse der Schule 803 dargestellt; dabei ist natürlich<br />
höchste Vorsicht geboten: das Profil der Abbildung 13 ist aufgrund der wenigen<br />
Schulen natürlich (noch) nicht repräsentativ. Die Aussagekraft aufgrund der<br />
Vollerhebung der eigenen Schule hat aber auch ohne diesen Vergleichswert eine<br />
verwertbare Aussagekraft.<br />
Der Wiederbesuch der Schule korreliert höher mit dem Wohlfühlen an der<br />
Schule insgesamt als mit der Klasse. Zwischen dem Wohlfühlen in der Klasse<br />
und dem Wohlfühlen an der Schule besteht zumindest ein mittlerer Zusammenhang.<br />
Die Aussage von EDER (1996, S. 251), wonach es während der Schullaufbahn<br />
in „praktisch allen Schultypen zu einem Rückgang der Schulzufriedenheit<br />
kommt“, wurde durch Ergebnisse in bislang allen untersuchten MSS-<br />
Einzelschulen bestätigt.<br />
Zustimmung in Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
82<br />
1<br />
79<br />
2<br />
59<br />
Klassenstufe (an der Schule 801)<br />
3<br />
73<br />
4<br />
84<br />
5<br />
77<br />
6<br />
78<br />
7<br />
71<br />
8<br />
Schule (Wohlfühlen)<br />
Wiederbesuch<br />
Klasse (Wohlfühlen)<br />
Abb. 14: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse (Balken) im Vergleich zur Abnahme<br />
von Wohlfühlen in der Schule (Linie) unter Berücksichtigung des Wiederbesuchswunsches<br />
(schwarze Fläche); gerechnet über die Selbsteinschätzung der SchülerInnen der<br />
MSS-Schule 803 (N=573)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 123<br />
Bei MSS-Präsentationen geht es allerdings in erster Linie darum, dass sich die<br />
Schule mit ihren eigenen Daten auseinandersetzt und sich nicht über andere<br />
Schulen definiert. Die Frage nach dem Wiederbesuch wurde bislang in allen<br />
Schulen eingesetzt, sodass hier die Möglichkeit besteht, bei der Datenrückmeldung<br />
zusätzlich zum Wert der eigenen Schule die (anonymisierten) Maximum-<br />
und Minimumwerte der bisherigen MSS-Schulen als sozialen Referenzrahmen<br />
zu erhalten (Tabelle 9). Derartige Rückmeldungen gestatten eine zumindest<br />
grobe Orientierung – von ‚echten’ Benchmarks sind sie allerdings (gegenwärtig<br />
noch) weit entfernt! Aber selbst repräsentative Benchmarks wären mit<br />
Vorsicht zu interpretieren, da die Einzelschulen jeweils von sehr unterschiedlichen<br />
Ausgangslagen ausgehen.<br />
Schule 800 801 802 803 804 805 807 851<br />
Unterstufe 75,8 79,8 83,1 92,6 74,7 --- 83,3 73,0<br />
Oberstufe 74,5 77,7 79,2 88,4 66,2 76,6 73,0 ---<br />
Tab. 9: Vergleich über acht MSS-Schulen: Prozentueller Anteil der SchülerInnen<br />
(getrennt nach Unter- und Oberstufe), die dem Item „Ich würde nach meinen bisherigen<br />
Erfahrungen dies Schule wiederbesuchen“ zustimmen.<br />
So kann etwa der AHS-803 die Rückmeldung gegeben werden, dass sie bislang<br />
sowohl in der Unter- als auch Oberstufe den höchsten Wiederbesuchswert aufweist<br />
(Tabelle 9); zusätzlich zu diesem hohen Wert an Zufriedenheit der<br />
SchülerInnen wurden an dieser Schule aber auch noch eine Reihe anderer sehr<br />
positiver Ergebnisse erhoben, wie zum Beispiel: höhere Zufriedenheit mit LehrerInnen<br />
und DirektorIn, mehr Bereitschaft zum Engagement in der Schule etc.<br />
Anders bei der einzigen Hauptschule, die bislang eine MSS-Evaluation<br />
durchgeführt hatte: Bei der Datenpräsentation konnte den VertreterInnen der<br />
Schule auf Anfrage, ob der Wiederbesuchswert von 73% beunruhigend sei, zwar<br />
die AHS-Unterstufenstreubreite zur Orientierung (zwischen 75% und 93%)<br />
mitgeteilt werden, aber es wurde natürlich auch die deutliche Warnung vor zu<br />
vorschnellen Schlüssen ausgesprochen, da bislang keine Vergleichswerte anderer<br />
Schulen dieses Schultyps (Hauptschulen) vorliegen und Vergleiche mit<br />
anderen Schultypen (AHS-Unterstufe) zumindest sehr fragwürdig sind.<br />
Wichtiger als der (soziale) Vergleich mit anderen Schulen ist die Bewertung<br />
des jeweiligen Befunds an der Schule selbst: Wird ein Wert lediglich zur Kenntnis<br />
genommen, oder löst er Bestrebungen aus, das Ergebnis als Signal zu verstehen,<br />
und sich für das nächste Mal ‚die Latte höher zu legen’. Für diesen (letzteren)<br />
Fall stellt das beschriebene ZME-Konzept ein gut geeignetes Modell dar,<br />
um von der Zielformulierung bis hin zum Aktionsplan systematische Verände-
124 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
rungen herbeizuführen, die – sofern erfolgreich – bei späteren Erhebungen ihren<br />
Niederschlag in den Daten finden müssten.<br />
Für genauere Analysen, die eine punktgenauere Intervention ermöglichen,<br />
kann eine Darstellung der Daten nötig werden, eine Differenzierung nach Klassen<br />
vornimmt. Dies ist beispielsweise bei der Frage nach dem Wohlbefinden in<br />
der eigenen Klasse der Fall. (Vgl. Abbildung 15)<br />
Zustimmung in Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
1a<br />
1b<br />
1c<br />
1d<br />
2a<br />
2b<br />
2c<br />
3a<br />
3b<br />
3c<br />
3d<br />
4a<br />
4b<br />
4c<br />
4d<br />
5a<br />
5b<br />
5c<br />
6a<br />
6b<br />
6c<br />
7a<br />
7b<br />
7c<br />
8a<br />
8b<br />
8c<br />
Abb. 15: Klassenauswertung von Item S047_101 „Ich fühle mich in meiner Klasse<br />
wohl“ (Schule 804, N=548); gebrochene Linie bei 72% gibt den Schulmittelwert wieder.<br />
Zunächst ist die Information wichtig, wie groß die Zustimmung zur Frage „Ich<br />
fühle mich in meiner Klasse wohl“ in der gesamten Schule ist: Für die Schulentwicklung<br />
– insbesondere auf Klassenebene – ist der Wert von 72% als innerschulischer<br />
Richtwert für jede einzelne Klasse von Bedeutung. SchülerInnen,<br />
deren Eltern und Klassenvorstände sind in erste Linie an den Detaildaten der<br />
Klassen interessiert, und wie sich zeigt, ist die Varianz (an der Schule 804, aber<br />
nicht nur an ihr) sehr groß (Abbildung 15). In der 4c drücken lediglich 47% der
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 125<br />
SchülerInnen aus, dass sie sich in der eigenen Klasse wohl fühlen, während es in<br />
der 5a 100% sind. Die Datenlage verweist darauf, dass die Klassen als verschiedene<br />
unmittelbare Lebenswelten (vgl. z.B. SCHWETZ 2003) von großer Bedeutung<br />
sind und daher unterschiedlich hoher Handlungsbedarf in verschiedenen<br />
Klassen derselben Schule gegeben ist.<br />
Da auf Klassenebene durch die Vollerhebung bei den SchülerInnen zu vielen<br />
Detailfragen Daten eingeholt werden (wie z.B. Klassenklima, Angst, Gewalt<br />
etc.), ist es möglich, von den einzelnen Klassen ein differenzierteres Bild zu<br />
erstellen. Dieses ‚Klassenbild’ kann dann als Gesprächsgrundlage dienen, wenn<br />
es darum geht, Veränderungen in Gang zu setzen. Wissenschaftlich interessante<br />
Hintergrundvariablen werden mittels MSS zumeist nicht systematisch erhoben,<br />
weil die Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen bei der Auswahl primär eher darauf<br />
drängen, jene Items auszuwählen, die einen groben Überblick bieten, als<br />
jene, die für Detailanalysen eines einzelnen Problembereichs interessant wären.<br />
5.2 Modul: Schul- und Klassenklima<br />
Das Wohlbefinden ist eng mit dem Klassen- und Schulklima verknüpft. Schul-<br />
und Klassenklima sind empirisch bestätigte Voraussageinstanzen für die<br />
Arbeitsqualität (‚Lernen’) an einer Schule. BESSOTH und WEIBEL (2000, S. 24)<br />
haben ein Instrument vorgelegt, das bezüglich des Unterrichtsklimas 10 Faktoren<br />
(Ist- und Soll-Aspekte) unterscheidet. Allerdings umfasst ihr Instrument<br />
die enorme Zahl von 160 Entscheidungsfragen, was es für einen Einsatz im Rahmen<br />
des MSS, der aus ökonomischen Gründen auch auf Kürze bedacht ist, als<br />
nicht praktikabel erscheinen lässt. So beträgt die Ausfüllzeit für dieses<br />
Instrument alleine zwischen 15-30 Minuten 10 .<br />
Ein anderes Erhebungsinstrument, der Linzer Fragebogen zum Schul- und<br />
Klassenklima (EDER 1998b), stellt genormte Skalen für die Selbstevaluation<br />
bereit. Das Klassenklima ist ein Faktor im Schulleben, der mit vielen anderen<br />
Faktoren verwoben ist: EDER (1996, 1998a, 1998b) berichtet etwa von fördernder<br />
Wirkung der Schülerzentriertheit, Kohäsion und Disziplin auf Selbstkonzept<br />
und Klassenklima. Strenge, Leistungsdruck und sozialer Druck bewirken<br />
hingegen eine Verschlechterung der Klimavariablen. In den MSS wurden<br />
10 Zudem wurden von den Autoren leider keine Skalenkennwerte und Normtabellen publiziert,<br />
die abschätzen lassen würden, wie reliabel und valide die Skalen sind. An diesen<br />
Normwerten hätte sich eine zu erarbeitende Kurzform für den MSS orientieren können.
126 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
einige Aspekte des Linzer Fragebogens zur Erfassung von Schul- und Klassenklima<br />
eingearbeitet (vgl. Tabelle 10).<br />
Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung durch<br />
Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Kodierhilfe<br />
Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />
Mitschülern meiner Klasse.<br />
� � � � � S046_001<br />
Unsere Klassengemeinschaft ist sehr gut. � � � � � S046_002<br />
Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. � � � � � S046_003<br />
Ich treffe mich mit Klassenkollegen auch außerhalb der Schule. � � � � � S046_004<br />
Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />
Mit einigen Mitschülern in der Klasse kann ich auch über<br />
persönliche Probleme sprechen.<br />
� � � � � S046_006<br />
In unserer Klasse wird auf schwächere Schüler Rücksicht<br />
genommen.<br />
� � � � � S046_013<br />
Manchmal habe ich Angst, von Klassenkameraden ausgelacht<br />
zu werden.<br />
� � � � � S046_015<br />
In unserer Klasse gibt es auch Außenseiter. � � � � � S046_016<br />
Ich glaube, dass ich bei meinen Mitschülern recht beliebt bin. � � � � � S046_017<br />
Ich mache oft gemeinsam mit Klassenkameraden die<br />
Hausübung.<br />
� � � � � S046_018<br />
Ich komme mit allen Mitschülern sehr gut aus. � � � � � S046_019<br />
Ich fühle mich oft als Außenseiter in meiner Klasse. � � � � � S046_020<br />
In unserer Klasse kommt man schnell unter Druck, wenn man<br />
ein wenig anders ist.<br />
� � � � � S046_022<br />
Ich würde gerne in eine andere Klasse wechseln. � � � � � S046_026<br />
Tab. 10: Auswahl von Statements zum ‚Schul- und Klassenklima’ (S046)<br />
Beim MSS-Modul zur Messung des Schul- und Klassenklimas kommt eher der<br />
formativ-prozessorientierte Anspruch zum Tragen. Das bedeutet, dass die zurückgemeldeten<br />
Daten primär Diskussionen in den einzelnen Klassen anregen<br />
sollen. In den bisherigen Schulen zeigte sich, dass keine Schule auf dieses<br />
Modul ganz verzichten wollte. Es bestand jedoch ein großer Unterschied bezüglich<br />
der Items, die zum Einsatz kamen. Die Rückmeldung der Items erfolgt bei<br />
diesem Modul sinnvoller Weise auch auf Klassenebene (so wie in Abbildung 15<br />
illustriert), sodass eine Nachbereitung im Klassenverband mit dem Klassenvorstand<br />
möglich ist oder die Daten im Rahmen anderer Fächer allenfalls aufgegriffen<br />
werden können (z.B. Sozialerziehung oder Religion), wenn Themen wie<br />
Außenseiter, Integration, Kooperation behandelt werden. Es ist dabei allerdings<br />
zu beachten, dass bis zur Datenrückmeldung mehrere Wochen bis Monate ver-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 127<br />
gehen und sich daher eventuell in einzelnen Klassen das Bild dann anders darstellt<br />
als zum Erhebungszeitpunkt.<br />
Die Validität der Daten wurde bislang nur indirekt geprüft, insofern bei den<br />
MSS-Datenpräsentationen die Klassenklima-Graphiken vielfach von den LehrerInnen<br />
dahingehend kommentiert wurden, dass es sich z.B. bei der einen<br />
Klasse (aus ihrer Einschätzung) um eine mit guter Klassengemeinschaft handle<br />
und die Daten der Parallelklasse erwartungsgemäß ‚katastrophal’ ausfallen, weil<br />
z.B. diese Klassen sehr ‚zerstritten’ oder aber erst vor kurzen zusammengelegt<br />
worden seien.<br />
Es ist bereits mehrfach vorgekommen, dass Schulen die wichtigsten Ergebnisse<br />
entweder im Internet (Schulhomepage) oder im Jahresbericht, der Öffentlichkeit<br />
zugänglich gemacht haben. Dabei wurden meist die deskriptiven Befunde<br />
des Basisberichts in die Homepage eingearbeitet und gegebenenfalls Konzepte<br />
zur Verbesserung vorgestellt. Ein kurzer Auszug aus einem solchen Bericht<br />
soll das belegen:<br />
Zwei Drittel der Schüler sind der Ansicht, dass es in ihrer Klasse Außenseiter<br />
gebe, 11% geben an, sich selbst als Außenseiter zu fühlen. Auch hier muss man<br />
sich bewusst machen, welche Belastung es für jeden einzelnen dieser 69 Schüler<br />
darstellt, morgens um halb acht in die Schule zu kommen, um dann 6 Stunden in<br />
der Außenseiterrolle psychisch und eventuell auch physisch über die Runden zu<br />
kommen. Außenseiter erhalten signifikant weniger Hilfe, wenn sie sich an ihre<br />
Mitschüler wenden: Nur 5% geben an, dass ihnen auf Anforderung von Hilfe tatsächlich<br />
geholfen wird, andere Klassenkameraden haben zu 35% Hoffnung auf<br />
Hilfe durch Mitschüler. Die Außenseiter nehmen mehr Aggressionen in der eigenen<br />
Klasse wahr, haben weniger Kontakt in und außerhalb der Schule zu den<br />
eigenen MitschülerInnen, (eher noch zu anderen Schulkolleginnen), haben<br />
deutlich mehr Angst, ausgelacht zu werden (50%) im Vergleich zu den sozial gut<br />
Integrierten (7%), fühlen sich großteils unbeliebt, orten keine Klassengemeinschaft,<br />
haben mehr Angst vor Bedrohung in der Schule. Sie werden öfter<br />
bestohlen, bedroht und angegriffen, neigen andererseits aber auch selbst zur<br />
Rolle des Aggressors. Sie schwänzen (vielleicht gerade aus Angst) ein wenig<br />
öfter die Schule, haben dadurch zusätzliche Nachteile und sind nach eigenen<br />
Angaben leistungsmäßig durchschnittlich bis unterdurchschnittlich. SchülerInnen,<br />
die sich für eher leistungsstark halten, fühlen sich hingegen am […]<br />
Gymnasium kaum als Außenseiter. (PASCHON & RIFFERT 1996a, S. 9)<br />
Gelegentlich waren SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern gleichermaßen betroffen<br />
bezüglich der Erhebungsresultate, die zeigten, wie schlecht es um einzelne<br />
Bereiche (AußenseiterInnen, Kooperation etc.) an ihrer Schule bzw. Klasse bestellt<br />
ist. Der MSS hat also einen Anstoß geliefert, Schulentwicklung zugunsten
128 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
einzelner Klassen zu betreiben. Die Anstöße können vielfältig sein und von der<br />
Gestaltung der Aufenthaltsräume bis hin zur Einführung eines Unterrichtsschwerpunkts<br />
‚Sozialerziehung’ reichen (vgl. Abschnitt 6.1).<br />
5.3 Modul: Angst, Prüfungsangst, Schulunlust<br />
Angst ist eine Emotion, die auf den ersten Blick negative Assoziationen auslöst.<br />
Dieses nur zu verständliche Faktum verstellt aber oft den Blick auf die positive<br />
Funktion, die Angst für die Vermeidung von Problemen oder gar das Überleben<br />
der Individuen haben kann. Das Gefühl der Angst wird hervorgerufen, wenn<br />
eine Situation als bedrohlich bewertet wird (vgl. LAZARUS & FOLKMAN 1984).<br />
Diese Bewertung muss als dynamischer Prozess zwischen Individuum und Umwelt,<br />
anstatt eines statischen Zustands alleine im Individuum verstanden werden:<br />
Die Person gibt zunächst eine Umweltbewertung ab (primary appraisal). Der<br />
nun ausgelöste Stress – Aktivierung und stärkere Fokussierung der Aufmerksamkeit<br />
auf die angstauslösenden Situationskomponenten – ist eine Folge dieser<br />
abgegebenen ersten Situationsbewertung. Nun wird auf dieser Grundlage ein<br />
weiterer Bewertungsakt (secondary appraisal) durchgeführt, in dem die der<br />
Person für die Bewältigung der angstauslösenden Situation zur Verfügung stehenden<br />
Lösungsalternativen beurteilt werden. Schließlich folgt eine Neubewertung<br />
(re-appraisal) auf der Grundlage vorliegender Bewältigungsressourcen. Ist<br />
es schlecht um Bewältigungsressourcen bestellt, so steigert sich die Angst<br />
schnell und kann sehr intensiv werden. Beurteilt die Person hingegen die vorhandenen<br />
Ressourcen als ausreichend für die Problembewältigung, so klingt die<br />
Angst ab.<br />
Diese allgemeine und idealtypische Prozessbeschreibung sich entwickelnder<br />
Angstzustände lässt sich auch auf den Schulbereich – und hier wiederum auf<br />
Prüfungssituationen – übertragen. Sie geht davon aus, dass am Prozess zwei<br />
Faktoren beteiligt sind: der emotionale Aspekt der ängstlichen Erregung und der<br />
kognitive Aspekt der Bewertung. Kognitionen (Vorstellungen, Gedanken,<br />
Selbstregulationsprozesse etc.) führen zum einen erst zur Auslösung von ängstlichen<br />
Reaktionen und modulieren zum anderen ihre weitere Entwicklung,<br />
indem sie entweder die aufkeimende Angst etwa durch katastrophierende Gedanken<br />
verstärken oder aber durch Rekurs auf vorhandene Bewältigungsstrategien<br />
verringern. Sich aufschaukelnde Angst hat ihrerseits wiederum Auswirkungen<br />
auf die kognitiven Funktionen, indem sie dazu führt, dass der kognitive<br />
Aufmerksamkeitsbereich eingeengt wird bzw. die Aufmerksamkeit stark<br />
fluktuierend auf verschiedenste Aspekte der Umwelt kurzfristig gerichtet wird.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 129<br />
Dadurch wird eher Konfusion denn Orientierung erzeugt! In der Prüfungssituation<br />
wird dadurch die Aufmerksamkeit von problemrelevanten Aspekten abgezogen<br />
und auf irrelevante Aspekte der Umwelt umgelenkt. Weiters zeigt sich,<br />
dass bei hochängstlichen Personen die Aufmerksamkeit zudem auf die<br />
bedrohlichen sozialen Bewertungsprozesse (durch LehrerIn und MitschülerInnen),<br />
die durch ein Scheitern hervorgerufen werden könnten, gelenkt wird.<br />
Hochängstliche SchülerInnen beschäftigen sich also besonders mit ihrem<br />
möglichen Scheitern und den sich daraus ergebenden beschämenden Konsequenzen.<br />
All dies zieht beträchtliche Aufmerksamkeit von einer problemlösungsorientierten<br />
Strategie ab.<br />
Während starke Angst fast immer als negativ erlebt wird, kann moderate<br />
Angst hingegen sogar von vielen Menschen als durchaus positiv, ja reizvoll<br />
erlebt werden. So suchen viele Menschen derartige Situationen auf (z.B.<br />
Bungee-Jumping). Natürlich sind aber solche Situationen von jenen zu unterscheiden,<br />
in die man sich nicht freiwillig begibt, um die dadurch ausgelöste<br />
Hormonausschüttung zu genießen.<br />
5.3.1 Angst und Schulleistung<br />
Die Schule ist nun nicht nur ein Ort an dem gelernt wird, sondern auch ein Ort,<br />
an dem das erworbene Wissen im sozialen Kontext der Klasse überprüft wird.<br />
Dieser zweite Aspekt – besonders bei mündlichen Prüfungen, aber auch bei<br />
einer psychologisch ungeschickten Ergebnisrückmeldung schriftlicher Leistungsüberprüfungen<br />
– wird von SchülerInnen bei Vorliegen negativer Beurteilungen<br />
nicht selten als bedrohlich erlebt. Sie reagieren mit Angst – mit Leistungs-<br />
bzw. Prüfungsangst. Neben dieser Angst vor Leistungsfeststellung und<br />
-beurteilung gibt es an Schulen aber auch noch andere potentiell angstauslösende<br />
Situationen, vor allem sozialer Natur: von den hänselnden und ausgrenzenden<br />
MitschülerInnen bis hin zu Ironie und Spott von LehrerInnen. Und da in Österreich<br />
– wie in vielen europäischen Ländern – die Schulpflicht besteht, können<br />
sich betroffene SchülerInnen diesen Situationen nicht oder nur sehr schwer entziehen<br />
– ganz abgesehen davon, dass Fluchtverhalten die bestehenden oder vermeintlichen<br />
Probleme nur verstärken und nicht zu einer adäquaten Bewältigung<br />
beitragen.<br />
Es muss festgehalten werden, dass selbst bei SchülerInnen, mit nur durchschnittlich<br />
ausgeprägter Ängstlichkeit, starker Leidensdruck erzeugt werden<br />
kann und diese in der Folge nicht unbeträchtliche Nachteile in ihrer Schullaufbahn<br />
in Kauf nehmen müssen (etwa Abstandnahme von der Wahl einer Höheren<br />
Schule oder eines bestimmten anspruchsvollen Studiums).
130 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
So hat etwa SCHWARZER (1979, S. 262) in einer Untersuchung darauf hingewiesen,<br />
dass „sich Grundschüler mit unterschiedlich ausgeprägter Leistungsängstlichkeit<br />
ein bis drei Jahre später hinsichtlich ihres Schulerfolgs unterscheiden<br />
lassen.“ Dies deckt sich auch mit klinischen Befunden aus der Psychotherapieforschung,<br />
wonach im Zustand starker Angst die Leistungsfähigkeit<br />
beeinträchtigt ist. Prüfungsangst hat negative Auswirkungen auf die Grundmotivation<br />
von SchülerInnen und den daraus resultierenden eigene Lernanstrengungen.<br />
Selbstverständlich gilt auch für die Schule, dass Angst nicht vorschnell ausschließlich<br />
negativ gesehen und bewertet werden darf. So zeigt sich, dass für<br />
manche SchülerInnen Angst im Sinne einer self-defeating prophecy ein Signal<br />
dafür ist, sich anzustrengen, um unangenehmen Konsequenzen zu entgehen bzw.<br />
sie (z.B. schlechte Noten, Blamage etc.) zu verhindern. Die kognitive Verarbeitung<br />
legt fest, ob Angst zu Demotivation oder Ansporn führt. In der Schule<br />
haben die LehrerInnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen,<br />
dass positive kognitive Verarbeitungsstrategien in Gang gesetzt werden, zumindest<br />
aber schädliche Umgangsstrategien möglichst vermieden werden.<br />
Dass es aber wesentlich bessere weil positiv-anreizbezogene Motivationsmittel<br />
als Angst gibt, steht außer Frage. Ob das Faktum, dass Ängste auch motivierend<br />
wirken können zudem – wie es auch heute noch gelegentlich geschieht –<br />
dafür herangezogen werden darf, um die Existenz von Angst auslösenden<br />
Situationen in der Schule zu rechtfertigen, etwa weil dadurch der Umgang mit<br />
Stresssituationen eingeübt werde, darf bezweifelt werden.<br />
Festzuhalten bleibt, dass Angst – obgleich manchmal durchaus auch ein<br />
Motivationsmittel – negative Auswirkungen auf die Leistungsmotivation und die<br />
tatsächliche Leistung von SchülerInnen haben kann und damit auch auf ihren<br />
Bildungsweg und schließlich für ihr gesamtes weiteres Leben.<br />
Vor diesem Hintergrund ist das Thema ‚Angst’ natürlich nicht nur ein mögliches<br />
Thema für die Schulentwicklung, sondern von geradezu zentraler Bedeutung.<br />
So können etwa bezüglich Prüfungsangst folgende Fragen interessant sein:<br />
Wie hoch ist die Prüfungsangst der Schule? Gibt es einzelne Klassen, in denen<br />
die Prüfungsangst überdurchschnittlich hoch ist? Tritt bei einzelnen LehrerInnen<br />
oder in bestimmten Fächern besonders häufig sehr hohe Prüfungsangst auf?<br />
Werden eher mündliche Prüfungen als ängstigend erlebt oder aber eher schriftliche<br />
Tests? Aber natürlich ist auch die Angst im sozialen Bereich des Zusammenlebens<br />
zwischen den SchülerInnen ein wichtiges Thema. Wie sieht es mit<br />
der Angst aus, von anderen ausgelacht oder ausgegrenzt zu werden? Gibt es<br />
viele AußenseiterInnen an der Schule oder in einzelnen Klassen?
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 131<br />
Eine Evaluation dieses Themenbereichs kann also eine Vielzahl von<br />
Schwachstellen aufzeigen oder aber eine ganze Reihe positiver Resultate<br />
erbringen, die dann auch der interessierten Öffentlichkeit (z.B. Eltern und<br />
SchülerInnen, die vor einer Schulwahl stehen) präsentiert werden können.<br />
5.3.2 Skalen zur Messung von Angst<br />
Im MSS gibt es ein Modul, das diesen Themenbereich ‚Angst’ – Prüfungsangst,<br />
aber auch Sozialangst – abzudecken versucht.<br />
Da Leistungsangst zu den bestuntersuchten Phänomenen der pädagogischen<br />
Psychologie zählt, liegt bereits seit Jahren eine ganze Reihe von Messinstrumenten<br />
vor. Diese lassen sich ganz grob in zwei Gruppen einteilen: (a) die älteren<br />
Messinstrumente, die noch ohne (explizite) Trennung von emotionalen und<br />
kognitiven Aspekten entwickelt worden sind und (b) den jüngeren Skalen, bei<br />
deren Konstruktion diese Unterscheidung berücksichtigt wurde.<br />
Zu den ersteren zählen u.a. die Test Anxiety Scale (TAS, SARASON 1978) im<br />
englischen und der Angstfragebogen für Schüler (AFS) von WIECZERKOWSKI<br />
und Mitarbeitern (1980) im deutschen Sprachraum.<br />
In der zweiten Generation von Angst-Skalen hat vor allem das Test Anxiety<br />
Inventory (TAI) von SPIELBERGER (1980) weltweite Anerkennung und Einsatz<br />
gefunden (deutsche Version: HODAPP, LAUX & SPIELBERGER 1982). Hinzuweisen<br />
ist in diesem Zusammenhang auch noch auf den Reaction to Test von<br />
SARASON (RTT, 1984).<br />
Im Folgenden wird eine Skala vorgestellt, mit deren Hilfe allgemeine Angst,<br />
Prüfungsangst, Schulunlust sowie soziale Erwünschtheit gemessen werden kann.<br />
Es handelt sich hierbei um eine vom MSS-Team stark gekürzte und überarbeitete<br />
Form des Angstfragebogens für Schüler (AFS) von WIECERKOWSKI, NICKEL,<br />
JANKOWSKI, FITTKAU und RAUTER (1980).<br />
Der AFS wurde aus der Vielzahl vorhandener Leistungsangst-Skalen ausgewählt,<br />
weil er<br />
(a) zu den besterprobten und bewährtesten Messinstrument gehört und damit<br />
das wichtige Technologiekriterium der Verlässlichkeit erfüllt, und<br />
(b) über die Messung manifester Angst hinaus in drei weiteren Subskalen<br />
auch noch die Prüfungsangst und die Schulunlust, sowie die sozialen Erwünschtheit<br />
misst und damit für die Schulen die Möglichkeit für eine diesbezüglich<br />
differenzierte Rückmeldung bietet und<br />
(c) schließlich, weil er auch relativ leicht einsetzbar und zeitökonomisch auswertbar<br />
ist.
132 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Der AFS wurde allerdings in einer von RIFFERT und PASCHON (1999) stark<br />
abgeänderten Version in den Modulpool übernommen: zum einen wurden (1)<br />
die dichotomen Antwortvorgaben (ja/nein) der Originalversion durch eine Fünf-<br />
Punkte-Skala (1 ... „stimmt genau“; 5 … „stimmt nicht“) ersetzt, was ein differenzierteres<br />
Antwortverhalten ermöglicht. Zum anderen (2) wurde der AFS<br />
von 50 Items auf 25 gekürzt. Mit dieser Halbierung der Items wird dem Technologiekriterium<br />
des realistischen Preis-Leistungs-Verhältnisses und der Praktikabilität<br />
Rechnung getragen. In einer Schule wurde auch die Langversion eingesetzt,<br />
um die Entsprechung zwischen Kurzversion und Langversion überprüfen<br />
zu können. (Vgl. dazu: TARNAI, PASCHON, RIFFERT & ECKSTEIN 2000b)<br />
Der AFS besteht aus vier Subskalen, welche die folgenden Bereiche<br />
abdecken: (1) Manifeste Angst, (2) Prüfungsangst, (3) Schulunlust und (4)<br />
Soziale Erwünschtheit. Diese vier Subskalen liefern für die Schulen wichtige<br />
Kriterienvariablen zur Messung der generellen Entwicklungstendenz ihrer<br />
Schulentwicklungsarbeit. So lässt sich etwa feststellen, ob beispielsweise die<br />
Prüfungsangst oder die Schulunlust im Zuge der Schulentwicklungsaktivitäten<br />
zu- oder abgenommen haben. Im Folgenden werden diese vier Subskalen kurz<br />
inhaltlich beschrieben und in ihrer gekürzten MSS-Form vorgestellt:<br />
Ad (1) Manifeste Angst: Mit dieser Subskala (vgl. Tabelle 11) werden allgemeine<br />
Angstsymptome wie Nervosität, Einschlaf- und Konzentrationsprobleme,<br />
Herzklopfen, reduziertes Selbstvertrauen und allgemeine Furchtsamkeit gemessen.<br />
Nr. Item<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
1<br />
Oft kann ich abends lange nicht einschlafen, weil ich mir so viele<br />
Gedanken machen muss.<br />
O O O O O<br />
2<br />
Ich habe oft Angst, dass ich bei anderen einen schlechten Eindruck<br />
mache.<br />
O O O O O<br />
3 Oft möchte ich am liebsten ganz für mich allein sein. O O O O O<br />
4 Oft muss ich daran denken, dass mir etwas zustoßen könnte. O O O O O<br />
5<br />
Manchmal fühle ich mich wie verlassen, auch wenn ich mit anderen<br />
zusammen bin.<br />
O O O O O<br />
6 Ich bin manchmal so aufgeregt, dass meine Hände zittern. O O O O O<br />
7 Ich möchte eigentlich anders sein, als ich mich gebe. O O O O O<br />
Tab. 11: Manifeste Angst, 7 Items, Cronbach-α = .77 (N=2060)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 133<br />
Ad (2) Prüfungsangst: Bei dieser Subskala (vgl. Tabelle 12) geht es um spezifische<br />
Ängste vor und in Situationen der Leistungsüberprüfung. Es werden<br />
Gefühle der Hilflosigkeit und Unzulänglichkeit in Situationen schulischer Leistungserhebungen,<br />
Ängste vor Leistungsversagen etc. erfragt.<br />
Nr. Item<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
1<br />
Wenn ich aufgerufen werde und nach vorn kommen muss, habe ich<br />
immer Angst, dass ich etwas Falsches sage.<br />
O O O O O<br />
2<br />
Nach einer Schularbeit habe ich immer wieder das Gefühl, wieder so<br />
vieles falsch gemacht zu haben, was ich vorher konnte.<br />
O O O O O<br />
3<br />
Wenn eine Schularbeit geschrieben wird, vergesse ich oft Dinge, die<br />
ich vorher gut gelernt habe.<br />
O O O O O<br />
4<br />
Wenn wir eine Schularbeit schreiben, weiß ich meistens schon von<br />
Anfang an, dass ich es doch nicht gut machen werde.<br />
O O O O O<br />
5<br />
Ich glaube, ich könnte in der Schule mehr leisten, wenn ich nicht so<br />
viel Angst vor Prüfungen und Schularbeiten hätte.<br />
O O O O O<br />
6<br />
Manchmal wünschte ich, dass ich mir nicht so viele Sorgen über<br />
Schularbeiten machte.<br />
O O O O O<br />
7<br />
Wenn geprüft wird, bekomme ich jedes Mal ein komisches Gefühl im<br />
Magen.<br />
O O O O O<br />
8 Vor Schularbeiten bin ich immer aufgeregt. O O O O O<br />
Tab. 12: Prüfungsangst, 8 Items, Cronbach-α = .84 (N=2060)<br />
Ad (3) Schulunlust: Diese Subskala (vgl. Tabelle 13) dient der Feststellung von<br />
negativen Einstellungen der SchülerInnen gegenüber Schule und dem damit einhergehenden<br />
Motivationsabfall gegenüber dem Unterricht. (Statement 4 dieser<br />
Subskala ist bei der Auswertung umzupolen!)<br />
Nr. Item<br />
1<br />
Schon der Gedanke an die Schule macht mich morgens oft missmutig.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
2 Es wäre schön, wenn ich nicht mehr zur Schule zu gehen brauchte. O O O O O<br />
3<br />
Das meiste, was man in der Schule lernen muss, kann man im<br />
späteren Leben doch nicht gebrauchen.<br />
O O O O O<br />
4 Ich gehe gern zur Schule. (Dieses Item ist beim Auswerten umzupolen!) O O O O O<br />
5<br />
Es gibt in der Schule eigentlich nur wenige Dinge, die mir wirklich<br />
Spaß machen.<br />
Tab. 13: Schulunlust, 5 Items, Cronbach-α = .77 (N= 2060)<br />
O O O O O
134 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Ad (4) Soziale Erwünschtheit: Mit dieser Subkala (vgl. Tabelle 14) wird die<br />
Tendenz der Antwortenden erhoben, sich in ihrem Ankreuzverhalten nach sozial<br />
erwünschten Standards zu richten und damit nicht wahrheitsgetreu zu antworten.<br />
Im vorliegenden Fall stellt ein hoher Score bei dieser Subskala ein Indiz dafür<br />
dar, dass die Antwortenden eher unwahre (d.h. sozial akzeptable) Angaben über<br />
ihre Ängste machen. Je höher der Wert für die soziale Erwünschtheit, desto<br />
größer die Verzerrung in den anderen Subskalen zur Angst. D.h., dass die tatsächliche<br />
Angstausprägung bei diesen Personen tatsächlich höher ist als dies das<br />
Ergebnis nahe legt. Leider muss für die Kurzversion dieser gekürzten Subskala<br />
festgehalten werden, dass die interne Reliabilität mit Cronbach-α von .59 nur<br />
sehr mäßig ausgeprägt ist. Weiterführende Arbeiten zur Verbesserung dieser<br />
Subskala sind daher notwendig.<br />
Nr. Item<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
1 Ich sage immer die Wahrheit. O O O O O<br />
2 Ich verhalte mich immer freundlich und zuvorkommend. O O O O O<br />
3 Ich gebe immer sofort zu, wenn ich etwas nicht genau weiß. O O O O O<br />
4 Ich bin nie schlecht gelaunt. O O O O O<br />
5 Ich bin noch nie auf einen anderen neidisch gewesen. O O O O O<br />
Tab. 14: Soziale Erwünschtheit, 5 Items, Cronbach-α = .59 (N=2060)<br />
Grundsätzlich lassen sich diese vier Subskalen des AFS auch einzeln einsetzen.<br />
Ist man also an einer Schule nur am Thema Prüfungsangst interessiert, so kann<br />
die entsprechende Subskala mit ihren acht Statements aus dem Modulpool ausgewählt<br />
und eingesetzt werden.<br />
5.4 Modul: Aggression<br />
Aggression ist ein Phänomen, mit dem wir in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen<br />
Lebens konfrontiert werden. Die Schule als Teil dieser Gesellschaft<br />
bildet hier keine Ausnahme. (Vgl. dazu: OLWEUS 1996, S. 26) Dies machte die<br />
Aufnahme eines Moduls zu diesem Problembereich in den Modulpool notwendig.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 135<br />
5.4.1 Der Aggressionsbegriff<br />
Der Begriff ‚Aggression’ ist in den letzten Jahrzehnten unterschiedlich verwendet<br />
worden. Der MSS lehnt sich in der Begriffsfestlegung bei OLWEUS<br />
(1973, 1996) an, der unter ‚Aggression’ ein Verhalten versteht, das Menschen<br />
schadet, sie gefährdet oder ihnen Unannehmlichkeiten bereitet. Häufig wird<br />
dieser Aggressionsbegriff auch auf Gegenstände erweitert; seltener wird für<br />
diese Form des gegen Sachen gerichteten aggressiven Verhaltens auch der<br />
Begriff ‚Vandalismus’ verwendet.<br />
Die Erscheinungsformen aggressiven Verhaltens können sehr stark variieren<br />
und reichen von Jähzorn über Lügen bis hin zu delinquentem Verhalten wie etwa<br />
Diebstahl, Erpressung und Nötigung. Folgende Unterscheidungen (nach<br />
HORN & KNOPF 1996) können Orientierung in die unübersichtliche Vielzahl verschiedener<br />
aggressiver Verhaltensweisen bringen:<br />
• manifeste (offene) vs. latente (verdeckte) Aggression (Dimension: Offenheit),<br />
• physische vs. verbale Aggression (Dimension: Art)<br />
• direkte vs. indirekte Aggression (Dimension: Direktheit),<br />
• externale (nach außen, auf andere gerichtete) vs. internale (nach innen, auf<br />
sich selbst gerichtete Aggression (Dimension: Richtung).<br />
Die Tabelle 15 (nach PETERMANN et al. 1997, S. 13) bietet einige Beispiele zu<br />
den angeführten Dimensionen aggressiven Verhaltens.<br />
Mit dem Begriff ‚Aggressivität’ wird hingegen nicht ein (aktuelles) Verhalten<br />
bezeichnet, sondern die in verschiedenen Situationstypen und über einen<br />
längeren Zeitraum hinweg vorhandene Prädisposition bzw. Neigung zu<br />
aggressivem Verhalten.<br />
In jüngster Zeit hat sich – hervorgerufen durch das Interesse einer durch die<br />
Berichterstattung der Boulevard-Presse aufgeschreckten Öffentlichkeit – eine<br />
Kontroverse darüber entwickelt, ob die Gewalt an Schulen in den letzten Jahren<br />
zugenommen hat oder nicht. OLWEUS zieht auf der Basis einer kritischen Methodenreflexion<br />
von Aggressionsstudien der 70-er Jahre folgendes nüchternes Resümee<br />
bezüglich quantitativer Veränderungen in diesem Bereich: „Es sind<br />
schlechthin keine verlässlichen Daten verfügbar, um sicher abzuschätzen, ob die<br />
Gewalttäter-/Gewaltopferprobleme in den 1980er Jahren oder 1990er Jahren zu<br />
oder abgenommen haben.“ (1996, S. 28) Bezüglich der Qualität (Art und<br />
Intensität) aggressiven Verhaltens vertritt OLWEUS jedoch die Meinung, es gäbe
136 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
„mehrere mittelbare Anzeichen, dass Gewaltanwendung in schwererer Form<br />
vorkommt [...] als noch vor 10 bis 15 Jahren.“ (1996, S. 28)<br />
Dimension Ausdrucksform Beispiele<br />
Offenheit<br />
manifest<br />
schimpfen, an den Haaren ziehen, auf andere<br />
einschlagen, spotten, schlagen, ...<br />
latent Gerüchte verbreiten, aufhetzen, ausgrenzen, ...<br />
Art<br />
physisch<br />
verbal<br />
anspucken, kratzen, treten, in den ‚Schwitzkasten’<br />
nehmen, ...<br />
anbrüllen, beleidigen, sprachliche Drohung,<br />
hänseln, ...<br />
Direktheit<br />
direkt<br />
indirekt<br />
beschädigen, stehlen, körperlich attackieren,<br />
anschreien, lächerlich machen, ...<br />
‚links’ liegen lassen, bei anderen schlecht<br />
machen, nicht in das Team wählen,...<br />
Richtung<br />
external<br />
internal<br />
boxen, rempeln, Zunge zeigen, ‚Vogel’ zeigen,<br />
spucken, niederschreien, ...<br />
mit dem eigenen Kopf gegen die Wand schlagen,<br />
sich selbst verbal ‚niedermachen’, ...<br />
Tab. 15: Dimensionen, Ausdrucksformen und Beispiele für aggressives Verhalten<br />
Wie sieht es mit geschlechts- und altersspezifischen Unterschieden bei aggressivem<br />
Verhalten aus? Und welche Verteilung zwischen Tätern und Opfern lässt<br />
sich aufzeigen? Unter der Bezeichnung ‚Täter’ werden alle jene SchülerInnen<br />
subsummiert, die selbst angeben, dass sie aktiv aggressives Verhalten gegen<br />
andere Personen und/oder Gegenstände ausgeübt haben. Unter ‚Opfer’ werden<br />
jene SchülerInnen zusammengefasst, die Gewalt – in welcher Form auch immer<br />
– erlitten haben.<br />
Zunächst kann aufgrund internationaler Studien festgehalten werden, dass<br />
physische Gewalt wesentlich häufiger von Jungen ausgeht als von Mädchen und<br />
dass die Jungen auch stärker dieser Form von Gewalt als Opfer ausgesetzt sind<br />
als ihre Klassenkolleginnen. (Vgl. etwa: OLWEUS 1996, S. 29-31) Entsprechende<br />
Resultate haben auch Untersuchungen mittels MSS an verschiedenen österreichischen<br />
Gymnasien ergeben. (Vgl. z.B. RIFFERT & PASCHON 1998, S. 32-35)<br />
Anders sieht die Situation bei verbal und indirekt ausgeübter Gewalt aus. Diese<br />
Form von Gewaltausübung ist die häufigste Form aggressiven Verhaltens sowohl<br />
bei Jungen als auch bei Mädchen und wird in etwa von beiden Geschlechtern<br />
gleich häufig eingesetzt.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 137<br />
Physische Gewalt tritt vor allem in der Grundschule, der Hauptschule und in<br />
der Unterstufe der Gymnasien auf. In den Oberstufen sinkt die Rate physischer<br />
Aggressionen hingegen deutlich ab. (OLWEUS, 1996, S. 29) Diese Reduktion<br />
aggressiven Verhaltens in der Oberstufe tritt in etwas schwächerer Ausprägung<br />
auch bei verbalen Aggressionen auf. (ausführlicher: RIFFERT, PASCHON & SAMS<br />
2004)<br />
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Umgangsformen bei den<br />
männlichen Kindern und Jugendlichen – und hier wiederum verstärkt bei den<br />
jüngeren – rauer und härter sind als bei den Mädchen und dass Aggressionen<br />
auch offener gezeigt werden. Dies berechtigt aber nach OLWEUS nicht zu dem<br />
Schluss, dass man die Gewalt unter den Mädchen nicht zu beachten bräuchte. Ja,<br />
er äußerst sogar den Verdacht, dass die indirekt ausgeübten Aggressionen der<br />
Mädchen „so raffiniert sind, dass wir sie in unserem Fragebogen nicht aufgedeckt<br />
haben.“ (1996, S. 31)<br />
5.4.2 Aggressives Verhalten und die Folgen<br />
Dass durch aggressives Verhalten SchülerInnen bedroht und gefährdet werden<br />
sowie an Schulen dadurch der effiziente Lernprozess gestört, ja streckenweise<br />
erheblich eingeschränkt wird, würde alleine schon ausreichen, um diesen Themenbereich<br />
an betroffenen Schulen zu einem zentralen Schwerpunkt der<br />
Schulentwicklung zu machen.<br />
Darüber hinaus hat sich aber auch in wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt,<br />
dass Aggressionen relativ zeitlich stabile Verhaltensweisen darstellen. Es<br />
scheint demnach tendenziell so zu sein, dass jüngere Kinder, die häufiger<br />
aggressives Verhalten zeigen nur schwer in der Lage sind, dieses Verhaltensmuster<br />
wieder abzubauen. Im Gegenteil: Eine Reihe von WissenschaftlerInnen<br />
hat einen Zusammenhang zwischen auffällig aggressivem Verhalten im frühen<br />
Kindesalter und überdurchschnittlich hoher Aggressionsrate bis hin zu delinquentem<br />
Verhalten im Jugendlichen- und Erwachsenenalter nachgewiesen. (vgl.<br />
etwa: CASPI & MOFFITT 1995; DISHION, FRENCH & PATTERSON 1995) Zu dem<br />
Merkmalsbündel, das mit späterer Delinquenz einhergeht, zählen (vgl.<br />
HÄMÖLÄINEN & PULKKINEN 1996) folgende Charakteristika:<br />
Auftreten von Aggressionen<br />
(a) bereits in einem sehr jungen Alter (Vorschulzeit),<br />
(b) mit hoher Frequenz und<br />
(c) in einer großen Bandbreite verschiedenartiger Aggressionsformen.
138 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
PETERMANN at al. (1997, S. 16-18) skizzieren eine typische Entwicklungssequenz:<br />
Zunächst wächst das ‚trotzige’ Kind, den hilflosen und/oder selbst in<br />
Problemen steckenden Eltern ‚über den Kopf’, und diese dazu neigen, bei<br />
aggressivem Verhalten des Kindes nachzugeben. Kommt dieses Kind dann in<br />
die Schule, wird es aufgrund seiner aggressiven Verhaltensexzesse häufig zum<br />
Außenseiter, der schließlich nur in der Peergroup Gleichgesinnter (aggressiver)<br />
Jugendlicher soziale Anerkennung, damit aber gleichzeitig Verstärkung seines<br />
gewalttätigen Verhaltens findet. Am Ende dieser Entwicklung steht schließlich<br />
der delinquente Jugendliche bzw. Erwachsene. Natürlich handelt es sich bei<br />
dieser skizzierten Entwicklung nur um einen typischen Verlauf, der durch<br />
günstige Umwelteinflüsse an jedem Punkt modifizierbar, unterbrechbar oder<br />
evtl. sogar beendbar ist. Empirische Untersuchungen legen aber nahe, dass diese<br />
Entwicklung bei vielen später delinquent gewordenen Personen in zumindest<br />
ähnlicher Form durchlaufen wurde und dass Interventionsversuche, die auf eine<br />
Modifikation des Verlaufs abzielen, häufig nur von mäßigem Erfolg gekrönt<br />
sind.<br />
All dies zeigt, dass aggressives Verhalten nicht nur wegen seiner für den Unterricht<br />
negativen Auswirkungen ein Thema an den Schulen sein sollte. Die<br />
Schule stellt in den meisten Fällen die letzte Möglichkeit dar, auf institutioneller<br />
Ebene an die gefährdeten Kinder und Jugendlichen mit gezielten Interventionsmaßnahmen<br />
heranzukommen bzw. – und noch besser – präventive Maßnahmen<br />
zur Vermeidung dieser negativen Spirale zu setzen. Das rechtzeitige Erkennen<br />
erhöhter Aggressionswerte ist dafür aber von entscheidender Bedeutung. Der<br />
MSS kann diese diagnostische Aufgabe auf Schul- aber auch auf Klassenebene<br />
erfüllen und ist daher in der Lage, in diesem sensiblen Bereich eine für gezielte<br />
Interventionen im Rahmen von Schulentwicklung wichtige Datenbasis zu<br />
liefern.<br />
5.4.3 Erfassung von Aggressionen mittels MSS<br />
Zur Erfassung von Aggressionen an Schulen wurde eine Aggressionsfragebatterie<br />
entwickelt und in den Modulpool aufgenommen. Diese Fragebatterie<br />
besteht aus insgesamt ca. 60 Fragen, mit deren Hilfe versucht wird, manifeste<br />
Akte von Gewalt im weitesten Sinn von physischer Gewalt, Beleidigungen und<br />
Kränkungen, bis hin zum Vandalismus zu erfassen. Es wird zwischen Täter-<br />
(Zufügen von Gewalt) und Opferperspektive (Erleiden von Gewalt) unterschieden.<br />
Schließlich wird auch noch die Perspektive der (unbeteiligten) Beobachter<br />
miteinbezogen (Beobachten von Gewalt). Auf diese Weise können SchülerInnen<br />
anonym ihre Erfahrungen in diesem sensiblen Bereich mitteilen, ohne Repressa-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 139<br />
lien durch MitschülerInnen befürchten zu müssen. Dies trägt zur Erfassung eines<br />
realistischen Situationsbildes an den Schulen bei. (Vgl. Tabelle 16)<br />
A B C D E F<br />
Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe angegriffen,<br />
geschlagen oder getreten.<br />
A B C D E F<br />
Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe beschimpft oder<br />
beleidigt.<br />
A B C D E F<br />
Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe bedroht, erpresst<br />
oder zu etwas gezwungen.<br />
A B C D E F<br />
In der Schule wurden Sachen, die mir gehören, beschädigt oder zerstört. A B C D E F<br />
In der Schule wurden Sachen, die mir gehören, gestohlen. A B C D E F<br />
Ich habe einen anderen Schüler angegriffen, geschlagen oder getreten. A B C D E F<br />
Ich habe einen anderen Schüler oder eine Schülergruppe beschimpft oder<br />
beleidigt.<br />
A B C D E F<br />
Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler einen anderen Mitschüler angegriffen,<br />
getreten oder geschlagen hat.<br />
A B C D E F<br />
Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler einen anderen Mitschüler beschimpft<br />
oder beleidigt hat.<br />
A B C D E F<br />
Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer ungerecht behandelt. A B C D E F<br />
Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer gekränkt. A B C D E F<br />
Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer durch Drohungen<br />
psychisch unter Druck gesetzt.<br />
A B C D E F<br />
Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer körperlich angegriffen. A B C D E F<br />
Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer vor der ganzen Klasse<br />
lächerlich gemacht.<br />
A B C D E F<br />
Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler von (mindestens) einem Lehrer<br />
ungerecht behandelt wurde.<br />
A B C D E F<br />
Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler durch (mindestens) einen meiner<br />
Lehrer gekränkt wurde.<br />
A B C D E F<br />
Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer beschimpft oder beleidigt. A B C D E F<br />
Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer irgendwie gekränkt. A B C D E F<br />
Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer vor der ganzen Klasse<br />
lächerlich gemacht.<br />
A B C D E F<br />
… A B C D E F<br />
Tab. 16: Auszug aus der Aggressions-Fragebatterie aus dem Modulpool (S101)<br />
(fast) täglich<br />
mehrmals wöchentlich<br />
mehrmals monatlich<br />
mehrmals in diesem Schuljahr<br />
einmal in diesem Schuljahr<br />
(fast) nie
140 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Folgende Kategorien werden den SchülerInnen zur Beantwortung vorgelegt:<br />
‚angegriffen, geschlagen, getreten’ (=physische Gewalt), ‚beschimpft, beleidigt’<br />
(=verbale Gewalt) und ‚Privateigentum beschädigt, zerstört’ (=Vandalismus).<br />
Neben dem Bereich der Aggressionen zwischen SchülerInnen erlaubt der<br />
MSS auch die Feststellung der Art und Häufigkeit von aggressivem Verhalten<br />
zwischen SchülerInnen und den LehrerInnen. Hier sind die Kategorien ‚ungerecht<br />
behandelt’, ‚gekränkt’ und ‚geärgert’ vorgegeben. Auch hier wird wieder<br />
zwischen Täter-, Opfer- und BeobachterInnenperspektive unterschieden.<br />
Der Vorteil dieser Fragebogenbatterie zur Aggressionserfassung besteht darin,<br />
dass sie es erlaubt, mit verhältnismäßig wenigen Fragen relativ viel Information<br />
zu erhalten. Bei der Entwicklung wurde besonders darauf geachtet, dass<br />
auch von jüngeren SchülerInnen realistische Ergebnisse erhoben werden können.<br />
Daher werden die SchülerInnen nicht darum gebeten selber die Häufigkeit<br />
beobachteter aggressiver Akte für den letzten Monat einzuschätzen, sondern es<br />
wurden Häufigkeitskategorien vorgegeben: ‚nie (im letzten Monat)’, ‚selten (im<br />
letzten Monat)’, ‚manchmal (im letzten Monat)’, ‚häufig (mehrmals wöchentlich)’,<br />
‚regelmäßig (fast an jedem Schultag)’.<br />
Mit diesen vorgegebenen Antwortkategorien wurde dieses Modul bereits an<br />
einigen Schulen eingesetzt und erbrachte für SchülerInnen und LehrerInnen<br />
durchwegs ‚plausible’ Ergebnisse. Die Reaktionen lauteten von ‚Das sind genau<br />
die schwierigen Klassen.’ bis ‚Ja, in der Klasse hatten wir genau zu dieser Zeit<br />
das Problem mit dieser Clique.’. Zudem zeigten sich auch die erwarteten Korrelationen<br />
in Klassen zwischen einem schlechten Klassenklima und einer hohen<br />
Aggressionsrate, oder zwischen dem Anteil an Außenseitern in einer Klasse und<br />
der Häufigkeit an aggressivem Verhalten, was für die Validität dieser Fragebatterie<br />
spricht.<br />
Der Einsatz dieses Moduls bei Vollerhebung erlaubt somit die Lokalisierung<br />
von Aggressionsherden (Täter) und Opferschwerpunkten auf Klassenebene. So<br />
konnte beispielsweise an einem Gymnasium (Langform) eine erste Klasse<br />
(fünfte Schulstufe), deren Klassenraum zwischen denen zweier vierten Klassen<br />
(8. Schulstufe) mit jeweils offensichtlich hohem Aggressionspotential lag, als<br />
besonders von aggressiven Übergriffen betroffen erkannt werden. In den beiden<br />
angrenzenden vierten Klassen lag hingegen die Täterrate überdurchschnittlich<br />
hoch. In Gesprächen mit den SchülerInnen der drei Klassen konnten die Ergebnisse<br />
bestätigt werden. Ob auch bei nicht-anonymen Gesprächen mit LehrerInnen<br />
die Informationen so offen und ehrlich ausgesprochen worden wären,
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 141<br />
darf bezweifelt werden. 11 Solche Ergebnisse erlauben genaue Problemlokalisierungen<br />
und dementsprechend zielgenaue Umsetzungen von Interventionsmaßnahmen<br />
wie z.B. der Einführung eines Sozialtrainings (vgl. RIFFERT 2000a & b).<br />
5.5 Modul: Selbstwirksamkeit<br />
Ein weiteres einsetzbares MSS-Modul besteht aus verschiedenen Skalen zur<br />
Messung der Ausprägung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Self-Efficacy)<br />
bei SchülerInnen, LehrerInnen, Schulleitung und Schulbehörde (Landesschul-<br />
und FachinspektorInnen).<br />
5.5.1 Das Konzept der Selbstwirksamkeit<br />
Aus einer Vielzahl sehr interessanter Kontrollkonzepte – etwa: ‚Locus of Control’<br />
(ROTTER 1954 & 1966), ‚Attributionsansatz’ (HEIDER 1958), ‚Learned<br />
Helplessness’ (SELIGMAN 1975) – ‚Handlungstheoretischer Ansatz zu Kontrollüberzeugungen’<br />
(SKINNER, CHAPMAN & BALTES 1988) – wurde das Self-<br />
Efficacy Konzept von BANDURA (z.B. 1986 & 1994) deshalb in den MSS aufgenommen,<br />
weil es die beste wissenschaftliche Fundierung – sowohl theoretische<br />
Durchdringung, als auch umfangreiche und gute empirische Bewährung – aufweist.<br />
Self-Efficacy (Selbstwirksamkeit) bezieht sich nach BANDURA auf die subjektiven<br />
Überzeugungen und das Vertrauen eines Individuums, in spezifischen<br />
Situationen ein oder mehrere anspruchsvolle Ziele durch den effektiven Einsatz<br />
adäquater Verhaltensweisen erfolgreich erreichen zu können. (Vgl. etwa BAN-<br />
DURA 1986 & 1994). Die angestrebten Ziele sollen dabei nicht einfach durch den<br />
quasi automatischen Einsatz simpler Verhaltensroutinen realisierbar sein, sondern<br />
nur durch die Überwindung von Hindernissen. Diese Überwindung impliziert<br />
seitens des Handelnden die Aktivierung von Selbstregulationsprozessen<br />
wie Anstrengung, Ausdauer und Feedbackzyklen. (Vgl. etwa: ZIMMERMANN &<br />
MARTINEZ-PONS 1992)<br />
11 Dieses Beispiel zeigt zudem sehr deutlich die Sensibilität mit der bei Datenrückmeldungen<br />
und der Weiterarbeit auf dieser Datenbasis aus ethischen Gründen umgegangen werden<br />
muss. Denn eine Offenlegung der Ergebnisse (und damit die Aufhebung der Anonymität der<br />
Klasse) ohne begleitende Schutz- und Präventionsmaßnahmen, könnte zu Racheakten der<br />
aufgedeckten Aggressoren führen und so die besonders betroffenen SchülerInnen dieser<br />
ersten Klasse noch stärkeren Aggressionen aussetzen.
142 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Personen mit gut ausgeprägten Selbstwirksamkeitsüberzeugungen setzen<br />
sich selbst anspruchsvollere Ziele als niedrig selbstwirksame Personen, verfolgen<br />
diese bei auftauchenden Problemen hartnäckiger und ausdauernder, lassen<br />
sich weniger leicht ablenken und verarbeiten Fehlschläge besser, indem sie<br />
für die Zukunft Lösungsmöglichkeiten und entsprechende Erfolge prognostizieren<br />
und diese auf ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen ursächlich<br />
zurückführen. Zudem hat sich gezeigt, dass hoch selbstwirksame Personen<br />
weniger ängstlich sind als niedrig selbstwirksame; sie scheinen darüber hinaus<br />
auch weniger häufig zu Drogen zu greifen und neigen auch weniger zur<br />
Ausbildung psychischer und physischer Erkrankungen.<br />
BANDURA hatte ursprünglich (1977, S. 208ff) sein Self-Efficacy-Konzept<br />
verwendet, um eine alternative Erklärung der erfolgreich im klinischen Bereich<br />
eingesetzten psychotherapeutischen Methode der systematischen Desensibilisierung<br />
zu präsentieren. Die Methode der systematischen Desensibilisierung war<br />
nach BANDURA nicht deshalb wirksam, weil sie auf Gegenkonditionierung basierte,<br />
wie WOLPE (1954, 1974) angenommen hatte, sondern – so BANDURA –,<br />
weil sie etwa durch die abgestufte Stimulusexposition und die damit einhergehenden<br />
Erfolge beim Umgang mit ängstigenden Situationen die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
von Phobikern gegenüber aversiven Stimuli erhöhte.<br />
In den letzten zwei Jahrzehnten wurde das Konzept der Selbstwirksamkeit –<br />
begleitet von einer Vielzahl empirischer Untersuchungen – auf viele andere Bereiche<br />
gewinnbringend übertragen: soziale Kompetenz, Schmerztherapie, sportliche<br />
Aktivitäten, Karriereplanung und -entscheidungen, Raucherentwöhnung,<br />
Verkaufsverhalten, Rehabilitation von Herzinfarktpatienten, Motivationsforschung,<br />
sowie Stress und Burnout. (Vgl. dazu etwa BANDURA 1986 & 1994) In<br />
einer kaum mehr überblickbaren Anzahl von wissenschaftlichen Publikationen<br />
wird der Wert des Selbstwirksamkeitskonzepts in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen<br />
belegt. 12 Zudem wurde nachgewiesen (SCHWARZER & BORN<br />
1997; ZHANG & SCHWARZER 1995), dass Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
kulturübergreifend von Bedeutung sind.<br />
5.5.2 Selbstwirksamkeit und Schule<br />
Neben diesen vielfältigen Anwendungs- und Forschungsfeldern wurden Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
auch im schulischen Bereich untersucht. Hierbei<br />
wurde zunächst der Ausbildung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bei Leh-<br />
12<br />
Für den Schulbereich bietet die Homepage von Ralf Schwarzer interessante Informationen.<br />
URL: http://www.schwarzer.info/
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 143<br />
rerInnen verstärkt Aufmerksamkeit zugewandt. (ECCLES & WIGFIELD 1985;<br />
SCHMITZ & SCHWARZER 2000) So fanden etwa GIBSON und DEMBO (1985), dass<br />
LehrerInnen mit höherer Lehr-Efficacy mehr Zeit für Unterrichtsaktivitäten und<br />
weniger Zeit für unterrichtsferne Tätigkeiten verwendeten, mehr aufgabenorientierte<br />
Hilfestellung für die SchülerInnen boten und schließlich auch die Fortschritte<br />
der SchülerInnen häufiger lobten als LehrerInnen mit niedriger Lehr-<br />
Efficacy. In anderen Untersuchungen (z.B. MIDGLEY, FELDLAUFER & ECCLES<br />
1989) zeigte sich, dass LehrerInnen mit besser ausgebildeter Self-Efficacy, verglichen<br />
mit LehrerInnen einer niedrigen Efficacy-Ausprägung, in der Lage<br />
waren, das Leistungsniveau der SchülerInnen, deren Motivation und Arbeitsstrategien<br />
stärker zu heben.<br />
In letzter Zeit rückten im Zuge verstärkter Schulentwicklungsaktivitäten und<br />
der zentralen Rolle, welche die Schulleitung dabei spielt, auch die Schulleiter-<br />
Innen ins Zentrum der Aufmerksamkeit der ForscherInnen. Es wurden Untersuchungen<br />
zu diesem Bereich durchgeführt (BRUCE & CACIOPPE 1989; ROSSOW<br />
1990;) und spezielle Skalen entwickelt.<br />
Schließlich wurde auch die Personengruppe der SchülerInnen aus dem Blickwinkel<br />
der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen untersucht. (SARGOTSKY, PAT-<br />
TERSON & LEPPER 1978) Insbesondere Dale SCHUNK (z.B. 1982, 1983, 1984,<br />
1989) und seine KollegInnen und MitarbeiterInnen (etwa: SCHUNK & HANSON<br />
1985; SCHUNK & COX 1986), aber auch einige andere ForscherInnen (vgl. etwa:<br />
SKINNER, WELLBORN & CONNELL 1990; BOUFFARD-BOUCHARD, PARENT &<br />
LARIVEE 1991) widmeten sich diesem Thema ausführlich. Ihre Untersuchungen<br />
waren – BANDURAS Konzeption von Self-Efficacy folgend – meist stark situationsspezifisch<br />
angelegt. Es ging um sehr spezifische Kompetenzen etwa im<br />
Bereich der Ausführung eher basaler mathematischer Operationen wie dem Subtrahieren,<br />
dem Dividieren oder dem Lösen von Textaufgaben. Aber auch Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
bezüglich sprachlicher Kompetenzen – wie etwa<br />
das Lesen (BUTKOWSKY & WILLSON 1980) und das Verfassen von Texten<br />
(SCHUNK & SWARTZ 1993a, 1993b) – wurden untersucht.<br />
BANDURA selbst (1994, 196) weist darauf hin, dass in vielen – insbesondere<br />
früheren – Untersuchungen der situationsspezifische Charakter des Self-Efficacy-Konzepts<br />
nicht genügend berücksichtigt wurde. Self-Efficacy ist nach BAN-<br />
DURA eben weder eine situationsinvariante Fähigkeit noch ein transsituationale<br />
Persönlichkeitseigenschaft (‚trait’). Selbstwirksamkeitsüberzeugungen können<br />
vielmehr zwischen Personen in derselben Situation und Aufgabenkonstellation,<br />
aber auch bei ein und derselben Person in verschiedenen Situationen variieren.<br />
Einerseits können zwei SchülerInnen völlig verschieden ausgeprägte Selbstwirk-
144 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
samkeitsüberzeugungen bezüglich Bewältigbarkeit des Mathematikunterrichts<br />
einer bestimmten Schulstufe haben. Andererseits kann auch ein und derselbe<br />
Schüler verschiedene Kontrollüberzeugungen (Self-Efficacy) bezüglich der Bewältigbarkeit<br />
einer Integralrechnung und einer Übersetzung eines anspruchsvollen<br />
lateinischen Texts haben.<br />
Um zu möglichst präzisen Prognosen zu gelangen, sei bei Messungen der<br />
Self-Efficacy – so BANDURA – daher eine Anpassung an die jeweilig im Forschungsfokus<br />
stehende Situation (Aufgabentypus, Problemstellung etc.) vorzunehmen.<br />
Dass aber auch die Untersuchung ganzer Schulen mit Hilfe des Self-Efficacy<br />
Konzepts durchaus sinnvoll und fruchtbar sein kann, zeigt sich schon darin, dass<br />
BANDURA selbst von „collective school-efficacy“ (BANDURA 1993, S. 140-43;<br />
vgl. dazu auch BANDURA 1994, S. 200-203, sowie SCHARZER & JERUSALEM<br />
1995) spricht. So sind etwa die einzelnen LehrerInnen interagierende Mitglieder<br />
ihrer Schule und werden von den sozialen und Leistungsstandards, sowie Kontrollüberzeugungen<br />
anderer Institutionsmitglieder genauso beeinflusst, wie sie<br />
ihrerseits diese mit beeinflussen. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für deren<br />
soziale Interaktionspartner, die SchülerInnen. Dies legt nahe, die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
aller relevanten Personengruppen als Indikator für die Güte<br />
des Schulentwicklungsprozesses zu verwenden. Genau dies ist im Rahmen von<br />
MSS-Einsätzen möglich.<br />
Die Untersuchung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eignet sich auch<br />
deshalb sehr gut im Rahmen von Evaluationsvorhaben bei Schulentwicklungsprojekten,<br />
weil hohe Self-Efficacy – wie MSS-Untersuchungen gezeigt haben –<br />
mit einer Reihe anderer für die Schulentwicklung wichtiger Variablen insbesondere<br />
auf Klassenebene zusammenhängt: „Schüler mit hoher Self-Efficacy zeigen<br />
deutlich positivere Werte in der Beurteilung der Klassengemeinschaft, fühlen<br />
sich signifikant wohler in der Klasse, haben geringere Angst, ausgelacht zu werden,<br />
kommen durchschnittlich besser mit den Klassenkameraden aus, sind eher<br />
der Ansicht, dass auf schwächere Schüler Rücksicht genommen wird und neigen<br />
weniger dazu, sich als Außenseiter zu fühlen als ihre Klassenkollegen mit<br />
vergleichsweise geringer Ausprägung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen.“<br />
(RIFFERT & PASCHON 1998, S. 37)<br />
Dieser Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und<br />
einer Reihe anderer wichtiger schulischer Variablen legt es nahe, die Ausprägung<br />
der Selbstwirksamkeitserwartungen von SchülerInnen – aber auch von<br />
LehrerInnen und Schulleitung – als einem wertvollen Indikator für Schulqualität<br />
zu interpretieren. Eine grundsätzliche Verbesserung der Schulqualität – vom
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 145<br />
Klima bis hin zum Leistungsniveau – sollte sich auch in einem Anstieg der<br />
durchschnittlichen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der am Schulprozess<br />
beteiligten Personen äußern.<br />
Um die Selbstwirksamkeitsausprägungen bei SchülerInnen und LehrerInnen<br />
bzw. in unterschiedlichen schulischen Bereichen erfassen zu können, wurden<br />
verschiedene Selbstwirksamkeitsskalen in den Modulpool des MSS aufgenommen.<br />
Entsprechend der spezifischen Zielsetzung an einer konkreten Schule<br />
können einzelne dieser Skalen ausgewählt und zum Einsatz gebracht werden.<br />
5.5.3 Skalen zur Erfassung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
In den Modulpool wurden bisher insgesamt vier Selbstwirksamkeitsskalen, von<br />
denen sich wiederum drei jeweils aus zwei Subskalen zusammensetzen, aufgenommen.<br />
Es handelt sich dabei um:<br />
(1) Die Skala zur Messung einer allgemeinen Selbstwirksamkeit von SCHWAR-<br />
ZER und JERUSALEM (1993);<br />
(2) die Skala von Schwarzer und Jerusalem (SCHWARZER, 1993), die vom MSS-<br />
Team für den Schulbereich adaptiert wurde,<br />
(3) eine Skala von ULRIKE PETERMANN (1992), die ebenfalls vom MSS-Team<br />
für den schulischen Gebrauch spezifiziert wurde und<br />
(4) eine Skala von RIFFERT und PASCHON, welche speziell für den Bereich<br />
Schulentwicklung konzipiert wurde (1999).<br />
Diese Skalen und – soweit vorhanden – Subskalen werden im Folgenden vorgestellt.<br />
Ad (1): Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM (1993): Die<br />
Originalskala von Schwarzer und Jerusalem (vgl. Tabelle 17) setzt sich nicht aus<br />
Subskalen zusammen; Faktorenanalysen (Hauptkomponentenanalysen), die im<br />
Zuge von MSS-Einsätzen durchgeführt worden waren, ergaben ebenfalls keinerlei<br />
Hinweis auf verschiedene Faktoren (Subskalen).
146 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Item:<br />
Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich<br />
darum bemühe.<br />
Wenn mir jemand Widerstand leistet, finde ich Mittel und Wege, mich<br />
durchzusetzen.<br />
Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Ansichten und Ziele zu<br />
verwirklichen.<br />
Auch bei überraschenden Ereignissen glaube ich, dass ich gut damit<br />
zurechtkommen werde.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
In unerwarteten Situationen weiß ich immer, wie ich mich verhalten soll. O O O O O<br />
Für jedes Problem finde ich eine Lösung. O O O O O<br />
Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil ich mich immer auf meine<br />
Fähigkeiten verlassen kann.<br />
Wenn ich mit einem Problem konfrontiert werde, habe ich meist mehrere<br />
Ideen, wie ich damit fertig werde.<br />
Wenn ich mit einer neuen Sache konfrontiert werde, weiß ich, wie ich damit<br />
umgehen kann.<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Was auch immer passiert, ich werde schon klarkommen. O O O O O<br />
Tab. 17: Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM, 10 Items,<br />
Cronbach-α =.88 (N=2687)<br />
Ad (2): Die für den Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von<br />
SCHWARZER und JERUSALEM (1993): Für diese von RIFFERT und PASCHON<br />
(1999) modifizierte Fassung der Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und<br />
JERUSALEM liefert die Faktorenanalyse zwei Subskalen, die als ‚Schulbewältigung’<br />
bzw. ‚Soziale Selbstwirksamkeit’ bezeichnet werden.<br />
1) Schulbewältigungsselbstwirksamkeit<br />
In dieser Subskala (vgl. Tabelle 18) werden Fragestellungen, die mit schulischer<br />
Leistung und den eigenen Bewältigungsüberzeugungen in Zusammenhang<br />
stehen, erhoben.<br />
2) Soziale Selbstwirksamkeit<br />
In dieser Subskala (vgl. Tabelle 19) geht es schwerpunktmäßig um die Bewältigung<br />
sozialer Problemsituationen in der Schule.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 147<br />
Item:<br />
Die Lösung schwieriger Probleme in der Schule gelingt mir immer, wenn<br />
ich mich darum bemühe.<br />
Auch bei überraschenden Ereignissen im Schulalltag glaube ich, dass ich<br />
gut damit zurecht kommen werde.<br />
Wenn im Unterricht eine unerwartete Situation eintritt weiß ich immer, wie<br />
ich mich verhalten soll.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Für jedes schulische Problem habe ich eine Lösung. O O O O O<br />
Schwierigkeiten mit dem Stoff sehe ich gelassen entgegen, weil ich mich<br />
immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />
Wenn ich in der Schule mit einem Problem konfrontiert werde, habe ich<br />
meist mehrere Ideen, wie ich damit fertig werde.<br />
Was auch immer in der Schule passiert, ich werde damit schon<br />
klarkommen.<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Tab. 18: Schulbewältigungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach<br />
SCHWARZER und JERUSALEM, 7 Items, Cronbach-α =.82 (N=998)<br />
Item:<br />
Wenn mir Mitschüler Widerstand leisten, finde ich Wege und Mittel, mich<br />
durchzusetzen.<br />
Es bereitet mir in der Klasse keine Schwierigkeiten, meine Ansichten und<br />
Ziele zu verwirklichen.<br />
Schwierigkeiten mit Mitschülern sehe ich gelassen entgegen, weil ich<br />
mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />
Wenn mir ein Lehrer Widerstand leistet, finde ich Mittel und Wege mich<br />
durchzusetzen.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Tab. 19: Soziale Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 4 Items, Cronbach-α<br />
=.66 (N=1030)<br />
Ad (3): Die für den Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von U.<br />
PETERMANN (1992): Auch für die von RIFFERT und PASCHON (1999) für den<br />
Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von U. Petermann ergibt eine<br />
(Hauptkomponenten-) Faktorenanalyse zwei Subskalen, die als ‚allgemeine<br />
schulische Selbstwirksamkeitsskala’ bzw. als ‚Zweck-Mittel-Skala’ bezeichnet<br />
werden.<br />
1) Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit<br />
Auch diese Subskala (vgl. Tabelle 20) erfasst die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
bezüglich Leistungsanforderungen in der Schule.
148 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Item:<br />
Ich kann mir meistens selbst helfen, wenn ein schulisches<br />
Problem für mich auftaucht.<br />
Mir fällt meistens etwas ein, wenn ich in der Schule in der<br />
Klemme bin.<br />
Auch wenn ich etwas Neues gelernt habe, gelingt es mir damit<br />
gute Leistungen zu erbringen.<br />
Es fällt mir nicht schwer, bei unerwartet schwierigen Problemen<br />
eine Lösung zu finden.<br />
Egal, was auch kommen mag, ich werde diese Schule schon<br />
schaffen.<br />
Ich weiß genau, was ich machen muss, um in der Schule gute<br />
Leistungen zu erbringen.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Tab. 20: Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach U.<br />
PETERMANN, 6 Items, Cronbach-α =.75 (N=2060)<br />
2) Zweck-Mittel Skala<br />
Bei dieser Zweck-Mittel-Skala (vgl. Tabelle 21) geht es nicht um die Erfassung<br />
von Selbstirksamkeitsüberzeugungen, sondern um die den Selbstwirksamkeitsüberzeugunen<br />
vorausliegenden Ansichten über Zweck-Mittel-Zusammenhänge:<br />
Welches Mittel ist für die Erreichung eines bestimmten Ziels zweckmäßig?<br />
Item:<br />
Wenn ich mich in der Schule anstrenge, erziele ich auch gute<br />
Leistungen.<br />
Wenn ich mich angestrengt habe, kann ich zufrieden stellende<br />
Noten erbringen.<br />
Wenn ich mich in der Schule anstrenge, dann läuft alles wie am<br />
Schnürchen.<br />
Anstrengung lohnt sich immer, auch wenn der Erfolg nicht<br />
sofort da ist.<br />
Ich habe beim Lernen die Erfahrung gemacht, dass hoher Einsatz<br />
auch schulischen Erfolg bringt.<br />
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mich in der<br />
Schule besonders anstrenge, ich dann bessere Noten erhalte.<br />
Wenn ich mich beim Lernen genügend anstrenge, gelingt es mir<br />
immer, gute Leistungen zu bringen.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Tab. 21: Zweck-Mittel-Skala von RIFFERT und PASCHON nach U. PETERMANN, 7 Items,<br />
Cronbach-α =.85 (N=2048)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 149<br />
Hier liegen noch keine Angaben über Selbstwirksamkeitsüberzeugungen vor, da<br />
die Ansichen über einen effizienten Zweck-Mittel-Zusammenhang noch nichts<br />
darüber aussagt, ob die fragliche Person auch der Ansicht ist, dass sie selbst<br />
diese Mittel auch adäquat einzusetzen vermag.<br />
Ad (4) Selbstwirksamkeitsskalen von RIFFERT und PASCHON (1999): Diese Skala<br />
besteht aus zwei Subskalen: ‚Schulleistungsselbstwirksamkeit’ (vgl. Tabelle 22)<br />
und ‚Schulveränderungsselbstwirksamkeit’ (vgl. Tabelle 23).<br />
1) Schulleistungsselbstwirksamkeit<br />
Item:<br />
Schwierigkeiten mit einem Lehrer sehe ich gelassen entgegen,<br />
weil ich mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />
Wenn ich mit Problemen in einem neuen Stoffgebiet<br />
konfrontiert werde, habe ich meist mehrere Ideen, wie ich damit<br />
fertig werde.<br />
Mündliche Prüfungen sehe ich gelassen entgegen, weil ich<br />
mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />
Schriftlichen Prüfungen (Tests und Schularbeiten) sehe ich<br />
gelassen entgegen, weil ich mich immer auf meine Fähigkeiten<br />
verlassen kann.<br />
Ich bin davon überzeugt, dass ich mir helfen kann, wenn ich einen<br />
Konflikt mit einem Lehrer habe.<br />
stimmt<br />
genau<br />
stimmt<br />
nicht<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
O O O O O<br />
Tab. 22: Schulleistungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 5 Items,<br />
Cronbach-α =.78 (N=2590)<br />
2) Schulveränderungsselbstwirksamkeit<br />
Item:<br />
stimmt<br />
genau<br />
Ich kann in meiner Klasse einiges bewegen. O O O O O<br />
Ich traue mir zu, einiges in der Schule zu verändern. O O O O O<br />
Ich bin davon überzeugt, dass ich mir bei Konflikten mit<br />
Mitschülern helfen kann.<br />
O O O O O<br />
Ich kann mich in der Schule durchaus ‚selbst verwirklichen’. O O O O O<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Tab. 23: Schulveränderungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 4 Items,<br />
Cronbach-α =.74 (N=2568)<br />
Die vier vorgestellten Skalen, von denen sich drei aus jeweils zwei Subskalen<br />
zusammensetzen, sind relativ kurz und daher kostengünstig einsetzbar. Sie sind<br />
darüber hinaus leicht auszuwerten, da nur der Mittelwert aller Antwortwerte ge-
150 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
bildet wird; zudem braucht keines der Items (Statements) ‚umgepolt’ werden 13 .<br />
Dies trägt zur Praktikabilität der Skalen bei.<br />
5.6 Modul: Bildungsziele<br />
Im Wesentlichen dient das Modul ‚Bildungsziele’ der schulinternen Überprüfung,<br />
ob bzw. in wie weit die in diese Schule gesetzten Erwartungen hinsichtlich<br />
der Bildungsziele erfüllt werden. Das Modul liegt sowohl in einer Ist- als auch<br />
in einer Soll-Variante vor. Dadurch wird ein Vergleich von Zielsetzungen (Soll),<br />
welche die Schule verfolgen sollte (Ideale) und der entsprechenden tatsächlichen<br />
Schulrealität (Ist) möglich. Die Differenz aus Ist-Zustand und Soll-Zustand lässt<br />
sich in Form von Diskrepanzanalysen untersuchen.<br />
Die Diskussion darüber, was in der Schule gelehrt werden soll, ist nicht neu<br />
(z.B. FEND 1981): Sie ist dabei durch Begriffe wie ‚Bildungsziele’, ‚Schlüsselqualifikationen’<br />
etc. geprägt und kommt an Wertungen natürlich nicht vorbei,<br />
weil letztendlich eine Auswahl von Zielen und Vermittlungsinhalten getroffen<br />
werden muss.<br />
Nach PRIJATELJ und BRAUN (2001) sowie KERN (2001) lassen sich bereits<br />
auf einer relativ abstrakten Ebene eine Vielzahl von Bildungszieltypen und –inhalten<br />
unterscheiden: Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz, (Selbst)-<br />
Kritik und Teamfähigkeit, Gesprächsführung, Konfliktlösungs-, Kommunikations-,<br />
Sozial- und Präsentationskompetenz, Urteils- und Problemlösefähigkeit,<br />
kreatives Denken und Mitmenschlichkeit, Empathievermögen, Hilfsbereitschaft,<br />
Motivation zum Umlernen, Bereitschaft zur Weiterbildung, Vernetzungskompetenz,<br />
Flexibilität und dynamische Fähigkeiten, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit,<br />
Fleiß, Lern- und Leistungsbereitschaft, Urteilsfähigkeit, Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein,<br />
Pünktlichkeit und Selbstdisziplin. Diese Liste lässt<br />
sich problemlos noch durch weitere Ziele wie z.B. Kreativität, Moral- und<br />
Wertebewusstsein, sowie Alltagsbewältigungskompetenzen ergänzen. Der Versuch<br />
einer gleichrangigen Umsetzung all dieser Bildungsziele und –inhalte, würde<br />
zweifelsohne dazu führen, dass nicht nur die SchülerInnen, sondern auch die<br />
LehrerInnen völlig überlastet wären. Deshalb braucht es – und das ist bei mehr<br />
13 Unter ‘umpolen’ versteht man die Umkehrung des Antwortwerts eines Statements von z.B.<br />
4 auf 2. Dies ist dann nötig, wenn eine Aussage negativ formuliert ist. Ein Beispiel: „Ich bin<br />
davon überzeugt, dass ich mir bei Konflikten mit Mitschülern nicht helfen kann.“ Da hier<br />
eine Zustimmung (1 oder 2) – anders als bei positiv formulierten Statements – das Gegenteil<br />
von Selbstwirksamkeit ausdrückt, müssen solche negativ formulierten Statements bei der<br />
Gesamtsummenbildung der (Sub-)Skala umgepolt werden (auf 4 oder 5).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 151<br />
Autonomie möglich – Prioritätensetzung, also klar ausgewiesene Ziele, die mehr<br />
als andere im Zentrum stehen sollen.<br />
Bislang waren die in der Schule zu realisierenden Bildungsziele durch den<br />
demokratisch legitimierten Gesetzgeber über Fächerstruktur, Stundentafel und<br />
Lehrplan relativ eindeutig, d.h. etwa im Sinne eines Rahmenlehrplans, vorgegeben.<br />
Darüber hinaus wurden in Österreich durch Unterrichtsprinzipien, die in<br />
allen Unterrichtsgegenständen zu berücksichtigen sind, jene Bereiche abgedeckt,<br />
die keine eindeutige Zuordnung zu einem bestehenden Fach aufweisen, sondern<br />
in allen Fächern, quasi interdisziplinär verwoben, zu behandeln sind. Mit der 14.<br />
SchOG-Novelle und dem Lehrplan 2000 wurde den Einzelschulen aber mehr<br />
Gestaltungsfreiraum bezüglich Fächerstruktur, Stundentafeln und Lehrinhalten<br />
eröffnet. Folglich stellt sich die Frage, wie etwaige von den bisherigen Vorgaben<br />
abweichende Bildungsziele zu rechtfertigen sind: Wer oder was legitimiert<br />
die schulautonom gesetzten Bildungsziele und -inhalte? Einzelne LehrerInnen?<br />
Einzelne Eltern? Einzelne SchülerInnen? Der Stadt- oder Gemeinderat?<br />
Die Schulleitung? Gerade beim Thema ‚Bildungsziele und Bildungsinhalte’<br />
wird somit besonders deutlich, welch wichtige Rolle einer wissenschaftlich fundierten<br />
und damit verantworteten Datenerhebung, wie sie der MSS zu leisten im<br />
Stande ist, zukommt. Nur durch eine derartig hochwertige Datenerhebung lässt<br />
sich der ‚Wille’ der Mehrheit an der Schule feststellen.<br />
Zu diesem Zweck wurde vom MSS-Team eine Liste potenzieller Zielen formuliert<br />
und als Modul ‚Bildungsziele’ in den Modul-Pool aufgenommen. In den<br />
Formulierungen sind eindeutige Fächerzuweisungen der einzelnen Ziele bewusst<br />
nicht vorgenommen worden, da sich – international, aber auch in Österreich –<br />
ein Trend weg vom isolierten Einzelfach hin zu fächerübergreifenden Unterrichtsfeldern<br />
abzeichnet. DUBS (2000, siehe auch: GRENNON-BROOKS &<br />
BROOKS 1993 sowie bereits WHITEHEAD 1967) geht sogar so weit, von der<br />
klassischen Fächereinteilung überhaupt abzugehen und auf einen Unterricht zu<br />
setzen, der an den komplexen Problemen der Lebenswelt der SchülerInnen ansetzt<br />
und diese interdisziplinär bearbeitet. Eine stärkere interdisziplinäre Verknüpfung<br />
bislang isolierter (Unterrichts-)Fächer wird dadurch unumgänglich.<br />
Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Liste von<br />
Bildungszielen, die sich derzeit im Modul findet, durchaus erweiterbar ist. Der<br />
MSS als offen konzipiertes Erhebungsinstrument lässt derartige Ergänzungen<br />
und Aktualisierungen – die gerade in diesem Bereich nicht vermeidbar sein werden<br />
– bewusst zu.<br />
Beim Modul ‚Bildungsziele’ wird den SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern<br />
dieselbe Zielliste vorgelegt (vgl. Tabelle 24), die im SchülerInnenbogen aller-
152 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
dings sprachlich dem Altersniveau der SchülerInnen (Unterstufe, Hauptschule)<br />
angepasst wird.<br />
In der Liste, die sich u. E. sinnvollerweise nur als Ganzes einsetzen lässt<br />
(jede Vorauswahl wäre eine Bevormundung), finden sich sowohl Ziele die<br />
traditionell mit einzelnen Fächern assoziiert sind (Vermittlung religiöser<br />
Haltung, Erlernen von Fertigkeiten am Computer etc.), als auch Ziele, die<br />
fächerübergreifend orientiert sind bzw. Fertigkeiten und Kompetenzen ansprechen,<br />
die bislang in den Schulen eher ein Schattendasein gefristet haben<br />
(z.B. Erwerb sozialer Fähigkeiten, Zivilcourage etc.). Zusätzlich wird den Befragten<br />
auch noch die Möglichkeit geboten, diese Liste zu ergänzen.<br />
Meiner Meinung nach geht es in dieser Schule darum, dass<br />
…<br />
Es I S T so an unserer Schule:<br />
Es geht darum, dass ...<br />
IST-Zustand<br />
stimmt genau – stimmt nicht<br />
Es S O L L an unserer Schule<br />
so sein, dass ...<br />
SOLL-Zustand<br />
stimmt genau – stimmt nicht<br />
soziale Fähigkeiten erworben werden. � � � � � � � � � �<br />
kreative Potentiale geweckt werden. � � � � � � � � � �<br />
das Leistungsvermögen gefördert wird. � � � � � � � � � �<br />
Wissen vermittelt wird. � � � � � � � � � �<br />
technisches Verständnis gefördert wird. � � � � � � � � � �<br />
Demokratiebewusstsein im Schulalltag gefördert<br />
wird.<br />
� � � � � � � � � �<br />
wissenschaftliches Denken angeregt wird. � � � � � � � � � �<br />
Freude an körperlicher Aktivität erlebt wird. � � � � � � � � � �<br />
Einsicht in politische Zusammenhänge gefördert<br />
wird.<br />
� � � � � � � � � �<br />
eine umfassende Allgemeinbildung vermittelt<br />
wird.<br />
� � � � � � � � � �<br />
gelehrt wird, Zusammenhänge zu erfassen. � � � � � � � � � �<br />
Teamarbeit eingeübt wird. � � � � � � � � � �<br />
Lernen gelernt wird. � � � � � � � � � �<br />
fächerübergreifende Zusammenhänge bewusst<br />
werden.<br />
� � � � � � � � � �<br />
die Schüler zur Zivilcourage motiviert werden. � � � � � � � � � �<br />
religiöse Haltungen vermittelt werden. � � � � � � � � � �<br />
Disziplin vermittelt wird. � � � � � � � � � �<br />
Fertigkeiten am Computer erlernt werden. � � � � � � � � � �<br />
… � � � � � � � � � �<br />
Tab. 24: Auszug aus dem Modul ‚Bildungsziele’ (S074)<br />
Derzeit umfasst das Modul 33 Ziele. Durch den Einsatz dieser Zielliste bei<br />
einem MSS-Projekt können die Schulpartner erheben, welche Ziele auf einem<br />
breiten Grundkonsens der Beteiligten ruhen bzw. bei welchen tiefgreifende
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 153<br />
Diskrepanzen – z.B. zwischen SchülerInnen und LehrerInnenn bzw. LehrerInnen<br />
und Eltern – bestehen. Zusätzlich lässt sich auch ein Ist-Soll Vergleich<br />
durchführen.<br />
Die bisherigen Auswertungsergebnisse haben gezeigt, dass bezogen auf die<br />
Soll-Dimension fast alle Ziele ihren Modalwert nahe bei der Kategorie 1 (sehr<br />
zutreffend im Sinne von ‚wichtig’) haben, also mehrheitlich stark gewünscht<br />
werden und dementsprechend nur eine geringe Varianz zwischen den Bildungszielen<br />
auftritt, während die tatsächliche Umsetzung derselben Bildungsziele (Ist-<br />
Werte) oft weit hinter diesen Erwatungen zurückbleibt und die Antworten über<br />
das Kategorienspektrum breiter streuen, wodurch folglich unterschiedlich große<br />
Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Werten (Tabelle 25) entstehen.<br />
Meiner Meinung nach geht es in dieser<br />
Schule darum, dass ….<br />
Es IST so<br />
an unserer Schule:<br />
Es geht darum, dass ...<br />
Es SOLL<br />
an unserer Schule so<br />
sein, dass ...<br />
soziale Fähigkeiten erworben werden. 18 25 36 12 9 2,71 57 26 13 2 1 1,64<br />
Kreative Potentiale geweckt werden. 16 30 35 11 7 2,64 57 27 12 2 1 1,63<br />
das Leistungsvermögen gefördert<br />
wird.<br />
ethische Einstellungen erworben<br />
werden.<br />
26 33 25 10 6 2,36 59 27 10 2 1 1,58<br />
19 27 35 13 7 2,62 50 25 19 2 4 1,84<br />
logisches Denken gefördert wird. 31 32 27 7 4 2,21 64 24 10 1 1 1,50<br />
menschlicher Umgang mit anderen<br />
eingeübt wird.<br />
17 31 33 12 7 2,62 65 22 10 2 1 1,53<br />
Tab. 25: Auszug aus einer Musterauszählung im Modul ‚Bildungsziele’ (S074);<br />
Modalwert grau hinterlegt, rechte Spalte: arithmetisches Mittel<br />
Die Auswertung der Antworten der SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern erfolgt<br />
so, dass ein schulspezifisches Ranking (pro Gruppe: Eltern, LehrerInnen,<br />
SchülerInnen) für Ist-, Soll- und Differenzwerte erstellt werden kann. Aus dieser<br />
Darstellung lässt sich ablesen, wo die Zielsetzungen zwischen den Gruppen<br />
gleich bzw. ähnlich sind und welche Bereiche (eher) weit auseinanderklaffen.<br />
Den Schulen selbst wird zur graphischen Veranschaulichung eine Gegenüberstellung<br />
der Diskrepanzen der verschiedenen Personengruppen vorgelegt. In den<br />
Abbildungen 16-18 werden Beispiele für solche Gegenüberstellungen gegeben.<br />
Es wird ersichtlich, dass etwa an der Schule 802 die Einzelergebnisse sehr unterschiedlich<br />
ausfallen: Bei dieser Schule handelt es sich um ein Privatgymnasium<br />
in Trägerschaft einer Religionsgemeinschaft auf dem Land mit entsprechend<br />
starker Verankerung christlicher Werte. Die Daten bestätigen, dass der Vermitt-
154 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
lung religiöser Haltungen große Wichtigkeit beigemessen wird. Auch Allgemeinbildung<br />
(Abbildung 16) erweist sich bei allen drei Personengruppen als ein<br />
wichtiges Ziel. Die linke Begrenzung des grauen Feldes zeigt jeweils den<br />
Durchschnitts-Sollwert pro Gruppe an. Die Durchschnittswerte des Ist-Zustands<br />
(rechte Feldbegrenzung) liegen zwar etwas zurück, aber doch in unmittelbarer<br />
Nähe des Soll-Werts. Das graue Feld selber gibt demnach die Ausprägung der<br />
Diskrepanz an. Je näher die Balken an der Achse (1,0) liegen, umso höher wird<br />
der Wert des Ziels bemessen und je schmaler das graue Feld, umso geringer die<br />
Diskrepanz in dieser Gruppe. Das Feld zeigt demnach die durchschnittliche<br />
Diskrepanz, die sich errechnet aus dem Durchschnitts-Sollwert (linke Begrenzung)<br />
und dem Durchschnitts-Ist-Wert (rechte Feldbegrenzung).<br />
SOLL-Wert<br />
Diskrepanz<br />
Schüler<br />
Lehrer<br />
Eltern<br />
1,0<br />
Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />
2,0<br />
3,0<br />
4,0<br />
5,0<br />
IST-Wert<br />
Abb. 16: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚umfassende Allgemeinbildung’ (Schule 802)<br />
Ein etwas anderes Bild zeigt Abbildung 17 an dieser Schule: Die Soll-Werte<br />
(linke Balkenbegrenzung) liegen für alle drei Gruppen mit 1,3-1,5 wieder in<br />
jenem Bereich, der signalisiert, dass der ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’ besonders<br />
gewünscht wird – also diesbezüglich eine hohe Erwartungshaltung an die<br />
Schule besteht. Alle drei Personengruppen sind sich aber auch einig, dass die<br />
Schulrealität diesen hohen Erwatungen nicht entspricht (Mittelwerte: 2,5-2,7).<br />
Während das Ziel ‚Allgemeinbildung’ zufrieden stellend realisiert wird, was<br />
in einer AHS nicht wirklich überrascht, zeigt der Bereich ‚Erwerb sozialer<br />
Fähigkeiten’, dass dieses Anliegen nur bedingt erreicht wird.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 155<br />
Schüler<br />
Lehrer<br />
Eltern<br />
Schüler<br />
Lehrer<br />
Eltern<br />
1,0<br />
Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />
1,5 2,7<br />
1,3 2,6<br />
1,4 2,5<br />
2,0<br />
Abb. 17: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’<br />
(Schule 802; N=350)<br />
1,0<br />
Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />
3,0<br />
1,5 3,3<br />
1,6 2,9<br />
2,0<br />
Abb. 18: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Computerfertigkeiten erlernen’<br />
(Schule 802; N=350)<br />
3,0<br />
4,0<br />
4,0<br />
5,0<br />
5,0
156 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Als noch wesentlich gravierender erweist sich die Diskrepanz beim Bildungsziel<br />
‚Erlernen von Computerfähigkeiten’ (Abbildung 18): Während SchülerInnen<br />
den Soll-Wert mit 1,5 sehr hoch ansiedeln, aber die Realisierung mit nur bei 3,3<br />
mit hoher Differenz wahrnehmen, sehen die LehrerInnen die Computerfertigkeit<br />
nicht als zentrales Bildungsanliegen an ihrer Schule. Ihre Erwartung und die<br />
Realität decken sich fast (Mittelwerte: 2,1 bzw. 2,3). Wiederum anders die<br />
Eltern: Auch sie sind der Meinung, in Übereinstimmung mit ihren Kindern, dass<br />
der Erwerb von Computerfertigkeiten eine zentrale Zielsetzung der Schule sein<br />
müsste (Mittelwert: 1,6), dass aber dieses Ziel nicht in einem entsprechenden<br />
Ausmaß realisiert wird (Mittelwert: 2,9).<br />
Der Einsatz des Bildungszielmoduls an dieser Schule legt mögliche Beweggründe<br />
für den starken Abgang von SchülerInnen nach der 4. Klasse (8. Schulstufe)<br />
offen. Zentrale Erwartungen an eine moderne zukunftgerichtete Schulausbildung<br />
sind nicht erfüllt: Während die Eltern in der Unterstufe eventuell den<br />
moralisch-ethischen Angeboten der Schule auf Grund der kirchlichen Trägerschaft<br />
zugetan sind, wirkt dieser Faktor nicht mehr bei der Wahl der Sekundarstufe<br />
II, weil dann die bevorstehende Berufslaufbahn- und Studienentscheidung<br />
eine intensivere Computerausbildung nahe legen. Daher erscheint es an dieser<br />
Schule 14 sinnvoll, die Erwartungen der SchülerInnen und Eltern stärker zu<br />
berücksichtigen, wenn die Absicht besteht, möglichst viele SchülerInnen für die<br />
Oberstufe zu halten. Reaktionen auf diesen Befund sind über Maßnahmen zur<br />
Intensivierung des Informatikunterrichts oder des fächerübergreifenden PC-<br />
Einsatzes möglich, die letztlich ihren Niederschlag im Schulprogramm (besonders<br />
im Profil) finden müssen. An diesem, hier nur exemplarisch herausgegriffenen<br />
Privatgymnasium bedarf es daher einer intensiven diskursiven Auseinandersetzung<br />
über die Bildungsziele im Hinblick auf mögliche (neue)<br />
Schwerpunktsetzungen wie z.B. der Computerkompetenz. Schulprofilbildung<br />
und damit verbundene Schulprogrammkorrekturen müssten die logische Folge<br />
sein. Dieses inhaltliche Abwägen geht natürlich über die Interpretation von<br />
Mittelwerten, Rankinglisten und Diskrepanzprofilen hinaus. Aber gerade für die<br />
Schulleitung, die Steuergruppe bzw. das Schulentwicklungsteam ist es sehr<br />
hilfreich, ja notwendig, die in diesem dynamischen Prozess mitunter notwendigen<br />
Richtungsänderungen, die langfristig anzulegen sind, auf solider<br />
Datenbasis vornehmen zu können. Die Einbeziehung der Wünsche von Schü-<br />
14 An anderen MSS-Schulen wurden ebenfalls auf SchülerInnen- und Elternseite Diskrepanzen<br />
im Bereich der Computerkompetenz festgestellt, während auf der LehrerInnenseite<br />
diese Diskrepanz zwischen Realität und Wunsch nicht gesehen wurde.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 157<br />
lerInnen, Eltern und LehrerInnen dient letztlich auch der Standortsicherung der<br />
Schule.<br />
Analoge Ist-Soll-Vergleiche sind mittels MSS auch in anderen Bereichen<br />
möglich. So kann beispielsweise ein Modul eingesetzt werden, das es erlaubt, zu<br />
vergleichen, wie sich SchülerInnen das Klima in ihrer Klasse wünschen (Soll)<br />
und wie sie das Klima in der Klasse tatsächlich erleben (Ist). Die Diskrepanzen<br />
der Eigenschaftsauflistungen kann auf Klassenebene zum Anlass genommen<br />
werden, Wunschvorstellungen und Realität des eigenen Schulalltags im Klassenverband<br />
zu thematisieren und zu modifizieren. Diskrepanzanalysen zwischen<br />
Ist- und Soll-Dimension sind auch in anderen Bereichen wie z.B. Stärken-<br />
Schwächen-Analysen der Schule anwendbar.<br />
Die exemplarisch angeführten grafischen Darstellungen von Bildungsziel-<br />
Diskrepanzen müssen genügen, um die Möglichkeiten des Einsatzes des Bildungszielmoduls<br />
zu illustrieren. Insbesondere sollte deutlich geworden sein,<br />
dass die grafische Datendarstellung bei MSS-Einsätzen so erfolgt, dass SchülerInnen,<br />
LehrerInnen, Eltern, ohne statistische Vorkenntnisse besitzen oder erwerben<br />
zu müssen, in der Lage sind, die erhobenen Befunde zu verstehen und<br />
auf ihrer Basis weiterzuarbeiten. Die Erarbeitung von Konsequenzen – z.B.<br />
Interventionen und deren spätere Evaluation – liegt im Verantwortungsbereich<br />
der Schule.<br />
5.7 Modul: Individualfeedback für LehrerInnen<br />
Der MSS wurde mit der primären Zielsetzung entwickelt, ein flexibles situationsspezifisches<br />
und gleichzeitig wissenschaftlich verlässliches Hilfsmittel für<br />
die Evaluation bei Schulentwicklungsvorhaben bereitzustellen. Da zur Qualität<br />
auch und vorrangig der Unterricht zählt, den in der Regel zur Zeit die einzelne<br />
Lehrkraft alleine vor und mit einer Schulklasse abhält, wurde im Modulpool die<br />
Möglichkeit vorgesehen, dass sich die einzelnen LehrerInnen für diesen zentralen<br />
Bereich ihrer beruflichen Tätigkeit ein schriftliches und anonymes Feedback<br />
von ihren SchülerInnen einholen können.<br />
5.7.1 Das Feedbackmodul – Inhalte und Auswertungsmöglichkeiten<br />
Das Modul für das Individualfeedback ist ebenfalls aus einer Vielzahl von Items<br />
zusammengesetzt. Mit ihrer Hilfe sollen im Wesentlichen die folgenden vier<br />
Themenfelder abgedeckt werden:
158 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
• Fachliche Kompetenz und Unterrichtsführung (pädagogische Kompetenz),<br />
• Interaktionen zwischen SchülerInnen und LehrerIn (soziale Kompetenz),<br />
• Wohlbefinden der SchülerInnen im Unterricht der LehrerIn (Unterrichtsklima),<br />
• Informationen zu den einzelnen Unterrichtsfächern aus SchülerInnen-Sicht.<br />
Zu jedem dieser vier Themenfelder liegen verschiedene Items vor, die von den<br />
SchülerInnen bewertet werden können. Die Auswahl sollte im Idealfall von<br />
LehrerIn und SchülerInnen gemeinsam getroffen werden. Ein solches Vorgehen<br />
würde dazu beitragen, dass ein höchstmögliches Maß an praktischer Relevanz<br />
sowohl für die Lehrperson als auch für die SchülerInnen erreicht wird. (Vgl.<br />
Anhang 8 mit einem Beispiel einer Itemauswahl an einer MSS-Schule)<br />
Das Individualfeedback kann sowohl im Rahmen einer gesamtschulischen<br />
Erhebung für alle LehrerInnen einer Schule auf einmal durchgeführt werden,<br />
oder für eine LehrerInnengruppe (etwa der Fachschaft eines Unterrichtsgegenstands,<br />
z.B. Englisch), oder aber auch nur für eine/n einzige/n LehrerIn einer<br />
Schule. Es ist auch möglich, nur eine bestimmte Klasse für das Individualfeedback<br />
auszuwählen.<br />
Je nach Einsatzart ergeben sich verschiedene Auswertungsmöglichkeiten.<br />
Während beim Einsatz des Individualfeedbacks durch eine einzige LehrerIn an<br />
einer Schule zwar wichtige Informationen über die ausgewählten Themenbereiche<br />
erhoben werden können, fällt hier der (anonyme oder offene) Vergleich mit<br />
KollegInnen weg. Allerdings lässt sich ein Vergleich für dasselbe Fach (z.B.<br />
Englisch) zwischen den verschiedenen Klassen (z.B. einer Klasse, ‚in die man<br />
gerne geht’ und einer Klasse, ‚die man am liebsten wieder abgeben würde’)<br />
durchführen.<br />
Andererseits ist auch ein Vergleich zwischen den (verschiedenen) eigenen<br />
Fächern möglich. Besonders interessant dürfte er in jenen Fällen sein, in denen<br />
man beide Fächer in derselben Klasse unterrichtet, denn dann lassen sich eigene<br />
fachspezifische Stärken und Schwächen herausfinden. So kann es sein, dass es<br />
einer Lehrkraft z.B. im Fach Geographie gelingt, einen spannenden Unterricht<br />
zu gestalten, während dies im Zweitfach Physik nicht in diesem Ausmaß der<br />
Fall ist. Solch fachspezifische Ergebnisse erlauben ein zielgenaues Vorgehen bei<br />
der Stärken- und Schwächenanalyse und den sich daran anschließenden Änderungsversuchen.<br />
Wird das Individualfeedback von einer LehrerInnengruppe – etwa der gesamten<br />
Schule oder einer bestimmten Fachschaft – durchgeführt, so ergeben<br />
sich zusätzlich noch folgende Auswertungsmöglichkeiten: Zunächst ist es mög-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 159<br />
lich, dass sich die einzelnen Lehrpersonen untereinander vergleichen. Dieser<br />
Vergleich besteht in der Gegenüberstellung des eigenen Mittelwerts und der<br />
Mittelwerte der anderen KollegInnen bezogen auf die jeweiligen Items. Dieser<br />
Vergleich kann entweder anonym erfolgen, indem nur die Mittelwerte ohne<br />
Angabe der Namen der betreffenden LehrerInnen aufgelistet werden. Anhand<br />
dieser Liste können sich die einzelnen LehrerInnen mit den anonym verbleibenden<br />
KollegInnen vergleichen und sehen so, wie sie im Vergleich zu anderen<br />
KollegInnen ihrer Schule etwa in Englisch- oder Mathematik liegen.<br />
Eine weitere Auswertungsmöglichkeiten bei LehrerInnengruppen besteht darin,<br />
den Mittelwert zu einem bestimmten eingesetzten Statement über alle teilnehmenden<br />
LehrerInnen eines bestimmten Fachs hinweg zu bilden. Dieser<br />
Gruppenmittelwert kann dann als Orientierungsmarke für den einzelnen dienen.<br />
Er zeigt ihr/ihm an, welche Ergebnisse im Schnitt an dieser Schule und für das<br />
jeweilige Fach festgestellt wurden und sie/er kann daraus ablesen, ob sie/er bei<br />
dem jeweiligen Item unter oder über dem Gruppenmittelwert liegt. Natürlich<br />
können hier die Ergebnisse je nach Fragestellung variieren. So ist es durchaus<br />
vorstellbar, dass eine bestimmte Lehrkraft beim Item ‚kann gut erklären’ über<br />
dem Gruppendurchschnitt liegt (und damit also besser erklären kann als dies an<br />
dieser Schule oder in dieser Fachgruppe durchschnittlich der Fall ist). Gleichzeitig<br />
kann sie aber auch bezüglich des Items ‚unterfordert mich’ unter dem<br />
Gruppendurchschnitt liegen. (Diese LehrerIn unterfordert also weniger, als dies<br />
die LehrerInnen dieser Schule bzw. dieser Fachgruppe in diesem Fach im<br />
Durchschnitt tun).<br />
Lehrer Mustermann … (M.)<br />
Fach<br />
X<br />
X<br />
Fach<br />
Y<br />
Y A-Z<br />
1a 4b 6b<br />
Lehrer<br />
M.<br />
Fach-<br />
Koll.<br />
1a 5b<br />
Lehrer<br />
M.<br />
Fach-<br />
Koll. Schule<br />
… erklärt so, dass ich es gut verstehe 70% 73% 24% 55% 80% 64% 27% 45% 50% 70%<br />
… setzt mich unter Druck 11% 9% 6% 9% 20% 10% 21% 16% 50% 20%<br />
… ist mir sympathisch 60% 57% 24% 47% 50% 58% 33% 46% 70% 60%<br />
… ist streng 25% 68% 18% 37% 10% 29% 47% 38% 30% 50%<br />
… hält sein Fach für das wichtigste Fach 0% 55% 65% 40% 20% 43% 47% 45% 25% 60%<br />
… unterfordert mich 0% 0% 0% 0% 10% 0% 7% 4% 0% 20%<br />
… geht auf Lernschwierigkeiten ein 17% 14% 0% 10% 25% 14% 7% 10% 80% 40%<br />
… verlangt (leistungsmäßig) zu viel 33% 59% 82% 58% 30% 45% 79% 62% 60% 60%<br />
… ist (eher) gerecht 67% 27% 35% 43% 70% 43% 14% 29% 30% 20%<br />
… kommt mit dem Stoff voran 0% 9% 12% 7% 10% 10% 7% 8% 70% 80%<br />
… gestaltet Unterricht abwechslungsreich 67% 45% 6% 39% 80% 19% 7% 13% 60% 30%<br />
… … … … … … … … … … …<br />
Tab. 26: Muster für eine MSS-Rückmeldung im LehrerInnenfeedback
160 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Wird das Individualfeedback bei allen LehrerInnen einer Schule durchgeführt,<br />
so lassen sich also Vergleiche zwischen dem Mittelwert der jeweiligen LehrerIn<br />
und den Mittelwerten der jeweiligen Fachgruppe und auch dem Schulmittelwert<br />
anstellen. (Vgl. Tabelle 26)<br />
5.7.2 Einsatzzweck und Fallstricke<br />
Idealerweise sollte das Individualfeedback in Absprache mit den SchülerInnen<br />
eingesetzt werden. Zu dieser Absprache gehören folgende Punkte, die unbedingt<br />
angesprochen und abgeklärt werden sollten, bevor dieses Modul zum Einsatz<br />
kommt:<br />
• Einsatzzweck,<br />
• Anonymität der Erhebung,<br />
• Modulauswahl,<br />
• Umgang mit den Ergebnissen.<br />
Die SchülerInnen müssen über den Sinn und Zweck, den die Lehrkraft mit dem<br />
Individualfeedback verfolgt, ausführlich informiert werden. Es ist besonders<br />
wichtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht um ein ‚Aushorchen’ der SchülerInnen<br />
durch die Lehrkraft und auch nicht um ein ‚an den Pranger stellen’ der<br />
Lehrkraft geht, sondern um den Versuch den eigenen Unterricht zu verbessern.<br />
Dies führt gleich zum zweiten Punkt: Anonymität. Den SchülerInnen muss<br />
die Anonymität beim Ausfüllen des schriftlichen Feedbacks garantiert werden.<br />
Bei einem Einsatz dieses Moduls im Rahmen einer schulweiten MSS-Erhebung,<br />
wird diese Anonymität, wie bereits erwähnt, im Vertrag schriftlich von Seiten<br />
des MSS-Teams garantiert. Wenn auch in den meisten Fällen die Anwesenheit<br />
einer Lehrkraft in der Klasse während des Ausfüllens des Feedbackbogens aufgrund<br />
der Aufsichtspflicht unumgänglich sein wird, so ist doch streng darauf zu<br />
achten, dass dadurch die Anonymität nicht aufgehoben wird oder auch nur<br />
dieser Eindruck entstehen könnte. Auf keinen Fall darf also die Lehrkraft etwa<br />
während des Ausfüllens der Feedbackbögen durch die Klasse gehen. Die ausgefüllten<br />
Bögen sollten von einem Schüler oder einer Schülerin – z.B. KlassensprecherIn<br />
– eingesammelt, in einen Briefumschlag gegeben und dieser verschlossen<br />
im Sekretariat abgegeben werden.<br />
Je nach Vertrauensverhältnis zwischen SchülerInnen und LehrerIn kann die<br />
Auswahl der einzelnen zu bewertenden Items von SchülerInnen und LehrerIn<br />
gemeinsam vorgenommen werden, oder aber die SchülerInnen können die ge-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 161<br />
wünschte Art und Anzahl von Items aus dem zur Verfügung stehenden Pool<br />
anonym auswählen. So können die SchülerInnen etwa den Auftrag erhalten, die<br />
fünf aus ihrer Sicht interessantesten Items aus dem vorliegenden MSS-Angebot<br />
auszuwählen und ohne Namensnennung auf ein Blatt Papier zu schreiben. Anschließend<br />
können die Vorschläge auf der Tafel aufgelistet werden und die<br />
‚Spitzenreiter’ der Klasse festgestellt werden. Diese Vorschläge sollten dann –<br />
ergänzt durch Items, die der Lehrkraft besonders am Herzen liegen – auch<br />
tatsächlich zum Einsatz kommen.<br />
Schließlich ist es auch sehr wichtig, dass den SchülerInnen mitgeteilt wird,<br />
was mit den Ergebnissen des Feedbacks geschieht. Am vorteilhaftesten dürfte<br />
das gemeinsame Gespräch über die Resultate sein. Ein solches Gespräch hat<br />
mehrere Vorteile: Zum einen erleben die SchülerInnen, dass sie nicht nur ihre<br />
Meinung kommentarlos abgeben dürfen, sondern ihre Meinung auch Ernst genommen<br />
wird. Zusätzlich unterstreicht die Lehrkraft auch, dass sie sich wertvolle<br />
Unterrichtszeit für das Gespräch nimmt und dem Feedback Bedeutung beimisst.<br />
Und schließlich kann das Gespräch Fragen, die offen geblieben sind, abklären<br />
helfen. Grundsätzlich sollte den SchülerInnen aber die klare und feste<br />
Absicht mitgeteilt werden, dass die Gespräche mit dem Ziel geführt werden,<br />
Verbesserungen des Unterrichts herbeizuführen. Aus motivationspsychologischer<br />
Sicht ist es darüber hinaus notwendig, dass die Präsentation der Resultate<br />
und die sich daran anschließenden Arbeitsgespräche möglichst rasch nach dem<br />
Ausfüllen der Feedbackbögen stattfinden! Um dies zu ermöglichen, muss die<br />
Dateneingabe und Auswertung möglichst schnell erfolgen.<br />
Natürlich ist es auch möglich, dass LehrerInnen, die zunächst einmal nur<br />
erste Erfahrungen mit dieser Form des schriftlichen Feedbacks sammeln wollen,<br />
ohne Beteiligung der SchülerInnen jene Items auswählen, über die sie sich<br />
persönlich Rückmeldungen wünschen. Nur muss darauf geachtet werden, dass<br />
dies den SchülerInnen vor der Durchführung erklärt wird. Es können dies durchaus<br />
Themenfelder sein, in denen sich die Lehrkraft als besonders kompetent und<br />
erfolgreich wahrnimmt. Dies erleichtert es in aller Regel, sich einem SchülerInnen-Feedback<br />
zu stellen.<br />
Es darf von der/m LehrerIn aber nicht übersehen werden, dass das Einholen<br />
eines Feedbacks immer ein Signal an die SchülerInnen darstellt, nämlich dass<br />
man sich ernsthaft mit dem eigenen Unterricht auseinanderzusetzen gewillt ist.<br />
Die Erfahrungen des MSS-Teams zeigen, dass dadurch bei SchülerInnen fast<br />
immer das Bedürfnis geweckt wird, über die Resultate des Feedbacks informiert<br />
und in ein Gespräch über diese Resultate eingebunden zu werden. Und genau<br />
dies ist auch der Sinn dieses schriftlichen Individualfeedbacks: das Gespräch
162 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
zwischen SchülerInnen und LehrerIn über jene Themenbereiche, die aufgrund<br />
der Resultate entweder der LehrerIn oder den SchülerInnen als besonders wichtig<br />
erscheinen. Dabei ist es nicht erforderlich, gleich alle Themenfelder auf einmal<br />
anzusprechen. Das anonym durchgeführte Individualfeedback erlaubt also<br />
die Aufdeckung von Schwächen und Stärken, die bei einem nicht-anonymen<br />
Gespräch mit der Klasse – vielleicht aus Angst (vor den MitschülerInnen und/<br />
oder der Lehrkraft) gar nicht oder nicht so offen zur Sprache gekommen wären.<br />
Mit der Erörterung des Moduls für Individualfeedback von Lehrerinnen wird die<br />
Darstellung von Modulen aus dem MSS-Pool abgeschlossen. Natürlich umfasst<br />
der Pool noch viele andere interessante und vielseitig einsetzbare Module. Eine<br />
Liste der derzeit verfügbaren MSS-Module ist dem Anhang zu entnehmen; eine<br />
laufend aktualisierte Version ist über die MSS-Homepage zugänglich. Der gesamte<br />
Modulpool kann beim MSS-Team gegen einen Unkostenbeitrag bestellt<br />
werden; die Adresse findet sich am Ende des Buchs. Im nächsten Abschnitt werden<br />
einige Fallbeispiele aus der Arbeit mit dem MSS im Rahmen der Schulentwicklung<br />
vorgestellt.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 163<br />
6. Fallbeispiele: Schulentwicklung auf MSS-Basis<br />
In diesem Kapitel werden einige Fallbeispiele dargestellt, die aufzeigen sollen,<br />
wie auf der Basis von MSS-Erhebungen Schulenwicklung durchgeführt werden<br />
kann. Besonders ausführlich wird dies am Projekt ‚Einführung eines Sozialtrainings’<br />
(6.1) dargestellt. Die weiteren, weniger ausführlich dargestellten Themenfelder<br />
sind ‚Arbeit mit dem Metaphermodul’ (6.2.1), ‚Englisch im nichtfremdsprachlichen<br />
Unterricht’ (6.2.2), ‚ECDL-Einsatz (European Computer Driving<br />
Licence) an der Schule’ (6.2.3), ‚Verbesserung des Informationsflusses’<br />
(6.2.4)‚ ‚Akzeptanz der Hausordnung’ (6.2.5), ‚LehrerInnen-Eltern-Interaktion:<br />
Besprechungszimmer’ (6.2.6), ‚Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen’<br />
(6.2.7), ‚Mittagessen an der Schule’ (6.2.8), ‚VertrauensschülerInnen<br />
und VertrauenslehrerInnen’ (6.2.9) und schließlich ‚Einführung von ‚Kriechspur’<br />
und ‚Überholspur’’(6.2.10).<br />
6.1 Einführung eines Sozialtrainings<br />
Im Folgenden wird anhand eines komplexeren Fallbeispiels im Detail illustriert,<br />
wie mit Hilfe des Modulansatzes zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />
(MSS) effiziente Schulentwicklung betrieben werden kann. Als Beispiel<br />
wurde die Einführung eines Sozialtrainings in einer ersten Klasse AHS<br />
(Langform) ausgewählt. Anhand dieser ersten Falldarstellung sollen alle für die<br />
Verwirklichung einer Interventionsmaßnahme wichtigen Teilschritte – von der<br />
diagnostischen Ersterhebung bis zur Posterhebung – exemplarisch dargestellt<br />
werden.<br />
6.1.1 Diagnostische Ersterhebung mittels MSS<br />
Bei der am Projekt teilnehmenden Schule handelt sich um ein öffentliches Gymnasium<br />
mit Unterstufe (Langform), das im ländlichen Bereich angesiedelt ist.<br />
An der Schule befanden sich zum Zeitpunkt des MSS-Einsatzes über 500 SchülerInnen,<br />
welche von mehr als 50 LehrerInnen unterrichtet werden 15 .<br />
15 Die sozialstatistischen Angaben zur Schule werden hier nur stark gerundet wieder gegeben,<br />
um die Schule durch diese Angaben nicht identifizierbar zu machen. Dies ist notwendig, da<br />
bei MSS-Erhebungen die Schulen dem MSS-Team zwar die Publikation von Daten zugestehen,<br />
die vertraglich zugesicherte Anonymität dadurch aber nicht aufgehoben werden darf.
164 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Das MSS-Team stellte die Konzeption des Evaluationsinstruments MSS –<br />
seine Möglichkeiten und Grenzen – an der Schule vor und in einer Konferenz<br />
erklärten das Kollegium der Schule seine Zustimmung für die Durchführung<br />
einer diagnostischen Ersterhebung mit diesem Ansatz. Die Zustimmung der<br />
SchülerInnen erfolgte bei einem KlassensprecherInnentreffen, die der Eltern bei<br />
einer Elternvereinssitzung. In der Folge wurden jene für diese konkrete Schule<br />
relevanten Module aus dem Modulpool ausgewählt und drei Fragebögen erstellt;<br />
jeweils einer für die LehrerInnen, die SchülerInnen und die Eltern. Unter den<br />
ausgewählten Modulen befand sich u.a. auch das Modul ‚Aggressionen an der<br />
Schule’. Diese Fragebatterie umfasst Fragen zu Vandalismus, psychischer und<br />
physischer Gewalt. 16 Neben dem Aggressionsmodul wurde u.a. auch noch ein<br />
Modul zur Erfassung des Klassenklimas und zur Einführung neuer Fächer<br />
ausgewählt und eingesetzt. Die Befragung wurde für alle SchülerInnen in<br />
derselben Unterrichtseinheit durchgeführt. Die LehrerInnen und Eltern erhielten<br />
eine Woche Zeit, um den Fragebogen an das MSS-Team zurückzusenden.<br />
Insgesamt machten über 98% der SchülerInnen von der Möglichkeit Gebrauch,<br />
den Fragebogen auszufüllen. Nur ein verschwindend geringer Teil an<br />
Schülerbögen musste für die Auswertung ausgeschieden werden. Von über 30%<br />
der Eltern wurden ebenfalls verwertbare Fragebögen an das MSS-Team zurückgeschickt;<br />
bei den LehrerInnen beteiligten sich über 70% an der Erhebung. Bei<br />
den Eltern – in geringerem Ausmaß auch bei den LehrerInnen – können Verzerrungen<br />
nicht ausgeschlossen werden, da sich etwa einzelne Gruppierungen geschlossen<br />
an der Befragung nicht beteiligt haben könnten. Es sei an dieser Stelle<br />
aber darauf verwiesen, dass die Eltern in einem Begleitbrief der Schulleitung<br />
und des Elternvereinsvorstands explizit darauf aufmerksam gemacht wurden,<br />
dass nur jene Meinungen bei etwaigen Veränderungsmaßnahmen berücksichtigt<br />
werden können, die auch tatsächlich rückgemeldet werden würden, da ja alle die<br />
Möglichkeit zur Rückmeldung erhalten hätten.<br />
Die Erhebung zum Themenbereich ‚Aggressionen an der Schule’ ergab<br />
folgende Ergebnisse: 15% der SchülerInnen gaben an, mindestens einmal im<br />
letzten Monat von einem anderen Schüler oder einer SchülerInnengruppe angegriffen,<br />
geschlagen oder getreten worden zu sein. Weitere 15% legten sogar<br />
offen, dass sie selbst im letzten Monat in der einen oder anderen Form handgreiflich<br />
geworden waren. Über 40% behaupteten, im selben Zeitraum derartige<br />
Gewaltszenen beobachtet zu haben. Diese Zahlen machen es auch nachvollziehbar,<br />
dass ein gutes Fünftel der SchülerInnen behauptete, im letzten Monat Angst<br />
16 Ausführlicher wurde dieses Modul in Abschnitt 5.4 dieses Buchs dargestellt.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 165<br />
davor gehabt zu haben, von einem/r SchülerIn oder einer SchülerInnengruppe<br />
verletzt zu werden. Mehr als die Hälfte der SchülerInnen dieser Schule gaben<br />
ferner an, im letzten Monat mindestens einmal von MitschülerInnen beschimpft<br />
oder beleidigt worden zu sein. Zwei Drittel der SchülerInnen gaben an, dass es<br />
in ihrer Klasse AußenseiterInnen gibt. Und sogar etwa jede/r zehnte SchülerIn<br />
(11%) definierte sich selbst als AußenseiterIn. Nur 5% gaben an, dass sie bei<br />
Aufforderung Hilfe von MitschülerInnen bekommen würden. Bei denjenigen<br />
SchülerInnen, die sich selbst nicht als AußenseiterIn sahen, erwarteten immerhin<br />
35% Hilfe von ihren MitschülerInnen. Alles in allem wurden also durchaus unerfreuliche<br />
Resultate für den Bereich ‚Aggressionen an der Schule’ erzielt.<br />
In diesem Zusammenhang zeigt sich der Vorteil einer Vollerhebung ganz<br />
deutlich: Aufgrund des hohen Rücklaufs bei den SchülerInnen war es möglich,<br />
die Resultate bis auf die Klassenebene aufzuschlüsseln. Und es zeigte sich – wie<br />
übrigens bisher in jeder Untersuchung –, dass die Aggressionsraten von Klasse<br />
zu Klasse teilweise deutlich schwanken. Insbesondere wenn nur Minderheiten<br />
von einem Problem betroffen sind und daher kleine Fallzahlen entstehen, zeigt<br />
sich der Vorteil der MSS-Konzeption als Vollerhebung. Bei kleinen Stichproben<br />
könnten diese Minderheiten nicht in die Stichprobe eingehen und damit unbeabsichtigt<br />
nicht berücksichtigt werden.<br />
Zustimmung in Prozent<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
64<br />
50<br />
40<br />
24 28<br />
"Zwischen den Schülern unserer Schule<br />
kommt es oft zu Aggressionen".<br />
14<br />
50<br />
41<br />
26<br />
48 54<br />
33<br />
50 54<br />
26 26 26<br />
75<br />
57 54<br />
22<br />
46<br />
20<br />
42<br />
29<br />
19<br />
1a 1b 1c 1d 1e 2a 2b 2c 2d 2e 3a 3b 3c 3d 4a 4b 4c 4d 5a 5b 6a 6b 7a 7b 8a 8b<br />
Abb. 19: Wahrnehmung der Aggressionen an der Schule durch die SchülerInnen.<br />
(Schule 800; N=632)
166 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Die Abbildung 19 zeigt, dass die Wahrnehmung von Aggressionen an der<br />
Schule durch die SchülerInnen stark von ihrer unmittelbaren Umwelt – der<br />
eigenen Klasse – geprägt ist.<br />
Die Abbildung 20 bietet hingegen ein differenzierteres Bild zum Themenbereich<br />
‚physische Aggressionen‘ an dieser Schule: es werden die ‚Opfer‘ von<br />
Gewaltakten und die ‚Täter‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen – einander<br />
gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, dass physische Aggressionen (angreifen,<br />
schlagen, treten) vor allem in der Unterstufe auftreten. Dieses Bild entspricht<br />
bisherigen empirischen Untersuchungsergebnissen und wurde auch bei anderen<br />
Untersuchungen mittels MSS immer wieder festgestellt. 17<br />
Zustimmung in Prozent<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
36<br />
Gewalt an der Schule: Vergleich passiv ('Opfer') und aktiv<br />
('Täter')<br />
8<br />
28<br />
24<br />
17<br />
8 7<br />
21<br />
30<br />
17<br />
12<br />
26 24<br />
15<br />
12 14 12<br />
25<br />
11 10<br />
1a 1b 1c 1d 1e 2a 2b 2c 2d 2e 3a 3b 3c 3d 4a 4b 4c 4d 5a 5b 6a 6b 7a 7b 8a 8b<br />
"Im letzten Monat ...<br />
(a) wurde ich mindestens einmal (Opfer)<br />
(b) habe ich mindestens einmal (Täter)<br />
angegriffen, geschlagen, getreten."<br />
0<br />
6<br />
0<br />
10<br />
0<br />
17<br />
Opfer<br />
Täter<br />
Abb. 20: Physische Gewalt an der MSS-Schule: Gegenüberstellung von ‚Opfern‘ und<br />
‚Tätern‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen. (Schule 800; N=632)<br />
Ergänzt wird dieses Bild durch die Wünsche nach neuen Fächern. Hier äußerten<br />
50% der Unterstufen- und 61% der OberstufenschülerInnen den Wunsch nach<br />
einem neuen Fach ‚Sozialerziehung’. Auch 28% der LehrerInnen und 27% der<br />
Eltern sprachen sich für die Einführung eines derartigen Fachs aus. Ein neues<br />
Fach ‚Gesprächsführung’ wünschten sich 42% der Unterstufen- und 60% der<br />
17 Einen detaillierteren Überblick über die Resultate und den Zusammenhang zwischen<br />
Aggressionen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bieten RIFFERT, PASCHON & SAMS<br />
(2004).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 167<br />
OberstufenschülerInnen; diesen Wunsch äußerten auch 36% der Eltern, aber<br />
lediglich 16% der LehrerInnen. ‚Konfliktmanagement’ als neues Fach wollten<br />
48% der Unterstufen- und 58% der OberstufenschülerInnen; 28% der Eltern und<br />
21% der LehrerInnen teilten diesen Wunsch. Die Wünsche nach Fächern wie<br />
‚Sozialerziehung’, Gesprächsführung’ und ‚Konfliktmanagement’ – besonders<br />
stark in jener Personengruppe, die unmittelbar von der erhobenen Aggressionsrate<br />
betroffen ist – sind verständlich. Dies zeigt sehr deutlich, wie wichtig die<br />
Einbeziehung der SchülerInnen in die Erhebung des Ist-Zustands an Schulen ist.<br />
Wären nur die LehrerInnen- und Elternsicht berücksichtigt worden, so wäre die<br />
Einführung eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’ wohl kaum zu Stande gekommen.<br />
6.1.2 Diskussion und Entscheidung für das Fach ‚Sozialtraining’<br />
Diese Ergebnisse, zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Resultate der<br />
Fragebogenerhebung, wurden Gegenstand der Diskussion und Reflexion an der<br />
Schule. Schließlich formierte sich eine kleine Gruppe von engagierten LehrerInnen,<br />
die nach Möglichkeiten suchte, diesem unbefriedigenden Zustand an der<br />
Schule entgegenzuwirken.<br />
Zunächst war die Frage zu klären, ob die aktuellen Schwierigkeiten in einzelnen<br />
Klassen mit hohen Aggressionswerten thematisiert werden sollten, oder<br />
aber ein präventives Modell gesucht und erprobt werden sollte. Man entschied<br />
sich aus Zeit- und Ressourcengründen für letzteres und überließ die aktuellen<br />
Probleme den jeweiligen Klassenvorständen und KlassenlehrerInnen.<br />
Anschließend wurden verschiedene Möglichkeiten präventiver Maßnahmen<br />
geprüft. Die Einführung eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’ wurde schnell<br />
fallengelassen, da aufgrund des damaligen Sparpakets nicht mit zusätzlichen<br />
Werteinheiten (bezahlten Stunden) gerechnet werden konnte. Die Einführung<br />
eines neuen Fachs hätte daher zur Folge gehabt, dass die dafür benötigten Stunden<br />
nur durch Kürzungen in anderen Fächern gewonnen werden hätten können.<br />
Dies – so wurde in der Gruppe einhellig vermutet – hätte unweigerlich zu ‚Verteilungskämpfen’<br />
und damit zu einer Verschlechterung des Klimas unter den<br />
LehrerInnen geführt. Außerdem war eine mehrheitliche Zustimmung des Lehrkörpers<br />
für eine derartige Vorgangsweise aufgrund der eher mageren Befürwortungsrate<br />
für ein neues Fach Sozialerziehung seitens der LehrerInnen mehr<br />
als fraglich.<br />
Daher fiel nach längerer Suche und Diskussion in der Steuergruppe die Ent-<br />
scheidung auf das ‚Sozialtraining in der Schule’ von PETERMANN, JUGERT,
168 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
TÄNZER und VERBEEK (1997). 18 Dieses Training hatte zwei entscheidende Vorzüge<br />
vorzuweisen: Zum einen (1) handelt es sich um ein Training, dass nur drei<br />
bis vier Monate (12 bis 14 Doppeleinheiten) umfasst und folglich die Einführung<br />
eines neuen Faches nicht nötig wurde. Das Training kann nämlich im<br />
Zuge der Schulautonomie (SCHOG 14) von einzelnen interessierten und engagierten<br />
LehrerInnen im Rahmen ihrer eigenen Fächer durchgeführt werden. Der<br />
zweite Vorteil (2) bestand darin, dass das ‚Sozialtraining in der Schule’ bereits<br />
an mehreren Schulen in Deutschland erprobt und evaluiert worden war. Die<br />
Ergebnisse dieser Evaluationen wiesen das Training als wirksam aus. Damit<br />
musste man sich also nicht auf völliges Neuland wagen und konnte gegenüber<br />
skeptischen KollegInnen argumentieren, dass ein bewährtes Verfahren eingesetzt<br />
werde.<br />
Aber auch<br />
das Sozialtraining hatte problematische Seiten: so muss das Training<br />
in Doppeleinheiten durchgeführt werden. Der Unterricht in Doppeleinheiten<br />
war bislang an dieser Schule kaum jemals durchgeführt worden. Der Schulleiter<br />
erwies sich aber in dieser Hinsicht als sehr entgegenkommend. Etwas<br />
schwieriger erwies sich das Problem, dass das Training aufgrund der hohen<br />
SchülerInnenzahlen in den Klassen der Unterstufe jeweils von zwei Lehrkräften<br />
durchgeführt werden musste. Man entschied sich, auf Sponsorensuche zu gehen,<br />
und fand im Gesundheitsfond den Geldgeber für die zweite Lehrkraft. Über<br />
diese Quelle konnte auch ein Supervisor finanziert werden, der seitens des LehrerInnenteams<br />
als wichtige Unterstützungsinstanz für notwendig erachtet worden<br />
war.<br />
Schließlich tauchte auch noch eine weitere Frage auf: waren die LehrerInnen<br />
durch ihre universitäre Ausbildung hinreichend befähigt, das Sozialtraining<br />
durchzuführen? Diese Frage wurde umso drängender, als sich herausstellte, dass<br />
das präferierte Sozialtraining auf verhaltenstherapeutischen Prinzipien und<br />
Techniken aufgebaut war und eine zumindest grundlegende Kenntnis derselben<br />
auch von den Entwicklern des Trainings für wünschenswert erachtet wird<br />
(PETERMANN et al. 1997, S. 61). Andererseits wiesen die Autoren aber auch<br />
darauf hin, dass kein LehrerInnentraining existierte, welches zur LehrerInnenqualifizierung<br />
hätte herangezogen werden können.<br />
Daher wurde vom MSS-<br />
Team ein Training konzipiert, das einerseits die grundlegenden verhaltensthera-<br />
peutischen Techniken und Konzepte (z.B. Verstärkung,<br />
Shaping, Chaining, Mo-<br />
delllernen, Rollenspiel, Entspannungstechniken etc.) vermitteln und andererseits<br />
18<br />
Das Training liegt inzwischen in einer zweiten, überarbeiteten Auflage vor: PETERMANN,<br />
JUGERT, REHDER, TÄNZER & VERBEEK (1999).
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 169<br />
die teilnehmenden LehrerInnen mit den Inhalten des SchülerInnentrainings in<br />
Form einer Art Selbsterfahrung vertraut machen sollte. Die Qualifizierungsmaßnahme<br />
umfasste vier mal vier Trainingseinheiten und wurde an vier Nachmittagen<br />
durchgeführt. 19 Da sich mit 15 LehrerInnen der Schule eine genügend<br />
große Anzahl für die Teilnahme an dieser Qualifizierungsmaßnahme bereit erklärten,<br />
konnte diese als ‚Schulinterne Lehrerfortbildung’ (SCHILF) finanziell<br />
vom Pädagogischen Institut übernommen werden.<br />
6.1.3 Trainingsaufbau, Inhalte und Durchführung<br />
Das Sozialtraining ist kein therapeutisches, sondern ein präventives Programm,<br />
das dem Ziel dient, bei den SchülerInnen bereits im Vorfeld jene Basiskompetenzen<br />
zu fördern, die zur Ausbildung sozialer Kompetenz unerlässlich<br />
sind. Durch die Forcierung dieser Kompetenzen soll bereits im Vorfeld der<br />
Entwicklung von sozialem Fehlverhalten entgegengewirkt werden. Dabei handelt<br />
es sich einerseits um die Vermeidung der Entwicklung von Verhaltensexzessen<br />
wie aggressivem Verhalten in seiner ganzen Bandbreite von Sachbeschädigungen<br />
über Verbalinjurien bis hin zu physischen Gewaltakten gegen<br />
Personen. Andererseits geht es aber auch darum, Verhaltensdefiziten entgegenzuwirken.<br />
So sollte einerseits dem Unvermögen, soziale Kontakte aufzunehmen<br />
und aufrecht zu erhalten, entgegengewirkt werden und andererseits bei<br />
allen Beteiligten – also auch für die AkteurInnen selbst – die Kompetenzen gefördert<br />
werden, soziale Beziehungen günstig zu gestalten. Gerade dieser Problembereich<br />
wird an Schulen oft übersehen, da sozial ‚schüchterne’ SchülerInnen<br />
für die LehrerInnen zunächst einmal ein sehr angenehmes, weil eben<br />
ruhiges Klientel darstellen, das wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung verlangt.<br />
Insgesamt erhoffen sich die Entwickler des Programms bei den TeilnehmerInnen<br />
den Aufbau von Selbstwirksamkeitsüberzeugen im sozialen Bereich:<br />
die SchülerInnen sollen ein nachhaltiges Vertrauen in ihre Fähigkeiten<br />
und Kompetenzen entwickeln, in sozialen Situationen Ziele auf eine ethisch<br />
akzeptable Weise erreichen zu können.<br />
Das Sozialtraining ist für SchülerInnen der vierten bis sechsten Schulstufe<br />
konzipiert. Es umfasst insgesamt zehn Trainingssitzungen zu je zwei Unterrichtseinheiten.<br />
Die zehn Trainingssitzungen sind immer nach demselben<br />
Grundschema aufgebaut (vgl. Tabelle 27).<br />
Am Beginn steht in der Einleitungsphase ein themenrelevantes Aufwärmspiel.<br />
Darauf folgt in der Regelphase die Einführung einer oder mehrerer Regeln<br />
19 Die Publikation des bereits einmal erprobten LehrerInnentrainings wird vorbereitet.
170 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
bzw. die Erinnerung an bereits eingeführte Verhaltensregeln (z.B. ‚Ich höre zuerst<br />
zu, bevor ich rede.’), die während der Sitzung besonders zu beachten sind.<br />
In der Ruhephase wird den SchülerInnen mittels Phantasiereisen die Möglichkeit<br />
geboten, sich zu entspannen und vom Regelunterricht, der zumeist aus<br />
Frontalunterricht<br />
und entsprechender Wissensvermittlung besteht, Abstand zu<br />
gewinnen. Im Hauptteil jeder Trainingssitzung, der so genannten<br />
Arbeitsphase,<br />
wird jeweils ein spezielles Thema bearbeitet. Die Themen und die Reihenfolge<br />
der Bearbeitung der Themen sind auf der Grundlage<br />
des sozial-kognitiven Ansatzes<br />
(BANDURA 1979, 1994) und im Speziellen der sozial-kognitiven Informationsverarbeitung<br />
(siehe: DODGE & FRAME (1982); DODGE & COIE (1987);<br />
DODGE, BATES & PETTIT (1990)) erarbeitet und fundiert. Es handelt sich dabei<br />
um: Fremdwahrnehmung, Selbstwahrnehmung, Vergleich von Fremd-<br />
und<br />
Selbstwahrnehmung, Gefühle erkennen und benennen, flexible Problemlösung,<br />
gemeinsames Handeln, Perspektivenwechsel und Vorwegnehmen von Konsequenzen<br />
eigenen Verhaltens. Eine ausführlichere, aber gleichwohl kompakte<br />
und prägnante Darstellung des Trainings bieten VERBEEK, PETERMANN &<br />
JUGERT (1998). (Vgl. auch RIFFERT 1998)<br />
1 Einleitungsphase (ca. 10min)<br />
2 Regelphase (ca. 3min)<br />
3 Ruhephase (ca. 12min)<br />
4 Arbeitsphase (ca. 60min)<br />
5 Abschlussphase (ca. 5min)<br />
Tab. 27: Typischer Aufbau einer Einheit im Sozialtraining<br />
Die Eltern wurden etwa ein Monat vor dem Trainingsbeginn an einem Eltern-<br />
abend über das Training informiert und um die Zustimmung zur Teilnahme ihrer<br />
Kinder gebeten. Das Projekt wurde seitens der Eltern sehr begrüßt und die Zustimmung<br />
fiel dementsprechend einhellig aus. Nach der Durchführung des<br />
SchülerInnentrainings<br />
wurde nochmals ein Elterntreffen abgehalten, um Rückmeldungen<br />
zum Training aus Elternsicht zu erhalten.<br />
Durchgeführt wurde das Sozialtraining zwischen Jänner und April 1999 von<br />
zwei Lehrerinnen, von denen eine die Klassenlehrerin der Klasse war. Die Trainingssitzungen<br />
fanden zur Hälfte in den beiden letzten Unterrichtseinheiten (5.<br />
und 6. Stunde) bzw. in früheren Einheiten statt.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 171<br />
6.1.4 Evaluation des Pilotprojekts<br />
6.1.4.1 Evaluationsdesign<br />
Das<br />
Training wurde einer intensiven Evaluierung durch das MSS-Team unterzogen,<br />
um auf der Grundlage der so erhaltenen<br />
Resultate verantwortet über die<br />
Sinnhaftigkeit<br />
eines großflächigeren Einsatzes entscheiden zu können.<br />
Population: An der Evaluationsstudie nahmen insgesamt 22 Schülerinnen<br />
und 21 Schüler von zwei ersten Klassen teil. In einer Klasse wurde das Training<br />
durchgeführt (Interventionsklasse), während die andere Klasse als Kontrollgruppe<br />
diente. In der Interventionsklasse befanden sich 11 Mädchen und 11<br />
Jungen; in der Kontrollklasse 11 Mädchen und 10 Jungen. Das Alter der Schü<br />
lerInnen<br />
lag in beiden Klassen zwischen 10 und 11 Jahren. Hinsichtlich des<br />
Alters sowie der Zusammensetzung nach Geschlecht waren beide Klassen miteinander<br />
vergleichbar. Die Präerhebung zeigt des Weiteren, dass sich die beiden<br />
Klassen auch hinsichtlich anderer zentraler Dimensionen wie Aggressionen,<br />
manifeste Angst, Prüfungsangst, Schulunlust und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
nicht (signifikant) unterschieden (vgl. dazu Tabelle 28).<br />
Messinstrumente: Zur Erfassung der durch das Training erhofften Effekte<br />
wurden verschiedene Fragebögen eingesetzt:<br />
(1) EAS (Erhebungsbogen für Aggressionen in konkreten Situationen, F.<br />
PETERMANN<br />
& U. PETERMANN 1980): Dieses Erhebungsinstrument dient zur<br />
Erfassung aggressiver Verhaltenstendenzen bei Kindern. Es werden Situationen<br />
in Bildform dargeboten und für jedes Bild jeweils drei Verhaltensweisen zur<br />
Auswahl angeboten.<br />
Das Kind hat sich für eine der drei Varianten zu entscheiden.<br />
Der EAS liegt in einer Version für Jungen und einer für Mädchen vor.<br />
(2) AFS (Angstfragebogen für Schüler, WIECZERKOWSKI, NICKEL, JANKOWSKI,<br />
FITTKAU & RAUER 1980): Mittels AFS können die Auswirkungen der Interventionsmaßnahme<br />
auf die von den Subskalen gemessenen Dimensionen – Prüfungsangst,<br />
manifeste Angst und Schulunlust – erhoben werden. (siehe Abschnitt<br />
5.3) Damit erlaubt dieses Instrument die<br />
Überprüfung der Effektivität von Interventionsmaßnahmen<br />
auf der emotionalen Ebene. Der AFS wurde in einer abgeänderten<br />
Version eingesetzt: die dichotomen Antwortvorgaben (ja/nein) wurden<br />
durch eine Fünf-Punkte-Skala ersetzt, was ein differenziertes Antwortverhalten<br />
ermöglicht.<br />
Manifeste Angst: Mit dieser Subskala werden allgemeine – zum Teil physiologische<br />
– Angstsymptome wie Nervosität, Einschlaf- und Konzentrationsprobleme,<br />
Herzklopfen, reduziertes Selbstvertrauen und allgemeine Furchtsamkeit<br />
gemessen.
172 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Prüfungsangst: Bei dieser Skala geht es um spezifische Prüfungsängste. Es<br />
werden Gefühle der Hilflosigkeit und Unzulänglichkeit in Situationen schulischer<br />
Leistungserhebungen, Ängste vor Leistungsversagen etc. erfragt.<br />
Schulunlust: Diese Subskala dient der Feststellung von negativen Einstellungen<br />
der SchülerInnen gegenüber Schule und dem damit einhergehenden Motivationsabfall<br />
gegenüber dem Unterricht.<br />
(3) Selbstwirksamkeitsskalen (U. PETERMANN 1992; RIFFERT & PASCHON<br />
1999): Neben EAS und AFS wurden auch noch zwei Selbstwirksamkeitsskalen<br />
zur Messung der Ausprägung von schulleistungs- und schulveränderungsbezogenen<br />
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eingesetzt. Es handelt sich dabei<br />
um eine Skala von U. PETERMANN und eine Skala, die von RIFFERT und<br />
PASCHON (1999; vgl. dazu auch: TARNAI, PASCHON, RIFFERT & ECKSTEIN 2000a<br />
& b; sowie Abschnitt 5.5 dieses Buchs) speziell für den Einsatz im Bereich<br />
Schulentwicklung konzipiert wurde. Eine Veränderungsmessung im Bereich<br />
Selbstwirksamkeitsüberzeugungen wurde deshalb vorgenommen, weil PETER-<br />
MANN et al. (1997) das<br />
Konzept der ‚Self-Efficacy’ von BANDURA (1979, 1994)<br />
explizit ihrem Training zugrunde gelegt hatten.<br />
(4) Zwei kurze Fragebatterien<br />
zur Erhebung der Effekte des Trainings aus<br />
der Sicht der teilnehmenden SchülerInnen und deren Eltern wurden speziell für<br />
dieses Projekt entwickelt. Die Fragebatterie für die SchülerInnen bestand aus 23<br />
Aussagen und die der Eltern aus 10 Aussagen, die zwischen den Polen 1<br />
(„stimmt genau“) und 5 („stimmt nicht“) zu bewerten waren.<br />
Die interne Konsistenz der verwendeten Skalen kann als mittel<br />
bis sehr hoch<br />
bezeichnet<br />
werden: EAS (Cronbach α = .78), manifeste Angst (Cronbach<br />
α = .92), Prüfungsangst (Cronbach α = .93), Schulunlust (Cronbach α = .80),<br />
Selbstwirksamkeitsskala nach U. PETERMANN (Cronbach α = .82). Die<br />
Auswertung<br />
wurde mittels t-T est für abhängige un d unabhängige Stichprobe n durchge- führt. Zusätzlich wurden noch die Effektgrößen berechnet, da sie bei kleiner<br />
Stichprobe eine genauere Feststellung der Auswirkung der Intervention erlauben<br />
(vgl. COHEN<br />
1988).<br />
6.1.4.2 Ergebnisse<br />
Die mittels<br />
der eingesetzten Skalen erhobenen Ergebnisse sind in Tabelle 28<br />
dargestellt.<br />
Es sind die Signifikanzen, die Effektstärken und die Mittelwerte an<br />
den beiden Messzeitpunkten (Mt1 & Mt 2) s owie die Richtung der Verände rung<br />
(signifikante Zunahme bzw. Abnahme) durch einen Pfeil angeführt. Fett sind<br />
jene Zahlen angegeben, die signifikante Ergebnisse darstellen.
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 173<br />
Aggressionen<br />
(EAS) 1)<br />
Schulunlust<br />
(AFS)<br />
1)<br />
Prüfungsangst<br />
(AFS)<br />
Manifeste Angst<br />
(AFS) 1)<br />
Selbstwirksamkeit<br />
(U. Petermann)<br />
Selbstwirksamkeit<br />
(Paschon/Riffert)<br />
INTERVENTIONSGRUPPE KONTROLLGRUPPE<br />
Sig. ES Mt1 Mt2 Richtung<br />
Sig. ES Mt1 Mt2 Rich-<br />
tung<br />
P
174 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Ein ähnliches Resultat ergibt sich für den Bereich ‚manifeste Angst‘. Auch<br />
hier weist die Interventionsklasse eine signifikante (p
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 175<br />
Dass die SchülerInnen in der ersten Klasse aber auch sehr genau zwischen<br />
Spaß und ‚Kinderei‘ unterscheiden können, zeigt ihr Antwortverhalten auf die<br />
Aussage ‚Das Projekt war kindisch.’; der Mittelwert von 4,6 drückt hier eine<br />
starke Ablehnung dieser Aussage aus. Ebenfalls ganz klar abgelehnt wurde die<br />
Aussage ‚Das Projekt war langweilig’ mit einem Mittelwert von 4,4. Und<br />
schließlich gibt kein/e einzige/r SchülerIn an, dass das Training Angst gemacht<br />
hätte. Auf die Frage, ob das Training viel Streit zwischen den SchülerInnen<br />
ausgelöst hat, verneinen 100% der Jungen und 73% der Mädchen; 27% der<br />
Mädchen bejahen diese Frage allerdings tendenziell. 73% der Mädchen und<br />
63% der Jungen geben an, dass sie ihre MitschülerInnen durch das Projekt<br />
besser verstehen können. 63% der Mädchen geben ferner an, dass sie durch das<br />
Training die Jungen besser verstehen können. Hingegen stimmen nur 27% der<br />
Jungen dieser Aussage zu.<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
55%<br />
Ich kann das Projekt 'Soziales Lernen'<br />
weiterempfehlen.<br />
64%<br />
36%<br />
36%<br />
Mädchen<br />
Jungen<br />
9%<br />
1 stimmt genau 2 3<br />
Abb. 21: SchülerInnenbewertung der Aussage:<br />
”Ich kann das Projekt ‚Soziales Lernen’ weiterempfehlen.“<br />
Die Ausprägungen 4 und 5 wurden von den Antwortenden nicht, 1...„stimmt genau“ bis<br />
5...„stimmt nicht“ genützt und sind daher auch nicht im Diagramm dargestellt.<br />
Sehr erfreulich ist schließlich auch das Ergebnis zur Aussage ‚Ich fühle mich oft<br />
als Außenseiter.’: Hier unterschieden sich beide Gruppen vor dem Beginn des<br />
Trainings signifikant: In der Interventionsgruppe war die Zustimmung zu dieser<br />
Aussage signifikant (p
176 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
wirken? Während sich die Ergebnisse der Prä- und Posterhebung in der Kontrollgruppe<br />
nicht signifikant unterscheiden, zeigt sich bei der Interventionsgruppe<br />
erwartungskonform eine signifikante Verbesserung im Bereich der Integration<br />
in den Klassen. Der Mittelwert der Posterhebung in der Interventionsgruppe<br />
liegt sogar leicht höher als der Mittelwert der Kontrollgruppe; der Unterschied<br />
ist aber nicht signifikant. Das heißt, dass die Interventionsgruppe ihre<br />
schlechtere<br />
Ausgangsposition in diesem Bereich nach dem Training kompensiert<br />
hatte.<br />
Wie bewerten die Eltern das Projekt ‚Soziales Lernen’? Beim zweiten<br />
Elternabend war der Grundtenor der Rückmeldungen sehr positiv. Um diese<br />
Stimmung auch quantifizieren<br />
zu können, wurde den Eltern ein kurzer Fragebogen<br />
mit zehn Items vorgelegt. Einige Resultate zeigt die Abbildung 22.<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2, 0<br />
1,5<br />
1,0<br />
1,1<br />
in der Kl.<br />
meines Kindes<br />
fortgesetzt<br />
werden<br />
Das Projekt 'Soziales Lernen' hat/sollte...<br />
Mittelwert<br />
1,7 1,7<br />
meinem Kind<br />
gefallen<br />
meinem Kind<br />
Spaß gemacht<br />
2,2<br />
meinem Kind<br />
gut getan<br />
4,8<br />
Stoffvermittlung<br />
in anderen<br />
Fächern<br />
geschadet<br />
Abb. 22: Das Projekt ‚Soziales Lernen’ aus der Elternperspektive;<br />
Y-Achse: 1...„stimmt genau“ bis 5... „stimmt nicht“<br />
5,0<br />
in anderen<br />
Klassen nicht<br />
durchgeführt<br />
werden<br />
Die Eltern geben an, dass das ‚Soziale Lernen’ ihren Kindern gefallen bzw.<br />
Spaß gemacht hat (Mittelwert jeweils 1,7). Dementsprechend sprechen sie sich<br />
auch ganz eindeutig (mit dem erstaunlichen Mittelwert von 1,1) für eine Fortsetzung<br />
des Projekts in der Klasse ihrer Kinder aus. Ausnahmslos (Mittelwert<br />
5,0) lehnen sie die Aussage ab, dass das Projekt nicht in anderen Klassen durchgeführt<br />
werden sollte. Dass ihre Kinder durch das Projekt und die dafür aufgewendete<br />
Zeit in anderen Fächern zu wenig gelernt hätten, verneinen die Eltern
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 177<br />
ebenfalls einhellig (Mittelwert: 4,8). Im Mittel von 2,2 sind die Eltern darüber<br />
hinaus auch der Meinung, dass das Projekt ihrem Kind gut getan hätte.<br />
Alles in allem waren die Ergebnisse der Evaluation des Pilotprojekts ‚Sozialtraining<br />
in der Schule’ durchgängig positiv: Die SchülerInnen waren in der überwältigenden<br />
Mehrheit von dieser Form des Unterrichts angetan und haben das<br />
Projekt weiterempfohlen. Auch die Eltern beurteilen das Projekt ganz ähnlich<br />
und wünschen sich dementsprechend auch eine Fortsetzung für ihre eigenen<br />
Kinder. Dies sind zweifelsohne wichtige Rückmeldungen. Ebenso wichtig ist<br />
allerdings, dass die mittels reliabler<br />
und valider Messinstrumente gemessenen<br />
Effekte des Trainings in den Bereichen Aggression, manifeste Angst, Prüfungsangst<br />
und Schulunlust die Wirksamkeit des Trainings eindeutig und widerspruchsfrei<br />
belegen.<br />
Unter allen untersuchten Konstrukten, konnte einzig bei den Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />
der SchülerInnen keine signifikanten Veränderungen festgestellt<br />
werden. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen lässt sich ex<br />
post facto vermuten, dass eine leistungsbezogene bzw. schulveränderungsbezogene<br />
Selbstwirksamkeitsdimension erhoben wurde und nicht eine soziale, was<br />
bei einem Sozialtraining Ziel führender gewesen wäre. Bei künftigen Evaluationen<br />
sollten daher Selbstwirksamkeitsskalen eingesetzt werden, die direkt zur<br />
Messung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen im sozialen Bereich entwickelt<br />
wurden. Eine Heranziehung von Skalen zur Messung sozialer Kompetenzen,<br />
wie sie schon vor einiger Zeit von GALASSI, DELO, GALASSI & BASTIEN (1974,<br />
College Self-Expression-Scale) oder von RATHUS (1974, Rathus Assertiveness<br />
Schedule) vorgelegt worden sind, sollte ebenfalls erwogen werden. Die Skala<br />
von Rathus hätte insbesondere den Vorteil, auch in einer vereinfachten Version<br />
(MCCORMICK 1985) einsetzbar und somit direkt in der Altersgruppe, für die das<br />
Sozialtraining konzipiert wurde, verwendbar zu sein.<br />
6.1.5 Abschließende Bemerkungen<br />
Welche Konsequenzen für die Zukunft nun aus den<br />
Ergebnissen dieser Evaluation<br />
gezogen werden, liegt in der Entscheidungskompetenz und Verantwor-<br />
tung der Schulpartner. An der Effektivität des Trainings kann aufgrund der Re-<br />
sultate dieser Untersuchung und der Studien<br />
Petermanns kaum gezweifelt wer-<br />
den.<br />
Freilich bleiben Fragen offen, von denen die Entscheidung über die Ausweitung<br />
des Trainingseinsatzes auf alle ersten Klassen abhängen wird: So wurde<br />
an der genannten Schule lange keine Lösung für das Problem<br />
gefunden, wie die<br />
Bezahlung der zweiten Lehrkraft für das dreimonatige Training finanziert wer
178 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
den soll. Letztlich wird sich an dieser Frage also entscheiden, wie wichtig die<br />
Sozialerziehung und damit Maßnahmen gegen die vorliegende hohe Aggressionsrate<br />
den Schulpartnern an dieser Schule ist. Beispielsweise könnte durch<br />
die Umwidmung von zwei ganzjährigen Stunden für Schreibmaschineschreiben<br />
(Freigegenstand) auf das Sozialtraining der anfallende Finanzierungsaufwand<br />
abgedeckt werden.<br />
Wie auch immer die Entscheidung an dieser Schule ausfallen wird, eines hat<br />
dieses Projekt unabhängig<br />
davon gezeigt: mittels MSS lassen sich zielgenau –<br />
bis hin auf die Klassenebene – und wissenschaftlich verlässlich Defizite lokalisieren,<br />
die dann ihrerseits durch effektive Verbesserungsmaßnahmen behoben<br />
werden können. Damit hat sich der MSS als außergewöhnlich effektives Schulentwicklungs-<br />
und Evaluationsinstrument bewährt.<br />
6.2 Weitere Fallbeispiele im Überblick<br />
In diesem Abschnitt sollen noch einige weitere Schulentwicklungsmaßnahmen,<br />
die in MSS-Schulen vorgenommen wurden, kurz skizziert werden. Auf diese<br />
Weise soll das breite Spektrum an Verbesserungsmaßnahmen, die der MSS in<br />
Gang zu setzen vermag, zumindest angedeutet werden.<br />
Dabei handelt es sich um die Themenfelder ‚Schulmetaphern’, ‚Englischsprachiger<br />
Fachunterricht’, ‚European Computer Driving Licence (ECDL)’,<br />
‚Informationsfluss an der Schule’, ‚Hausordnung’, ‚LehrerInnen-Eltern Interaktion<br />
am Beispiel Besprechungszimmer’,<br />
‚Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen’,<br />
‚Mittagsessen an der Schule’, ‚VertrauenslehrerInnen und<br />
VertrauensschülerInnen’ und ‚Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’’.<br />
6.2.1 Metapher-Modul<br />
Metaphern sind Bilder, die einen bestimmten Wirklichkeitsbereich schlagwortartig<br />
komprimiert beschreiben und zugleich auch bewerten. In dieser Konzentration<br />
auf das ‚Wesentliche’ und der Reduktion auf das ‚Entscheidende’ des so<br />
qualifizierten Wirklichkeitsbereichs liegt natürlich auch eine Übersimplifizierung,<br />
die das Beschriebene nur karikaturhaft-überspitzt wiedergibt; gleichzeitig<br />
bringen die Metaphern aber auch die eigene Sicht auf den Punkt. Metaphern erlauben<br />
es gerade durch die notwendige Zuspitzung auf zentrale Züge, wesentliche<br />
Überzeugungen von Menschen auf einfache Weise auszudrücken und da-<br />
mit auch leicht kommunizierbar zu machen. Sie bilden gerade deshalb einen<br />
idealen<br />
Einstieg für die Auseinandersetzung einer Gruppe von Menschen mit
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 179<br />
einem be stimmten Wirklichkeitsbereich wie zum Beispiel der eigenen Schule.<br />
Zusätzlich führt die in Metaphern vorliegende Tendenz zur Übertreibung auch<br />
zu einer Belebung der Diskussion über die unterschiedlichen Sichtweisen der<br />
Schule, aber auch über die in den Metaphern vernachlässigten Aspekte und unberücksichtigten<br />
Nuancen.<br />
Das alles macht Metaphern zu einem wertvollen Instrument im Schulentwicklungsprozess.<br />
Daher wurde auch ein Metaphernmodul in den Modulpool<br />
des MSS aufgenommen. Es basiert wesentlich auf Arbeiten, die im anglo-sächsischen<br />
Raum von GRADY, FISHER und FRASER (vgl. z.B. 1996, vgl. auch FISHER<br />
& GRADY 1998) durchgeführt worden sind. F ISHER , GRADY und FRASER<br />
entwickelten den Metapherfragebogen ISM (Images of School through Metaphor).<br />
Dabei handelt es sich um einen wissenschaftlich reflektierten und empirisch<br />
überprüften Fragebogen 20 , der zur Erfassung von Metaphern dient, die<br />
LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern zur Charakterisierung ihrer tatsächlichen<br />
Schule oder aber ihrer idealtypischen Wunschschule verwenden.<br />
6.2.1.1 Was sollen und können Metaphern in der Schulentwicklung?<br />
Wenn Menschen im Alltag zusammenarbeiten, entwickeln sie – oft unbemerkt –<br />
ein ‚intuitives’ Grundverständnis ihrer Institution, das auch Normen, Wertungen<br />
und emotionale Reaktionen beinhaltet. Solche Grundbilder beeinflussen und<br />
lenken dann ihrerseits – teilweise unbewusst und damit quasi ‚automatisch' – die<br />
Motivation und das Verhalten der Menschen in diesen Institutionen. Diese Bilder<br />
liegen an der Basis einer Organisationskultur und prägen sie leise und unauffällig,<br />
nichts desto trotz aber wirksam. Durch sie wird mehr oder weniger stark<br />
„die Weise wie Dinge hier gemacht werden“ (KILMANN et al. 1985, S. 5, Übersetzung)<br />
festgelegt.<br />
Diese Bilder oder Metaphern können vage oder deutlich sein, besser oder<br />
schlechter auf die Schulwirklichkeit dieser Schule passen, mehr oder weniger<br />
bewusst reflektiert sein, und unterschiedliche Grade an Differenziertheit aufweisen,<br />
aber sie beinhalten immer zugleich eine kognitive und eine emotionale<br />
sowie normative<br />
Komponente. Dies ermöglicht es bei der Arbeit mit Metaphern,<br />
eine<br />
ganzheitliche Betroffenheit bei den TeilnehmerInnen zu erzeugen. Grundmetaphern<br />
liegen oft an der Schwelle zum bewussten Bereich; vorgegebene<br />
Metaphern erlauben es nun diese oft subliminalen Grundeinstellungen an die be-<br />
20 Für wissenschaftlich und statistisch interessierte LeserInnen sei darauf hingewiesen, dass<br />
sich eine ausführliche Darstellung der statistischen Kennwerte bei GRADY, FISHER &<br />
FRASER (1996) finden lässt.
180 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
wusste Oberfläche zu holen und diese durch eine erste sprachliche Benennung<br />
zu fixieren und darauf aufbauend einer kritisch-konstruktiven Weiterverarbeitung<br />
zuzuführen (vgl. BOULDING 1956). „Metaphern sind oft das fundamentale<br />
Gerüst für ernst zu nehmende Anstrengungen bei der Suche nach<br />
umfassenden<br />
Beschreibungen, Erklärungen und Vorhersagen. In einem Wort,<br />
gut gewählte Metaphern sind nützliche Anfangspunkte für erzieherische Überlegungen.“<br />
(SCHLECHTY & JOSLIN 1986, S. 5, Übersetzung) Nach der intuitivassoziativen<br />
Auseinandersetzung mit den Schulmetaphern können fruchtbare,<br />
rational-bewusste (Selbst-) Reflexionen und (Partner-)Diskussionen entstehen,<br />
die in allgemeinere, aber auch sehr konkrete Zielperspektiven (z.B. in der Schulleitbild-<br />
und Schulprofilentwicklung) überführbar sind. Aufgrund dieser so<br />
gewonnenen Ziele lassen sich schließlich auch Interventionsmaßnahmen planen<br />
und umsetzen.<br />
F ISHER und G RADY (1998) beschreiben den Interaktionsprozess, wie er bei<br />
einem Einsatz des Metaphernmoduls stimuliert werden kann, folgendermaßen:<br />
„Wenn die Lehrer den ISM erst einmal ausgefüllt haben, finden bei Lehrertreffen<br />
wertvolle Diskussionen statt, in denen die Lehrer darüber reflektierten,<br />
warum ihre Schule zu einen bestimmten Ausmaß, beispielsweise ein Kindergarten<br />
und ein Museum ist. Die Diskussion dehnt sich oft auf die Erörterung von<br />
Fragen aus wie, ‚Sollte unsere Schule nicht eher wie eine Ausstellung und ein<br />
Forum sein.’ Dann taucht die Frage auf, wie es aussehen würde, wenn die<br />
Schule eher eine Ausstellung und ein Forum wäre und wie sich die Schüler, die<br />
Lehrer,<br />
der Direktor und die Eltern in einer Ausstellung und einem Forum<br />
verhalten würden.“ (FISHER & GRADY 1998, S. 348, Übersetzung)<br />
Eine Schule, die von vielen SchülerInnen primär als Museum wahrgenommen<br />
wird, vernachlässigt unter Umständen demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten.<br />
Aus einer derartigen Diskussion könnte etwa folgendes Ziel für ein<br />
Schulleitbild von den Schulpartnern festgelegt werden: Schaffung von Möglichkeiten<br />
zur demokratische Partizipation der SchülerInnen. Die konkrete Realisierung<br />
des Ziels im Rahmen des Entwicklungsplans könnte dann beispielsweise in<br />
der Implementierung des bereits international an verschiedenen Schulen<br />
erprobten<br />
just-community-Ansatzes von Lawrence KOHLBERG (vgl. z.B. 1980 &<br />
1986) bestehen.<br />
6.2.1.2 Das Metaphernmodul<br />
und sein Einsatz<br />
Beim Metaphernmodul handelt es sich um eine Liste mit 29 vorgegebenen<br />
Metaphern.<br />
26 der vorgegebenen Metaphern stammen aus dem ISM (FISHER &
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 181<br />
GRADY 1998). Drei weitere Metaphern wurden vom MSS-Team hinzugefügt. 21<br />
(Vgl. Tabelle 29) Jede Metapher ist daraufhin zu bewerten, in wie weit sie auf<br />
die konkrete Schule (Ist-Zustand) zutrifft, bzw. in wie weit sich die ideale<br />
Wunschschule durch die vorgegebenen Metaphern charakterisieren ließe (Soll-<br />
Zustand).<br />
Zusätzlich zur Metaphernliste wurde vom MSS-Team auch noch eine Rangreihung<br />
eingeführt. Für diese Rangreihung sollen jene drei Metaphern ausgewählt<br />
werden, die den Ist-Zustand der Schule am besten beschreiben, bzw. jene<br />
drei Metaphern, die den Wunschzustand am besten wiedergeben. Dies zwingt<br />
die ausfüllenden Personen, sich für die drei jeweils am besten passenden<br />
Metaphern zu entscheiden, was vor allem bei den Soll-Metaphern wertvolle zusätzliche<br />
Informationen zur Differenzierung zwischen den einzelnen Metaphern<br />
bringt, da in dieser Kategorie häufig sehr hohe Werte vergeben werden, die eine<br />
Differenzierung zwischen den so bewerteten<br />
Metaphern schwierig macht.<br />
Die<br />
Bearbeitung der Metaphernliste erfolgt durch jede Einzelperson (Lehrer-<br />
Innen, SchülerInnen, Elternteile), wobei jede Metapher jeweils auf einer Dimension<br />
zwischen 1 (trifft auf unsere Schule z u bzw. trifft auf meine Wunschschule zu) und 5 (trifft nicht auf unsere Schule zu bzw. trifft auf meine Wunschschule<br />
nicht<br />
zu) zu bewerten ist.<br />
Das Ergebnis der Ist-Erhebung biete t das Bild, d as sich die jeweiligen Per<br />
sonen von der Schule machen. Diese Einzelergebnisse können selbstverständlich<br />
zu Gruppenresultaten zusammengefasst werden. So lassen sich etwa die Sichtweis<br />
e der LehrerInnen derjenige n der SchülerInn en oder Elt ern gegenüber stellen. Dieser Vergleich zwische n den Sicht weisen de r verschiedene n Perso-<br />
ne ngruppen kann sehr gut als Ausgangspunkt für Diskussionen u nd in der Folge<br />
für Schulveränderungsmaßnahm en dienen .<br />
Natürlich lässt sich – falls im Rahmen eines umfassend en MSS-Einsatzes entsprechende Fragen zur Sozialstatistik gestellt wur den – auch auswerten, ob<br />
Männer und Frauen bzw. altgediente u nd junge LehrerInnen oder SchülerInnen<br />
(z.B. Unter - und Oberstufe; aus verschiedenen Schulzweigen) die Schule unterschiedlich<br />
‚sehen’ und beurteilen.<br />
21<br />
Inzwischen liegt im Englische n Sprachraum eine neue Versi on des ISM vor, die 40<br />
Metaphern umfasst. Diese Metaphernlist e kann au s dem Internet über den Link URL:<br />
http://www.indiana.edu/~ bobweb/Handout/schoo l/html eingese hen un d heruntergeladen wer-<br />
den.
182 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Stellen Sie gegenüber: wie es IST und<br />
wie es sein SOLLTE.<br />
Bitte den Grad der Zustimmung<br />
bzw. Ablehnung durch Ankreuzen<br />
zum Ausdruck bringen.<br />
stimmt<br />
Unsere Schule<br />
IST<br />
wie...<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Kodierhilfe<br />
stimm<br />
t<br />
Unsere Schule<br />
SOLLTE<br />
sein wie...<br />
stimmt<br />
nicht<br />
Kodierhilfe<br />
1 Kultur O O O O O S127_001 O O O O O S127_101<br />
2 Herde O O O O O S127_002 O O O O O S127_102<br />
3 Familie O O O O O S127_003 O O O O O S127_103<br />
4 Forum O O O O O S127_004 O O O O O S127_104<br />
5 Ausstellung O O O O O S127_005 O O O O O S127_105<br />
6 Orchester O O O O O S127_006 O O O O O S127_106<br />
7 Krankenhaus O O O O O S127_007 O O O O O S127_107<br />
8 Kindergarten O O O O O S127_008 O O O O O S127_108<br />
9 Museum O O O O O S127_009 O O O O O S127_109<br />
10 Garten O O O O O S1 27_010 O O O O O S127_110<br />
11 Zwangsjacke O O O O O S127_011<br />
O O O O O S127_111<br />
12 Supermarkt O O O O O S127_012<br />
O O O O O S127_112<br />
13 Bien enkorb O O O O O S 127_013 O O O O O S127_113<br />
14 Kaserne O O O O O S127_014 O O O O O S127_114<br />
15 Ghetto O O O O O S127_015 O O O O O S127_115<br />
16 Farbpalette O O O O O S127_016 O O O O O S127_116<br />
17 Maschine O O O O O S127_017 O O O O O S127_117_<br />
18 Expedition<br />
O O O O O S127_018 O O O O O S127_118<br />
119<br />
19 Team<br />
O O O O O S127_019 O O O O O S127_<br />
20 Verkehrsstau O O O O O S127_020 O O O O O S127_120<br />
21 Ort für Verhandlungen O O O O O S127_021 O O O O O S127_121<br />
22 Gefängnis O O O O O S127_022 O O O O O S127_122<br />
23 Olympische Spiele O O O O O S127_023 O O O O O S127_123<br />
24 Lebender Organismus O O O O O S127_024 O O O O O S127_124<br />
25 Theater O O O O O S127_025 O O O O O S127_125<br />
26 Arbeitslager O O O O O S127_026 O O O O O S127_126<br />
27 Friedhof O O O O O S127_027 O O O O O S127_127<br />
28 Blumenwiese O O O O O S127_028 O O O O O S127_128<br />
29 … O O O O O S127_029 O O O O O S127_129<br />
Rang<br />
Geben Sie die Nummern jener drei<br />
Metaphern an, die Ihre Schule am<br />
besten beschreiben (IST):<br />
Rang<br />
1 1<br />
2 2<br />
3 3<br />
Geben Sie die Nummern jener drei Metaphern<br />
an, welche die ideale Schule am<br />
besten beschreiben (SOLL):<br />
Tab. 29: Metaphermodul Ist-Soll-Vergleich<br />
von 1...„stimmt genau “ bis 5...„stimmt nicht“ und Ranking (Plätze 1-3)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 183<br />
Aber auch zwischen Ist- und Soll-Zustand ergeben sich naturgemäß größere<br />
oder geringere Diskrepanzen. Wunsch und Realität klaffen auch bei Schulbildern<br />
gelegentlich weit auseinander. Diese Diskrepanzen geben nun erste Hin-<br />
weise bei welchen Themenfeldern der Schulentwicklungsprozess<br />
sinnvoller<br />
Weise ansetzen kann.<br />
Der Vergleich zwischen Ist-Bild und Soll-Bild innerhalb einzelner Personengruppen<br />
(etwa bei den LehrerInnen) oder zwischen den verschiedenen Personengruppen<br />
(etwa SchülerInnen und LehrerInnen) bietet wertvolle Anregung für<br />
Gespräche in Richtung Defizit- und Ressourcenaufdeckung und damit für die<br />
Planung von Veränderungsmaßnahmen bzw. für die Entscheidung zur Beibehaltung<br />
oder Stärkung bestimmter bereits vorhandener Einrichtungen.<br />
Die Diskrepanzen<br />
erlauben zunächst (1) erste klärende Gespräche zwischen<br />
den KollegInnen und/oder SchülerInnen über unterschiedliche Wahrnehmungen<br />
ihrer Schule<br />
und Schulkultur. In einem zweiten Schritt (2) lassen sich sodann die<br />
Problemfelder<br />
konkretisieren, von der Metapherebene auf die Verhaltensebene<br />
transferieren. Schließlich (3) lässt sich mit Hilfe des ZME-Ansatzes (vgl. die<br />
ausführliche Darstellung dieser Methode im Kapitel 4.) gezielt an der Problembeseitigung<br />
(Zielerreichung) arbeiten.<br />
6.2.1.3 Schulentwicklung mittels Metaphernmodul<br />
Das Metaphermodul erlaubt, wie gesagt, eine erste Beschäftigung mit der eigenen<br />
Schule auf einer kognitiven so wie auch auf einer emotionalen und normativen<br />
Ebene. Im Folgenden wird eine mögliche Vorgangsweise skizziert:<br />
(1) Ausfüllen der Metapherfragebogenbatterie durch alle an der SCHILF-<br />
Veranstaltung<br />
teilnehmenden LehrerInnen (gegebenenfalls auch durch die teil-<br />
nehmenden<br />
SchülerInnen und Eltern);<br />
(2) Auswertung und Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Ergebnisse im<br />
Plenum;<br />
(3) Lokalisierung der größten Diskrepanzen (Ist-Soll-Unterschiede) im<br />
Plenum;<br />
(4) Bildung von Kleingruppen: die Kleingruppen wählen sich mehrere Metaphern,<br />
bei denen große Diskrepanzen bestehen, zur Bearbeitung aus. Die parallele<br />
Bearbeitung derselben Metaphern in verschiedenen Kleingruppen ist<br />
durchaus möglich und sinnvoll.<br />
(5) In jeder Kleingruppe<br />
listet jede/r Teilnehmer/in zunächst für sich allein<br />
auf,<br />
was ihn/sie selbst an der Schule konkret an eine z.B. ‚Zwangsjacke' oder an<br />
eine ‚Familie' erinnert bzw. was ihr/m an dieser Schule diesbezüglich fehlt. Die
184 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Angaben müssen auch von anderen wahrnehmbare (intersubjektive) Sachverhalte<br />
sein. (Nicht abstrakte Begriffe wie z.B. ‚gute Atmosphäre').<br />
(6) Für die effiziente Umsetzung bietet sich nun wieder das ZME-Arbeitsschema<br />
an.<br />
Im Folgenden wird zur Illustration ein Beispiel angeführt, das mit den SchülerInnen<br />
einer 5. Klasse AHS (9. Schulstufe; Langform) durchgeführt wurde. Anhand<br />
dieses Beispiels zeigt sich, dass das Metaphermodul durchaus auch nur in<br />
einer einzigen Klasse sinnvoll eingesetzt werden kann: Im Rahmen des Unterrichtsprinzips<br />
‚Politische Bildung’ wurde mit den SchülerInnen dieser Klasse<br />
eine Ist-Soll-Analyse der eigenen Schule mit Hilfe des Metaphernmoduls durchgeführt<br />
um auf der Basis der Ergebnisse die eigene schulische Wirklichkeit zu<br />
reflektieren und Verbesserungsmöglichkeiten für gefundene Defizite zu suchen<br />
und umzusetzen.<br />
Die Ergebnisse sind in unterschiedlich aufgearbeiteter Form den Abbildungen<br />
23 bis 27 zu entnehmen. In der Abbildung 23 wird der Ist-Soll-Vergleich,<br />
über alle SchülerInnen gerechnet, dargestellt; die Metaphern sind nach<br />
den gewünschten Soll-Werten aufsteigend gereiht, beginnend mit der am<br />
meisten gewünschten Metapher. Es zeigen sich starke Diskrepanzen vor allem<br />
bei den Metaphern, die stark gewünscht bzw. stark abgelehnt werden. Dies sind<br />
bei den stark gewünschten Metaphern: ‚Familie’ (3), ‚Team’ (19), ‚Expedition’<br />
(18), ‚Garten’ (10) und bei den<br />
stark abgelehnten Metaphern ‚Arbeitslager’ (26),<br />
‚ Zwangsjacke’ (11), ‚Gefängnis’ (22), ‚Verkehrsstau’ (20).<br />
Während also die SchülerInnen dieser Klasse das Bild von einem Team für<br />
die Schule wünschen (Mittelwert: 1,2), wird der durch dieses Bild repräsentierte<br />
Sachverhalt aber eher nur mittelmäßig realisiert (Mittelwert: 2,6). Noch stärker<br />
ist die Diskrepanz zwischen Realitätswahrnehmung (Ist-Wert) und Wunschtraum<br />
(Soll-Wert) bei der Metapher ‚Familie’ (Ist-Wert: 3,5; Soll-Wert: 1,6).<br />
Umgekehrt sieht es bei der Metapher ‚Arbeitslager’ aus: es wird mit einem<br />
Mittelwert von 4,6 von allen SchülerInnen (naturgemäß) stark abgelehnt, ist aber<br />
aus Sicht der SchülerInnen an ihrer Schule mit einem Mittelwert von 2,5 doch<br />
immerhin über das Mittelmaß hinaus ausgeprägt (Diskrepanz: 2,1). Insgesamt<br />
zeigt sich ein stimmiges Ergebnis, was den Vergleich zwischen Ist-Bild und<br />
Soll-Bild der Schule anbelangt: Die stark abgelehnten Soll-Metaphern werden<br />
als zumindest teilweise verwirklicht angesehen, während die erwünschten Soll-<br />
Metaphern als kaum realisiert bewertet werden. Kein sehr erfreuliches Bild für<br />
diese konkrete Schule; sollte sich ein analoges Bild auch in den anderen Klassen
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 185<br />
zeigen, so müssten an dieser Schule keine weiteren Themen für die Schulent-<br />
wicklung<br />
gesucht werden.<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
5C Soll/Ist-Vergleich<br />
193241810212328161 412292139255 6178147152620271122<br />
IST-5C<br />
SOLL-5C<br />
Abb. 23: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte) über alle Schülerinnen und Schüler der 5C<br />
Klasse, aufsteigend nach Soll-Werten geordnet. Y-Achse: Ist: 1... „trifft zu“, 5…„trifft<br />
nicht zu“; Soll: 1... „sollte zutreffen“, 5...„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern<br />
der X-Achse im Diagramm mit den Metaphernnamen in Tabelle 29; N= 16<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
5C Mädchen Soll/Ist-Vergleich<br />
1,0 19 3 18162124101223 1 2 2829 4 1325 5 8 6 1726 9 7 141115202227<br />
Ist-Mädchen<br />
Soll-Mädchen<br />
Abb. 24: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schülerinnen der 5C Klasse, aufsteigend nach<br />
Sollwerten geordnet; Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; Soll: 1…„sollte<br />
zutreffen“, 5…„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im<br />
Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N=7.
186 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Beim Ist-Soll-Vergleich der Mädchen zeigen sich (vgl. Abbildung 24) geringere<br />
Diskrepanzen als beim Ist-Soll-Vergleich der Jungen (vgl. Abbildung 25). Ausgenommen<br />
hiervon ist die Metapher ‚Familie’ (3); Hier klafft auch bei den Mädchen<br />
eine gehörige Diskrepanz zwischen Wunsch (1,3) und Realität (3,8)<br />
(Diskrepanz: 2,5) Bei den Jungen bestehen die größten Diskrepanzen zwischen<br />
Ist und Soll bei den Metaphern ‚Arbeitslager’ (26) (Ist: 1,7; Soll: 5; Diskrepanz:<br />
3,3!) ‚Blumenwiese’ (28) (Ist: 1,9; Soll: 4,1; Diskrepanz: 2,2), Gefängnis (22)<br />
(Ist: 2,9; Soll: 5; Diskrepanz: 2,1) und ‚Team’ (19) (Ist: 1,2; Soll: 3,1; Diskrepanz:<br />
1,9).<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3, 5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
5C Jungen Soll/Ist-Vergleich<br />
1924 3 1028212318 4 1 16 9 2912 6 5 1325 2 17 8 14 7 152026271122<br />
Ist-Jungen<br />
Soll-Jungen<br />
Abb. 25: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schüler der 5C Klasse; aufsteigend nach Soll-<br />
Werten geordnet. Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; Soll: 1…„sollte<br />
zutreffen“, 5…„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im<br />
Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N= 9.<br />
Betrachtet man die Soll-Werte für SchülerInnen und Schüler im Vergleich (Abbildung<br />
26), so zeigt sich, dass die Wunschvorstellungen bei Jungen und Mädchen<br />
doch erstaunlich homogen sind; es gibt nur wenige starke Abweichungen<br />
wie<br />
etwa bei den Metaphern ‚Blumenwiese’ (28) (Diskrepanz 1,3 Punkte) und<br />
Museum (9) (Diskrepanz: 0,9 Punkte). Die Zielvorstellungen – zumindest auf<br />
der noch relativ diffusen Ebene der Metaphern – sind also sehr einheitlich.<br />
Bezüglich der von beiden Personengruppen am stärksten gewünschten Metapher<br />
‚Team’ (19) herrscht beispielsweise fast völlige Übereinstimmung. Ähnliches
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 187<br />
gilt für die Metapher ‚Expedition’ (18). Etwas weniger deutlich tritt die<br />
Übereinstimmung bei der Metapher ‚Familie’ (3) zu Tage. Bei den am stärksten<br />
abgelehnten Metaphern zeigt sich ebenfalls große Übereinstimmung zwischen<br />
Mädchen und Jungen. So bestehen keine Unterschiede bei der Bewertung der<br />
Soll-Metaphern ‚Zwangsjacke’ (11), ‚Gefängnis’ (22) und ‚Friedhof’ (27).<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2, 5<br />
2, 0<br />
1,5<br />
1,0<br />
5C Soll-Vergleich Mädchen/Jungen<br />
19 3 18162124101223 1 2 2829 4 1325 5 8 6 1726 9 7 141115202227<br />
Soll-Mädchen<br />
Soll-Jungen<br />
Abb. 26: Soll-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse (Mittelwerte); aufsteigend nach<br />
den Soll-Werten der Mädchen geordnet. Y-Achse: Soll: 1…„sollte zutreffen“, 5…„sollte<br />
nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im Diagramm mit den<br />
Metaphernamen in Tabelle 29; N= 16.<br />
Sieht man sich hingegen den Ist-Vergleich zwischen Mädchen und Jungen an<br />
(vgl. Abbildung 27), so fallen deutliche Unterschiede auf. Dies bedeutet, dass<br />
die Jungen und die Mädchen die schulische Wirklichkeit unterschiedlich wahrnehmen.<br />
Eine Analyse zeigt, dass die Jungen die Schulrealität deutlich negativer<br />
bewerten als die Mädchen. Während die Mädchen die Schule durchaus als durch<br />
die ‚Team’-Metapher (19) charakterisiert sehen (Mittelwert: 1,8), trifft dies für<br />
die Jungen nicht zu (Mittelwert: 3,1). Dies stellt immerhin eine Diskrepanz von<br />
1,3 Punkten dar. Bei die Metapher ‚Arbeitslager’ (26) gilt Analoges:<br />
( Mittelwert-Jungen: 1,7; Mittenwert-Mädchen: 3,4; Diskrepanz:<br />
1,7).<br />
Diese Ergebnisse führten im Unterricht zu einer komplexen Diskussion in<br />
der viele Fragen aufgeworfen wurden, zu denen dann in Arbeitsgruppen<br />
Informationen gesucht und in Referaten dargestellt wurden. Darunter waren
188 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Themenstellungen wie ‚Geschlechtsspezifisches Rollenverständnis’, ‚Faktoren<br />
der Wahrnehmungsverzerrung’, ‚Kompromisse’, ‚Demokratische Mitbestimmung<br />
in der Schule – Möglichkeiten und Grenzen’.<br />
5,0<br />
4,5<br />
4,0<br />
3,5<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1, 0<br />
5C Ist-Vergleich Mädchen/Jungen<br />
2919212524 5 17 2 8 1214131623 26 6 2022 3 4 18 1 101128 7 9 1527<br />
Ist-Mädchen<br />
Ist-Jungen<br />
Abb. 27: Ist-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse; aufsteigend nach Ist-Werten der<br />
Mädchen geordnet. Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; vergleiche die<br />
Nummern<br />
der X-Achse im Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N= 16.<br />
Alles in allem zeigt sich ein unvorhergesehener<br />
Reichtum an Anregungen, der<br />
durch die Arbeit mit dem Metaphernmodul aufgedeckt und angestoßen worden<br />
war.<br />
6.2.2 Englischsprachiger Fachunterricht<br />
Im Folgenden wird ein Pilotprojekt vorgestellt,<br />
in dem ein Themenblock (Gedächtnis/Memory)<br />
im Psychologieunterricht in Englischer Sprache unterrichtet<br />
wurde. Das Pilotprojekt wurde vom MSS-Team evaluiert.<br />
6.2.2.1 Englisch in Studium und Beruf<br />
Zweifelsohne werden SchülerInnen an Gymnasien – anders als an Berufsbildenden<br />
Höheren Schulen – primär auf ein Studium an Hochschulen, Fachhoch-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 189<br />
schulen und <strong>Universität</strong>en und damit auch auf Berufe, die zunehmend einen<br />
stärkeren Grad an internationaler Vernetzung aufweisen werden, vorbereitet. An<br />
den <strong>Universität</strong>en ist heute die Englische Sprache das internationale Kommunikationsmedium:<br />
in fast allen wissenschaftlichen Disziplinen sind die führenden<br />
internationalen wissenschaftlichen Journale englischsprachig und auf internationalen<br />
Kongressen, wo die neuesten Forschungsresultate vorgestellt und<br />
diskutiert werden, dominiert Englisch unangefochten. Analoges gilt auch für den<br />
Bereich der Wirtschaft. Daraus ergibt sich, dass nur jene, deren Kompetenzen<br />
im aktiven Umgang mit gesprochenem und geschriebenem Englisch auch ein<br />
Verständnis komplexerer Zusammenhänge und eine hinreichendes Ausdrucksvermögen<br />
eigener Gedankengänge erlauben, den Anschluss an das aktuelle Forschungs-<br />
und Wirtschaftsgeschehen erlangen und in den Diskussionen mitmischen<br />
können. Eine adäquate und zukunftsorientierte Ausbildung an Gymnasien<br />
hat diesen Tatsachen Rechnung zu tragen. Neben einem bereits etablierten<br />
guten Englischunterricht, dem Einsatz von ‚native speakers’ (z.B.<br />
Sprachassistenten) und Auslandsaufenthalten sowie Zusatzangeboten wie dem<br />
Ablegen von international anerkannten Sprachtests wie etwa dem „Cambridge<br />
Certificate“, können Englischkompetenzen<br />
zusätzlich auch dadurch gefördert<br />
werden, dass sie in verschiedenen Unterrichtsfächern zum Einsatz kommen. Ein<br />
derartiges Projekt wurde vom MSS-Team evaluiert.<br />
6.2.2.2 Projektbeschreibung<br />
Das<br />
Projekt wurde in einer von zwei 8. Klassen (12. Schulstufe) eines Gymnasiums<br />
realisiert. Eine der beiden Klassen fungierte als Interventionsgruppe<br />
(IG) mit englischsprachigem Unterricht im Fach Psychologie und die andere als<br />
Kontrollgruppe (KG).<br />
Im Wintersemester wurden dieselben Themen (Logik, Erkenntnistheorie) in<br />
beiden Klassen vom selben Lehrer auf Deutsch unterrichtet und bekamen zum<br />
Semesterende denselben Test auf Deutsch vorgelegt (Test I). Im Sommersemester<br />
wurde die Interventionsgruppe auf Englisch, die Kontrollgruppe auf Deutsch<br />
unterrichtet. Die Unterrichtsinhalte waren identisch, lediglich die Unterrichtssprache<br />
unterschied sich (memory/Gedächtnis). Am Ende dieser Unterrichts<br />
sequenz<br />
wurde wiederum ein Test (Test II) durchgeführt. Bei diesem Test (Test<br />
II) wurden beiden Gruppen (Klassen) dieselben Fragen gestellt. Der Projektklasse<br />
wurden die Fragen auf Englisch und Deutsch vorgelegt. Die Sprache in<br />
der die SchülerInnen die Fragen beantworten wollten, war ihnen freigestellt.<br />
Die Ergebnisse (erreichte Punkte bei einem Punktemaximum in beiden Tests<br />
von jeweils 24) der Tests II wurden sowohl miteinander als auch mit den
190 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Ergebnissen der Tests I des ersten Semesters verglichen, bei denen ebenfalls in<br />
beiden Klassen dieselben Fragen gestellt worden waren. Dadurch sollte Klarheit<br />
darüber gewonnen werden, ob es durch das Projekt zu Verschlechterung der<br />
Leistungen<br />
in der Projektklasse gegenüber der Leistung jener SchülerInnen, die<br />
auf Deutsch unterrichtet wurden, kam bzw. ob sich die Leistung der ProjektschülerInnen<br />
im zweiten Semester gegenüber ihrer Leistung im ersten Semester<br />
verschlechterte.<br />
Das Thema ‚memory/Gedächtnis’ wurde für die Interventionsgruppe vom<br />
Lehrer ausgewählt. Den 20 SchülerInnen der Interventionsklasse mit naturwissenschaftlicher<br />
Ausrichtung (also keiner Klasse mit sprachlichem Schwerpunkt)<br />
wurde ca. eine Woche vor Beginn des Projekts jeweils eine Liste mit eher seltenen<br />
und schwierigen Vokabeln, die aber für eine aktive Teilnahme am Unterricht<br />
zu diesem Themenbereich unerlässlich waren, übergeben. Diese Vokabeln<br />
sollten als Vorbereitung auf den englischsprachigen Unterrichtsblock gelernt<br />
werden.<br />
Das Projekt dauerte sechs Wochen zu jeweils zwei Unterrichtseinheiten und<br />
umfasste folgende Inhalte: encoding and storage processes, stage theory of<br />
memory (sensory register, short term and long term memory), research results<br />
on forgetting (pro-active and retro-active inhibition, tip of the tongue phenolmenon,<br />
the role of retrieval cues, flash bulb memories,<br />
childhood amnesia, implicit<br />
and explicit memory, hypnosis), mnemonics (‘chunking’ and the ‚method<br />
of loci’), the role of conceptual frame-works<br />
(schemes and scripts), memory re-<br />
search on eyewitness testimony, effects of brain damage on memory functions<br />
(anterograde and retrograde amnesia, prosopagnosia).<br />
6.2.2.3 Evaluationsergebnisse<br />
Um zu evaluieren, ob das Projekt auch die gewünschten Effekte und keine unvorhergesehenen<br />
negativen Nebeneffekte haben würde, wurde zusätzlich zu den<br />
Tests den SchülerInnen ein kurzer Fragebogen vorgelegt. Die vorgegebenen<br />
Aussagen waren auf einer fünfstufigen Likertskala (von 1 ‚stimmt genau’ bis 5<br />
‚stimmt nicht’) zu bewerten. Unter anderem wurden die SchülerInnen auch nach<br />
einer Selbsteinschätzung ihrer Englischkenntnisse gefragt: die eigenen Englischkenntnisse<br />
bewertete kein/e SchülerIn als schlecht oder sehr schlecht. Acht<br />
SchülerInnen schätzten ihre diesbezüglichen Kenntnisse als ausreichend, neun<br />
als gut und eine Person als sehr gut ein (zweimal wurde diese Frage nicht<br />
beantwortet). Der Fragebogen<br />
sollte Antworten auf folgende Fragen liefern: Wie<br />
haben<br />
die SchülerInnen das Projekt erlebt und wie bewerten sie es nachträglich?<br />
Wo lokalisieren die SchülerInnen die Schwächen des Projekts? Was sollte ver-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 191<br />
bessert werden? Soll das Projekt in Zukunft auch in anderen Klassen durchgeführt<br />
werden? etc.<br />
Keine/r der SchülerInnen gab nach der abschließenden schriftlichen Leistungsfeststellung<br />
(Test) an, dass sich durch das Projekt die eigene Note verschlechtert<br />
hätte. Diese Einschätzung wird auch durch einen Vergleich zwischen<br />
den Tests in der Projektklasse mit Englischunterricht und der Parallelklasse (Unterricht<br />
in Deutsch) erhärtet. Der Test II (über den Themenbereich ‚Gedächtnis/Memory’)<br />
bestand in der Projektklasse (Englisch) und in der Kontrollklasse<br />
(Deutsch), wie gesagt, aus denselben Fragen, um einen unmittelbaren Vergleich<br />
der Leistungen der SchülerInnen zu erlauben. Es zeigt sich (vgl. Tabelle 30),<br />
dass sich die Punktedifferenz zwischen Projektklasse und Kontrollklasse im<br />
Mittel von Test I auf Test II vermindert hat. Dies lässt sich – trotz der vielen<br />
unkontrollierbaren<br />
möglichen Störvariablen (z.B. Hawthorne-Effekt), die bei<br />
dem vorliegenden quasi-experimentelle Design nicht kontrolliert<br />
werden konnten<br />
– als Hinwe is auffassen, dass das Projekt eher zu einer Verbesserung<br />
der<br />
Leistungen in der Interventionsklasse beigetragen hat.<br />
IG KG<br />
Test I Punkte∅: 15,3 (Deutsch) Punkte∅: 19,8 (Deutsch)<br />
Test II Punkte∅: 17,0 (Englisch) Punkte∅: 18,9 (Deutsch)<br />
Tab. 30: Testpunkte im Projekt ‚Englischsprachiger Unterricht’; IG...Interventionsgruppe<br />
(Projektklasse Englisch unterrichtet), KG...Kontrollgruppe (Deutsch unterrichtet),<br />
∅ … durchschnittliche Punkteanzahl; Test I…Test ‚Logik und Erkenntnistheorie’ (beide<br />
Klassen Deutsch), Test II…Test ‚Gedächtnis/ Memory’.<br />
Zurück zu den Ergebnissen der Fragebogenerhebung: Mit einem erfreulichen<br />
Mittelwert von 1,9 hielten viele der SchülerInnen das Projekt für interessant und<br />
gaben zudem an, dass das Projekt ihrer Meinung nach auch in anderen Klassen<br />
durchgeführt werden sollte (Mittelwert: 2,0) bzw. dass sie das Projekt weiterempfehlen<br />
könnten (Mittelwert: 1,9; vgl. dazu die Grafiken 28, 29 und 31 zur<br />
Antwortverteilung). Eindeutig abgelehnt wurden im Mittel hingegen die folgen-<br />
den<br />
Aussagen: „Das Projekt hat bei mir Stress ausgelöst.“ (Mittelwert: 4,5),<br />
„Das Projekt war langweilig.“ (Mittelwert: 4,4), „Das Projekt war eine zusätzliche<br />
Belastung.“ (Mittelwert: 4,4), „Das Projekt hat mich demotiviert.“ (Mittelwert:<br />
4,3).
192 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Nennungen<br />
Nennungen<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
Antwortverteilung auf die Aussage: "Das<br />
Projekt kann ich weiterempfehlen."<br />
5<br />
8<br />
4<br />
0 0<br />
1 2 3 4 5<br />
1...stimmt 5...stimmt nicht<br />
Abb. 28: Projekt wird weiterempfohlen;<br />
N=20 (Interventionsgruppe, davon 3<br />
Missings)<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
Antwortverteilung auf die Frage: "Das<br />
Projekt hat dazu geführt, dass ich große<br />
Mühe hatte, dem Unterricht zu folgen."<br />
1<br />
3<br />
4<br />
1 2 3 4 5<br />
1...stimmt 5...stimmt nicht<br />
Abb. 30: …Mühe, dem Unterricht zu<br />
folgen; N=20 (Interventionsgruppe)<br />
5<br />
7<br />
Nennungen<br />
Nennungen<br />
Antwortverteilung zur Aussage: "Das Projekt<br />
war interessant."<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
5<br />
13<br />
2<br />
0 0<br />
1 2 3 4 5<br />
1...stimmt 5...stimmt nicht<br />
Abb. 29: Das Projekt war interessant;<br />
N=20 (Interventionsgruppe)<br />
Antwortverteilung zur Aussage: "Das Projekt<br />
sollte auch in anderen Klassen durchgeführt<br />
werden."<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
7<br />
8<br />
4<br />
1 2 3 4 5<br />
1...stimmt 5...stimmt nicht<br />
Abb. 31: Projektwiederholung in anderen<br />
Klassen; N=20 (Interventionsgruppe)<br />
Insgesamt belegen die Antworten zum einen, dass es dem Lehrer gelungen ist,<br />
einen Unterricht zu gestalten, der die Interessen der SchülerInnen geweckt, sie<br />
aber zum anderen nicht überfordert hat. Dennoch kann und sollte man nach<br />
der/n Ursache/n dafür suchen, warum 20% der SchülerInnen (4 von 20 Personen)<br />
der Aussage ‚Das Projekt hat dazu geführt, dass ich große Mühe hatte,<br />
dem Unterricht zu folgen.’ tendenziell zustimmen. Dennoch zeigen die Ant-<br />
0<br />
1
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 193<br />
worten auf die Frage, ob sie durch das Projekt große Mühe gehabt hätten, dem<br />
Unterricht zu folgen, folgendes Bild (vgl. Abbildung 28 bis 31).<br />
Die Analyse der Kritikpunkte verweist auf die hohe Sprechgeschwindigkeit<br />
des Lehrers: Die Aussage „Der Lehrer hat zu schnell gesprochen.“ weist mit<br />
einem Mittelwert von 2,3 doch eine relativ hohe Zustimmung auf; diese Interpretation<br />
wird zudem auch noch durch die freien Antworten unterstützt: 50%<br />
(10 Personen) gaben unter der Rubrik „Das hat mir am Projekt nicht gefallen“<br />
an, dass der Lehrer zu schnell gesprochen hätte. Dies war im Wesentlichen der<br />
einzige geäußerte Kritikpunkt am Unterricht. Andere mögliche Ursachen scheiden<br />
eindeutig aus: So wurde die Aussage „Der Lehrer spricht ein schlechtes<br />
Englisch.“ mit einem Mittelwert von 4,3 von den SchülerInnen klar abgelehnt.<br />
Ähnliches gilt für die Aussagen „Der Lehrer sollte sich besser auf ein derartiges<br />
Projekt vorbereiten.“ (Mittelwert: 4,5), „Der Lehrer sollte seine Grammatikkenntnisse<br />
verbessern.“ (Mittelwert: 4,2) und „Der Lehrer sollte mehr relevante<br />
Vokabeln angeben.“ (Mittelwert: 4,2). Hingegen stimmen die SchülerInnen der<br />
positiven Aussage „Der Lehrer hat bei Bedarf Sachverhalte auch auf Deutsch<br />
erklärt.“ im Mittel von 1,5 sehr stark zu. Demnach lässt sich die Ursache für die<br />
Mühe beim Folgen des Unterrichts doch sehr deutlich am Sprechtempo des<br />
Lehrers festmachen; es handelt sich dabei um eine Problemursache, die, weil im<br />
Einflussbereich des Lehrers, sich künftig leicht beheben lassen dürfte.<br />
Insgesamt zeigt das Evaluationsergebnis aber eine positive Einschätzung des<br />
Pilotprojekts. So wurde etwa der folgenden Aussage „Falls das Projekt wieder<br />
durchgeführt wird, sollte im Großen und Ganzen alles so bleiben wie es diesmal<br />
war.“ von den SchülerInnen mit einem Mittelwert von 2,1 zugestimmt, während<br />
die Aussage „Der Lehrer sollte dieses Projekt nicht mehr durchführen.“ mit<br />
einem Mittelwert von 4,5 klar abgelehnt wurde.<br />
Alles in allem kann das Pilotprojekt abschließend als insgesamt positiv<br />
bewertet werden. Dies gilt sowohl für die SchülerInnensicht als auch für die<br />
Leistungen der SchülerInnen der Interventionsgruppe (Projektklasse) im Vergleich<br />
zur auf Deutsch unterrichteten Kontrollgruppe. Eine Weiterführung legt<br />
sich somit nicht nur aufgrund der zunehmenden Bedeutung der englischen<br />
Sprachkompetenzen in Forschung und Wirtschaft nahe, sondern wurde zudem<br />
auch von den SchülerInnen selbst eindeutig befürwortet. Die durch die Evaluation<br />
aufgedeckte Schwäche bezüglich der Mühen, dem Unterricht folgen zu<br />
können, konnten mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Sprechgeschwindigkeit<br />
des Lehrers zurückgeführt werden. Diese Ursache kann – wenn sich der Lehrer<br />
aufgrund des Feedbacks seiner SchülerInnen (Evaluation) sich dieses Umstands<br />
bewusst wird – leicht behoben werden. Einer Fortführung dieses Projekt steht
194 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
damit zur Zeit nichts entgegen. Zu überlegen bleibt allenfalls, ob das Projekt<br />
auch auf geschriebenes Englisch in Form einfacher Publikationen – etwa in<br />
Form der Erstellungen von englischsprachigen Zusammenfassungen von Inhalten<br />
fachspezifischer Aufsätze – ausgedehnt werden sollte.<br />
6.2.3 ECDL-Einsatz an der Schule<br />
Ein weiteres MSS-Projekt betrifft die Evaluation des Einsatzes des Europäischen<br />
Computer Führerscheins (Eurpoean Computer Driving Licence, ECDL<br />
(bit media 2000). Bei den 91 TeilnehmerInnen handelte es sich um SchülerInnen<br />
eines Abendgymnasiums für Berufstätige der Ausbildungssemester 6, 7 und 8.<br />
39% waren Männer und 61% Frauen. Die Altersstruktur zeigte folgendes Bild:<br />
7% unter 21 Jahre, 28% zwischen 21 und 30 Jahren, 43% zwischen 31 und 40<br />
Jahren und 21% über 40 Jahre. Alle TeilnehmerInnen erhielten jeweils eine<br />
ECDL-CD-Rom zum Selbststudium ausgehändigt. Es war u.a. das Ziel des Projekts,<br />
zu überprüfen, inwieweit die ECDL-CD-Roms von den TeilnehmerInnen<br />
als sinnvoll und hilfreich erachtet wurden bzw. herauszufinden, wo Schwächen<br />
liegen, um, einen späteren Einsatz optimieren zu können. Über die Ergebnisse<br />
berichten Riffert und Eckstein im Abschlussbericht (2001); hier können nur ein<br />
paar wenige Details herausgegriffen werden.<br />
100%<br />
90%<br />
80%<br />
70%<br />
60%<br />
50%<br />
40%<br />
30%<br />
20%<br />
10%<br />
0%<br />
0<br />
50<br />
42<br />
68<br />
14<br />
8 9<br />
9 12<br />
sehr gut gut mittelmässig (sehr) schlecht<br />
73<br />
12<br />
3<br />
24<br />
55<br />
15<br />
6<br />
sehr verbessert<br />
verbessert<br />
kaum verbessert<br />
nicht verbessert<br />
Abb. 32: Computerkenntnisse vor der Maßnahme (Kategorien der X-Achse)<br />
und der Wissenszuwachs durch das ECDL-Projekt. (Y-Achse) (N=91)<br />
Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die Erfahrungen der SchülerInnen mit<br />
dem Produkt als durchwegs positiv erwiesen. Es zeigt sich erwartungsgemäß,<br />
dass bei denjenigen, die angaben, dass ihre PC-Kenntnisse bereits vor dem
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 195<br />
ECDL-Einsatz hoch waren, ein ‚ceiling-Effekt’ auftritt: wer schon vor dem<br />
ECDL-Einsatz ‚sehr gut’ war, profitierte natürlich von ECDL-CD-Rom nicht<br />
mehr sehr viel, dennoch sprechen immerhin 50% von einer Verbesserung. Bei<br />
jenen, die vorher ‚gut’ waren haben sich mehr als zwei Drittel verbessert, 9%<br />
sogar sehr verbessert. Jene Probanden, die sich vorher als mittelmäßig eingestuft<br />
haben, profitieren von der EDCL-CD-Rom am deutlichsten: 73% verbessern<br />
sich und 12% verbessern sich sehr. Bei der Gruppierung mit (sehr) schlechten<br />
Kenntnissen vor Beginn der Maßnahme konnten sich sogar ein Viertel sehr verbessern,<br />
weitere 55% zumindest sichtlich verbessern. (siehe Abbildung 32)<br />
Diese Ergebnisse zeigen, dass insbesondere die Gruppierungen mit geringen<br />
EDV-Kompetenzen mit der CD-Rom ein Selbstlernprodukt erhileten, das es<br />
ihnen ermöglichte, ihre Kenntnisse deutlich zu verbessern. Wenn man unterstellt,<br />
dass der ECDL nicht für die Weiterbildung von SpezialistInnen, sondern<br />
für den/die ‚DurchschnittsverbraucherIn’ mit wenig vorhandenen Vorkenntnissen<br />
entwickelt wurde, so belegen diese Ergebnisse, dass diese Zielsetzung<br />
sehr gut erreicht wird. Dieses Bild, das sich aus der Selbsteinschätzung der<br />
SchülerInnen ergibt wird auch dadurch gestützt, dass bereits am Ende des<br />
Schuljahres relativ viele SchülerInnen (ca. 30%) Prüfungen über Teilbereiche<br />
des ECDL großteils erfolgreich abgelegt hatten (vgl. Tabelle 31).<br />
angetreten und angetreten, aber noch nicht<br />
Kurse:<br />
bestanden nicht bestanden angetreten<br />
EDV Grundlagen 30 1 69<br />
Windows 98 31 0 69<br />
Word 2000 30 1 69<br />
Excel 2000 29 1 70<br />
Access 2000 30 1 69<br />
PowerPoint 2000 27 1 71<br />
Internet 29 1 70<br />
Tab. 31: Absolvierte Prüfungen und Prüfungserfolg bei den einzelnen Kursen<br />
(in Prozent)<br />
Es wurde auch der Frage nachgegangen, ob sich in der Gruppe derjenigen, die<br />
zumindest bereits eine Prüfung absolviert hatten, eine andere Bewertung der<br />
ECDL-CD-Rom zeigte. Werden diese Personen etwa gefragt, wie sie die Vorbereitung<br />
auf die ECDL-Prüfung durch die ECDL-CD-Rom wahrgenommen<br />
haben, geben 26% an, dass die Vorbereitung auf die Prüfung durch die ECDL-<br />
CD-Rom sehr gut gewesen wäre, 56% haben die Vorbereitung als gut bezeich-
196 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
net. 15% bewerteten sie als mittelmäßig. Die Bewertung der ECDL-CD-Rom<br />
durch jene, die ihre damit erworbenen Kenntnisse bereits einmal in einer Prüfungssituation<br />
beweisen mussten, ist demnach ebenfalls sehr positiv: über vier<br />
Fünftel, nämlich 82%, bewerteten die Vorbereitung auf die Prüfung als gut bis<br />
sehr gut. Dies stellt ein Indiz dafür dar, dass die Selbsteinschätzung des Lernzuwachses<br />
seitens der AnwenderInnen realistisch wiedergegeben wurde. Nur<br />
3% gaben an, dass die Vorbereitung auf die Prüfung durch das Arbeiten mit der<br />
ECDL-CD-Rom schlecht gewesen wäre, keine/r (0%) hielt sie für sehr schlecht.<br />
Überprüft man zusätzlich noch, ob es einen Zusammenhang zwischen den<br />
PC-Kenntnissen vor dem ECDL-Einsatz und dem Antritt bzw. Nicht-Antritt zur<br />
ECDL-Prüfung gibt, so zeigen sich keine signifikanten Korrelationen. Das bedeutet,<br />
dass nicht vermehrt SchülerInnen zu den Prüfungen angetreten sind, die<br />
bereits vor dem Studium der ECDL-CD-Rom über gute PC-Kenntnisse verfügten.<br />
Betrachtet man die Zusammenhänge zwischen PC-Kenntnissen vor dem<br />
ECDL-Einsatz und der Bewertung der Frage, ob die Arbeit mit der ECDL-CD-<br />
Rom eine gute Prüfungsvorbereitung war, so zeigt sich sogar, dass sich tendenziell<br />
jene besser auf die Prüfung vorbereitet fühlten, die vor dem ECDL-Einsatz<br />
ihre eigenen PC-Kenntnisse als mittelmäßig bzw. schlecht einschätzten, als jene,<br />
die ihre PC-Kenntnisse vor dem ECDL-Einsatz als sehr gut bzw. gut einschätzten.<br />
Ähnlich positiv liegen auch die Angaben zur Zufriedenheit mit der ECDL-<br />
CD-Rom insgesamt und mit einzelnen ECDL-Teilkursen. (Vgl. Tabelle 32) 82%<br />
geben an, dass sie mit der ECDL-CD-Rom insgesamt zufrieden waren (sehr<br />
zufrieden: 41%, eher zufrieden 41%). 15% sind nur mittelmäßig zufrieden, und<br />
nicht zufrieden sind nur 2%. Die Zufriedenheit mit den einzelnen Teilkursen<br />
weist in dieselbe Richtung: die Zufriedenheit liegt zwischen 89% (Windows 98<br />
und Word 2000) und 70% (Access 2000). Zudem wurden die negativen Kategorien<br />
kaum für Bewertung genutzt.<br />
Kurse: sehr eher mittelmäßig kaum gar nicht<br />
EDV-Grundlagen 46 41 10 3 0<br />
Windows 98 48 41 9 2 0<br />
Word 2000 55 34 9 2 0<br />
Excel 2000 52 35 12 2 0<br />
Access 2000 34 36 24 6 0<br />
PowerPoint 2000 36 40 22 2 0<br />
Internet 40 35 21 5 0<br />
Tab. 32: Zufriedenheit mit den einzelnen ECDL-CD-Rom-Kursen (in Prozent)
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 197<br />
Die auf der ECDL-CD-Rom mitgelieferten Kursmaterialien wurden von 14% als<br />
zu wenig ausführlich, von 78% als genau richtig und von 8% als zu ausführlich<br />
bewertet.<br />
Zusammenfassend ließen sich also durchwegs erfreuliche Resultate nachweisen,<br />
die sich über die hier nur exemplarisch angeführte Auswahl hinaus auch<br />
auf Bereiche wie Anwenderfreundlichkeit, Design und Lernzuwachs erstreckten.<br />
Insgesamt weisen die erhobenen Ergebnisse darauf hin, dass Schulen mit<br />
dem ECDL ein Medium zur Verfügung stehen könnte, das es erlaubt, SchülerInnen<br />
Basisfertigkeiten am PC mit einem vergleichsweise geringen Zeitaufwand<br />
an Betreuung durch die LehrerInnen zu vermitteln.<br />
Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den TeilnehmerInnen<br />
dieser Studie um teilweise bereits ‚ältere Semester’ und zudem relativ<br />
motivierte und aktive AbendschülerInnen gehandelt hat und dass daher<br />
Verallgemeinerungen insbesondere auf jüngere SchülerInnen nur sehr behutsam<br />
vorgenommen werden können. Weitere MSS-Einsätze sind daher vor einer endgültigen<br />
Bewertung des ECDL als Selbstlernmedium für jüngere SchülerInnen<br />
unverzichtbar.<br />
Schließlich soll auch noch kurz auf das Hauptdefizit des ECDL hingewiesen<br />
werden. Es handelt sich hierbei um die soziale Isolation beim Lernen und die<br />
fehlende Möglichkeit, sich unmittelbar Rückmeldungen von LehrerInnen bzw.<br />
KollegInnen zu holen. Einerseits ermöglicht die Bearbeitung der CD-Rom zwar<br />
den Lernenden eine große Flexibilität, da sie immer lernen können, wann es für<br />
sie passt, andererseits aber wird genau dieser Vorteil auch durch den Nachteil<br />
einer gewissen Isolation erkauft. So geben immerhin 38% der Befragten an, dass<br />
es frustrierend ist, wenn man beim Arbeiten mit der ECDL-CD-Rom mit<br />
niemandem über auftauchende Probleme reden kann. Dementsprechend geben<br />
41% an, dass ihnen das Gespräch mit KollegInnen beim Arbeiten mit der<br />
ECDL-CD-Rom nicht abgegangen wäre, wohingegen 39% dies verneinen (mittlere<br />
Antwortkategorie: 19%). Und immerhin ein Viertel der Befragten (26%)<br />
gibt an, dass sie ungern mit dem ECDL gearbeitet hätten, weil ihnen die direkte<br />
Rückmeldung durch andere (LehrerIn, LehrgangsleiterIn, Mitstudierende) gefehlt<br />
hat (Ablehnung: 39%). Dieser Befund weist darauf hin, dass Präsenzphasen,<br />
in denen etwa aufgetretene Probleme direkt mit LehrerInnen und KollegInnen<br />
besprochen und diskutiert werden können, für eine nicht gerade kleine<br />
Anzahl von SchülerInnen sehr wichtig sind. Es kann vermutet werden, dass dies<br />
insbesondere für jüngere SchülerInnen in einem noch größeren Ausmaß der Fall<br />
sein könnte.
198 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Stellt das Angebot, sich per E-mail-Kontakt in den asynchronen (On-line-)<br />
Phasen die nötige Rückmeldung bzw. Hilfestellung zu besorgen, aus Schüler-<br />
Innensicht eine brauchbare Alternative zur synchronen Zusammenarbeit (in den<br />
Präsenzphasen) dar? Es zeigt sich, dass lediglich 10% von dieser Möglichkeit<br />
oft bis sehr oft Gebrauch gemacht haben, bei Fragen mit LehrerInnen bzw.<br />
KursleiterInnen Kontakt aufzunehmen (selten bis nie: 74%.). Ähnliches gilt für<br />
die Möglichkeit sich per E-mail mit MitschülerInnen/LehrgangsteilnehmerInnen<br />
in Verbindung zu setzen, um aufgetretene Probleme gemeinsam zu lösen: sie<br />
wurde aber nur von 11% genutzt.<br />
An diesen Ergebnissen zeigt sich ganz deutlich, dass das E-mail als Ersatz<br />
für direkte (synchrone) Betreuung durch Lehrpersonen oder Diskussionsmedium<br />
mit KollegInnen nur marginal genutzt wurde. Das war die einzige feststellbare<br />
Schwäche des ECDL, die bei dieser Erhebung zu Tage trat. Für künftige ECDL-<br />
Einsätze wurde daher den Schulen empfohlen, Präsenzphasen einzurichten, in<br />
denen SchülerInnen miteinander und mit ihren LehrerInnen Erfahrungen mit der<br />
ECDL-CD-Rom austauschen und aufgetretene Probleme lösen können. Zusätzlich<br />
sollte eine explizite Einschulung in den Gebrauch des E-mails für Fragen an<br />
die Lehrkräfte und KollegInnen durchgeführt werden. Diese soll die offensichtliche<br />
Hemmschwelle gegenüber dieser Informationsquelle abbauen helfen.<br />
Die durchgeführte MSS-Erhebung hat dazu beigetragen, einerseits die<br />
Qualität des ECDL-Konzepts zu belegen und andererseits mögliche Schwächen<br />
(Fehlen des direkten sozialen Kontakts) aufzudecken. Dadurch können auf der<br />
ZME-Basis punktgenaue Verbesserungsschritte gesetzt werden, um dieses Defizit<br />
zu minimieren. Diese Erkenntnisse können durchaus auch für andere Schulen<br />
von Nutzen sein, die versuchen wollen, die Attraktivität ihrer Schule durch ein<br />
ECDL-Angebot zu erhöhen.<br />
6.2.4 Verbesserung des Informationsflusses an der Schule<br />
Im Zuge der MSS-Erhebung an einem großen Gymnasium stellte sich heraus,<br />
dass sowohl die Eltern als auch das LehrerInnenkollegium den mangelnden<br />
Informationsfluss seitens der Schulleitung als ein zentrales Problem der Schule<br />
angaben: Dass der Informationsfluss gut sei, wurde lediglich von 33% der LehrerInnen<br />
behauptet. Nur 60% aller LehrerInnen gaben an, dass sie rechtzeitig<br />
von Entscheidungen, die sie betreffen, erfahren würden. Die Schulleitung griff<br />
dieses Thema sofort auf, um evtl. Spannungen, die durch das empfundene Informationsdefizit<br />
ausgelöst worden waren und die das Klima unter den LehrerInnen<br />
offenbar schon länger belasteten, zu beseitigen. Es wurde eine Arbeitsgruppe<br />
‚Erhöhung von Transparenz und Informationsfluss’ gebildet, welche die beste-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 199<br />
henden ‚Informationskanäle’ an dieser Schule kritisch auf Verbesserungsmöglichkeiten<br />
hin analysierte. Mittels ZME-Methode wurde deutlich herausgearbeitet,<br />
dass beispielsweise die Homepage stärker als Informationsdrehscheibe<br />
genutzt werden könnte. Zumindest – so die einhellige Meinung – die ‚Bringschuld<br />
der Schulleitung’ könne auf diesem Weg eingelöst werden. Ob und in<br />
welchem Ausmaß dieses neue Informationskonzept seitens der Schulpartner<br />
genutzt wird, kann erst eine Nachfolgeevaluation klären. Dieser erste Schritt zur<br />
stärkeren Einbindung moderner Kommunikationsstrukturen für den schulinternen<br />
Informationsfluss hatte auch Auswirkungen auf die Eltern dieser Schule:<br />
angeregt durch die Initiative der LehrerInnen entschlossen sich auch die Verantwortlichen<br />
im Elternverein die neuen Medien stärker zu nutzen. Sie sammelten<br />
die Email-Adressen der Eltern und verschickten die Elterninformationen auch<br />
auf diesem Weg. Dadurch konnte der – wie sich in der Vergangenheit immer<br />
wieder gezeigt hatte – ‚unsichere Weg’ des Elternbriefs über die Kinder zu den<br />
Eltern bei einem Großteil der Eltern durch den verlässlicheren, elektronischen<br />
Weg (Mails) ergänzt werden. Ob die Informationen nun zeitgerechter registriert<br />
werden und somit eine bessere Kommunikationsstruktur zwischen den Eltern<br />
ermöglicht wurde, kann ebenfalls nur eine weitere Evaluationsstudie zeigen.<br />
6.2.5 Akzeptanz der Hausordnung<br />
In einer Allgemeinbildenden Höheren Schule zeigte sich bei einer MSS-Erhebung,<br />
dass nur 15% der LehrerInnen die Einschätzung teilten, dass sich die<br />
SchülerInnen an die (überarbeitete) Hausordnung halten würden. Andererseits<br />
brachten 87% der LehrerInnen zum Ausdruck, dass ihnen die Einhaltung der<br />
Hausordnung sehr wichtig sei. Zugleich gaben aber auch drei Viertel aller<br />
LehrerInnen an, dass die Einhaltung der Hausordnung seitens der LehrerInnen<br />
nicht konsequent durchgesetzt werden würde. Auf LehrerInnenseite war also der<br />
Umgang mit der Hausordnung ebenfalls äußerst uneinheitlich. Ob diese Inkonsequenz<br />
seitens der LehrerInnen bei den SchülerInnen möglicherweise zu Verwirrung<br />
geführt haben mag, beziehungsweise dazu, dass der Eindruck entstand,<br />
dass die Hausordnung ohnehin nicht so wichtig sei, kann nur vermutet werden.<br />
Die Resultate der SchülerInnenbefragung bestätigten aber auf alle Fälle, dass<br />
nur 20% aller SchülerInnen der Aussage „Ich kenne die Hausordnung.“ sehr und<br />
weitere 22% tendenziell zustimmten. Dies alles zeigte sehr deutlich, dass die<br />
Hausordnung an dieser Schule zum Thema für die Schulentwicklung werden<br />
musste.<br />
Natürlich konnten die ersten Veränderungsmaßnahmen nicht bei den Regelverstößen<br />
durch die SchülerInnen ansetzen, wie dies von einigen LehrerInnen
200 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
sofort gefordert wurde. Zunächst musste an der Schule ein Diskussionsprozess<br />
unter den LehrerInnen gestartet werden, um sich untereinander auf eine einheitliche<br />
Linie bezüglich ‚konsequenter Einmahnung’ der Hausordnungsregeln zu<br />
einigen. Dies war, wie sich zeigen sollte, kein einfacher Prozess, da auch unter<br />
den LehrerInnen eine breite Streuung von Ansichten darüber vorlag, was an der<br />
Schule zu den unverzichtbaren Regeln für das alltägliche Zusammenleben<br />
gehören sollte: Sollen SchülerInnen etwa auf dem Boden herum lümmeln<br />
dürfen? Sollen sie Kaugummi kauen dürfen? Warum eigentlich nicht – so einige<br />
LehrerInnen -, wo die SchülerInnen doch sogar für das nachweislich extrem<br />
schädliche Rauchen eine ‚Ecke’ zugestanden bekommen hatten. Ein Kaugummiverbot<br />
– so die GegnerInnen – würde die LehrerInnenschaft vor diesem<br />
Hintergrund der Lächerlichkeit Preis geben. Zudem tauchte auch noch die Frage<br />
auf, ob diese Regeln für alle zu gelten hätten – also auch für die LehrerInnen<br />
und nicht nur für die SchülerInnen. Dürfen LehrerInnen Kaugummi kauen?<br />
Müssen auch LehrerInnen Hausschuhe tragen?<br />
Nachdem man sich mit Mühe auf einen Minimalkonsens geeinigt hatte,<br />
wurde die neue Hausordnung mit den gewählten SchülerInnenvertreterInnen besprochen<br />
und über diese den SchülerInnen zur Kenntnis gebracht. Jede/r<br />
SchülerIn hatte zudem durch Unterschrift deutlich zu machen, dass er den Inhalt<br />
der neuen Hausordnung kannte.<br />
In der ein Jahr später durchgeführten Zweiterhebung stieg die Zahl der SchülerInnen,<br />
welche die Hausordnung kannten, von 42% auf 73%. Dies kann als<br />
Erfolg gewertet werden – auch wenn nach wie vor jede/r vierte SchülerIn bei<br />
dieser anonymen Befragung angab, die Hausordnung noch immer nicht zu<br />
kennen. Natürlich bleibt an dieser Schule bezüglich Hausordnung noch einiges<br />
zu tun, wenn man nicht wieder in die alten Zustände zurückfallen will. Es kann<br />
vermutet werden, dass durch ein anderes Vorgehen bei der Erstellung der neuen<br />
Hausordnung – nämlich duch die Einbindung der SchülerInnen und Eltern –<br />
eine höhere Akzeptanz hätte erreicht werden können. Dies stellt für diese Schule<br />
auch eine wichtige Erkenntnis für künftige Schulprojekte dar.<br />
6.2.6 LehrerInnen-Eltern-Interaktion: Besprechungszimmer<br />
In einem Gymnasium wurde im Zuge einer MSS-Erhebung neben vielen<br />
zentralen Themen bei einer ‚unscheinbaren Frage’ zu Funktionsräumen unerwartet<br />
häufig von allen drei Personengruppen zu einem Raum Stellung genommen,<br />
der in dieser Schule für Einzelgespräche zwischen LehrerInnen und Eltern<br />
genutzt wird. Etliche Eltern haben diesen Raum als ‚Loch’, als ungastlich und<br />
unfreundlich bezeichnet. Selbst einige LehrerInnen versahen ihn mit Kommen-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 201<br />
taren wie „in diesem düsteren Raum möchte ich nicht einmal begraben sein“<br />
oder „das Zimmer ist fürchterlich“. Wissen, das latent vorhanden war, wurde<br />
explizit gemacht und schriftlich im Abschlussbericht dokumentiert. Der daraus<br />
resultierende Handlungsbedarf wurde sofort und klar erkannt. Es bedurfte nur<br />
verhältnismäßig wenig Engagements, um mit vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand,<br />
diesen Raum, der als Nahtstelle des Eltern-LehrerInnen-Kontakts<br />
diente, zu verändern. Eine kleine Gruppe von LehrerInnen wurde von der<br />
Steuergruppe beauftragt, nach Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem zu<br />
suchen. Schon beim ersten Treffen dieser Gruppe wurde eine Lösung erarbeitet:<br />
Das geräumigere Kopierzimmer, das sonnseitig und ruhiger gelegen war, wurde<br />
zum neuen ‚LehrerInnen-Eltern-Begegnungszimmer’ umfunktioniert und somit<br />
die beiden Funktionsräume einfach getauscht. Das neue Interaktionszimmer ist<br />
wesentlich heller, wurde durch Vorhänge, Blumenstöcke, selbst gemalte Bilder<br />
und Keramiken von SchülerInnen dieser Schule einladend gestaltet und somit<br />
atmosphärisch stark aufgewertet. Der Kopierer wurde in das alte Besprechungszimmer<br />
verlegt. Diese kleine aber deutliche Veränderung seitens der Schule<br />
stellte ein erstes und wichtiges Signal auch an alle anderen Personengruppen,<br />
insbesondere aber an die Eltern, dar, dass die erhobenen Beanstandungen ernst<br />
genommen und Veränderungen eingeleitet werden. Ein motivational wichtiger<br />
‚quick win’.<br />
6.2.7 Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen<br />
In einer anderen AHS wurde vom Elternverein in die MSS-Erhebung als zentraler<br />
Punkt eingebracht, dass seitens einzelner Eltern immer wieder einmal die<br />
Schulveranstaltungen (Schikurs, Wienwoche etc.) der Schule beanstandet wurden,<br />
da die Kosten das Familienbudget zu sehr belasten würden. Da derartige<br />
Kritik seitens einzelner Eltern nur gelegentlich zum Ausdruck gebracht wurde,<br />
andererseits aber die ElternvertreterInnen unsicher waren, ob hinter diesen wenigen<br />
expliziten Äußerungen vielleicht doch eine nicht unbedeutende Anzahl von<br />
Eltern verborgen sein könnte, die sich zu keiner offenen Kritik aufraffen konnte<br />
oder wollte, sollte daher im Zuge des MSS-Einsatzes erhoben werden, wie die<br />
Eltern die finanzielle Belastung durch die Schulveranstaltungen einschätzen. So<br />
wurde in den MSS-Fragebogen dieser Schule auch eine Frage nach der ‚finanziellen<br />
Schmerzgrenze’ der Familien bezüglich Schulveranstaltungen mit aufgenommen.<br />
Diese erhobene Grenze lag deutlich unter den Erwartungen des Elternvereins.<br />
Es war aufgrund der familiären Finanzknappheit folglich nicht verwunderlich,<br />
dass einige SchülerInnen ausgerechnet bei diesen das Klassenklima för-
202 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
dernden Schulveranstaltungen nicht teilnehmen und stattdessen in einer Parallelklasse<br />
die Schulbank drücken mussten, und dadurch unter Umständen genau<br />
jene SchülerInnen mit schwachem sozio-ökonomischen Hintergrund zusätzlich<br />
stigmatisiert wurden. Die Erhebungsergebnisse erlaubten es den ElternvertreterInnen<br />
zu erörtern, ob etwa durch die generelle Reduktion der Schikurswoche<br />
um einen Tag, oder durch die Streichung eines Schikurses dem Limit des<br />
finanziell Verschmerzbaren näher zu kommen wäre. Andererseits war es auch<br />
möglich, aufgrund der genauen Erhebung den finanziellen Unterstützungsbedarf<br />
seitens des Elternvereins zu bestimmen.<br />
Im Schutz der Anonymität fällt es offenbar auch Eltern leichter, ehrliche Angaben<br />
zu ihren finanziellen Möglichkeiten und Grenzen zu machen, da sie nicht<br />
stigmatisiert werden. Für einen Elternverein ist es durch den Einsatz dieses Moduls<br />
möglich, auch die Bezuschussungsformalitäten bei einzelnen SchülerInnen<br />
bzw. deren Familien auf Basis der genau erhobenen Daten zu überdenken.<br />
6.2.8 Mittagessen an der Schule<br />
An einer anderen MSS-Schule gibt es einen hohen Anteil an SchülerInnen, die<br />
mit dem Bus zur Schule kommen und nachmittags Unterricht haben. Von den<br />
140 Eltern haben sich 100 dafür ausgesprochen, eine Lösung zu suchen, dass die<br />
SchülerInnen bereits in der Schule ein Mittagessen einnehmen können, ein<br />
Wunsch, der auch von LehrerInnen und SchülerInnen unterstützt wurde. Um<br />
eine breite Resonanz zu finden, galt es im Rahmen der MSS-Untersuchung unter<br />
anderem herauszufiltern, wie hoch die maximale finanzielle Belastung für die<br />
Eltern sein durfte, damit sie sich ein derartiges Angebot überhaupt leisten<br />
konnten. 70% der Eltern konnten sich mit einem Preis von zwei bis drei Euro<br />
anfreunden. Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe – bestehend aus Schulleitung,<br />
Eltern und LehrerInnen – daran, den Wunsch unter Beachtung der finanziellen<br />
und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen in die Realität umzusetzen.<br />
6.2.9 VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen<br />
In Österreich gibt es an manchen Schulen sogenannte ‚VertrauenslehrerInnen’<br />
oder ‚OmbudslehrerInnen’, die den SchülerInnen als erste Anlaufstellen bei Problemen<br />
dienen sollen. An einer <strong>Salzburg</strong>er AHS sollte zunächst mit dem MSS<br />
eruiert werden, ob die VertrauenslehrerInnen an dieser Schule den SchülerInnen<br />
bekannt sind und wie häufig von diesem Angebot Gebrauch gemacht wurde.<br />
Darüber hinaus sollte an dieser Schule mit dem MSS erhoben werden, ob neben
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 203<br />
den VertrauenslehrerInnen auch noch ein Bedarf an VertrauensschülerInnen<br />
besteht.<br />
Im Zuge der Befragung stellte sich zur großen Überraschung der LehrerInnen<br />
heraus, dass nur 39% aller SchülerInnen wussten, wer zum Erhebungszeitpunkt<br />
die VertrauenslehrerInnen an dieser Schule waren. Es zeigte sich wieder<br />
einmal die Notwendigkeit, pädagogisch-psychologische Hilfestellungen, die<br />
diese Schule anbietet, der Zielgruppe – im konkreten Fall den eigenen AHS-<br />
SchülerInnen – ins Bewusstsein zu bringen. Es wurde daher eine kleine Informationskampagne<br />
gestartet, welche die VertrauenslehrerInnen und den Zweck<br />
dieses Angebots den SchülerInnen bekannt machen sollte. In der MSS-Untersuchung<br />
ein Jahr später kannten zumindest 54% aller SchülerInnen ihre VertrauenslehrerInnen.<br />
Das ist zwar ein positives Resultat, es bleibt aber trotzdem<br />
noch einiges an schulinterner Informationsarbeit zu leisten.<br />
Das Einsetzen von VertrauensschülerInnen – zusätzlich zu den VertrauenslehrerInnen<br />
– wurde von SchülerInnenseite mehrheitlich gefordert: Bei der Ersterhebung<br />
haben neben den SchülernInnen aber auch 71% der Eltern und 74%<br />
der LehrerInnen zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Idee begrüßten.<br />
Knapp jede/r zehnte SchülerIn (9%) hatten bei der Ersterhebung angegeben,<br />
ein aktuelles Problem zu haben, das sie mit einem/r VertrauenslehrerIn besprechen<br />
wollten und 10% hatten ein Problem für eine Erörterung mit einem/r<br />
VertrauensschülerIn. Aufgrund dieses Ergebnisses wurden VertrauensschülerInnen<br />
ausgewählt und bekamen eine Basisausbildung für ihren Aufgabenbereich.<br />
Bei der MSS-Erhebung im darauf folgenden Schuljahr zeigte sich, dass<br />
von den SchülerInnen immerhin 4% die VertrauenslehrerInnen und 6% die VertrauensschülerInnen<br />
in Anspruch genommen hatten. Eine Analyse zeigte ferner,<br />
dass VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen von unterschiedlichen<br />
SchülerInnen – in Abhängigkeit auch vom Alter – und mit unterschiedlichen<br />
Problemstellungen konsultiert werden. Zumindest für diese Schule erwies sich<br />
daher die propagierte ‚Sowohl-als-auch-Strategie’ von VertrauenslehrerInnen<br />
und -schülerInnen als durchaus sinnvoll.<br />
6.2.10 Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’<br />
Abendgymnasien für Berufstätige haben in der Schullandschaft eine Sonderstellung:<br />
Sie werden vorwiegend von motivierten Personen besucht. Die SchülerInnen<br />
können zudem oft auf mehrere Jahre Berufserfahrung zurückblicken.<br />
Andererseits stellen Abendschulen auch für Jugendliche, welche die klassische<br />
Schulkarriere abgebrochen haben, eine wichtige, oft letzte Wiedereinstiegsmöglichkeit<br />
dar. Die Klassen sind somit eher heterogen zusammengesetzt und vieles
204 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
in der Schulorganisation folgt anderen Anforderungen als in den traditionellen<br />
allgemeinbildenenden oder berufsbildenden Höheren Schulen: Einerseits brauchen<br />
die Eltern dieser (erwachsenen) SchülerInnen nicht mehr berücksichtigt zu<br />
werden, andererseits sind Berufstätige zeitlich nur begrenzt zusätzlich (z.B. mit<br />
Hausübungen) belastbar. Zudem stehen die Abendschulen in Österreich in den<br />
letzten Jahren zunehmend in einem stärkeren Konkurrenzkampf mit Berufsförderungs-<br />
und Wirtschaftsförderungsinstituten, die Berufsreifeprüfungen und<br />
Studienberechtigungsprüfungen in Kurssystemen anbieten. Diese Kurssysteme<br />
sind teilweise kostengünstiger und weniger zeitaufwändig als der Besuch eines<br />
mehrjährigen Abendgymnasiums. Vor allem aufgrund dieses wachsenden Konkurrenzdrucks<br />
und der sich daraus ergebenden existenziellen Bedrohung kooperiert<br />
ein Abendgymnasium seit einigen Jahren in unregelmäßigen Abständen<br />
mit dem MSS-Team. Es wird seitens der Schule unter anderem versucht, in der<br />
Öffentlichkeitsarbeit neue Wege zu beschreiten und die Vorteile der Abendschule<br />
(gegenüber dem Kurssystem der Konkurrenz) hervorzuheben. Zu diesem<br />
Zweck wurde auch eine AbsolventInnenbefragung konzipiert. Sie sollte zeigen,<br />
dass sich ehemalige AbendschülerInnen an der Schule wohl gefühlt hatten und<br />
sehr gut betreut worden wären. Darüber hinaus sollte erhoben werden, wie gut<br />
die ehemaligen SchülerInnen der Schule mit den Herausforderungen an der <strong>Universität</strong><br />
und im Berufsleben zurechtgekommen seien. Man erhoffte sich – aufgrund<br />
vorangegangener unsystematischer Rückmeldungen – ein positives Resultat.<br />
Jeweils rund 90% der AbsolventInnen gaben zum Bereich ‚Schulklima’ an,<br />
dass sie sich an der Schule und in ihrer Klasse wohl gefühlt hätten. 95% gaben<br />
sogar an, dass sie diese Schule wiederbesuchen würden, wenn sie noch einmal<br />
vor dieser Entscheidung stünden.<br />
Zusätzlich sollte versucht werden, die Schulorganisation stärker an die Bedürfnisse<br />
der Klientel anzupassen. Daher wurde von der Steuergruppe ein neues<br />
Konzept ausgearbeitet mit weit reichenden Folgen für das Schulprofil. Um<br />
sicherzugehen, dass es auch auf Seiten der SchülerInnen auf Akzeptanz stoßen<br />
würde, wurde das MSS-Team mit einer Befragung der SchülerInnen zu diesem<br />
Thema beauftragt.<br />
Das neue Organisationskonzept sieht unter anderem eine Flexibilisierung des<br />
Schulbesuchs und der Schuldauer vor: Die SchülerInnen sollen auf einer sogenannten<br />
‚Überholspur’ (bei entsprechender anrechenbarer Vorleistung in einem<br />
oder mehreren Fächern) ein Semester überspringen können. Andererseits solle<br />
es auch möglich sein, auf eine ‚Kriechspur’ auszuweichen, ohne die Schule abbrechen<br />
zu müssen, wenn in einem Semester weniger Zeit für die Abendschule<br />
zur Verfügung steht. Auf diese Weise wird eine höhere Flexibilität bei der Er-
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 205<br />
stellung der individuellen Stundenpläne zu realisieren versucht, die den SchülerInnen<br />
entgegen kommt. Um die Schule attraktiver und zeitgemäßer zu machen,<br />
sollen laut Konzept auch zusätzliche neue Wahlfächer (z.B: Präsentationstechniken,<br />
Kommunikations- und Konflikttraining) angeboten werden.<br />
Bei der Erhebung musste ausgelotet werden, welche Zeitressourcen bei den<br />
SchülerInnen prinzipiell vorhanden sind, um die angesprochene Flexibilisierung<br />
auch organisatorisch sinnvoll durchführen zu können. Der MSS-Fragebogen<br />
wurde so konzipiert, dass ein umfassendes Meinungsbild der betroffenen SchülerInnen<br />
zum neuen Konzept erhoben werden konnte; die Ergebnisse sollten als<br />
Basis für die weiteren Entscheidungen dienen.<br />
Die Resultate ergaben folgendes Bild: 41% der SchülerInnen würden im<br />
wöchentlichen Stundenausmaß Veränderungen vornehmen, 43% andere Fächerkombinationen<br />
zusammenstellen. Nur ein Drittel würde die Schule nach dem<br />
‚alten Konzept’ abschließen wollen. Im ersten Semester würden rund 60% die<br />
Fächer Informatik sowie Lern- und Präsentationstechniken in ihren Stundenplan<br />
aufnehmen. Die Einführung des ‚neuen Konzepts’ würde offenbar von einem<br />
Großteil der SchülerInnen angenommen werden. Auch in der AbsolventInnenbefragung<br />
sollten einige Aspekte des ‚neuen Konzepts’ thematisiert werden, um<br />
dieses retrospektiv bewerten zu lassen: Wie sehr hätten die AbsolventInnen die<br />
Neuerungen im Konzept als Vor- bzw. Nachteil erlebt? Die AbsolventInnen bestätigten<br />
im Wesentlichen die Einschätzungen der aktiven SchülerInnenpopulation<br />
– insbesondere die Einführung der neuen Fächer, die Möglichkeit der vorgezogenen<br />
Reifeprüfung sowie die freizügigere Stundenplangestaltung wurden<br />
begrüßt.<br />
In absehbarer Zeit wird es voraussichtlich zu einer neuerlichen MSS-Erhebung<br />
kommen, wenn die SchülerInnen mit der praktischen Umsetzung des Konzepts<br />
ausreichend Erfahrungen sammeln konnten. Allfällige Nachjustierungen<br />
sollten wiederum auf empirischer Datenbasis erfolgen. Derzeit arbeitet die<br />
Schule daran, Öffentlichkeitsarbeit für ihr Konzept zu betreiben. Die Steuergruppe<br />
‚Schulentwicklung’ hat den Kontakt zum MSS-Team weiterhin aufrechterhalten.<br />
Sie koordiniert die Erarbeitung des umfassenden Schulprogramms.<br />
Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den angeführten<br />
Beispielen in diesem Kapitel nur um eine kleine Auswahl handelt. Durch<br />
den MSS-Einsatz in Gang gesetzte Schulentwicklungsprojekte erstrecken sich<br />
auch auf sehr komplexe Maßnahmen wie etwa die Bildungszielanalyse, Etablierung<br />
eines LehrerInnenfeedbacksystems und der Entwicklung von neuen<br />
Schulzweigen. (vgl. PASCHON 2003, PASCHON & RIFFERT 2004)
206 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 207<br />
7. Nachwort: ‚Quick Wins’ und ‚Everlasting<br />
Struggles’<br />
Schulentwicklung und die damit unverzichtbar zusammenhängende Evaluation,<br />
die Auskunft darüber gibt, ob bzw. wie weit die einzelnen Entwicklungsziele erreicht<br />
wurden, sind, wie die vorangegangenen Abschnitte dieses Buchs gezeigt<br />
haben, sehr anspruchsvolle Aufgaben. Die Betroffenen – Schulleitung, LehrerInnen,<br />
Eltern und SchülerInnen – wurden auf diese neue Herausforderung mit<br />
all ihren vielfältigen Facetten (Ethik, Motivation, Ressourcen, Überprüfung der<br />
Ergebnisse) bislang (zu) wenig vorbereitet und gingen daher manchmal nicht<br />
mit großer Professionalität an diese anspruchsvolle Aufgabe heran. Darüber hinaus<br />
stellt die Schulentwicklung als neue Aufgabe eine zusätzliche Arbeit für<br />
LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern dar. Dies alles kann zu Frustrationen<br />
führen, die den in der Schulentwicklungsbegleitung tätigen BeraterInnen und<br />
TrainerInnen gut bekannt sind.<br />
Wie lässt sich die Motivation für diese neue Aufgabe steigern? Ist das<br />
überhaupt möglich? Dieter DÖRNER hat diesbezüglich in seinem auch für alle an<br />
Schulentwicklungsprozessen Beteiligten sehr lesenswerten Buch, Logik des<br />
Misslingens – Strategisches Denken in komplexen Situationen, auf eine alte<br />
lerntheoretische Erkenntnis hingewiesen: der Mensch ist so angelegt, dass er<br />
Anforderungen an sich nicht scheut, sondern diese unter bestimmten Umständen<br />
sogar als überaus reizvoll empfinden kann: „Allerdings müssen die Anforderungen<br />
bestimmte Bedingungen erfüllen. Es darf der Erfolg weder zu gewiss,<br />
noch zu ungewiss sein. Wenn der Erfolg zu gewiss ist, macht die ganze Geschichte<br />
keinen Spaß. Wenn der Erfolg überhaupt nicht eintritt, so ist das Ganze<br />
zu frustrierend. Situationen aber, die ungefähr eine mittlere Erfolgsrate haben,<br />
werden von Menschen als sehr spannend und sehr interessant empfunden: sie<br />
beschäftigen sich gern lange und intensiv mit solchen Aufgaben.“ (DÖRNER<br />
2002, S. 91) Zwar ist Schulentwicklung kein Spiel mit unterschiedlich wählbaren<br />
Schwierigkeitsstufen, aber es gibt dennoch Möglichkeiten im Schulentwicklungsprozess<br />
tendenziell strukturierend und steuernd auf die Erfolgsrate<br />
einzuwirken.<br />
Hier hilft eine grobe Unterscheidung zwischen ‚quick wins’ und ‚everlasting<br />
struggles’ weiter. Zwar ist der Schulentwicklungsprozess selbst niemals abgeschlossen,<br />
also ein ‚everlasting struggle’, da sich die Umwelt mit ihren Herausforderungen<br />
an die konkreten Schulen permanent verändert, aber trotzdem oder<br />
gerade deshalb sollte man darauf achten, den Schulentwicklungsprozess mit
208 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
leicht(er) erreichbaren Zielen zu beginnen und in der Folge auch immer wieder<br />
zu ‚garnieren’. So kommt man in den Genuss von ‚quick wins’.<br />
‚Quick wins’ sind Erfolge, die sich schnell einstellen und die dadurch zur<br />
Weiterarbeit, auch an schwierigeren und/oder längerfristigeren Zielsetzungen<br />
motivieren. In der Regel ist bei ‚quick wins’ die Zielrealisierung zudem für<br />
jederfrau gut erkennbar und damit nachvollziehbar. ‚Quick wins’ liegen häufig<br />
(aber nicht immer!) Ziele zugrunde, die äußerlicher Natur sind, d.h. Ziele deren<br />
Erreichen nicht die Modifikation eigener Einstellungen, eigenen Denkens,<br />
eingeschliffener Handlungsroutinen oder gar zentraler Wertvorstellungen bedürfen,<br />
sondern häufig in der Veränderung von Räumen, deren Ausstattung etc. bestehen.<br />
Einige Beispiele aus der MSS-Praxis haben dies bereits illustriert (vgl.<br />
6.5); abschließend seien noch einige weitere aufgelistet: Anbringen von Garderobenschränken<br />
für die SchülerInnen, qualitative und/oder quantitative Verbesserung<br />
des Angebotes im Schulbuffet, Aufstellen eines Getränkeautomaten,<br />
frühere Öffnung der Schule für FahrschülerInnen, Anschaffung bzw. Aufstellen<br />
von PCs in den Pausenräumen etc. Die Erreichung solcher Ziele erfordert in der<br />
Regel relativ wenig Aufwand und zeigt, dass der Schulentwicklungsprozess zu<br />
positiven Veränderungen führen kann. Das motiviert.<br />
Selbstverständlich kann parallel zu einer als ‚quick win’ gedachten Zielsetzung<br />
auch noch eine mittelfristige Aufgabenstellung in Angriff genommen<br />
werden. Solche Zielsetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zur Realisierung<br />
einen längeren Zeitraum benötigen und auch in alltägliche Handlungsroutinen<br />
verändernd eingreifen. Die Palette ist auch hier breit und natürlich von<br />
Schule zu Schule sehr unterschiedlich: Durchführung eines Auslandsprojekts<br />
(Sprachwoche, interkulturelles Lernen etc.), Einführung eines neuen Fachs<br />
(Sozialerziehung, Rhetorik und Präsentationstechniken etc.) oder Zusatzangebots<br />
(Fremdsprachenzertifikat, Europäischer Computerführerschein, Schauspielschulung,<br />
Schach etc.), Erprobung neuer Unterrichtstechniken etc.<br />
Schließlich gibt es auch noch sehr anspruchsvolle Ziele, die eines längeren<br />
Realisierungszeitraums bedürfen: ‚everlasting struggles’. Dazu gehören unter<br />
anderem die Einführung eines neuen Schulzweigs (der evtl. auf Kosten eines<br />
oder einiger Fächer und zugunsten anderer geht), Festlegung eines einheitlichen<br />
Beurteilungsschemas durch die jeweilige Fachgruppe, eines kontinuierlichen<br />
Unterrichtsfeedbacks durch Eltern und SchülerInnen, die Etablierung eines<br />
Schulparlaments etc. Es muss hier nicht besonders darauf hingewiesen werden,<br />
dass bei diesen Aufgaben Werthaltungen eine wesentlich wichtigere Rolle<br />
spielen als bei kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen. Aber natürlich ist auch<br />
der Schulentwicklungsprozess selbst, der in Gang gehalten werden will und der
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 209<br />
von Zeit zu Zeit einer Metaevaluation durch die Schulbehörde unterzogen<br />
werden muss, ein ‚ever lasting struggle’ um Wertrealisierung.<br />
Um die Frustrationen bei der Schulentwicklungsarbeit möglichst zu vermeiden<br />
oder zumindest gering zu halten, werden nun abschließend in loser Folge<br />
noch ein paar ‚rules of thumb’ aufgelistet. Zu bedenken ist dabei freilich auch,<br />
dass diese Daumen-Mal-Pi-Regeln zwar häufig gelten, aber eben nicht immer<br />
und nicht unter allen Umständen:<br />
• Klären Sie vor Beginn des Schulentwicklungsprozesses genau, was die<br />
Aufgaben und die Kompetenzen des Schulentwicklungsteams sind. Es wird<br />
dem besten Team schnell die Lust an der Arbeit vergehen, wenn erreichte<br />
Kompromisse, Zielfestlegungen, Maßnahmenerarbeitungen etwa in einer<br />
Konferenz von anderen KollegInnen oder anderen Personengruppen (Eltern,<br />
SchülerInnen), die nicht aktiv in der Schulentwicklungsgruppe mitarbeiten,<br />
unterminiert und konterkariert werden. Hier ist insbesondere die Schulleitung<br />
gefordert. Sie muss klar und deutlich signalisieren, dass sie hinter dem<br />
engagierten Schulentwicklungsteam steht. Dies kann etwa dadurch geschehen,<br />
dass sie in einer Konferenz explizit darauf hinweist, dass jeder<br />
Kollege, jede Kollegin, jeder Schüler, jede Schülerin und jeder Elternteil<br />
eingeladen ist an einem konstruktiven Schulentwicklungsprozess zum Wohle<br />
der gesamten Schule teilzunehmen und sich rechtzeitig mit Vorschlägen, aber<br />
auch Befürchtungen einzubringen. Jede nachträgliche Sabotierung von durch<br />
die am Schulentwicklungsprozess beteiligten Personen erarbeiteten Ergebnissen<br />
wird dadurch bereits im Vorfeld entgegengewirkt.<br />
• Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Die zur Verfügung stehenden zeitlichen,<br />
finanziellen und persönlichen Ressourcen sind selbst bei den engagiertesten<br />
Beteiligten meist nur sehr begrenzt vorhanden. Sie ersparen sich so, auf halber<br />
Strecke und nach halb getaner Arbeit aufgeben zu müssen. Stecken Sie<br />
sich daher anfangs und auch zwischendurch immer wieder Ziele, die mit<br />
wenig Aufwand realisierbar sein. Vergessen Sie als den Motivationsfaktor<br />
‚quick wins’ nicht!<br />
• Setzen Sie sich – gerade am Beginn des Schulentwicklungsprozesses an Ihrer<br />
Schule – überschaubare Ziele, die auch ‚in Ihrer Macht’ liegen. Das ZME-<br />
Schema (siehe: Kapitel 4) wird Ihnen diesbezüglich eine wertvolle Hilfe<br />
sein!<br />
• Achten Sie darauf, dass Sie sich anfangs Ziele setzen, die möglichst wenig<br />
kontrovers sind – sowohl innerhalb der einzelnen Personengruppen aber<br />
auch zwischen diesen Gruppen. Eine multiperspektivisch angelegte MSS-
210 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Ersterhebung bietet diesbezüglich hervorragende Dienste als verlässliche<br />
Ausgangsbasis!<br />
• Vergessen Sie nicht, die anzustrebenden, wie auch die bereits erreichten Ziele<br />
zu kommunizieren, sodass möglichst viele KollegInnen, SchülerInnen und<br />
Eltern davon erfahren und über den aktuellen Stand Bescheid wissen.<br />
• Genießen Sie ausgiebig Ihre ‚Gipfelsiege’ in der kleinen aufgabenspezifischen<br />
Arbeitsgruppe, im Schulentwicklungsteam oder in der ganzen Schule<br />
und ‚feiern’ Sie diese auch entsprechend!<br />
• Bedenken Sie bei der Planung von Zielrealisierungen immer gleich von<br />
Anfang an mit, wie Sie die Zielerreichung evaluieren wollen und v.a.<br />
können! Das Erreichen eines Ziels sollte für jederfrau klar erkennbar sein.<br />
Nehmen Sie sich unbedingt Zeit dafür, konkrete und eindeutig nachvollziehbare<br />
Zielerreichungskriterien festzulegen. (Vgl. 4.2.3).<br />
• Scheuen Sie sich nicht davor, am Schulprogramm Veränderungen vorzunehmen,<br />
wenn Sie neue Aufgaben als wichtiger erkennen oder sich gesetzte<br />
Ziele als nicht realisierbar erweisen. Das Schulprogramm ist für die am<br />
Schulprozess beteiligten Personen da und nicht umgekehrt!<br />
Wenn Sie sich an diese Faustregeln halten, wird Ihnen so manche Frustration bei<br />
der Schulentwicklungsarbeit erspart bleiben. Viel Erfolg!
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 211<br />
Der Modulpool in seiner jeweils aktuellen Form ist über<br />
das MSS-Team und gegen Bezahlung eines Unkostenbeitrags<br />
als CD-ROM erhältlich. Die einzige Bedingung die<br />
das MSS-Team an diese kostengünstige Option knüpft, ist<br />
die Verpflichtung, die erhobenen Daten dem MSS-Team<br />
anonymisiert zur Verfügung stellen, damit der Modulpool<br />
fortlaufend verbessert werden kann. Dies kommt letztendlich<br />
allen Schulen wieder zu Gute!<br />
Kontaktadresse des MSS-Teams:<br />
Dr. Franz Riffert<br />
tel. 0662/8044-4219<br />
email: Franz.Riffert@sbg.ac.at<br />
homepage: http://sbg.ac.at/erz/people/riffert.htm<br />
Dr. Andreas Paschon<br />
Tel. 0662/8044-4241<br />
email : Andreas.Paschon@sbg.ac.at<br />
homepage: http://sbg.ac.at/erz/people/paschon.htm<br />
beide:<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong><br />
Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät<br />
Fachbereich Erziehungswissenschaft und Kultursoziologie<br />
Abteilung für Erziehungswissenschaft<br />
Akademiestraße 26<br />
A-5020 <strong>Salzburg</strong>
212 Franz Riffert & Andreas Paschon
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 213<br />
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Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 219<br />
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<strong>Salzburg</strong>: Eigenvervielfältigung.
220 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
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226 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Abbildungsverzeichnis:<br />
Abb. 1: Qualitätssicherungsmaßnahmen im Schulbereich ............................................... 24<br />
Abb. 2: Grundmuster der Evaluation ................................................................................. 29<br />
Abb. 3: Komponenten des „umfassenden Schulprogramms“ .......................................... 37<br />
Abb. 4: Zusammenspiel von Schulleitbild, -profil und –entwicklungsplan in der<br />
Schul(programm)entwicklung............................................................................... 40<br />
Abb. 5: Dimensionen des MSS-Analysewürfels................................................................ 61<br />
Abb. 6: Mögliche Aspekte der drei Modulwürfel-Dimensionen ....................................... 62<br />
Abb. 7: Modulwürfel: Sieben ausgewählte Modulwürfel.................................................. 63<br />
Abb. 8: Die neun Schritte eines idealtypischen Ablaufs eines MSS-Einsatzes. ................ 81<br />
Abb. 9: Grundstruktur der TOTE-Feedback-Schleife...................................................... 101<br />
Abb. 10: Darstellung des TOTE-Schemas mit seinen Rückkoppelungsphasen................. 102<br />
Abb. 11: ZME-Schema: eine effiziente Methode für die Schulentwicklungsarbeit104<br />
Abb. 12: Schematische Darstellung eines idealtypischen Evaluationseinsatzes mit dem<br />
MSS..................................................................................................................... 117<br />
Abb. 13: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse im Vergleich zur Abnahme von<br />
Wohlfühlen in der Schule unter Berücksichtigung des Wiederbesuchs<br />
wunsches; Basis: alle MSS-Schulen................................................................... 121<br />
Abb. 14: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse im Vergleich zur Abnahme von<br />
Wohlfühlen in der Schule unter Berücksichtigung des Wiederbesuchs<br />
wunsches; Basis: MSS-Schule 803 ................................................................... 122<br />
Abb. 15: Klassenauswertung von Item S047_101<br />
„Ich fühle mich in meiner Klasse wohl“ (Schule 804)........................................ 124<br />
Abb. 16: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚umfassende Allgemeinbildung’ .................... 154<br />
Abb. 17: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’ ....................... 155<br />
Abb. 18: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Computerfertigkeiten erlernen’ ................... 155<br />
Abb. 19: Wahrnehmung der Aggressionen an der Schule durch die SchülerInnen. ......... 165<br />
Abb. 20: Physische Gewalt an der MSS-Schule: Gegenüberstellung von ‚Opfern‘ und<br />
‚Tätern‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen. ............................................................ 166<br />
Abb. 21: SchülerInnenbewertung der Aussage: ”Ich kann das Projekt<br />
‚Soziales Lernen’ weiterempfehlen.“ ..................................................... 175<br />
Abb. 22: Das Projekt ‚Soziales Lernen’ aus der Elternperspektive .................................. 176<br />
Abb. 23: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte) über alle Schülerinnen und Schüler der 5C<br />
Klasse, aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul............................. 185
Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 227<br />
Abb. 24: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schülerinnen der 5C Klasse,<br />
aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul.......................................... 185<br />
Abb. 25: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schüler der 5C Klasse,<br />
aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul.......................................... 186<br />
Abb. 26: Soll-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse (Mittelwerte);<br />
aufsteigend nach den Soll-Werten der Mädchen im Metaphermodul................ 187<br />
Abb. 27: Ist-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse;<br />
aufsteigend nach Ist-Werten der Mädchen im Metaphermodul. ......................... 188<br />
Abb. 28: Projekt wird weiterempfohlen (Interventionsgruppe) ......................................... 192<br />
Abb. 29: Das Projekt war interessant (Interventionsgruppe) ............................................. 192<br />
Abb. 30: Mühe, dem Unterricht zu folgen; N=20 (Interventionsgruppe) .......................... 192<br />
Abb. 31: Projektwiederholung in anderen Klassen; N=20 (Interventionsgruppe)............. 192<br />
Abb. 32: Computerkenntnisse und der Wissenszuwachs durch das ECDL-Projekt .......... 194<br />
Tabellenverzeichnis:<br />
Tab. 1: Beispielformulierungen für Unter- und Oberstufe aus dem Modul<br />
‚Bildungsziele’ ...................................................................................................... 67<br />
Tab. 2: Auszug aus einem SchülerInnenfragebogen bestehend aus Items der Module<br />
028 (Transparenz) und 046 (Klassenklima) .......................................................... 70<br />
Tab. 3: MSS-Zielfestlegungen für die Schulpartner unter Beachtung des Zeitaspekts<br />
der Realisierung..................................................................................................... 86<br />
Tab. 4: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Originalbogen................................... 90<br />
Tab. 5: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Datenbasisbericht ............................. 91<br />
Tab. 6: Aufstellung der MSS-Schulen 1996-2002, Anzahl der Fragebögen,<br />
Versionen und Bogenlängen ................................................................................. 96<br />
Tab. 7: Metaevaluation der MSS-Fragebögen................................................................... 98<br />
Tab. 8: Auswahl von Statements zum „Wohlbefinden/Wiederbesuch“.......................... 120<br />
Tab. 9: Vergleich über acht MSS-Schulen: Prozentueller Anteil der SchülerInnen<br />
(getrennt nach Unter- und Oberstufe), die dem Item „Ich würde nach meinen<br />
bisherigen Erfahrungen dies Schule wiederbesuchen“ zustimmen..................... 123<br />
Tab. 10: Auswahl von Statements zum ‚Schul- und Klassenklima’ (S046)...................... 126<br />
Tab. 11: Manifeste Angst, 7 Items, Cronbach-α = .77 (N=2060) ..................................... 132<br />
Tab. 12: Prüfungsangst, 8 Items, Cronbach-α = .84 (N=2060) ......................................... 133<br />
Tab. 13: Schulunlust, 5 Items, Cronbach-α = .77 (N= 2060) ............................................ 133
228 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Tab. 14: Soziale Erwünschtheit, 5 Items, Cronbach-α = .59 (N=2060) ............................ 134<br />
Tab. 15: Dimensionen, Ausdrucksformen und Beispiele für aggressives Verhalten ........ 136<br />
Tab. 16: Auszug aus der Aggressions-Fragebatterie aus dem Modulpool (S101) ............ 139<br />
Tab. 17: Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM,<br />
10 Items, Cronbach-α =.88 (N=2687) ................................................................. 146<br />
Tab. 18: Schulbewältigungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach<br />
SCHWARZER und JERUSALEM, 7 Items, Cronbach-α =.82 (N=998) .................... 147<br />
Tab. 19: Soziale Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />
4 Items, Cronbach-α =.66 (N=1030) ................................................................. 147<br />
Tab. 20: Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON<br />
nach U. PETERMANN, 6 Items, Cronbach-α =.75 (N=2060)................................ 148<br />
Tab. 21: Zweck-Mittel-Skala von RIFFERT und PASCHON nach U. PETERMANN,<br />
7 Items, Cronbach-α =.85 (N=2048) ................................................................... 148<br />
Tab. 22: Schulleistungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />
5 Items, Cronbach-α =.78 (N=2590) ................................................................... 149<br />
Tab. 23: Schulveränderungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />
4 Items, Cronbach-α =.74 (N=2568) ................................................................... 149<br />
Tab. 24: Auszug aus dem Modul ‚Bildungsziele’ (S074) ................................................. 152<br />
Tab. 25: Auszug aus einer Musterauszählung im Modul ‚Bildungsziele’ (S074)............. 153<br />
Tab. 26: Muster für eine MSS-Rückmeldung im LehrerInnenfeedback ........................... 159<br />
Tab. 27: Typischer Aufbau einer Einheit im Sozialtraining.............................................. 170<br />
Tab. 28: Auswirkungen der Interventionsmaßnahme auf ‚Aggressionen’,<br />
‚Schulunlust’, ‚Prüfungsangst’, ‚Manifeste Angst’, ‚Selbstwirksamkeits-<br />
überzeugungen’. ................................................................................................. 173<br />
Tab. 29: Metaphermodul Ist-Soll-Vergleich...................................................................... 182<br />
Tab. 30: Testpunkte im Projekt ‚Englischsprachiger Unterricht’...................................... 191<br />
Tab. 31: Absolvierte Prüfungen und Prüfungserfolg bei den einzelnen Kursen ............. 195<br />
Tab. 32: Zufriedenheit mit den einzelnen ECDL-CD-Rom-Kursen ................................ 196
Aktueller Modulpool des MSS<br />
MMag. Dr Franz<br />
RIFFERT<br />
Mag. Dr. Andreas<br />
PASCHON<br />
Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />
Schulentwicklungsprojekten<br />
Stand:<br />
Juni 2005<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong><br />
Fachbereich<br />
Erziehungswissenschaft & Kultursoziologie<br />
Abteilung für Erziehungswissenschaft<br />
Akademiestraße 26<br />
A-5020 SALZBURG<br />
Tel.: 0662/8044-4241<br />
Fax.: 0662/8044-141<br />
e-mail: franz.riffert@sbg.ac.at oder andreas.paschon@sbg.ac.at<br />
S Schüler* L Lehrer* E Eltern<br />
1. Sozialstatistische Angabe S L E<br />
Allgemeine Angaben zur Person: S001 L001 E001<br />
• Geschlecht � � �<br />
• Alter, � � �<br />
• Muttersprache � � �<br />
• Fahrschüler � �<br />
• Raucher � � �<br />
• Klasse/n � � �<br />
• Schulstufe � � �<br />
• Religionszugehörigkeit � � �<br />
• Dienstjahre (insgesamt bzw. an dieser<br />
�<br />
Schule)<br />
• Beruf � �<br />
• Unterrichtsgegenstände �<br />
• Geschwister (insgesamt bzw. an dieser<br />
� �<br />
Schule)<br />
• Klassensprecher (ja, nein) �<br />
• Klassenvorstand (ja, nein) �<br />
• Zuständigkeit für schulische<br />
� �<br />
Angelegenheiten<br />
• Status: pragmatisiert, Praktikant, ... �<br />
• …<br />
© MSS 2005 229 Anhang A.1
230 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
* Aus Lesbarkeitsgründen werden im MSS-Pool die kürzeren, männlichen<br />
Formulierungen verwendet, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass<br />
diese als geschlechtsneutral zu verstehen sind.<br />
Anhang A.1<br />
230<br />
230 Anhang A.1
•<br />
2. Räumlichkeiten S L E<br />
Arbeitsplatzbedingungen S002 L002 E002<br />
Schulgebäude S003 L003 E003<br />
Klassenraum S004 L004 E004<br />
Bibliothek S005 L005 E005<br />
Turnhalle S006 L006 E006<br />
Garderobe S007 L007 E007<br />
Wanderklasse S008 L008 E008<br />
Konferenzzimmer S009 L009 E009<br />
Tee- bzw. Kaffeeküche S010 L010 E010<br />
Besprechungszimmer S011 L011 E011<br />
Physiksaal S012 L012 E012<br />
Chemiesaal S013 L013 E013<br />
Musiksaal S014 L014 E014<br />
Zeichensaal S015 L015 E015<br />
Handarbeitsraum S016 L016 E016<br />
Sprachlabor S017 L017 E017<br />
Computerraum S018 L018 E018<br />
Medienraum/Mediathek S019 L019 E019<br />
Aufenthaltsraum S020 L020 E020<br />
Pausenplatz S021 L021 E021<br />
Buffet S022 L022 E022<br />
Fahrradabstellplatz S023 L023 E023<br />
Parkplatz S024 L024 E024<br />
Raucherzimmer/-ecke S025 L025 E025<br />
Umbau/Zubau/Neubau/Sanierung S026 L026 E026<br />
Werkstätte S140 L140 E140<br />
Labor S141 L141 E141<br />
3. Schulorganisation S L E<br />
Hausordnung S027 L027 E027<br />
Transparenz des Informationsflusses S028 L028 E028<br />
Schulfest S029 L029 E029<br />
Schulveranstaltungen S030 L030 E030<br />
Fünf-Tage-Woche S031 L031 E031<br />
Lehrbehelfe (Bücher, Geräte) S032 L032 E032<br />
Administrator S033 L033 E033<br />
Stundenplaner S034 L034 E034<br />
Schulwart S035 L035 E035<br />
Schuldemokratie S036 L036 E036<br />
© MSS 2005 231 Anhang A.1
232 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) S037 L037 E037<br />
Klassensprecherkonferenzen S038 L038 E038<br />
Klassenkonferenz S039 L039 E039<br />
Elternabend S040 L040 E040<br />
Klassenabend S041 L041 E041<br />
Elternsprechtag und Sprechstunden S042 L042 E042<br />
Treffen der Schulentwicklungsgruppe S043 L043 E043<br />
Finanzen S044 L044 E044<br />
Gleichberechtigung & Diskriminierung S045 L045 E045<br />
Computer/Internet/Homepage S129 L129 E129<br />
Internat S142 L142 E142<br />
Schulküche/Ausspeisung S145 L145 E145<br />
Pausengestaltung S148 L148 E148<br />
Nachmittagsbetreuung S151 L151 E151<br />
Fernstudium S180 L180 E180<br />
Abendschule S181 L181 E181<br />
Fahrschüler S139 L139 E139<br />
Schülküche/Ausspeisung S145 L145 E145<br />
4. Schüler S L E<br />
Mitschüler – Klassenklima<br />
• Kooperation<br />
• Konkurrenz<br />
• Kontakte<br />
• Außenseiter<br />
S046 L046 E046<br />
Wohlbefinden<br />
• Schule<br />
• Klasse<br />
• Leistungsgruppe<br />
• Sprachteilungsgruppe<br />
• Wiederbesuch dieser Schule<br />
S047 L047 E047<br />
Außerschulische Freizeitgestaltung S048 L048 E048<br />
Klassensprecher S049 L049 E049<br />
Schüler-Schüler-Kontakte S050 L050 E050<br />
Schülerabsenzen S051 L051 E051<br />
Schüler-Bild (Stereotypien) S052 L052 E052<br />
Anhang A.1<br />
232<br />
232 Anhang A.1
5. Eltern S L E<br />
Elternverein S053 L053 E053<br />
Elternengagement an der Schule S054 L054 E054<br />
• ideell<br />
• finanziell<br />
• zeitlich<br />
Eltern-Eltern-Kontakt S055 L055 E055<br />
Eltern-Bild (Stereotypien) S056 L056 E056<br />
© MSS 2005 233 Anhang A.1
234 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
6. Lehrer S L E<br />
Ausbildung<br />
• fachspezifisch<br />
• pädagogisch<br />
S057 L057 E057<br />
Fortbildung S058 L058 E058<br />
Motivation S059 L059 E059<br />
Lehrer-Lehrer-Kontakte<br />
• Kooperation<br />
• Konkurrenz<br />
• „Klima“<br />
• Kontakte zu Fachkollegen<br />
• Kollegenbild<br />
S060 L060 E060<br />
Wohlbefinden<br />
• Schule<br />
• Klasse<br />
• Kollegium<br />
S061 L061 E061<br />
Klassenvorstand S062 L062 E062<br />
Bürokratie- und Verwaltungsaufwand S063 L063 E063<br />
Lehrer-Bild (Stereotypien) S064 L064 E064<br />
Konferenzen und Besprechungen S136 L136 E136<br />
7. Schulbehörde S L E<br />
Schulleitung/Direktor S065 L065 E065<br />
Landesschulinspektor S066 L066 E066<br />
8. Interaktionen S L E<br />
Schüler-Lehrer-Interaktion S067 L067 E067<br />
Schüler-Eltern-Interaktion S068 L068 E068<br />
Schüler-Direktor-Interaktion S069 L069 E069<br />
Lehrer-Eltern-Interaktion S070 L070 E070<br />
Lehrer-Direktor-Interaktion S071 L071 E071<br />
Lehrer-Landesschulinspektor-<br />
Interaktion<br />
S072 L072 E072<br />
Eltern-Direktor-Interaktion S073 L073 E073<br />
Kooperationen im Kollegium S135 L135 E135<br />
Anhang A.1<br />
234<br />
234 Anhang A.1
© MSS 2005 235 Anhang A.1
236 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
9. Unterricht & Bildung S L E<br />
Bildungsziele S074 L074 E074<br />
Neue Fächer S075 L075 E075<br />
Lehrpläne S076 L076 E076<br />
Behindertenintegration S077 L077 E077<br />
Disziplin S078 L078 E078<br />
Lehrstil S079 L079 E079<br />
Unterrichtsgestaltung<br />
• Fächerübergreifender Unterricht<br />
• offenes Lernen<br />
• Montessori, etc.<br />
• Gestaltungsmöglichkeiten<br />
S080 L080 E080<br />
Wunschklasse S081 L081 E081<br />
Begabungsfördernder Unterricht S131 L131 E131<br />
Motivationale Unterrichtsgestaltung S132 L132 E132<br />
Lernmotivation S133 L133 E133<br />
Beziehungen zwischen<br />
Geschlechtern/Rollenbilder<br />
S170 L170 E170<br />
10. Schulumfeld S L E<br />
Beziehung zu anderen Schulen S082 L082 E082<br />
Beziehung zu Vereinen S083 L083 E083<br />
Beziehung<br />
Institutionen<br />
zu gesellschaftspol. S084 L084 E084<br />
Beziehung zur (Lokal-)Presse S085 L085 E085<br />
Beziehung zur Wirtschaft S086 L086 E086<br />
Öffentlichkeitsarbeit S087 L087 E087<br />
Stadtteilarbeit S088 L088 E088<br />
Kulturelle<br />
Aktivitäten<br />
Einrichtungen und S089 L089 E089<br />
Sponsoring S090 L090 E090<br />
11. Spezialmodule S L E<br />
Schwierigkeiten beim Überstieg (1.<br />
Klasse)<br />
Anhang A.1<br />
S091 L091 E091<br />
236<br />
236 Anhang A.1
Warum Gymn./Hauptschule (1., 2., 3.<br />
Klasse)<br />
S092 L092 E092<br />
Gründe für Schulwechsel (4. Klasse) S093 L093 E093<br />
Gründe für Verbleib (4., 5., 6.,Klasse) S094 L094 E094<br />
Vorbereitung auf Matura (7., 8.<br />
Klasse)<br />
Vorbereitung auf Studium (7., 8.<br />
Klasse)<br />
S095 L095 E095<br />
S096 L096 E096<br />
© MSS 2005 237 Anhang A.1
238 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
12. Fragebatterien (F) und<br />
Skalen (S)<br />
Anhang A.1<br />
S L E<br />
Schulbewältigungsstrategien (F) S097 L097 E097<br />
Soziale Kompetenz (S) S098 L098 E098<br />
Selbstwirksamkeit (kurz: SE) (S)<br />
• Allgemeine SE (S)<br />
• Leistungs-SE (S)<br />
• Soziale SE (S)<br />
S099 L099 E099<br />
Erlernte Hilflosigkeit (S) S100 L100 E100<br />
Aggression<br />
• Gewalt in der Schule (F)<br />
• Aggressionen in Situationen (S)<br />
S101 L101 E101<br />
Angst<br />
• Schulangst-Faktoren (S)<br />
• Allgemein (S)<br />
S102 L102 E102<br />
Hausübungen - allg. (F) S103 L103 E103<br />
Leistungsbeurteilung - allg. (F) S104 L104 E104<br />
Leistungsfeststellung - allg. (F)<br />
• Schularbeiten (F)<br />
• Tests (F)<br />
• Prüfungen (F)<br />
• Mitarbeitsüberprüfung (F)<br />
S105 L105 E105<br />
Selbstkonzept (F) S106 L106 E106<br />
Zufriedenheit (F) S107 L107 E107<br />
Schul-Metapher (F) S127 L127 E127<br />
Soziale Unterstützung (F) S128 L128 E128<br />
Schulstress S134 L134 E134<br />
13. Schulentwicklung/-profil S L E<br />
Erwartungen & Befürchtungen S108 L108 E108<br />
Mitarbeit S109 L109 E109<br />
Unterstützung,<br />
Rahmenbedingungen<br />
• PI-Kurse<br />
• SCHILF<br />
• MSS, QIS, etc.<br />
Hilfen, S110 L110 E110<br />
238<br />
238 Anhang A.1
Ressourcen S111 L111 E111<br />
• Lehrer<br />
• Eltern<br />
• Absolventen<br />
Kompetenzen S112 L112 E112<br />
Defizite S113 L113 E113<br />
Stärken und Schwächen dieser<br />
Schule<br />
S114 L114 E114<br />
Liestaler Diagnosefragebogen S138 L138 E138<br />
© MSS 2005 239 Anhang A.1
240 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />
14. Schulleistung S L E<br />
Zukunftsrelevanz (alle Fächer) S115 L115 E115<br />
Beliebtheit (alle Fächer) S116 L116 E116<br />
Lernaufwand (alle Fächer) S117 L117 E117<br />
Nachhilfe (alle Fächer) S118 L118 E118<br />
Noten (alle Fächer) S119 L119 E119<br />
Begabung (alle Fächer) S120 L120 E120<br />
Lernschwierigkeiten (alle Fächer) S121 L121 E121<br />
Noten (alle Fächer) S122 L122 E122<br />
Feed-Back<br />
Fächer/Lehrer)<br />
an Lehrer (alle S123 L123 E123<br />
• gerecht, sympathisch, streng, verlangt zu<br />
viel, etc.<br />
Hausübungen (alle Fächer) S124 L124 E124<br />
Schularbeiten (alle Fächer) S125 L125 E125<br />
Zeitliche Belastung / Aufwand (alle<br />
Fächer)<br />
S126 L126 E126<br />
15. Schulqualität S L E<br />
Was ist eine gute Schule S137 L137 E137<br />
QIS (Qualität in Schulen) S152 L152 E152<br />
Praxisrelevanz S143 L143 E143<br />
Praktikum S144 L144 E144<br />
Drogen (Rauchen, Alkohol, etc.) S146 L146 E146<br />
Schwierigkeiten beim Schuleinstieg S147 L147 E147<br />
Stützkurse/Förderunterricht S149 L149 E149<br />
Schulsport/Turnen S150 L150 E150<br />
D: Schulleitermodul S Dir. E<br />
Personal D301<br />
Schülerfluktuation<br />
Repetentenquote<br />
&<br />
D302<br />
Konkurrenz zu anderen Schulen D303<br />
Selbstwirksamkeit für Direktoren (S) D304<br />
Leistungsorientierte Entlohnung D305<br />
Budget D306<br />
Anhang A.1<br />
240<br />
240 Anhang A.1
A: Absolventenmodul Abs. L E<br />
Sozialstatistische Angaben A201<br />
• Geschlecht, Alter, Maturajahrgang<br />
• Studium, Beruf, etc.<br />
Verbundenheit mit der Schule A202<br />
Vorbereitung für das Studium A203<br />
Vorbereitung auf das Leben A204<br />
Persönlichkeitsbildung A205<br />
Leistungsdruck aus späterer Sicht A206<br />
Lehrereinfluss A207<br />
Aufgaben und Zweck der Schule A208<br />
Soziale Dimension an der Schule A209<br />
Verbesserungsvorschläge A210<br />
0. Zuordnungscodes S L E<br />
• Fragebogennummer (Id.) � � �<br />
• Zahl-Buchstabenkombination (anonym) � � �<br />
• Schulcode (800 bis …) � � �<br />
• Typencode (S-L-E) � � �<br />
• Schulstufe, Klasse, etc. � � �<br />
• Final Motivation<br />
Qualitätscheck<br />
(Kontrollfrage)<br />
� � �<br />
© MSS 2005 241 Anhang A.1