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Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 1


2 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 3


4 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 5<br />

„When I say that school is the educational unit, I mean exactly what I say, no<br />

larger unit, no smaller unit. Each school must have the claim to be considered in<br />

relation to its special circumstances. The classifying of schools for some<br />

purposes is necessary. But no absolutely rigid curriculum, not modified by its<br />

staff, should be permissible.“<br />

(A. N. WHITEHEAD, 1967, S. 14)<br />

„Die Einzelschule ist Fokus und Handlungseinheit für die Qualitätsentwicklung<br />

im Bildungswesen. [...] Das Konzept der Qualitätsentwicklung als innerer<br />

Schulentwicklung beruht – was mitunter in Vergessenheit geraten zu sein<br />

scheint – nicht zuletzt auf Ergebnissen empirischer Schulleistungsstudien in den<br />

siebziger und achtziger Jahren. Diese Studien belegen im querschnittlichen Vergleich<br />

wie auch in Längsschnittanalysen den Einfluss schulspezifischer Lernbedingungen<br />

auf Lernergebnisse von Schülern.“<br />

(E. KLIEME, J. BAUMERT & K. SCHWIPPERT, 2000, S. 387)


6 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Für<br />

Maria,<br />

Simon<br />

und Alissa<br />

Franz<br />

Für<br />

Christina<br />

und Philipp<br />

Andreas


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 7<br />

Vorwort<br />

„Vom Wegn alloa wird d’Sau ned fett.“ („Vom Wiegen alleine wird das<br />

Schwein nicht fett.“) Natürlich stimmt diese alte Volksweisheit. Nur durch<br />

Messung, ohne jegliche Interventionsmaßnahme, wird sich üblicherweise in<br />

keinem Bereich etwas zum Besseren ändern. Andererseits, wer wüsste denn<br />

nicht auch gern „wia vui de Sau wegt, de wo ma kauft“ („wie viel das Schwein<br />

wiegt, das man kauft“)? Ohne Messung von Interventionsergebnissen, ohne<br />

Evaluation, bleibt es unklar, ob die gesetzten Maßnahmen zu den gewünschten<br />

Zielen geführt haben.<br />

Die Wirklichkeit des Schulalltags ist komplex und die im Rahmen der Schulentwicklung<br />

gesetzten Interventionen lassen sich nur schwer verlässlich<br />

„messen“. Noch schwieriger wird dies, wenn sich Schulen in Zeiten von schulautonomen<br />

Freiräumen sehr unterschiedlich entfalten.<br />

Das Entwicklungsteam des „Modulansatzes zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten“<br />

(kurz: MSS) legt mit diesem Buch ein über Jahre in der<br />

Praxis erprobtes, flexibles Evaluationskonzept vor, mit dem es möglich ist, die<br />

vielschichtige Wirklichkeit sich unterschiedlich entwickelnder Schulen verlässlich<br />

zu erfassen. Im Zentrum des MSS-Konzepts steht der Modulpool. Die<br />

einzelnen Module des Pools können situationsangemessen ausgewählt werden,<br />

um genau jene Themen zu beleuchten, die den Personengruppen (LehrerInnen,<br />

SchülerInnen, Eltern) der jeweiligen Schule zu einem bestimmten Zeitpunkt als<br />

besonders wichtig erscheinen. Ein “testing to the needs of the single school“ ist<br />

somit die Grundausrichtung des MSS.<br />

Der Zündfunke für das MSS-Projekt geht auf die Kooperation mit einer einzelnen<br />

Schule zurück: Helmut PLANK, 1996 Direktor am Gymnasium Braunau,<br />

hatte als erster den Mut, sich auf das erst in Entwicklung befindliche MSS-Evaluationskonzept,<br />

einzulassen, um verlässliche und relevante Daten für den<br />

Schulentwicklungsprozess an seiner Schule zu erheben. In der Zwischenzeit<br />

wurde der MSS elf Mal eingesetzt und insgesamt sind bislang über 8.000 Fragebögen<br />

(in jeweils schulspezifischen Varianten) ausgefüllt worden. Durch diesen<br />

praktischen Einsatz konnte das MSS-Konzept kontinuierlich optimiert werden.<br />

Wir möchten uns daher bei allen SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und Direktoren<br />

dieser Schulen für die Kooperationsbereitschaft bedanken. Dieser Dank geht<br />

auch an die Pädagogischen Institute in den Bundesländern <strong>Salzburg</strong> und<br />

Oberösterreich, die über die Finanzierung von Schilf-Veranstaltungen an den<br />

Schulen diese Projekte mitgetragen haben.


8 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Ein derartig umfangreiches Projekt kann nur in einem günstigen Arbeitsumfeld<br />

gelingen:<br />

Es war eine Anmerkung, die Josef THONHAUSER (1996, S. 422) in einem<br />

seiner Aufsätze gemacht hat, die vielleicht zum auslösenden Impuls für die Entwicklung<br />

des MSS wurde: die Forderung, die Aktionsforschung von der Mikroebene<br />

des Unterrichts auf die Mesoebene der Einzelschule zu heben – freilich<br />

unter Wahrung und Sicherstellung wissenschaftlicher Methodenstandards. Diese<br />

paradigmenverschmelzende Grundausrichtung zeichnet u. E. eine Stärke des<br />

MSS aus: das Ernstnehmen der Akteure in ihren Praxisbezügen bei gleichzeitiger<br />

Sicherung einer wissenschaftlichen Vorgangsweise.<br />

Von Jean-Luc PATRY haben wir vieles gelernt, was dem MSS in vielerlei<br />

Hinsicht zugute gekommen ist. Insbesondere seine Theorie der Situationsspezifität<br />

menschlichen Sozialverhaltens hat uns dazu angeregt, die einzelne Schule<br />

in ihrer konkreten, kontextabhängigen Entwicklungssituation zu sehen. Darüber<br />

hinaus hat er uns als langjähriger Institutsvorstand den Freiraum eröffnet, um<br />

konzentriert an der Entwicklung des MSS arbeiten zu können.<br />

Viele Einflüsse, die eine Arbeit prägen, ja vielfach erst möglich machen,<br />

bleiben vage, nicht exakt lokalisierbar. Ein derartig subtiler (und gerade deshalb<br />

besonders wirksamer?) Einfluss war und ist sicherlich in der Person Hans-Jörg<br />

HERBER und seinem Ansatz der Inneren Differenzierung gegeben. Er verstand es<br />

immer, uns zu motivieren, zu stützen und aufzubauen. Sein Ansatz der Inneren<br />

Differenzierung war zudem für uns Anregung, die komplexe Realität unterschiedlicher<br />

Schulen mittels unseres Konzeptes differenziert ins Blickfeld zu<br />

bringen.<br />

Ferdinand EDERS Arbeiten zum Schul- und Klassenklima haben ebenfalls die<br />

Entwicklung des MSS beeinflusst. Besonders danken wir ihm als Fachbereichsleiter<br />

dafür, dass er uns in der Schlussphase dieses Buchprojekts eine Studienassistentin<br />

als Mitarbeiterin zur Verfügung gestellt hat.<br />

Elke STÖCKL, die ursprünglich ein MSS-Forschungspraktikum absolviert<br />

hatte, hat in der Funktion als Studienassistentin die diffizile Aufgabe übernommen,<br />

den Modulpool gründlich zu überarbeiten. Großer Dank gebührt ihr<br />

darüber hinaus auch dafür, dass sie das Manuskript dieses Buchs sorgfältig<br />

Korrektur gelesen hat.<br />

Bei Stefan GMOSER bedanken wir uns herzlich für die Gestaltung der MSS-<br />

Homepage.<br />

Wir bedanken uns auch bei all jenen Studierenden, die in Forschungsseminaren<br />

wichtige Impulse zur Weiterentwicklung gesetzt haben.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 9<br />

Last but not least gilt unser Dank einer langjährigen Mitarbeiterin, die fast<br />

von Anfang an bei der Durchführung von MSS-Projekten mitgearbeitet hat:<br />

Kirstin Eckstein. Ihr Engagement, das kontinuierlich intensiver wurde, mündete<br />

schließlich in einer Diplomarbeit zum Thema MSS und in gemeinsamen Publikationen.<br />

Das nun vorliegende Buch stellt das (vorläufige) Endergebnis einer achtjährigen<br />

intensiven Arbeit dar. Diese Arbeit war in erster Linie eine fruchtbare<br />

Zusammenarbeit zwischen den beiden Autoren. Beide haben ihre Stärken eingebracht,<br />

sich ergänzt, korrigiert und somit viel voneinander gelernt! Die Projekte<br />

mit den einzelnen Schulen waren oft sehr zeitintensiv. Insbesondere unsere<br />

Familien waren davon betroffen. Deshalb gilt unser größter Dank unseren<br />

Frauen Maria und Christina, sowie unseren Kindern.<br />

Wir beschreiben in diesem MSS-Handbuch sowohl den Stellenwert des verlässlichen<br />

Messens, das von Zeit zu Zeit Aufschluss über Veränderungen gibt,<br />

als auch die Wichtigkeit der (schulinternen) Interventionsplanung und -durchführung,<br />

deren Zielerreichung im Zentrum der (Selbst-)Evaluation steht.<br />

Wir hoffen, dass das vorliegende Buch vielen Schulpartnern – LehrerInnen,<br />

SchülerInnen und Eltern – zum hilfreichen Begleiter im nicht immer einfachen<br />

Schulentwicklungsprozess wird.<br />

Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

<strong>Salzburg</strong>, Juli 2005


10 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 11<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Vorwort ................................................................................................................ 7<br />

Inhaltsverzeichnis.............................................................................................. 11<br />

1. Aktueller schulpolitischer Kontext ........................................................... 15<br />

1.1 Veränderte politische Landschaft............................................................................. 15<br />

1.2 Die Schule im Kontext der neuen Herausforderungen............................................. 15<br />

1.3 Gesetzlicher Rahmen für Schulentwicklung............................................................ 17<br />

1.3.1 Die 14. Novelle des Schulorganisationsgesetzes ............................................. 18<br />

1.3.2 Der Lehrplan 2000 ........................................................................................... 18<br />

1.3.3 Lehrplan 2000 und 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz: Dissonanz.... 20<br />

1.4 Die Neuverteilung der Verantwortlichkeiten durch die Schulautonomie ................ 22<br />

2. Evaluation ................................................................................................... 27<br />

2.1 Definition, Arten und Funktionen von Evaluation................................................... 27<br />

2.1.1 Wissenschaftliche Definition ........................................................................... 27<br />

2.1.2 Arten von Evaluation ....................................................................................... 30<br />

2.1.3 Voraussetzung der Wirksamkeit von Evaluation............................................. 35<br />

2.2 Evaluation im Schulentwicklungsprozess................................................................ 36<br />

2.2.1 Das Schulprogramm......................................................................................... 36<br />

2.2.2 Funktionen der Evaluation im Schulentwicklungsprozess............................... 41<br />

2.2.3 Einflussfaktoren effektiver Evaluation............................................................. 45<br />

2.2.4 Vorteile wissenschaftlich fundierter Evaluation in der Schulentwicklung ...... 49<br />

3. Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten... 53<br />

3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen.................................................................... 53<br />

3.1.1 Empirisch-analytisches Paradigma .................................................................. 53<br />

3.1.2 Das Paradigma der Aktionsforschung.............................................................. 54<br />

3.1.3 Konkurrenz oder Kooperation?........................................................................ 58<br />

3.2 Die MSS-Konzeption ............................................................................................... 60<br />

3.2.1 Der MSS-Analysewürfel.................................................................................. 61<br />

3.2.2 Der Modulpool ................................................................................................. 64<br />

3.2.2.1 Themen......................................................................................................... 65<br />

3.2.2.2 Am Schulprozess beteiligte Personengruppen ............................................. 71<br />

3.2.2.2.1 LehrerInnen ............................................................................................ 71<br />

3.2.2.2.2 SchülerInnen........................................................................................... 71<br />

3.2.2.2.3 Eltern ...................................................................................................... 72<br />

3.2.2.2.4 Schulpartnerschaft als gelebter Diskurs ................................................. 74


12 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

3.2.2.3 Methoden...................................................................................................... 74<br />

3.2.2.3.1 Fragebogen............................................................................................. 74<br />

3.2.2.3.2 Weitere Erhebungsmethoden im Überblick ........................................... 75<br />

3.2.2.3.2.1 Interview.......................................................................................... 75<br />

3.2.2.3.2.2 Beobachtung.................................................................................... 77<br />

3.2.2.3.2.3 Test.................................................................................................. 79<br />

3.2.2.3.2.4 Diskussion ....................................................................................... 79<br />

3.2.3 MSS-Einsatzablauf........................................................................................... 80<br />

3.2.4 Vertrag.............................................................................................................. 88<br />

3.2.5 Ergebnisrückmeldung....................................................................................... 89<br />

3.2.6 Metaevaluierung des MSS ............................................................................... 95<br />

4. ZME – Eine Methode zur Schulentwicklungsarbeit mittels MSS....... 101<br />

4.1 TOTE-Schleife und ZME-Schema......................................................................... 101<br />

4.2 Das ZME-Schema im Detail .................................................................................. 105<br />

4.2.1 Problemformulierung ..................................................................................... 105<br />

4.2.2 Zielformulierung ............................................................................................ 110<br />

4.2.3 Überprüfbarkeit der Zielerreichung ............................................................... 112<br />

4.2.4 Festlegung der Realisierungssituation............................................................ 113<br />

4.2.5 Überprüfung der Auswirkungen der Zielverwirklichung............................... 114<br />

4.2.6 Zusätzlich nötige Hilfen und Ressourcen....................................................... 115<br />

4.2.7 Verbliebene Hindernisse und Barrieren ......................................................... 115<br />

4.2.8 Arbeitsaufteilung............................................................................................ 116<br />

5. Beispiele aus dem Modulpool .................................................................. 119<br />

5.1 Modul: Wohlbefinden ............................................................................................ 119<br />

5.2 Modul: Schul- und Klassenklima........................................................................... 125<br />

5.3 Modul: Angst, Prüfungsangst, Schulunlust............................................................ 128<br />

5.3.1 Angst und Schulleistung................................................................................. 129<br />

5.3.2 Skalen zur Messung von Angst...................................................................... 131<br />

5.4 Modul: Aggression................................................................................................. 134<br />

5.4.1 Der Aggressionsbegriff .................................................................................. 135<br />

5.4.2 Aggressives Verhalten und die Folgen........................................................... 137<br />

5.4.3 Erfassung von Aggressionen mittels MSS..................................................... 138<br />

5.5 Modul: Selbstwirksamkeit...................................................................................... 141<br />

5.5.1 Das Konzept der Selbstwirksamkeit .............................................................. 141<br />

5.5.2 Selbstwirksamkeit und Schule ....................................................................... 142<br />

5.5.3 Skalen zur Erfassung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen ...................... 145<br />

5.6 Modul: Bildungsziele ............................................................................................. 150<br />

5.7 Modul: Individualfeedback für LehrerInnen.......................................................... 157<br />

5.7.1 Das Feedbackmodul – Inhalte und Auswertungsmöglichkeiten.................... 157<br />

5.7.2 Einsatzzweck und Fallstricke......................................................................... 160


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 13<br />

6. Fallbeispiele: Schulentwicklung auf MSS-Basis.................................... 163<br />

6.1 Einführung eines Sozialtrainings ........................................................................... 163<br />

6.1.1 Diagnostische Ersterhebung mittels MSS...................................................... 163<br />

6.1.2 Diskussion und Entscheidung für das Fach ‚Sozialtraining’ ......................... 167<br />

6.1.3 Trainingsaufbau, Inhalte und Durchführung.................................................. 169<br />

6.1.4 Evaluation des Pilotprojekts........................................................................... 171<br />

6.1.4.1 Evaluationsdesign....................................................................................... 171<br />

6.1.4.2 Ergebnisse .................................................................................................. 172<br />

6.1.5 Abschließende Bemerkungen......................................................................... 177<br />

6.2 Weitere Fallbeispiele im Überblick........................................................................ 178<br />

6.2.1 Metapher-Modul............................................................................................. 178<br />

6.2.1.1 Was sollen und können Metaphern in der Schulentwicklung? .................. 179<br />

6.2.1.2 Das Metaphernmodul und sein Einsatz...................................................... 180<br />

6.2.1.3 Schulentwicklung mittels Metaphernmodul............................................... 183<br />

6.2.2 Englischsprachiger Fachunterricht................................................................. 188<br />

6.2.2.1 Englisch in Studium und Beruf .................................................................. 188<br />

6.2.2.2 Projektbeschreibung................................................................................... 189<br />

6.2.2.3 Evaluationsergebnisse ................................................................................ 190<br />

6.2.3 ECDL-Einsatz an der Schule.......................................................................... 194<br />

6.2.4 Verbesserung des Informationsflusses an der Schule .................................... 198<br />

6.2.5 Akzeptanz der Hausordnung .......................................................................... 199<br />

6.2.6 LehrerInnen-Eltern-Interaktion: Besprechungszimmer ................................. 200<br />

6.2.7 Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen........................................ 201<br />

6.2.8 Mittagessen an der Schule.............................................................................. 202<br />

6.2.9 VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen...................................... 202<br />

6.2.10 Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’........................................... 203<br />

7. Nachwort: ‚Quick Wins’ und ‚Everlasting Struggles’.......................... 207<br />

Literatur ........................................................................................................... 213<br />

Anhang:<br />

A.1 Modulpoolliste<br />

A.2 MSS-Mustervertrag<br />

A.3 Musterbogen einer Schule: SchülerInnen<br />

A.4 Musterauswertung einer Schule: SchülerInnen-Datenbasisbericht<br />

A.5 Musterbogen der Schule 807: Eltern<br />

A.6 Musterbogen der Schule 807: LehrerInnen<br />

A.7 Musterbogen der Schule 807: SchülerInnen<br />

A.8 Musterbogen eines LehrerInnenfeedbacks<br />

A.9 Begleitschreiben mit MSS-Durchführungsinstruktion in den Klassen


14 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 15<br />

1. Aktueller schulpolitischer Kontext<br />

1.1 Veränderte politische Landschaft<br />

Seit den 80er Jahren zeichnete sich eine immer schneller vor sich gehende Veränderung<br />

der Gesellschaft und damit auch der Parteienlandschaft in Österreich<br />

ab. Überkommene Wertvorstellungen wurden zunehmend in Frage gestellt und<br />

dementsprechend flexibilisierte sich auch das WählerInnenverhalten. Traditionelle<br />

Institutionen – von den etablierten christlichen Kirchen bis hin zum Österreichischen<br />

Gewerkschaftsbund – verloren an Zuspruch und damit Einfluss in<br />

der Gesellschaft. Der lange Zeit viel gepriesene ‚österreichische Weg’ der<br />

‚Sozialpartnerschaft’, der aus den leidvollen Erfahrungen des Ständestaates und<br />

der Anschlusszeit entstanden war, scheint immer brüchiger zu werden.<br />

1989 fiel der ‚Eiserne Vorhang’ und rückte damit nach fast einem halben<br />

Jahrhundert beinahe vergessene Nachbarn wieder von der Peripherie ins Zentrum<br />

der Aufmerksamkeit. Gleichzeitig zeichnete sich in der Wirtschaft eine zunehmende<br />

Globalisierung ab, die durch die immer rasanter vonstatten gehende<br />

Entwicklung am Multimedia- und Informationstechnologiesektor an Geschwindigkeit<br />

zunahm. Ins Bewusstsein der Öffentlichkeit trat und tritt sie vor allem<br />

durch die Absiedlung von Firmen und der verstärkten Forderung nach Flexibilität<br />

seitens der ArbeitnehmerInnen. Schließlich trat Österreich 1995 der Europäischen<br />

Union bei, was weitere Herausforderungen mit sich brachte und bringen<br />

wird. Die 2004 vollzogene Osterweiterung der Europäischen Union wird<br />

Österreich eine Reihe zusätzlicher Anstrengungen abverlangen. Alles in allem<br />

lässt sich aus diesen hier nur grob skizzierten Entwicklungssträngen folgendes<br />

Resümee ziehen: Vieles spricht dafür, dass Österreich vor einer äußerst<br />

dynamischen Phase der gesellschaftlichen Entwicklung steht.<br />

1.2 Die Schule im Kontext der neuen Herausforderungen<br />

Und die Schule? Sie ist selbstverständlich als Teil der Gesellschaft auch all diesen<br />

neuen Einflüssen ausgesetzt. Mehr als das: Schule wird von politischer Seite<br />

als Instrument zur Bewältigung eben dieser gesellschaftlichen Probleme gesehen<br />

und entsprechend einzusetzen versucht. Die Fülle an Aufgaben, die der Schule<br />

bereits seit den siebziger Jahren in Form von Unterrichtsprinzipien zugeordnet<br />

worden sind, von der Politischen Bildung, Sexualerziehung, Drogen- und AIDS-<br />

Prävention, Behindertenintegration, Umwelterziehung etc. belegen dies deutlich.


16 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Die oben skizzierten gesellschaftlichen Veränderungen führen aber zu vielen<br />

weiteren Herausforderungen an die Schule: die Brüchigkeit alter Wertsysteme<br />

und die verstärkte Pluralisierung von Wertauffassungen oder gar deren Verlust<br />

führen zu einem verstärkten Individualismus und schon wird die Forderung nach<br />

Sozialerziehung in der Schule laut – nicht zuletzt auch seitens der Wirtschaft.<br />

Angesichts einer sich immer schneller drehenden Spirale technologischer Innovationen<br />

wird die Forderung nach verstärktem Bemühen die dadurch erforderlichen<br />

neuen Kulturtechniken zu vermitteln laut. Die Ostöffnung seit dem Zusammenbruch<br />

des Warschauer Paktes macht es zumindest im Osten und Südosten<br />

Österreichs nötig, sich die Sprachen der ‚neuen’ Nachbarn und Wirtschaftspartner<br />

anzueignen.<br />

Die fortschreitende Globalisierung führt zum Wunsch nach der Beherrschung<br />

von Kommunikationstechniken und interkulturellem Lernen. Die EU-<br />

Mitgliedschaft bringt eine stärkere Bedeutung lebender europäischer ‚Nachbar’-<br />

Sprachen mit sich. Das Schwinden allgemein akzeptierter Wertestandards in<br />

Gesellschaft und Familie – sei es durch den zunehmenden Verlust der Bindungen<br />

an etablierte Kirchen oder die Zuwanderung aus anderen Kulturbereichen<br />

mit anderen Wertesystemen – haben die Forderung nach der Einführung<br />

eines Ethikunterrichts für all jene, die keinen Religionsunterricht einer staatlich<br />

anerkannten Religionsgemeinschaft besuchen, laut werden lassen. Angesichts<br />

einer ständig wachsenden Flut an kaum mehr bewältigbarem Faktenwissen und<br />

Informationen (vgl. dazu die differenzierte Analyse von MARX und GRAMM<br />

2002) wird der Wechsel von der Vermittlung ‚fertigen’ Wissens hin zum Erwerb<br />

von Strategien zur Informationssuche, Informationsquellenbewertung und Problemlösungskompetenz<br />

sowie zur Entwicklung sozialer Kompetenzen für die<br />

Teamarbeit immer wichtiger. Die Forderung nach fortschreitender Demokratisierung<br />

der Gesellschaft soll – so wird immer wieder gefordert – nicht vor der<br />

Schule Halt machen, sondern gerade durch eine Zunahme der Mitbestimmungsrechte<br />

aller Beteiligten (LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen) in der Schule<br />

eingeübt werden. Selbstbewusstere Eltern fordern zudem verstärkt von der<br />

Schule für bestimmte Situationen eine spezielle Betreuung. Die Wünsche<br />

reichen von der Behindertenintegration über den Förderunterricht bis hin zur Begabtenförderung.<br />

Wie lässt sich auf diese Fülle an Anforderungen und Herausforderungen, die<br />

zudem teilweise noch regional sehr unterschiedlich wichtig sind, seitens der<br />

Schule effektiv reagieren? Anton DOBART, Sektionsleiter für die Allgemeinbildenden<br />

Höheren Schulen, formuliert seine Antwort folgendermaßen: „Auf der<br />

strukturellen Ebene ist vor allem gefordert, eine institutionelle Antwort auf den


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 17<br />

gesellschaftlichen Individualisierungstrend zu formulieren. Innerhalb dieser<br />

Strukturen sollen in einem überschaubaren Rahmen verstärkt individuelle Bildungsverläufe<br />

durch Neigungs- und Leistungsdifferenzierung, flexible Lerngruppenbildung,<br />

hohe Mobilität auf der Lehrplanebene, wo interessante Arbeitsgemeinschaften<br />

vorherrschen und den Prozess unterstützen, gefördert werden.“<br />

(DOBART 1996, S. 142f)<br />

Diese flexible Antwortstrategie kann nicht (alleine) in der zentralen Lenkung<br />

durch gesetzliche Vorgaben von oben bestehen. Dafür ist die Problemlage zu<br />

komplex und regional zu stark unterschiedlich ausgeprägt. Zudem dürften die so<br />

eingeleiteten Maßnahmen – selbst bei einer unterstellten, aber gleichwohl nur<br />

selten erreichbaren Effizienz – angesichts des raschen Veränderungstempos bei<br />

ihrer Realisierung häufig schon überholt sein. Und so stellt DOBART fest, „dass<br />

dieser Veränderungsprozess nicht durch Konzepte von oben allein gestaltet<br />

werden kann, sondern es auch und vor allem der Erarbeitung von Projekten und<br />

Konzepten von unten bedarf. Es ist ein Entwicklungsprozess zu gestalten, in<br />

dem Betroffene, Experten und Politiker gemeinsam zusammenwirken.“<br />

(DOBART 1996, S. 142)<br />

Die einzelne Schule wird in diesem Ansatz als ‚lernende Organisation’<br />

aufgefasst, die flexibel auf Neuerungen in ihrem Umfeld reagieren kann. Damit<br />

die Schulen als ‚lernende Organisationen’ agieren können, bedarf es aber neben<br />

rechtlicher Rahmenbedingungen, welche die Mitbestimmungsmöglichkeiten der<br />

Schulpartner und damit den autonomen Gestaltungsbereich der Einzelschulen<br />

erweitern, auch einer zusätzlichen Professionalisierung der Schulaufsicht, Schulleitung,<br />

der LehrerInnenschaft, aber auch der SchülerInnen und Eltern. Ein unverzichtbares<br />

Element stellt in diesem Ansatz die Evaluation dar. Nur durch sie<br />

kann eine lernende Organisation mit verlässlichen Feed-back-Daten versorgt<br />

werden, die nötig sind, um auf ihrer Basis Fehlentwicklungen genauso wie positive<br />

Resultate zu erkennen und entsprechende Steuerungsmaßnahmen einzuleiten.<br />

Darauf wird später noch ausführlich eingegangen werden.<br />

Zunächst werden die gesetzlichen Rahmenbestimmungen dargestellt, die<br />

derzeit bestehen, um diese Flexibilisierung der Schulen zu ermöglichen.<br />

1.3 Gesetzlicher Rahmen für Schulentwicklung<br />

Im AHS-Bereich wird der gesetzliche Rahmen für Schulentwicklung insbesondere<br />

durch die 14. Schulorganisationsgesetzesnovelle (1993) und den ‚Lehrplan<br />

2000’ abgesteckt. Beide werden kurz dargestellt.


18 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

1.3.1 Die 14. Novelle des Schulorganisationsgesetzes<br />

Zunächst zur 14. SchOG-Novelle (BGBl. Nr. 555/1993). Diese Novelle des<br />

SchOG enthält Bestimmungen zur schulautonomen Gestaltung von Lehrplänen<br />

und Stundentafeln der einzelnen Unterrichtsfächer, der Lern- und Arbeitsformen<br />

im Unterricht sowie der Lernorganisation. Der Gesetzgeber macht für eine in<br />

seinem Sinne erfolgende Nutzung des gewährten Freiraums in den angeführten<br />

Bereichen folgende Vorgaben: eine schulautonome Veränderung hat sich an der<br />

Bedarfs- und Problemsituation einer Klasse oder Schule insgesamt und den sich<br />

daraus ergebenden Zielvorstellungen an einem spezifischen Schulort zu orientieren.<br />

Die gesetzten Maßnahmen dürfen darüber hinaus keine isolierten Einzelmaßnahmen<br />

darstellen, sondern sind konzeptgeleitet durchzuführen. Dabei sind<br />

die Bedürfnisse aller Schulpartner – also der LehrerInnen, Eltern und Schüler-<br />

Innen – und des schulischen Umfelds zu berücksichtigen. Interessant ist in diesem<br />

Zusammenhang, dass im Gesetzestext die SchülerInnen als einzige Gruppe<br />

der Schulpartner gesondert erwähnt werden: „Die Nutzung von schulautonomen<br />

Freiräumen [...] bedarf eines an den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler,<br />

der Schulpartner insgesamt sowie des schulischen Umfelds orientierten Konzeptes.“<br />

(BGBl. Nr. 555/1993) Die in diesem Text angesprochene Forderung<br />

lässt offen, ob es sich bei dem angesprochenen ‚Konzept’ um Leitbild und<br />

Schulprogramm handelt. Derzeit ist weder die Erstellung eines Schulleitbildes<br />

noch die Erarbeitung eines Schulprogramms für die Österreichischen AHS verpflichtend.<br />

Allerdings lassen sich u.E. schulautonome Lehrplan- oder Stundentafeländerungen<br />

– dies legt auch die 14. SchOG-Novelle (BGBl. Nr. 555/1993) nahe<br />

– nur auf Grundlage eines Schulprogramms sinnvoll durchführen.<br />

1.3.2 Der Lehrplan 2000<br />

Der Lehrplan 2000 (BGBl. II Nr. 133/2000) – erlassen in den Verordnungen 133<br />

und 134 im Bundesgesetzblatt vom 11. Mai 2000 – kann schon deshalb als<br />

„Reformwerk“ (RIFFERT 2002, S. 42) bezeichnet werden, weil in ihm eine Reduktion<br />

des Umfangs des bisherigen Lehrplans von ca. 240 Seiten Umfang auf<br />

nun etwa 110 Seiten erreicht wurde und damit eine seit Langem von verschiedenen<br />

Seiten geforderte ‚Entrümpelung’ der Lehrinhalte stattgefunden hat.<br />

Dies wird durch eine Konzentration auf wesentliche Lerninhalte und die Propagierung<br />

des exemplarischen Lernens möglich. Die Umsetzung des Lehrplans<br />

2000 begann mit 1. September 2000. Nachdem der Lehrplan in über 50 Hauptschulen<br />

und AHS-Unterstufen erprobt worden war, wurden beginnend ab der 5.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 19<br />

Schulstufe, die in Kern- und Erweiterungsbereiche gegliederten Fachlehrpläne<br />

sukzessive eingeführt. Die allgemeinen pädagogischen Richtlinien galten hingegen<br />

ab diesem Datum bereits für alle Schulstufen. Der Lehrplan setzt sich aus<br />

fünf Teilen zusammen: (1) das Allgemeine Bildungsziel, (2) die Allgemeinen<br />

Didaktischen Grundsätze, (3) die Schul- und Unterrichtsplanung, (4) die Stundentafel<br />

und (5) die Fachlehrpläne. In den Fachlehrplänen sind die sogenannten<br />

Kernbereiche für jedes einzelne Unterrichtsfach und für jede Schulstufe angegeben.<br />

Im Teil ‚Schul- und Unterrichtsgestaltung’ finden sich die allgemeinen<br />

Durchführungsbestimmungen zu den Kern- und Erweiterungsbereichen. Die<br />

Kernbereiche decken demnach die für alle Hauptschulen und Unterstufen der<br />

Allgemeinbildenden Höheren Schulen obligatorischen Lehrinhalte für jedes<br />

Pflichtfach und jede verbindliche Übung ab. Durch diese verpflichtend vorgegebenen<br />

Kernbereiche wird ein einheitliches Fundamentum geschaffen, das wesentliche<br />

Bildungsinhalte und -ziele flächendeckend installiert und damit ein<br />

Mindestmaß an Chancengleichheit sicherstellt; andererseits wird die grundsätzliche<br />

Möglichkeit des Schulwechsels für die SchülerInnen (‚Zugangsmöglichkeit’<br />

und ‚Durchlässigkeit’) gewährleistet. Zwei Drittel der Unterrichtszeit muss<br />

diesen Kernbereichen gewidmet werden, wobei die Konkretisierung innerhalb<br />

dieses vorgegebenen Rahmens sowohl in zeitlicher als auch in inhaltlicher Sicht<br />

einzelnen LehrerInnengruppen oder Lehrkräften überlassen bleibt. Bei einer<br />

völligen Liberalisierung wären demokratiepolitisch fatale Konsequenzen nicht<br />

auszuschließen: „Schulentwicklung ohne Gestaltungsrahmen [...] würde nicht<br />

unbedingt im Chaos, wohl aber im Sozialdarwinismus enden, d.h. in Vernichtungskonkurrenz,<br />

Auseinanderentwicklung und Aufgabe der gesellschaftlichen<br />

Integrationsfunktion von Schule.“ (FISCHER & ROLFF 1997, S. 542)<br />

Das restliche Drittel an Unterrichtszeit verbleibt für die Erweiterungsbereiche.<br />

Dieses Drittel kann autonom dazu genutzt werden, die Inhalte der<br />

Kernbereiche zu festigen. Bei dieser Vorgangsweise würden allerdings die<br />

eigentlichen Spielräume des neuen Lehrplans ungenutzt gelassen. Andererseits<br />

können aber auch die Kernbereiche z.B. durch schulautonom festgelegte<br />

Schwerpunktbildungen, fächerübergreifenden Projektunterricht, durch begabungs-<br />

und/oder interessensbezogene Schwerpunktbildungen etc. ergänzt werden.<br />

Wann die jeweilige Lehrkraft die Kernbereiche und wann die Erweiterungsbereiche<br />

innerhalb eines Schuljahres unterrichtet und in welchem<br />

Tempo, bleibt ebenfalls in der Entscheidungsbefugnis der jeweiligen Lehrkraft.<br />

Bei den hier nur skizzierten autonomen Spielräumen handelt es sich um jene<br />

notwendigen Freiräume, die für schulautonome Entscheidungen unerlässlich


20 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

sind. Ohne sie wäre der Begriff ‚Schule als lernende Organisation’ nicht mehr<br />

als eine schöne Floskel – ‚das Wahre, Schöne und Gute’ in neuem Gewand.<br />

Die 14. SchOG-Novelle und der Lehrplan 2000 stellen unverzichtbare<br />

Weichenstellungen in Richtung Autonomie der Einzelschulen und verstärkte<br />

Mitbestimmung aller am Schulprozess beteiligten Personengruppen (Lehrer-<br />

Innen, Eltern, SchülerInnen) dar. Selbstverständlich müssen diese ersten Schritte<br />

durch zusätzliche gesetzliche Bestimmungen im Bereich Qualitätsmanagement<br />

und -sicherung ergänzt werden. Ausständig sind bislang zudem noch entsprechende<br />

Schritte für den Finanzbereich der Einzelschulen und ihre Personalentwicklung<br />

(z.B. MitarbeiterInnenauswahl). Insgesamt führen aber bereits die<br />

angeführten Änderungen zu verbesserter Autonomie. Kritisch muss aber auch<br />

angemerkt werden, dass die 14. SchOG-Novelle und der Lehrplan 2000 an<br />

einem wichtigen Punkt in einem Spannungsverhältnis stehen.<br />

1.3.3 Lehrplan 2000 und 14. Novelle zum Schulorganisationsgesetz: Dissonanz<br />

Zwischen 14.SchOG-Novelle und Lehrplan 2000 lässt sich ein gewisses Spannungsverhältnis<br />

feststellen: Nach der 14. SchOG-Novelle stellt die Erstellung<br />

eines Schulkonzepts eine zentrale und unverzichtbare Voraussetzung für die Inanspruchnahme<br />

schulautonomer Gestaltungsspielräume dar. Zwar wird im Gesetz<br />

nur von einem ‚Konzept’ gesprochen, aber es dürfte dabei zweifellos an das<br />

Schulleitbild und das Schulprofil gedacht worden sein, auch wenn diesbezüglich<br />

derzeit (noch) keine gesetzlichen Bestimmungen vorliegen.<br />

Das Schulprogramm (Leitbild, Schulprofil und Entwicklungsplan) ist vom<br />

paritätisch besetzten Schulgemeinschaftsausschuss zu beschließen. Während das<br />

Leitbild die allgemeinen Ziele, welche die Schule anstrebt, offen legt, gibt der<br />

Entwicklungsplan Auskunft über die konkreten Einzelmaßnahmen, mit denen<br />

die Ziele (Schritt für Schritt) realisiert werden sollen. (vgl. dazu ausführlicher<br />

2.2.1)<br />

Über die Mitarbeit bei der Entwicklung des Schulprogramms haben alle<br />

Schulpartner Einfluss auf die schulautonomen Gestaltungsspielräume. Da das<br />

Schulprogramm, welches das Schulleitbild beinhaltet, öffentlich gemacht wird,<br />

ist für alle interessierten Personen, insbesondere aber die Schulpartner, überprüfbar,<br />

inwieweit Arbeitsschritte in Richtung des postulierten Ziels tatsächlich<br />

gesetzt wurden und in wie weit diese Ziele dadurch auch erreicht wurden.<br />

Der Lehrplan 2000 macht hingegen die Nutzung des schulautonomen Gestaltungsrahmens<br />

nicht vom Schulprogramm (Leitbild, Profil und Entwicklungsplan)<br />

einer Schule abhängig. Er erlaubt vielmehr jeder einzelnen Lehrkraft oder<br />

einzelnen Gruppen von LehrerInnen ohne Einbindung in das jeweilige Schulpro-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 21<br />

gramm, die den ihr/ihnen zur Verfügung stehenden Erweiterungsbereich eigenverantwortlich<br />

zu gestalten. Hier liegt also eine offensichtliche Ungereimtheit<br />

zwischen 14. SchOG-Novelle und Lehrplan 2000 vor.<br />

Für den Fall, dass einzelne LehrerInnen und LehrerInnengruppen die schulautonomen<br />

Freiräume ohne Rücksprache mit den im SGA vertretenen Schulpartnern<br />

nutzen, ist die evaluative Überprüfung dieser Maßnahmen umso dringlicher<br />

erforderlich, da die gesetzten Veränderungsmaßnahmen nicht über einen<br />

intensiven Diskussionsprozess im Kollegium und zwischen den Schulpartnern<br />

kritisch reflektiert worden sind.<br />

Eine mögliche Auflösung dieser Spannung zwischen 14. SchOG-Novelle<br />

und Lehrplan 2000 könnte darin bestehen, dass nur die Veränderungsmaßnahmen,<br />

die über den Unterricht der einzelnen Lehrkraft hinausgehen der Zustimmung<br />

durch den SGA bedürfen, alle ausschließlich den Unterricht einzelner<br />

Lehrkräfte betreffenden Änderungen hingegen nicht. Ob aber diese Interpretation<br />

korrekt ist, muss an dieser Stelle offen bleiben; diese Unklarheit bedarf<br />

aber einer Klärung durch den Gesetzgeber.<br />

Die für die Einzelschulen entstandenen Gestaltungsfreiräume bringen eine<br />

Verschiebung der Verantwortlichkeiten mit sich. Es kann kein Zweifel daran<br />

bestehen, dass der Staat Macht in Form von autonomem Handlungsspielraum an<br />

die regionalen, standortgebundenen Schulpartner und ihr Entscheidungsgremium,<br />

den SGA, aber auch an die einzelnen Lehrkräfte abgegeben hat. 1 Seitens<br />

des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird dies auch<br />

klar zum Ausdruck gebracht: „Schulautonomie bedeutet in Österreich Dezentralisierung<br />

von Entscheidungskompetenzen. Das heißt, Schulen können Angelegenheiten,<br />

die bisher übergeordnete Verwaltungseinheiten entschieden haben,<br />

unter Mitwirkung der Schulpartner selbst entscheiden.“ (BMBWK 2000, S. 5)<br />

Freilich hält der Gesetzgeber aber sofort fest: „Ungeachtet dieser den Schulen<br />

zusätzlich übertragenen Kompetenzen bleibt die Aufsichtsfunktion der Schulbehörden<br />

erhalten.“ (BMBWK 2000, S. 5)<br />

1 Vom juristischen Standpunkt aus stellt sich die interessante Frage nach der Vereinbarkeit der<br />

Schulautonomie mit dem Legalitätsprinzip, demzufolge jeder Verwaltungsakt – und bei<br />

einer engen Interpretation des Artikels 18 der Bundesverfassung handelt es sich beim gesamten<br />

Unterrichtshandeln um Verwaltungsakte – durch (mindestens) ein Gesetz legitimiert<br />

sein muss. Man versucht dieses Dilemma zu lösen, indem man das Unterrichtshandeln von<br />

der Hoheitsverwaltung unterscheidet und ihm notwendige pädagogische Freiheit zuerkennt.<br />

In der traditionellen, engen Interpretation wurde hingegen dieser Freiraum des Unterrichtshandelns<br />

der Lehrkraft als bedauerlicherweise nicht mehr durch Gesetze regelbarer Restbereich<br />

aufgefasst.


22 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

1.4 Die Neuverteilung der Verantwortlichkeiten durch die Schulautonomie<br />

Der skizzierte schulautonome Freiraum zur Stundentafel- und Unterrichtsgestaltung<br />

ist nur dann verantwortbar, wenn er von einem System der Rechenschaftslegung<br />

begleitet wird: So muss bei einer verantworteten Schulentwicklung<br />

natürlich überprüft werden, ob die im Leitbild und Schulprogramm gesetzten<br />

Ziele, deren Umsetzung durch entsprechende schulautonomen Maßnahmen<br />

und deren Qualität – z.B. Einführung eines neuen Schulzweigs, oder von<br />

Integrationsklassen, eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’, oder eines Projekts<br />

‚offenes Lernen’, um nur ein paar wenige Möglichkeiten anzudeuten – zu den<br />

gewünschten positiven Effekten führen. Eine verlässliche Feststellung der (positiven<br />

oder auch negativen) Effekte von Veränderungsmaßnahmen kann nur<br />

über eine wissenschaftliche Standards erfüllende Evaluation der vorgenommenen<br />

Veränderungsmaßnahmen erfolgen.<br />

Von diesem unverzichtbaren Element autonomer Schulentwicklung ist in der<br />

endgültigen Fassung des Lehrplans 2000 aber nur mehr an einer einzigen Stelle<br />

die Rede: „Aspekte des Lehrens und Lernens wie Unterrichtsgestaltung, Erziehungsstil<br />

und individuelle Förderung sowie Rückmeldungen über das Unterrichts-<br />

und Schulgeschehen sind wichtige Bereiche von Qualität in der Schule.<br />

Schulqualität umfasst weiters Elemente wie Schulklima, Schulmanagement,<br />

Außenbeziehungen und Professionalität sowie Personalentwicklung. Die Entwicklung<br />

von Schulqualität wird auch durch geeignete Maßnahmen der Selbstevaluation<br />

gefördert.“ (BGBl. 133/2000: Dritter Teil; Hervorhebung nicht im<br />

Original)<br />

Diese kryptische Formulierung in Form einer deskriptiven Aussage lässt<br />

viele Fragen offen und bedarf ebenfalls dringend einer schärferen Fassung.<br />

Denn bei enger Lesart liegt – weil eben deskriptiv und nicht präskriptiv<br />

formuliert – keinerlei Verpflichtung zur Selbstevaluation vor. Bei einer weiteren<br />

Interpretation lässt sich argumentieren, dass – unter der Voraussetzung, dass<br />

Schulen möglichst hohe Qualität zu erbringen haben – qualitätssteigernde Maßnahmen<br />

wie Selbstevaluierung zumindest implizit gefordert sind. Nur über<br />

Evaluation lässt sich verantwortet Rechenschaft ablegen über die Aktivitäten,<br />

die im Rahmen des schulautonomen Freiraums gesetzt wurden. Selbstevaluation<br />

stellt damit ein unverzichtbares Element in einem selbstreferenziellen Adaptationsprozess<br />

dar.<br />

Bis vor wenigen Jahren wurden die Schulen – LehrerInnen und SchulleiterInnen<br />

– im Rahmen ihrer Ausbildung nur unzureichend auf die Autonomie<br />

und die damit einhergehende Qualitätssicherung (Selbstevaluation) vorbereitet.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 23<br />

Mit der Internetplattform QIS (Qualität in Schulen: http://www.qis.at/) bietet das<br />

BM:BWK den Schulen eine Hilfestellung an, die sich auf fünf Qualitätsbereich<br />

von Schule bezieht: (1) Lehren und Lernen, (2) Lebensraum Klasse und Schule,<br />

(3) Schulpartnerschaft und Außenbeziehungen, (4) Schulmanagement und (5)<br />

Professionalität von Schulentwicklung. (Siehe ausführlicher die Internetplattform<br />

von QIS: http://www.qis.at/qis.asp?dokument=4)<br />

Darüber hinaus stellt diese Plattform vorgefertigte Fragebögen zum Download<br />

zur Verfügung. Allerdings wird zugleich seitens des QIS betont, dass die<br />

angebotenen Fragebögen „selbstverständlich nicht automatisch auf alle individuellen<br />

Gegebenheiten verschiedener Schulen und Schultypen optimal passen“.<br />

(http://www.qis.at/qisfb.asp?Dokument=49&Reihenfolge=2) Eine schulspezifische<br />

Anwendung der im QIS angebotenen Methoden (Fragebögen) im dynamischen<br />

Schulentwicklungsprozess ist also nur bedingt möglich. Als erster Schritt<br />

und Einstieg in das Qualitätsmanagement an Schulen eignen sich die QIS-<br />

Evaluationsinstrumente durchaus, aber für weitergehende schulspezifische Entwicklungen<br />

im Rahmen der Autonomie bedarf es einer dynamischeren Konzeption.<br />

Der in diesem Buch vorgestellte Modulansatz zur Selbstevaluation trägt<br />

dieser Forderung Rechnung.<br />

In Abbildung 1 wird eine Form der Neuverteilung von Verantwortlichkeiten<br />

innerhalb des Schulsystems dargestellt und dabei die unverzichtbare Rolle der<br />

Selbstevaluation verdeutlicht. Zu beachten ist, dass es sich hierbei um einen<br />

Vorschlag der Autoren handelt, für den sachliche Überlegungen sprechen, für<br />

den aber derzeit noch keine gesetzliche Grundlage existiert. Grundsätzlich könnten<br />

demnach also in Zukunft drei Evaluationsbereiche unterschieden werden.<br />

Der erste Strang bezieht sich auf den schulautonomen Bereich (Schulprogramm:<br />

Leitbild, Profil, Entwicklungsplan). In diesem Bereich haben vor allem<br />

die Schulpartner (zumindest nach der 14. SchOG-Novelle), also der SGA, einen<br />

selbst zu verantwortenden Gestaltungsspielraum. Zusätzlich fallen in diesen<br />

Bereich die lehrplanmäßigen Erweiterungen, die ebenfalls vom SGA, aber auch<br />

von LehrerInnengruppen bzw. einzelnen Lehrkräften (so der Lehrplan 2000)<br />

autonom genutzt werden können. Alle autonom gesetzten Maßnahmen müssen<br />

aber selbstverständlich auch auf ihre Zielerreichung hin überprüft werden. Dies<br />

geschieht und kann aufgrund der schulspezifischen Gestaltung dieser Freiräume<br />

nur durch Selbstevaluation geschehen.<br />

Die dokumentierten Ergebnisse der Selbstevaluation der Einzelschulen werden<br />

seitens der Schulaufsicht (z.B. LandesschulinspektorInnen) einer Metaevaluation<br />

unterzogen (Strang 2). Der Staat tritt also nur mehr indirekt als Kontroll-


24 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

instanz auf, indem er den schuleigenen Selbstevaluationsprozess nochmals einer<br />

kritischen Bewertung unterzieht.<br />

Einzelschulen mit der<br />

Durchführung der<br />

internen Selbstevaluation<br />

von …<br />

Erweitungsbereichen<br />

des Lehrplans und<br />

weiterer schulautonomerEntwicklungsfreiräume<br />

Staat / Bildungsministerium beauftragt …<br />

Schulaufsicht mit der<br />

Durchführung der<br />

Metaevaluation von<br />

…<br />

den von den Einzelschulendurchgeführten<br />

und dokumentiertenSelbstevaluationen<br />

Qualitätssicherungszentren<br />

mit der Durchführung der<br />

externen (standardisierten)<br />

Evaluation von …<br />

Kernbereichen des Lehrplans<br />

sowie nationaler und<br />

internationaler Bildungsstandards<br />

Abb. 1: Qualitätssicherungsmaßnahmen im Schulbereich<br />

(fett umrandet: Einsatzgebiet des in diesem Buch vorgestellten MSS-Konzepts)<br />

Der dritte Strang dient der Sicherung nationaler Bildungsstandards (Kernbereich)<br />

und der Vergleichbarkeit von Schulen, die z.B. für etwaige Schulwechsel<br />

unerlässlich ist. Die Sicherung lässt sich über nationale und internationale<br />

standardisierte Leistungstests (z.B. TIMSS, PISA etc.) oder etwa eine ‚zentrale<br />

Matura’ erreichen. 2 Von den politischen Entscheidungsträgern wird in letzter<br />

Zeit bezüglich der in den Kernbereichen des Lehrplans vorgegebenen Lehr- und<br />

2 Freilich muss hier auch eine mögliche Gefahr im Auge behalten werden: In den so evaluierten<br />

Fächern könnte ein ‚teaching to the test’ den gesamten schulautonomen Freiraum in<br />

Anspruch nehmen, was wohl kaum der Intention des Gesetzgebers entsprechen und von<br />

LehrerInnen als Einschränkung einer flexibel-schülerInnenzentrierten Unterrichtsgestaltung<br />

aufgefasst werden dürfte. Auch auf engagierter Eltern- und SchülerInnenseite dürfte ein vorrangig<br />

testorientiertes Pauken Widerspruch hervorrufen. Diese Gefahr der ausschließlichen<br />

Nutzung des Erweiterungsbereichs für das ‚Eintrichtern’ von standardbezogenen Lehrinhalten<br />

wird sich vor allem dann vergrößern, wenn die Erreichung dieser Standards für Zugangsberechtigungen<br />

(z.B. Zentralmatura für das <strong>Universität</strong>sstudium) relevant werden<br />

sollte. Beispiele aus verschiedenen Bundesstaaten der USA belegen, dass es sich hierbei um<br />

eine realistische Gefahr handelt (vgl. dazu: CARNOY, ELMORE & SISKIN 2003).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 25<br />

Lerninhalte eine zentral gesteuerte Fremdevaluation sowie eine ‚zentrale<br />

Matura’ immer wieder ins Gespräch gebracht.<br />

Der in diesem Buch vorgestellte Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />

Schulentwicklungsprojekten hat zur Zielsetzung, den Schulen behilflich zu sein,<br />

ihre ‚hauseigene’ Selbstevaluation auf einem möglichst hohen wissenschaftlichen<br />

Stand durchführen zu können.


26 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 27<br />

2. Evaluation<br />

Im ersten Kapitel wurde auf die bedeutende Rolle, die der Evaluation an autonomen<br />

Schulen zukommt, hingewiesen. Bevor auf den MSS (Modulansatz zur<br />

Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten) als Selbstevaluationsinstrument<br />

ausführlich eingegangen wird, muss zunächst noch erörtert werden, was<br />

allgemein unter ‚Evaluation’ zu verstehen ist, welche Arten von Evaluation sich<br />

unterscheiden lassen (2.1) und welche Rolle die Evaluation in der Schulentwicklung<br />

spielt (2.2).<br />

2.1 Definition, Arten und Funktionen von Evaluation<br />

2.1.1 Wissenschaftliche Definition<br />

Zunächst muss festgehalten werden, dass es eine Vielzahl von Definitionen des<br />

Begriffs ‚Evaluation’ gibt. Eine Nominalanalyse erlaubt eine erste grobe<br />

Orientierung: Der Begriff ‚Evaluation’ weist in seinem französischen und englischen<br />

Bedeutungsgehalt bereits auf seine gegenwärtige (wissenschaftliche)<br />

Funktion hin: frz. valeur bedeutet Wert, Geltung; engl. value meint Wert, Bedeutung.<br />

Bei Evaluation geht es also immer auch um Wertung. Derartige<br />

Bewertungen sollen Hilfen für Entscheidungen und Planungen bieten. Es geht<br />

um Fragen, welches die Vor- und Nachteile einer Methode, Strategie, Vorgehensweise<br />

etc. sind.<br />

In den Sozialwissenschaften versteht man unter ‚Evaluation’ „die systematische<br />

Anwendung sozialwissenschaftlicher Methoden zur Bewertung der Konzeption,<br />

[...] der Implementation und des Nutzens einer sozialen Interventionsmaßnahme.“<br />

(ROSSI & FREEMAN 1980, zitiert nach der Übersetzung von:<br />

WOTTAWA & THIERAU 1990, S. 18)<br />

In den USA hatte die Evaluation bereits um 1950 im Bildungssektor an Bedeutung<br />

gewonnen (genauer dazu: HOPKINS 1992) und Mitte der achtziger Jahre<br />

des 20. Jahrhunderts Jahre umfasste der Berufsstand der EvaluatorInnen bereits<br />

etwa 3.000 Mitglieder. Das Hauptfeld der EvaluatorInnen liegt in den USA<br />

heute in den Bereichen Wirtschaft, Psychologie/Psychotherapie und Erziehung.<br />

In Deutschland und Österreich hielt die Evaluation erst in den siebziger Jahren<br />

Einzug in den Bildungsbereich. Damals wurden im Zuge zentral verordneter und<br />

groß angelegter Schulversuche erste begleitende Evaluationsmaßnahmen<br />

gesetzt. Ihre Aufgabe war es, die Effektivität und Effizienz der verschiedenen<br />

Schulmodelle gegeneinander abzuwägen. Gerade weil derartige Schulversuche


28 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

eng mit parteipolitischen Bildungskonzeptionen verknüpft und damit ideologisch<br />

vorbelastet waren, stand die begleitende Evaluation gelegentlich im<br />

Geruch einer parteilichen ‚Gefälligkeitsgutachterei’. Wie dem auch immer<br />

(gewesen) sein mag, seit dieser Zeit ist die Evaluation auch im Schulbereich fest<br />

etabliert.<br />

Im Bildungsbereich hat Evaluation die Aufgabe zu überprüfen, ob bzw. in<br />

wie weit bildungsspezifische Zielsetzungen innerhalb eines bestimmten Zeitraums<br />

erreicht wurden. Selbstverständlich können die evaluierten Bereiche auf<br />

sehr unterschiedlichen Niveaus angesiedelt sein. Es kann sich um internationale<br />

Zielvereinbarungen (z.B. auf EU-Ebene), national vorgegebene Bildungsstandards<br />

(z.B. implizit durch das Anforderungsniveau einer zentralen Matura),<br />

Arbeitsbereiche in einzelnen Bildungssektoren (Evaluation der universitären<br />

Lehre) und einzelnen Schulen (z.B. Schulprogramm) handeln.<br />

Auftraggeber für die Durchführung von Evaluationen und die Bewertung<br />

ihrer Ergebnisse im Bildungsbereich ist in letzter Instanz der Gesetzgeber. So ist<br />

die Notwendigkeit von Evaluierungsmaßnahmen an <strong>Universität</strong>en (<strong>Universität</strong>sorganisationsgesetz<br />

von 1993) und Fachhochschulen (Bundesgesetz über<br />

Fachhochschul-Studiengänge 1993) festgelegt. Während in vielen deutschen<br />

Bundesländern die Durchführung von Evaluationen im Schulbereich – teilweise<br />

bereits seit Längerem – durch Gesetze bzw. Erlässe geregelt ist, die darüber<br />

hinaus auch noch durch praxisrelevante Literatur und Fortbildungsmaßnahmen<br />

ergänzt werden (vgl. z.B. Bremer Schulgesetz 1994, LSW 1995, MSWWF 1997,<br />

1999, MBWF 1998), ist die Lage in Österreich derzeit noch eine andere. (siehe:<br />

BUSCHMANN 2002)<br />

Bis auf eine bereits zitierte Stelle im Lehrplan 2000 gibt es bislang seitens<br />

des Gesetzgebers (noch) keinerlei rechtlich verbindliche Angaben zu Evaluierungsmaßnahmen<br />

an Schulen – weder über Art und Durchführungsmodus<br />

noch über die Bewertungsinstanz etwaiger erhobener Resultate. 3 Und dies<br />

obwohl Evaluation einen wesentlichen und unverzichtbaren Bestandteil autonomer<br />

Schulentwicklung darstellt (vgl. etwa Kapitel 1, Abbildung 1). Allerdings<br />

wurden von der Zukunftskommission Vorschläge in diese Richtung zur Diskussion<br />

gestellt. (ausführlicher dazu: EDER, HAIDER, SPECHT & SPIEL 2002;<br />

siehe dazu auch URL: http://www.klassezukunft.at/index.php?;)<br />

3 Dieses doch sehr erstaunliche Faktum wurde – nach einem ausgesprochen kargen Ergebnis<br />

der Literaturrecherche – den Autoren auch von Schuljuristen zweier Bundesländer unabhängig<br />

voneinander bestätigt. Nach dieser Quelle gibt es bislang (mit Ausnahme von Buschmann<br />

2002) auch keinerlei Publikationen, in welchen die rechtlich relevanten Stellen in<br />

einer auch für Nicht-Juristen les- und verstehbarer Form aufbereitet wurden.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 29<br />

Auf institutioneller Ebene wurden seitens des BM:BWK bereits einige Begleitmaßnahmen<br />

geschaffen, die zur Unterstützung von Evaluationsprojekten an<br />

Schulen beitragen können (z.B. QIS, vgl. 1.4). Das BM:BWK bezieht folgende<br />

Position: „Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung werden erstmals in<br />

einem österreichischen Lehrplan als wichtige Anliegen der Schulentwicklung<br />

formuliert. Ausdrücklich empfiehlt der der neue Lehrplan, zur Qualitätssicherung<br />

Methoden der Selbstevaluation anzuwenden.“ (BM:BWK 2004, S.<br />

47)<br />

Zur Zeit ist also von Seiten der bildungspolitisch Verantwortlichen erst<br />

zögerlich in offiziellen Dokumenten von Empfehlungen zur (Selbst-)Evaluation<br />

im Schulbereich die Rede. Eine Durchsicht von wissenschaftlichen Arbeiten<br />

zeigt jedoch, dass quer über die Paradigmen die zentrale Bedeutung der Evaluation<br />

für alle wie auch immer gearteten Veränderungsmaßnahmen erkannt und<br />

betont wird.<br />

Stellvertretend sei hier der Innsbrucker Erziehungswissenschaftler Franz<br />

KROATH (1996, S. 652) zitiert: Für ihn ist Evaluation ein „unverzichtbarer<br />

Ablaufschritt jeder rational geplanten Handlung von Praktikern und Wissenschaftlern<br />

im Erziehungs- und Bildungsbereich, da sie begründete Bewertungskriterien<br />

für die Planung, Auswahl, Wirkung und Kontrolle pädagogischer<br />

Maßnahmen zur Verfügung stellt.“<br />

Wie aber funktioniert Evaluation überhaupt? Evaluationen haben alle ein<br />

typisches Grundmuster:<br />

PRÄ-ERHEBUNG � INTERVENTION � POST-ERHEBUNG<br />

(Veränderung)<br />

Abb. 2: Grundmuster der Evaluation<br />

Um die Wirksamkeit einer Intervention(smaßnahme) feststellen zu können,<br />

müssen mindestens zwei Messungen an zwei verschiedenen Zeitpunkten durchgeführt<br />

werden (Abbildung 2). Zuerst muss der Zustand vor der Interventionsmaßnahme<br />

gemessen werden (=Prä-Erhebung). Ein Beispiel hierfür wäre z.B.<br />

die Aggressionsrate in einer Schulklasse. Nach der Durchführung einer Interventionsmaßnahme<br />

– in unserem Fall etwa der Durchführung eines Verhaltenstrainingsprogramms<br />

zur Reduktion aggressiven Verhaltens – wird erneut die<br />

Aggressionsrate in der betreffenden Klasse erhoben (=Post-Erhebung). Der Vergleich<br />

der beiden Messergebnisse lässt nun einen Rückschluss auf die Wirksam-


30 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

keit der Interventionsmaßnahme (Verhaltenstrainingsprogramm) zu. Natürlich<br />

können hier noch verschiedene sogenannte Störvariablen, wie beispielsweise der<br />

Faktor ‚Zeit’, die Ergebnisse verzerren. Daher müssen geeignete Maßnahmen –<br />

z.B. die Einführung einer Kontrollgruppe für Vergleichszwecke mit der Interventionsgruppe<br />

– ergriffen werden, um etwaige Störfaktoren auszuschalten oder<br />

zumindest zu kontrollieren.<br />

Im Abschnitt 6.1 wird anhand eines Fallbeispiels im Detail gezeigt, wie mit<br />

Hilfe von Quasi-Kontrollgruppen (etwa Parallelklassen) verschiedene Störvariablen<br />

zumindest einigermaßen kontrolliert werden können. 4<br />

Es ist grundsätzlich zu beachten, dass eine einmalige Erhebung (Prä-Erhebung)<br />

noch keine Evaluation im vollständigen Sinn ist; mit einer ersten Erhebung<br />

wird lediglich eine Diagnose des Ist-Zustands bzw. des gewünschten Soll-<br />

Ideals durchgeführt, die schließlich in Veränderungsmaßnahmen münden muss,<br />

welche erst dann ihrerseits im vollen Sinne evaluiert werden (Post-Erhebung).<br />

Dementsprechend stellt eine Prä-Erhebung natürlich auch noch keinen gezielten<br />

Veränderungsvorgang dar. Eine erste Erhebung ist lediglich ein erster<br />

unerlässlicher Schritt in Richtung verantwortete Schulentwicklung, nicht jedoch<br />

die vollständige Evaluation und schon gar nicht die Schulentwicklung selbst.<br />

Da es bei der Evaluation im wesentlichen um die Erfassung der Wirkung<br />

bzw. der Ursachen einer Wirkung einer Interventionsmaßnahme (Veränderungsstrategien)<br />

auf einer wissenschaftlich gesicherten empirischen Grundlage geht,<br />

muss unbedingt auch nach der Interventionsmaßnahme eine Erhebung (Messung)<br />

durchgeführt werden. Erst dann ist die Grundstruktur eines Evaluationsprojekts<br />

realisiert. (Vgl. dazu auch WOTAWA & THIERAU 1990)<br />

2.1.2 Arten von Evaluation<br />

Hier sollen nur die für den Schulbereich wichtigsten Arten von Evaluation vorgestellt<br />

werden: Summative Evaluation, Formative Evaluation, Fremd- und<br />

Selbst-, sowie Transferevaluation. Während ‚formative’ Evaluation stärker prozess-<br />

und entwicklungsorientiert ausgerichtet ist, ist die ‚summative’ Evaluation<br />

eher ergebnisorientiert und abschließend bewertend. Beiden Formen liegt ein<br />

unterschiedlicher Anspruch zugrunde.<br />

(a) Formative Evaluation: Bei der formativen Evaluation werden mitunter<br />

einzelne Phasen einer Intervention evaluiert. Die Ergebnisse sollen unmittelbar<br />

4 Ausführlichere Informationen für interessierte LeserInnen über Kriterien wissenschaftlich<br />

fundierter Evaluation finden sich in HAGER, PATRY & BREZING (2000).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 31<br />

auf den Interventionsprozess zurückwirken, ihn korrigieren, modifizieren und so<br />

optimieren.<br />

Beispiele aus dem Schulbereich: (a) Eine Lehrerin gibt bei der Weitsprunganlage<br />

nach jedem Sprung ein kurzes Feedback, damit die SchülerInnen sich<br />

keine falschen Bewegungsabläufe eintrainieren und sukzessive ihre Sprungtechnik<br />

verbessern können. (b) Semesternoten sowie Test- und Prüfungsergebnisse<br />

haben eine formative Funktion, da selbst bei schlechtem Abschneiden unmittelbar<br />

noch keine Konsequenzen wie ‚Sitzenbleiben’ erfolgen. (c) Korrigierte<br />

Hausübungen, Mitarbeitsüberprüfungen, Gespräche mit den Eltern in der<br />

Sprechstunde über die SchülerInnen, welche Aufschluss über den momentanen<br />

Leistungsstand und mögliche Defizite geben und Lernanregungen beinhalten,<br />

sind formative Rückmeldungen (der LehrerInnen) an einzelne SchülerInnen in<br />

einem Fach. (d) Fallweise gegenseitige Unterrichtshospitationen im Kollegium<br />

können ebenfalls formativ gesehen werden: Die gezielten Rückmeldungen von<br />

LehrerkollegInnen können für die ‚supervidierte’ Lehrkraft eine Hilfestellung<br />

sein, im verhältnismäßig geschützten Rahmen den eigenen Unterricht zu reflektieren.<br />

Evaluation in diesem Sinne entspricht einem permanenten Rückkoppelungsprozess<br />

mit dem Ziel, die Interventionsmaßnahme zu optimieren.<br />

(b) Summative Evaluation: Bei der summativen Evaluation geht es nicht um<br />

die Korrektur einzelner Phasen innerhalb eines komplexeren Interventionsprozesses,<br />

sondern um die abschließende Bewertung der Intervention. Sie soll abklären,<br />

ob eine bereits durchgeführte Maßnahme beibehalten oder aber abgeschafft<br />

werden soll.<br />

Beispiele aus dem Schulbereich: (a) Es wird die Praktikabilität der Pausenregelungen<br />

in der neu erarbeiteten Hausordnung evaluiert: Zu diesem Zweck<br />

wird von den Lehrern bei der Gangaufsicht die konsequente Einmahnung der<br />

Neuerungen und die Beobachtung der Regelverstöße dokumentiert. Aufgrund<br />

der Aufzeichnungen wird nach einer gewissen Frist nach der Einführung dieser<br />

Hausordnung über deren Beibehaltung oder Abschaffung auf Basis der Evaluationsdaten<br />

entschieden. (b) Die Zeugnisnoten – in Verbindung mit der<br />

Klassenkonferenz – geben Aufschluss darüber, ob ein/e SchülerIn eine Klasse<br />

wiederholen muss oder nicht.<br />

(c) Transferevaluation: Die Transferevaluation setzt im Schulbereich z.B.<br />

bei den AbsolventInnen an und wird deshalb bei Evaluationskonzepten mit<br />

‚Outcome’ in Verbindung gebracht: So kann etwa überprüft werden, ob die


32 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Effekte, die durch eine bestimmte Intervention in einem bestimmten Kontext<br />

erreicht wurden, auch auf andere Bereiche übertragen – transferiert – wurden.<br />

Transferevaluation soll Aufschluss darüber geben, welche an der Schule<br />

erworbene Kenntnisse und Fertigkeiten SchülerInnen nach dem Schulabschluss<br />

im weiteren Werdegang hilfreich waren bzw. welche wichtigen Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten an dieser Schule nicht vermittelt wurden. (v. SALDERN 1997, S. 66f)<br />

Ein Beispiel aus dem Schulbereich: In einer AbsolventInnenbefragung wird<br />

ein Lehrer, dessen Unterricht von den derzeit im Schulprozess befindlichen<br />

SchülerInnen als sehr positiv beurteilt wurde, rückblickend kritisiert. Insbesondere<br />

zeigt sich, dass die in seinem Fremdsprachenunterricht erworbenen Kenntnisse<br />

und Fertigkeiten nicht ausreichten, um ohne größere Probleme die Fachliteratur<br />

der jeweiligen Studienzweige lesen und verstehen zu können. Dieses<br />

Ergebnis ist ein wichtiges Korrektiv im Rahmen der Evaluation des Fremdsprachenunterrichts<br />

an dieser Schule.<br />

Angesichts der hohen Zahl an StudienabbrecherInnen sowie den damit verbundenen<br />

persönlichen Problemen und hohen finanziellen Verlusten für die<br />

Bürger und den Staat ist diese Form der Evaluation zweifelsohne von zentraler<br />

Bedeutung. Sie stellt darüber hinaus eine sinnvolle Ergänzung zur direkten<br />

Evaluation des aktuellen Schulprozesses und der darin involvierten SchülerInnen<br />

dar, weil nur sie Aufschluss darüber geben kann, ob es gelingt, mit dem<br />

Wissen und den Kompetenzen, die die AbsolventInnen an der Schule erworben<br />

haben, die Herausforderungen des Studiums oder der Arbeitswelt zu bewältigen.<br />

Es mag für SchülerInnen im Schulprozess die eine oder andere Anforderung<br />

schwer nachvollziehbar sein, im Lichte der Anforderungen an <strong>Universität</strong>en<br />

oder im Berufsleben können aber gerade die dadurch erworbenen bzw. nicht<br />

erworbenen Fertigkeiten und Kenntnisse als sehr wichtig erkannt werden. Ein<br />

Perspektivenwechsel von der Schulsituation zur <strong>Universität</strong>s- bzw. zur Berufssituation<br />

kann also durchaus zu einer Revidierung früherer Bewertungen führen.<br />

Der Begriff der Evaluation lässt sich aber auch noch nach anderen Gesichtspunkten<br />

differenzieren, nämlich in Fremd- und Selbstevaluation. Wird die Evaluation<br />

von Personen, die nicht dauerhaft einer Institution unmittelbar angehören<br />

verordnet bzw. bestimmt und durchgeführt, so spricht man von Fremdevaluation<br />

(gelegentlich auch als externe Evaluation bezeichnet). Wird die Evaluation von<br />

den dauerhaften Mitgliedern einer Institution/Organisation selbst initiiert und<br />

durchgeführt, so handelt es sich um Selbstevaluation. Sie wird auch als interne<br />

Evaluation bezeichnet – unabhängig davon, ob von der Schule zur technischen<br />

Durchführung Hilfe (Evaluationsexperten) von außen mit heran gezogen wird<br />

oder nicht.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 33<br />

Diese Unterscheidung ist natürlich für die evaluierten Personen von entscheidender<br />

Bedeutung. Es macht einen Unterschied, ob man selbst ein Evaluationsprojekt<br />

auf die Beine stellt, die Themenbereiche der Evaluation auswählt,<br />

die Instrumente mitbestimmt und darüber entscheiden kann, was mit den Ergebnissen<br />

geschieht, wer sie also beispielsweise zu Gesicht bekommt, und wer<br />

nicht. Hier sind wesentliche ethische und motivationale Aspekte angesprochen,<br />

denen ein Evaluationskonzept genügen muss. Hier nur so viel: der in diesem<br />

Buch vorgestellte MSS (Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten)<br />

ist – nach obiger Unterscheidung – explizit als Selbstevaluationsinstrument<br />

konzipiert.<br />

Schließlich lassen sich die vorgestellten Evaluationsarten noch ergänzen<br />

durch eine Unterscheidung bezüglich der Absichten, welche mit einer Evaluation<br />

verbunden werden. Folgende Absichten sind dabei (in Anlehnung an<br />

ROLFF, BUHREN, LINDAU-BANK und MÜLLER 1999, S. 217ff) mindestens<br />

denkbar:<br />

(1) wissenschaftliche Erkenntnissuche,<br />

(2) Bewertung und Kontrolle,<br />

(3) Schulentwicklung.<br />

Ad (1): Evaluation mit der Absicht wissenschaftliche Erkenntnisse über<br />

schulische Prozesse zu gewinnen ist seit einigen Jahrzehnten bekannt: diverse<br />

Modell- und Schulversuche, sowie verschiedene Unterrichtsdesigns wurden<br />

wissenschaftlich begleitet und auf ihre Vor- und Nachteile hin evaluiert. Eine<br />

detaillierte Diskussion von wissenschaftlichen Evaluationsstandards bieten<br />

BEYWL (2002), SANDERS (2000) sowie HAGER, PATRY und BREZING (2000).<br />

Ad (2): In der Schule gibt es vielfältige Erfahrungen mit Evaluation im Sinne<br />

von Bewertung und Kontrolle: Die Beurteilung jeder Schularbeit oder Prüfung<br />

stellt – formal gesehen – eine kontrollierende Evaluation der SchülerInnenleistung<br />

dar. Aber auch die LehrerInnen selbst waren bislang mit der kontrollierenden<br />

Evaluation konfrontiert. Jeder Unterrichtsbesuch seitens der Schulaufsicht<br />

(DirektorIn, LandesschulinspektorIn, FachinspektorIn etc.) diente dem Zweck<br />

der bewertenden und kontrollierenden Evaluation. Leider sind hier auch diverse,<br />

von verschiedenen Zeitschriften durchgeführte Befragungen, die in höchst<br />

dubiosen Schulrankings ihren Niederschlag finden, zu erwähnen. Diese völlig<br />

unprofessionell und unwissenschaftlich durchgeführten ‚Befragungen’ haben


34 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

sicherlich wesentlich dazu beigetragen, dass man heute der Evaluation nicht<br />

selten mit großer Skepsis begegnet.<br />

Ein kurzes, aber anschauliches Beispiel zum Thema ‚Schulrankingerstellung<br />

durch Zeitschriften’ aus der Praxis: An einer AHS wurden von einer großen<br />

Österreichischen Wochenzeitschrift die SchülerInnen zweier Jahrgänge ausgewählt,<br />

um einen Fragebogen auszufüllen. Bei einem Jahrgang handelte es sich<br />

um die beiden 7. Klassen (11. Schulstufe). Diese beiden Klassen waren in der<br />

Woche unmittelbar vor der Erhebung auf ‚Wienwoche’. Da sie aus organisationstechnischen<br />

Gründen bereits am Freitag dieser Woche aus Wien zurückgekommen<br />

waren, mussten sie am Samstag natürlich die Schule besuchen. Da die<br />

Rückkehr aber aufgrund einer Panne erst spät abends erfolgt war, beschlossen<br />

die SchülerInnen der beiden Klassen ‚konzertiert’ am Samstag nicht in der<br />

Schule zu erscheinen und setzten dies auch um. Sie wurden daraufhin vom<br />

jeweiligen Klassenvorstand und der Schulleitung am Montag der darauf folgenden<br />

Woche zur Rede gestellt und mussten die versäumte Unterrichtszeit<br />

nachholen. Am Dienstag nach dem ‚Gespräch’ mit Klassenvorstand und Schulleitung<br />

wurden den SchülerInnen die Bewertungsbögen der besagten Wochenzeitschrift<br />

vorgelegt. Resultat: Die Schule fand sich im Ranking auf einem der<br />

österreichweit letzten Plätze wieder.<br />

Dieses Beispiel zeigt deutlich, wie eine unseriöse Vorgangweise bzw. Dateninterpretation<br />

in Form einer unzulässigen Generalisierung auf die gesamte<br />

Schule zu stark verzerrten Ergebnissen führt. Die Ergebnisse dieser Stichprobe<br />

dürften keinesfalls auf die Gesamtschule generalisiert werden. Selbstverständlich<br />

wäre aus stichprobentheoretischen Überlegungen anders vorzugehen gewesen,<br />

um solche Effekte einer Klumpenstichprobe zu vermeiden. Bei Evaluationsprojekten<br />

besteht die Möglichkeit, eine Vollerhebung durchzuführen, damit<br />

nicht einzelne Klassen das Gesamtergebnis völlig verzerren können. Dadurch<br />

können statistische Kennwerte für die gesamte Schule errechnet werden, aber<br />

auch jene für Klassen oder Subgruppen (z.B. Sprachteilungen). Schließlich ist<br />

auch noch darauf zu verweisen, dass unabhängig vom Evaluationszugang und<br />

der Stichprobengröße der Evaluationsvorgang selbst immer eine Momentaufnahme<br />

darstellt. Dass am obigen Beispiel diese Schule aufgrund einer unwissenschaftlichen<br />

Vorgangsweise in ihrem öffentlichen Ruf stark geschädigt<br />

wurde, ist offensichtlich. Unsachgemäß durchgeführte Evaluation – so man denn<br />

dafür diesen Begriff überhaupt verwenden sollte – kann also in allen schulischen<br />

Bereichen zu schwerwiegenden verfälschenden und damit negativen Effekten<br />

führen. Daher ist die Einhaltung von Qualitätsstandards bei der Durchführung


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 35<br />

von Evaluationen unverzichtbar. Kann dies nicht sichergestellt werden, sollte<br />

tunlichst von einer Evaluation Abstand genommen werden.<br />

Ad (3): Mit der den einzelnen Schulen eingeräumten Autonomie tritt die<br />

Bedeutung der Evaluation als Steuerungs- und Lenkungsinstrument zunehmend<br />

stärker in den Vordergrund. In diesem Zusammenhang dient die Evaluation vor<br />

allem der Rückmeldung an die einzelne Schule, ob die neu im Rahmen der<br />

Autonomie gesetzten Interventionen (Projekte etc.) auch tatsächlich den gewünschten<br />

und beabsichtigten Effekt erzielen, oder ob sie wirkungslos bleiben<br />

bzw. sogar unerwünschte Folgen nach sich ziehen.<br />

Zwar dient die Evaluation in diesem Zusammenhang der Sicherung qualitätsvoller<br />

Entwicklung und der Rechenschaftslegung gegenüber SchülerInnen<br />

und Eltern, es kann aber dennoch nicht von kontrollierender Evaluation die Rede<br />

sein, da ja schulautonome Veränderungsprozesse (Interventionen) immer nur<br />

mit Einwilligung der Eltern und SchülerInnen (z.B. SGA an AHS) in Gang gesetzt<br />

werden können. Diese Form der Evaluation dient vielmehr der Sicherstellung,<br />

dass die von allen gewünschten Ziele auch tatsächlich erreicht werden<br />

bzw. der Erhebung, wie weit man in Richtung Ziel vorangekommen ist und ob<br />

gegebenenfalls etwas verändert werden müsste, um sich an die konsensualen<br />

Ziele noch besser annähern zu können. Evaluation dient also der Planung,<br />

Optimierung und Entwicklung der Schule.<br />

2.1.3 Voraussetzung der Wirksamkeit von Evaluation<br />

Evaluation basiert auf der Annahme, dass menschliches Denken und Handeln<br />

fehleranfällig und daher verbesserungsbedürftig und -fähig ist. Es geht bei der<br />

Evaluation daher um die Minimierung von Defiziten und Missständen; Evaluation<br />

soll also einen sukzessiven Lernfortschritt ermöglichen indem eine Feedback-Spirale<br />

etabliert wird: Es werden kleinere oder größere Veränderungsprozesse<br />

in Gang gesetzt und die (Teil-)Ergebnisse werden in der neuerlichen<br />

Planung berücksichtigt. Dies bedeutet, Schule als ‚selbstlernende Organisation’<br />

aufzufassen. Lernen aufgrund tatsächlicher Erfolge und Misserfolge ist nur dort<br />

sinnvoll, wo man nicht der Ansicht ist, letzte Wahrheiten gepachtet zu haben,<br />

die man nur konsequent genug umsetzen müsste, um so das makellose Ideal herzustellen<br />

(das dann natürlich auch keiner weiteren kritischen Überprüfung mehr<br />

bedarf). Schulen entwickeln sich sukzessive nach dem ‚trial and error’ Prinzip in<br />

kontinuierlicher Adaptation an eine sich rasch verändernde Umwelt (Elternansprüche,<br />

Wirtschaftslage, neue Technologien, sich verändernde finanzielle<br />

und personelle Ressourcen etc.). Dementsprechend wird sich Evaluation nur


36 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

dort sinnvoll und (relativ) angstfrei durchführen lassen, wo eine Kultur des<br />

‚Fehler machen(dürfen)s’ entwickelt worden ist und weiter kultiviert wird.<br />

Einen Fehler zu machen ist keine Katastrophe; aus einem gemachten Fehler<br />

nichts zu lernen schon eher. Solange das Aufdecken von Defiziten als Bloßstellung<br />

und Demütigung erlebt wird – und hier spielt das Gesamtklima an einer<br />

Schule sowie die Rolle der Schulleitung und -aufsicht eine entscheidende Rolle<br />

– wird Evaluation immer auf Abwehr und Ablehnung stoßen. Wird das Aufdecken<br />

von Defiziten hingegen als Chance zur Verbesserung begriffen, so wird<br />

die Evaluation fruchtbare Dynamiken in Gang setzen können.<br />

2.2 Evaluation im Schulentwicklungsprozess<br />

Um die Bedeutung der Evaluation im Rahmen der Schulentwicklung besser verstehen<br />

zu können, muss zunächst ganz kurz auf einige zentrale Begriffe eingegangen<br />

werden: Schulprogramm, Leitbild, Schulprofil und Entwicklungsplan.<br />

2.2.1 Das Schulprogramm<br />

Die gesetzlichen Rahmenbedingungen haben den Schulen mehr Freiraum<br />

eröffnet (vgl. Abschnitt 1.2.3). Die Möglichkeit der Schwerpunktsetzung lässt<br />

Schulen in ihrem Angebot mehr als bisher individuelle Wege gehen. Begriffe<br />

wie ‚Schulprogramm’, ‚Schulleitbild’, ‚Schulprofil’ und ‚konkrete Entwicklungsplanung’<br />

spielen hier eine zentrale Rolle. Da diese Begriffe in der Literatur<br />

sehr unterschiedlich verwendet werden, ist es notwendig, diese Begriffe zu definieren:<br />

„Ein Schulprogramm umfasst im weiten Sinn (a) das Leitbild und das Schulprofil<br />

einer Schule sowie (b) in einem konkreten Entwicklungsplan den gegenwärtigen<br />

Entwicklungsstand bzw. die Ergebnisse bereits vorliegender Evaluationsergebnisse,<br />

die Ziele in den einzelnen Qualitätsbereichen, einen Katalog von Maßnahmen,<br />

die der Erreichung der ausverhandelten Ziele dienen sollen, und einen Aktionsplan<br />

zur Umsetzung der geplanten Maßnahmen und Verfahren, mit denen<br />

überprüft wird, inwieweit die Ziele und ggf. nicht beabsichtigte Nebenwirkungen<br />

erreicht worden sind. In einem engeren Sinne wird mit Schulprogramm bezeichnet,<br />

was unter (b) aufgelistet ist.“ (THONHAUSER 2002, S. 86).<br />

In der vorliegenden Arbeit wird daher der Begriff ‚Schulprogramm’ im oben<br />

unter (a) definierten Sinn verwendet und besteht demnach aus (1) Schulleitbild,<br />

(2) Schulprofil und (3) Entwicklungsplan (siehe Abbildung 3). Diese Begriffe<br />

werden im Folgenden näher erläutert.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 37<br />

Ad (1): Leitbild<br />

Schulleitbild<br />

Umfassendes Schulprogramm<br />

besteht aus …<br />

Schulprofil<br />

Entwicklungsplan<br />

Abb. 3: Komponenten des „umfassenden Schulprogramms“<br />

(THONHAUSER 2004, S. 68)<br />

„Inhalt des Leitbildes einer Schule sind die allgemeinen Zielvorstellungen und<br />

allgemeinen Prinzipien für die Arbeit und das Zusammenleben an der Schule. Es<br />

sind mit Vorteil kurze und einprägsame Formulierungen, die sowohl für die Beteiligten<br />

in der Schule als auch nach außen die grundlegenden Werthaltungen<br />

festhalten. Sie sollten jedenfalls deutlich konkreter formuliert sein als jene Normen,<br />

die (laut Gesetzen) für alle Schulen gelten und damit im schulischen Alltag<br />

außerhalb jeder Diskussion stehen. Wesentlich ist, dass das Leitbild im schulischen<br />

Alltag erkennbar zum Ausdruck kommt und in allen Teilen des Schulprogramms<br />

seinen Niederschlag findet.“ (THONHAUSER 2002, S. 87)<br />

Nach obiger Definition stellt das Leitbild den gemeinsamen Wertekonsens<br />

zwischen LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern dar. Ein Leitbild ist „Eigentum“<br />

der Schule (PHILIPP & ROLFF 1999, S. 15) und kann nicht von anderen Schulen<br />

übernommen werden, da es aufgrund der Schulspezifität nur ‚selbst bezogen’<br />

sein kann. Die Leitsätze sollen einprägsame Zielformulierungen sein, die das<br />

Wunschbild – oder wenn man so will: die Visionen – einer Schule schlagwort-


38 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

artig zusammenfassen. Wunschbilder bzw. Visionen sind metaphernhaft und<br />

folglich auch eher diffus. Mit der Formulierung von Leitbildern soll eine Prägnanz<br />

und Deutlichkeit und damit auch Kommunizierbarkeit erreicht werden, um<br />

sich selber, aber auch anderen (Kundschaft und Schulbehörde) klarer bewusst zu<br />

werden, was man will und wohin man will. Die Außendarstellung der schulspezifischen<br />

Leitideen soll zudem zur „Entwicklung des Wir-Gefühls“ (ROLFF et<br />

al. 1999, S. 112) an der Schule beitragen.<br />

Beispiele für die Formulierung von Leitbildern geben SCHRATZ (1997) und<br />

THONHAUSER (2002). Der tatsächliche Ist-Zustand einer Schule wird sich meist<br />

nicht mit dem Leitbild (Ideal) decken. Im günstigsten Fall finden sich die allgemein-abstrakten<br />

Formulierungen des Leitbilds in der programmatischen Umsetzung<br />

des Schulprofils in konkretisierter Form wieder.<br />

Ad (2): Schulprofil<br />

„Inhalt eines Schulprofils ist die aktuelle Verfassung der Schule, […] aus der<br />

sich die verschiedensten Interessenten, insbesondere die Schülerinnen und<br />

Schüler sowie deren Eltern, ein klares Bild machen können. Kern eines Schulprofils<br />

sind die fachlichen und überfachlichen Angebote der Schule, insbesondere<br />

ihre Besonderheiten, in denen sie sich von anderen Schulen (gleicher oder vergleichbarer<br />

Typen) unterscheidet, sowie die erreichbaren Qualifikationen. Zum<br />

Schulprofil gehören jedoch auch Informationen über die Lage der Schule, das<br />

Schulgebäude und die (personelle und materielle) Ausstattung der Schule, historische<br />

Daten und Angaben über die schulische, regionale und soziale Herkunft<br />

der Schülerinnen und Schüler (als der wichtigsten Adressaten der Schule) sowie<br />

Hinweise auf Funktionsverteilungen innerhalb der Schule. […] Ein Schulprofil<br />

ist ein Aushängeschild der Schule. Es wird mit Vorteil in einem Prospekt (Folder)<br />

der Schule bzw. in ihrer Website dargestellt.“ (THONHAUSER 2002, S. 88-89)<br />

Jede Schule hat von jeher ein (vielleicht bisher nicht bewusst wahrgenommenes<br />

und nach außen kommuniziertes) Ist-Profil. Der Schulentwicklungsprozess setzt<br />

an der Leitbildentwicklung an, die in einem Soll-Profil seine Konkretisierung<br />

findet. Idealerweise sollten sich Ist- und Soll-Profil decken, was aber in der<br />

Realität kaum der Fall sein dürfte. Es treten vielmehr Diskrepanzen zwischen<br />

Ist- und Soll-Profil auf. Diese Diskrepanzen bilden den Ausgangspunkt für die<br />

Schulentwicklungsarbeit: das Ist-Profil wird durch entsprechende Interventionen<br />

dem Soll-Profil angenähert. SCHÖNIG (2000, S. 313f) betont in diesem Zusammenhang,<br />

dass die einzelne Schule sich vor übertriebenen Erwartungen<br />

schützen müsse und von daher in ihren Aufgaben eine wirklichkeitsnahe Selbstbeschränkung<br />

vornehmen sollte.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 39<br />

Ad (3): Entwicklungsplan<br />

Während das Leitbild abstrakte Zielvorgaben beinhaltet und das Ist-Profil die<br />

gegenwärtige Schulsituation festhält, sind es die konkreten Entwicklungspläne,<br />

die den Prozess der Schulentwicklung in Richtung Soll-Profil festlegen. Hier<br />

setzt die Selbstevaluation an, um das Ausmaß der Zielerreichung festzustellen.<br />

„Konkrete Entwicklungspläne (Schulprogramme im engeren Sinn) sind die wichtigsten<br />

internen Instrumente der Schulentwicklung und erfüllen (potenziell) folgende<br />

Aufgaben: (a) Sie legen Rechenschaft ab und geben Auskunft über Vorhaben<br />

der Schulentwicklung. (b) Sie konkretisieren kurz- und mittelfristige Ziele,<br />

die in der Perspektive der im Leitbild festgehaltenen allgemeinen Zielvorstellungen<br />

liegen. (c) Sie schreiben die vereinbarten oder zumindest in Aussicht genommenen<br />

Maßnahmen, mit denen die konkreten Ziele erreicht werden sollen, sowie<br />

Aktionspläne für die konkrete Durchführung fest. (d) Sie benennen Indikatoren<br />

und – zumindest beispielhaft – Kriterien, mit deren Hilfe – zum Beispiel im Zusammenhang<br />

mit evaluativen Maßnahmen – festgestellt werden kann, ob bzw.<br />

inwieweit die Ziele erreicht wurden.“ (THONHAUSER 2002, S. 89-90)<br />

Dieser Teil des Schulprogramms – der eigentliche Umsetzungsplan – berücksichtigt<br />

die Zeitperspektive, die Form der Rechenschaftslegung und benennt<br />

überprüfbare Kriterien, an denen erkannt werden kann, dass ein (Zwischen-)Ziel<br />

erreicht wurde bzw. eine Maßnahme erfolgreich war. Damit dient er als Ausgangspunkt<br />

und Referenzpunkt der Selbstevaluation.<br />

Zusammenspiel von Leitbild, Schulprofil (Soll und Ist) und Entwicklungsplan<br />

(vgl. Abbildung 4): Die Konkretisierung des abstrakten Schulleitbilds führt<br />

zum Soll-Profil der Schule. Dieses wird mit dem bereits vorhandenen Ist-Profil<br />

der Schule verglichen. Diskrepanzen zwischen dem Ist- und Soll-Profil führen<br />

zur Erstellung eines konkreten Entwicklungsplans. Die Umsetzung des Plans<br />

wird evaluiert. Endet die Evaluation positiv (Zielrealisierung), so wurde ein Teil<br />

des Soll-Profils zum Ist-Profil; endet der Evaluationsprozess negativ, so wird<br />

eine neuerliche Diskrepanzanalyse auf der Basis des Evaluationsergebnisses notwendig,<br />

die zu einem neuen Entwicklungsplan führt.


40 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Schulleitbild<br />

(Abstrakte Leitideen)<br />

Konkretisierung<br />

Schulprofil- SOLL<br />

(Konkretisierung des<br />

Schulleitbilds)<br />

Erstellung des<br />

Entwicklungsplans<br />

Konkreter<br />

Entwicklungsplan<br />

zur Zielerreichung<br />

Vergleich<br />

Diskrepanzanalyse<br />

Ausgangspunkt für<br />

Interventionsmaßnahmen<br />

Realisierung<br />

des Plans<br />

Schul(programm)entwicklung<br />

Evaluationsergebnis<br />

negativ<br />

Schulprofil- IST<br />

(aktuell vorhandenes<br />

Profil)<br />

Evaluationsergebnis<br />

positiv<br />

Selbstevaluation<br />

der Realisierung der<br />

Ziele des Entwicklungsplans<br />

(Bericht)<br />

Abb. 4: Zusammenspiel von Schulleitbild, -profil und –entwicklungsplan<br />

in der Schul(programm)entwicklung


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 41<br />

2.2.2 Funktionen der Evaluation im Schulentwicklungsprozess<br />

Der Entwicklungsplan steckt den Rahmen von Selbstevaluation ab. Evaluation<br />

soll ja sicherstellen, dass die konkret gesetzten Maßnahmen/Interventionen auch<br />

tatsächlich in die gewünschte Richtung wirken. Eventuelle Fehlentwicklungen<br />

und unerwünschte Nebeneffekte von Veränderungsmaßnahmen können nur so<br />

rechtzeitig erkannt werden. Nur so sind auch Gegensteuerungsmaßnahmen möglich.<br />

Selbstevaluation steht also im Dienst der selbstständigen Qualitätssicherung<br />

der Schulen, ohne sie ist seriöse Qualitätssicherung nicht möglich. Unter<br />

Qualitätssicherung versteht man „die Gesamtheit aller Maßnahmen, die darauf<br />

abzielen, die Qualität eines Produkts oder einer Dienstleistung sicherzustellen<br />

und weiterzuentwickeln.“ (RADNITZKI 1997, S. 401) Damit zielt Qualitätssicherung<br />

auf Optimierungsmaßnahmen in allen schulischen Bereichen: Personalentwicklung,<br />

Personalqualifizierung, Strukturverbesserung, Veränderung<br />

der Angebotspalette etc. In welchen Bereichen aber Optimierungsmaßnahmen<br />

an einer konkreten Schule anzusetzen sind, und ob sie (falls bereits eingesetzt)<br />

effektiv sind, kann nur mittels Evaluation erhoben werden. Es geht also um<br />

Fragen wie: ‚Welche Stärken und Schwächen hat unsere Schule?’, ‚Haben wir<br />

effektiv bzw. effizient gearbeitet?’, ‚Haben wir die richtige Strategie für unsere<br />

Situation verfolgt?’, ‚Müssen wir die Strategie ändern?’, ‚Wo müssen wir sie<br />

ändern?’, ‚Haben sich unsere Ziele verändert?’, ‚Wie lassen sich unsere Ziele<br />

besser umsetzen?’, ‚Welche Ressourcen bleiben bisher weitgehend ungenützt?’,<br />

‚Wer hätte auch persönlich Lust, sich für neue Bereiche zu qualifizieren?’, ‚Wer<br />

hat sich schon – vielleicht in der Freizeit – qualifiziert und in welchem Ausmaß?’,<br />

‚Wie sieht man uns und wie wollen wir gesehen werden?’, ‚Wer übernimmt<br />

die Öffentlichkeitsarbeit?’, ‚Wie können Informationsflüsse in der Schule<br />

zwischen verschiedenen Personengruppen transparenter gemacht werden?’ etc.<br />

Eine professionelle Auseinandersetzung mit derartigen (und noch vielen<br />

anderen) Fragen ist unerlässlich in (teil-)autonomen Schulen. Im Kapitel 6.1<br />

wird anhand der Einführung eines Projekts ‚Soziales Lernen’ exemplarisch gezeigt,<br />

wie man vom Leitbild über das Schulprogramm bis hin zum konkreten<br />

Projekt gelangt. Im Folgenden werden 10 wichtige Funktionen der Evaluation in<br />

der Schulentwicklung dargestellt.<br />

(1) Zunächst dient die Evaluation in einer ersten Phase der Bestandsaufnahme<br />

des Ist-Zustands der Schule, die auch Diagnose bezeichnet wird.<br />

Häufig stellt sich am Beginn eines Schulentwicklungsprozesses die Frage, was<br />

denn nicht optimal ist und daher verbessert werden sollte. Die Erfahrung mit<br />

Schulentwicklungsprojekten zeigt immer wieder, dass diese Phase nicht


42 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

unterschätzt werden darf. Liegt keine umfassende und gründliche Erhebung des<br />

Ist-Zustands einer Schule aus verschiedenen Perspektiven vor, so verzetteln sich<br />

Arbeitsgruppen häufig in endlosen und fruchtlosen Diskussionen, da keine<br />

verlässliche Basis für Entscheidungen vorliegt. Die Mitglieder der<br />

Arbeitsgruppe(n) sind auf eigene persönliche und somit weitgehend subjektive<br />

Spekulationen über den Zustand (Stärken und Schwächen) der eigenen Schule<br />

angewiesen. Tauchen dann – und dies ist nach unseren Erfahrungen und bisherigen<br />

Berichten geradezu immer der Fall – divergierende Mutmaßungen über<br />

vermeintliche Defizite und Stärken auf, so dreht sich die Diskussion im Kreise<br />

unbelegbarer aber auch unwiderlegbarer Vermutungen der Beteiligten. Das<br />

Ergebnis ist nicht selten Frustration unter den anfangs durchaus engagierten<br />

MitarbeiterInnen. Die Motivation der Beteiligten sinkt und die Arbeitsgruppe<br />

verliert die Motivation. Aber auch Konflikte können durch ein derart unprofessionelles<br />

Vorgehen entstehen, die schließlich den gesamten Schulentwicklungsprozess<br />

gefährden können.<br />

Der Einsatz eines (geeigneten) Evaluationsinstruments hilft derartige Frustrationen<br />

zu vermeiden und damit die Motivation zu sichern. Insbesondere bei<br />

einer Vollerhebung, wo jedermann/frau seine/ihre Meinung zu schulischen<br />

Themenbereichen anonym und folglich ohne Angst vor (vermuteten) Repressionen<br />

äußern kann, wird auf diese Weise aus verschiedenen Blickwinkeln<br />

ein wirklich umfassendes Bild der Schulrealität sichtbar.<br />

(2) Auf der Grundlage einer derartigen Ist-Erhebung (Diagnose) lassen sich<br />

dann verantwortet und auch gegenüber anderen argumentierbare Ziele des<br />

Schulentwicklungsprozesses abklären und festlegen. Diese Ziele sind leichter<br />

rechtfertigbar, da alle interessierten Personen ihre Meinung zu den Themenstellungen<br />

anonym einbringen konnten.<br />

(3) Aber auch die Durchsetzung der Ziele wird durch eine solide Ersterhebung<br />

im Rahmen einer guten Evaluation erleichtert: Wählt man nämlich jene Problembereiche,<br />

bezüglich derer großer Konsens besteht, so steht einem (relativ)<br />

harmonischen Übergang von der diagnostischen Phase in die Interventionsphase<br />

kaum etwas im Wege. Und erste Erfolge motivieren schließlich auch dazu,<br />

weitere komplexere und weniger konsensuelle Aufgaben in Angriff zu nehmen.<br />

Damit ist die Richtung, in welche die jeweilige Schule gehen möchte, angegeben.<br />

Dies ist eine unerlässliche Voraussetzung für die weiteren Planungen.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 43<br />

(4) Über die Erhebung des Ist-Zustands hinaus kann mit einem guten Evaluationsinstrument<br />

auch der Entscheidungs- und Planungsprozess entscheidend<br />

unterstützt werden. Ein gutes Evaluationsinstrument erlaubt nämlich auch die<br />

Erhebung von Soll-Werten. Unter ‚Soll-Werten’ werden die Ideale und Wunschvorstellungen<br />

der Betroffenen verstanden. Jene Bereiche, in denen die Ist-Zustände<br />

stark von den Wunschvorstellungen (Soll-Werten) abweichen – wo also<br />

große Ist-Soll-Diskrepanzen festgestellt werden – sind natürlich vorrangige<br />

Arbeitsgebiete für die Schulentwicklung, denn die Diagnose leitet nachvollziehbar<br />

in die Planungsphase über und erspart so manche zeit- und substanzraubende<br />

Diskussion.<br />

(5) Ein gutes Evaluationsinstrument erlaubt die Einbindung aller beteiligten<br />

Personengruppen. Im Schulbereich sind dies vor allem die LehrerInnen, SchülerInnen<br />

und Eltern. Vor allem jene Evaluationsinstrumente und -konzepte, die<br />

alle beteiligten bzw. betroffenen Personen(gruppen) in die Erhebung (insbesondere<br />

bei der diagnostischen Prä-Erhebung) einbinden, tragen dadurch auch<br />

zur Demokratisierung der Schule bei. Das Bild von der Schule als einem Residuum<br />

des Absolutismus kann damit entscheidend verändert werden. Auch der<br />

motivierende Faktor der Beteiligung aller Personengruppen sollte keinesfalls<br />

unterschätzt werden. Eltern, deren Meinung ernst genommen werden, sind eher<br />

bereit, sich stärker in den Schulprozess einzubringen und auch größere finanzielle<br />

Anstrengungen zu unternehmen, um Projekte, die auch ihnen wichtig sind,<br />

ins Leben zu rufen oder am Leben zu erhalten. Sie sind auch eher dafür zu gewinnen,<br />

sich auf SponsorInnensuche zu machen.<br />

(6) Eine umfassende Selbstevaluation, also die Vollerhebung unter allen betroffenen<br />

und beteiligten Personengruppen, wie sie der MSS ermöglicht, führt<br />

vor allem im Bereich der Diagnose zu einer Erhöhung der Beteiligungsmöglichkeit<br />

der Eltern und SchülerInnen am Schulprozess und damit zur Möglichkeit,<br />

(Zwischen-)Zielerreichungen auch aus verschiedenen Perspektiven (Sichtweisen<br />

verschiedener Personengruppen) zu registrieren. Nicht mehr nur die LehrerInnen<br />

alleine entscheiden im stillen Kämmerlein über die vermutete Akzeptanz<br />

und/oder Effektivität einer Intervention bei den SchülerInnen. Sie sind nicht<br />

mehr auf bloße Mutmaßungen über die vermeintlichen Ansichten und Überzeugungen<br />

der Eltern und SchülerInnen angewiesen. Schließlich erlaubt eine umfassende<br />

Erhebung (Evaluation) auch ein unverzerrtes Feedback an die jeweils<br />

anderen Gruppen, da aufgrund der Anonymität niemand mit negativen Konsequenzen<br />

rechnen muss.


44 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

(7) Ergebniskontrolle und Selbstkorrektur sind schließlich in einer wissenschaftlich<br />

verantworteten Weise ebenfalls nur über ein gutes Evaluationsinstrument<br />

möglich. Autonomie braucht als Erfolgsnachweis eine für alle transparente<br />

Rechenschaftslegung und diese kann nicht nur von außen, sondern auch intern<br />

durch Selbstevaluation erzielt werden, denn natürlich muss in irgendeiner Form<br />

von den VerantwortungsträgerInnen nachgewiesen werden, dass die Neuerungen<br />

und autonom vorgenommenen Veränderungen auch tatsächlich ‚Verbesserungen’<br />

hin zu den vereinbarten Zielen darstellen. Alle beteiligten LehrerInnen,<br />

aber auch die SchülerInnen und Eltern werden sich zweifelsohne wünschen, eine<br />

Rückmeldung über die Qualität der Neuerungen zu erhalten.<br />

(8) Auch gegenüber GeldgeberInnen, die z.B. Projekte unterstützen, – seien<br />

es Pädagogische Institute, das Kulturservice, der Gesundheitsfond, EU-Institutionen<br />

oder private SponsorInnen – lassen sich nur auf der Grundlage nachgewiesener<br />

Erfolge neue Gelder beispielsweise für die Aufrechterhaltung der<br />

Neuerungen oder für zusätzliche Schritte requirieren. Aber auch eine Zwischenbilanz<br />

über das Gesamtprojekt ‚Schulentwicklung’ an einer Schule – freilich in<br />

größeren zeitlichen Abständen – ist unerlässlich. All das kann gut nur auf der<br />

Basis einer verlässlichen Evaluation erfolgen.<br />

(9) Die Dokumentation der Veränderungsmaßnahmen und deren Wirksamkeit<br />

sind innerhalb von Evaluationsprojekten schon aus Gründen der Rechenschaftslegung<br />

unerlässlich. Zusätzlich wird dadurch aber auch für andere Schulen<br />

die Möglichkeit eröffnet, anhand dieser Dokumentationen zu lernen und sich<br />

damit vielleicht so manchen Irrweg zu ersparen.<br />

(10) Schließlich stellt eine gut dokumentierte Evaluation für andere Schulen<br />

eine wichtige Informationsquelle dar. Weder muss ‚das Rad zweimal erfunden’<br />

werden, noch braucht man ‚zweimal in denselben Bach zu fallen’ – und dennoch:<br />

Diese Dokumentationen dienen nur als Anhaltspunkte, denn jede Schule<br />

ist einer anderen Dynamik durch ihre LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern, Schulleitung<br />

und Schulumwelt unterworfen. Diese Tatsache unterstreicht die Notwendigkeit<br />

schulspezifischer Evaluation.<br />

So viel zu den wesentlich Funktionen, die mit Hilfe eines guten Evaluationsinstruments<br />

bei Schulentwicklungsprojekten zielgerichtet in Angriff genommen<br />

werden können. Damit aber Evaluation erfolgreich durchgeführt werden kann,


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 45<br />

müssen neben guten Evaluationskonzepten und -instrumenten auch einige Voraussetzungen<br />

auf Seiten der Beteiligten und Betroffenen gegeben sein. Darauf<br />

wird im nächsten Abschnitt eingegangen.<br />

2.2.3 Einflussfaktoren effektiver Evaluation<br />

Folgende sieben Aspekte begünstigen, nach bisherigen Erfahrungen der Autoren,<br />

die Effektivität einer Evaluation. Es handelt sich dabei um: (1) Akzeptanz<br />

der Notwendigkeit von Veränderung, (2) Bereitschaft zum (Teil-)Risiko, (3)<br />

Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Beteiligung am Erfolg, (4)<br />

Akzeptanz von ‚Fakten’, (5) Klarheit über Grenzen von Evaluation, (6) Klarheit<br />

über die ‚Datenhoheit’ und (7) Konsens zwischen den Betroffenen. Auf diese<br />

Aspekte wird nun näher eingegangen.<br />

Ad (1) Akzeptanz der Notwendigkeit von Veränderung: Diese Voraussetzung<br />

zielt darauf ab, dass Evaluation nur dort sinnvoll und konfliktarm<br />

durchgeführt werden kann, wo man bereit ist, sich von (vielleicht sehr lieb gewonnenen)<br />

Gewohnheiten, verantwortungsreduzierenden Autoritäten und eingeschliffenen<br />

Automatismen (simple Verhaltens- und Denkwiederholungen) zu<br />

lösen. Dies ist keinesfalls immer einfach. Gewohnheiten und Automatismen sind<br />

aufgrund ihrer Entwicklungsgeschichte meist sehr veränderungsresistent. Daher<br />

ist es auch schwierig, sie (zumindest kurzfristig) zu durchbrechen. Manchmal<br />

beginnt der Schulentwicklungsprozess erst aufgrund eines massiven äußeren<br />

Drucks. Dazu drei Beispiele aus dem österreichischen Kontext:<br />

a) Hauptschulen: Sie haben in den letzten Jahren eine erstaunliche Flexibilität<br />

und einen beeindruckenden Innovationswillen an den Tag gelegt; ausgelöst<br />

wurde er nicht zuletzt durch die massive Abwanderung von SchülerInnen an<br />

die Unterstufen der AHS.<br />

b) AHS-Bereich: Auch an einzelnen AHS wurde Druck aus verschiedenen<br />

Bereichen spürbar: Kritischere Eltern, zunehmender Abgang von SchülerInnen<br />

nach der Unterstufe (bedingt durch die Attraktivität berufsbildender Schultypen<br />

mit ihrer Doppelausbildung für Beruf und <strong>Universität</strong>sstudium), sowie in<br />

nächster Zeit auch durch geburtenschwache Jahrgänge und schließlich die aus<br />

Elternsicht oft in Zweifel gezogene Zukunftsrelevanz traditioneller AHS-<br />

Gegenstände wie z.B. Latein. Der dadurch entstandene Druck führte zu regional<br />

oft sehr unterschiedlicher Reaktionen an den Gymnasien. Die Antworten auf<br />

diese Herausforderungen reichen von der Aufwertung bereits angebotener bzw.<br />

Einführung neuer lebender Fremdsprachen (meist auf Kosten des Lateinunterrichts),<br />

über spezielle Förderungsangebote im Bereich sozialer und kommuni-


46 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

kativer Kompetenzen (Soziales Lernen, offener Unterricht etc.) bis hin zur Einrichtung<br />

neuer Schulzweige (Euro-tec, Laborzweig etc.), um dadurch der Abwanderung<br />

an berufsbildende Schulen entgegenzuwirken.<br />

c) Abendschulen für Berufstätige: Die Abendschulen für Berufstätige sind<br />

aufgrund verschiedener neu geschaffener gesetzlicher Möglichkeiten für Berufstätige,<br />

die Hochschulreife zu erlangen (z.B. Berufsreifeprüfung), ebenfalls<br />

einem starken Konkurrenzdruck ausgesetzt. Einzelne Schulen sehen neben stärkerer<br />

Flexibilisierung und verstärkter Betreuung ihrer Klientel eine Gegenstrategie<br />

im Ausbau von Fernstudiengängen mittels Einsatz moderner elektronischer<br />

Kommunikationsmittel wie E-mail, Internet, Lernplattformen.<br />

Ad (2) Bereitschaft zum (Teil-)Risiko: Evaluation wird dann auf wenig<br />

Widerstand stoßen, wenn bei den Betroffenen die Überzeugung vorherrscht,<br />

dass das Risiko des eventuellen Scheiterns bei der Realisierung von Innovationen<br />

geringer ist, als die Wahrscheinlichkeit, Qualität zu erreichen. Aber ein<br />

Scheitern kann nie ganz ausgeschlossen werden. In diesem Zusammenhang ist<br />

nun eine Kultur des Fehlermachen-Dürfens an den Schulen von zentraler Bedeutung.<br />

Selbst die Wissenschaften schreiten nur fort indem sie die Fehler, die<br />

permanent gemacht werden, analysieren und so über Verbesserungsmaßnahmen<br />

eine Optimierung (Fortschritt) erreichen.<br />

Ad (3) Bereitschaft zur Übernahme von Verantwortung und Beteiligung am<br />

Erfolg: Dieser Punkt hängt eng mit der Kultur des Fehlermachen-Dürfens zusammen.<br />

Wo Fehler etwas Schlimmes sind, dort muss man sich gegen Fehler<br />

absichern. Oft führt dies zu einer aus Angst geborenen Strategie, erst gar keine<br />

Fehler aufdecken zu wollen. Obgleich dies in einem Klima, das von perfektionistischen<br />

Überzeugungen geprägt ist, nur zu verständlich ist, führt diese Strategie<br />

aber zu ausgesprochen schädlichen Konsequenzen, denn die Chronifizierung<br />

von Defiziten ist die unausweichliche Folge. Eine Möglichkeit Verantwortung<br />

für Fehler abzuschieben, besteht darin, dass man nur klar umschriebene Anweisungen,<br />

die man von verantwortlichen Autoritäten (Vorgesetzten) erhält,<br />

ausführt. Beim Scheitern kann man sich immer darauf berufen, dass man nur<br />

Anordnungen ausgeführt hat. Die Verantwortung liegt dann bei jenen (da oben),<br />

welche die Anweisungen gegeben haben. Eng mit der Übernahme von Verantwortung<br />

verknüpft ist natürlich auch die Beteiligung am Erfolg. Wer für die<br />

Durchführung eines Projekts Verantwortung übernommen hat, dem gebührt im<br />

Falle des Erfolgs auch eine entsprechende Honorierung. Leider gibt im österreichischen<br />

Schulsystem bestenfalls eine klägliche Kultur des Feierns und


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 47<br />

Honorierens von Erfolgen. Dies hat sicherlich viele Ursachen. Eine davon dürfte<br />

sein, dass der (eindeutige und zur Freude Anlass gebende) Erfolg einer pädagogischen<br />

Interventionsmaßnahme durch unsystematische Wahrnehmung nur<br />

schwer feststellbar ist. Eine systematische Evaluation von Projekten lässt hingegen<br />

(Teil-)Erfolge und (Teil-)Misserfolge deutlich zu Tage treten. Evaluation<br />

kann einen wesentlichen Beitrag zur Etablierung einer Kultur der Orientierung<br />

an und des Auskostens von Erfolgen leisten.<br />

Ad (4) Akzeptanz von ‚Fakten’: Evaluation hat nur dort Sinn, wo man an<br />

einer unparteilichen Erhebung der vorliegenden Fakten (Situation) interessiert<br />

ist. Nur auf der Grundlage einer vorurteilslosen Bestandsaufnahme lassen sich –<br />

als einer conditio sine qua non – verantwortete und sinnvolle Veränderungsschritte<br />

setzen. Hier ist zu beachten, dass auch Idealvorstellungen und Wünsche<br />

zu den ‚Fakten’ zählen, die mittels Evaluation erhoben werden können: sie sind<br />

die faktisch vorhandenen Wünsche und Ideale.<br />

Ad (5) Klarheit über die Grenzen von Evaluation: Wie bereits dargestellt liefert<br />

Evaluation nur ein Querschnittergebnis zu einem bestimmten Zeitpunkt.<br />

Durch diese Einengung der Erhebung auf einen bestimmten Zeitpunkt sind gewisse<br />

Verzerrungen nicht zu vermeiden. Dies muss allen Beteiligten bewusst<br />

sein. Folglich muss allen klar sein, dass Evaluation zu keinen allgemeingültigen<br />

und überdauernden Erkenntnissen führt.<br />

Ein Beispiel: Ein als sehr guter Pädagoge und Klassenvorstand bekannter<br />

Lehrer hat eine schwierige Klasse übernommen; vielleicht sogar von einem<br />

Kollegen der mit dieser schwierigen Klasse überhaupt nicht mehr zurecht kam;<br />

wenn nun eine Evaluation im Herbst, also kurze Zeit nach Schulbeginn, durchgeführt<br />

wurde, so muss allen klar sein, dass jener Lehrer aufgrund seiner Ausgangsposition<br />

aller Wahrscheinlichkeit nach gar nicht (sehr) gut abschneiden<br />

kann. (Wenn er es trotzdem tut, umso besser.) Ein simpler Vergleich mit den<br />

Ergebnissen anderer Klassenvorstände wäre schlichtweg ungerecht. In solchen<br />

(nie völlig zu vermeidenden) Fällen ist es sehr wichtig, dass der betroffene<br />

Kollege, das Kollegium insgesamt und die Schulleitung dieses relativierende<br />

Hintergrundwissen in ihre Bewertung einbeziehen.<br />

Ein weiteres Beispiel sei hier nur angedeutet: Eine Schularbeit ist sehr<br />

schlecht ausgefallen und wurde am Tag vor der Evaluation zurückgegeben. Dies<br />

kann zu einer negativen Bewertung der Lehrkraft führen.<br />

An dieser Schwäche, die sich aus der Zeitpunktabhängigkeit der Erhebung<br />

ergibt, leidet jedes Evaluationsinstrument. Kompensiert wird dieses Manko je-


48 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

doch durch den wiederholten Einsatz des Instruments zu verschiedenen Zeitpunkten<br />

(Posterhebungen, Zeitreihenanalysen etc.). Auf diese Weise können die<br />

bei einmaligen Einsätzen unvermeidbaren Zeitpunktverzerrungen weitgehend<br />

korrigiert werden und es lassen sich mehr oder minder stabile Ergebnisse oder<br />

Trends feststellen.<br />

Eine am Ende des Schuljahres oder nach zwei Jahren durchgeführte<br />

Posterhebung könnte beispielsweise zeigen, wie gut der ‚neue’ Klassenvorstand<br />

in der problematischen Klasse (siehe oben) nun im Urteil seiner SchülerInnen<br />

abschneidet.<br />

Ähnliche Verzerrungen können auftreten, wenn zu kleine Stichproben nicht<br />

professionell gezogen werden; darüber hinaus haben Stichproben bei Einzelschulen<br />

gerade im Zusammenhang mit Schulentwicklung meist den Nachteil,<br />

dass aufgrund der geringen Anzahl von befragten SchülerInnen pro Klasse zwar<br />

inferenzstatistisch annehmbare Kennwerte für die Gesamtschule errechnet werden<br />

dürfen, aber keine aussagekräftigen Analysen auf Klassenebene durchgeführt<br />

werden können.<br />

Mit Vollerhebungen an der zu evaluierenden Einzelschule kann diese Einschränkung<br />

behoben werden. Daher werden im Rahmen von MSS-Einsätzen<br />

grundsätzlich nur Vollerhebungen durchgeführt, um auch für die einzelnen<br />

Klassen auf der Datenbasis einer Vollerhebung Schlussfolgerungen formulieren<br />

zu können.<br />

Ad (6) Klarheit über die ‚Datenhoheit’: Im Kollegium, aber auch unter<br />

Eltern und SchülerInnen sollte nicht nur klar sein, was mit welchen Daten<br />

passiert, sondern sie sollten darüber auch eigenverantwortlich entschieden<br />

haben. Es muss vor der Evaluation mit aller gebotener Transparenz gemeinsam<br />

festgelegt werden, wer die Ergebnisse bzw. welchen Teil davon zurückgemeldet<br />

bekommt. Es muss unbedingt abgeklärt werden, was mit den personenbezogenen<br />

Daten passiert. An Schulen sind davon v.a. DirektorInnen und Klassenvorstände<br />

betroffen, da die Offenlegung ihrer Ergebnisse sofort auch ihre Anonymität<br />

aufhebt. Aber es sind auch die einzelnen LehrerInnen dann betroffen,<br />

wenn Daten zu ihrem Unterricht in den einzelnen Klassen erhoben werden.<br />

Wenn die personenbezogenen LehrerInnendaten nur die jeweiligen LehrerInnen<br />

selbst erhalten – wofür durchaus einiges spricht, wie Sicherung eines<br />

Freiraums, gelassen reagieren zu können, Vermeidung von Reaktanz etc. – dann<br />

sollten dies die SchülerInnen und Eltern von Anfang an wissen, um Enttäuschungen<br />

darüber zu vermeiden, dass die Daten nicht publik werden. Es muss<br />

also klar ausgesprochen und schriftlich festgehalten werden, was mit den Daten


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 49<br />

auf keinen Fall passieren darf (z.B. Weiterleitung an den/die DirektorIn oder die<br />

Schulbehörde) oder auf jeden Fall passieren muss.<br />

Ad (7) Konsens zwischen den Betroffenen: Insbesondere für den Schulbereich<br />

gilt: Es muss im Kollegium und darüber hinaus auch zwischen den LehrerInnen<br />

einerseits und den Eltern und SchülerInnen andererseits ein grundlegender<br />

Konsens hergestellt werden. Nur wenn alle beteiligten und betroffenen<br />

Personengruppen (nicht jede einzelne Person) den Sinn von Evaluation erkennen,<br />

ist eine Durchführung effizient und nutzbringend durchführbar. Dies<br />

schränkt in keiner Weise die Möglichkeiten einzelner Personen ein, sich nicht an<br />

der Evaluation (in aktiver oder passiver Weise) zu beteiligen. Bezüglich folgender<br />

Bereiche ist ein Konsens unbedingt herzustellen:<br />

(a) auf welche Art Evaluation durchgeführt werden soll,<br />

(b) zu welchem Zweck die Evaluation an der Schule stattfinden soll,<br />

(c) welche Bereiche und Inhalte evaluiert werden sollen,<br />

(d) was mit den Ergebnissen geschieht, wer also beispielsweise Zugriff – im<br />

Sinne von ‚data ownership’– auf die Daten erhält.<br />

Wenn die genannten sieben Punkte ausreichend berücksichtigt werden, so zeigt<br />

die Beratungspraxis der Autoren, ist damit zu rechnen, dass für die konstruktive<br />

Durchführung einer Evaluation eine hinreichende Akzeptanz unter den Betroffenen<br />

erreicht werden kann.<br />

2.2.4 Vorteile wissenschaftlich fundierter Evaluation in der Schulentwicklung<br />

In diversen Einleitungswerken und Handbüchern zur Schulentwicklung, Schulautonomie<br />

und Schulqualität(ssicherung) wird auch der Bereich der Evaluation<br />

behandelt. Es wird durchgängig darauf hingewiesen, dass die Evaluation einerseits<br />

wissenschaftlichen Kriterien genügen soll, andererseits aber nicht schulfern<br />

im wissenschaftlichen Elfenbeinturm stattfinden darf, sondern praxis- und problembezogen<br />

sein muss.<br />

Hier liegt offensichtlich ein Problem vor. Es ist kaum anzunehmen, dass an<br />

den Schulen ExpertInnen für Evaluation sitzen, die bisher nur darauf gewartet<br />

haben, zum Einsatz zu kommen. Weiters darf auch kaum erwartet werden, dass<br />

sich einzelne LehrerInnen in kurzer Zeit zu solchen ExpertInnen ausbilden<br />

lassen werden – oder auch nur die Zeit für eine derartige zeitintensive Ausbildung<br />

(wissenschaftstheoretische Kenntnisse, Methodik, Statistik, Softwareanwendung,<br />

Kenntnisse verschiedener Skalen und Fragebatterien etc.) haben. Wie


50 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

im Rahmen des MSS dieses Dilemma zu lösen versucht wird, wird in Abschnitt<br />

3.1.3 erörtert. An dieser Stelle soll nur auf die Notwendigkeit einer wissenschaftlich<br />

fundierten, also dem aktuellen Stand der Wissenschaft entsprechenden,<br />

Evaluation hingewiesen werden.<br />

Es gibt eine ganze Reihe von Gründen, die für eine wissenschaftliche<br />

Evaluation sprechen und die im Folgenden kurz dargestellt werden sollen:<br />

(1) Wissenschaftliche ExpertInnen verfügen über das (sozial-)psychologische,<br />

(schul-)pädagogische und (organisations-)soziologische Hintergrundwissen,<br />

das für eine wissenschaftliche Evaluation nötig ist.<br />

(2) Nur sie dürften in der Regel das ausreichend umfangreiche Wissen über<br />

die verschiedenen bereits entwickelten und im Umlauf befindlichen Erhebungsinstrumente<br />

und deren aktuelle Versionen haben. Fragebögen zu Themen wie<br />

Schulangst, Schulunlust, Aggressionen, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen, soziale<br />

Unsicherheit, Schulbewältigungsstrategien, Bildungsziele, Prüfungsangst,<br />

soziale Kompetenz, Metaphernerhebung etc., um nur einige wenige hier zu nennen,<br />

können nur ausgebildete Personen fachgerecht einsetzen.<br />

(3) ExpertInnen verfügen zudem über das nötige Handwerkszeug für eine<br />

verlässliche Fragebogenkonstruktion, Interviewdurchführung oder systematische<br />

Beobachtung. Nur wenn dies sichergestellt ist, lässt sich ein Ergebnis verantwortbar<br />

interpretieren.<br />

(4) Statistische Kenntnisse und der effektive und sichere Umgang mit der<br />

entsprechenden Computer-Software sind für eine moderne Evaluation umfangreicheren<br />

Stils, wie er bei einer Vollerhebung im schulischen Bereich und bei<br />

der Erfassung aller am Schulprozess beteiligten Personengruppen anzustreben<br />

ist, unerlässlich. Dies wiederum ist erst die Basis, um Daten überhaupt richtig<br />

interpretieren zu können.<br />

(5) Nur WissenschaftlerInnen sind schließlich mit verschiedenen erziehungswissenschaftlichen<br />

Paradigmata – d.h. grundsätzlichen Herangehensweisen an<br />

z.B. die Schulwirklichkeit – vertraut. Es handelt sich hierbei etwa um das handlungstheoretische<br />

Paradigma, den Aktionsforschungsansatz, das empirisch-analytischen<br />

Paradigma, den Konstruktivismus etc.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 51<br />

(6) Der ‚von außen kommende Wissenschaftler’ ist nicht in schulinterne<br />

Dynamiken, Cliquenbildungen, Interessensvereinigungen, Schulgeschichte und<br />

unaufgearbeitete Schulgeschichte(n) etc. involviert und insofern grundsätzlich<br />

der Schule und ihren Mitgliedern gegenüber weitgehend neutral eingestellt.<br />

(7) Daraus ergibt sich ferner die Möglichkeit, als objektive/r (unvoreingenommene/r)<br />

BetrachterIn von außen in Konfliktsituationen vermittelnd einzugreifen.<br />

Dieses Eingreifen kann darüber hinaus auch noch auf der Basis professioneller<br />

Konfliktmanagementtechniken erfolgen.<br />

(8) Ein externe/r Beauftragte/r bringt eine ‚Außensicht’ an die Schule heran.<br />

Betriebsblindheit, die jeden trifft, der innerhalb einer Organisation jahrelang arbeitet,<br />

kann so leichter aufgedeckt werden. Alte, eingeschliffene Denkgewohnheiten<br />

und Handlungsroutinen können dadurch in Frage gestellt werden.<br />

(9) Eine unbeeinflusste Sicht von außen begünstigt das Aufbrechen selbst<br />

von (automatisch-unbewussten) gruppendynamischen Prozessen: der Abwertung<br />

bestimmter Kollegiumsmitglieder, der Meinungsinselbildung etc. kann so entgegengewirkt<br />

und die Ressourcen an einer Schule können besser genutzt werden.<br />

(10) Externe, wissenschaftlich-technologisch ausgebildete EvaluatorInnen<br />

stehen schließlich auch außerhalb der hierarchischen Strukturen der Institution.<br />

Sie brauchen daher z.B. keinerlei Repressionen zu fürchten, wenn sie unangenehme<br />

Fragen ansprechen und Themen ins Spiel bringen.


52 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 53<br />

3. Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />

Schulentwicklungsprojekten<br />

In diesem Kapitel wird nun der Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />

(MSS) im Detail vorgestellt (3.2). Zunächst wird aber noch<br />

auf die wissenschaftstheoretischen Grundlagen des MSS eingegangen. (3.1)<br />

3.1 Wissenschaftstheoretische Grundlagen<br />

Derzeit lassen sich im Bereich der schulischen Evaluation in Österreich im Wesentlichen<br />

zwei unterschiedliche erziehungswissenschaftliche Paradigmen<br />

ausmachen. Auf der Grundlage beider Paradigmen werden Evaluationsprojekte<br />

an österreichischen Schulen durchgeführt. Es handelt sich hierbei um das<br />

‚empirisch-analytische’ Paradigma und das Paradigma der ‚Aktionsforschung’.<br />

Da beide Paradigmen als rivalisierend aufgefasst wurden und werden, sollen sie<br />

im Folgenden kurz dargestellt werden. Daran anschließend wird die Möglichkeit<br />

der wechselseitigen Nutzbarmachung beider Paradigmen erörtert. (Vgl. dazu<br />

auch: RIFFERT & PASCHON 2001)<br />

3.1.1 Empirisch-analytisches Paradigma<br />

Das empirisch-analytische oder hypothetico-deduktive Paradigma (vgl. dazu<br />

etwa BREZINKA 1971, S. 51-59) in der Erziehungswissenschaft legt besonderen<br />

Wert auf eine möglichst strenge Einhaltung hochentwickelter methodologischer<br />

Kriterien und Standards in der wissenschaftlichen Forschung: empirisch gehaltvolle<br />

Theorien sind in durchdachten experimentellen bzw. quasi-experimentellen<br />

Designs für Gruppen und Einzeluntersuchungen auf ihren Wahrheitswert<br />

hin zu überprüfen; die dabei verwendeten Instrumente haben den<br />

jeweils aktuellen wissenschaftlichen Stand in Bezug auf Objektivität, Validität<br />

(Gültigkeit im Sinne der Interpretationsadäquatheit) und Reliabilität (Zuverlässigkeit<br />

im Sinne der Messgenauigkeit) zu entsprechen. (Ausführlich dazu:<br />

LEUTNER 1999). Der professionelle Umgang mit und Einsatz von Forschungsinstrumenten<br />

kann daher nur durch entsprechend wissenschaftlich ausgebildetes<br />

Personal erfolgen.<br />

Technologische Interventionen, aber auch deren Bewertung (durch Evaluation)<br />

sollten aus ethischen Gründen nur auf der Basis bewährter wissenschaftlicher<br />

Theorien und Instrumente durchgeführt werden, falls und insoweit solche


54 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Theorien vorhanden sind und entsprechende Erhebungsinstrumente vorliegen.<br />

Denn wissenschaftlich bewährtes Wissen verfügt über wesentlich mehr Verlässlichkeit<br />

als das kaum je streng überprüfte Alltagswissen; tiefgreifende Veränderungen<br />

etwa in sozialen Bereichen (und damit auch in der Erziehung und im<br />

Schulwesen) sollten daher immer auf der Basis wissenschaftlich fundierter<br />

Theorien und Instrumente durchgeführt werden, wenn dies möglich ist. (Vgl.<br />

BUNGE 1967, S. 145) Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass im<br />

Schulbereich die betroffenen LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern aber meist<br />

zu wenig Zeit und Ressourcen haben, um sich in die wissenschaftlichen Methoden<br />

und Theorien so umfassend einzuarbeiten, um damit effizient und verlässlich<br />

umgehen zu können.<br />

Dass die wissenschaftlich fundiert erhobenen Ergebnisse auch praxisrelevant<br />

sein sollten, wird im empirisch-analytischen Paradigma zwar auch immer wieder<br />

betont (vgl. etwa: BREZINKA 1971, 73-81), aber diese Forderung steht in einem<br />

anerkannten Spannungsverhältnis zu der Tatsache, dass die Einhaltung hochstehender<br />

methodischer Gütekriterien oft nur in Laborsituationen und somit bei<br />

der Untersuchung von künstlich vereinfachten Problemstellungen in einem gewünscht<br />

hohen Ausmaß möglich ist. (Vgl. z.B. WEINERT 1967; MCKEACHIE<br />

1974; BRONFENBRENNER 1976; LEHNER 1994, S. 104f, LEUTNER 1999, S. 129)<br />

So stellen durchaus auch VertreterInnen des empirisch-kritischen Ansatzes fest,<br />

dass sich die Aktionsforschung gerade aus der Kritik an mangelnder Praxisrelevanz<br />

empirisch-kritischer Sozialforschung entwickelt hat. (Vgl. etwa:<br />

BAUMERT 1977, S. 228) Und so manche VertreterIn des empirisch-analytischen<br />

Paradigmas spricht sich auch angesichts der mageren Relevanz der Ergebnisse<br />

methodologisch hochstehender Laborforschung für die komplexen Alltagsprobleme<br />

der PraktikerInnen sogar für den Wechsel von der Laborforschung zur<br />

Feldforschung aus und „nimmt die für ein solches Vorgehen bekannten Mess-,<br />

Prüf- und Versuchsplan-Probleme in Kauf.“ (HERRMANN 1979, S. 225)<br />

3.1.2 Das Paradigma der Aktionsforschung<br />

Bei der Erörterung des Paradigmas der Aktionsforschung ist es zunächst notwendig<br />

eine Differenzierung anzubringen, um unnötige Konfusionen zu vermeiden.<br />

Zu unterscheiden ist zwischen der ‚alten‘ Aktionsforschung, die bis in die<br />

siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum etabliert<br />

war und dann unerwartet rasch an Einfluss verloren hat, sowie der<br />

ursprünglich im britischen Raum in den siebziger Jahren entwickelten ‚action<br />

research‘, die im Folgenden aus rein pragmatischen Gründen der leichteren


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 55<br />

Unterscheidbarkeit schlagwortartig als ‚neue‘ Aktionsforschung (vgl. MOSER<br />

1995, S. 208) bezeichnet wird.<br />

Die alte Aktionsforschung war stark emanzipatorisch und damit z.T. im<br />

Einflussbereich der kritischen Theorie der Frankfurter Schule auf radikal gesellschaftspolitische<br />

Veränderung hin orientiert. Als solche verstand sie sich als<br />

alternative Wissenschaftskonzeption zum empirisch-analytischen Paradigma<br />

(CREMER & KLEHM 1977, S. 143). Aus dieser stark emanzipatorischen Grundhaltung<br />

heraus wurde in der Folge oft dem Praxisbezug Vorrang vor der<br />

Einhaltung wissenschaftlicher Gütekriterien eingeräumt: „Ob Kriterien ‚klassischer’<br />

Forschung eingehalten, modifiziert oder durch andere methodologische<br />

Kriterien ersetzt werden müssen, muss von der jeweiligen Fragestellung und<br />

Zielsetzung einer Untersuchung und von der Struktur des zu untersuchenden<br />

pädagogischen Feldes abhängig gemacht werden.“ (KLAFKI 1973, S. 490) Eine<br />

derartige ‚Aufweichung‘ methodologischer Standards kann nur als äußerst<br />

bedenklich eingestuft werden, da sie in der Konsequenz jeglicher Scharlatanerie<br />

Tür und Tor öffnet.<br />

So verwundert es auch nicht, dass die alte Aktionsforschung im deutschen<br />

Sprachraum ab dem Ende der siebziger Jahre kaum mehr als eine marginale<br />

Rolle gespielt hat. Einer der Gründe für ihren raschen Niedergang dürfte – so<br />

darf wohl mit einigem Grund vermutet werden – im Scheitern der AktionsforscherInnen<br />

zu suchen sein, der empirisch-analytischen Kritik an ihren methodologischen<br />

Positionen Paroli bieten zu können. Die Verquickung von Wissenschaft<br />

mit einem emanzipatorisch motivierten Veränderungsimpetus (vgl. dazu<br />

etwa die sehr polemische, aber nichts desto trotz weitgehend stichhältige Zusammenstellung<br />

von Kritikpunkten an der ‚alten’ Aktionsforschung bei: ZECHA<br />

& LUKESCH 1986) trug zu ihrem raschen Niedergang mit bei. Andererseits ist<br />

das stille Verschwinden aber sicherlich auch durch die wirtschaftlichen Veränderungen<br />

und den damit einhergehenden Ausfällen an kostspieligen Feldforschungsaufträgen<br />

seitens des Staates und der Wirtschaft (z.B. VW Stiftung,<br />

vgl. etwa: MÜLLER & SCHRÖTER 1975) bedingt gewesen.<br />

Etwa zur selben Zeit als die ‚alte’ Aktionsforschung in Deutschland im Begriffe<br />

war sich aufzulösen, wurde im britischen Raum damit begonnen, eine<br />

(neue) Konzeption von ‚action research’ zu entwickeln. (z.B. STENHOUSE 1975;<br />

ELLIOTT 1976) Ausläufer dieser ‚neuen’ Aktionsforschung haben nun in den<br />

letzten eineinhalb Jahrzehnte den europäischen Kontinent erreicht und sind in<br />

Österreich etwa von Herbert ALTRICHTER und Peter POSCH (1994) aufgegriffen<br />

und propagiert worden.


56 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

VertreterInnen der ‚neuen’ Aktionsforschung haben sich von der ‚alten’ Aktionsforschung<br />

distanziert und sie für obsolet erklärt. Sie legen eine Reihe von<br />

Kriterien vor, anhand derer die ‚alte’ von der ‚neuen’ Aktionsforschung zu<br />

unterscheiden sei. Diese Differenzierungsmerkmale sind allerdings durchwegs<br />

sehr abstrakter, teilweise philosophischer Natur, wohingegen die Ähnlichkeiten<br />

und Analogien zwischen beiden Konzeptionen u.E. doch viel deutlicher hervortreten:<br />

(1) die Bedeutung der Praxisrelevanz aktionswissenschaftlicher Forschung<br />

und – damit junktimiert – (2) eine gewisse Skepsis gegenüber (sozial-)wissenschaftlicher<br />

Methodologie. Dies führt auch bei AktionsforscherInnen nicht<br />

selten zu einem merkwürdigen Schwanken zwischen verbaler Anerkennung<br />

methodologischer Standards und deren praktischer Ablehnung. Als Beispiel mag<br />

ein Zitat aus einem Praxishandbuch zur Selbstevaluation dienen:<br />

„Aber Selbstevaluation ist in Schulen keine Schul- und Unterrichtsforschung,<br />

sondern Praxisforschung von Lehrerinnen und Lehrern. [...] Deshalb ist es zwar<br />

wichtig, ‚solide’ Instrumente zu haben, schließlich soll es bei der Evaluation darum<br />

gehen, zu gesicherten und datengestützten Beschreibungen und Bewertungen<br />

von Schulrealität zu kommen. Aber für die Selbstevaluation müssen keine<br />

Qualitätskriterien an die Instrumente angelegt werden, wie sie für wissenschaftliche<br />

Forschungsinstrumente notwendig sind.“ (BURKARD & EIKENBUSCH 2000,<br />

S. 194)<br />

In diesem Zitat zeigt sich dieses ‚Schwanken’ ganz deutlich: Einerseits wird betont,<br />

dass auch Selbstevaluation nur auf der Grundlage von ‚gesicherten und<br />

datengestützten Beschreibungen und Bewertungen’ verantwortet erfolgen kann,<br />

gleichzeitig wird aber auch behauptet, dass für die einzusetzenden Erhebungsinstrumente<br />

‚keine Qualitätskriterien’ wie für ‚wissenschaftliche Forschungsinstrumente’<br />

nötig sind. Dies führt dann zu dem Ergebnis, dass die einzusetzenden<br />

Instrumente als ‚solid’ bezeichnet werden; und wenn nicht alles täuscht,<br />

führt das Unbehagen der Autoren mit diesem Ergebnis dazu, dass sie diesen<br />

Ausdruck – ‚solid’ – unter Anführungszeichen setzen. Es stellt sich allerdings<br />

sofort die Frage, wann bzw. unter welchen Bedingungen ein Erhebungsinstrument,<br />

zwar nicht wissenschaftlich, aber doch ‚solid’ – was immer dies auch<br />

bedeuten soll – ist. Wenn es in der Selbstevaluation, wie in jeder Evaluation, um<br />

die Bewertung von Veränderungen auf einer möglichst wahrheitsgetreuen Basis<br />

geht (und BURKARD und EIKENBUSCH scheinen dieser Ansicht zu sein), dann ist<br />

der Einsatz von Instrumenten, die wissenschaftlichen Gütekriterien genügen,<br />

unerlässlich. Zur Wahrheit führt keine Abkürzung, die uns die Auseinandersetzung<br />

mit Wissenschaft ersparen würde. Das Problem, das hier sichtbar


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 57<br />

wird, hängt mit einer nicht oder unsachgemäß durchgeführten Unterscheidung<br />

zwischen wissenschaftlicher Forschung und Praxisforschung (oder Technologie)<br />

zusammen. Der Unterschied besteht – wie BUNGE gezeigt hat – nicht darin, dass<br />

Praxisforschung oder Technologien nichtwissenschaftlich seien. Der Unterschied<br />

besteht vielmehr darin, dass wissenschaftliche Forschung auf die<br />

Entdeckung neuen Wissens abzielt, während Praxisforschung/Technologie wissenschaftlich<br />

bewährte Erkenntnisse im Rahmen eines pragmatisch vorgegebenen<br />

Problemlösungsprozesses einsetzt und sich darauf stützt. Technologien<br />

setzen also wissenschaftliche Forschung voraus und setzen deren Ergebnisse –<br />

soweit in einem pragmatischen Kontext sinnvoll – zur Problemlösung ein.<br />

Auch die ‚neue’ Aktionsforschung legt, wie schon die ‚alte’ Aktionsforschung<br />

und im Unterschied zum empirisch-analytischen Paradigma, von vorneherein<br />

aus wissenschaftspraktischen und ethischen Überlegungen heraus besonderen<br />

Wert auf die Einbindung der Betroffenen und die Berücksichtigung ihrer<br />

Interessen. Im Schulbereich sind die Betroffenen insbesondere die LehrerInnen,<br />

aber auch die SchülerInnen bzw. deren Eltern. Durch die Einbindung der<br />

Betroffenen – die wie ja bereits erwähnt, in Österreich seit einigen Jahren auch<br />

gesetzlich verankert ist (14. SCHOG-Novelle) – soll der Praxisbezug der Forschungsresultate<br />

sichergestellt werden, der – so wird oft geargwöhnt – beim empirisch-analytischen<br />

Ansatz aufgrund der Praxisferne externer ForscherInnen,<br />

die zudem „Forschungsinteressen nachgehen, die nicht den Handlungsinteressen<br />

ihres ‚Gastgebers’ entsprechen müssen“ (ALTRICHTER & POSCH 1994, S. 106),<br />

allzu leicht verloren gehen kann. Daher wird auch gefordert, dass die Lehrer-<br />

InnenforscherInnen sich ihre eigenen Erhebungsinstrumente konzipieren sollten.<br />

Es ist durchaus nachvollziehbar, dass die „Fertigung eines eigenen Werkzeugs<br />

[...] eines der wirkungsvollsten Mittel [ist], die Beteiligten zu motivieren“<br />

(DALIN & ROLFF 1990, S. 104; vgl. auch: BURKARD & EIKENBUSCH 2000, S.<br />

192); fordert man aber gleichzeitig für diese Instrumente die Erfüllung der<br />

Gütekriterien wissenschaftlicher Forschung, so wird sehr schnell auch in den<br />

Reihen der Aktionsforscher das Dilemma offensichtlich: „Hochentwickelte Validitätsprüfungsverfahren<br />

erfordern einen Aufwand, der von einem forschenden<br />

Lehrer kaum zu erwarten ist.“ (ALTRICHTER & POSCH 1994, S. 91) Daher ist es<br />

dann aber auch nicht weiter verwunderlich, wenn etwa POSCH und ALTRICHTER<br />

bezüglich ‚selbstgestrickter’ Erhebungsinstrumente ein ernüchterndes Resümee<br />

ziehen: „Allerdings liefern sie [die selbst konzipierten Erhebungsinstrumente],<br />

wie die Beispiele zeigen, relativ karge Informationen.“ (ALTRICHTER & POSCH<br />

1994, S. 106) Und darüber hinaus – so muss man leider anfügen – ist die<br />

Qualität dieser Informationen angesichts mangelnder Reliabilität und Validität


58 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

überdies auch oft noch sehr fragwürdig. Dies veranlasst etwa H. MOSER zu dem<br />

Schluss, dass die Aktionsforschung sich nur dann dauerhaft in der scientific<br />

community wird etablieren können, „wenn es ihr gelingt, auch methodologisch<br />

Anschluss an den gegenwärtigen Stand der Diskussionen – vor allem im Bereich<br />

der qualitativen Methoden – zu finden.“ (MOSER 1995, S. 213) Hier bleibt nur<br />

noch darauf hinzuweisen, dass dies selbstverständlich auch – und sogar in einem<br />

höheren Ausmaß – für die quantitativen Methoden gilt.<br />

Aber selbst die effiziente Suche und verantwortete Auswahl von Erhebungsmethoden,<br />

etwa von Skalen und Fragebatterien aus bereits entwickelten Messinstrumenten,<br />

wird in aller Regel die Betroffenen und selbst die PraxisexpertInnen<br />

überfordern: weder das Wissen um die Existenz der vielen vorhandenen<br />

Messinstrumente, ihren fachgerechten Einsatz und den jeweiligen theoretischen<br />

Hintergrund, sowie noch weniger die Bewertung der dazu vorliegenden<br />

messtheoretischen Kennwerte und damit ihrer Brauchbarkeit, kann realistischer<br />

Weise in einem nötigen Ausmaß vorausgesetzt werden. Methodensammlungen<br />

(vgl. etwa: MOSER 1997, ROLFF, BUHREN, LINAU-BANK & MÜLLER 1999) können<br />

hier zwar hilfreich sein, bieten aber einerseits ebenfalls nur einen kleinen<br />

Ausschnitt möglicher Instrumente und sind andererseits – was die Anleitung<br />

zum professionellen Einsatz der Instrumente anbelangt – häufig zu kurz<br />

und/oder oberflächlich gehalten.<br />

3.1.3 Konkurrenz oder Kooperation?<br />

Der Modulansatz zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten (MSS)<br />

stellt nun angesichts dieser Dilemmasituation den Versuch dar, unbezweifelbar<br />

wichtigen Grundanliegen beider Paradigmata – Sicherstellung der Praxisrelevanz<br />

der Forschungsergebnisse und der Einhaltung anerkannter methodischer<br />

Standards der Forschung – im Bereich der Schulentwicklung in einem<br />

Ausmaß erreichbar zu machen, wie es keinem der beiden Paradigmata für sich<br />

alleine bisher gelungen ist. Im Bereich der Schulentwicklung ist die verbesserte<br />

Realisierung beider genannten Hauptkriterien (Praxisrelevanz und Wissenschaftlichkeit)<br />

deshalb von besonderer Bedeutung, weil es sich teilweise um<br />

Eingriffe in das psycho-soziale Milieu ganzer Schulen handelt, die zu weitreichenden<br />

Folgen für eine große Zahl von Menschen führen. Bei Schulentwicklung<br />

handelt es sich um technologische Interventionsmaßnahmen, die das<br />

schulische Leben verändern. Solche technologischen Eingriffe lassen sich aus<br />

ethischer Perspektive – wie bereits angeführt – nur dann rechtfertigen, wenn sie<br />

auf der Basis praxisrelevanten und zugleich wissenschaftlich verlässlichen Wissens<br />

vorgenommen werden.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 59<br />

Bevor Konzeption, Einsatzmöglichkeiten und -ablauf von MSS vorgestellt<br />

werden, soll kurz skizziert werden, wie die Erreichung dieser beiden Hauptkriterien<br />

im MSS gewährleistet wird.<br />

Die Einhaltung hoher methodischer Standards, welche die Objektivität,<br />

Reliabilität und Validität der Resultate sicherstellen sollen, wird durch die Arbeit<br />

wissenschaftlich ausgebildeter ExpertInnen gewährleistet: Es werden etwa<br />

wissenschaftlich gut bewährte und für die Praxis der Schulentwicklung relevante<br />

Skalen und Fragebatterien ausgewählt und in den Modulpool aufgenommen.<br />

Andererseits werden die Statements der Fragebatterien so formuliert, dass die<br />

Ergebnisse nach Durchführung der Erhebungen auch (für die PraktikerInnen und<br />

die Betroffenen generell) eindeutig interpretierbar sind. Zudem besteht auch die<br />

Möglichkeit, dass für schulspezifische Fragestellungen eigene Fragebatterien<br />

entwickelt werden. Einen ersten Überblick über die Module des MSS bietet<br />

Anhang 1 (A.1)<br />

Die Sicherstellung ethischer Standards und der Praxisrelevanz wird durch<br />

Einbeziehung der Betroffenen – möglichst aller LehrerInnen, SchülerInnen und<br />

Eltern – erreicht. Der Auftrag für ein Evaluationsprojekt muss von den Betroffenen<br />

selbst an das MSS-Team herangetragen werden. Darüber hinaus erhalten die<br />

Betroffenen beim MSS-Einsatz zunächst (1) die Möglichkeiten der Modulauswahl:<br />

In Form eines Diskurses werden von den VertreterInnen der drei Personengruppen<br />

die jeweils relevanten Module ausgewählt. Das MSS-Team bietet<br />

dabei lediglich ‚wissenschafts-pragmatische’ Hilfestellung an: es weist etwa darauf<br />

hin, dass Skalen nur ganz oder gar nicht in den Fragebogen integriert werden<br />

können, oder erläutert den theoretischen Hintergrund und die Relevanz<br />

einzelner Skalen für die Schulentwicklung (z.B. der ‚Selbstwirksamkeitsskalen’<br />

oder der Subskala zur ‚sozialen Erwünschtheit’). Die Modulauswahl selbst und<br />

die damit explizit oder implizit einhergehenden Zielsetzungen des Schulentwicklungsprojekts,<br />

das mittels MSS stimuliert und evaluiert werden soll, bleiben<br />

völlig in der Souveränität der drei Personengruppen. Darüber hinaus (2) liegt<br />

selbstverständlich auch die Festlegung des Umgangs mit sensiblen – Einzelpersonen<br />

betreffende – Daten und die Frage der Anonymität einzig im Entscheidungsbereich<br />

der drei Personengruppen. Seitens des MSS-Teams wird im<br />

Verlauf der Diskussion verschiedener möglicher Varianten beim Umgang mit<br />

diesen Daten lediglich auf die verschiedenen Konsequenzen – Vor- und Nachteile,<br />

sowie etwaige Gefahren – der einzelnen Varianten hingewiesen. Ein MSS-<br />

Einsatz erfolgt nur dann, wenn die VertreterInnen aller drei betroffenen Personengruppen<br />

ihr Einverständnis zur Themenauswahl und zum Umgang mit der


60 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Anonymität äußern, das schließlich in einem Vertrag zwischen MSS-Team und<br />

Schule schriftlich fixiert wird. (vgl. auch An hang A.2)<br />

Abschließend sei aber nochmals explizit darauf hingewiesen, dass im<br />

Rahmen von MSS-Einsätzen eine reflektierte Ergänzung zwischen den beiden<br />

rivalisierenden Paradigmata stattfindet, keinesfalls aber eine naive Vermischung<br />

zwischen wissenschaftlicher Forschungsaktivität und praktischen Maßnahmen<br />

zur Schulentwicklung oder (schul-)politischen Aktionen, da selbstverständlich<br />

„eine unkontrollierte Veränderung des Feldes mit der gleichzeitigen Erhebung<br />

von Daten im Feld unvereinbar ist.“ (HABERMAS 1971, S. 18; ähnlich auch<br />

ZECHA & LUKESCH 1982, S. 370) Es wird vielmehr der bewusst reflektierte<br />

Versuch unternommen, Diagnostik, Veränderungsmaßnahmen und Evaluation in<br />

ein wissenschaftlich und praktisch sinnvolles Prozedere zu integrieren.<br />

Die gerade angesprochenen Punkte sollen im Folgenden ausführlicher dargestellt<br />

werden.<br />

3.2 Die MSS-Konzeption<br />

Beim MSS handelt es sich um einen Bausatz zur Erstellung von situationsspezifischen<br />

Messinstrumenten 5 , das speziell zur Evaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />

entwickelt wurde. Ein Evaluationsinstrument für situationsspezifische<br />

Anforderungen zu konzeptionieren war deshalb nötig, weil sich jede Schule<br />

durch ein ganz spezielles inneres und äußeres Milieu auszeichnet. Eine Schule<br />

verfügt über ganz spezifische interne personelle, räumliche und logistische<br />

Ressourcen und ist zudem in eine Umwelt mit ganz speziellen Anforderungen,<br />

Möglichkeiten und Grenzen eingebettet. Bei der Schulentwicklung geht es nun<br />

um die Erarbeitung von individuellen Schulprofilen die diese einzigartigen internen<br />

und externen Kontexte ausreichend berücksichtigen, ja nutzen. Es war<br />

also unmöglich, ein fertiges Erhebungsinstrument zu entwickeln, das in der<br />

Folge für alle Schulen zur Anwendung hätte kommen können. Der Vergleich<br />

von Schulen ist überdies in diesem Zusammenhang, wenn überhaupt, nur von<br />

einer nachgeordneten Bedeutung. Um der zentralen Forderung nach<br />

Situationsspezifität des Messinstruments Rechnung tragen zu können, wurde ein<br />

semi-strukturiertes Messinstrument auf Modulbasis entwickelt, das aufgrund<br />

seiner Beschaffenheit zu Adaptationen auf möglichst viele unterschiedliche<br />

Schulsituationen fähig sein sollte.<br />

5 Eine Theorie der Situationsspezifität menschlichen (Sozial-)Verhaltens wurde von PATRY<br />

(1991) vorgelegt. Vgl. dazu auch PATRY & RIFFERT (2000).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 61<br />

3.2.1 Der MSS-Analysewürfel<br />

Ein zentrales Merkmal und eine wesentliche Stärke des MSS stellt also seine<br />

grundlegende Offenheit für die Aufnahme bzw. Entwicklung von neuen speziell<br />

für eine bestimmte Schule relevanten Modulen dar. So können etwa bestimmte<br />

Personengruppen (SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern) bereits intuitiv Problemfelder<br />

wahrgenommen haben: etwa hohe Aggressivität unter UnterstufenschülerInnen.<br />

Oder aber die Relevanz eines Themas ergibt sich aus der einmaligen<br />

Situation an einer Schule, wie z.B. die Möglichkeit neu zur Verfügung gestellte<br />

Räumlichkeiten sinnvoll zu nutzen oder die Akzeptanz, Effektivität und (vielleicht<br />

unerwünschten) Nebeneffekte eines neu eingeführten Unterrichtsschwerpunkts<br />

oder Schulzweigs zu evaluieren.<br />

Um bei der Entwicklung neuer Module nicht vorschnell zu enge Sichtweisen<br />

einzubringen bzw. wichtige Aspekte zu übersehen, wurde vom MSS-Team der<br />

MSS-Analysewürfel entwickelt.<br />

Eine Dimension dieses Würfels stellt die von der Evaluation betroffenen<br />

Personengruppen bzw. die Interaktionsmöglichkeiten zwischen ihnen dar (Y-<br />

Achse in Abbildung 5). In der Schule sind dies vor allem SchülerInnen, LehrerInnen<br />

und Eltern, aber auch SchulleiterInnen, AdministratorInnen, Landesschul-<br />

und FachinspektorInnen. Daneben kann aber natürlich auch außerschulische<br />

Klientel (z.B. <strong>Universität</strong>en, Fachhochschulen, potentielle ArbeitgeberInnen,<br />

Vereine etc.) Berücksichtigung finden.<br />

Neben dieser Personen-Dimension sind die Inhalte bzw. Themen (im MSS<br />

durch Module abgedeckt) eine weitere wichtige Evaluationsdimension (X-Achse<br />

in Abbildung 5). Schließlich sind einige der unverzichtbaren Erhebungsinstrumente<br />

auf der Z-Achse der Abbildung 5 angeführt.<br />

Datenerhebungsmethode<br />

Modul-Thema<br />

Abb. 5: Dimensionen des MSS-Analysewürfels<br />

Personengruppe


62 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Diese Dimensionen können also in Form eines Würfels dargestellt werden. Die<br />

grafische Darstellung hat den Vorteil, dass auf einen Blick alle logischen Kombinationsmöglichkeiten<br />

zwischen den drei Dimensionen erfasst werden können.<br />

. . .<br />

Internat. Leistungsvergleich <br />

Aggressionen<br />

Beobachtung<br />

Interview<br />

Fragebogen<br />

Test<br />

Diskussion<br />

Feedback Führungsstil <br />

Bildungsziele<br />

Eltern<br />

SchülerInnen<br />

Schulleitung<br />

LehrerInnen<br />

Abb. 6: Mögliche Aspekte der drei Modulwürfel-Dimensionen;<br />

X-Achse: Themen (Auswahl), Y-Achse: Personengruppen (Auswahl),<br />

Z-Achse: Erhebungsinstrumente (Auswahl)<br />

.<br />

.<br />

.<br />

.<br />

Absolvent-<br />

Innen<br />

Dieses Würfelmodell bietet den an einem Evaluationsprojekt beteiligten Personen<br />

eine wichtige Hilfestellung, da es die Übersicht und den Diskussionsprozess<br />

erleichtert, sowie auf die Notwendigkeit einer Festlegung aller drei Dimensionen<br />

bereits im Anfangsstadium des Projekts verweist. Beispielhaft wird<br />

dies in Abbildung 6 anhand einiger ausgewählter Beispiele illustriert.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 63<br />

Interview<br />

1<br />

Informationsfluss<br />

7<br />

Internat.<br />

Leistungs-<br />

vergleich<br />

Test<br />

Eltern<br />

Interview<br />

Visionen<br />

2<br />

SchülerInnen<br />

Unterrichtsfeedback <br />

Schulleitung<br />

Fragebogen<br />

Bildungsziele�<br />

Fragebogen<br />

3<br />

Bildungsziele�<br />

Bildungsziele�<br />

6<br />

Fragebogen<br />

Diskussion<br />

5<br />

LehrerInnen<br />

4<br />

SchülerInnen<br />

Eltern<br />

LehrerInnen<br />

Abb. 7: Modulwürfel: Sieben ausgewählte Modulwürfel;<br />

�... Am Beispiel ‚Bildungsziele’ wird gezeigt, dass ein Thema auf verschiedene<br />

Personen-gruppen bezogen werden kann und dabei auch verschiedene Datenerhebungsmethoden<br />

(Fragebogen, Diskussion) zur Anwendung kommen können.


64 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

In Abbildung 7 wurden zur weiteren Illustration sieben fiktive MSS-Würfel ausgewählt:<br />

(1) Informationsfluss/Eltern/Interview, (2) Visionen/Schulleitung/Interview,<br />

(3) Unterrichtsfeedback/LehrerInnen/Fragebogen, (4) Bildungsziele/Eltern/Fragebogen,<br />

(5) Bildungsziele/LehrerInnen/Diskussion, (6) Bildungsziele/<br />

SchülerInnen/Fragebogen und (7) Internationaler Leistungsvergleich/SchülerInnen/Test.<br />

Die Würfel (4), (5) und (6) thematisieren alle drei die Bildungsziele, sind<br />

aber jeweils auf eine andere Personengruppe bezogen. Dies erlaubt es, dieses<br />

Thema multiperspektivisch aus dem Blickwinkel jeder dieser Gruppe ins Visier<br />

zu nehmen und Vergleiche anzustellen.<br />

Im Würfel (7) geht es darum, zu erheben, wie die SchülerInnen (einer bestimmten<br />

Altersstufe) der Schule leistungsmäßig in einem bestimmten Fach im<br />

Verhältnis zu SchülerInnen des gesamten Landes oder sogar international liegen.<br />

Eine derartige Erhebung wäre prinzipiell dann möglich, wenn – wie dies<br />

beispielsweise bei TIMSS (vgl. TÖGLHOFER 2001) der Fall ist – die Fragestellungen,<br />

welche in internationalen Studien eingesetzt worden sind, und die<br />

erhobenen Resultate den Schulen für Vergleiche zur Verfügung stehen.<br />

Im Modulwürfel (3) geht es darum, dass sich die LehrerInnen durch ihre<br />

SchülerInnen Feedback bezüglich Ihres Unterrichts geben lassen. Dieses Modul<br />

wird im Abschnitt 5.7 ausführlicher dargestellt.<br />

Natürlich kann auch die Schulleitung zu ihren Vorstellungen und Visionen<br />

bezüglich künftiger Entwicklungen an der Schule befragt werden (Würfel 2).<br />

Ähnliches gilt für den Würfel (1), bei dem etwa die Mitglieder des Elternvereinsvorstands<br />

zum Thema Informationsfluss zwischen ihm und der Schulleitung,<br />

den LehrerInnen oder den Eltern interviewt werden.<br />

3.2.2 Der Modulpool<br />

Wie bereits oben kurz umrissen, bedeutet ‚Modulkonzeption’, dass sich der<br />

MSS aus Modulen verschiedener Abstraktionsniveaus zusammensetzt: Jedes<br />

einzelne Modul auf beliebiger Abstraktionsstufe (also auch jedes übergeordnete<br />

Super- bzw. untergeordnete Submodul) ist beispielsweise in einen schulspezifisch<br />

konzipierten Fragebogen integrierbar. Gerade durch diese Flexibilität<br />

wird die schulspezifische Konstruktion von Fragebögen möglich, die der Einzelschule<br />

gerecht werden kann. (Vgl. auch: PASCHON & RIFFERT 2004 & 1997)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 65<br />

3.2.2.1 Themen<br />

Der MSS-Itempool besteht derzeit aus einigen tausend einzelnen Items, die den<br />

Schulen zur Verfügung stehen. Um an Übersichtlichkeit zu gewinnen, wurden<br />

Items zu Modulen zusammengefasst. Unter ‚Modul’ wird eine komplexe Ganzheit<br />

verstanden, die eine (relativ) geschlossene Funktionseinheit bildet. Im MSS<br />

deckt ein Modul folglich jeweils einen eindeutig abgegrenzten Inhalt aus dem<br />

Bereich der Schulentwicklung ab (z.B. Bildungsziele, Aggressionen, Schulbewältigungsstrategien,<br />

Elternverein, Prüfungsangst, soziale Kompetenz, Schulklima,<br />

Klassenklima, LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktionen etc.). Die jeweils<br />

für SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern entwickelten ca. 150 Module decken<br />

damit ein weites Spektrum der für Schulentwicklung relevanten Themenbereiche<br />

ab. Die Module ihrerseits bestehen jeweils aus mehreren Items oder Skalen.<br />

Ein Item besteht dem Anspruch nach aus genau einer eindeutig interpretierbaren<br />

Frage. Der MSS-Itempool besteht derzeit aus etwa 4.000 Fragen.<br />

Bei der Itemgewinnung wurden unterschiedliche Wege beschritten: (a)<br />

deduktiv- theoriegeleitet und (b) induktiv-praxisorientiert:<br />

Ad (a): In die Auswahl und Ausarbeitung der einzelnen Module floss die<br />

jahrelange Lektüre erziehungswissenschaftlicher Literatur zur Schulentwicklung<br />

und –qualitätsforschung ein; es ist aber natürlich unmöglich, alle Quellen, die<br />

die Autoren beeinflusst haben, im Detail den einzelnen Modulen zuzuordnen.<br />

Stellvertretend sollen hier aber einige der zentralen Werke angeführt werden:<br />

HELMKE (2003), ROLFF, BUHREN, LINDAU-BANK und MÜLLER (1999), EDER<br />

(1996), SPECHT und THONHAUSER (1996), ALTRICHTER und POSCH (1994),<br />

PHILIPP (1992), HERBER (1983) und FEND (1981).<br />

Ad (b): Darüber hinaus boten sich im Rahmen der Schulberatungstätigkeit<br />

der Autoren vielfältige Anlässe zur Modulentwicklung. Insbesondere die unterschiedlichen<br />

Perspektiven der Personengruppen (LehrerInnen, SchülerInnen,<br />

Eltern, DirektorInnen, Landesschul- und FachinspektorInnen, etc.) waren diesbezüglich<br />

besonders fruchtbar und wiesen teilsweise über die in der Literatur<br />

meist behandelten Themenbereiche hinaus.<br />

Neben den allgemein üblichen sozialstatistischen Angaben sind zwei Arten<br />

von Modulen zu unterscheiden:<br />

1) Personengruppenübergreifende Module, welche sich auf alle drei befragten<br />

Zielgruppen (LehrerInnen, SchülerInnen, Eltern) anwenden lassen, wie<br />

beispielsweise die Module ‚schulische Infrastruktur’ (z.B. Wanderklasse(n),<br />

Klassenräume, Schulgebäude, Lehrmittel etc.), ‚Interaktionen’ (z.B. Eltern-


66 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

LehrerInnen-Kontakte, DirektorIn etc.), ‚Unterricht’ (z.B. Einführung neuer<br />

Fächer, Lehrpläne, Nachhilfe, neue Lehr- und Lernmethoden etc.), ‚Schulorganisation’<br />

(z.B. Schulfeste, Elternsprechtage, Konferenzen etc.). In diesen<br />

Modulen kann der multiperspektivische Aspekt besonders wichtig sein, um die<br />

Sichtweisen der Personengruppen einander gegenüber zu stellen.<br />

2) Daneben gibt es spezifische Module, die nur auf eine der Personengruppen<br />

anwendbar sind. Dazu zählen u.a.: (a) für SchülerInnen spezifischen Module wie<br />

z.B. Fragen zum Schul- und Klassenklima; (b) für die LehrerInnen Fragen zum<br />

Konferenzzimmer, den Lehrplänen, den Disziplinproblemen oder den Beziehungen<br />

unter den KollegInnen und (c) für die Eltern Fragen zu den Elternsprechtagen,<br />

den Beziehungen der Eltern untereinander sowie zu Stärken und<br />

Schwächen des Elternvereins. Eine weitere wichtige Einsatzmöglichkeit des<br />

MSS stellt (d) die Transferevaluation (v. SALDERN 1997, GRAUDENZ &<br />

RANDOLL 1992) dar. Es geht darum, die AbsolventInnen zur Relevanz ihrer<br />

schulischen Ausbildung bezüglich <strong>Universität</strong>s-, Berufs- und Alltagsleben zu<br />

befragen. Dabei wird nicht nur der Leistungs- sondern auch der persönlichkeitsbildende<br />

Aspekt schulischer Ausbildung in einem speziellen AbsolventInnenmodul<br />

berücksichtigt. Ferner (e) erlaubt der MSS auch die Entwicklung<br />

von ‚schulspezifischen Items’, die jeweils nur an der entsprechenden<br />

Schule sinnvoll einsetzbar sind, wie spezielle Zusatzangebote an dieser Schule<br />

(z.B. spezielles Informatikangebot, Maturaballvorbereitung, Zusammenarbeit<br />

mit örtlichen Vereinen etc.). Schließlich (f) besteht bei den SchülerInnenmodulen<br />

zusätzlich die Möglichkeit, schulstufenspezifische Module einzusetzen,<br />

wie etwa für die SchülerInnen der ersten Klassen (5. Schulstufe) zum<br />

Themenbereich Überstiegsprobleme oder für SchülerInnen der 4. bzw. 5. Klasse<br />

(8. bzw. 9. Schulstufe) Fragen nach den Gründen für den Schulverbleib bzw.<br />

einen Schulwechsel. Darüber hinaus wurden einzelne Module für den Einsatz in<br />

den ersten bis dritten Klassen (5. bis 7. Schulstufe) sprachlich an die Altersgruppe<br />

angepasst, um die Verständlichkeit seitens der jüngeren SchülerInnen zu<br />

gewährleisten. (vgl. Tabelle 1)<br />

Durch die Auswahl sowohl personengruppenübergreifender als auch persongruppenspezifischer<br />

Module können spezielle Schwerpunktsetzungen an den jeweiligen<br />

Schulen erfolgen: So kann etwa der Bereich ‚Aggressionen’ bei den<br />

SchülerInnen ausgespart werden, wenn kein Anlass zur Überprüfung dieses<br />

Bereichs besteht. Es könnte etwa das Submodul ‚LehrerInnen-Eltern-Interaktion’<br />

einer umfassenderen Untersuchung unterzogen werden, wenn sich Kommunikationsprobleme<br />

in der Vergangenheit störend bemerkbar gemacht haben.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 67<br />

So kann der Bereich ‚Administration’ vernachlässigt werden, falls die damit zusammenhängenden<br />

Agenden reibungslos funktionieren und zu keinerlei Klagen<br />

Anlass geben. Es könnte hingegen das Submodul ‚KollegInnen’ einer ausgedehnteren<br />

Untersuchung unterzogen werden, falls Kommunikationsabläufe,<br />

Cliquenbildungen etc. in der Vergangenheit zu Problemen geführt haben sollten.<br />

Unterstufenformulierung<br />

Oberstufenformulierung<br />

In dieser Schule lernt man, …<br />

In dieser Schule geht es darum, dass …<br />

wie man gut mit anderen zusammenlebt. soziale Fähigkeiten erworben werden.<br />

was richtig und gerecht ist. ethische Einstellungen erworben werden.<br />

wie die technischen Geräte funktionieren. technisches Verständnis gefördert wird.<br />

wie die Dinge (z.B. in der Natur)<br />

zusammenhängen.<br />

gelehrt wird, Zusammenhänge zu erfassen.<br />

Zusammenhänge zwischen den<br />

fächerübergreifende Zusammenhänge bewusst<br />

Unterrichtsgegenständen klar erkennen. werden.<br />

was für die Natur gut und was für sie schädlich<br />

ist.<br />

Sensibilität für die Natur gefördert wird.<br />

wie uns heute Zeitungen, Radio, Fernsehen und die Bedeutung der Massenmedien erkannt<br />

Computer beeinflussen.<br />

wird.<br />

anderen zu helfen, auch wenn es mir Nachteile die SchülerInnen zur Zivilcourage motiviert<br />

einbringen könnte.<br />

werden.<br />

sich durchzusetzen. Selbstbehauptungsvermögen ausgebildet wird.<br />

Tab. 1: Beispielformulierungen für Unter- und Oberstufe<br />

aus dem Modul ‚Bildungsziele’<br />

Module bzw. Submodule können folglich bestehen aus:<br />

(a) Item/Fragenaggregate: Das sind inhaltlich lose miteinander verknüpfte<br />

Items eines bestimmten Themenbereichs; einzelne Items können ausgewählt und<br />

isoliert eingesetzt werden. Beispiel: Schulveranstaltungen, LehrerInnen-SchülerInnen-Interaktionen,<br />

Räumlichkeiten.<br />

(b) Item/Fragebatterien: Das sind inhaltlich stärker aufeinander abgestimmte<br />

Itemkombinationen; einzelne Items sollten nicht isoliert eingesetzt werden;<br />

meist können nur Kombinationen von Items sinnvoller Weise aus einer Fragebatterie<br />

herausgelöst und eingesetzt werden. Beispiele: Schulbewältigungsstrategien,<br />

Aggressionen, Bildungsziele.<br />

(c) Skalen: Die Items/Fragen sind hier so eng miteinander verflochten, dass<br />

ein isolierter Einsatz einzelner Items sinnlos (zumindest aber zweckwidrig) ist;<br />

die Items einer Skala bilden eine Ganzheit, die den geläufigen testtheoretischen


68 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Gütekriterien (Reliabilität, Validität) genügt. Beispiele: Prüfungsangst, Selbstwirksamkeitsüberzeugungen.<br />

Zu den verschiedenen Themenbereichen wurden an der <strong>Universität</strong> Module ausgearbeitet,<br />

die ständig überarbeitet und verbessert werden. Außerdem werden<br />

auch bestehende Skalen übernommen oder inhaltlich für den Schulbereich adaptiert.<br />

Im Anhang (A.1) befindet sich eine Übersicht von wesentlichen Themen<br />

des Modulpools; eine Aufsplitterung dieser Themen bis auf Itemebene kann<br />

sowohl aus Platzgründen als auch wegen der permanenten Aktualisierung hier<br />

nicht angeführt werden. 6<br />

Um mit dem Modulpool effizient arbeiten zu können, wird jedem Item eine<br />

eindeutige Item-Bezeichnung (Item-Code) zugewiesen. Dies ermöglicht es auch,<br />

dass im Falle eines wiederholten Einsatzes des betreffenden Items an der gleichen<br />

Schule die Daten vernetzt werden können bzw. gleiche Items bei verschiedenen<br />

Schulen vergleichend zum Einsatz kommen können. Jedes Item bekommt<br />

einen achtstelligen Code, wobei das erste Zeichen ein Buchstabe ist, der dieses<br />

Item jener Personengruppe zuweist, die damit befragt wird: ‚S’ für SchülerInnen,<br />

‚L’ für LehrerInnen, ‚E’ für Eltern, ‚A’ für AbsolventInnen. Die nächsten<br />

drei Stellen verweisen auf das Modul, aus dem das Item stammt: z.B. S097<br />

bezieht sich auf Schulbewältigungsstrategien bei den SchülerInnenfragen. Im<br />

Modul E097 sind alle Items zu Schulbewältigungsstrategien der Eltern und in<br />

L097 jene für die Lehrerbögen abrufbar.<br />

E053 sind alle Fragen an die Eltern, die den Elternverein thematisieren, L053<br />

LehrerInnenfragen, die den Elternverein betreffen. Im Modul S053 sind demnach<br />

vergleichsweise wenige SchülerInnenfragen, die sich auf den Elternverein<br />

beziehen. Bei den meisten Modulen existieren einige Statements, die von allen<br />

drei Gruppen bewertet werden können. Darüber hinaus sind aber die Module je<br />

nach Relevanz für die einzelnen Gruppen unterschiedlich ausführlich und variieren<br />

im Gesamtumfang erheblich.<br />

Das Modul 065 bezieht sich beispielsweise auf den/die SchulleiterIn. Da für<br />

alle drei Personengruppen Fragen zum Thema Schulleitung bereitstehen, gibt es<br />

die Module S065, L065 und E065, wobei ein Teil der Fragen gleich lautend sein<br />

kann und ein anderer Teil der Fragen ausschließlich an eine bestimmte Personengruppe<br />

gestellt werden kann.<br />

6<br />

Interessierte LeserInnen können die jeweils aktuelle CD-Rom gegen einen Unkostenbeitrag von<br />

den Autoren erwerben.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 69<br />

Nach der eindeutigen Identifikation des Moduls folgt ein Unterstrich und<br />

dann neuerlich ein dreistelliger Zahlencode, der innerhalb eines Moduls mit<br />

‚_001’ beginnt und theoretisch bis ‚_999’ fortgeführt werden kann. Innerhalb<br />

eines vergleichbaren Moduls für SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern ist<br />

darauf zu achten, dass vergleichbare Items das gleiche Kürzel zugewiesen bekommen:<br />

z.B. das Item ‚Ich fühle mich in jenen schulischen Belangen, die mich<br />

betreffen, gut informiert’ kann für SchülerInnen (S028_101) oder LehrerInnen<br />

(L028_101) oder Eltern (E028_101) gleichermaßen eingesetzt werden. Dieses<br />

Item entstammt dem Modul 028 ‚Transparenz des Informationsflusses’. Items,<br />

die ausschließlich für den Einsatz an einer Schule entwickelt wurden, z.B.<br />

Bedarfsklärung eines schulspezifischen Freizeitangebots, bekommen als eindeutige<br />

Kennzeichnung eine Kombination aus MSS-Schulcode und laufender Itemnummerierung<br />

an dieser Schule; die erste MSS-Schule bekommt das Kürzel<br />

S800 bzw. L800 bzw. E800; nachfolgende Schulen die Nummern 801, 802 etc.;<br />

spezielle schulspezifische Items wäre demnach z.B. S805_043 oder E802_115.<br />

Durch diese Vorgehensweise ist gesichert, dass zusätzlich zu den angebotenen<br />

Optionen alle Fragen, die auch nur ein einziges Mal in einer einzigen<br />

Schule gestellt werden, in den Pool integrierbar sind. Die Modulauflistung und<br />

einige Prototypen von Fragebögen befinden sich im Anhang (A.3 bis A.8).<br />

Aus pragmatischen Gründen befindet sich im Fragebogen für jedes Item<br />

ganz rechts eine grau hinterlegte Spalte, aus der die genaue Modul-Adresse des<br />

Items hervorgeht, was eine Auswertungserleichterung darstellt (siehe Tabelle 2).<br />

Im Fragebogen selbst können die ausgewählten Statements so gemischt werden,<br />

dass sich keine Eintönigkeit beim Ausfüllen einstellt und Subskalen über das<br />

Instrument verteilt werden können.<br />

Ein Großteil der Items beim MSS misst ‚Einstellungen’, da es v.a. in der<br />

Ersterhebung bei Schulentwicklungsprojekten wichtig ist, die LehrerInnen-,<br />

SchülerInnen-, Elternmeinungen zu kennen und gegebenenfalls auf dieses<br />

Meinungsbild aufbauend Entscheidungen im Hinblick auf Entwicklungsziele zu<br />

treffen. Im MSS wird versucht, sowohl kognitive als auch affektive Aspekte zu<br />

operationalisieren und darüber hinaus einen Bezug zu konkreten Verhaltensintentionen<br />

herzustellen: Zusätzlich zum Statement ‚Es sollte an unserer Schule<br />

eine Arbeitsgruppe X geben’ (Forderung) erweist es sich als zweckmäßig nachzuhaken:<br />

‚Ich bin bereit, an der Arbeitsgruppe X mitzuarbeiten’ (Selbstverpflichtung).<br />

Solche Items haben den Zweck, der zunächst relativ unverbindlichen<br />

Forderung eine größere Verbindlichkeit zu verleihen. Über zusätzliche,<br />

meist offen gestellte Ergänzungsfragen, welche Erwartungen damit verknüpft


70 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

sind, kann die Motivlage eruiert werden, die hinter der Einstellungsaussage<br />

steckt.<br />

Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung durch<br />

Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den Mitschülern meiner<br />

Klasse.<br />

� � � � � S046_001<br />

Ich fühle mich in jenen schulischen Belangen, die mich betreffen, gut informiert � � � � � S028_101<br />

Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />

… � � � � � …<br />

Tab. 2: Auszug aus einem SchülerInnenfragebogen<br />

bestehend aus Items der Module 028 (Transparenz) und 046 (Klassenklima)<br />

Die meisten Fragen sind ‚geschlossen’ formuliert, also mit Antwortvorgaben.<br />

Dies erlaubt eine zeitökonomische Vorgehensweise in der Datenerhebung und -<br />

auswertung. Jede Frage kann nur einen inhaltlichen Aspekt erörtern; diese<br />

Anmerkung klingt zwar trivial, aber bei etlichen Schulentwicklungsinstrumenten<br />

stößt man auf das ‚two-in-one’-Problem, da offenbar versucht wird, mit wenigen<br />

Fragen auszukommen, dafür aber unzulässige Verknüpfungen von Aussagen in<br />

Kauf genommen werden: Bei SCHILF-Fortbildungen ist es beispielsweise<br />

mehrfach vorgekommen, dass LehrerInnen mangelhafte selbstkonstruierte Instrumente<br />

vorgestellt haben, in denen z.B. zwei Aussagen, die unterschiedlich<br />

bewertet werden konnten, in einem einzigen Item so kombiniert sind, dass eine<br />

eindeutige Beantwortung der Frage nicht mehr möglich ist: z.B.: ‚Unser<br />

Direktor informiert mich sehr gut und ermöglicht mir ausreichende Mitentscheidungsmöglichkeiten’.<br />

Der/die Antwortende könnte sich zwar gut informiert<br />

fühlen, aber andererseits der Meinung sein, nicht wirklich in Entscheidungen<br />

eingebunden zu werden – was soll er/sie nun ankreuzen?<br />

Da der MSS thematisch eher breit angelegt ist, gibt es (prinzipiell) keine<br />

Obergrenze an Fragen – wichtig ist, dass sie eindeutig, verständlich und treffsicher<br />

sind und verlässlich Auskunft über die Meinung der Befragten zu einem<br />

ganz bestimmten Sachverhalt geben. Zumeist werden die von der Schule ausgewählten<br />

Items im Fragebogen gut durchmischt, dennoch bleiben sie im überschaubaren<br />

Kontext zusammen, da dadurch für die Befragten eine thematische<br />

Struktur erkennbar bleibt.<br />

Kodierhilfe


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 71<br />

3.2.2.2 Am Schulprozess beteiligte Personengruppen<br />

Der MSS wurde so entwickelt, dass er die Einbeziehung aller drei im Schulprozess<br />

einer einzelnen Schule unmittelbar betroffenen Personengruppen – LehrerInnen,<br />

SchülerInnen und Eltern – erlaubt.<br />

3.2.2.2.1 LehrerInnen<br />

Im Zentrum der Überlegungen bei der Entwicklung des MSS stand zu Beginn<br />

die Notwendigkeit, LehrerInnenfragebögen aus dem Modulpool zu entwickeln.<br />

Inzwischen sind die meisten Module in adaptierter Form auch für Eltern und<br />

SchülerInnen einsetzbar. Die evaluierbaren Themen reichen von der schulischen<br />

‚Infrastruktur’, über ‚Interaktionen’, ‚Unterricht’, ‚Schulorganisation’, ‚Außenkontakte’,<br />

‚Aus- und Weiterbildung’ und ‚Schulethos’ bis hin zum ‚Schulentwicklungsprojekt’<br />

selbst. Die LehrerInnen können selbst entscheiden, wie sie<br />

die Schwerpunkte legen und wie umfangreich sie den Fragebogen gestalten.<br />

Im Zuge des Ausbaus der Autonomie erhalten die LehrerInnen die Möglichkeit,<br />

bei der Gestaltung ihres eigenen Unterrichts, aber auch eines eigenständigen<br />

Schulprofils verstärkt ihre individuellen Fähigkeiten und Ideen einzubringen.<br />

Daher wird im MSS zu diesem Thema ein Modul angeboten, um die<br />

Ressourcen der LehrerInnen, aber auch deren Grenzen heben zu können.<br />

Zu beachten ist, dass der MSS keinesfalls den, ein Schulentwicklungsprojekt<br />

vorantreibenden, Diskurs innerhalb der LehrerInnenschaft ersetzen kann. Er vermag<br />

allerdings die fundierte Datenbasis für diesen Prozess zu liefern bzw. beim<br />

formativen Einsatz nützliche Rückmeldungen für notwendige Korrekturen bereitzustellen.<br />

3.2.2.2.2 SchülerInnen<br />

Obwohl zahlenmäßig die stärkste der betroffenen Personengruppe, kamen die<br />

SchülerInnen bei anderen Schulentwicklungskonzepten meist nur – wenn überhaupt<br />

– in indirekter Form zu Wort, wenn nämlich LehrerInnen über Verbesserungen<br />

des Schulgeschehens befanden und damit auch über die SchülerInnen.<br />

Daher wurde bei der Entwicklung des MSS besonderes Augenmerk auf die<br />

adäquate Berücksichtigung der SchülerInnen gelegt. Schließlich sind sie es, die<br />

im Zentrum der schulischen Prozesse stehen (sollten).<br />

Andererseits wurde durch die Schulforschung der letzten Jahre immer wieder<br />

belegt, dass das Einvernehmen unter den beteiligten Gruppen ein wesentliches<br />

Element für das Gelingen schulischer und unterrichtlicher Bemühungen ist (vgl.<br />

etwa: NÖLLE 1993). Im MSS werden die SchülerInnen als MitgestalterInnen von


72 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Veränderungsprozessen aufgefasst, die – freilich altersspezifisch auf verschiedenen<br />

Niveaus – durchaus selber kritisch zu ihrer Arbeitssituation Stellung nehmen,<br />

Verbesserungsvorschläge einbringen und verantwortlich mitarbeiten können<br />

und dürfen. Will man nicht auf zweifelhafte Spekulationen über ihre Meinungen<br />

und Ansichten zurückgreifen, müssen die SchülerInnen selbst zu Wort<br />

kommen. „Eine schulweite Diagnose [...] bleibt unvollständig, wenn sie nur die<br />

Lehrerperspektive berücksichtigt, da die Einschätzung der betroffenen Kinder<br />

und Jugendlichen – quasi der ‚Kundschaft’ – fehlt.” (MÜLLER 1996, S. 22).<br />

Folglich wurde versucht, die SchülerInnenperspektive bei der Entwicklung der<br />

Module umfassend einzubeziehen, um auf ihrer Basis auch SchülerInnenfragebögen<br />

erstellen zu können.<br />

Damit der Modulfragebogen auch an den Langformen der Gymnasien (AHS)<br />

einsetzbar ist, mussten teilweise altersentsprechende Adaptierungen bei der<br />

sprachlichen Formulierung von Statements vorgenommen werden. In diese acht<br />

Jahre menschlicher Entwicklung fallen beachtliche Entwicklungsschübe und<br />

dementsprechende Veränderungen senso-motorischer, emotionaler, motivationaler<br />

und sozial-kognitiver Art. (Vgl. dazu: PIAGET & INHELDER 1986; MUSSEN,<br />

CONGER & KAGAN 1981) Daher musste bei der Modulentwicklung dem<br />

kognitiven Entwicklungsstand bezüglich des Itemverständnisses in einem<br />

Mindestmaß Rechnung getragen werden. Beim Modul ‚neue Fächer’ konnten<br />

etwa die Zehnjährigen (5. Schulstufe) selbstverständlich nicht einfach nach<br />

ihrem Wunsch bezüglich der Einführung eines Fachs ‚Ethik’ oder ‚Sozialerziehung’<br />

befragt werden. Es galt, die Bedeutung der Begriffe ‚Ethik’ und<br />

‚Sozialerziehung’ altersadäquat zu umschreiben. Überall dort, wo es unumgänglich<br />

war, wurden also altersentsprechende Anpassungen der sprachlichen Form<br />

der Statements durchgeführt. Die Adäquatheit der sprachlichen ‚Übertragungen’<br />

von Statements auf ein altersentsprechendes Niveau und deren Vergleichbarkeit<br />

mit den Ausgangsformulierungen muss allerdings erst noch anhand des<br />

inzwischen vorliegenden Datenmaterials einer Analyse unterzogen werden.<br />

3.2.2.2.3 Eltern<br />

Bis 1974 hatten die Eltern in Österreich den rechtlichen Status so genannter<br />

‚schulfremder Personen’ und mussten streng genommen für das Betreten der<br />

Schule eine Genehmigung einholen. An Mitbestimmung oder auch nur Mitberatung<br />

der Eltern in schulischen Angelegenheiten war folglich nicht zu denken.<br />

„Was das Schulleben betraf, hatten sie keine gesetzlich festgeschriebenen<br />

Rechte. Bildlich gesprochen – demokratisch-rechtsstaatliche Bedingungen fanden<br />

ihre Grenze am Schultor.” (REITMEIER 1991, S. 41). Mit der Verabschied-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 73<br />

ung des Schulunterrichtsgesetzes (SchUG) im Jahr 1974 erhielten die Eltern (ab<br />

der neunten Schulstufe im BHS-Bereich und ab der fünften Schulstufe in den<br />

AHS mit Unterstufe) in Österreich durch die Etablierung von Schulgemeinschaftsausschüssen<br />

(SGA) gesetzlich festgelegte und abgesicherte Mitbestimmungsrechte<br />

in insgesamt neun schulischen Entscheidungsbelangen. Darüber<br />

hinaus wurde den Eltern ein Mitberatungsrecht „in allen Fragen der Erziehung<br />

und des Unterrichts der Schüler” (SchUG-Novelle BGBl. 211/86 §62) eingeräumt.<br />

Der MSS trägt dieser Entwicklung hin zur verstärkten Demokratisierung der<br />

Schule Rechnung. Grundsätzlich können alle interessierten Eltern bei der<br />

Mitgestaltung des Schullebens mittels MSS eingebunden werden. So kann beispielsweise<br />

die Mitwirkung der Eltern durch gewählte VertreterInnen (z.B.<br />

Elternverein) erfolgen. Diese können an der Erstellung des MSS-Elternfragebogens<br />

(Modulauswahl) teilnehmen.<br />

Während in der einen Schule Spannungen zwischen Eltern und LehrerInnenschaft<br />

einen breiteren Einsatz der Eltern-LehrerInnen-Module als sinnvoll erscheinen<br />

lassen kann, mag in einer anderen Schule eher einer diffuse Unzufriedenheit<br />

mit dem Elternverein nachgegangen werden. Es besteht auch die Möglichkeit,<br />

Eltern in die Entscheidung einzubinden, wie viele und in welcher Form<br />

Elternsprechtage abgehalten werden sollten, oder ob die Fünf-Tage-Woche eingeführt<br />

werden sollte.<br />

Da Eltern nicht zuletzt für viele Schulveranstaltungen die Kosten für Auslandsaufenthalte,<br />

Sportwochen, Schullandwoche, Kulturveranstaltungen etc.<br />

tragen müssen, ist es mehr als angebracht, die Hauptträger der Lasten an der<br />

Planung zu beteiligen. Eltern könnten sich mittels MSS aber auch zu (vermeintlichen)<br />

Missständen – zu überzogenen oder aber unzureichenden Leistungsanforderungen<br />

und damit eventuell verbundenen (finanziellen) Belastungen (Nachhilfestunden,<br />

Mithilfe bei Hausaufgaben etc.) – äußern.<br />

Bereits der Umstand, in die Schulentwicklung eingebunden zu sein, eröffnet<br />

der Schule neue Perspektiven ‚von außen’, die bisher kaum so umfassend und<br />

unverzerrt in den Schulprozess eingebracht werden konnten. Die Anonymität<br />

der Fragebogenmethode wirkt der Angst mancher Eltern entgegen, durch kritische<br />

Äußerungen zum Unterrichts- und Schulgeschehen sich oder dem eigenen<br />

Kind zu schaden. Der MSS bringt somit die Eltern als unverzichtbare Partner im<br />

Schulalltag wesentlich stärker ins Spiel.


74 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

3.2.2.2.4 Schulpartnerschaft als gelebter Diskurs<br />

Alle drei am Schulprozess beteiligten Personengruppen werden im MSS berücksichtigt.<br />

Zum einen wird seitens des MSS-Teams bei der Ausarbeitung des<br />

Modulpools Wert darauf gelegt, dass einzelne wichtige Themenbereiche aus<br />

jeder der drei Interessenslagen und Perspektiven beleuchtet werden können.<br />

Diese Multiperspektivität sichert eine umfassende Erhellung schulischer Problembereiche.<br />

Zum anderen erhält jede Personengruppe die Möglichkeit, Module<br />

aus dem Modulpool für den Fragebogen der eigenen Gruppe, aber auch für<br />

die Fragebögen der anderen beiden Personengruppen auszuwählen. Schließlich<br />

sind auch alle drei Gruppen in die Entscheidung über den Umgang mit Daten<br />

eingebunden, der die individuelle Anonymität aufheben würde.<br />

3.2.2.3 Methoden<br />

Da den im Folgenden angeführten sozialwissenschaftlichen Datenerhebungsmethoden<br />

ein reichhaltiges Literaturangebot (z.B. ATTESLANDER 2000, DIEK-<br />

MANN 2004, BORTZ & DÖRING 2002) vorliegt, genügt es an dieser Stelle die<br />

Grundcharakteristik jedes dieser Methoden, sowie ihre Stärken und Schwächen<br />

überblicksartig darzustellen.<br />

3.2.2.3.1 Fragebogen<br />

Der Fragebogen dient zur schriftlichen Befragung von Personen, um dadurch für<br />

einen bestimmten Themenbereich relevante Informationen zu erheben. Grundsätzlich<br />

lassen sich zwei Arten von Fragen unterscheiden: offene und<br />

geschlossene Fragen. Bei offenen Fragen werden den Befragten keine Antwortmöglichkeiten<br />

vorgegeben, sondern die Formulierung der Antwort obliegt zur<br />

Gänze dem/der Antwortenden. Bei den geschlossenen Fragen werden Antwortkategorien<br />

vorgegeben, aus denen der/die Antwortende auszuwählen hat. Bei<br />

sogenannten ‚Ratingskalen’ wird der/die Befragte aufgefordert, den Grad der<br />

Zustimmung/Ablehnung zu einem vorgegebenen Statement anzugeben. Beim<br />

MSS kommen in diesem Fall meist fünfstufige Likertskalen (z.B. FEGER 1996)<br />

zum Einsatz. Es ist auch möglich, die Wichtigkeit der vorgelegten Antworten<br />

reihen zu lassen (Ranking).<br />

Da Fragebogenerhebungen sehr zeitökonomisch sind, finden sie in den<br />

Sozialwissenschaften häufig Anwendung. Auch bei MSS-Erhebungen wurde<br />

deshalb hauptsächlich diese Methode eingesetzt. Fragebogenerhebungen erlauben<br />

es, dass alle Personen (SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern) möglichst simultan<br />

Stellung zu den schulrelevanten Fragen beziehen. Durch diese Gleichzei-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 75<br />

tigkeit bei der Erhebung der Daten lassen sich verzerrende Effekte, wie etwa<br />

‚Inselbildungen von Meinungen’, vermeiden. Alle am Schulprozess beteiligten<br />

Personen können sich mit dem MSS unbeeinflusst von Opinionleadern und frei<br />

von Gruppendruck in Ruhe und anonym d.h. frei von Tendenzen zur sozialen<br />

Erwünschtheit in den Schulentwicklungsprozess von Anfang an einbringen.<br />

Vom MSS-Team wird immer die Empfehlung gegeben, ausreichend Zeit und<br />

Energie in die gemeinsame Diskussion bei der Itemauswahl zu investieren, um<br />

auf diese Weise die wichtigsten Fragen der Schule zu finden. Der Diskussionsprozess<br />

bei der Auswahl der Fragen stellt selbst einen nicht zu unterschätzenden<br />

Schulentwicklungsprozess dar, da sich die drei Personengruppen mit ihrer<br />

Schule auseinandersetzen müssen. Bisherige MSS-Einsätze zeigten, dass die<br />

Fragebögen maximal vier Seiten umfassen sollten. Beim MSS-Layout kommt<br />

man dann insgesamt immer noch in Abhängigkeit der gewählten Module auf<br />

120-180 Fragen. Diese vier DIN-A4-Seiten stellen nach bisherigen Erfahrungen<br />

einen gut zu bewältigenden Umfang dar, denn es zeigte sich bei SchülerInnen,<br />

LehrerInnen und Eltern ein erfreulich hoher Rücklauf von jeweils mindestens<br />

90%.<br />

Das diskursive Auswahlverfahren nimmt einige Zeit in Anspruch, stellt aber<br />

andererseits einen wichtigen Aspekt der Schulentwicklung dar: man muss sich<br />

mit der eigenen Schule auseinandersetzen und Gewichtungen unter den Themenbereichen<br />

vornehmen. Um den Diskussionsprozess effizient zu gestalten,<br />

setzt der Selektionsprozess nicht auf Itembasis, sondern auf Modulebene, an.<br />

Erst wenn abgeklärt ist, welche Themenbereiche (Module) relevant sind, wird<br />

auf die Itemebene gewechselt und eine weitere Eingrenzung relevanter Aspekte<br />

vorgenommen. Auf die prototypische Vorgehensweise wird in Kapitel 3.2.3<br />

ausführlicher eingegangen.<br />

3.2.2.3.2 Weitere Erhebungsmethoden im Überblick<br />

Fragebögen sind bislang die zentrale Erhebungsmethode des MSS. Zur Zeit<br />

arbeitet das MSS-Team daran, auch andere Erhebungsmethoden (insbesondere<br />

Beobachtungsbögen) zu entwickeln. Auch diese Instrumente können im Bereich<br />

Schulentwicklung sinnvoll eingesetzt werden. Es handelt sich hierbei vor allem<br />

um das Interview, die Beobachtung und den Test. Das MSS-Team betrachtet darüber<br />

hinaus auch die (geleitete) Diskussion als ein unverzichtbares Instrument.<br />

3.2.2.3.2.1 Interview<br />

Unter einem ‚Interview’ versteht man in den Sozialwissenschaften die mündliche<br />

Befragung einer Person durch eine/n InterviewerIn mit dem Ziel für einen


76 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Themenbereich relevante Informationen zu erhalten. Das Interview zählt, zusammen<br />

mit dem Fragebogen, zur am meisten angewandten sozialwissenschaftlichen<br />

Erhebungsmethode.<br />

Die wichtigsten Formen stellen das strukturierte (standardisierte) und das unstrukturierte<br />

Interview dar. Unter einem strukturierten Interview versteht man<br />

eine Befragung, bei der alle Details des Frageverhaltens des Interviewers (z.B.<br />

Themen- und Fragenreihenfolge) und das Reaktionsverhaltens des Interviewten<br />

(z.B. werden ausweichende Antworten nicht akzeptiert) genau festgelegt sind,<br />

um eine maximale Vergleichbarkeit von Daten zu erreichen, die (gegebenenfalls)<br />

von unterschiedlichen Interviewern systematisch erhoben wurden. Das<br />

unstrukturierte Interview geht hingegen von einer sehr allgemeinen Fragestellung<br />

aus und lässt dem Interviewten maximalen Spielraum bei der Beantwortung<br />

der Frage. Das unstrukturierte Interview eignet sich daher auch besonders<br />

dort, wo noch kaum Informationen zu einem bestimmten Themenbereich<br />

vorliegen; es dient daher in erster Linie explorativen Zwecken. Das strukturierte<br />

Interview ist vor allem dort angebracht, wo bereits Hypothesen zu einem Themenbereich<br />

vorliegen; es wird daher zur Hypothesenprüfung herangezogen.<br />

Bezogen auf den MSS bedeutet dies etwa, dass ein offenes Interview bei (zufällig<br />

oder gezielt) ausgewählten SchülerInnen eingesetzt wird, um sich einen<br />

ersten Überblick z.B. über Häufigkeit und Motive für Schulschwänzen an der<br />

Schule oder über Stärken und Schwächen der Schule zu verschaffen. Ein strukturiertes<br />

Interview könnte hingegen beim Themenbereich Aggressionen eingesetzt<br />

werden, da dieser Bereich wissenschaftlich bereits sehr gut untersucht ist<br />

und eine Reihe von ursächlichen Faktoren (körperlich Schwächere als Opfer,<br />

nur diffuse wahrgenommene Verhaltensregeln, (unbewusste) negative Verstärkung<br />

aggressiven Verhaltens durch LehrerInnen etc. – ausführlicher dazu:<br />

OLWEUS 1996) zielgerichtet im strukturierten Interview Schritt für Schritt ‚abgeklopft’<br />

werden können. Es eignet sich besonders dort, wo einzelne Personen<br />

oder zahlenmäßig kleine Personengruppen und nicht größere Gruppen befragt<br />

werden, also z.B. bei der Schulleitung, dem/der AdministratorIn, dem/der AbteilungsleiterIn,<br />

aber auch den Elternvereins- oder SGA-Mitgliedern.<br />

Da nicht von vornherein davon ausgegangen werden kann, dass bei sozial<br />

sensiblen Bereichen die Fragen auch immer wahrheitsgetreu beantwortet werden,<br />

wurden verschiedene Interviewtechniken entwickelt die dies sicherstellen<br />

sollen: das harte und das weiche Interview. Als ‚weich’ bezeichnet man ein Interview<br />

dann, wenn der/die InterviewerIn versucht, ein Vertrauensverhältnis zur<br />

befragten Person zu entwickeln, indem er/sie Sympathie gegenüber dieser Person<br />

(nicht aber gegenüber den spezifischen Inhalten der Antworten!) zeigt. Als


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 77<br />

‚hart’ bezeichnet man hingegen ein Interview, bei dem der/die InterviewerIn<br />

eine autoritäre Stellung gegenüber dem/der Interviewten einnimmt, also gewissermaßen<br />

eine ‚Verhörtechnik’ anwendet. Beide Formen scheinen geeignet,<br />

auch sozial sensible und daher nur latent vorhandene Sachverhalte und Meinungen<br />

aufzudecken. Folglich sind beide Techniken in der Schulentwicklungsarbeit<br />

dann sinnvoll einsetzbar, wenn bei einem Einsatz von Fragebögen mit Antworttendenzen<br />

in Richtung sozialer Erwünschtheit zu rechnen ist, oder der Schulentwicklungsprozess<br />

auf der Stelle tritt, ohne dass die Ursachen offen zur Sprache<br />

gebracht werden.<br />

In der Literatur wird zusätzlich zwischen Einzel- und Gruppeninterviews<br />

unterschieden. Gruppeninterviews werden beim MSS als spezielle Methode gesondert<br />

unter der Rubrik ‚Diskussion’ (vgl. 3.2.2.3.2.4) erörtert. Einzelinterviews<br />

sind bislang im Rahmen von MSS-Projekten meist aufgrund des hohen<br />

erforderlichen Zeit- und Personalaufwands in den damit einhergehenden finanziellen<br />

Erwägungen nicht zum Einsatz gekommen.<br />

3.2.2.3.2.2 Beobachtung<br />

In den Sozialwissenschaften versteht man unter ‚Beobachtung’ das aufmerksame,<br />

planmäßige und zielgerechte (kontrollierte) Wahrnehmen und Registrieren<br />

von Teilbereichen der Wirklichkeit (Vorgängen, Ereignissen, Verhaltensweisen<br />

von Menschen (und Tieren)) mit dem Ziel, den Gegenstand des jeweiligen<br />

Interesses möglichst genau zu erfassen. Es handelt sich daher bei der<br />

wissenschaftlichen Beobachtung im Gegensatz zur Alltagsbeobachtung um ein<br />

selektives, zielgerichtetes, objektives und systematisches Vorgehen.<br />

Beobachtung kann zum einen eine Kontrollfunktion haben, ob Befragte das,<br />

was sie vielleicht aufgrund von sozialer Erwünschtheit idealisierend von sich<br />

gegeben haben, auch tatsächlich tun. Andererseits muss man bei Beobachtung<br />

aber ebenfalls, sofern sie offen stattfindet, mit Reaktionen (z.B. sozialer Erwünschtheit)<br />

rechnen.<br />

Es lassen sich bei der Beobachtung als Datenerhebungsmethode einige Formen<br />

unterscheiden: (1) offen versus verdeckt, (2) Selbst- versus Fremdbeobachtung,<br />

(3) unsystematisch-unstandardisiert versus systematisch-standardisiert, um<br />

nur einige zu nennen.<br />

Ad (1): Bei einer verdeckten Beobachtung weiß der/die Beobachtete nicht,<br />

dass er/sie beobachtet wird, was ethische Probleme aufwirft, andererseits aber<br />

die Erfassung unverfälschten Verhaltens ermöglicht. Bei der offenen Beobachtung<br />

findet diese in Kenntnis der/des Beobachteten statt. Eine verdeckte<br />

Beobachtung ließe sich z.B. rechtfertigen, wenn die LehrerInnen bei einer Pau-


78 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

senaufsicht gezielt darauf schauen, ob und welche Verstöße gegen die Hausordnung<br />

in welchem Ausmaß in welchen Klassen besonders häufig auftreten<br />

(ohne jede Kleinigkeit gleich einzumahnen). Somit hat die Beobachtung den<br />

Zweck, einigermaßen gesichert Daten über diverse Regelverstöße zu erheben.<br />

Diese Daten können für Schulentwicklungsmaßnahmen (z.B. vor der Einführung<br />

eines Sozialtrainings in einer Klasse oder Schulstufe) den Ausgangspunkt darstellen;<br />

nach der Einführung eines solchen Trainings könnten neuerliche systematische<br />

Beobachtungen ergeben, dass in den Interventionsklassen im Vergleich<br />

zu den anderen Klassen etwa aggressives Verhalten seltener auftritt und somit<br />

die Intervention erfolgreich war. Bewusst könnte offene Beobachtung eingesetzt<br />

werden, wenn sich LehrerInnen gegenseitig hospitieren, um sich in Bezug auf<br />

klar definierte Beobachtungsziele (z.B. Umgang mit Störungen, Blickkontakt zu<br />

den SchülerInnen) Rückmeldung geben zu können. Natürlich sollte eine solche<br />

Sequenz mehrfach durchgeführt werden, da sich die Klasse bei einem nur ‚einmaligen<br />

Event’ dieser Art meist ‚untypisch’ verhält und somit eher ‚Schulinspektionsatmosphäre’<br />

ausgelöst wird. Wenn alle Betroffenen die Chance haben,<br />

sich an eine ‚beobachtete Situation’ zu gewöhnen, kehren sehr schnell die<br />

‚Alltagsmuster’ im Verhalten zurück, die dann im Feedback fokussiert werden<br />

sollen.<br />

Ad (2): Bei der Fremdbeobachtung hat der/die Beobachtende einen klaren<br />

Auftrag, was bei wem ‚unter die Lupe’ genommen und in welcher Form dies<br />

registriert werden soll. Bei der Selbstbeobachtung richtet die/der Beobachtende<br />

ihre/seine Wahrnehmung auf sich selbst (z.B. könnten alle SchülerInnen aufgefordert<br />

werden, eine Woche lang immer dann eine Notiz auf einem Vordruck zu<br />

machen, wenn sie ein Gefühl von ‚Angst/Ohnmacht’ empfinden – wer hat in<br />

welchen Situationen diese Emotion mit welcher Intensität wahrgenommen?).<br />

Dieser Befund kann insbesondere bei einer Schule, die sich im Schulleitbild ein<br />

‚angstfreies Lernen’ zum Ziel gesetzt hat, wichtige Daten zur realistischen<br />

Einschätzung des Ist-Zustands liefern. (Selbstverständlich ließe sich auch am<br />

Beispiel von ‚Humor’ oder ‚Schulfreude’ eine derartige Erhebung auf Basis der<br />

Selbstbeobachtung machen).<br />

Ad (3): Eine unsystematisch-unstrukturierte Beobachtung ist meist sehr vage<br />

und lediglich für die Exploration ratsam. Eine systematisch-strukturierte Wahrnehmung,<br />

die aufgrund ihrer Fokussierung sehr reliable und valide Ergebnisse<br />

liefert, braucht ein fundiertes Beobachtungskonzept und übersteigt bei der Erstellung<br />

schnell die methodischen Kenntnisse der SchulpraktikerInnen.<br />

Beobachtung hat zwar bei entsprechender Durchführung den Vorteil, objektive<br />

Daten zu liefern; die Grenze zur Interpretation verläuft aber in der Praxis


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 79<br />

leider oft allzu fließend. Beim MSS bietet sich Beobachtung insbesondere bei<br />

konkreten Schulentwicklungsprojekten fallweise an; aufgrund der Komplexität<br />

braucht es hierfür aber Hilfestellungen (Einschulungen) durch das MSS-Team.<br />

3.2.2.3.2.3 Test<br />

Unter einem ‚Test’ versteht man in den Sozialwissenschaften ein Messverfahren,<br />

mit dessen Hilfe der individuelle Ausprägungsgrad eines oder mehrerer<br />

empirisch feststellbarer Merkmale eines Menschen festgestellt und in Beziehung<br />

zur Verteilung der Ausprägung dieses Merkmals (dieser Merkmale) in einer<br />

gegebenen Population über die Eichstichprobe gesetzt werden kann. Es lassen<br />

sich u.a. folgende Testarten unterscheiden: Leistungs-, Persönlichkeits-, Einstellungs-,<br />

Motivations- und Verhaltenstest. (Vgl. auch ROST 2004, S. 45ff)<br />

Im Modulpool des MSS finden sich etwa Skalen zur Messung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen,<br />

Aggressionen, Schul- und Prüfungsangst sowie<br />

Schulunlust. Darüber hinaus ist es auch möglich, bei MSS-Einsätzen Leistungstests<br />

einzusetzen, die z.B. für die TIMSS- und PISA-Studien entwickelt wurden.<br />

Dies erlaubt den einzelnen SchülerInnen der Schule, sich untereinander, aber<br />

auch an den Ergebnissen der internationalen Erhebungen zu orientieren.<br />

3.2.2.3.2.4 Diskussion<br />

Unter ‚Diskussion’ versteht das MSS-Team primär das semi-strukturierte<br />

Gruppeninterview. Es spielt vor allem am Beginn von MSS-Schulentwicklungsprojekten,<br />

wie bereits oben erwähnt wurde, eine wichtige Rolle: Die Diskussion<br />

wird im Rahmen des MSS im explorativen Bereich der Modul- und Itemauswahl<br />

eingesetzt.<br />

Natürlich ist beim Einsatz der Diskussion als ‚Erhebungsmethode’ besondere<br />

Vorsicht geboten, da sich z.B. Opinionleader in den Vordergrund drängen können<br />

und das Gesamtbild so in Richtung Unifikation verzerrt werden kann. Daher<br />

ist bei diesem Instrument der Einsatz von professionellen DiskussionsleiterInnen,<br />

die über einen Fundus von Techniken verfügen, um derartige Verzerrungen<br />

zu vermeiden, unverzichtbar.<br />

Andererseits eröffnet die Diskussion aber auch Möglichkeiten und Chancen<br />

für den Schulentwicklungsprozess: Die Dynamik der Diskussion bietet dem<br />

MSS-Team Einblicke in systemische Zusammenhänge an der jeweiligen Schule.<br />

Bei sorgfältiger Durchführung stellt die Diskussion ein unverzichtbares Instrumentarium<br />

in der Schulentwicklung mittels MSS dar.


80 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Abschließend muss zum Thema Methoden klar festgehalten werden, dass der<br />

Einsatz nur professionell erfolgen darf, um zu interpretierbaren und verlässlichen<br />

Ergebnissen zu kommen. Da die notwendige Methodenkompetenz in der<br />

derzeitigen LehrerInnenausbildung nicht bzw. nur unzureichend vermittelt wird,<br />

bedarf die Schule der Unterstützung von außen. Diese wird durch das MSS-<br />

Team sichergestellt.<br />

3.2.3 MSS-Einsatzablauf<br />

Im Folgenden wird anhand von neun Schritten der idealtypische Ablauf eines<br />

MSS-Einsatzes skizziert. Teilweise Überschneidungen mit bereits vorgestellten<br />

Inhalten sind unvermeidbar. Diese sind jedoch für ein umfassendes Verständnis<br />

des Ablaufs eines MSS-Einsatzes unerlässlich und werden daher in Kauf<br />

genommen.<br />

Da ein MSS-Projekt sehr zeit- und personalaufwändig ist, braucht es in der<br />

Planung gewisse Vorlaufzeiten, um das Zeitbudget des Teams und der Schule<br />

aufeinander abzustimmen. Die Ausgangslage für ein MSS-Projekt ist für das<br />

Team insofern immer gleich, als bei der Kontaktaufnahme durch die Schule<br />

noch nicht abschätzbar ist, welche Themen vorrangig sein werden und welche<br />

Erwartungen an das MSS-Team herangetragen werden. Bisher ist noch kein<br />

MSS-Instrument in einer anderen Schule in gleicher Form zum Einsatz gekommen,<br />

und dies wird angesichts der schulspezifischen Unterschiede vermutlich<br />

auch weiterhin so bleiben.<br />

Es ist ein Grundprinzip für die Anbahnung eines MSS-Projekts, dass die<br />

Initiative von der Einzelschule ausgeht. Eine weitere conditio sine qua non des<br />

MSS-Einsatzes stellt die Bereitschaft zur Kooperation zwischen allen am Schulprozess<br />

beteiligten Personengruppen – LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern –<br />

dar. Ist diese nicht gegeben, so wird seitens des ForscherInnenteams der Einsatz<br />

des MSS abgelehnt. 7 Kann ein Konsens zwischen allen Schulpartnern hergestellt<br />

werden, so durchläuft der MSS-Einsatz immer – wenngleich auch oft in unterschiedlicher<br />

Intensität – die folgenden neun Schritte (vgl. Abbildung 8):<br />

7 Dies war bisher einige Male der Fall. In den meisten Fällen konnte kein Konsens zwischen<br />

ElternvertreterInnen und LehrerInnen bezüglich Modulauswahl und Umgang mit persönlichen<br />

Feedbackdaten der LehrerInnen erzielt werden.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 81<br />

Abb. 8: Die neun Schritte eines idealtypischen Ablaufs eines MSS-Einsatzes.<br />

1. Erstgespräch: Die Schule nimmt von sich aus mit dem MSS-Team Kontakt<br />

auf. Es wird ein Termin vereinbart, an dem das MSS-Team die Möglichkeiten<br />

und Grenzen eines MSS-Einsatzes jeder Personengruppe gesondert und ohne<br />

Anwesenheit von VertreterInnen der anderen beiden Personengruppen vorstellt:<br />

Dieses Treffen wird ‚Erstgespräch’ genannt. Zu diesem Termin sind alle offiziellen<br />

VertreterInnen der jeweiligen Personengruppen besonders eingeladen.<br />

Bei den LehrerInnen etwa die PersonalvertreterInnen, die SGA-Mitglieder und<br />

alle interessierten KollegInnen; bei den SchülerInnen sind dies die SchulsprecherInnen,<br />

die KlassensprecherInnen und KlassensprecherstellvertreterInnen,<br />

SGA-Mitglieder sowie interessierte SchülerInnen; für die Eltern sind in der<br />

Regel die gewählten ElternvertreterInnen (Elternvereinsobmann/frau, KlassenelternvertreterInnen<br />

etc.) und ebenfalls weitere interessierte Eltern anwesend.<br />

Somit sind potenziell alle ‚Betroffenen’ explizit eingeladen.<br />

Den Anwesenden wird ausreichend Möglichkeit für klärende Rückfragen an<br />

das MSS-Team geboten. Insbesondere die Problematik der Anonymität der<br />

Daten nimmt bei den LehrerInnen, aber auch bei den Eltern und SchülerInnen<br />

erfahrungsgemäß einen breiten Raum ein. Zu diesem Zeitpunkt müssen auch die<br />

weitere Vorgehensweise abgeklärt und die rechtlichen Rahmenbedingungen


82 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

fixiert werden, auf die im Abschnitt 3.2.4 genauer eingegangen wird. In dieser<br />

Phase wird fixiert, wie viele Aspekte maximal beim MSS-Projekt an dieser<br />

Schule einer Untersuchung unterzogen werden. Dies führt zur Bestimmung der<br />

maximalen Fragebogenlänge und zur Preiskalkulation des Projekts. Bislang<br />

waren es meistens die LehrerInnen, die in dieser Phase Bedenken anmeldeten,<br />

ob sich eine Untersuchung lohne. Es hat sich gezeigt, dass es für alle Seiten vorteilhaft<br />

ist, möglichen Vorbehalten entsprechenden Raum zu geben, damit auch<br />

die Skeptischen und Ängstlichen die Erfahrung machen können, dass jede/r<br />

ernst genommen wird und es nicht darum geht, möglichst schnell Fakten zu<br />

produzieren.<br />

2. Modulauswahl: Das MSS-Team wählt gemeinsam mit VertreterInnen jeder<br />

Personengruppe Themen aus, die für die eigene, aber auch für die anderen beiden<br />

Personengruppen an dieser Schule von besonderem Interesse sind. In dieser<br />

Phase besteht die Möglichkeit, dass für ganz spezielle Anliegen der jeweiligen<br />

Schule, für die bislang noch kein Modul vorliegt, vom MSS-Team ein neues<br />

Modul unter Einbeziehung der ExpertInnen vor Ort (LehrerInnen, SchülerInnen,<br />

Eltern) entwickelt wird.<br />

Hier haben sich unterschiedliche Vorgehensweisen bewährt, was u.a. von der<br />

Größe der Schule aber auch von den gegebenen organisatorischen Möglichkeiten<br />

abhängt; meist wurden SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern separat in<br />

dieser Phase begleitet, sodass zwischen den Gruppen nicht Druck oder Bevormundung<br />

(v.a. gegenüber den SchülerInnen) entsteht, sondern sich alle drei<br />

Gruppen intern mit der Materie vertraut machen können. Für jede Gruppe wird<br />

meist eine Zeitspanne von ca. zwei Unterrichtsstunden vorgesehen. In kleinen<br />

Schulen wurden alle SchülerInnen im Turnsaal vom MSS-Team in Groß- und<br />

Kleingruppenarbeit moderiert, in größeren Schulen wurden fallweise auch nur<br />

RepräsentantInnen der SchülerInnen (KlassensprecherInnen und StellvertreterInnen)<br />

eingebunden. Üblicherweise werden kleine Arbeitsgruppen von drei bis<br />

sechs SchülernInnen (klassenintern) gebildet, die eine Auflistung aller Module<br />

bekommen (siehe Anhang A.1). Diese dienen einer groben Strukturierung der<br />

schulrelevanten Themen. Jede Gruppe wird gebeten, jene Module zu kennzeichnen,<br />

die ihr als besonders wichtig erscheinen. Meist wird die mögliche<br />

Wahl auf zehn Module limitiert, damit sich jede Gruppe nach längeren Diskussionen<br />

auch intern einigen kann, welche Bereiche für sie für ein Meinungsbild<br />

an der Schule besonders bedeutsam sind. Bei Unklarheiten gibt das MSS-Team<br />

Hilfestellung.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 83<br />

Da insgesamt meist zwischen acht und fünfundzwanzig SchülerInnengruppen<br />

gebildet werden, entstehen entsprechend viele Wunschlisten, die im<br />

nächsten Schritt ausgewertet und aufeinander abgestimmt werden müssen:<br />

Welche Themen habe viele Gruppen gemeinsam, welche sind ganz bestimmten<br />

Klassen oder Schulstufen wichtig etc. Dieser erste Schritt der Modulauswahl<br />

soll helfen, dass nicht ca. 4.000 Items, sondern zunächst ‚nur’ 150 Module für<br />

jede Personengruppe zur Wahl stehen. In kleinen Schulen hat es sich bewährt,<br />

zusätzlich allen SchülerInnen jeweils ein Blatt Papier, aus dem die Klassenzugehörigkeit<br />

hervorgeht, zu geben, mit der Bitte, fünf Fragen bzw. Statements zu<br />

formulieren, die ebenfalls in den Fragebogen aufgenommen werden sollten.<br />

Darüber hinaus können zwei Fragen als besonders wichtig gekennzeichnet<br />

werden. Diese gewünschten Fragen werden vom MSS-Team durchgesehen,<br />

damit klar wird, ob sie bereits vom bestehenden Modulpool abgedeckt sind oder<br />

ob diese Fragen schulspezifische Bedeutung haben und bislang nicht vorgesehen<br />

sind.<br />

Solche SchülerInnenversammlungen, die aus Organisationsgründen am Vormittag<br />

stattfinden, beanspruchen meist zwei Unterrichtsstunden. Dies hat auf die<br />

SchülerInnen zweierler Auswirkungen: erstens wird ihnen klar, dass es eine für<br />

sie relevante Untersuchung ist, da sie – von Anfang an – eingebunden sind und<br />

zweitens, dass dieses Projekt so wichtig ist, dass (sogar) Unterrichtszeit dafür<br />

zur Verfügung gestellt wird.<br />

Am Nachmittag des gleichen Tages werden die LehrerInnen zum MSS-<br />

Treffen gebeten. Sie durchlaufen sinngemäß dasselbe Prozedere wie die SchülerInnen.<br />

Zum einen füllen sie das Blatt mit fünf besonders dringlichen Fragen<br />

aus, zum anderen arbeiten sie in kleinen KollegInnengruppen zusammen, um<br />

aus dem Modulpool die wichtigsten Module aus ihrer Sicht zu identifizieren. Es<br />

besteht hierbei die Möglichkeit zu differenzieren, welche Themen im LehrerInnenbogen,<br />

im Elternbogen und im SchülerInnenbogen angesprochen werden<br />

sollten. Die Personengruppen können demnach nicht nur für die eigenen Bögen<br />

wichtige Fragen festlegen, sondern auch Vorschläge unterbreiten, welche Fragen<br />

in den Fragebögen der anderen Personengruppen wichtig wären.<br />

Bislang wurden die Eltern von den Schulen für den frühen Abend desselben<br />

Tags eingeladen, um ihre Sichtweise festzulegen. Bei den Eltern waren mitunter<br />

sehr viele Interessierte dabei, manchmal nur eine kleinere engagierte Gruppe<br />

von ElternvertrerInnen. Die Einladung ergeht allerdings konzeptgemäß immer<br />

an alle. Am Ende dieser drei moderierten Sitzungen an einem Tag steht jeweils<br />

auch noch Zeit zur Verfügung, Fragen abzuklären, die weitere Vorgehensweise<br />

zu besprechen und jeweils Kontaktpersonen für das MSS-Team zu benennen,


84 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

die in den nächsten Schritten eingebunden sind. Manchmal sind dies die Mitglieder<br />

des SGA, gelegentlich melden sich aber auch andere Eltern. Der Modulauswahltag<br />

wird vom MSS-Team protokolliert. Auf Grundlage dieses Protokolls,<br />

der bearbeiteten Listen und der von den Anwesenden formulierten Fragen wird<br />

vom MSS-Team der Fragebogen in einer ersten Version zusammengestellt.<br />

3. Fragebogenerstellung: Das MSS-Team koordiniert die von den drei<br />

Personengruppen ausgewählten Module und erstellt einen ersten Fragebogenprototyp.<br />

Dieser Prototyp wird an die Schule – an alle drei Personengruppen<br />

bzw. deren VertreterInnen – meist aus Zeitgründen auf elektronischem Weg per<br />

E-mail zurückgemeldet; an der Schule werden von den Personengruppen Kürzungen,<br />

Ergänzungen oder Präzisierung vorgenommen. Dabei ist auch der gewünschte<br />

und vertraglich festgelegte Seitenumfang des Fragebogens im Auge zu<br />

behalten. Dieser Schritt wird so lange wiederholt, bis das Einverständnis aller<br />

drei Personengruppen bezüglich aller drei Fragebögen hergestellt ist. Diese<br />

Phase kann drei bis sechs Wochen in Anspruch nehmen. Schließlich wird die<br />

Endversion des Fragebogens in der erforderlichen Anzahl vervielfältigt und an<br />

die Schule geschickt.<br />

4. Datenerhebung: An der Schule wird nun die Ersterhebung bei allen drei Personengruppen<br />

(in etwa) gleichzeitig durchgeführt. Es wird eine Vollerhebung<br />

angestrebt, d.h. alle SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern können und sollen<br />

sich daran beteiligen. Durch die simultane Durchführung soll die Bildung von<br />

Meinungsinseln oder die Dominanz einzelner Personen vermieden werden. Dadurch<br />

wird erreicht, dass sich jede/r unbeeinflusst und ohne Angst vor Sanktionen<br />

zu relevanten schulischen Themen zu Wort melden kann. Insbesondere<br />

bei der SchülerInnenbefragung, die für alle SchülerInnen – soweit möglich<br />

(Schikurse, Schullandwochen etc.) – in derselben Stunde durchgeführt werden<br />

soll, ist auf die Wahrung der Anonymität zu achten: anwesende LehrerInnen<br />

dürfen während des Ausfüllens der Fragebögen durch die SchülerInnen keinesfalls<br />

durch das Klassenzimmer ‚patroullieren’ und den SchülerInnen ‚über die<br />

Schultern schauen’. Die KlassensprecherInnen versiegeln nach der vereinbarten<br />

Zeit ein Kuvert, das alle ausgefüllten Fragebögen enthält, mit ihrer Unterschrift.<br />

Die Kuverts aller Klassen werden zentral gesammelt und an das MSS-Team<br />

weitergeleitet. Die Datenerhebung selbst wird in allen Klassen im Ablauf<br />

standardisiert. (vgl. dazu Anhang A.9)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 85<br />

5. Datenauswertung: Die Eingabe der Daten für alle Personengruppen und die<br />

statistische Auswertung erfolgt durch das MSS-Team an der <strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong>.<br />

Zusätzlich erfolgt eine Interpretation der wichtigsten Ergebnisse. Die<br />

Fragebögen und Rohdaten bleiben an der <strong>Universität</strong> und werden dort archiviert.<br />

Keinesfalls – dies wird im Vertrag festgehalten – werden die Rohdaten an die<br />

Schule zurückgegeben, da dadurch an der Schule beispielsweise die Anonymität<br />

von Einzelpersonen aufgehoben werden könnte.<br />

6. Präsentation: Nach der Durchführung der Auswertung werden die wesentlichen<br />

Ergebnisse an der Schule mit Powerpointfolien präsentiert. Dazu werden<br />

wieder alle drei Personengruppen bzw. deren VertreterInnen eingeladen. Es werden<br />

die zentralen Ergebnisse der jeweiligen Zielgruppe vom betreuenden MSS-<br />

Team den drei Personengruppen (LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern) gesondert<br />

in einem jeweils etwa eineinhalbstündigen Vortrag präsentiert. Die Präsentation<br />

erlaubt es, offene Fragen gemeinsam mit dem MSS-Team abzuklären.<br />

Zusätzlich zum Vortrag bekommt die Schule Unterlagen in einfacher Ausfertigung,<br />

die ihr zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen: Dazu gehören<br />

der sogenannte Basisbericht (Zahlenbericht), die Antwortlisten aus den<br />

Ergänzungsfragen, der schriftliche Bericht mit weiteren Hinweisen für die<br />

Schulentwicklung, alle Powerpoint-Präsentationsfolien und schließlich eine CD-<br />

ROM mit der gesamten Dokumentation. Eine detailliertere Darstellung der<br />

Datenrückmeldung im Rahmen einer MSS-Evaluation wird im Abschnitt 3.2.5<br />

gegeben.<br />

7. Diskussion: Auf der Basis der erhobenen Informationen (z.B. Aggressionsarten<br />

und -häufigkeiten, Schwächen und Stärken der Schule, bislang ungenutzte<br />

Ressourcen, Beurteilung der Bildungsziele durch die drei Personengruppen in<br />

ihrer Ist- und Soll-Dimension etc.) findet nun – beginnend ab dem Zeitpunkt der<br />

Datenrückmeldung – ein Diskussionsprozess an der Schule mit dem Ziel statt,<br />

schulentwicklungsrelevante Themen aus den rückgemeldeten Daten herauszufiltern<br />

und Veränderungsmaßnahmen einzuleiten: vorhandene Stärken können<br />

weiter ausgebaut, vorhandene Ressourcen besser genutzt bzw. Problemfelder<br />

Schritt für Schritt einer Verbesserung zugeführt werden.<br />

In der Diskussionsphase ist primär abzuklären, welche Bereiche mit wenig<br />

Mühe schnell umgesetzt werden können, und welche mittel- und langfristige<br />

Planungen erfordern. Auf Basis der Daten kann festgestellt werden, welche<br />

Ziele nur für einzelne Gruppen von Bedeutung sind und welche von allen<br />

Schulpartnern verfolgt werden. Es bedarf einer realistischen Einschätzung, in


86 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

welchem Zeitraum ein Ziel erreicht werden kann. Die am Schulentwicklungsprozess<br />

beteiligten Personen erarbeiten gemeinsam das ‚MSS-Zielerarbeitungsblatt’<br />

(Tabelle 3) und kategorisieren die Ziele unter Berücksichtigung von Personengruppenakzeptanz,<br />

Wertigkeit und zeitlichem Aufwand. Ob die Ziele<br />

erreicht wurden, kann durch eine weitere Evaluation zu einem späteren Zeitpunkt<br />

abgeklärt werden.<br />

Ziel Wichtig für alle Personengruppen<br />

Wichtigkeit für eine Personengruppe<br />

Schüler+Lehrer+Eltern<br />

oder Subgruppe<br />

Kurzfristig … …<br />

Mittelfristig … …<br />

Langfristig … …<br />

Tab. 3: MSS-Zielfestlegungen für die Schulpartner<br />

unter Beachtung des Zeitaspekts der Realisierung<br />

Es können sich auf dieser Basis Steuer- oder Schulentwicklungsgruppen konstituieren,<br />

die in der Folge an der Zielerreichung arbeiten. Es kann zweckmäßig<br />

sein, dass mehrere Arbeitskreise eingerichtet werden, die unterschiedliche Projekte<br />

übernehmen.<br />

Dabei werden für die Motivationslage der potenziell Interessierten wichtige<br />

Grundentscheidungen getroffen: Es muss im Vorfeld abgeklärt werden, in<br />

welcher Form die Umsetzung stattfindet; dazu gehört auch, dass festzulegen ist,<br />

wie Personen informiert werden, die nicht der Arbeitsgruppe angehören, und in<br />

welcher Form Beschlüsse gefasst werden: ob die Arbeitsgruppe allein entscheidungsbefugt<br />

ist, ob LehrerInnenkonferenzen oder der SGA die Entscheidungen<br />

treffen, ob die Schulleitung der Arbeitsgruppe angehört oder nicht. Hier<br />

lassen sich keine verbindlichen Vorgaben durch den MSS machen, sondern es<br />

müssen die Rahmenbedingungen der Schule optimal genützt werden. Die mitunter<br />

aufwändige Abklärung der Arbeitsfähigkeit und Entscheidungsbefugnis<br />

der Schulentwicklungsgruppen ist ausschlaggebend für die Erfüllung der in den<br />

MSS gesetzten Hoffnungen, denn mit der Ersterhebung wurde lediglich der Start<br />

für eine empirisch fundierte Schulentwicklung festgesetzt. Der darauf aufbauende<br />

Prozess hängt ab diesem Zeitpunkt primär vom Engagement und den Arbeitsstrukturen<br />

vor Ort ab.<br />

Einige Schulen haben die Evaluation in ihre ‚Jahresberichte’ eingearbeitet,<br />

die am Ende des Schuljahrs alle LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern bekommen;<br />

somit wird eine umfassende Dokumentation veröffentlicht (vgl. auch<br />

PASCHON & RIFFERT 1996a & b). Auch die AbsolventInnenbefragung einer


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 87<br />

Schule (PASCHON & RIFFERT 1998f) sowie eine MSS-Datenerhebung zur<br />

Meinungsbildung hinsichtlich der Umstrukturierung des Angebots eines Abendgymnasiums<br />

(STEINKOGLER 2000) wurde auf diesem Weg möglichst vielen<br />

Betroffenen und auch der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht.<br />

Über diese Publikationen ist am ehesten gewährleistet, dass auch jenen, die das<br />

Geschehen nur am Rande mitverfolgen wollen oder können, keine<br />

Informationen vorenthalten werden (RIFFERT et al. 1999). Dass der MSS Wirkung<br />

zeigt und zur Diskussion anregt, soll exemplarisch anhand der zusammenfassenden<br />

Darstellung eines Direktors in seinem Schulbericht illustriert werden:<br />

„Das Ergebnis wurde jedenfalls später noch Gegenstand einiger Diskussionen<br />

unter den Lehrern und wurde in der pädagogischen Konferenz Ende Jänner noch<br />

einmal ausführlich thematisiert. Im Gespräch zwischen den Klassenvorständen<br />

und ihren Klassen wurden – hier insbesondere die klassenbezogenen Ergebnisse<br />

– ausführlich erörtert. Auch an Elternabenden war das Ergebnis oft Thema und<br />

Anlass zu umfassenden Diskussionen. Insgesamt hat diese Fragebogenaktion<br />

eine Momentaufnahme des Selbstverständnisses, aber auch des Selbstbewusstseins<br />

unserer Schule geliefert, die zumeist ein recht positives Bild zeichnet, gelegentlich<br />

aber auch Anlass zu Überlegungen gegeben hat, wie Dinge verbessert<br />

werden können.“ (BITTNER, Jahresbericht 1999, S. 7)<br />

Einige Schulen haben Teile der Evaluation bzw. Anmerkungen zum MSS auf<br />

ihre Homepage gestellt. Die Verwertung der MSS-Daten kann also sehr unterschiedlich<br />

erfolgen. Wenn der MSS-Bericht lediglich zur Kenntnis genommen<br />

wird, verkommt das MSS-Projekt allerdings zu einer Alibiaktion der Schule,<br />

was das MSS-Team aber letztlich nicht verhindern kann. Das Team versucht<br />

dem entgegenzuwirken, indem es bereits bei der Präsentation darauf aufmerksam<br />

macht, welche kleinen Änderungen schnell und mit überschaubarem Aufwand<br />

herbeigeführt werden können; solche ‚quick wins’ sind für die Aufbruchsstimmung<br />

wichtige Anknüpfungspunkte, damit es nicht beim ‚Bewundern der<br />

Graphiken’ bleibt. Mit dem Verfassen von Beiträgen in den Schulberichten zum<br />

Schuljahresausklang ist es nicht getan; diese können allerdings einen wichtigen<br />

Schritt in Richtung Schulprogramm darstellen, weil in diesen Artikeln ausgehend<br />

von den Daten konkrete Entwicklungsvorhaben skizziert werden und im<br />

günstigsten Fall eine Evaluation in Aussicht gestellt wird. In dieser Phase übernimmt<br />

das MSS-Team primär die ModeratorInnenrolle im Diskussionsprozess.<br />

8. Umsetzung: Die Umsetzungsphase besteht in der konkreten Ausarbeitung der<br />

Veränderungsmaßnahmen und deren Implementierung im Schulalltag. In dieser,<br />

wie auch schon in der vorangegangenen Phase, kann sich die Schule – und bis-


88 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

herige Erfahrungen zeigen, dass dies sehr sinnvoll und zielführend ist – von<br />

externen SchulentwicklungsberaterInnen im Rahmen von SCHILF-Veranstaltungen<br />

und/oder Supervisionen betreuen lassen. Prinzipiell kann auch das MSS-<br />

Team diese Begleitung übernehmen, es ist aber auch möglich, dass eine Schule<br />

mit anderen SchulentwicklerInnen auf Basis der empirisch erhobenen MSS-<br />

Daten die weiteren Maßnahmen betreut. Das MSS-Team wendet in dieser Phase<br />

– ausgehend von den Einträgen im MSS-Zielerarbeitungsblatt – das ZME-<br />

Modell (Ziele-Maßnahmen-Ergebnis-Schema) an, das im Kapitel 4 ausführlich<br />

beschrieben wird.<br />

9. Veränderungsmessung: Die Veränderungsmaßnahmen, die an der Schule<br />

durchgeführt wurden, müssen in einer zweiten Messung (Posterhebung) daraufhin<br />

überprüft werden, ob sie die erhofften Resultate erzielen bzw. ob evtl. unvorhergesehene<br />

und unerwünschte Nebenwirkungen auftreten. Diese Post-Erhebung<br />

muss keinesfalls so umfangreich wie die Ersterhebung sein, sondern sollte<br />

im Wesentlichen auf jene Bereiche beschränkt werden, in denen Veränderungsmaßnahmen<br />

initiiert wurden. Je nach Ergebnis dieser Post-Erhebung können die<br />

Veränderungsmaßnahmen beibehalten, modifiziert, wieder abgeschafft bzw.<br />

durch andere Maßnahmen ersetzt werden.<br />

Dieser idealtypische Phasenverlauf eines MSS-Einsatzes wurde in allen bisherigen<br />

MSS-Einsätzen realisiert; freilich wurden aufgrund verschiedener schulspezifischer<br />

Problemstellungen die einzelnen Phasen unterschiedlich intensiv<br />

ausgestaltet. Der Grundablauf hat sich aber aufgrund bisheriger Erfahrungen als<br />

zielführend erwiesen.<br />

3.2.4 Vertrag<br />

Das Ergebnis der Modulauswahl, der Umfang des Fragebogens und vor allem<br />

der Umgang mit den Daten, sowie die Präsentationsform jener Daten, die die<br />

Anonymität einzelner LehrerInnen aufheben würde, wird in einem Vertrag<br />

zwischen MSS-Team und der Schule schriftlich festgehalten. Diese vertragliche<br />

Regelung sowohl aller Pflichten des MSS-Teams als auch jener der Schulpartner<br />

ist unerlässlich, da nur so die nötige Klarheit bzgl. Rechte und Pflichten aller<br />

beteiligten Partner in allen Bereichen hergestellt werden kann.<br />

Zu den Pflichten des MSS-Teams gehören mindestens folgende Punkte:<br />

1. vertrauliche Behandlung (Weiterleitungsverbot) und Archivierung der<br />

ausgefüllten Fragebögen;


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 89<br />

2. Stillschweigen über schulspezifische Daten gegenüber Dritten;<br />

3. strikte Einhaltung der Vereinbarungen, die einvernehmlich bezüglich sensibler<br />

Daten (Aufhebung der Anonymität einzelner Personen) getroffen<br />

wurden und zwar sowohl bezüglich der quantitativen, als auch der qualitativen<br />

Daten (offene Fragen);<br />

4. dreifache Datenrückmeldung: persönliche Präsentation durch das MSS-<br />

Team vor Ort nebst zeitlichem Rahmen, Basisbericht (Zahlenbericht) und<br />

interpretativer Schlussbericht (beide auf CD-ROM), sowie Anzahl der zu<br />

erarbeitenden Grafiken und Umfang des Schlussberichts, Zeitraum der<br />

Datenrückmeldung;<br />

5. Vereinbarungen zum Auswertungsniveau (z.B. bei einzelnen Statements<br />

bis auf Klassenebene, bei anderen auf Schulstufenebene bzw. auf Unter-<br />

und Oberstufenniveau).<br />

Die Schule muss sich auf die Einhaltung mindestens der folgenden Punkte verpflichten:<br />

1. Bezahlung der vereinbarten Kosten für die Durchführung des MSS;<br />

2. zusätzliche Entrichtung der Fahrtspesen zu den üblichen Richtsätzen;<br />

3. selbstständige Organisation der Treffen mit dem MSS-Team und Durchführung<br />

der Erhebung nach den vom MSS-Team vorgegebenen Richtlinien;<br />

4. Einwilligung zur wissenschaftlichen Weiterverarbeitung (Verbesserung<br />

der MSS-Instrumente) und anonymisierten Publikation der Daten.<br />

Ein idealtypischer Vertrag ist im Anhang abgedruckt. (vgl. A. 2)<br />

3.2.5 Ergebnisrückmeldung<br />

Zwischen Datenerhebung und Präsentation vergehen in der Regel ca. drei bis<br />

vier Monate. Nach der Durchführung der Auswertung wird die Präsentation der<br />

wesentlichen Ergebnisse an der Schule durchgeführt – dafür ist ein ganzer Arbeitstag<br />

vorgesehen; es werden alle drei Personengruppen bzw. deren VertreterInnen<br />

eingeladen und wie bei der Modulauswahl separat über die Ergebnisse<br />

informiert. Fallweise ist es möglich, Unter- und Oberstufe getrennt zu informieren,<br />

was den Vorteil hat, die Ergebnisse noch adressatengerechter präsentieren<br />

zu können. Diese Vorgangsweise hat sich als ergiebiger erwiesen als ein<br />

einziger Vortrag vor allen Personengruppen gleichzeitig, da vor allem SchülerInnen<br />

und Eltern – aber auch die LehrerInnen – im differenzierten Setting


90 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

erfahrungsgemäß mehr Rückfragen stellen als dies bei der gleichzeitigen Anwesenheit<br />

aller Personengruppen der Fall ist.<br />

Es wird versucht, Überinterpretationen und damit ‚falsche Handlungsempfehlungen’<br />

– insbesondere durch Überstrapazierung von Kausalzusammenhängen<br />

– zu vermeiden (z.B. WOTTAWA 1994, S. 731). Diese Form der Präsentation<br />

(Vortrag mit Diskussion) erlaubt es, offene Fragen gemeinsam mit<br />

dem MSS-Team abzuklären.<br />

Zusätzlich zum Vortrag bekommt die Schule Unterlagen in einfacher Ausfertigung,<br />

die ihr zur weiteren Verwendung zur Verfügung stehen: Dazu gehören<br />

(1) Basisbericht (Zahlenbericht), (2) Antwortlisten zu den offenen Fragen, (3)<br />

schriftlicher Bericht, (4) Powerpoint-Präsentationsfolien und (5) eine CD-ROM<br />

mit der gesamten Dokumentation.<br />

Ad (1) Basisbericht 8 : Er orientiert sich jeweils an den eingesetzten Fragebögen.<br />

Aus Gründen der Übersichtlichkeit ähnelt diese Darstellungsweise möglichst<br />

dem eingesetzten Originalbogen (Tabelle 4) und enthält alle relevanten<br />

Daten, die beim MSS-Vortrag allen Zielgruppen erklärt werden, damit in der<br />

Folge ein prinzipielles Verständnis für das Lesen der schuleigenen Daten vorausgesetzt<br />

werden kann.<br />

(1) ...Zwischenmenschlicher Umgang (MUSTERBEISPIEL)<br />

Bitte in jeder Zeile die für dich am besten passende Antwort ankreuzen.<br />

* Rücklauf unter 90%<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Kodierhilfe<br />

Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />

Mitschülern meiner Klasse.<br />

� � � � � S046_001<br />

Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. � � � � � S046_003<br />

Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />

Tab. 4: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Originalbogen<br />

Anstelle der anzukreuzenden Kategorien bei einer fünfstufigen Skala von<br />

„stimmt genau“ bis „stimmt nicht“ werden pro Frage die Ergebnisse in Prozentwerten<br />

eingetragen (Tabelle 5). Pro Zeile sollen die Prozentzahlen demnach in<br />

Summe 100 ergeben; aufgrund der Vernachlässigung von Nachkommastellen<br />

können sich aber Rundungsfehler zwischen 98 und 102 ergeben.<br />

8 Als ausführlicheres Beispiel sei auf den SchülerInnenbasisbericht (A.4) vom Gymnasium X<br />

im Anhang verwiesen. Dieser basiert auf dem SchülerInnenfragebogen (A.3) dieser Schule.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 91<br />

(2) ...Zwischenmenschlicher Umgang (MUSTERBEISPIEL)<br />

Angaben in % der ausgefüllten Fragebögen<br />

* Rücklauf/Antwort unter 90%<br />

Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />

Mitschülern meiner Klasse.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht Mittel-<br />

wert<br />

38 20 21 3 18 2,43<br />

Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. 86 7 4 2 1 1,27<br />

Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. 5 19 53 17 6 2,89*<br />

Tab. 5: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Datenbasisbericht<br />

Das folgende Beispiel bezieht sich ebenfalls auf Tabelle 5: Das Item S046_001<br />

(„Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den Mitschülern<br />

meiner Klasse“) wurde bei den SchülerInnen eingesetzt, um die Kooperation<br />

(Klassenklima-Aspekt) abzufragen. Dieser Aussage haben 38% aller SchülerInnen<br />

voll zugestimmt, weitere 20% stimmten eher zu. 21% der SchülerInnen<br />

wählten die mittlere Kategorie, 3% lehnten diese Aussage eher ab. 18% aller<br />

SchülerInnen konnten dieser Aussage überhaupt nicht zustimmen. Natürlich<br />

könnte sich die Schule jetzt mit den 58% Befragten (38%+20% der Kategorien 1<br />

und 2) zufrieden geben, die offenbar mit der Hilfe von KollegInnen rechnen<br />

dürfen. Man könnte aber das Faktum, dass 21% aller SchülerInnen (Kategorien<br />

4 und 5) auf kollegiale Unterstützung nicht vertrauen dürfen – das ist jede/r<br />

fünfte/r SchülerIn – zum Anlass nehmen, an Möglichkeiten der Abhilfe zu arbeiten.<br />

Da Prozentzahlen gelegentlich ‚unpersönlich’ wirken, wird versucht, den<br />

Schulen bewusst zu machen, dass z.B. 30 SchülerInnen dieser MSS-Schule (mit<br />

150 SchülerInnen) bei dieser Umfrage klar deklariert haben, dass sie bei Lernproblemen<br />

(eher) keine Hilfe von MitschülerInnenn zu erwarten haben. So<br />

gelesen, lässt sich für die Schule (eher) ein Handlungsdruck ableiten, gezielt<br />

Kollegialität zu fördern, schulische Angebote zu setzen oder auch Tabuthemen<br />

im Schulentwicklungsprozess anzusprechen. Es ist also bei jeder Frage wichtig,<br />

wie sich die Personen auf die vorgegebenen Kategorien verteilen, ob es Häufungen<br />

links oder mittig oder rechts gibt, ob eine Frage stark polarisiert etc.<br />

Deshalb wird vom MSS-Team für jede Frage die vollständige Information über<br />

die Verteilung auf Prozentbasis zurückgemeldet. Diese Fakten sind Ausgangspunkt<br />

aller weiteren Analysen.<br />

In der ursprünglichen Spalte mit den Kodierhilfen – ganz rechts – werden<br />

(wenn zweckmäßig) die Mittelwerte für die jeweiligen Items (Aussagen) eingefügt.<br />

Erst in Verbindung mit den Prozentzahlen ist rekonstruierbar, wie der<br />

Mittelwert genau zu interpretieren ist. Da der Begriff der Streuung in den<br />

Schulen kaum verstanden wird, beschränkt sich das MSS-Team auf die Ver-


92 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

mittlung von Mittelwerten, Modalwerten und Prozentwerten über die Kategorien<br />

(als Ausdruck von Varianz). Weitere statistische Kennzahlen werden in der<br />

Rückmeldung an Schulen vernachlässigt, solange vom MSS-Team keine Notwendigkeit<br />

gesehen wird, auf weitere Kennzahlen genauer einzugehen.<br />

Der Modalwert – also die am häufigsten angekreuzte Kategorie einer Frage –<br />

wird zudem grau hinterlegt, um eine schnellere Orientierung zu gewährleisten.<br />

(Beispiel: 38% aller Schüler haben gesagt, dass sie Unterstützung bei Klassenkameraden<br />

finden würden. Keine der anderen Kategorien wurde von so vielen<br />

Schülern angekreuzt.) Der Modalwert dient als Blickfang, darf aber nicht als<br />

allein relevanter Kennwert ‚überinterpretiert’ werden.<br />

Natürlich ist es für eine seriöse Interpretation notwendig, alle Kategorien zu<br />

berücksichtigen, da die Antworthäufigkeit unterschiedlich streuen kann: es<br />

könnte sein, (a) dass beide Extremwerte von sehr vielen Befragten angekreuzt<br />

wurden, also die Frage stark ‚polarisiert’ oder (b) alle Kategorien annähernd<br />

gleich viele Befragte auf sich vereinigen, also eher eine (fast)-Gleichverteilung<br />

vorliegt oder (c) nur die Kategorien 1+2 bzw. nur 4+5 gewählt wurden und<br />

somit klare Zustimmung bzw. klare Ablehnung zu einem Sachverhalt signalisiert<br />

wird. Die Schulen werden angeleitet, für die Weiterarbeit auf die Verteilungsform<br />

der empirischen Daten zu achten, ohne dass sie mit Dispersionsmaßen<br />

überfordert werden.<br />

Schließlich werden jene Items seitlich mit einem ‚Stern’ symbolisch gekennzeichnet,<br />

bei denen die Rückmeldung so gering ist, dass eine Interpretation wenn<br />

überhaupt nur mit Vorsicht durchgeführt werden kann: ‚*’ bedeutet, dass<br />

weniger als 90% dieses Item bewertet haben; ‚**’ bedeutet, dass weniger als<br />

75% und ‚***’, dass weniger als 50% der Befragten eine Stellungnahme abgegeben<br />

haben. Diese Grenzwerte wurden willkürlich gewählt und entsprechen<br />

keinen Standards; es hat sich aber gezeigt, dass der Hinweis auf Valid-Percent<br />

eine Notwendigkeit für die Bewertung der Ergebnisse darstellt.<br />

Für die geringe Häufigkeit von Antworten bei einzelnen Fragen können verschiedene<br />

Ursachen in Frage kommen: Es könnte daran liegen, dass die Frage<br />

von vielen übersehen wurde oder etliche mit der Frage nichts anzufangen<br />

wussten oder absichtlich nicht beantwortet haben (z.B. aus Angst vor den Folgen<br />

oder weil die Frage sehr missverständlich oder zu ‚intim’ war).<br />

Die Basisberichte geben allen interessierten Personen die Möglichkeit, alle<br />

Resultate der Untersuchung einzusehen, auch wenn nicht alle Aspekte im mündlichen<br />

Vortrag unterzubringen sind. Dies ist insbesondere deshalb wichtig, weil<br />

bei anderen Formen der Rückmeldung – wie z.B. im Schlussbericht – nicht die<br />

gesamte Fülle aller erhobenen Daten berücksichtigt werden kann, und daher


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 93<br />

durch das Evaluationsteam eine Auswahl jener Themenbereiche getroffen werden<br />

muss, die in seinen Augen für die Schule von größerer Bedeutung sind.<br />

Ad (2) Auflistung der Antworten zu den offenen Fragen: Die sogenannten<br />

‚offenen Fragen’ bieten SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern die Gelegenheit,<br />

ohne Vorgaben selber kurze Anmerkungen zu einzelnen Themenbereichen zu<br />

machen. Im Datenbericht wird nur darauf hingewiesen, wie viele Prozent diese<br />

Möglichkeit genutzt haben. Die konkret gegebenen Antworten werden im Wortlaut<br />

– sofern lesbar – gesondert als Listen ausgewiesen; diese werden bei den<br />

SchülerInnen auch nach Schulstufen geordnet. Auch wenn manche Anregungen<br />

öfter in ähnlicher Formulierung vorkommen, legte das MSS-Team Wert darauf,<br />

dass diese nicht zusammengefasst werden, sondern im Originaltext stehen<br />

bleiben. (In einem nächsten Schulentwicklungsschritt ist es natürlich angebracht,<br />

jene Meldungen, die gehäuft auftreten, genauer unter die Lupe zu nehmen, und<br />

‚Unsinniges’ auszuscheiden – das MSS-Team will diese Entscheidung nicht<br />

treffen, um nicht eine Zensur auszuüben.)<br />

Ad (3) Schriftlicher Bericht: Dabei handelt es sich um einen Text, der üblicherweise<br />

20-40 Seiten umfasst. Er soll (a) die Zusammenfassung der vielen<br />

Daten in den wesentlichen Zügen darstellen, (b) eine Anleitung für die Interpretation<br />

des Basisberichts geben und (c) eine Interpretation der aus Sicht des ForscherInnenteams<br />

wichtigsten Ergebnisse liefern.<br />

Daran schließt sich meist ein Vorschlag an, welche Implikationen sich aus<br />

den vorgestellten Ergebnissen und ihrer Interpretation für die Schulentwicklung<br />

ergeben könnten. Diese Vorschläge sind im Schriftbild vom restlichen Text<br />

(Datenpräsentation und Interpretation) klar und deutlich unterschieden (eingerahmter<br />

Fettdruck- oder Kursivdruck), um dadurch dem/der LeserIn auf den<br />

ersten Blick deutlich werden zu lassen, dass hier die Erhebung im engeren Sinne<br />

verlassen wird und mögliche Konsequenzen aus den Ergebnissen gezogen werden,<br />

also Vorschläge für den Schulentwicklungsprozess auf der Basis der vorliegenden<br />

Daten gegeben werden. Das MSS-Team gibt dabei nicht schon Lösungen<br />

vor, versucht aber, an den Schulen eine ‚Sensibilität’ für mögliche Anknüpfungspunkte<br />

einer auf Daten basierenden Schulentwicklung zu wecken.<br />

Der Grat zwischen Datenrückmeldung und Schulberatung ist sehr schmal;<br />

die Erwartungen der Schulen, zumindest die Potenziale für eine Schulentwicklung<br />

schemenhaft anzudeuten, hat in den letzten Jahren dazu geführt, dass das<br />

MSS-Team diesem Wunsch verstärkt nachkommt. Wichtig ist dabei aber auch<br />

die Klarstellung, dass diese Texte ‚unverbindliche Empfehlungen’ sind und die


94 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Prioritätensetzung letztlich ausschließlich in der Hand der Schule sein muss.<br />

Dieser Schlussbericht bietet der Schule also explizite Anhaltspunkte aus schulexterner<br />

Sicht für die Schulentwicklung. Einzelne Aspekte werden in Form von<br />

Grafiken visuell aufbereitet.<br />

Ad (4) Powerpoint-Präsentionsfolien: Der Vortrag vor LehrerInnen, SchülerInnen<br />

bzw. Eltern wird mit Powerpointslides unterstützt. Die wesentlichen<br />

Ergebnisse werden als Graphiken an die Schule adressatengerecht zurückgemeldet.<br />

Dabei wird Gelegenheit geboten, Fragen zu stellen, Unklarheiten zu beseitigen<br />

und Anregungen für die Arbeit am Schulentwicklungsprozess zu liefern.<br />

Insgesamt werden pro Schule ca. 100 bis 250 Folien vorbereitet; einige dieser<br />

Folien werden für alle drei Zielgruppen verwendet, andere kommen nur in<br />

einem der Vorträge vor. Alle Vorträge sind jedoch in einem einzigen File gespeichert,<br />

das der Schule nach den Vorträgen überlassen wird. Im MSS werden<br />

für die Präsentation, so weit möglich und sinnvoll, graphische Darstellungsvarianten<br />

(zumeist Säulendiagramme) angestrebt.<br />

In Abhängigkeit vom Inhalt entscheidet sich letztlich, was die Optimalvariante<br />

ist. Es wird versucht, eine einheitliche Struktur aufzubauen, damit das<br />

Publikum auch über die Farben eine Informationsvermittlung bekommt: Daten,<br />

die von SchülerInnen kommen, sind immer blau (gleichgültig ob als Säulen,<br />

Balken etc.), Elterndaten sind grün und die LehrerInnendaten rot. Bei einer Vergleichsdarstellung<br />

aller drei Gruppen zum gleichen Thema erweist sich diese<br />

Vereinheitlichung als übersichtlich; da bei einem MSS-Vortrag viele unterschiedliche<br />

Themen angesprochen werden, ist es hilfreich, sich optisch orientieren<br />

zu können, von welcher Personengruppe die präsentierten Daten stammen.<br />

Einige Mustergraphiken sind auf der MSS-Homepage über den Link,<br />

URL: http://www.sbg.ac.at/erz/mss/index.htm, einsehbar.<br />

Ad (5) CD-ROM: Auf ihr sind alle Files von Punkt 1 bis 4 gespeichert,<br />

damit die Schule im Rahmen der Schulentwicklung die eigenen Daten<br />

weiterverwerten kann, um z.B. einzelne Ergebnisse auf der Homepage zu präsentieren,<br />

die Auflistungen nachträglich zu kategorisieren, einzelne Folien für<br />

Gespräche in den Klassen auszudrucken etc.; die Rohdaten befinden sich aus<br />

Datenschutzgründen nicht auf der CD-ROM. Die VertreterInnen der Schule<br />

sorgen dafür, dass die Ergebnisse für alle Interessierten – soweit vertraglich<br />

(z.B. bei Daten die einzelnen LehrerInnen betreffend) nicht anders vereinbart –<br />

für die Weiterarbeit zugänglich sind.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 95<br />

3.2.6 Metaevaluierung des MSS<br />

Den Anfang machte 1996 ein Gymnasium im ländlichen Raum. Seit damals<br />

wurde viel Zeit investiert, um in den Arbeitsabläufen bei MSS-Einsätzen zeitökonomischer<br />

und effizienter zu werden. Rückblickend ist als wichtigste äußerlich<br />

erkennbare Änderung die Reduktion der Fragebogenlänge zu nennen. Die<br />

Schulen wurden darin bestärkt, sich länger Zeit für eine gezielte Auswahl von<br />

Fragen zu nehmen, damit sie auf einem vergleichsweise kurzen Bogen Platz<br />

finden können. Das Layout der Fragebögen hat sich ebenfalls über die Jahre<br />

verändert – die Instrumente wurden zunehmend Platz sparender konzipiert, was<br />

von den Schulen im Hinblick auf Kostenersparnisse positiv vermerkt wurde.<br />

Weil ein MSS-Einsatz zeitlich sehr aufwändig ist – mehr als zwei Schulen<br />

pro Schuljahr wären mit dem derzeit zur Verfügung stehenden MSS-Personal<br />

nicht zu schaffen – sieht die bisherige Bilanz über die Anzahl der Schulen vergleichsweise<br />

bescheiden aus. Das liegt im Unterschied zu anderen Schulentwicklungsansätzen<br />

daran, dass beim MSS zu allen drei Personengruppen bzw.<br />

deren VertreterInnen ein persönlicher Kontakt hergestellt wird und sie so in die<br />

Schulentwicklung eingebunden werden. Das bedeutet eine arbeitsintensive<br />

Verzahnung zwischen Erziehungswissenschaft und Schule, die mit den<br />

verfügbaren personellen und finanziellen Ressourcen nur in begrenztem Umfang<br />

leistbar ist.<br />

Insgesamt gingen bislang 8.263 MSS-Bögen aus neun Schulen in die MSS-<br />

Datenmatrix ein. Da die Fragebögen trotz Rückgriff auf den Modulpool völlig<br />

unterschiedlich aussehen, wurden bisher rund 30 Fragebögen erstellt, die insgesamt<br />

ca. 230 Seiten umfassen; teilweise kommen gleiche Fragen (Items) bzw.<br />

Module – wenn auch in unterschiedlicher Reihenfolge und Kombination – vor.<br />

Viele Fragen sind bisher nur in einzelnen Schulen zum Einsatz gekommen und<br />

einige Module des MSS wurden noch nie genützt. Bedingt durch das Layout<br />

finden auf den sehr dicht beschriebenen Seiten durchschnittlich ca. 40 Items pro<br />

Seite Platz.<br />

Der MSS wurde bisher elf Mal eingesetzt. Davon waren acht Einsätze Ersterhebungen<br />

mit einer entsprechend diagnostischen Zielsetzung. Diese Erhebungen<br />

waren daher auch sehr umfassend. Der Seitenumfang der Fragebögen bewegte<br />

sich zwischen acht und dreizehn Seiten – je nach Modulauswahl durch die<br />

VertreterInnen der jeweiligen Schule. Bei zwei Erhebungen handelte es sich um<br />

AbsolventInnenbefragungen und einmal wurde eine Zweiterhebung (Überprüfung<br />

der Interventionseffekte) durchgeführt.<br />

In den bisherigen Evaluationsprojekten lag der Schwerpunkt auf dem Schultyp<br />

der AHS; jeweils einmal wurde der MSS an einer HTL und an einer Haupt-


96 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

schule eingesetzt. In fast allen Erhebungen waren alle drei zentral am Schulgeschehen<br />

beteiligten Personengruppen (SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern)<br />

eingebunden. (Vgl. Tabelle 6)<br />

Schule Typ Erhebung Schüler Seiten Lehrer Seiten Eltern Seiten<br />

Absolventen<br />

Seiten Summe<br />

800* AHS 1996 632 8 43 16 159 8 102** 6 936<br />

801* AHS 1998 694 12/FB 53 12 452 8 1199<br />

802* AHS 1998 350 12/FB 40 12 244 8 634<br />

803* AHS 1998 573 13/FB 49 12 350 8 972<br />

804* AHS 1998 584 11 42 9 191 8 817<br />

805 BHS 1998 507 13/FB 64 12 571<br />

807 AHS 2000 688 6/FB 61 4 510 4 1259<br />

807 AHS 2001 689 2 51 2 402 2 1142<br />

820 AHS 2000 313 2 116** 7 429<br />

851 HS 2002 148 4 16 5 140 4 304<br />

Summe 5.178 83 419 84 2.448 50 218 13 8.263<br />

Tab. 6: Aufstellung der MSS-Schulen 1996-2002, Anzahl der Fragebögen,<br />

Versionen und Bogenlängen<br />

* An diesen Schulen gab es innerhalb der Schulstufen 8 Varianten (jeweils eine Seite<br />

war stufenspezifisch konstruiert und die Unter- bzw. Oberstufe auch sprachlich<br />

altersgemäß adaptiert worden); in der BHS waren aufgrund der Unterteilung in<br />

Abteilungen und Schulstufen sogar 13 verschiedene SchülerInnenfragebögen notwendig<br />

geworden.<br />

** Die AbsolventInnenbefragungen wurden ein Jahr nach der Haupterhebung<br />

durchgeführt, weil sich die Schulen in der ersten Erhebungsphase primär auf jene<br />

Zielgruppe einstellen wollten, die aktuell im Schulgeschehen steht.<br />

Die AHS-807 ist bislang die einzige Schule, die bereits ein Jahr später eine MSS-<br />

Update-Studie durchgeführt hat, um zentrale Variablen auf deren Stabilität ‚kontrollieren’<br />

bzw. Interventionen evaluieren zu lassen. Andere Schulen haben entweder<br />

noch keine Zweituntersuchung gemacht, oder wie im Fall von AHS-800 nur gezielt<br />

Klassen, in denen Interventionen durchgeführt wurden, evaluiert.<br />

In den Schulen 801, 802, 803, 805 und 807 wurde das ausgesprochen aufwändige<br />

LehrerInnenfeedback (FB) eingesetzt (siehe Kapitel 5.7).<br />

Die genaue Darstellungen der einzelnen Schule und deren Ergebnisse liegen in Form<br />

von Projektberichten vor (PASCHON & RIFFERT 1996b, 1998a, b, c, d, e; PASCHON et<br />

al. 2000a & b; 2001a & b).<br />

Unter den teilnehmenden Schulen befanden sich Privatschulen und öffentliche<br />

Schulen, Schulen mit vielen (ca. 700) SchülerInnen und wenigen (ca. 300) SchülerInnen,<br />

Schulen am Land (in Kleinstädten) und im städtischen Zentralbereich<br />

(in Landeshauptstädten). Die bislang kleinste MSS-Schule (851) war eine<br />

Hauptschule mit 160 Schülern. Die Schule mit dem komplexesten Erhebungs-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 97<br />

design war eine Berufsbildende Höhere Schule (805), die mit fünf Abteilungen<br />

geführt wird, sodass insgesamt 17 unterschiedliche Fragebogenvarianten bei den<br />

SchülerInnen im Umlauf waren. Hier gelangte der MSS organisatorisch an die<br />

Grenzen des Bewältigbaren.<br />

An zwei Schulen wurde nach einer eintägigen Präsentation und eingehenden<br />

Diskussion der Vor- und Nachteile des MSS mit LehrerInnen, SchülerInnen und<br />

Eltern der Einsatz des MSS vom MSS-Team aus ethischen Gründen abgelehnt.<br />

Die Gründe lagen beide Male darin, dass sich die Schulpartner – immer waren<br />

es Eltern und LehrerInnen – nicht auf eine gemeinsame Modulauswahl und Vorgangsweise<br />

bei der Frage der Anonymität der erhobenen Daten, die Einzelpersonen<br />

betrafen, einigen konnten. Einmal sah sich eine Schule (in privater Trägerschaft)<br />

aufgrund explodierender Kosten im Zuge von umfangreichen Umbauarbeiten<br />

nicht in der Lage, die erforderlichen finanziellen Mittel für den MSS-<br />

Einsatz aufzubringen.<br />

Bei sechs Evaluationsprojekten wurden auch Maßnahmen für eine Metaevaluation<br />

des MSS durchgeführt, da überprüft werden sollte, ob die seitens des<br />

MSS-Teams an den MSS gesetzten Erwartungen gerechtfertigt waren. (Vgl.<br />

Tabelle 7) So wurden u.a. folgende Fragen gestellt: Wurden tatsächlich für diese<br />

Schule relevante Themenstellungen berücksichtigt? Wie hoch ist das Interesse<br />

an den Ergebnissen der Befragung? Hat man sich bis zum Schluss bemüht, die<br />

Fragen richtig zu beantworten?<br />

Obwohl die Fragebögen vor allem in den Pilot-Schulen (800-805) sehr ausführlich<br />

und damit auch sehr lang – aus heutiger Sicht zu lang – waren, haben<br />

sich fast alle Antwortenden (zwischen 85% und 98%) nach eigenen, anonymen<br />

Angaben bis zum Schluss bemüht, alle Fragen korrekt zu beantworten. Dies sind<br />

sehr erfreuliche Ergebnisse, die implizit auch für die Qualität der Fragen sprechen;<br />

denn erfahrungsgemäß neigt man bei Fragen, die als irrelevant empfunden<br />

werden dazu, das Ausfüllen des Fragebogens nicht ernsthaft und nicht vollständig<br />

durchzuführen. Die Schule 807 mit noch höheren Bewertungen stammt<br />

bereits aus der Zeit, als MSS-Bögen auf vier Seiten limitiert wurden.<br />

Auch das rückgemeldete Interesse an den Ergebnissen (zwischen 74% und<br />

95%) ist für eine sozialwissenschaftliche Fragebogenerhebung äußerst hoch.<br />

Dies stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass die Grundkonzeption des MSS,<br />

nämlich die Integration von PraxisexpertInnen (und das sind alle Betroffenen<br />

Personengruppen: SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern) der richtige Weg war,<br />

um neben der Praxisrelevanz der Fragen auch ein hohes Interesse der Betroffenen<br />

an den erhobenen Ergebnissen sicherzustellen. Dieses Interesse an den Erhebungsresultaten<br />

wurde an den meisten der Schulen auch genutzt, um effizient


98 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Veränderungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, was sich bereits an einem<br />

hohen Engagement beim Ausfüllen der Fragebögen (Rücklauf) zeigt.<br />

Zustimmung der SchülerInnen (S), LehrerInnen<br />

(L) und Eltern (E) in<br />

Prozent zu folgenden Aussagen:<br />

Ich habe mich bis zum Schluss bemüht, die<br />

Fragen richtig zu beantworten.<br />

Ich bin an den Ergebnissen der Befragung<br />

interessiert.<br />

Dieser Fragebogen war mir zu lang.<br />

Der Fragebogen war leicht auszufüllen.<br />

Der Fragebogen war gut – ich halte viele<br />

Fragen für unsere Schule für wichtig.<br />

801 802 803 804 805 807<br />

S 91 92 88 84 92 97<br />

L 90 97 98 97 90 100<br />

E 94 96 98 97 n.e. n.e.<br />

S 85 92 80 74 86 92<br />

L 81 89 91 95 77 87<br />

E 79 84 87 86 n.e. n.e.<br />

S 57 50 70 56 56 17<br />

L 50 38 59 54 55 8<br />

E 56 50 58 53 n.e. n.e.<br />

S 42 39 39 55 52 67<br />

L 35 30 35 59 39 77<br />

E 41 43 42 47 n.e. n.e.<br />

S 61 64 58 53 53 78<br />

L 42 70 54 68 39 58<br />

E 53 58 56 64 n.e. n.e<br />

Tab. 7: Metaevaluation der MSS-Fragebögen;<br />

n.e. … nicht erhoben<br />

In allen Schulen war der Rücklauf bei den SchülerInnen mit (immer) über 90%<br />

am höchsten, an einer Schule betrug er sogar 96%. Die Erklärung dafür liegt<br />

wohl daran, dass die Bögen im Klassenzimmer in der regulären Unterrichtszeit<br />

ausgefüllt werden. Bei den LehrerInnen bewegt sich der Rücklauf im Regelfall<br />

zwischen 65% und 90%. Bei den Eltern war der Rücklauf in zwei Schulen<br />

äußerst gering (unter 35%); ansonsten betrug der Rücklauf der Elternbögen<br />

zwischen 62% und 77%. In der zuletzt durchgeführten MSS-Erhebung<br />

(PASCHON et al. 2003) konnte sogar bei den Eltern der beachtliche Rücklauf von<br />

rund 90% erzielt werden. Dies ist u.E. auf mehrere Faktoren zurückzuführen: (1)<br />

Direktorin und Elternverein sind mit ihrer Anfrage gemeinsam an der <strong>Universität</strong><br />

vorstellig geworden, was von Anfang an zeigte, dass dieses Projekt<br />

schulpartnerschaftlich getragen wird; (2) das MSS-Team ist inzwischen besser<br />

auf die Bedürfnisse der Eltern eingestellt und auch in den Vorgesprächen besser<br />

in der Lage, die Elternwünsche ‚herauszuhören und aufzugreifen’; (3) das<br />

Schreiben von Elternverein und Direktion signalisierte den Eltern, dass ihre<br />

Meinung wirklich gefragt ist – auch von jenen, die sich ansonsten nicht mit der<br />

Schule ihrer Kinder auseinandersetzen und (4) besitzt diese Stadtrandschule mit<br />

ihrer ‚Small-is-beautiful-Philosophie’ ein hohes Maß an Vertrautheit. Mit dieser


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 99<br />

Schule ist der MSS seinem Ziel einer Vollerhebung in allen drei Personengruppen<br />

sehr nahe gekommen. Die 10% fehlenden Daten lassen sich z.T. durch<br />

Absenzen zum Erhebungszeitpunkt erklären.<br />

Bei den SchülerInnen kommt ‚Verweigerung’ ganz selten vor, lediglich in<br />

der siebten bis neunten Schulstufe sind gelegentlich Fragebögen ‚auszuscheiden’,<br />

was mit Spezifika dieser Alterstufe (Pubertät) zusammenhängen dürfte. Im<br />

Regelfall sind die Bögen, abgesehen von kleineren offensichtlichen Fehlern, mit<br />

großer Sorgfalt ausgefüllt worden.<br />

Eine wichtige Erkenntnis über die Jahre war, dass (a) die Freiwilligkeit<br />

explizit zu garantieren ist, dass aber (b) die Ergebnisse auch für die als verbindlich<br />

angesehen werden, die keinen Fragebogen ausfüllen (wollen). Die Gruppe<br />

jener, die nach der Datenpräsentation das Wort für die ‚Nichtwähler’ ergreifen,<br />

hielt sich jedoch bislang wohl deshalb in Grenzen, weil ausdrücklich alle eingeladen<br />

werden, sich von Beginn an einzubringen. Unter diesen Umständen brauchen<br />

spätere Kommentare von Skeptikern oder Verweigerern nicht überbewertet<br />

zu werden.<br />

Alles in allem hat sich der MSS als ein sehr effizientes Evaluationsinstrument<br />

erwiesen, das neben dem primären Ziel der Evaluation auch noch den Vorteil<br />

besitzt, die betroffenen Personengruppen für die Schulentwicklung zu motivieren.<br />

Darüber hinaus erleichtert der MSS die Schulentwicklungsarbeit, indem<br />

er eine wissenschaftlichen Kriterien genügende, verlässliche und breite Datenbasis<br />

bereitstellt, auf der verantwortet und effizient gearbeitet werden kann.


100 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 101<br />

4. ZME – Eine Methode zur<br />

Schulentwicklungsarbeit mittels MSS<br />

Wenn im Zuge eines Evaluationsprojekts an einer Schule die diagnostische<br />

Phase abgeschlossen ist und damit die Ergebnisse der Ersterhebung vorliegen,<br />

dann beginnt der eigentliche Prozess der Schulentwicklungsarbeit auf der Basis<br />

dieser Resultate. Zunächst müssen aus den Ergebnissen der Erhebung jene Bereiche<br />

herausgegriffen werden, die verändert werden sollen (vgl. ausführliche<br />

Erörterung im Abschnitt 3.2.3, Tabelle 3). Dann müssen Interventionsmaßnahmen<br />

geplant werden und auch auf ihre möglichen Neben- und Fernwirkungen<br />

hin überprüft werden. Die Veränderungen selbst sind dann in der Zweiterhebung<br />

auf ihre Effektivität und Effizienz hin zu evaluieren.<br />

Da es sich bei Schulen um sehr komplexe Systeme handelt, können bei<br />

diesen Schulentwicklungsarbeiten vielerlei Fehler begangen werden, die zu<br />

Frustrationen und Demotivierung, ja schließlich sogar zum Scheitern des Prozesses<br />

führen können. Um solche Fehler und Unzulänglichkeiten weitgehend zu<br />

vermeiden, hat sich in der bisherigen MSS-Praxis ein Instrument als sehr hilfreich<br />

erwiesen: das Ziel-Maßnahmen-Ergebnis-Schema (kurz: ZME-Schema).<br />

4.1 TOTE-Schleife und ZME-Schema<br />

Das ZME-Schema basiert auf der von MILLER, GALANTER und PRIBRAM in<br />

ihrem für den cognitive turn in der Psychologie sehr bedeutsamen Werk Plans<br />

and the Structure of Behavior (1960) entwickelten TOTE-Schleife (Test-<br />

Operation-Test-Exit-Schema). Den Kern dieses Schemas stellt die Feedbackschleife<br />

dar. Das TOTE-Schema weist folgende Grundstruktur auf (vgl. Abbildung<br />

9):<br />

TEST1<br />

OPERATION<br />

TEST2<br />

Abb. 9: Grundstruktur der TOTE-Feedback-Schleife<br />

EXIT<br />

Diese Grundstruktur lässt sich folgendermaßen erläutern: Der ‚Test1’ stellt die<br />

diagnostische Phase des Schulentwicklungsprozesses dar (Ersterhebung). Auf


102 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

der Basis der in dieser Phase (z.B. mittels MSS) erhobenen Ergebnisse wird nun<br />

eine ‚Operation’, also eine Interventionen, geplant und durchgeführt. Der Begriff<br />

‚Operation’ steht hier für spezifische Interventionen, die an der Schule zur<br />

Verbesserung einer bestimmten aufgrund der Diagnose als unbefriedigend erkannten<br />

Situation gesetzt wurden. ‚Test2’ bezieht sich auf die evaluative Zweiterhebung,<br />

welche die Wirksamkeit der gesetzten Interventionen überprüft. Falls<br />

die Zweiterhebung positiv ausfällt, also die intendierten Veränderungen auch<br />

tatsächlich nachgewiesen werden, ist der entsprechende Teil dieses Schulentwicklungsprozesses<br />

(vorläufig) erfolgreich beendet (Exit). Zeigt die Zweiterhebung<br />

hingegen, dass die gesetzten Interventionen nicht die gewünschten<br />

Effekte erzielen, so müssen neue und/oder zusätzliche ‚Operationen’ (Interventionen)<br />

gesetzt werden. Dies wird durch den rückwärtsgerichteten Pfeil ausgedrückt.<br />

Die negativen Ergebnisse der Zweiterhebung führen also zu einem Feedback-Prozess,<br />

durch den die ursprünglich vorgenommenen Interventionen modifiziert<br />

werden. Es handelt sich um einen zyklischen Vorgang, wobei durch die<br />

Nichterreichung des Ziels jeweils ein neuer (verbesserter) Operate-Vorgang<br />

notwendig wird. Streng genommen handelt es sich dabei um eine ‚Spirale’, da<br />

durch die Rückkoppelung der Ausgangspunkt nicht exakt wiederhergestellt<br />

wird, sondern der Erkenntnisgewinn (des bisherigen Misslingens) für den jeweils<br />

nächsten Versuch mitberücksichtigt werden kann.<br />

TEST +<br />

1 EXIT<br />

OPERATE 1<br />

TEST 2<br />

OPERATE 2 TEST 3<br />

OPERATE 3 TEST 4<br />

Abb. 10: Darstellung des TOTE-Schemas mit seinen möglichen Rückkoppelungsphasen<br />

Da die dadurch notwendig gewordene neuerliche Intervention selbst auch wieder<br />

einer Überprüfung unterzogen werden muss, ergibt sich ein etwas komplexeres<br />

Schema, das in Abbildung 10 dargestellt ist. Die sich sequenziell wie-<br />

–<br />

–<br />

+<br />

+<br />

–<br />


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 103<br />

derholende Rückkoppelung bei (Noch-)Nichterreichung und die damit verbundenen<br />

Nachbesserungsarbeiten entsprechen dem formativen Evaluationsverständnis.<br />

Die Erreichung des Exit-Zustands kann als erfolgreiche summative<br />

Evaluation gesehen werden.<br />

Dieses erweiterte TOTE-Schema gibt die Grundstruktur jeglicher verantworteten<br />

Schulentwicklung wieder. Freilich stellt selbst diese etwas komplexere<br />

Darstellung des TOTE-Prozesses nur eine grobe Annäherung an die tatsächlich<br />

erforderlichen komplexen Prozesse dar, die im Zuge von Schulentwicklung zu<br />

bewältigen sind. Das TOTE-Schema lässt sich aber so adaptieren, dass es für die<br />

komplexe Arbeit im Rahmen von Schulentwicklungsprozessen einen roten<br />

Faden und Effizienz steigernden Rahmen zu bieten in der Lage ist. (vgl. dazu<br />

Abbildung 11) Dabei entspricht die Schulentwicklung selbst dem Gesamtvorhaben<br />

(Schritte 0-11) und den MSS-Erhebungen zu unterschiedlichen Zeitpunkten<br />

fallen die Test-Sequenzen Prämessung (0) und Postmessung (10) zu. Die Daten<br />

der Postmessung geben Aufschluss, ob die vorab formulierten Ziele (2)<br />

durch die gesetzten Interventionen (9) erreicht wurden (=Exit (11)) oder ob weitere<br />

ZME-Phasen (1-9) benötigt werden. Dieser aus der einfachen TOTE-Schleife<br />

entwickelte komplexe neungliedrige ZME-Arbeitsleitfaden für den Bereich<br />

‚Operate’ (grau hinterlegt) wird nun Punkt für Punkt vorgestellt und erörtert. Es<br />

gilt zu beachten, dass auf jeder Stufe erneut eine eigene TOTE-Sequenz abläuft,<br />

auf die sinngemäß wiederum die neun Punkte angewendet werden können.<br />

Diese neun Punkte, die den komplexen ‚Operate’-Schritt ergeben, werden im<br />

MSS-Konzept als ZME-Schema bezeichnet.<br />

Ausgangspunkt des ZME-Schemas ist – wie auch schon bei der simplen<br />

TOTE-Schleife – ein ‚Test’ (Test1 des TOTE-Grundschemas), also die Feststellung<br />

eines bestimmten Ist-Zustands einer bestimmten gegebenen Situation. Der<br />

Zustand der Schule in einem oder mehreren ausgewählten Bereich wurde einer<br />

diagnostischen Evaluation unterzogen und die Ergebnisse liegen nun vor.<br />

Schlusspunkt des Schemas bildet auch hier das ‚Exit’. Dieser Punkt ist erreicht,<br />

wenn durch eine evaluative Zweiterhebung die Wirksamkeit bzw. Effizienz<br />

der implementierten Interventionsmaßnahmen bestätigt wurden. Wird die<br />

Effektivität hingegen durch das Evaluationsergebnis in Frage gestellt, so müssen<br />

die Interventionsmaßnahmen abgeändert, ergänzt oder aber (bis auf Weiteres)<br />

eingestellt werden.<br />

Zwischen diesen beiden Punkten liegen verschiedene Operation-Test-Sequenzen.<br />

Bei jedem dieser Punkte wird die gesetzte Operation z.B. die Zielformulierung,<br />

oder die Auswirkung der Intervention auf ihre Korrektheit hin<br />

überprüft bzw. getestet.


104 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

TEST 0<br />

TEST<br />

(Ersterhebung: diagnostische Erhebung, Evaluation)<br />

� +�<br />

ZME 1<br />

Worin besteht das Problem?<br />

(Wer definiert das Problem wie?)<br />

+�<br />

�<br />

2 Positive Zielformulierung und Kontrollierbarkeit<br />

+�<br />

- �<br />

3<br />

Woran lässt sich (von den Beteiligten) wahrnehmen,<br />

dass das Ziel erreicht ist?<br />

- �<br />

O +�<br />

P 4<br />

Situation der Realisierung<br />

(wo? wann? Was? wie lange? etc.)<br />

- �<br />

E +�<br />

R 5 Überprüfung der Auswirkungen auf den Kontext - �<br />

A +�<br />

T 6 Sind zusätzliche Hilfen nötig? - �<br />

E +�<br />

7 Bestehen noch Hindernisse?<br />

+�<br />

- �<br />

8<br />

Arbeitsaufteilung:<br />

Was macht wer mit wem, wann, wo, wie, bis wann etc.?<br />

+�<br />

- �<br />

ZME 9 UMSETZUNG DES KONZEPTS - �<br />

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TEST<br />

TEST 10 (Zweiterhebung: evaluative Überprüfung der<br />

Interventionsauswirkungen)<br />

- �<br />

� +�<br />

EXIT 11 EXIT<br />

Abb. 11: ZME-Schema: eine effiziente Methode für die Schulentwicklungsarbeit;<br />

+� (Teilzielerreichung) führt jeweils zum nächsten Schritt,<br />

während -� (Zielverfehlung) eine neuerliche Problemdefinition (1) nötig macht.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 105<br />

Das ZME-Konzept ist v.a. geeignet, noch vor der Inangriffnahme von Interventionen<br />

systematisch ein ganzes Bündel von Checks zu durchlaufen, um mögliche<br />

Fehlerquellen zu antizipieren. Diese potenziellen Fehler werden wiederum durch<br />

die kleinen TOTE-Feedbackschleifen in jedem Zwischenschritt bestmöglich<br />

ausgeschaltet. Die ZME-Phase kann zwar ein langwieriger und mühsamer<br />

Prozess für die Beteiligten sein, was sich aber dadurch rechtfertigen lässt, dass<br />

nicht im ersten Eifer nach dem Prinzip ‚trial-and-error’ vorschnell agiert wird,<br />

sondern die Chancen einer erfolgreichen Realisierung planvoll geprüft und erhöht<br />

werden. Versuch und Irrtum werden demnach systematisch in der Planung<br />

genutzt, um eventuell zu erwartende Fehler in der praktischen Umsetzung möglichst<br />

zu minimieren. Dadurch wird weitgehend verhindert, dass ein Projekt (unerwartet)<br />

ins Stocken gerät. Darüber hinaus zeigt die Erfahrung aber auch, dass<br />

das Arbeiten mit diesem Instrument bei einiger Übung zu hoher zeitlicher und<br />

inhaltlicher Effizienz führt.<br />

Fällt die Überprüfung (Test) eines Teilschritts positiv aus, so kann dieser zu<br />

realisierende Teilschritt korrekt ausgeführt und der nächste Teilschritt in Angriff<br />

genommen werden. Fällt der Test hingegen negativ aus, so muss der gesamte<br />

Prozess wieder am Anfangspunkt, also bei der Problemdefinition (1), erneut begonnen<br />

werden.<br />

4.2 Das ZME-Schema im Detail<br />

Das aus der simplen TOTE-Schleife entwickelte komplexe neungliedrige ZME-<br />

Schema bietet einen wirksamen Arbeitsleitfaden. Er soll nun im folgenden<br />

Punkt für Punkt anhand eines illustrativen Beispiels aus der Schulentwicklungspraxis<br />

vorgestellt und erörtert werden. Als Beispiel wird der Umgang mit hohen<br />

Aggressionswerten bei UnterstufenschülerInnen einer bestimmten Schule herangezogen.<br />

4.2.1 Problemformulierung<br />

Im ersten Schritt (1) gilt es, aus den vorliegenden Evaluationsergebnissen einzelne<br />

Bereiche auszuwählen und als Probleme zu definieren, die im Zuge von<br />

Schulentwicklungsmaßnahmen bearbeitet d.h. möglichst gelöst oder zumindest<br />

minimiert werden sollen. Als Beispiel sollen die Evaluationsergebnisse zum Bereich<br />

‚Aggressionen in der Schule’ dienen. Es wird angenommen, dass die<br />

erhobenen Aggressionswerte der UnterstufenschülerInnen in einzelnen Klassen<br />

einer bestimmten Schule sehr hoch sind.


106 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Natürlich sind viele andere Beispiele denkbar, z.B. dass etwa ein sehr hoher<br />

Prozentsatz der SchülerInnen angibt, dass sie nach der vierten Klasse (8. Schulstufe)<br />

das Gymnasium verlassen, weil sie an der HTL (Höhere Technische<br />

Lehranstalt) eine bessere naturwissenschaftlich-technische Ausbildung zu bekommen<br />

glauben als im naturwissenschaftlichen Zweig dieses Gymnasiums;<br />

oder aber die Verbesserung der Transparenz bei der Verteilung der knapper werdenden<br />

Ressourcen an einer Schule.<br />

Die scheinbar so simple Aufgabe der Problemdefinition birgt aber bereits<br />

ihre Tücken. Evaluationsergebnisse bieten in der Regel nur Zahlen wie zum<br />

Beispiel Häufigkeiten und Mittelwerte. Welche Zahlen aus dem Evaluationsbericht<br />

nun als ‚problematisch’ bewertet werden (sollten/müssen), ist zunächst<br />

nicht klar und bedarf daher einer Entscheidung. 9 Und im Zusammenhang mit<br />

dieser Entscheidungssituation stellen sich mindestens zwei wichtige Fragen: (1)<br />

Wer entscheidet darüber, dass z.B. die Aggressionsrate der UnterstufenschülerInnen<br />

sehr (zu) hoch ist? Und: (2) Wie wird das Problem konkret formuliert.<br />

Bereits bei der Beantwortung dieser beiden Fragen werden entscheidende<br />

Weichenstellungen mit oft weitreichenden und langfristigen Auswirkungen auf<br />

den Schulentwicklungsprozess getroffen. Beide Fragen hängen natürlich partiell<br />

miteinander zusammen: Wie ein Problem definiert wird hängt auch davon ab,<br />

wer es definiert. Dies soll kurz illustriert werden.<br />

Man sollte sich Folgendes zunächst ins Gedächtnis rufen: ‚Mit dem Akzeptieren<br />

der Fragestellung (hier Problemdefinition) beginnt die geistige Unterwerfung!’<br />

Damit ist zunächst gar nicht einmal die Unterwerfung bzw. Auslieferung<br />

unter die verdeckten Zielsetzung eines Übel wollenden Manipulators gemeint,<br />

sondern ganz simpel und einfach unter die Fragestellung- bzw. Problemdefinition<br />

selbst. Frage- und Problemformulierungen setzen implizit Annahmen voraus,<br />

die mit dem Akzeptieren der Fragestellung bzw. Problemformulierung mit<br />

9 Bei MSS-Erhebungen wird – wie bereits weiter oben angeführt – allerdings vom MSS-Team<br />

ein schriftlicher Abschlussbericht mitgeliefert, in dem aus der Perspektive außenstehender<br />

ExpertInnen jene Bereiche benannt werden, die als problematisch erscheinen und sich von<br />

daher zunächst besonders für die Schulentwicklung eignen würden. Aber natürlich soll diese<br />

Nennung von Bereichen den am Schulentwicklungsprozess der jeweiligen Schule beteiligten<br />

Personen nur eine zusätzliche Hilfestellung bieten, keinesfalls soll dadurch in die Entscheidungsautonomie<br />

der Schulpartner eingegriffen werden. Die Schulentwicklung und<br />

damit natürlich auch die Definition der zu bearbeitenden Probleme werden von den Betroffenen<br />

vor Ort eigenverantwortlich durchgeführt. Es ist zielführend, dabei auf die MSS-<br />

Zielmatrix (siehe Kapitel 3.2.3, Tabelle 3) zurückzugreifen, um gemeinsam kurz-, mittel-,<br />

langfristige Visionen der einzelnen Personengruppen zu strukturieren.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 107<br />

eingehen und so oft unbewusst mitakzeptiert werden, obwohl sie durchaus fragwürdig<br />

sein können. Dies soll kurz anhand einer fiktiven Geschichte illustriert<br />

werden:<br />

„Es wird erzählt, dass in einem Parlament ein Finanzminister bei jeder seiner<br />

jährlich wiederkehrenden Budgetreden vom Gegenspieler einer Oppositionspartei<br />

mit Zwischenrufen genervt wurde, die immer auf die folgende der Art endeten<br />

„Stimmt es also, dass ... – Ja oder Nein! Und kein Herumreden um den heißen<br />

Brei, keine Ausflüchte! Sagen Sie endlich klar und deutlich die Wahrheit! Schenken<br />

Sie der Bevölkerung endlich einmal reinen Wein ein!“ Der Finanzminister,<br />

genervt durch dieses wiederholte Fordern einer Ja- oder Nein-Antwort, überlegte<br />

lange, wie er seinem Gegenspieler aus der Oppositionspartei diese unqualifizierten<br />

Einwürfe abgewöhnen könnte. Und schließlich kam ihm eine gute Idee. Als<br />

bei der nächsten Budgetrede der Finanzexperte der Opposition wieder seine Einwürfe<br />

machte und den Finanzminister auf ein „Ja oder Nein“ festnageln wollte,<br />

antwortete ihm der Finanzminister: „Damit Sie sich ein für alle mal merken, dass<br />

es Fragen gibt, die man sinnvoller Weise nicht mit Ja oder Nein beantworten<br />

kann, stelle auch ich Ihnen einmal eine Frage: „Stimmt es, dass Sie seit gestern<br />

aufgehört haben Ihre Frau zu schlagen? Und keine Ausflüchte jetzt! Lassen Sie<br />

das Wahlvolk nur ein einziges Mal nicht im Unklaren: Ja oder Nein und kein<br />

ablenkendes Herumgeschwafel!“<br />

Diese kleine Anekdote zeigt anschaulich, dass mit dem Akzeptieren von Fragestellungen<br />

auch implizite Voraussetzungen mitakzeptiert werden. In diesem Fall<br />

die Voraussetzung, dass der Gefragte zumindest bis zum gestrigen Tag seine<br />

Frau geschlagen hatte. Trifft diese Voraussetzung nicht zu, dann kann die Frage<br />

auch nicht beantwortet werden. Man muss vielmehr weiter ausholen, um<br />

deutlich zu machen, warum die Fragestellung nicht akzeptiert werden kann und<br />

somit die Frage falsch gestellt ist.<br />

Zurück zum Thema Schule: Es könnte etwa die erhobene hohe Aggressionsrate<br />

bei den UnterstufenschülerInnen folgendermaßen als Problem formuliert<br />

werden: ‚Unser Aggressionsproblem liegt darin, dass die Eltern ihrer Erziehungsaufgabe<br />

bei Ihren Kinder, nämlich die Erziehung zu einem humanen und<br />

sozialen Miteinander in unserer Gesellschaft nicht nachkommen.’ In dieser Problemformulierung<br />

wird ein Versagen der Erziehung durch Eltern unterstellt.<br />

Diese legt natürlich (wenngleich auch logisch unzulässig) nahe, die Lösung des<br />

Problems dort zu suchen bzw. dorthin zu delegieren, wo das Problem ja auch<br />

entstanden sei: bei den Eltern! Es braucht nicht weiter dargelegt zu werden, wie<br />

wichtig hier die Mitwirkung der Eltern (aber auch der SchülerInnen) bei der<br />

konkreten Problemformulierung ist. Um nicht missverstanden zu werden: es<br />

geht hier nicht darum, eine Personengruppe schlechter als die andere darzu-


108 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

stellen. Auch von Elternseite erlebt man ein ganz Ähnliches (und damit genauso<br />

fehlerhaftes) Vorgehen: ‚Die Aggressionen finden in der Schule statt und daher<br />

sind die LehrerInnen gefordert, das zu unterbinden.’ Auch hier stellt die Teilnahme<br />

von VertreterInnen der beiden anderen Personengruppen – SchülerInnen<br />

und insbesondere der LehrerInnen – ein natürliches und wichtiges Korrektiv dar.<br />

Am besten ist man immer beraten, wenn man sich bei der Problemformulierung<br />

der Mutmaßungen über Ursachen eines Defizits enthält und stattdessen<br />

bei der Problemformulierung möglichst nahe bei der Beschreibung der Fakten<br />

(hier also bei der Höhe der Aggressionsrate) bleibt, ohne über Ursachenzusammenhänge<br />

zu spekulieren. Eine entsprechende Problemformulierung könnte<br />

etwa lauten: ‚Aus Sicht der LehrerInnen, Eltern und SchülerInnen stellen die<br />

erhobenen Aggressionswerte ein Problem dar.’ Hier wird lediglich ein deskriptives<br />

Erhebungsresultat als Problem bewertet; Ursachen- oder gar Schuldzuschreibungen<br />

unterbleiben. Nun kann darüber nachgedacht werden, was jetzt<br />

von allen Beteiligten dazu beigetragen werden kann, um dieses Problem zu beseitigen<br />

oder zumindest zu minimieren.<br />

Dies mag den einen oder die andere LeserIn befremden. Denn – so könnte<br />

man fragen – erlaubt nicht erst eine Ursachenanalyse nachhaltige Veränderungen?<br />

Muss man das Übel nicht an seinen Wurzeln, also bei seinen Ursachen<br />

packen, um es dauerhaft beseitigen zu können? Im Rahmen von konkreten<br />

Schulentwicklungsprojekten ist es oft müßig, über die eigentlichen, vergangenen<br />

Ursachen (!) eines Problems zu spekulieren. Ob die Ursachen für eine erhobene<br />

hohe Aggressionsrate letztendlich z.B. in der Berufstätigkeit der Frauen und der<br />

damit zusammenhängenden zu frühen Abwesenheit der Mütter von ihren Kindern<br />

liegt, wie dies an einer Schule von einer zur Problemlösung an die Schule<br />

eingeladenen Psychoanalytikerin vertreten wurde, hilft in der konkreten Schulentwicklungssituation<br />

nicht sehr viel weiter – die SchülerInnen können nicht<br />

durch andere, deren Mütter nicht berufstätig waren, ausgetauscht werden. Abgesehen<br />

von der dadurch zumindest bei einigen anwesenden Müttern ausgelösten<br />

Betroffenheit, bringt eine derartige Ursachensuche, die von PsychologInnen als<br />

‚Kausalattribuierungen’ bezeichnet werden, zwar evtl. eine Entlastung für die<br />

SchulentwicklerInnen (da ja eine Ursache benannt ist, für deren Behebung aber<br />

die SchulentwicklerInnen nicht zuständig sind), für eine konkrete Problemlösung<br />

hingegen aber leider meist nur sehr wenig bis gar nichts. Damit wird<br />

nicht behauptet, dass derartige gesellschaftspolitische Analysen sinnlos wären.<br />

Nur bei der konkreten Schulentwicklungsarbeit führen sie häufig im einen Fall<br />

entweder zu einer ‚Verdammung der schlechten Gesellschaft’ (oder einzelner<br />

ihrer Elemente, z.B. der Mütter) und damit zur Verschiebung des Problems auf


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 109<br />

eine Ebene, auf der die Schulpartner nicht mehr eingreifen kann (was auch eine<br />

Entlastung sein kann) oder aber es entstehen gesellschafts- oder gar parteipolitische<br />

Grabenkämpfe, die ebenfalls konkrete und konstruktive Lösungen auf<br />

Schulebene eher behindern denn befördern. In der Schulentwicklung sollte man<br />

möglichst lösungs- und damit zielorientiert vorgehen: Welche Mittel stehen uns<br />

hier und heute und unter den gegebenen Rahmenbedingungen zur Verfügung,<br />

um ein bestimmtes Ziel zumindest teilweise zu erreichen?<br />

Wenn mit dem MSS gearbeitet wurde, ist die Gefahr, dass man sich bereits<br />

bei diesem ersten Punkt in selbstfabrizierten Fallstricken verfängt, etwas geringer:<br />

Zunächst setzt nämlich jeder MSS-Einsatz voraus, dass alle betroffenen<br />

Personengruppen zu Wort kommen können, wenn sie dies wünschen. (Bei MSS-<br />

Einsätzen werden Vollerhebungen über alle betroffenen Personengruppen angestrebt.)<br />

Dies reduziert die Gefahr, dass Problemformulierungen auf der<br />

Grundlage eines einzelnen gruppenspezifischen Interesses – ob bewusst oder unbewusst<br />

spielt hier zunächst nur eine untergeordnete Rolle – alleine vorgenommen<br />

werden können.<br />

Des Weiteren erlauben die immer wieder möglichen Ist-Soll Vergleiche eine<br />

schnelle Orientierung, in welchen Bereichen Schulwirklichkeit (Ist) und Ideal<br />

(Soll) besonders weit auseinander klaffen bzw. aus Sicht welcher Personengruppe(n)<br />

dies der Fall ist. Gerade jene Bereiche, bei denen zwischen allen drei<br />

Personengruppen, der SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern hoher Konsens bezüglich<br />

der Ist-Soll-Diskrepanzen besteht, bieten sich daher besonders für erste<br />

Projekte in der Schulentwicklungsarbeit an.<br />

Bei Fragestellungen, wo aus der diagnostischen Erhebung keine Ist-Soll-Diskrepanzen<br />

entnommen werden können, muss Klarheit darüber herrschen, dass<br />

die Evaluationsergebnisse vor dem Hintergrund der entsprechenden Standards<br />

der am Schulentwicklungsprozess beteiligten Personen(gruppen) bewertet werden.<br />

Es muss also allen bewusst sein, dass etwa darüber entschieden wird, ob<br />

eine bestimmte Aggressionsrate bei SchülerInnen ein Problem darstellt oder<br />

nicht.<br />

Für die Problemdefinition sollte sich das Schulentwicklungsteam ausreichend<br />

Zeit lassen, denn hier werden – wie gesagt – die Weichen gestellt. Es<br />

ist nicht notwendig und auch nicht sinnvoll, alle Probleme gleichzeitig lösen zu<br />

wollen. Beim MSS-Einsatz wird versucht, anhand einiger konkreter Probleme<br />

das TOTE-Konzept (zuerst für alle, dann in kleinen Arbeitsgruppen) ‚durchzuspielen’,<br />

damit für die Anwesenden dieses Konzept geläufiger wird und später<br />

ohne MSS-Team zur Anwendung kommen kann. Später können sich inhaltlich


110 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

arbeitsteilige Gruppen bilden, die sich der Lösung bestimmter Probleme annehmen.<br />

4.2.2 Zielformulierung<br />

Aber auch beim zweiten wichtigen Schritt, der Zieldefinition und -formulierung,<br />

können bei Beachtung einiger einfacher Regeln frustrierende Erfahrungen minimiert<br />

werden.<br />

Zunächst muss darauf hingewiesen werden, dass ein (noch so gut formuliertes)<br />

Problem noch kein Ziel darstellt, das man anstreben könnte. Häufig wird in<br />

Problemlösungssituationen der Fehler begangen, dass man bei der Problemformulierung<br />

hängen bleibt und das Ziel ganz einfach als die Negation des Problems<br />

definiert. Eine entsprechende ‚negative’ Zielformulierung könnte etwa so<br />

lauten: ‚Die UnterstufenschülerInnen sollten nicht mehr so aggressiv sein.’ Der<br />

Nachteil solch ‚negativ’ formulierter Ziele liegt auf der Hand: niemand hat eine<br />

Vorstellung davon, was getan werden kann, um das Ziel zu erreichen, da das<br />

Ziel lediglich als Abwesenheit des Problems formuliert wurde. Die Situation soll<br />

nur ‚irgendwie’ anders werden. Als einziger Ausweg bietet sich in Situationen<br />

mit negativ formulierten Zielen daher meist nur der Appell an die SchülerInnen<br />

an, ihr aggressives Verhalten zu unterlassen. Die Sinnhaftigkeit solcher Aufrufe<br />

und ihre Wirkung darf allerdings bezweifelt werden. Woher sollten die SchülerInnen<br />

wissen, wie sie mit dem Problem der Aggressionen konstruktiv umgehen<br />

können, wenn es die pädagogisch gebildeten LehrerInnen schon nicht wissen?<br />

Mit einem negativ formulierten Ziel findet sich eine Schulentwicklungsgruppe<br />

in einer ähnlich unbefriedigenden Situation wie ein Raucher, dessen Ziel es ist,<br />

nicht mehr zu rauchen. Sein negativ formuliertes Ziel, das Rauchen aufzugeben,<br />

bietet ihm keinerlei Anhaltspunkte dafür, was er unternehmen kann, um sein<br />

Verhalten zu ändern.<br />

Ähnlich verhält es sich mit Zielen, die komparativ formuliert sind: „Das<br />

Klima zwischen KollegInnen sollte besser werden.“ Worin genau besteht das<br />

‚besser’ eigentlich? „Die Komparative deuten an, dass man gar nicht genau<br />

weiß, wie der angestrebte Zustand nun eigentlich aussehen soll; er soll eben<br />

anders sein.“ (DÖRNER 2002, S. 76)<br />

Daher sollten Ziele immer positiv und spezifisch formuliert werden. Im Falle<br />

des Rauchers könnte eine solche Zielformulierung etwa folgendermaßen lauten:<br />

„Ich ersetze einen Impuls zu rauchen durch andere Handlungen: z.B. Kauen<br />

eines Nikotimkaumgummis.“ Dieses positiv und spezifisch formulierte Ziel gibt<br />

dem Raucher Hinweise, wie er sein Ziel erreichen kann. Am wichtigsten: er<br />

muss einen (Nikotin-)Kaugummi zu sich nehmen, wenn er den Drang zu


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 111<br />

rauchen verspürt. Um dieses Verhalten ausführen zu können, muss er aber auch<br />

einen (Nikotin-)Kaugummi bei sich haben. Um ihn bei sich haben zu können,<br />

muss er sich einen besorgt haben. Diese Beispiele scheinen vielleicht auf den<br />

ersten Blick sehr simpel zu sein. Tatsächlich stellen sie aber unerlässliche<br />

Schritte zur wirksamen Erreichung des angestrebten Ziels dar.<br />

Bezogen auf unser Schulbeispiel könnte eine ‚positive’ Zielformulierung<br />

etwa so lauten: „Die UnterstufenschülerInnen regeln ihre Konflikte auf eine<br />

sozial angemessene Weise.“ oder: „Die UnterstufenschülerInnen sind in der<br />

Lage, aggressive Impulse zu kontrollieren.“ Für das zugrunde liegende Problem<br />

wären viele weitere positiv formulierte Ziele möglich.<br />

Neben der positiven Formulierung von Zielen ist die Beachtung noch eines<br />

weiteren Hinweises von Bedeutung: die Erreichung des Ziels muss unter der<br />

Kontrolle der an der Zielerreichung interessierten Person(en) liegen.<br />

Dieser Aspekt ist sehr wichtig, wird aber immer wieder verletzt. Ziele, die<br />

nicht unter der eigenen Kontrolle liegen, sind Wünsche; Wünsche können nur<br />

durch andere erfüllt werden. Man ist also abhängig vom wohlwollenden Handeln<br />

anderer. Dies kann dazu führen, dass man sich in eine Situation permanenter<br />

Frustration begibt, nämlich dann, wenn die eigenen Wünsche von den anderen<br />

nicht erfüllt werden. In unserem Fall: wenn die UnterstufenschülerInnen<br />

dem Wunsch nach Beendigung des aggressiven Verhaltens nicht nachkommen.<br />

Solche Situationen, in denen Menschen immer wieder erleben, dass sie die<br />

Realisierung selbstgesetzter Ziele nicht erreichen können, führen dazu, dass man<br />

sich als hilflos erlebt. Solche wiederholten Hilflosigkeitserfahrungen sind frustrierend,<br />

entmutigend, demotivierend und rauben schließlich das Vertrauen in<br />

die eigenen Kompetenzen, Situationen effektiv auf eigene Ziele hin verändern<br />

zu können. Und genau dies ist häufig in Schulentwicklungsgruppen feststellbar,<br />

wenn Appelle der LehrerInnen an z.B. SchülerInnen („Die SchülerInnen sollen<br />

(endlich) erkennen wie wichtig Hausübungen sind!“ oder: „Die lokale Wirtschaft<br />

soll unsere Schule stärker finanziell unterstützen!“) zu keinerlei gewünschten<br />

Veränderungen der Situation führen. Alle diese Wünsche sind zwar<br />

positiv formuliert, ihre Realisierung liegt jedoch nicht in der Macht derjenigen,<br />

die diese Ziele formuliert haben.<br />

Die Entstehung einer negativen Spirale von Hilflosigkeitserlebnissen, Demotivation<br />

und schließlich dem Verlust an Kontrollüberzeugungen kann aber<br />

ganz einfach vermieden werden, indem die positiv formulierten Ziele immer<br />

auch daraufhin überprüft werden, ob sie im Kontrollbereich derjenigen liegen,<br />

die sie proklamieren. Liegt ein Ziel nicht im eigenen Einflussbereich, so muss<br />

das Ziel umformuliert werden. In aller Regel läuft dies auf eine Redimensio-


112 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

nierung des Ziels in Richtung realistischer Bescheidenheit hinaus. Zwar mag es<br />

verführerisch sein, eigene Wunsch- oder Idealvorstellungen als anzustrebende<br />

Ziele zu formulieren, die große Gefahr des wiederholten Scheiterns, die damit<br />

aber in Kauf genommen wird, sollte Warnung genug sein. Eine positive Zielformulierung<br />

bezüglich unseres Beispielproblems, das zudem auch noch in unserer<br />

Macht liegt, könnte folgendermaßen lauten: ‚Die LehrerInnen des Schulentwicklungsteams<br />

beraten gemeinsam mit ihren UnterstufenschülerInnen darüber, was<br />

gegen die hohe Rate an aggressivem Verhalten getan werden kann.’ oder: ‚Die<br />

MitarbeiterInnen des Schulentwicklungsteams organisieren eine Schulveranstaltung<br />

für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern, zu der eine Expertin für Gewaltprävention<br />

an Schulen eingeladen wird.’ Diese Ziele liegen im Einflussbereich<br />

der Steuergruppe der Schule; die Wahrscheinlichkeit, frustrierende Erfahrungen<br />

durch das Nichterreichen des Ziels zu machen, ist daher sehr gering.<br />

Zusammenfassend bleibt also festzuhalten, dass bei Zielformulierungen zwei<br />

Aspekte unbedingt beachtet werden müssen: Ziele müssen (1) positiv formuliert<br />

werden und müssen (2) unter der Kontrolle der sie setzenden Personen liegen.<br />

4.2.3 Überprüfbarkeit der Zielerreichung<br />

Mit diesem dritten Kriterium wird gefordert, dass die Ziele möglichst konkret<br />

formuliert werden. Nur konkrete Ereignisse, Zustände, Fakten lassen sich mit<br />

Hilfe der Sinnesorgane wahrnehmen. Die Forderung anzugeben, woran man<br />

wahrnehmen kann, wann das Ziel erreicht ist, dient dem Zweck, das Ziel möglichst<br />

konkret zu formulieren.<br />

Auch hinter dieser Forderung steckt natürlich wieder eine häufig anzutreffende<br />

gefährliche Tendenz: die Tendenz, Ziele sehr abstrakt zu formulieren.<br />

Je abstrakter aber ein Ziel formuliert ist, desto schwieriger wird es, festzustellen,<br />

ob das Ziel erreicht, bzw. in wieweit es realisiert wurde. Ist die Zielerreichung<br />

aber nicht mehr feststellbar, so bricht der Feedbackprozess, dessen Kern die<br />

Überprüfung der Zielerreichung ausmacht, zusammen.<br />

So ist etwa die folgende Zielformulierung nur schwer, wenn überhaupt,<br />

durch Sinneswahrnehmungen überprüfbar: ‚Die SchülerInnen sollen sich positiv<br />

verhalten.’ (Natürlich liegt die Erreichung dieses Ziels darüber hinaus auch nicht<br />

in unserer Macht.) Oder: ‚Die LehrerInnen verhelfen den SchülerInnen zu<br />

ausreichender sozialer Kompetenz.’ Die Erreichung dieses Ziels ist nicht<br />

überprüfbar: wann liegt ‚ausreichende’ soziale Kompetenz vor? Wie konkret<br />

‚verhelfen’ die LehrerInnen ihren SchülerInnen zur sozialen Kompetenz? Was<br />

genau versteht man unter ‚sozialer Kompetenz’? Kurzum: das Ziel wurde zu<br />

abstrakt und diffus formuliert.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 113<br />

Erinnern wir uns zunächst nochmals an die im letzten Abschnitt formulierten<br />

beiden möglichen Ziele. Beide Ziele sind positiv formuliert und befinden sich<br />

unter der Kontrolle der Schulentwicklungsgruppe:<br />

(1) ‚Die LehrerInnen des Schulentwicklungsteams beraten gemeinsam mit<br />

ihren UnterstufenschülerInnen darüber, was gegen die hohe Rate an aggressivem<br />

Verhalten getan werden kann.’<br />

(2) ‚Die MitarbeiterInnen des Schulentwicklungsteams organisieren eine<br />

Schulveranstaltung für LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern, zu der eine<br />

Expertin für Gewaltprävention an Schulen eingeladen wird.’<br />

Erfüllen diese beiden Ziele das dritte Kriterium der Überprüfbarkeit der Zielerreichung?<br />

Ziel (1) kann als überprüft gelten, wenn man sehen kann, dass sich<br />

zumindest einige SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern gemeinsam in einem<br />

Raum befinden und gehört werden kann, dass sie miteinander über die Evaluationsresultate<br />

zum Thema ‚Aggressionen’ sprechen.<br />

Für Ziel (2) gilt Analoges: Man kann sehen, dass sich VertreterInnen der<br />

SchülerInnen, LehrerInnen, Eltern und eine Vortragende in einem Raum befinden<br />

und die Vortragende ein Referat zum Thema ‚Gewaltprävention’ hält. Beide<br />

Zielformulierungen sind also auf ihre Realisierung hin (intersubjektiv) überprüfbar.<br />

4.2.4 Festlegung der Realisierungssituation<br />

Im nächsten Schritt (Kriterium 4) muss nun der Realisierungskontext des formulierten<br />

Ziels genau festgelegt werden. Diese Konkretisierung trägt (1) zur<br />

besseren wahrnehmungsmäßigen Überprüfbarmachung des Ziels und (2) zur<br />

klareren Strukturierung des Wegs hin zum Ziel bei. Diese Festlegung der Realisierungssituation<br />

bzw. des Realisierungsablaufs kann auch in die Zielformulierung<br />

einfließen, die dadurch natürlich immer umfangreicher und detaillierter<br />

wird.<br />

‚Die MitarbeiterInnen des Schulveranstaltungsteams organisieren innerhalb<br />

der nächsten drei Wochen eine Schulveranstaltung, die in der Aula der Schule<br />

stattfindet, zu der alle UnterstufenschülerInnen mit ihren Eltern und die Gewaltpräventionsexpertin<br />

XY eingeladen werden: dazu sind folgende Schritte notwendig:<br />

Suche einer Expertin bzw. eines Experten, Kontaktaufnahme, Versuch einer<br />

Terminvereinbarung mit ihr/ihm und Festlegung der Veranstaltungsdauer. Verfassung,<br />

Vervielfältigung und Verteilung einer Einladung an die KollegInnen,<br />

SchülerInnen und Eltern. Organisieren der nötigen Räumlichkeit (z.B. Gespräch<br />

mit der/dem DirektorIn oder einer anderen dafür zuständigen Person (Admi-


114 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

nistratorIn, Schulwart) darüber führen, welche Räume am festgesetzten Zeitpunkt<br />

verfügbar sind.)’<br />

Zu beachten ist hier wiederum, dass die konkreten Teilziele oder Ablaufsequenzen<br />

ebenfalls alle im Einflussbereich der Steuergruppe liegen müssen.<br />

Daher wurde in der ersten Ablaufsequenz formuliert: ‚Versuch einer Terminvereinbarung’;<br />

denn die tatsächliche Terminvereinbarung hängt nicht ausschließlich<br />

vom Schulentwicklungsteam oder der vom Team dazu beauftragten<br />

Person alleine ab. Es ist nämlich durchaus vorstellbar, dass die gefundene<br />

Expertin zu keinem der vorgeschlagenen Termine verfügbar ist oder ihre Honorarvorstellungen<br />

von der Schule nicht erfüllt werden können.<br />

4.2.5 Überprüfung der Auswirkungen der Zielverwirklichung<br />

Jede menschliche Handlung zeitigt Folgen. Diese Folgen können positiv oder<br />

negativ sein. Und es ist realistisch davon auszugehen, dass vor allem unser<br />

Verhalten in komplexen sozialen Situationen immer ein Bündel von Konsequenzen<br />

nach sich zieht, in dem sich immer sowohl positive als auch negative Elemente<br />

finden. Dies bedeutet, dass es zumindest möglich ist, dass die unmittelbare<br />

Realisierung eines erwünschten Ziels langfristig zu überwiegend negativen<br />

Spätfolgen führen kann, welche unter Umständen den ‚Gewinn’ der kurzfristigen<br />

Zielerreichung sogar zunichte machen können.<br />

Daher ist es notwendig, sich noch vor der Umsetzung der Ziele explizit<br />

Rechenschaft darüber abzulegen, zu welchen Folgen diese Zielerreichung in<br />

verschiedenen Kontexten aller Wahrscheinlichkeit nach führen wird.<br />

Hier ist es zunächst wichtig, sich zu überlegen, auf welche Bereiche die<br />

Zielerreichung Auswirkungen und insbesondere nicht beabsichtigte Nebenwirkungen<br />

haben kann. Die Durchführung eines Informationsabends zum Thema<br />

‚Gewaltprävention’ an der Schule dürfte kaum zu schwerwiegenden negativen<br />

Nebeneffekten führen. Anders wird es aber bei anderen Maßnahmen aussehen.<br />

So kann etwa die Einführung eines neuen Schulzweigs den unbeabsichtigten<br />

Nebeneffekt haben, dass sich die SchülerInnen, die nicht in den neuen Zweig<br />

aufgenommen werden konnten, benachteiligt fühlen. Dies könnte in der Folge<br />

zu Rivalitäten zwischen SchülerInnen in den verschiedenen Schulzweigen oder<br />

zu einem Motivationsabbau bei den abgewiesenen SchülerInnen führen. Oder<br />

ein anderes Beispiel: SchülerInnen, die an einem Sozialtraining teilgenommen<br />

haben, könnten durchaus selbstbewusster und kompetenter ihre Rechte auch<br />

gegenüber LehrerInnen einfordern. Letztgenannte Folge einer Veränderungsmaßnahme<br />

wird aber von kaum jemandem als negativ bewertet werden, dürfte<br />

aber auch nicht das ursprünglich intendierte Ziel gewesen sein. Es gilt also die


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 115<br />

Nebenwirkungen zu bewerten; keinesfalls alle unbeabsichtigten side effects sind<br />

negativ.<br />

Wichtig ist es, die verschiedenen betroffenen Kontexte einer Implementierungsmaßnahme<br />

auf zu erwartende Veränderungen hin zu analysieren. Der<br />

unmittelbar relevante Kontext auf den eine Intervention an der Schule Auswirkungen<br />

haben kann, sind all jene Personen, die unmittelbar von den Veränderungsmaßnahmen<br />

betroffen sind; im Fall der Einführung eines Sozialen Kompetenztrainings<br />

sind dies zunächst die teilnehmenden SchülerInnen selbst. Sodann<br />

sind etwaige Auswirkungen auf die KlassenlehrerInnen dieser Schüler-<br />

Innen zu untersuchen. Schließlich gilt es zu versuchen, die Konsequenzen des<br />

Trainings für die MitschülerInnen anderer Klassen und schließlich auf die Schule<br />

insgesamt abzuschätzen. Erst wenn eine Abwägung aller Auswirkungen in<br />

den verschiedenen Bereichen zu einer insgesamt positiven Bewertung führt,<br />

sollte das Training auch realisiert werden bzw. der nächste Schritt hin zur Realisierung<br />

in Angriff genommen werden. So ein ‚ökologischer Check’ auf die<br />

Umweltverträglichkeit verhindert, dass in der Umsetzungsphase ein Projekt von<br />

einzelnen oder betroffenen Gruppen torpediert wird.<br />

4.2.6 Zusätzlich nötige Hilfen und Ressourcen<br />

Im Zuge der Planung der Zielrealisierung kann erkannt werden, dass für bestimmte<br />

Teilbereiche noch zusätzliche Hilfen notwendig sind. D.h. es gibt in<br />

Teilbereichen Aufgabenstellungen, die nur mit Hilfe von außen bewältigt werden<br />

können. So kann es etwa nötig sein, sich mit dem Elternverein kurzzuschließen,<br />

um ein realistisches ReferentInnenhonorar anbieten zu können. Es<br />

kann auch notwendig sein, die SchülerInnen für das Vortragsthema zu sensibilisieren,<br />

sodass die Einladungen, wenn sie über die Kinder der Eltern verteilt<br />

werden, auch tatsächlich bei den Adressaten ankommen. Oder aber es erscheint<br />

sinnvoll, eine Kollegin bzw. einen Kollegen mit der Kontaktaufnahme zu beauftragen,<br />

weil er/sie etwa die Referentin bzw. den Referenten gut kennt.<br />

Ist es nicht möglich, diese benötigten Hilfen und Ressourcen sicherzustellen,<br />

so muss überlegt werden, ob das Ziel nicht reformuliert werden sollte, da eine<br />

Sicherstellung der Erreichung des Ziels nicht in der eigenen Macht liegt.<br />

4.2.7 Verbliebene Hindernisse und Barrieren<br />

Sollten auch alle noch offenen Fragen und Mängel behoben worden sein, so ist<br />

es sinnvoll, sich nochmals in Ruhe mit dem Ziel auseinander zu setzen und es<br />

auf vielleicht noch übersehene objektive Hindernisse, aber auch subjektiv vor-


116 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

handene Barrieren hin zu überprüfen. Wenn es die Zeit erlaubt, so kann durchaus<br />

auf die aus dem Alltag bei wichtigen anstehenden Entscheidungen bekannte<br />

Strategie zurückgegriffen werden, nämlich die Lösung nochmals zu ‚überschlafen’.<br />

Es kann dann für den nächsten Tag eine ganz kurze Endbesprechung<br />

angesetzt werden, in der abgeklärt wird, ob vielleicht ein wichtiges Problem<br />

übersehen wurde. Wenn dies der Fall sein sollte, muss entweder sofort eine<br />

Lösung angestrebt oder ein neuer Besprechungstermin vereinbart werden. Wenn<br />

nicht, wird der nächste Schritt gesetzt: die endgültige Arbeitsaufteilung.<br />

4.2.8 Arbeitsaufteilung<br />

Wenn das positiv formulierte und in der Kontrolle der Steuergruppe der Schule<br />

liegende Ziel, über dessen potentiellen Auswirkungen ausführlich reflektiert<br />

wurde, alle Überprüfungsinstanzen ‚überstanden’ hat, so kann als letzter Schritt<br />

die Arbeitsaufteilung für einzelne Teilaufgaben stattfinden. Auch dieser letzte<br />

Schritt führt nochmals zu einer Überprüfung des Ziels: Wenn etwa für einen<br />

Teilschritt keine Person aus dem Schulentwicklungsteam gefunden werden<br />

kann, die ein Teilziel eigenverantwortlich (und ohne Hilfe von außen) lösen<br />

kann, dann ist man gut beraten, nochmals zu überprüfen, ob das Ziel bzw. Teilziel<br />

auch tatsächlich in der Kontrolle des Teams liegt. Auch dann, wenn es<br />

schwierig sein sollte, für eine Teilaufgabe eine/n Verantwortliche/n zu finden,<br />

könnten immer noch unausgesprochene Barrieren vorliegen, die an der Umsetzung<br />

des Ziels hindern. Findet sich beispielsweise niemand in der Steuergruppe,<br />

der bereit ist, ein Gespräch mit den ElternvertreterInnen zu führen, so liegt<br />

dieses Ziel außerhalb der Kontrolle dieser Gruppe.<br />

Es sind unbedingt folgende Fragen definitiv zu beantworten: In welche Teilziele<br />

ist das Gesamtziel aufzugliedern? Ist die Erreichung einzelner Teilziele abhängig<br />

von einer vorangegangenen Lösung anderer Teilziele? Zwischen welchen<br />

Zielen besteht ein diesbezügliches Bedingungsverhältnis? Was ergibt sich<br />

aus diesem Bedingungsverhältnis für die Planung des zeitlichen Ablaufs der<br />

Teilzielrealisierungen? Wer übernimmt welches Teilziel eigenverantwortlich?<br />

Gegebenfalls auch: mit wem wird zusammengearbeitet? Wo und wie wird das<br />

Teilziel realisiert? Wann bzw. bis wann wird das Teilziel erledigt?<br />

Erst wenn alle diese Fragen eine klare Antwort gefunden haben, kann man<br />

realistischer Weise mit einer Zielerreichung rechnen.<br />

In den meisten Konzepten wird Schulentwicklung auf Punkt 8 reduziert:<br />

‚Wer macht was (mit wem) bis wann?’. Diese reduzierte Vorgangsweise ist aber<br />

nur vermeintlich effektiv, denn mögliche Stolpersteine werden dabei häufig<br />

übersehen. Das vollständig umgesetzte ZME-Konzept stellt hingegen sicher,


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 117<br />

dass zunächst die potenziellen Hürden gemeinsam reflektiert werden und erst<br />

bei hoher Realisierungswahrscheinlichkeit eine Arbeitsaufteilung erfolgt. Sollte<br />

sich herausstellen, dass die ‚Checklist’ abgearbeitet werden kann, steht einer<br />

Umsetzung nichts mehr im Wege.<br />

Zeitlicher<br />

Richtwert<br />

bei MSS<br />

SCHULENTWICKLUNG: FESTLEGUNGEN<br />

Wer darf/muss mitmachen?<br />

Wer darf/muss mitentscheiden?<br />

Auf welcher Grundlage wird entschieden?<br />

�<br />

Art der Evaluation, Evaluationsinstrument<br />

�<br />

Festlegung der Evaluationsbereiche<br />

�<br />

Ca. 2-6 Monate BASIS-EVALUATION – PHASE I:<br />

DIAGNOSE<br />

Erhebung der Stärken und Schwächen<br />

(IST-ZUSTÄNDE und der SOLL-WERTE)<br />

�<br />

1 Tag Datenpräsentation<br />

�<br />

Mind. 1-2 Tage Dateninterpretation<br />

Planung konkreter Interventionen<br />

(Problemdefinition, Zielfestlegung, Methodenwahl,<br />

Festlegung von Erfolgskriterien und Evaluationsdesign)<br />

�……………………�………………….. �<br />

Prä-Messung 1 Prä-Messung 2 Prä-Messung 3<br />

Problem-<br />

Abhängig:<br />

Tage bis Jahre<br />

2-5 Jahre<br />

nach der 1. Phase<br />

� � �<br />

Intervention 1<br />

Beispiel:<br />

Schulforum<br />

Intervention 2<br />

Beispiel: Begabtenförderung<br />

Intervention 3<br />

Beispiel:<br />

neue Hausordnung<br />

� � �<br />

Post-Messung 1 Post-Messung 2 Post-Messung 3<br />

� ……… ..………�…….. ………. �<br />

BASIS-EVALUATION – PHASE II:<br />

VERÄNDERUNGSMESSUNG<br />

Abb. 12: Schematische Darstellung eines idealtypischen Evaluationseinsatzes mit dem<br />

MSS<br />

Wenn die Interventionen an der Schule gesetzt wurden, müssen sie in angemessener<br />

Zeit dem vollständigen TOTE-Zyklus gemäß evaluiert werden, denn<br />

die Veränderungsmaßnahmen müssen in einer zweiten Messung (Posterhebung)<br />

Aufschluss geben, ob sie die erhofften Resultate erzielen bzw. ob eventuell un-


118 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

vorhergesehene und unerwünschte Nebenwirkungen aufgetreten sind. Diese<br />

Post-Erhebung muss keinesfalls so umfangreich wie die Ersterhebung sein,<br />

sondern kann und sollte im Wesentlichen auch auf jene Bereiche beschränkt<br />

werden, in denen Veränderungsmaßnahmen initiiert wurden (Abbildung 12). Je<br />

nach Ergebnis dieser Post-Erhebung können die Veränderungsmaßnahmen beibehalten,<br />

modifiziert oder wieder abgeschafft bzw. durch andere Maßnahmen<br />

ersetzt werden.<br />

Diese Phasen des MSS-Konzepts wurden in allen bisherigen MSS-Einsätzen<br />

realisiert. Aufgrund verschiedener schulspezifischer Problemstellungen verlaufen<br />

zwar MSS-Projekte (ZME-Prioritäten) höchst unterschiedlich, der Ablauf ist<br />

aber im Lichte bisheriger Erfahrungen zielführend.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 119<br />

5. Beispiele aus dem Modulpool<br />

In diesem Kapitel werden sieben Module ausgewählt und vorgestellt. Es handelt<br />

sich um die Module zu den Themenbereichen ‚Wohlbefinden’ (5.1), ‚Schul- und<br />

Klassenklima’ (5.2), ‚Angst, Prüfungsangst, Schulunlust’ (5.3), ‚Aggression’<br />

(5.4), ‚Selbstwirksamkeitsüberzeugung’ (5.5), ‚Bildungsziele’ (5.6) und ‚Individualfeedback<br />

für LehrerInnen’ (5.7). Sie wurden ausgewählt, weil sich in der<br />

Praxis gezeigt hat, dass diese Module sehr häufig von den SchulpartnerInnen<br />

gewünscht werden.<br />

5.1 Modul: Wohlbefinden<br />

Schule wird zu Recht oft mit Leistung und Noten assoziiert. Wenn man aber<br />

bedenkt, dass junge Menschen viele Lebensjahre in der Institution Schule verbringen,<br />

so rücken auch andere Faktoren wie Arbeitsklima, Wohlbefinden, Kooperation<br />

etc. ins Blickfeld des Interesses. Während die fundierte Leistungsmessung<br />

über (standardisierte) Tests erfolgen müssen wird, kann beispielsweise<br />

das subjektives Wohlbefinden an der Schulen mittels Fragebogen erhoben werden<br />

(z.B. EDER 1996, HASCHER 2004).<br />

Als zentrale Items im Modulpool erweisen sich die Fragen nach dem Wohlfühlen<br />

in der eigenen Klasse und dem Wohlbefinden in der Schule sowie die<br />

Abklärung, ob die SchülerInnen nach ihren bisherigen Erfahrungen ihre Schule<br />

wiederbesuchen würden. Bisher haben alle Schulen zumindest Teile dieses<br />

Frageblocks (Tabelle 8) in ihren Fragebogen übernommen. Die meisten waren<br />

darüber hinaus daran interessiert, zu erfragen, ob die Eltern ihr Kind wieder<br />

dieser Schule anvertrauen würden, und ob diese glauben, dass sich ihr Kind in<br />

der Schule bzw. in der Klasse wohl fühlt.<br />

Wenn man die Ergebnisse der bisherigen Erhebungen betrachtet, so fällt auf,<br />

dass in allen Schulen die Eltern zu einem höheren Prozentsatz als die SchülerInnen<br />

selbst angeben, dass sich ihr Kind in der Klasse und Schule wohl fühlt<br />

und sie auch eher bereit wären, ihr Kind wieder in diese Schule zu schicken. Das<br />

ist ein Befund, der bei der Präsentation in den Schulen gelegentlich mit einem<br />

gewissen Erstaunen seitens der Eltern zur Kenntnis genommen wird. Manche<br />

Eltern beginnen sich zu fragen, ob vielleicht das eigene Kind zu jener Gruppe<br />

gehört, die das eigene Wohlbefinden in Schule und Klasse schlechter einschätzt<br />

als ihre Eltern. Unseres Erachtens liefern in diesem Fall die MSS-Daten einen


120 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

wichtigen Anstoß für eine intensivere Kommunikation zwischen Eltern und<br />

Kindern über die Schule und wie sie erlebt wird.<br />

Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung<br />

durch Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />

sehr<br />

gut gut mittel schlecht<br />

sehr<br />

schlecht<br />

Kodierhilfe<br />

Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in Deiner<br />

Klasse?<br />

� � � � � S047_101<br />

Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit an der Schule? � � � � � S047_102<br />

Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in den<br />

Sprachteilungsgruppen?<br />

� � � � � S047_103<br />

Wie wohl fühlst Du Dich zur Zeit in den<br />

Leistungsgruppen?<br />

� � � � � S047_104<br />

Würdest Du nach Deinen bisherigen Erfahrungen<br />

diese Schule nochmals besuchen?<br />

� ja � nein S047_001<br />

Tab. 8: Auswahl von Statements zum „Wohlbefinden/Wiederbesuch“<br />

Während die Erhebung des Wohlbefindens in der Klasse (S047_101) und in der<br />

Schule (S047_102) für alle Schulen von großer Bedeutung ist, zeigt sich an<br />

diesem Modul bereits, dass sich aufgrund der Option, einzelne Items aus- bzw.<br />

abzuwählen, unterschiedliche Varianten von Bögen ergeben können. So ist etwa<br />

das Item S047_104 in der AHS schlichtweg nicht einsetzbar, da es in diesem<br />

Schultyp keine Leistungsgruppen gibt. Hingegen ist die Frage nach dem Wohlbefinden<br />

in den Leistungsgruppen (S047_104) für die Hauptschulen u. E. von<br />

zentraler Bedeutung. Es wurde in der bislang einzigen Hauptschule auch tatsächlich<br />

ausgewählt und eingesetzt. In diesem konkreten Fall stellte sich heraus,<br />

dass kein systematischer Zusammenhang zwischen der Zugehörigkeit zu einer<br />

bestimmten Leistungsgruppe und dem Wohlfühlen in dieser jeweiligen<br />

Leistungsgruppe (getrennt nach Fächern) feststellbar war; ein Befund, der von<br />

LehrerInnen und Eltern mit Erleichterung aufgenommen wurde. Das Ergebnis<br />

belegte, dass es an dieser Schule gelungen war, emotionales Konfliktpotential,<br />

das durch die Zuordnung von SchülerInnen zu Leistungsgruppen durchaus zu<br />

befürchten ist, zu vermieden. Künftige MSS-Einsätze an Hauptschulen müssten<br />

Analysen dieser Art wiederholen, da sich die Ergebnisse einer Schule natürlich<br />

nicht auf andere Schulen verallgemeinern lassen.<br />

Die anderen oben erwähnten Items dieses Moduls wurden hingegen mehrfach<br />

eingesetzt. Ein genereller Trend, der sich zeigte war, dass das Wohlbefinden<br />

in den Klassen über die Schulstufen hinweg eher stabil bleibt, was mit<br />

der Peer-Group als Identifikationseinheit zu tun haben dürfte, während das<br />

Wohlfühlen in der Schule insgesamt sukzessive über die Jahre hinweg in allen<br />

bisher untersuchten Schulen abnimmt.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 121<br />

In Langformen der AHS lässt sich zudem am Wiederbesuchs-Item („Ich<br />

würde diese Schule nach meinen bisherigen Erfahrungen wieder besuchen.“) erkennen,<br />

dass am Ende der Unterstufe ein ‚Einbruch’ erfolgt; in manchen Schulen<br />

geben bis zu 50% der SchülerInnen an, dass sie ihre Schule aufgrund ihrer<br />

bisherigen Erfahrungen nicht wieder besuchen würden. In den 5. Klassen der<br />

AHS ist hingegen ein leichter Anstieg bei den an der Schule verbliebenen SchülerInnen<br />

zu beobachten, ehe der ‚Wiederbesuchswert’ in den Folgejahren neuerlich<br />

abfällt, wie sich aus Abbildung 13 erkennen lässt. Das Ansteigen der Zustimmung<br />

zum Wiederbesuchs-Item in den fünften Klassen AHS (9. Schulstufe)<br />

lässt sich dadurch erklären, dass viele der SchülerInnen, die diese Schule aufgrund<br />

ihrer bisherigen Erfahrungen nicht mehr besuchen würden, nach der<br />

vierten Klasse die Schule verlassen HABEN.<br />

Zustimmung in Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

84<br />

1<br />

77<br />

2<br />

70<br />

3<br />

73<br />

Klassenstufe (alle AHS des MSS)<br />

4<br />

76<br />

5<br />

78<br />

6<br />

75<br />

7<br />

78<br />

8<br />

Schule (Wohlfühlen)<br />

Wiederbesuch<br />

Klasse (Wohlfühlen)<br />

Abb. 13: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse (Balken) im Vergleich zur Abnahme<br />

von Wohlfühlen in der Schule (Linie) unter Berücksichtigung des Wiederbesuchswunsches<br />

(schwarze Fläche); gerechnet über die Selbsteinschätzung der SchülerInnen<br />

aller MSS-Schulen (N=2201)<br />

In der Abbildung 13 wird eine Gegenüberstellung von Wiederbesuch, Wohlbefinden<br />

in der Klasse und Wohlfühlen in der Schule, gerechnet über alle bis-


122 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

herigen SchülerInnendaten, vorgenommen. An diesen Werten kann sich jede<br />

Schule mit dem schuleigenen Wohlfühl-Profil messen. In Abbildung 14 sind<br />

beispielsweise die Ergebnisse der Schule 803 dargestellt; dabei ist natürlich<br />

höchste Vorsicht geboten: das Profil der Abbildung 13 ist aufgrund der wenigen<br />

Schulen natürlich (noch) nicht repräsentativ. Die Aussagekraft aufgrund der<br />

Vollerhebung der eigenen Schule hat aber auch ohne diesen Vergleichswert eine<br />

verwertbare Aussagekraft.<br />

Der Wiederbesuch der Schule korreliert höher mit dem Wohlfühlen an der<br />

Schule insgesamt als mit der Klasse. Zwischen dem Wohlfühlen in der Klasse<br />

und dem Wohlfühlen an der Schule besteht zumindest ein mittlerer Zusammenhang.<br />

Die Aussage von EDER (1996, S. 251), wonach es während der Schullaufbahn<br />

in „praktisch allen Schultypen zu einem Rückgang der Schulzufriedenheit<br />

kommt“, wurde durch Ergebnisse in bislang allen untersuchten MSS-<br />

Einzelschulen bestätigt.<br />

Zustimmung in Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

82<br />

1<br />

79<br />

2<br />

59<br />

Klassenstufe (an der Schule 801)<br />

3<br />

73<br />

4<br />

84<br />

5<br />

77<br />

6<br />

78<br />

7<br />

71<br />

8<br />

Schule (Wohlfühlen)<br />

Wiederbesuch<br />

Klasse (Wohlfühlen)<br />

Abb. 14: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse (Balken) im Vergleich zur Abnahme<br />

von Wohlfühlen in der Schule (Linie) unter Berücksichtigung des Wiederbesuchswunsches<br />

(schwarze Fläche); gerechnet über die Selbsteinschätzung der SchülerInnen der<br />

MSS-Schule 803 (N=573)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 123<br />

Bei MSS-Präsentationen geht es allerdings in erster Linie darum, dass sich die<br />

Schule mit ihren eigenen Daten auseinandersetzt und sich nicht über andere<br />

Schulen definiert. Die Frage nach dem Wiederbesuch wurde bislang in allen<br />

Schulen eingesetzt, sodass hier die Möglichkeit besteht, bei der Datenrückmeldung<br />

zusätzlich zum Wert der eigenen Schule die (anonymisierten) Maximum-<br />

und Minimumwerte der bisherigen MSS-Schulen als sozialen Referenzrahmen<br />

zu erhalten (Tabelle 9). Derartige Rückmeldungen gestatten eine zumindest<br />

grobe Orientierung – von ‚echten’ Benchmarks sind sie allerdings (gegenwärtig<br />

noch) weit entfernt! Aber selbst repräsentative Benchmarks wären mit<br />

Vorsicht zu interpretieren, da die Einzelschulen jeweils von sehr unterschiedlichen<br />

Ausgangslagen ausgehen.<br />

Schule 800 801 802 803 804 805 807 851<br />

Unterstufe 75,8 79,8 83,1 92,6 74,7 --- 83,3 73,0<br />

Oberstufe 74,5 77,7 79,2 88,4 66,2 76,6 73,0 ---<br />

Tab. 9: Vergleich über acht MSS-Schulen: Prozentueller Anteil der SchülerInnen<br />

(getrennt nach Unter- und Oberstufe), die dem Item „Ich würde nach meinen bisherigen<br />

Erfahrungen dies Schule wiederbesuchen“ zustimmen.<br />

So kann etwa der AHS-803 die Rückmeldung gegeben werden, dass sie bislang<br />

sowohl in der Unter- als auch Oberstufe den höchsten Wiederbesuchswert aufweist<br />

(Tabelle 9); zusätzlich zu diesem hohen Wert an Zufriedenheit der<br />

SchülerInnen wurden an dieser Schule aber auch noch eine Reihe anderer sehr<br />

positiver Ergebnisse erhoben, wie zum Beispiel: höhere Zufriedenheit mit LehrerInnen<br />

und DirektorIn, mehr Bereitschaft zum Engagement in der Schule etc.<br />

Anders bei der einzigen Hauptschule, die bislang eine MSS-Evaluation<br />

durchgeführt hatte: Bei der Datenpräsentation konnte den VertreterInnen der<br />

Schule auf Anfrage, ob der Wiederbesuchswert von 73% beunruhigend sei, zwar<br />

die AHS-Unterstufenstreubreite zur Orientierung (zwischen 75% und 93%)<br />

mitgeteilt werden, aber es wurde natürlich auch die deutliche Warnung vor zu<br />

vorschnellen Schlüssen ausgesprochen, da bislang keine Vergleichswerte anderer<br />

Schulen dieses Schultyps (Hauptschulen) vorliegen und Vergleiche mit<br />

anderen Schultypen (AHS-Unterstufe) zumindest sehr fragwürdig sind.<br />

Wichtiger als der (soziale) Vergleich mit anderen Schulen ist die Bewertung<br />

des jeweiligen Befunds an der Schule selbst: Wird ein Wert lediglich zur Kenntnis<br />

genommen, oder löst er Bestrebungen aus, das Ergebnis als Signal zu verstehen,<br />

und sich für das nächste Mal ‚die Latte höher zu legen’. Für diesen (letzteren)<br />

Fall stellt das beschriebene ZME-Konzept ein gut geeignetes Modell dar,<br />

um von der Zielformulierung bis hin zum Aktionsplan systematische Verände-


124 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

rungen herbeizuführen, die – sofern erfolgreich – bei späteren Erhebungen ihren<br />

Niederschlag in den Daten finden müssten.<br />

Für genauere Analysen, die eine punktgenauere Intervention ermöglichen,<br />

kann eine Darstellung der Daten nötig werden, eine Differenzierung nach Klassen<br />

vornimmt. Dies ist beispielsweise bei der Frage nach dem Wohlbefinden in<br />

der eigenen Klasse der Fall. (Vgl. Abbildung 15)<br />

Zustimmung in Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

1a<br />

1b<br />

1c<br />

1d<br />

2a<br />

2b<br />

2c<br />

3a<br />

3b<br />

3c<br />

3d<br />

4a<br />

4b<br />

4c<br />

4d<br />

5a<br />

5b<br />

5c<br />

6a<br />

6b<br />

6c<br />

7a<br />

7b<br />

7c<br />

8a<br />

8b<br />

8c<br />

Abb. 15: Klassenauswertung von Item S047_101 „Ich fühle mich in meiner Klasse<br />

wohl“ (Schule 804, N=548); gebrochene Linie bei 72% gibt den Schulmittelwert wieder.<br />

Zunächst ist die Information wichtig, wie groß die Zustimmung zur Frage „Ich<br />

fühle mich in meiner Klasse wohl“ in der gesamten Schule ist: Für die Schulentwicklung<br />

– insbesondere auf Klassenebene – ist der Wert von 72% als innerschulischer<br />

Richtwert für jede einzelne Klasse von Bedeutung. SchülerInnen,<br />

deren Eltern und Klassenvorstände sind in erste Linie an den Detaildaten der<br />

Klassen interessiert, und wie sich zeigt, ist die Varianz (an der Schule 804, aber<br />

nicht nur an ihr) sehr groß (Abbildung 15). In der 4c drücken lediglich 47% der


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 125<br />

SchülerInnen aus, dass sie sich in der eigenen Klasse wohl fühlen, während es in<br />

der 5a 100% sind. Die Datenlage verweist darauf, dass die Klassen als verschiedene<br />

unmittelbare Lebenswelten (vgl. z.B. SCHWETZ 2003) von großer Bedeutung<br />

sind und daher unterschiedlich hoher Handlungsbedarf in verschiedenen<br />

Klassen derselben Schule gegeben ist.<br />

Da auf Klassenebene durch die Vollerhebung bei den SchülerInnen zu vielen<br />

Detailfragen Daten eingeholt werden (wie z.B. Klassenklima, Angst, Gewalt<br />

etc.), ist es möglich, von den einzelnen Klassen ein differenzierteres Bild zu<br />

erstellen. Dieses ‚Klassenbild’ kann dann als Gesprächsgrundlage dienen, wenn<br />

es darum geht, Veränderungen in Gang zu setzen. Wissenschaftlich interessante<br />

Hintergrundvariablen werden mittels MSS zumeist nicht systematisch erhoben,<br />

weil die Eltern, LehrerInnen und SchülerInnen bei der Auswahl primär eher darauf<br />

drängen, jene Items auszuwählen, die einen groben Überblick bieten, als<br />

jene, die für Detailanalysen eines einzelnen Problembereichs interessant wären.<br />

5.2 Modul: Schul- und Klassenklima<br />

Das Wohlbefinden ist eng mit dem Klassen- und Schulklima verknüpft. Schul-<br />

und Klassenklima sind empirisch bestätigte Voraussageinstanzen für die<br />

Arbeitsqualität (‚Lernen’) an einer Schule. BESSOTH und WEIBEL (2000, S. 24)<br />

haben ein Instrument vorgelegt, das bezüglich des Unterrichtsklimas 10 Faktoren<br />

(Ist- und Soll-Aspekte) unterscheidet. Allerdings umfasst ihr Instrument<br />

die enorme Zahl von 160 Entscheidungsfragen, was es für einen Einsatz im Rahmen<br />

des MSS, der aus ökonomischen Gründen auch auf Kürze bedacht ist, als<br />

nicht praktikabel erscheinen lässt. So beträgt die Ausfüllzeit für dieses<br />

Instrument alleine zwischen 15-30 Minuten 10 .<br />

Ein anderes Erhebungsinstrument, der Linzer Fragebogen zum Schul- und<br />

Klassenklima (EDER 1998b), stellt genormte Skalen für die Selbstevaluation<br />

bereit. Das Klassenklima ist ein Faktor im Schulleben, der mit vielen anderen<br />

Faktoren verwoben ist: EDER (1996, 1998a, 1998b) berichtet etwa von fördernder<br />

Wirkung der Schülerzentriertheit, Kohäsion und Disziplin auf Selbstkonzept<br />

und Klassenklima. Strenge, Leistungsdruck und sozialer Druck bewirken<br />

hingegen eine Verschlechterung der Klimavariablen. In den MSS wurden<br />

10 Zudem wurden von den Autoren leider keine Skalenkennwerte und Normtabellen publiziert,<br />

die abschätzen lassen würden, wie reliabel und valide die Skalen sind. An diesen<br />

Normwerten hätte sich eine zu erarbeitende Kurzform für den MSS orientieren können.


126 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

einige Aspekte des Linzer Fragebogens zur Erfassung von Schul- und Klassenklima<br />

eingearbeitet (vgl. Tabelle 10).<br />

Bitte den Grad der Zustimmung bzw. Ablehnung durch<br />

Ankreuzen zum Ausdruck bringen.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Kodierhilfe<br />

Wenn ich beim Lernen Probleme habe, finde ich Hilfe bei den<br />

Mitschülern meiner Klasse.<br />

� � � � � S046_001<br />

Unsere Klassengemeinschaft ist sehr gut. � � � � � S046_002<br />

Ich habe gute Freunde unter den Mitschülern meiner Klasse. � � � � � S046_003<br />

Ich treffe mich mit Klassenkollegen auch außerhalb der Schule. � � � � � S046_004<br />

Ich habe viele Kontakte zu Schülern anderer Klassen. � � � � � S046_005<br />

Mit einigen Mitschülern in der Klasse kann ich auch über<br />

persönliche Probleme sprechen.<br />

� � � � � S046_006<br />

In unserer Klasse wird auf schwächere Schüler Rücksicht<br />

genommen.<br />

� � � � � S046_013<br />

Manchmal habe ich Angst, von Klassenkameraden ausgelacht<br />

zu werden.<br />

� � � � � S046_015<br />

In unserer Klasse gibt es auch Außenseiter. � � � � � S046_016<br />

Ich glaube, dass ich bei meinen Mitschülern recht beliebt bin. � � � � � S046_017<br />

Ich mache oft gemeinsam mit Klassenkameraden die<br />

Hausübung.<br />

� � � � � S046_018<br />

Ich komme mit allen Mitschülern sehr gut aus. � � � � � S046_019<br />

Ich fühle mich oft als Außenseiter in meiner Klasse. � � � � � S046_020<br />

In unserer Klasse kommt man schnell unter Druck, wenn man<br />

ein wenig anders ist.<br />

� � � � � S046_022<br />

Ich würde gerne in eine andere Klasse wechseln. � � � � � S046_026<br />

Tab. 10: Auswahl von Statements zum ‚Schul- und Klassenklima’ (S046)<br />

Beim MSS-Modul zur Messung des Schul- und Klassenklimas kommt eher der<br />

formativ-prozessorientierte Anspruch zum Tragen. Das bedeutet, dass die zurückgemeldeten<br />

Daten primär Diskussionen in den einzelnen Klassen anregen<br />

sollen. In den bisherigen Schulen zeigte sich, dass keine Schule auf dieses<br />

Modul ganz verzichten wollte. Es bestand jedoch ein großer Unterschied bezüglich<br />

der Items, die zum Einsatz kamen. Die Rückmeldung der Items erfolgt bei<br />

diesem Modul sinnvoller Weise auch auf Klassenebene (so wie in Abbildung 15<br />

illustriert), sodass eine Nachbereitung im Klassenverband mit dem Klassenvorstand<br />

möglich ist oder die Daten im Rahmen anderer Fächer allenfalls aufgegriffen<br />

werden können (z.B. Sozialerziehung oder Religion), wenn Themen wie<br />

Außenseiter, Integration, Kooperation behandelt werden. Es ist dabei allerdings<br />

zu beachten, dass bis zur Datenrückmeldung mehrere Wochen bis Monate ver-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 127<br />

gehen und sich daher eventuell in einzelnen Klassen das Bild dann anders darstellt<br />

als zum Erhebungszeitpunkt.<br />

Die Validität der Daten wurde bislang nur indirekt geprüft, insofern bei den<br />

MSS-Datenpräsentationen die Klassenklima-Graphiken vielfach von den LehrerInnen<br />

dahingehend kommentiert wurden, dass es sich z.B. bei der einen<br />

Klasse (aus ihrer Einschätzung) um eine mit guter Klassengemeinschaft handle<br />

und die Daten der Parallelklasse erwartungsgemäß ‚katastrophal’ ausfallen, weil<br />

z.B. diese Klassen sehr ‚zerstritten’ oder aber erst vor kurzen zusammengelegt<br />

worden seien.<br />

Es ist bereits mehrfach vorgekommen, dass Schulen die wichtigsten Ergebnisse<br />

entweder im Internet (Schulhomepage) oder im Jahresbericht, der Öffentlichkeit<br />

zugänglich gemacht haben. Dabei wurden meist die deskriptiven Befunde<br />

des Basisberichts in die Homepage eingearbeitet und gegebenenfalls Konzepte<br />

zur Verbesserung vorgestellt. Ein kurzer Auszug aus einem solchen Bericht<br />

soll das belegen:<br />

Zwei Drittel der Schüler sind der Ansicht, dass es in ihrer Klasse Außenseiter<br />

gebe, 11% geben an, sich selbst als Außenseiter zu fühlen. Auch hier muss man<br />

sich bewusst machen, welche Belastung es für jeden einzelnen dieser 69 Schüler<br />

darstellt, morgens um halb acht in die Schule zu kommen, um dann 6 Stunden in<br />

der Außenseiterrolle psychisch und eventuell auch physisch über die Runden zu<br />

kommen. Außenseiter erhalten signifikant weniger Hilfe, wenn sie sich an ihre<br />

Mitschüler wenden: Nur 5% geben an, dass ihnen auf Anforderung von Hilfe tatsächlich<br />

geholfen wird, andere Klassenkameraden haben zu 35% Hoffnung auf<br />

Hilfe durch Mitschüler. Die Außenseiter nehmen mehr Aggressionen in der eigenen<br />

Klasse wahr, haben weniger Kontakt in und außerhalb der Schule zu den<br />

eigenen MitschülerInnen, (eher noch zu anderen Schulkolleginnen), haben<br />

deutlich mehr Angst, ausgelacht zu werden (50%) im Vergleich zu den sozial gut<br />

Integrierten (7%), fühlen sich großteils unbeliebt, orten keine Klassengemeinschaft,<br />

haben mehr Angst vor Bedrohung in der Schule. Sie werden öfter<br />

bestohlen, bedroht und angegriffen, neigen andererseits aber auch selbst zur<br />

Rolle des Aggressors. Sie schwänzen (vielleicht gerade aus Angst) ein wenig<br />

öfter die Schule, haben dadurch zusätzliche Nachteile und sind nach eigenen<br />

Angaben leistungsmäßig durchschnittlich bis unterdurchschnittlich. SchülerInnen,<br />

die sich für eher leistungsstark halten, fühlen sich hingegen am […]<br />

Gymnasium kaum als Außenseiter. (PASCHON & RIFFERT 1996a, S. 9)<br />

Gelegentlich waren SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern gleichermaßen betroffen<br />

bezüglich der Erhebungsresultate, die zeigten, wie schlecht es um einzelne<br />

Bereiche (AußenseiterInnen, Kooperation etc.) an ihrer Schule bzw. Klasse bestellt<br />

ist. Der MSS hat also einen Anstoß geliefert, Schulentwicklung zugunsten


128 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

einzelner Klassen zu betreiben. Die Anstöße können vielfältig sein und von der<br />

Gestaltung der Aufenthaltsräume bis hin zur Einführung eines Unterrichtsschwerpunkts<br />

‚Sozialerziehung’ reichen (vgl. Abschnitt 6.1).<br />

5.3 Modul: Angst, Prüfungsangst, Schulunlust<br />

Angst ist eine Emotion, die auf den ersten Blick negative Assoziationen auslöst.<br />

Dieses nur zu verständliche Faktum verstellt aber oft den Blick auf die positive<br />

Funktion, die Angst für die Vermeidung von Problemen oder gar das Überleben<br />

der Individuen haben kann. Das Gefühl der Angst wird hervorgerufen, wenn<br />

eine Situation als bedrohlich bewertet wird (vgl. LAZARUS & FOLKMAN 1984).<br />

Diese Bewertung muss als dynamischer Prozess zwischen Individuum und Umwelt,<br />

anstatt eines statischen Zustands alleine im Individuum verstanden werden:<br />

Die Person gibt zunächst eine Umweltbewertung ab (primary appraisal). Der<br />

nun ausgelöste Stress – Aktivierung und stärkere Fokussierung der Aufmerksamkeit<br />

auf die angstauslösenden Situationskomponenten – ist eine Folge dieser<br />

abgegebenen ersten Situationsbewertung. Nun wird auf dieser Grundlage ein<br />

weiterer Bewertungsakt (secondary appraisal) durchgeführt, in dem die der<br />

Person für die Bewältigung der angstauslösenden Situation zur Verfügung stehenden<br />

Lösungsalternativen beurteilt werden. Schließlich folgt eine Neubewertung<br />

(re-appraisal) auf der Grundlage vorliegender Bewältigungsressourcen. Ist<br />

es schlecht um Bewältigungsressourcen bestellt, so steigert sich die Angst<br />

schnell und kann sehr intensiv werden. Beurteilt die Person hingegen die vorhandenen<br />

Ressourcen als ausreichend für die Problembewältigung, so klingt die<br />

Angst ab.<br />

Diese allgemeine und idealtypische Prozessbeschreibung sich entwickelnder<br />

Angstzustände lässt sich auch auf den Schulbereich – und hier wiederum auf<br />

Prüfungssituationen – übertragen. Sie geht davon aus, dass am Prozess zwei<br />

Faktoren beteiligt sind: der emotionale Aspekt der ängstlichen Erregung und der<br />

kognitive Aspekt der Bewertung. Kognitionen (Vorstellungen, Gedanken,<br />

Selbstregulationsprozesse etc.) führen zum einen erst zur Auslösung von ängstlichen<br />

Reaktionen und modulieren zum anderen ihre weitere Entwicklung,<br />

indem sie entweder die aufkeimende Angst etwa durch katastrophierende Gedanken<br />

verstärken oder aber durch Rekurs auf vorhandene Bewältigungsstrategien<br />

verringern. Sich aufschaukelnde Angst hat ihrerseits wiederum Auswirkungen<br />

auf die kognitiven Funktionen, indem sie dazu führt, dass der kognitive<br />

Aufmerksamkeitsbereich eingeengt wird bzw. die Aufmerksamkeit stark<br />

fluktuierend auf verschiedenste Aspekte der Umwelt kurzfristig gerichtet wird.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 129<br />

Dadurch wird eher Konfusion denn Orientierung erzeugt! In der Prüfungssituation<br />

wird dadurch die Aufmerksamkeit von problemrelevanten Aspekten abgezogen<br />

und auf irrelevante Aspekte der Umwelt umgelenkt. Weiters zeigt sich,<br />

dass bei hochängstlichen Personen die Aufmerksamkeit zudem auf die<br />

bedrohlichen sozialen Bewertungsprozesse (durch LehrerIn und MitschülerInnen),<br />

die durch ein Scheitern hervorgerufen werden könnten, gelenkt wird.<br />

Hochängstliche SchülerInnen beschäftigen sich also besonders mit ihrem<br />

möglichen Scheitern und den sich daraus ergebenden beschämenden Konsequenzen.<br />

All dies zieht beträchtliche Aufmerksamkeit von einer problemlösungsorientierten<br />

Strategie ab.<br />

Während starke Angst fast immer als negativ erlebt wird, kann moderate<br />

Angst hingegen sogar von vielen Menschen als durchaus positiv, ja reizvoll<br />

erlebt werden. So suchen viele Menschen derartige Situationen auf (z.B.<br />

Bungee-Jumping). Natürlich sind aber solche Situationen von jenen zu unterscheiden,<br />

in die man sich nicht freiwillig begibt, um die dadurch ausgelöste<br />

Hormonausschüttung zu genießen.<br />

5.3.1 Angst und Schulleistung<br />

Die Schule ist nun nicht nur ein Ort an dem gelernt wird, sondern auch ein Ort,<br />

an dem das erworbene Wissen im sozialen Kontext der Klasse überprüft wird.<br />

Dieser zweite Aspekt – besonders bei mündlichen Prüfungen, aber auch bei<br />

einer psychologisch ungeschickten Ergebnisrückmeldung schriftlicher Leistungsüberprüfungen<br />

– wird von SchülerInnen bei Vorliegen negativer Beurteilungen<br />

nicht selten als bedrohlich erlebt. Sie reagieren mit Angst – mit Leistungs-<br />

bzw. Prüfungsangst. Neben dieser Angst vor Leistungsfeststellung und<br />

-beurteilung gibt es an Schulen aber auch noch andere potentiell angstauslösende<br />

Situationen, vor allem sozialer Natur: von den hänselnden und ausgrenzenden<br />

MitschülerInnen bis hin zu Ironie und Spott von LehrerInnen. Und da in Österreich<br />

– wie in vielen europäischen Ländern – die Schulpflicht besteht, können<br />

sich betroffene SchülerInnen diesen Situationen nicht oder nur sehr schwer entziehen<br />

– ganz abgesehen davon, dass Fluchtverhalten die bestehenden oder vermeintlichen<br />

Probleme nur verstärken und nicht zu einer adäquaten Bewältigung<br />

beitragen.<br />

Es muss festgehalten werden, dass selbst bei SchülerInnen, mit nur durchschnittlich<br />

ausgeprägter Ängstlichkeit, starker Leidensdruck erzeugt werden<br />

kann und diese in der Folge nicht unbeträchtliche Nachteile in ihrer Schullaufbahn<br />

in Kauf nehmen müssen (etwa Abstandnahme von der Wahl einer Höheren<br />

Schule oder eines bestimmten anspruchsvollen Studiums).


130 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

So hat etwa SCHWARZER (1979, S. 262) in einer Untersuchung darauf hingewiesen,<br />

dass „sich Grundschüler mit unterschiedlich ausgeprägter Leistungsängstlichkeit<br />

ein bis drei Jahre später hinsichtlich ihres Schulerfolgs unterscheiden<br />

lassen.“ Dies deckt sich auch mit klinischen Befunden aus der Psychotherapieforschung,<br />

wonach im Zustand starker Angst die Leistungsfähigkeit<br />

beeinträchtigt ist. Prüfungsangst hat negative Auswirkungen auf die Grundmotivation<br />

von SchülerInnen und den daraus resultierenden eigene Lernanstrengungen.<br />

Selbstverständlich gilt auch für die Schule, dass Angst nicht vorschnell ausschließlich<br />

negativ gesehen und bewertet werden darf. So zeigt sich, dass für<br />

manche SchülerInnen Angst im Sinne einer self-defeating prophecy ein Signal<br />

dafür ist, sich anzustrengen, um unangenehmen Konsequenzen zu entgehen bzw.<br />

sie (z.B. schlechte Noten, Blamage etc.) zu verhindern. Die kognitive Verarbeitung<br />

legt fest, ob Angst zu Demotivation oder Ansporn führt. In der Schule<br />

haben die LehrerInnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen,<br />

dass positive kognitive Verarbeitungsstrategien in Gang gesetzt werden, zumindest<br />

aber schädliche Umgangsstrategien möglichst vermieden werden.<br />

Dass es aber wesentlich bessere weil positiv-anreizbezogene Motivationsmittel<br />

als Angst gibt, steht außer Frage. Ob das Faktum, dass Ängste auch motivierend<br />

wirken können zudem – wie es auch heute noch gelegentlich geschieht –<br />

dafür herangezogen werden darf, um die Existenz von Angst auslösenden<br />

Situationen in der Schule zu rechtfertigen, etwa weil dadurch der Umgang mit<br />

Stresssituationen eingeübt werde, darf bezweifelt werden.<br />

Festzuhalten bleibt, dass Angst – obgleich manchmal durchaus auch ein<br />

Motivationsmittel – negative Auswirkungen auf die Leistungsmotivation und die<br />

tatsächliche Leistung von SchülerInnen haben kann und damit auch auf ihren<br />

Bildungsweg und schließlich für ihr gesamtes weiteres Leben.<br />

Vor diesem Hintergrund ist das Thema ‚Angst’ natürlich nicht nur ein mögliches<br />

Thema für die Schulentwicklung, sondern von geradezu zentraler Bedeutung.<br />

So können etwa bezüglich Prüfungsangst folgende Fragen interessant sein:<br />

Wie hoch ist die Prüfungsangst der Schule? Gibt es einzelne Klassen, in denen<br />

die Prüfungsangst überdurchschnittlich hoch ist? Tritt bei einzelnen LehrerInnen<br />

oder in bestimmten Fächern besonders häufig sehr hohe Prüfungsangst auf?<br />

Werden eher mündliche Prüfungen als ängstigend erlebt oder aber eher schriftliche<br />

Tests? Aber natürlich ist auch die Angst im sozialen Bereich des Zusammenlebens<br />

zwischen den SchülerInnen ein wichtiges Thema. Wie sieht es mit<br />

der Angst aus, von anderen ausgelacht oder ausgegrenzt zu werden? Gibt es<br />

viele AußenseiterInnen an der Schule oder in einzelnen Klassen?


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 131<br />

Eine Evaluation dieses Themenbereichs kann also eine Vielzahl von<br />

Schwachstellen aufzeigen oder aber eine ganze Reihe positiver Resultate<br />

erbringen, die dann auch der interessierten Öffentlichkeit (z.B. Eltern und<br />

SchülerInnen, die vor einer Schulwahl stehen) präsentiert werden können.<br />

5.3.2 Skalen zur Messung von Angst<br />

Im MSS gibt es ein Modul, das diesen Themenbereich ‚Angst’ – Prüfungsangst,<br />

aber auch Sozialangst – abzudecken versucht.<br />

Da Leistungsangst zu den bestuntersuchten Phänomenen der pädagogischen<br />

Psychologie zählt, liegt bereits seit Jahren eine ganze Reihe von Messinstrumenten<br />

vor. Diese lassen sich ganz grob in zwei Gruppen einteilen: (a) die älteren<br />

Messinstrumente, die noch ohne (explizite) Trennung von emotionalen und<br />

kognitiven Aspekten entwickelt worden sind und (b) den jüngeren Skalen, bei<br />

deren Konstruktion diese Unterscheidung berücksichtigt wurde.<br />

Zu den ersteren zählen u.a. die Test Anxiety Scale (TAS, SARASON 1978) im<br />

englischen und der Angstfragebogen für Schüler (AFS) von WIECZERKOWSKI<br />

und Mitarbeitern (1980) im deutschen Sprachraum.<br />

In der zweiten Generation von Angst-Skalen hat vor allem das Test Anxiety<br />

Inventory (TAI) von SPIELBERGER (1980) weltweite Anerkennung und Einsatz<br />

gefunden (deutsche Version: HODAPP, LAUX & SPIELBERGER 1982). Hinzuweisen<br />

ist in diesem Zusammenhang auch noch auf den Reaction to Test von<br />

SARASON (RTT, 1984).<br />

Im Folgenden wird eine Skala vorgestellt, mit deren Hilfe allgemeine Angst,<br />

Prüfungsangst, Schulunlust sowie soziale Erwünschtheit gemessen werden kann.<br />

Es handelt sich hierbei um eine vom MSS-Team stark gekürzte und überarbeitete<br />

Form des Angstfragebogens für Schüler (AFS) von WIECERKOWSKI, NICKEL,<br />

JANKOWSKI, FITTKAU und RAUTER (1980).<br />

Der AFS wurde aus der Vielzahl vorhandener Leistungsangst-Skalen ausgewählt,<br />

weil er<br />

(a) zu den besterprobten und bewährtesten Messinstrument gehört und damit<br />

das wichtige Technologiekriterium der Verlässlichkeit erfüllt, und<br />

(b) über die Messung manifester Angst hinaus in drei weiteren Subskalen<br />

auch noch die Prüfungsangst und die Schulunlust, sowie die sozialen Erwünschtheit<br />

misst und damit für die Schulen die Möglichkeit für eine diesbezüglich<br />

differenzierte Rückmeldung bietet und<br />

(c) schließlich, weil er auch relativ leicht einsetzbar und zeitökonomisch auswertbar<br />

ist.


132 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Der AFS wurde allerdings in einer von RIFFERT und PASCHON (1999) stark<br />

abgeänderten Version in den Modulpool übernommen: zum einen wurden (1)<br />

die dichotomen Antwortvorgaben (ja/nein) der Originalversion durch eine Fünf-<br />

Punkte-Skala (1 ... „stimmt genau“; 5 … „stimmt nicht“) ersetzt, was ein differenzierteres<br />

Antwortverhalten ermöglicht. Zum anderen (2) wurde der AFS<br />

von 50 Items auf 25 gekürzt. Mit dieser Halbierung der Items wird dem Technologiekriterium<br />

des realistischen Preis-Leistungs-Verhältnisses und der Praktikabilität<br />

Rechnung getragen. In einer Schule wurde auch die Langversion eingesetzt,<br />

um die Entsprechung zwischen Kurzversion und Langversion überprüfen<br />

zu können. (Vgl. dazu: TARNAI, PASCHON, RIFFERT & ECKSTEIN 2000b)<br />

Der AFS besteht aus vier Subskalen, welche die folgenden Bereiche<br />

abdecken: (1) Manifeste Angst, (2) Prüfungsangst, (3) Schulunlust und (4)<br />

Soziale Erwünschtheit. Diese vier Subskalen liefern für die Schulen wichtige<br />

Kriterienvariablen zur Messung der generellen Entwicklungstendenz ihrer<br />

Schulentwicklungsarbeit. So lässt sich etwa feststellen, ob beispielsweise die<br />

Prüfungsangst oder die Schulunlust im Zuge der Schulentwicklungsaktivitäten<br />

zu- oder abgenommen haben. Im Folgenden werden diese vier Subskalen kurz<br />

inhaltlich beschrieben und in ihrer gekürzten MSS-Form vorgestellt:<br />

Ad (1) Manifeste Angst: Mit dieser Subskala (vgl. Tabelle 11) werden allgemeine<br />

Angstsymptome wie Nervosität, Einschlaf- und Konzentrationsprobleme,<br />

Herzklopfen, reduziertes Selbstvertrauen und allgemeine Furchtsamkeit gemessen.<br />

Nr. Item<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

1<br />

Oft kann ich abends lange nicht einschlafen, weil ich mir so viele<br />

Gedanken machen muss.<br />

O O O O O<br />

2<br />

Ich habe oft Angst, dass ich bei anderen einen schlechten Eindruck<br />

mache.<br />

O O O O O<br />

3 Oft möchte ich am liebsten ganz für mich allein sein. O O O O O<br />

4 Oft muss ich daran denken, dass mir etwas zustoßen könnte. O O O O O<br />

5<br />

Manchmal fühle ich mich wie verlassen, auch wenn ich mit anderen<br />

zusammen bin.<br />

O O O O O<br />

6 Ich bin manchmal so aufgeregt, dass meine Hände zittern. O O O O O<br />

7 Ich möchte eigentlich anders sein, als ich mich gebe. O O O O O<br />

Tab. 11: Manifeste Angst, 7 Items, Cronbach-α = .77 (N=2060)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 133<br />

Ad (2) Prüfungsangst: Bei dieser Subskala (vgl. Tabelle 12) geht es um spezifische<br />

Ängste vor und in Situationen der Leistungsüberprüfung. Es werden<br />

Gefühle der Hilflosigkeit und Unzulänglichkeit in Situationen schulischer Leistungserhebungen,<br />

Ängste vor Leistungsversagen etc. erfragt.<br />

Nr. Item<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

1<br />

Wenn ich aufgerufen werde und nach vorn kommen muss, habe ich<br />

immer Angst, dass ich etwas Falsches sage.<br />

O O O O O<br />

2<br />

Nach einer Schularbeit habe ich immer wieder das Gefühl, wieder so<br />

vieles falsch gemacht zu haben, was ich vorher konnte.<br />

O O O O O<br />

3<br />

Wenn eine Schularbeit geschrieben wird, vergesse ich oft Dinge, die<br />

ich vorher gut gelernt habe.<br />

O O O O O<br />

4<br />

Wenn wir eine Schularbeit schreiben, weiß ich meistens schon von<br />

Anfang an, dass ich es doch nicht gut machen werde.<br />

O O O O O<br />

5<br />

Ich glaube, ich könnte in der Schule mehr leisten, wenn ich nicht so<br />

viel Angst vor Prüfungen und Schularbeiten hätte.<br />

O O O O O<br />

6<br />

Manchmal wünschte ich, dass ich mir nicht so viele Sorgen über<br />

Schularbeiten machte.<br />

O O O O O<br />

7<br />

Wenn geprüft wird, bekomme ich jedes Mal ein komisches Gefühl im<br />

Magen.<br />

O O O O O<br />

8 Vor Schularbeiten bin ich immer aufgeregt. O O O O O<br />

Tab. 12: Prüfungsangst, 8 Items, Cronbach-α = .84 (N=2060)<br />

Ad (3) Schulunlust: Diese Subskala (vgl. Tabelle 13) dient der Feststellung von<br />

negativen Einstellungen der SchülerInnen gegenüber Schule und dem damit einhergehenden<br />

Motivationsabfall gegenüber dem Unterricht. (Statement 4 dieser<br />

Subskala ist bei der Auswertung umzupolen!)<br />

Nr. Item<br />

1<br />

Schon der Gedanke an die Schule macht mich morgens oft missmutig.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

2 Es wäre schön, wenn ich nicht mehr zur Schule zu gehen brauchte. O O O O O<br />

3<br />

Das meiste, was man in der Schule lernen muss, kann man im<br />

späteren Leben doch nicht gebrauchen.<br />

O O O O O<br />

4 Ich gehe gern zur Schule. (Dieses Item ist beim Auswerten umzupolen!) O O O O O<br />

5<br />

Es gibt in der Schule eigentlich nur wenige Dinge, die mir wirklich<br />

Spaß machen.<br />

Tab. 13: Schulunlust, 5 Items, Cronbach-α = .77 (N= 2060)<br />

O O O O O


134 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Ad (4) Soziale Erwünschtheit: Mit dieser Subkala (vgl. Tabelle 14) wird die<br />

Tendenz der Antwortenden erhoben, sich in ihrem Ankreuzverhalten nach sozial<br />

erwünschten Standards zu richten und damit nicht wahrheitsgetreu zu antworten.<br />

Im vorliegenden Fall stellt ein hoher Score bei dieser Subskala ein Indiz dafür<br />

dar, dass die Antwortenden eher unwahre (d.h. sozial akzeptable) Angaben über<br />

ihre Ängste machen. Je höher der Wert für die soziale Erwünschtheit, desto<br />

größer die Verzerrung in den anderen Subskalen zur Angst. D.h., dass die tatsächliche<br />

Angstausprägung bei diesen Personen tatsächlich höher ist als dies das<br />

Ergebnis nahe legt. Leider muss für die Kurzversion dieser gekürzten Subskala<br />

festgehalten werden, dass die interne Reliabilität mit Cronbach-α von .59 nur<br />

sehr mäßig ausgeprägt ist. Weiterführende Arbeiten zur Verbesserung dieser<br />

Subskala sind daher notwendig.<br />

Nr. Item<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

1 Ich sage immer die Wahrheit. O O O O O<br />

2 Ich verhalte mich immer freundlich und zuvorkommend. O O O O O<br />

3 Ich gebe immer sofort zu, wenn ich etwas nicht genau weiß. O O O O O<br />

4 Ich bin nie schlecht gelaunt. O O O O O<br />

5 Ich bin noch nie auf einen anderen neidisch gewesen. O O O O O<br />

Tab. 14: Soziale Erwünschtheit, 5 Items, Cronbach-α = .59 (N=2060)<br />

Grundsätzlich lassen sich diese vier Subskalen des AFS auch einzeln einsetzen.<br />

Ist man also an einer Schule nur am Thema Prüfungsangst interessiert, so kann<br />

die entsprechende Subskala mit ihren acht Statements aus dem Modulpool ausgewählt<br />

und eingesetzt werden.<br />

5.4 Modul: Aggression<br />

Aggression ist ein Phänomen, mit dem wir in allen Bereichen unseres gesellschaftlichen<br />

Lebens konfrontiert werden. Die Schule als Teil dieser Gesellschaft<br />

bildet hier keine Ausnahme. (Vgl. dazu: OLWEUS 1996, S. 26) Dies machte die<br />

Aufnahme eines Moduls zu diesem Problembereich in den Modulpool notwendig.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 135<br />

5.4.1 Der Aggressionsbegriff<br />

Der Begriff ‚Aggression’ ist in den letzten Jahrzehnten unterschiedlich verwendet<br />

worden. Der MSS lehnt sich in der Begriffsfestlegung bei OLWEUS<br />

(1973, 1996) an, der unter ‚Aggression’ ein Verhalten versteht, das Menschen<br />

schadet, sie gefährdet oder ihnen Unannehmlichkeiten bereitet. Häufig wird<br />

dieser Aggressionsbegriff auch auf Gegenstände erweitert; seltener wird für<br />

diese Form des gegen Sachen gerichteten aggressiven Verhaltens auch der<br />

Begriff ‚Vandalismus’ verwendet.<br />

Die Erscheinungsformen aggressiven Verhaltens können sehr stark variieren<br />

und reichen von Jähzorn über Lügen bis hin zu delinquentem Verhalten wie etwa<br />

Diebstahl, Erpressung und Nötigung. Folgende Unterscheidungen (nach<br />

HORN & KNOPF 1996) können Orientierung in die unübersichtliche Vielzahl verschiedener<br />

aggressiver Verhaltensweisen bringen:<br />

• manifeste (offene) vs. latente (verdeckte) Aggression (Dimension: Offenheit),<br />

• physische vs. verbale Aggression (Dimension: Art)<br />

• direkte vs. indirekte Aggression (Dimension: Direktheit),<br />

• externale (nach außen, auf andere gerichtete) vs. internale (nach innen, auf<br />

sich selbst gerichtete Aggression (Dimension: Richtung).<br />

Die Tabelle 15 (nach PETERMANN et al. 1997, S. 13) bietet einige Beispiele zu<br />

den angeführten Dimensionen aggressiven Verhaltens.<br />

Mit dem Begriff ‚Aggressivität’ wird hingegen nicht ein (aktuelles) Verhalten<br />

bezeichnet, sondern die in verschiedenen Situationstypen und über einen<br />

längeren Zeitraum hinweg vorhandene Prädisposition bzw. Neigung zu<br />

aggressivem Verhalten.<br />

In jüngster Zeit hat sich – hervorgerufen durch das Interesse einer durch die<br />

Berichterstattung der Boulevard-Presse aufgeschreckten Öffentlichkeit – eine<br />

Kontroverse darüber entwickelt, ob die Gewalt an Schulen in den letzten Jahren<br />

zugenommen hat oder nicht. OLWEUS zieht auf der Basis einer kritischen Methodenreflexion<br />

von Aggressionsstudien der 70-er Jahre folgendes nüchternes Resümee<br />

bezüglich quantitativer Veränderungen in diesem Bereich: „Es sind<br />

schlechthin keine verlässlichen Daten verfügbar, um sicher abzuschätzen, ob die<br />

Gewalttäter-/Gewaltopferprobleme in den 1980er Jahren oder 1990er Jahren zu<br />

oder abgenommen haben.“ (1996, S. 28) Bezüglich der Qualität (Art und<br />

Intensität) aggressiven Verhaltens vertritt OLWEUS jedoch die Meinung, es gäbe


136 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

„mehrere mittelbare Anzeichen, dass Gewaltanwendung in schwererer Form<br />

vorkommt [...] als noch vor 10 bis 15 Jahren.“ (1996, S. 28)<br />

Dimension Ausdrucksform Beispiele<br />

Offenheit<br />

manifest<br />

schimpfen, an den Haaren ziehen, auf andere<br />

einschlagen, spotten, schlagen, ...<br />

latent Gerüchte verbreiten, aufhetzen, ausgrenzen, ...<br />

Art<br />

physisch<br />

verbal<br />

anspucken, kratzen, treten, in den ‚Schwitzkasten’<br />

nehmen, ...<br />

anbrüllen, beleidigen, sprachliche Drohung,<br />

hänseln, ...<br />

Direktheit<br />

direkt<br />

indirekt<br />

beschädigen, stehlen, körperlich attackieren,<br />

anschreien, lächerlich machen, ...<br />

‚links’ liegen lassen, bei anderen schlecht<br />

machen, nicht in das Team wählen,...<br />

Richtung<br />

external<br />

internal<br />

boxen, rempeln, Zunge zeigen, ‚Vogel’ zeigen,<br />

spucken, niederschreien, ...<br />

mit dem eigenen Kopf gegen die Wand schlagen,<br />

sich selbst verbal ‚niedermachen’, ...<br />

Tab. 15: Dimensionen, Ausdrucksformen und Beispiele für aggressives Verhalten<br />

Wie sieht es mit geschlechts- und altersspezifischen Unterschieden bei aggressivem<br />

Verhalten aus? Und welche Verteilung zwischen Tätern und Opfern lässt<br />

sich aufzeigen? Unter der Bezeichnung ‚Täter’ werden alle jene SchülerInnen<br />

subsummiert, die selbst angeben, dass sie aktiv aggressives Verhalten gegen<br />

andere Personen und/oder Gegenstände ausgeübt haben. Unter ‚Opfer’ werden<br />

jene SchülerInnen zusammengefasst, die Gewalt – in welcher Form auch immer<br />

– erlitten haben.<br />

Zunächst kann aufgrund internationaler Studien festgehalten werden, dass<br />

physische Gewalt wesentlich häufiger von Jungen ausgeht als von Mädchen und<br />

dass die Jungen auch stärker dieser Form von Gewalt als Opfer ausgesetzt sind<br />

als ihre Klassenkolleginnen. (Vgl. etwa: OLWEUS 1996, S. 29-31) Entsprechende<br />

Resultate haben auch Untersuchungen mittels MSS an verschiedenen österreichischen<br />

Gymnasien ergeben. (Vgl. z.B. RIFFERT & PASCHON 1998, S. 32-35)<br />

Anders sieht die Situation bei verbal und indirekt ausgeübter Gewalt aus. Diese<br />

Form von Gewaltausübung ist die häufigste Form aggressiven Verhaltens sowohl<br />

bei Jungen als auch bei Mädchen und wird in etwa von beiden Geschlechtern<br />

gleich häufig eingesetzt.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 137<br />

Physische Gewalt tritt vor allem in der Grundschule, der Hauptschule und in<br />

der Unterstufe der Gymnasien auf. In den Oberstufen sinkt die Rate physischer<br />

Aggressionen hingegen deutlich ab. (OLWEUS, 1996, S. 29) Diese Reduktion<br />

aggressiven Verhaltens in der Oberstufe tritt in etwas schwächerer Ausprägung<br />

auch bei verbalen Aggressionen auf. (ausführlicher: RIFFERT, PASCHON & SAMS<br />

2004)<br />

Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass die Umgangsformen bei den<br />

männlichen Kindern und Jugendlichen – und hier wiederum verstärkt bei den<br />

jüngeren – rauer und härter sind als bei den Mädchen und dass Aggressionen<br />

auch offener gezeigt werden. Dies berechtigt aber nach OLWEUS nicht zu dem<br />

Schluss, dass man die Gewalt unter den Mädchen nicht zu beachten bräuchte. Ja,<br />

er äußerst sogar den Verdacht, dass die indirekt ausgeübten Aggressionen der<br />

Mädchen „so raffiniert sind, dass wir sie in unserem Fragebogen nicht aufgedeckt<br />

haben.“ (1996, S. 31)<br />

5.4.2 Aggressives Verhalten und die Folgen<br />

Dass durch aggressives Verhalten SchülerInnen bedroht und gefährdet werden<br />

sowie an Schulen dadurch der effiziente Lernprozess gestört, ja streckenweise<br />

erheblich eingeschränkt wird, würde alleine schon ausreichen, um diesen Themenbereich<br />

an betroffenen Schulen zu einem zentralen Schwerpunkt der<br />

Schulentwicklung zu machen.<br />

Darüber hinaus hat sich aber auch in wissenschaftlichen Untersuchungen gezeigt,<br />

dass Aggressionen relativ zeitlich stabile Verhaltensweisen darstellen. Es<br />

scheint demnach tendenziell so zu sein, dass jüngere Kinder, die häufiger<br />

aggressives Verhalten zeigen nur schwer in der Lage sind, dieses Verhaltensmuster<br />

wieder abzubauen. Im Gegenteil: Eine Reihe von WissenschaftlerInnen<br />

hat einen Zusammenhang zwischen auffällig aggressivem Verhalten im frühen<br />

Kindesalter und überdurchschnittlich hoher Aggressionsrate bis hin zu delinquentem<br />

Verhalten im Jugendlichen- und Erwachsenenalter nachgewiesen. (vgl.<br />

etwa: CASPI & MOFFITT 1995; DISHION, FRENCH & PATTERSON 1995) Zu dem<br />

Merkmalsbündel, das mit späterer Delinquenz einhergeht, zählen (vgl.<br />

HÄMÖLÄINEN & PULKKINEN 1996) folgende Charakteristika:<br />

Auftreten von Aggressionen<br />

(a) bereits in einem sehr jungen Alter (Vorschulzeit),<br />

(b) mit hoher Frequenz und<br />

(c) in einer großen Bandbreite verschiedenartiger Aggressionsformen.


138 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

PETERMANN at al. (1997, S. 16-18) skizzieren eine typische Entwicklungssequenz:<br />

Zunächst wächst das ‚trotzige’ Kind, den hilflosen und/oder selbst in<br />

Problemen steckenden Eltern ‚über den Kopf’, und diese dazu neigen, bei<br />

aggressivem Verhalten des Kindes nachzugeben. Kommt dieses Kind dann in<br />

die Schule, wird es aufgrund seiner aggressiven Verhaltensexzesse häufig zum<br />

Außenseiter, der schließlich nur in der Peergroup Gleichgesinnter (aggressiver)<br />

Jugendlicher soziale Anerkennung, damit aber gleichzeitig Verstärkung seines<br />

gewalttätigen Verhaltens findet. Am Ende dieser Entwicklung steht schließlich<br />

der delinquente Jugendliche bzw. Erwachsene. Natürlich handelt es sich bei<br />

dieser skizzierten Entwicklung nur um einen typischen Verlauf, der durch<br />

günstige Umwelteinflüsse an jedem Punkt modifizierbar, unterbrechbar oder<br />

evtl. sogar beendbar ist. Empirische Untersuchungen legen aber nahe, dass diese<br />

Entwicklung bei vielen später delinquent gewordenen Personen in zumindest<br />

ähnlicher Form durchlaufen wurde und dass Interventionsversuche, die auf eine<br />

Modifikation des Verlaufs abzielen, häufig nur von mäßigem Erfolg gekrönt<br />

sind.<br />

All dies zeigt, dass aggressives Verhalten nicht nur wegen seiner für den Unterricht<br />

negativen Auswirkungen ein Thema an den Schulen sein sollte. Die<br />

Schule stellt in den meisten Fällen die letzte Möglichkeit dar, auf institutioneller<br />

Ebene an die gefährdeten Kinder und Jugendlichen mit gezielten Interventionsmaßnahmen<br />

heranzukommen bzw. – und noch besser – präventive Maßnahmen<br />

zur Vermeidung dieser negativen Spirale zu setzen. Das rechtzeitige Erkennen<br />

erhöhter Aggressionswerte ist dafür aber von entscheidender Bedeutung. Der<br />

MSS kann diese diagnostische Aufgabe auf Schul- aber auch auf Klassenebene<br />

erfüllen und ist daher in der Lage, in diesem sensiblen Bereich eine für gezielte<br />

Interventionen im Rahmen von Schulentwicklung wichtige Datenbasis zu<br />

liefern.<br />

5.4.3 Erfassung von Aggressionen mittels MSS<br />

Zur Erfassung von Aggressionen an Schulen wurde eine Aggressionsfragebatterie<br />

entwickelt und in den Modulpool aufgenommen. Diese Fragebatterie<br />

besteht aus insgesamt ca. 60 Fragen, mit deren Hilfe versucht wird, manifeste<br />

Akte von Gewalt im weitesten Sinn von physischer Gewalt, Beleidigungen und<br />

Kränkungen, bis hin zum Vandalismus zu erfassen. Es wird zwischen Täter-<br />

(Zufügen von Gewalt) und Opferperspektive (Erleiden von Gewalt) unterschieden.<br />

Schließlich wird auch noch die Perspektive der (unbeteiligten) Beobachter<br />

miteinbezogen (Beobachten von Gewalt). Auf diese Weise können SchülerInnen<br />

anonym ihre Erfahrungen in diesem sensiblen Bereich mitteilen, ohne Repressa-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 139<br />

lien durch MitschülerInnen befürchten zu müssen. Dies trägt zur Erfassung eines<br />

realistischen Situationsbildes an den Schulen bei. (Vgl. Tabelle 16)<br />

A B C D E F<br />

Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe angegriffen,<br />

geschlagen oder getreten.<br />

A B C D E F<br />

Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe beschimpft oder<br />

beleidigt.<br />

A B C D E F<br />

Ich wurde von einem Schüler oder einer Schülergruppe bedroht, erpresst<br />

oder zu etwas gezwungen.<br />

A B C D E F<br />

In der Schule wurden Sachen, die mir gehören, beschädigt oder zerstört. A B C D E F<br />

In der Schule wurden Sachen, die mir gehören, gestohlen. A B C D E F<br />

Ich habe einen anderen Schüler angegriffen, geschlagen oder getreten. A B C D E F<br />

Ich habe einen anderen Schüler oder eine Schülergruppe beschimpft oder<br />

beleidigt.<br />

A B C D E F<br />

Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler einen anderen Mitschüler angegriffen,<br />

getreten oder geschlagen hat.<br />

A B C D E F<br />

Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler einen anderen Mitschüler beschimpft<br />

oder beleidigt hat.<br />

A B C D E F<br />

Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer ungerecht behandelt. A B C D E F<br />

Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer gekränkt. A B C D E F<br />

Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer durch Drohungen<br />

psychisch unter Druck gesetzt.<br />

A B C D E F<br />

Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer körperlich angegriffen. A B C D E F<br />

Ich wurde von (mindestens) einem meiner Lehrer vor der ganzen Klasse<br />

lächerlich gemacht.<br />

A B C D E F<br />

Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler von (mindestens) einem Lehrer<br />

ungerecht behandelt wurde.<br />

A B C D E F<br />

Ich habe gesehen, wie ein Mitschüler durch (mindestens) einen meiner<br />

Lehrer gekränkt wurde.<br />

A B C D E F<br />

Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer beschimpft oder beleidigt. A B C D E F<br />

Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer irgendwie gekränkt. A B C D E F<br />

Ich habe (mindestens) einen meiner Lehrer vor der ganzen Klasse<br />

lächerlich gemacht.<br />

A B C D E F<br />

… A B C D E F<br />

Tab. 16: Auszug aus der Aggressions-Fragebatterie aus dem Modulpool (S101)<br />

(fast) täglich<br />

mehrmals wöchentlich<br />

mehrmals monatlich<br />

mehrmals in diesem Schuljahr<br />

einmal in diesem Schuljahr<br />

(fast) nie


140 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Folgende Kategorien werden den SchülerInnen zur Beantwortung vorgelegt:<br />

‚angegriffen, geschlagen, getreten’ (=physische Gewalt), ‚beschimpft, beleidigt’<br />

(=verbale Gewalt) und ‚Privateigentum beschädigt, zerstört’ (=Vandalismus).<br />

Neben dem Bereich der Aggressionen zwischen SchülerInnen erlaubt der<br />

MSS auch die Feststellung der Art und Häufigkeit von aggressivem Verhalten<br />

zwischen SchülerInnen und den LehrerInnen. Hier sind die Kategorien ‚ungerecht<br />

behandelt’, ‚gekränkt’ und ‚geärgert’ vorgegeben. Auch hier wird wieder<br />

zwischen Täter-, Opfer- und BeobachterInnenperspektive unterschieden.<br />

Der Vorteil dieser Fragebogenbatterie zur Aggressionserfassung besteht darin,<br />

dass sie es erlaubt, mit verhältnismäßig wenigen Fragen relativ viel Information<br />

zu erhalten. Bei der Entwicklung wurde besonders darauf geachtet, dass<br />

auch von jüngeren SchülerInnen realistische Ergebnisse erhoben werden können.<br />

Daher werden die SchülerInnen nicht darum gebeten selber die Häufigkeit<br />

beobachteter aggressiver Akte für den letzten Monat einzuschätzen, sondern es<br />

wurden Häufigkeitskategorien vorgegeben: ‚nie (im letzten Monat)’, ‚selten (im<br />

letzten Monat)’, ‚manchmal (im letzten Monat)’, ‚häufig (mehrmals wöchentlich)’,<br />

‚regelmäßig (fast an jedem Schultag)’.<br />

Mit diesen vorgegebenen Antwortkategorien wurde dieses Modul bereits an<br />

einigen Schulen eingesetzt und erbrachte für SchülerInnen und LehrerInnen<br />

durchwegs ‚plausible’ Ergebnisse. Die Reaktionen lauteten von ‚Das sind genau<br />

die schwierigen Klassen.’ bis ‚Ja, in der Klasse hatten wir genau zu dieser Zeit<br />

das Problem mit dieser Clique.’. Zudem zeigten sich auch die erwarteten Korrelationen<br />

in Klassen zwischen einem schlechten Klassenklima und einer hohen<br />

Aggressionsrate, oder zwischen dem Anteil an Außenseitern in einer Klasse und<br />

der Häufigkeit an aggressivem Verhalten, was für die Validität dieser Fragebatterie<br />

spricht.<br />

Der Einsatz dieses Moduls bei Vollerhebung erlaubt somit die Lokalisierung<br />

von Aggressionsherden (Täter) und Opferschwerpunkten auf Klassenebene. So<br />

konnte beispielsweise an einem Gymnasium (Langform) eine erste Klasse<br />

(fünfte Schulstufe), deren Klassenraum zwischen denen zweier vierten Klassen<br />

(8. Schulstufe) mit jeweils offensichtlich hohem Aggressionspotential lag, als<br />

besonders von aggressiven Übergriffen betroffen erkannt werden. In den beiden<br />

angrenzenden vierten Klassen lag hingegen die Täterrate überdurchschnittlich<br />

hoch. In Gesprächen mit den SchülerInnen der drei Klassen konnten die Ergebnisse<br />

bestätigt werden. Ob auch bei nicht-anonymen Gesprächen mit LehrerInnen<br />

die Informationen so offen und ehrlich ausgesprochen worden wären,


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 141<br />

darf bezweifelt werden. 11 Solche Ergebnisse erlauben genaue Problemlokalisierungen<br />

und dementsprechend zielgenaue Umsetzungen von Interventionsmaßnahmen<br />

wie z.B. der Einführung eines Sozialtrainings (vgl. RIFFERT 2000a & b).<br />

5.5 Modul: Selbstwirksamkeit<br />

Ein weiteres einsetzbares MSS-Modul besteht aus verschiedenen Skalen zur<br />

Messung der Ausprägung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen (Self-Efficacy)<br />

bei SchülerInnen, LehrerInnen, Schulleitung und Schulbehörde (Landesschul-<br />

und FachinspektorInnen).<br />

5.5.1 Das Konzept der Selbstwirksamkeit<br />

Aus einer Vielzahl sehr interessanter Kontrollkonzepte – etwa: ‚Locus of Control’<br />

(ROTTER 1954 & 1966), ‚Attributionsansatz’ (HEIDER 1958), ‚Learned<br />

Helplessness’ (SELIGMAN 1975) – ‚Handlungstheoretischer Ansatz zu Kontrollüberzeugungen’<br />

(SKINNER, CHAPMAN & BALTES 1988) – wurde das Self-<br />

Efficacy Konzept von BANDURA (z.B. 1986 & 1994) deshalb in den MSS aufgenommen,<br />

weil es die beste wissenschaftliche Fundierung – sowohl theoretische<br />

Durchdringung, als auch umfangreiche und gute empirische Bewährung – aufweist.<br />

Self-Efficacy (Selbstwirksamkeit) bezieht sich nach BANDURA auf die subjektiven<br />

Überzeugungen und das Vertrauen eines Individuums, in spezifischen<br />

Situationen ein oder mehrere anspruchsvolle Ziele durch den effektiven Einsatz<br />

adäquater Verhaltensweisen erfolgreich erreichen zu können. (Vgl. etwa BAN-<br />

DURA 1986 & 1994). Die angestrebten Ziele sollen dabei nicht einfach durch den<br />

quasi automatischen Einsatz simpler Verhaltensroutinen realisierbar sein, sondern<br />

nur durch die Überwindung von Hindernissen. Diese Überwindung impliziert<br />

seitens des Handelnden die Aktivierung von Selbstregulationsprozessen<br />

wie Anstrengung, Ausdauer und Feedbackzyklen. (Vgl. etwa: ZIMMERMANN &<br />

MARTINEZ-PONS 1992)<br />

11 Dieses Beispiel zeigt zudem sehr deutlich die Sensibilität mit der bei Datenrückmeldungen<br />

und der Weiterarbeit auf dieser Datenbasis aus ethischen Gründen umgegangen werden<br />

muss. Denn eine Offenlegung der Ergebnisse (und damit die Aufhebung der Anonymität der<br />

Klasse) ohne begleitende Schutz- und Präventionsmaßnahmen, könnte zu Racheakten der<br />

aufgedeckten Aggressoren führen und so die besonders betroffenen SchülerInnen dieser<br />

ersten Klasse noch stärkeren Aggressionen aussetzen.


142 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Personen mit gut ausgeprägten Selbstwirksamkeitsüberzeugungen setzen<br />

sich selbst anspruchsvollere Ziele als niedrig selbstwirksame Personen, verfolgen<br />

diese bei auftauchenden Problemen hartnäckiger und ausdauernder, lassen<br />

sich weniger leicht ablenken und verarbeiten Fehlschläge besser, indem sie<br />

für die Zukunft Lösungsmöglichkeiten und entsprechende Erfolge prognostizieren<br />

und diese auf ihre eigenen Fähigkeiten und Kompetenzen ursächlich<br />

zurückführen. Zudem hat sich gezeigt, dass hoch selbstwirksame Personen<br />

weniger ängstlich sind als niedrig selbstwirksame; sie scheinen darüber hinaus<br />

auch weniger häufig zu Drogen zu greifen und neigen auch weniger zur<br />

Ausbildung psychischer und physischer Erkrankungen.<br />

BANDURA hatte ursprünglich (1977, S. 208ff) sein Self-Efficacy-Konzept<br />

verwendet, um eine alternative Erklärung der erfolgreich im klinischen Bereich<br />

eingesetzten psychotherapeutischen Methode der systematischen Desensibilisierung<br />

zu präsentieren. Die Methode der systematischen Desensibilisierung war<br />

nach BANDURA nicht deshalb wirksam, weil sie auf Gegenkonditionierung basierte,<br />

wie WOLPE (1954, 1974) angenommen hatte, sondern – so BANDURA –,<br />

weil sie etwa durch die abgestufte Stimulusexposition und die damit einhergehenden<br />

Erfolge beim Umgang mit ängstigenden Situationen die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

von Phobikern gegenüber aversiven Stimuli erhöhte.<br />

In den letzten zwei Jahrzehnten wurde das Konzept der Selbstwirksamkeit –<br />

begleitet von einer Vielzahl empirischer Untersuchungen – auf viele andere Bereiche<br />

gewinnbringend übertragen: soziale Kompetenz, Schmerztherapie, sportliche<br />

Aktivitäten, Karriereplanung und -entscheidungen, Raucherentwöhnung,<br />

Verkaufsverhalten, Rehabilitation von Herzinfarktpatienten, Motivationsforschung,<br />

sowie Stress und Burnout. (Vgl. dazu etwa BANDURA 1986 & 1994) In<br />

einer kaum mehr überblickbaren Anzahl von wissenschaftlichen Publikationen<br />

wird der Wert des Selbstwirksamkeitskonzepts in unterschiedlichsten Anwendungsbereichen<br />

belegt. 12 Zudem wurde nachgewiesen (SCHWARZER & BORN<br />

1997; ZHANG & SCHWARZER 1995), dass Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

kulturübergreifend von Bedeutung sind.<br />

5.5.2 Selbstwirksamkeit und Schule<br />

Neben diesen vielfältigen Anwendungs- und Forschungsfeldern wurden Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

auch im schulischen Bereich untersucht. Hierbei<br />

wurde zunächst der Ausbildung der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bei Leh-<br />

12<br />

Für den Schulbereich bietet die Homepage von Ralf Schwarzer interessante Informationen.<br />

URL: http://www.schwarzer.info/


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 143<br />

rerInnen verstärkt Aufmerksamkeit zugewandt. (ECCLES & WIGFIELD 1985;<br />

SCHMITZ & SCHWARZER 2000) So fanden etwa GIBSON und DEMBO (1985), dass<br />

LehrerInnen mit höherer Lehr-Efficacy mehr Zeit für Unterrichtsaktivitäten und<br />

weniger Zeit für unterrichtsferne Tätigkeiten verwendeten, mehr aufgabenorientierte<br />

Hilfestellung für die SchülerInnen boten und schließlich auch die Fortschritte<br />

der SchülerInnen häufiger lobten als LehrerInnen mit niedriger Lehr-<br />

Efficacy. In anderen Untersuchungen (z.B. MIDGLEY, FELDLAUFER & ECCLES<br />

1989) zeigte sich, dass LehrerInnen mit besser ausgebildeter Self-Efficacy, verglichen<br />

mit LehrerInnen einer niedrigen Efficacy-Ausprägung, in der Lage<br />

waren, das Leistungsniveau der SchülerInnen, deren Motivation und Arbeitsstrategien<br />

stärker zu heben.<br />

In letzter Zeit rückten im Zuge verstärkter Schulentwicklungsaktivitäten und<br />

der zentralen Rolle, welche die Schulleitung dabei spielt, auch die Schulleiter-<br />

Innen ins Zentrum der Aufmerksamkeit der ForscherInnen. Es wurden Untersuchungen<br />

zu diesem Bereich durchgeführt (BRUCE & CACIOPPE 1989; ROSSOW<br />

1990;) und spezielle Skalen entwickelt.<br />

Schließlich wurde auch die Personengruppe der SchülerInnen aus dem Blickwinkel<br />

der Selbstwirksamkeitsüberzeugungen untersucht. (SARGOTSKY, PAT-<br />

TERSON & LEPPER 1978) Insbesondere Dale SCHUNK (z.B. 1982, 1983, 1984,<br />

1989) und seine KollegInnen und MitarbeiterInnen (etwa: SCHUNK & HANSON<br />

1985; SCHUNK & COX 1986), aber auch einige andere ForscherInnen (vgl. etwa:<br />

SKINNER, WELLBORN & CONNELL 1990; BOUFFARD-BOUCHARD, PARENT &<br />

LARIVEE 1991) widmeten sich diesem Thema ausführlich. Ihre Untersuchungen<br />

waren – BANDURAS Konzeption von Self-Efficacy folgend – meist stark situationsspezifisch<br />

angelegt. Es ging um sehr spezifische Kompetenzen etwa im<br />

Bereich der Ausführung eher basaler mathematischer Operationen wie dem Subtrahieren,<br />

dem Dividieren oder dem Lösen von Textaufgaben. Aber auch Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

bezüglich sprachlicher Kompetenzen – wie etwa<br />

das Lesen (BUTKOWSKY & WILLSON 1980) und das Verfassen von Texten<br />

(SCHUNK & SWARTZ 1993a, 1993b) – wurden untersucht.<br />

BANDURA selbst (1994, 196) weist darauf hin, dass in vielen – insbesondere<br />

früheren – Untersuchungen der situationsspezifische Charakter des Self-Efficacy-Konzepts<br />

nicht genügend berücksichtigt wurde. Self-Efficacy ist nach BAN-<br />

DURA eben weder eine situationsinvariante Fähigkeit noch ein transsituationale<br />

Persönlichkeitseigenschaft (‚trait’). Selbstwirksamkeitsüberzeugungen können<br />

vielmehr zwischen Personen in derselben Situation und Aufgabenkonstellation,<br />

aber auch bei ein und derselben Person in verschiedenen Situationen variieren.<br />

Einerseits können zwei SchülerInnen völlig verschieden ausgeprägte Selbstwirk-


144 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

samkeitsüberzeugungen bezüglich Bewältigbarkeit des Mathematikunterrichts<br />

einer bestimmten Schulstufe haben. Andererseits kann auch ein und derselbe<br />

Schüler verschiedene Kontrollüberzeugungen (Self-Efficacy) bezüglich der Bewältigbarkeit<br />

einer Integralrechnung und einer Übersetzung eines anspruchsvollen<br />

lateinischen Texts haben.<br />

Um zu möglichst präzisen Prognosen zu gelangen, sei bei Messungen der<br />

Self-Efficacy – so BANDURA – daher eine Anpassung an die jeweilig im Forschungsfokus<br />

stehende Situation (Aufgabentypus, Problemstellung etc.) vorzunehmen.<br />

Dass aber auch die Untersuchung ganzer Schulen mit Hilfe des Self-Efficacy<br />

Konzepts durchaus sinnvoll und fruchtbar sein kann, zeigt sich schon darin, dass<br />

BANDURA selbst von „collective school-efficacy“ (BANDURA 1993, S. 140-43;<br />

vgl. dazu auch BANDURA 1994, S. 200-203, sowie SCHARZER & JERUSALEM<br />

1995) spricht. So sind etwa die einzelnen LehrerInnen interagierende Mitglieder<br />

ihrer Schule und werden von den sozialen und Leistungsstandards, sowie Kontrollüberzeugungen<br />

anderer Institutionsmitglieder genauso beeinflusst, wie sie<br />

ihrerseits diese mit beeinflussen. Dasselbe gilt selbstverständlich auch für deren<br />

soziale Interaktionspartner, die SchülerInnen. Dies legt nahe, die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

aller relevanten Personengruppen als Indikator für die Güte<br />

des Schulentwicklungsprozesses zu verwenden. Genau dies ist im Rahmen von<br />

MSS-Einsätzen möglich.<br />

Die Untersuchung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eignet sich auch<br />

deshalb sehr gut im Rahmen von Evaluationsvorhaben bei Schulentwicklungsprojekten,<br />

weil hohe Self-Efficacy – wie MSS-Untersuchungen gezeigt haben –<br />

mit einer Reihe anderer für die Schulentwicklung wichtiger Variablen insbesondere<br />

auf Klassenebene zusammenhängt: „Schüler mit hoher Self-Efficacy zeigen<br />

deutlich positivere Werte in der Beurteilung der Klassengemeinschaft, fühlen<br />

sich signifikant wohler in der Klasse, haben geringere Angst, ausgelacht zu werden,<br />

kommen durchschnittlich besser mit den Klassenkameraden aus, sind eher<br />

der Ansicht, dass auf schwächere Schüler Rücksicht genommen wird und neigen<br />

weniger dazu, sich als Außenseiter zu fühlen als ihre Klassenkollegen mit<br />

vergleichsweise geringer Ausprägung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen.“<br />

(RIFFERT & PASCHON 1998, S. 37)<br />

Dieser Zusammenhang zwischen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen und<br />

einer Reihe anderer wichtiger schulischer Variablen legt es nahe, die Ausprägung<br />

der Selbstwirksamkeitserwartungen von SchülerInnen – aber auch von<br />

LehrerInnen und Schulleitung – als einem wertvollen Indikator für Schulqualität<br />

zu interpretieren. Eine grundsätzliche Verbesserung der Schulqualität – vom


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 145<br />

Klima bis hin zum Leistungsniveau – sollte sich auch in einem Anstieg der<br />

durchschnittlichen Selbstwirksamkeitsüberzeugungen der am Schulprozess<br />

beteiligten Personen äußern.<br />

Um die Selbstwirksamkeitsausprägungen bei SchülerInnen und LehrerInnen<br />

bzw. in unterschiedlichen schulischen Bereichen erfassen zu können, wurden<br />

verschiedene Selbstwirksamkeitsskalen in den Modulpool des MSS aufgenommen.<br />

Entsprechend der spezifischen Zielsetzung an einer konkreten Schule<br />

können einzelne dieser Skalen ausgewählt und zum Einsatz gebracht werden.<br />

5.5.3 Skalen zur Erfassung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

In den Modulpool wurden bisher insgesamt vier Selbstwirksamkeitsskalen, von<br />

denen sich wiederum drei jeweils aus zwei Subskalen zusammensetzen, aufgenommen.<br />

Es handelt sich dabei um:<br />

(1) Die Skala zur Messung einer allgemeinen Selbstwirksamkeit von SCHWAR-<br />

ZER und JERUSALEM (1993);<br />

(2) die Skala von Schwarzer und Jerusalem (SCHWARZER, 1993), die vom MSS-<br />

Team für den Schulbereich adaptiert wurde,<br />

(3) eine Skala von ULRIKE PETERMANN (1992), die ebenfalls vom MSS-Team<br />

für den schulischen Gebrauch spezifiziert wurde und<br />

(4) eine Skala von RIFFERT und PASCHON, welche speziell für den Bereich<br />

Schulentwicklung konzipiert wurde (1999).<br />

Diese Skalen und – soweit vorhanden – Subskalen werden im Folgenden vorgestellt.<br />

Ad (1): Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM (1993): Die<br />

Originalskala von Schwarzer und Jerusalem (vgl. Tabelle 17) setzt sich nicht aus<br />

Subskalen zusammen; Faktorenanalysen (Hauptkomponentenanalysen), die im<br />

Zuge von MSS-Einsätzen durchgeführt worden waren, ergaben ebenfalls keinerlei<br />

Hinweis auf verschiedene Faktoren (Subskalen).


146 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Item:<br />

Die Lösung schwieriger Probleme gelingt mir immer, wenn ich mich<br />

darum bemühe.<br />

Wenn mir jemand Widerstand leistet, finde ich Mittel und Wege, mich<br />

durchzusetzen.<br />

Es bereitet mir keine Schwierigkeiten, meine Ansichten und Ziele zu<br />

verwirklichen.<br />

Auch bei überraschenden Ereignissen glaube ich, dass ich gut damit<br />

zurechtkommen werde.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

In unerwarteten Situationen weiß ich immer, wie ich mich verhalten soll. O O O O O<br />

Für jedes Problem finde ich eine Lösung. O O O O O<br />

Schwierigkeiten sehe ich gelassen entgegen, weil ich mich immer auf meine<br />

Fähigkeiten verlassen kann.<br />

Wenn ich mit einem Problem konfrontiert werde, habe ich meist mehrere<br />

Ideen, wie ich damit fertig werde.<br />

Wenn ich mit einer neuen Sache konfrontiert werde, weiß ich, wie ich damit<br />

umgehen kann.<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Was auch immer passiert, ich werde schon klarkommen. O O O O O<br />

Tab. 17: Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM, 10 Items,<br />

Cronbach-α =.88 (N=2687)<br />

Ad (2): Die für den Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von<br />

SCHWARZER und JERUSALEM (1993): Für diese von RIFFERT und PASCHON<br />

(1999) modifizierte Fassung der Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und<br />

JERUSALEM liefert die Faktorenanalyse zwei Subskalen, die als ‚Schulbewältigung’<br />

bzw. ‚Soziale Selbstwirksamkeit’ bezeichnet werden.<br />

1) Schulbewältigungsselbstwirksamkeit<br />

In dieser Subskala (vgl. Tabelle 18) werden Fragestellungen, die mit schulischer<br />

Leistung und den eigenen Bewältigungsüberzeugungen in Zusammenhang<br />

stehen, erhoben.<br />

2) Soziale Selbstwirksamkeit<br />

In dieser Subskala (vgl. Tabelle 19) geht es schwerpunktmäßig um die Bewältigung<br />

sozialer Problemsituationen in der Schule.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 147<br />

Item:<br />

Die Lösung schwieriger Probleme in der Schule gelingt mir immer, wenn<br />

ich mich darum bemühe.<br />

Auch bei überraschenden Ereignissen im Schulalltag glaube ich, dass ich<br />

gut damit zurecht kommen werde.<br />

Wenn im Unterricht eine unerwartete Situation eintritt weiß ich immer, wie<br />

ich mich verhalten soll.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Für jedes schulische Problem habe ich eine Lösung. O O O O O<br />

Schwierigkeiten mit dem Stoff sehe ich gelassen entgegen, weil ich mich<br />

immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />

Wenn ich in der Schule mit einem Problem konfrontiert werde, habe ich<br />

meist mehrere Ideen, wie ich damit fertig werde.<br />

Was auch immer in der Schule passiert, ich werde damit schon<br />

klarkommen.<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Tab. 18: Schulbewältigungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach<br />

SCHWARZER und JERUSALEM, 7 Items, Cronbach-α =.82 (N=998)<br />

Item:<br />

Wenn mir Mitschüler Widerstand leisten, finde ich Wege und Mittel, mich<br />

durchzusetzen.<br />

Es bereitet mir in der Klasse keine Schwierigkeiten, meine Ansichten und<br />

Ziele zu verwirklichen.<br />

Schwierigkeiten mit Mitschülern sehe ich gelassen entgegen, weil ich<br />

mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />

Wenn mir ein Lehrer Widerstand leistet, finde ich Mittel und Wege mich<br />

durchzusetzen.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Tab. 19: Soziale Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 4 Items, Cronbach-α<br />

=.66 (N=1030)<br />

Ad (3): Die für den Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von U.<br />

PETERMANN (1992): Auch für die von RIFFERT und PASCHON (1999) für den<br />

Schulbereich adaptierte Selbstwirksamkeitsskala von U. Petermann ergibt eine<br />

(Hauptkomponenten-) Faktorenanalyse zwei Subskalen, die als ‚allgemeine<br />

schulische Selbstwirksamkeitsskala’ bzw. als ‚Zweck-Mittel-Skala’ bezeichnet<br />

werden.<br />

1) Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit<br />

Auch diese Subskala (vgl. Tabelle 20) erfasst die Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

bezüglich Leistungsanforderungen in der Schule.


148 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Item:<br />

Ich kann mir meistens selbst helfen, wenn ein schulisches<br />

Problem für mich auftaucht.<br />

Mir fällt meistens etwas ein, wenn ich in der Schule in der<br />

Klemme bin.<br />

Auch wenn ich etwas Neues gelernt habe, gelingt es mir damit<br />

gute Leistungen zu erbringen.<br />

Es fällt mir nicht schwer, bei unerwartet schwierigen Problemen<br />

eine Lösung zu finden.<br />

Egal, was auch kommen mag, ich werde diese Schule schon<br />

schaffen.<br />

Ich weiß genau, was ich machen muss, um in der Schule gute<br />

Leistungen zu erbringen.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Tab. 20: Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach U.<br />

PETERMANN, 6 Items, Cronbach-α =.75 (N=2060)<br />

2) Zweck-Mittel Skala<br />

Bei dieser Zweck-Mittel-Skala (vgl. Tabelle 21) geht es nicht um die Erfassung<br />

von Selbstirksamkeitsüberzeugungen, sondern um die den Selbstwirksamkeitsüberzeugunen<br />

vorausliegenden Ansichten über Zweck-Mittel-Zusammenhänge:<br />

Welches Mittel ist für die Erreichung eines bestimmten Ziels zweckmäßig?<br />

Item:<br />

Wenn ich mich in der Schule anstrenge, erziele ich auch gute<br />

Leistungen.<br />

Wenn ich mich angestrengt habe, kann ich zufrieden stellende<br />

Noten erbringen.<br />

Wenn ich mich in der Schule anstrenge, dann läuft alles wie am<br />

Schnürchen.<br />

Anstrengung lohnt sich immer, auch wenn der Erfolg nicht<br />

sofort da ist.<br />

Ich habe beim Lernen die Erfahrung gemacht, dass hoher Einsatz<br />

auch schulischen Erfolg bringt.<br />

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass wenn ich mich in der<br />

Schule besonders anstrenge, ich dann bessere Noten erhalte.<br />

Wenn ich mich beim Lernen genügend anstrenge, gelingt es mir<br />

immer, gute Leistungen zu bringen.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Tab. 21: Zweck-Mittel-Skala von RIFFERT und PASCHON nach U. PETERMANN, 7 Items,<br />

Cronbach-α =.85 (N=2048)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 149<br />

Hier liegen noch keine Angaben über Selbstwirksamkeitsüberzeugungen vor, da<br />

die Ansichen über einen effizienten Zweck-Mittel-Zusammenhang noch nichts<br />

darüber aussagt, ob die fragliche Person auch der Ansicht ist, dass sie selbst<br />

diese Mittel auch adäquat einzusetzen vermag.<br />

Ad (4) Selbstwirksamkeitsskalen von RIFFERT und PASCHON (1999): Diese Skala<br />

besteht aus zwei Subskalen: ‚Schulleistungsselbstwirksamkeit’ (vgl. Tabelle 22)<br />

und ‚Schulveränderungsselbstwirksamkeit’ (vgl. Tabelle 23).<br />

1) Schulleistungsselbstwirksamkeit<br />

Item:<br />

Schwierigkeiten mit einem Lehrer sehe ich gelassen entgegen,<br />

weil ich mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />

Wenn ich mit Problemen in einem neuen Stoffgebiet<br />

konfrontiert werde, habe ich meist mehrere Ideen, wie ich damit<br />

fertig werde.<br />

Mündliche Prüfungen sehe ich gelassen entgegen, weil ich<br />

mich immer auf meine Fähigkeiten verlassen kann.<br />

Schriftlichen Prüfungen (Tests und Schularbeiten) sehe ich<br />

gelassen entgegen, weil ich mich immer auf meine Fähigkeiten<br />

verlassen kann.<br />

Ich bin davon überzeugt, dass ich mir helfen kann, wenn ich einen<br />

Konflikt mit einem Lehrer habe.<br />

stimmt<br />

genau<br />

stimmt<br />

nicht<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

O O O O O<br />

Tab. 22: Schulleistungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 5 Items,<br />

Cronbach-α =.78 (N=2590)<br />

2) Schulveränderungsselbstwirksamkeit<br />

Item:<br />

stimmt<br />

genau<br />

Ich kann in meiner Klasse einiges bewegen. O O O O O<br />

Ich traue mir zu, einiges in der Schule zu verändern. O O O O O<br />

Ich bin davon überzeugt, dass ich mir bei Konflikten mit<br />

Mitschülern helfen kann.<br />

O O O O O<br />

Ich kann mich in der Schule durchaus ‚selbst verwirklichen’. O O O O O<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Tab. 23: Schulveränderungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON, 4 Items,<br />

Cronbach-α =.74 (N=2568)<br />

Die vier vorgestellten Skalen, von denen sich drei aus jeweils zwei Subskalen<br />

zusammensetzen, sind relativ kurz und daher kostengünstig einsetzbar. Sie sind<br />

darüber hinaus leicht auszuwerten, da nur der Mittelwert aller Antwortwerte ge-


150 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

bildet wird; zudem braucht keines der Items (Statements) ‚umgepolt’ werden 13 .<br />

Dies trägt zur Praktikabilität der Skalen bei.<br />

5.6 Modul: Bildungsziele<br />

Im Wesentlichen dient das Modul ‚Bildungsziele’ der schulinternen Überprüfung,<br />

ob bzw. in wie weit die in diese Schule gesetzten Erwartungen hinsichtlich<br />

der Bildungsziele erfüllt werden. Das Modul liegt sowohl in einer Ist- als auch<br />

in einer Soll-Variante vor. Dadurch wird ein Vergleich von Zielsetzungen (Soll),<br />

welche die Schule verfolgen sollte (Ideale) und der entsprechenden tatsächlichen<br />

Schulrealität (Ist) möglich. Die Differenz aus Ist-Zustand und Soll-Zustand lässt<br />

sich in Form von Diskrepanzanalysen untersuchen.<br />

Die Diskussion darüber, was in der Schule gelehrt werden soll, ist nicht neu<br />

(z.B. FEND 1981): Sie ist dabei durch Begriffe wie ‚Bildungsziele’, ‚Schlüsselqualifikationen’<br />

etc. geprägt und kommt an Wertungen natürlich nicht vorbei,<br />

weil letztendlich eine Auswahl von Zielen und Vermittlungsinhalten getroffen<br />

werden muss.<br />

Nach PRIJATELJ und BRAUN (2001) sowie KERN (2001) lassen sich bereits<br />

auf einer relativ abstrakten Ebene eine Vielzahl von Bildungszieltypen und –inhalten<br />

unterscheiden: Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenz, (Selbst)-<br />

Kritik und Teamfähigkeit, Gesprächsführung, Konfliktlösungs-, Kommunikations-,<br />

Sozial- und Präsentationskompetenz, Urteils- und Problemlösefähigkeit,<br />

kreatives Denken und Mitmenschlichkeit, Empathievermögen, Hilfsbereitschaft,<br />

Motivation zum Umlernen, Bereitschaft zur Weiterbildung, Vernetzungskompetenz,<br />

Flexibilität und dynamische Fähigkeiten, Verlässlichkeit, Ehrlichkeit,<br />

Fleiß, Lern- und Leistungsbereitschaft, Urteilsfähigkeit, Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein,<br />

Pünktlichkeit und Selbstdisziplin. Diese Liste lässt<br />

sich problemlos noch durch weitere Ziele wie z.B. Kreativität, Moral- und<br />

Wertebewusstsein, sowie Alltagsbewältigungskompetenzen ergänzen. Der Versuch<br />

einer gleichrangigen Umsetzung all dieser Bildungsziele und –inhalte, würde<br />

zweifelsohne dazu führen, dass nicht nur die SchülerInnen, sondern auch die<br />

LehrerInnen völlig überlastet wären. Deshalb braucht es – und das ist bei mehr<br />

13 Unter ‘umpolen’ versteht man die Umkehrung des Antwortwerts eines Statements von z.B.<br />

4 auf 2. Dies ist dann nötig, wenn eine Aussage negativ formuliert ist. Ein Beispiel: „Ich bin<br />

davon überzeugt, dass ich mir bei Konflikten mit Mitschülern nicht helfen kann.“ Da hier<br />

eine Zustimmung (1 oder 2) – anders als bei positiv formulierten Statements – das Gegenteil<br />

von Selbstwirksamkeit ausdrückt, müssen solche negativ formulierten Statements bei der<br />

Gesamtsummenbildung der (Sub-)Skala umgepolt werden (auf 4 oder 5).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 151<br />

Autonomie möglich – Prioritätensetzung, also klar ausgewiesene Ziele, die mehr<br />

als andere im Zentrum stehen sollen.<br />

Bislang waren die in der Schule zu realisierenden Bildungsziele durch den<br />

demokratisch legitimierten Gesetzgeber über Fächerstruktur, Stundentafel und<br />

Lehrplan relativ eindeutig, d.h. etwa im Sinne eines Rahmenlehrplans, vorgegeben.<br />

Darüber hinaus wurden in Österreich durch Unterrichtsprinzipien, die in<br />

allen Unterrichtsgegenständen zu berücksichtigen sind, jene Bereiche abgedeckt,<br />

die keine eindeutige Zuordnung zu einem bestehenden Fach aufweisen, sondern<br />

in allen Fächern, quasi interdisziplinär verwoben, zu behandeln sind. Mit der 14.<br />

SchOG-Novelle und dem Lehrplan 2000 wurde den Einzelschulen aber mehr<br />

Gestaltungsfreiraum bezüglich Fächerstruktur, Stundentafeln und Lehrinhalten<br />

eröffnet. Folglich stellt sich die Frage, wie etwaige von den bisherigen Vorgaben<br />

abweichende Bildungsziele zu rechtfertigen sind: Wer oder was legitimiert<br />

die schulautonom gesetzten Bildungsziele und -inhalte? Einzelne LehrerInnen?<br />

Einzelne Eltern? Einzelne SchülerInnen? Der Stadt- oder Gemeinderat?<br />

Die Schulleitung? Gerade beim Thema ‚Bildungsziele und Bildungsinhalte’<br />

wird somit besonders deutlich, welch wichtige Rolle einer wissenschaftlich fundierten<br />

und damit verantworteten Datenerhebung, wie sie der MSS zu leisten im<br />

Stande ist, zukommt. Nur durch eine derartig hochwertige Datenerhebung lässt<br />

sich der ‚Wille’ der Mehrheit an der Schule feststellen.<br />

Zu diesem Zweck wurde vom MSS-Team eine Liste potenzieller Zielen formuliert<br />

und als Modul ‚Bildungsziele’ in den Modul-Pool aufgenommen. In den<br />

Formulierungen sind eindeutige Fächerzuweisungen der einzelnen Ziele bewusst<br />

nicht vorgenommen worden, da sich – international, aber auch in Österreich –<br />

ein Trend weg vom isolierten Einzelfach hin zu fächerübergreifenden Unterrichtsfeldern<br />

abzeichnet. DUBS (2000, siehe auch: GRENNON-BROOKS &<br />

BROOKS 1993 sowie bereits WHITEHEAD 1967) geht sogar so weit, von der<br />

klassischen Fächereinteilung überhaupt abzugehen und auf einen Unterricht zu<br />

setzen, der an den komplexen Problemen der Lebenswelt der SchülerInnen ansetzt<br />

und diese interdisziplinär bearbeitet. Eine stärkere interdisziplinäre Verknüpfung<br />

bislang isolierter (Unterrichts-)Fächer wird dadurch unumgänglich.<br />

Es muss an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass die Liste von<br />

Bildungszielen, die sich derzeit im Modul findet, durchaus erweiterbar ist. Der<br />

MSS als offen konzipiertes Erhebungsinstrument lässt derartige Ergänzungen<br />

und Aktualisierungen – die gerade in diesem Bereich nicht vermeidbar sein werden<br />

– bewusst zu.<br />

Beim Modul ‚Bildungsziele’ wird den SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern<br />

dieselbe Zielliste vorgelegt (vgl. Tabelle 24), die im SchülerInnenbogen aller-


152 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

dings sprachlich dem Altersniveau der SchülerInnen (Unterstufe, Hauptschule)<br />

angepasst wird.<br />

In der Liste, die sich u. E. sinnvollerweise nur als Ganzes einsetzen lässt<br />

(jede Vorauswahl wäre eine Bevormundung), finden sich sowohl Ziele die<br />

traditionell mit einzelnen Fächern assoziiert sind (Vermittlung religiöser<br />

Haltung, Erlernen von Fertigkeiten am Computer etc.), als auch Ziele, die<br />

fächerübergreifend orientiert sind bzw. Fertigkeiten und Kompetenzen ansprechen,<br />

die bislang in den Schulen eher ein Schattendasein gefristet haben<br />

(z.B. Erwerb sozialer Fähigkeiten, Zivilcourage etc.). Zusätzlich wird den Befragten<br />

auch noch die Möglichkeit geboten, diese Liste zu ergänzen.<br />

Meiner Meinung nach geht es in dieser Schule darum, dass<br />

…<br />

Es I S T so an unserer Schule:<br />

Es geht darum, dass ...<br />

IST-Zustand<br />

stimmt genau – stimmt nicht<br />

Es S O L L an unserer Schule<br />

so sein, dass ...<br />

SOLL-Zustand<br />

stimmt genau – stimmt nicht<br />

soziale Fähigkeiten erworben werden. � � � � � � � � � �<br />

kreative Potentiale geweckt werden. � � � � � � � � � �<br />

das Leistungsvermögen gefördert wird. � � � � � � � � � �<br />

Wissen vermittelt wird. � � � � � � � � � �<br />

technisches Verständnis gefördert wird. � � � � � � � � � �<br />

Demokratiebewusstsein im Schulalltag gefördert<br />

wird.<br />

� � � � � � � � � �<br />

wissenschaftliches Denken angeregt wird. � � � � � � � � � �<br />

Freude an körperlicher Aktivität erlebt wird. � � � � � � � � � �<br />

Einsicht in politische Zusammenhänge gefördert<br />

wird.<br />

� � � � � � � � � �<br />

eine umfassende Allgemeinbildung vermittelt<br />

wird.<br />

� � � � � � � � � �<br />

gelehrt wird, Zusammenhänge zu erfassen. � � � � � � � � � �<br />

Teamarbeit eingeübt wird. � � � � � � � � � �<br />

Lernen gelernt wird. � � � � � � � � � �<br />

fächerübergreifende Zusammenhänge bewusst<br />

werden.<br />

� � � � � � � � � �<br />

die Schüler zur Zivilcourage motiviert werden. � � � � � � � � � �<br />

religiöse Haltungen vermittelt werden. � � � � � � � � � �<br />

Disziplin vermittelt wird. � � � � � � � � � �<br />

Fertigkeiten am Computer erlernt werden. � � � � � � � � � �<br />

… � � � � � � � � � �<br />

Tab. 24: Auszug aus dem Modul ‚Bildungsziele’ (S074)<br />

Derzeit umfasst das Modul 33 Ziele. Durch den Einsatz dieser Zielliste bei<br />

einem MSS-Projekt können die Schulpartner erheben, welche Ziele auf einem<br />

breiten Grundkonsens der Beteiligten ruhen bzw. bei welchen tiefgreifende


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 153<br />

Diskrepanzen – z.B. zwischen SchülerInnen und LehrerInnenn bzw. LehrerInnen<br />

und Eltern – bestehen. Zusätzlich lässt sich auch ein Ist-Soll Vergleich<br />

durchführen.<br />

Die bisherigen Auswertungsergebnisse haben gezeigt, dass bezogen auf die<br />

Soll-Dimension fast alle Ziele ihren Modalwert nahe bei der Kategorie 1 (sehr<br />

zutreffend im Sinne von ‚wichtig’) haben, also mehrheitlich stark gewünscht<br />

werden und dementsprechend nur eine geringe Varianz zwischen den Bildungszielen<br />

auftritt, während die tatsächliche Umsetzung derselben Bildungsziele (Ist-<br />

Werte) oft weit hinter diesen Erwatungen zurückbleibt und die Antworten über<br />

das Kategorienspektrum breiter streuen, wodurch folglich unterschiedlich große<br />

Diskrepanzen zwischen Ist- und Soll-Werten (Tabelle 25) entstehen.<br />

Meiner Meinung nach geht es in dieser<br />

Schule darum, dass ….<br />

Es IST so<br />

an unserer Schule:<br />

Es geht darum, dass ...<br />

Es SOLL<br />

an unserer Schule so<br />

sein, dass ...<br />

soziale Fähigkeiten erworben werden. 18 25 36 12 9 2,71 57 26 13 2 1 1,64<br />

Kreative Potentiale geweckt werden. 16 30 35 11 7 2,64 57 27 12 2 1 1,63<br />

das Leistungsvermögen gefördert<br />

wird.<br />

ethische Einstellungen erworben<br />

werden.<br />

26 33 25 10 6 2,36 59 27 10 2 1 1,58<br />

19 27 35 13 7 2,62 50 25 19 2 4 1,84<br />

logisches Denken gefördert wird. 31 32 27 7 4 2,21 64 24 10 1 1 1,50<br />

menschlicher Umgang mit anderen<br />

eingeübt wird.<br />

17 31 33 12 7 2,62 65 22 10 2 1 1,53<br />

Tab. 25: Auszug aus einer Musterauszählung im Modul ‚Bildungsziele’ (S074);<br />

Modalwert grau hinterlegt, rechte Spalte: arithmetisches Mittel<br />

Die Auswertung der Antworten der SchülerInnen, LehrerInnen und Eltern erfolgt<br />

so, dass ein schulspezifisches Ranking (pro Gruppe: Eltern, LehrerInnen,<br />

SchülerInnen) für Ist-, Soll- und Differenzwerte erstellt werden kann. Aus dieser<br />

Darstellung lässt sich ablesen, wo die Zielsetzungen zwischen den Gruppen<br />

gleich bzw. ähnlich sind und welche Bereiche (eher) weit auseinanderklaffen.<br />

Den Schulen selbst wird zur graphischen Veranschaulichung eine Gegenüberstellung<br />

der Diskrepanzen der verschiedenen Personengruppen vorgelegt. In den<br />

Abbildungen 16-18 werden Beispiele für solche Gegenüberstellungen gegeben.<br />

Es wird ersichtlich, dass etwa an der Schule 802 die Einzelergebnisse sehr unterschiedlich<br />

ausfallen: Bei dieser Schule handelt es sich um ein Privatgymnasium<br />

in Trägerschaft einer Religionsgemeinschaft auf dem Land mit entsprechend<br />

starker Verankerung christlicher Werte. Die Daten bestätigen, dass der Vermitt-


154 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

lung religiöser Haltungen große Wichtigkeit beigemessen wird. Auch Allgemeinbildung<br />

(Abbildung 16) erweist sich bei allen drei Personengruppen als ein<br />

wichtiges Ziel. Die linke Begrenzung des grauen Feldes zeigt jeweils den<br />

Durchschnitts-Sollwert pro Gruppe an. Die Durchschnittswerte des Ist-Zustands<br />

(rechte Feldbegrenzung) liegen zwar etwas zurück, aber doch in unmittelbarer<br />

Nähe des Soll-Werts. Das graue Feld selber gibt demnach die Ausprägung der<br />

Diskrepanz an. Je näher die Balken an der Achse (1,0) liegen, umso höher wird<br />

der Wert des Ziels bemessen und je schmaler das graue Feld, umso geringer die<br />

Diskrepanz in dieser Gruppe. Das Feld zeigt demnach die durchschnittliche<br />

Diskrepanz, die sich errechnet aus dem Durchschnitts-Sollwert (linke Begrenzung)<br />

und dem Durchschnitts-Ist-Wert (rechte Feldbegrenzung).<br />

SOLL-Wert<br />

Diskrepanz<br />

Schüler<br />

Lehrer<br />

Eltern<br />

1,0<br />

Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />

2,0<br />

3,0<br />

4,0<br />

5,0<br />

IST-Wert<br />

Abb. 16: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚umfassende Allgemeinbildung’ (Schule 802)<br />

Ein etwas anderes Bild zeigt Abbildung 17 an dieser Schule: Die Soll-Werte<br />

(linke Balkenbegrenzung) liegen für alle drei Gruppen mit 1,3-1,5 wieder in<br />

jenem Bereich, der signalisiert, dass der ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’ besonders<br />

gewünscht wird – also diesbezüglich eine hohe Erwartungshaltung an die<br />

Schule besteht. Alle drei Personengruppen sind sich aber auch einig, dass die<br />

Schulrealität diesen hohen Erwatungen nicht entspricht (Mittelwerte: 2,5-2,7).<br />

Während das Ziel ‚Allgemeinbildung’ zufrieden stellend realisiert wird, was<br />

in einer AHS nicht wirklich überrascht, zeigt der Bereich ‚Erwerb sozialer<br />

Fähigkeiten’, dass dieses Anliegen nur bedingt erreicht wird.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 155<br />

Schüler<br />

Lehrer<br />

Eltern<br />

Schüler<br />

Lehrer<br />

Eltern<br />

1,0<br />

Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />

1,5 2,7<br />

1,3 2,6<br />

1,4 2,5<br />

2,0<br />

Abb. 17: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’<br />

(Schule 802; N=350)<br />

1,0<br />

Bildungsziele Sein-Soll-Diskrepanz (Mittelwerte)<br />

3,0<br />

1,5 3,3<br />

1,6 2,9<br />

2,0<br />

Abb. 18: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Computerfertigkeiten erlernen’<br />

(Schule 802; N=350)<br />

3,0<br />

4,0<br />

4,0<br />

5,0<br />

5,0


156 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Als noch wesentlich gravierender erweist sich die Diskrepanz beim Bildungsziel<br />

‚Erlernen von Computerfähigkeiten’ (Abbildung 18): Während SchülerInnen<br />

den Soll-Wert mit 1,5 sehr hoch ansiedeln, aber die Realisierung mit nur bei 3,3<br />

mit hoher Differenz wahrnehmen, sehen die LehrerInnen die Computerfertigkeit<br />

nicht als zentrales Bildungsanliegen an ihrer Schule. Ihre Erwartung und die<br />

Realität decken sich fast (Mittelwerte: 2,1 bzw. 2,3). Wiederum anders die<br />

Eltern: Auch sie sind der Meinung, in Übereinstimmung mit ihren Kindern, dass<br />

der Erwerb von Computerfertigkeiten eine zentrale Zielsetzung der Schule sein<br />

müsste (Mittelwert: 1,6), dass aber dieses Ziel nicht in einem entsprechenden<br />

Ausmaß realisiert wird (Mittelwert: 2,9).<br />

Der Einsatz des Bildungszielmoduls an dieser Schule legt mögliche Beweggründe<br />

für den starken Abgang von SchülerInnen nach der 4. Klasse (8. Schulstufe)<br />

offen. Zentrale Erwartungen an eine moderne zukunftgerichtete Schulausbildung<br />

sind nicht erfüllt: Während die Eltern in der Unterstufe eventuell den<br />

moralisch-ethischen Angeboten der Schule auf Grund der kirchlichen Trägerschaft<br />

zugetan sind, wirkt dieser Faktor nicht mehr bei der Wahl der Sekundarstufe<br />

II, weil dann die bevorstehende Berufslaufbahn- und Studienentscheidung<br />

eine intensivere Computerausbildung nahe legen. Daher erscheint es an dieser<br />

Schule 14 sinnvoll, die Erwartungen der SchülerInnen und Eltern stärker zu<br />

berücksichtigen, wenn die Absicht besteht, möglichst viele SchülerInnen für die<br />

Oberstufe zu halten. Reaktionen auf diesen Befund sind über Maßnahmen zur<br />

Intensivierung des Informatikunterrichts oder des fächerübergreifenden PC-<br />

Einsatzes möglich, die letztlich ihren Niederschlag im Schulprogramm (besonders<br />

im Profil) finden müssen. An diesem, hier nur exemplarisch herausgegriffenen<br />

Privatgymnasium bedarf es daher einer intensiven diskursiven Auseinandersetzung<br />

über die Bildungsziele im Hinblick auf mögliche (neue)<br />

Schwerpunktsetzungen wie z.B. der Computerkompetenz. Schulprofilbildung<br />

und damit verbundene Schulprogrammkorrekturen müssten die logische Folge<br />

sein. Dieses inhaltliche Abwägen geht natürlich über die Interpretation von<br />

Mittelwerten, Rankinglisten und Diskrepanzprofilen hinaus. Aber gerade für die<br />

Schulleitung, die Steuergruppe bzw. das Schulentwicklungsteam ist es sehr<br />

hilfreich, ja notwendig, die in diesem dynamischen Prozess mitunter notwendigen<br />

Richtungsänderungen, die langfristig anzulegen sind, auf solider<br />

Datenbasis vornehmen zu können. Die Einbeziehung der Wünsche von Schü-<br />

14 An anderen MSS-Schulen wurden ebenfalls auf SchülerInnen- und Elternseite Diskrepanzen<br />

im Bereich der Computerkompetenz festgestellt, während auf der LehrerInnenseite<br />

diese Diskrepanz zwischen Realität und Wunsch nicht gesehen wurde.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 157<br />

lerInnen, Eltern und LehrerInnen dient letztlich auch der Standortsicherung der<br />

Schule.<br />

Analoge Ist-Soll-Vergleiche sind mittels MSS auch in anderen Bereichen<br />

möglich. So kann beispielsweise ein Modul eingesetzt werden, das es erlaubt, zu<br />

vergleichen, wie sich SchülerInnen das Klima in ihrer Klasse wünschen (Soll)<br />

und wie sie das Klima in der Klasse tatsächlich erleben (Ist). Die Diskrepanzen<br />

der Eigenschaftsauflistungen kann auf Klassenebene zum Anlass genommen<br />

werden, Wunschvorstellungen und Realität des eigenen Schulalltags im Klassenverband<br />

zu thematisieren und zu modifizieren. Diskrepanzanalysen zwischen<br />

Ist- und Soll-Dimension sind auch in anderen Bereichen wie z.B. Stärken-<br />

Schwächen-Analysen der Schule anwendbar.<br />

Die exemplarisch angeführten grafischen Darstellungen von Bildungsziel-<br />

Diskrepanzen müssen genügen, um die Möglichkeiten des Einsatzes des Bildungszielmoduls<br />

zu illustrieren. Insbesondere sollte deutlich geworden sein,<br />

dass die grafische Datendarstellung bei MSS-Einsätzen so erfolgt, dass SchülerInnen,<br />

LehrerInnen, Eltern, ohne statistische Vorkenntnisse besitzen oder erwerben<br />

zu müssen, in der Lage sind, die erhobenen Befunde zu verstehen und<br />

auf ihrer Basis weiterzuarbeiten. Die Erarbeitung von Konsequenzen – z.B.<br />

Interventionen und deren spätere Evaluation – liegt im Verantwortungsbereich<br />

der Schule.<br />

5.7 Modul: Individualfeedback für LehrerInnen<br />

Der MSS wurde mit der primären Zielsetzung entwickelt, ein flexibles situationsspezifisches<br />

und gleichzeitig wissenschaftlich verlässliches Hilfsmittel für<br />

die Evaluation bei Schulentwicklungsvorhaben bereitzustellen. Da zur Qualität<br />

auch und vorrangig der Unterricht zählt, den in der Regel zur Zeit die einzelne<br />

Lehrkraft alleine vor und mit einer Schulklasse abhält, wurde im Modulpool die<br />

Möglichkeit vorgesehen, dass sich die einzelnen LehrerInnen für diesen zentralen<br />

Bereich ihrer beruflichen Tätigkeit ein schriftliches und anonymes Feedback<br />

von ihren SchülerInnen einholen können.<br />

5.7.1 Das Feedbackmodul – Inhalte und Auswertungsmöglichkeiten<br />

Das Modul für das Individualfeedback ist ebenfalls aus einer Vielzahl von Items<br />

zusammengesetzt. Mit ihrer Hilfe sollen im Wesentlichen die folgenden vier<br />

Themenfelder abgedeckt werden:


158 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

• Fachliche Kompetenz und Unterrichtsführung (pädagogische Kompetenz),<br />

• Interaktionen zwischen SchülerInnen und LehrerIn (soziale Kompetenz),<br />

• Wohlbefinden der SchülerInnen im Unterricht der LehrerIn (Unterrichtsklima),<br />

• Informationen zu den einzelnen Unterrichtsfächern aus SchülerInnen-Sicht.<br />

Zu jedem dieser vier Themenfelder liegen verschiedene Items vor, die von den<br />

SchülerInnen bewertet werden können. Die Auswahl sollte im Idealfall von<br />

LehrerIn und SchülerInnen gemeinsam getroffen werden. Ein solches Vorgehen<br />

würde dazu beitragen, dass ein höchstmögliches Maß an praktischer Relevanz<br />

sowohl für die Lehrperson als auch für die SchülerInnen erreicht wird. (Vgl.<br />

Anhang 8 mit einem Beispiel einer Itemauswahl an einer MSS-Schule)<br />

Das Individualfeedback kann sowohl im Rahmen einer gesamtschulischen<br />

Erhebung für alle LehrerInnen einer Schule auf einmal durchgeführt werden,<br />

oder für eine LehrerInnengruppe (etwa der Fachschaft eines Unterrichtsgegenstands,<br />

z.B. Englisch), oder aber auch nur für eine/n einzige/n LehrerIn einer<br />

Schule. Es ist auch möglich, nur eine bestimmte Klasse für das Individualfeedback<br />

auszuwählen.<br />

Je nach Einsatzart ergeben sich verschiedene Auswertungsmöglichkeiten.<br />

Während beim Einsatz des Individualfeedbacks durch eine einzige LehrerIn an<br />

einer Schule zwar wichtige Informationen über die ausgewählten Themenbereiche<br />

erhoben werden können, fällt hier der (anonyme oder offene) Vergleich mit<br />

KollegInnen weg. Allerdings lässt sich ein Vergleich für dasselbe Fach (z.B.<br />

Englisch) zwischen den verschiedenen Klassen (z.B. einer Klasse, ‚in die man<br />

gerne geht’ und einer Klasse, ‚die man am liebsten wieder abgeben würde’)<br />

durchführen.<br />

Andererseits ist auch ein Vergleich zwischen den (verschiedenen) eigenen<br />

Fächern möglich. Besonders interessant dürfte er in jenen Fällen sein, in denen<br />

man beide Fächer in derselben Klasse unterrichtet, denn dann lassen sich eigene<br />

fachspezifische Stärken und Schwächen herausfinden. So kann es sein, dass es<br />

einer Lehrkraft z.B. im Fach Geographie gelingt, einen spannenden Unterricht<br />

zu gestalten, während dies im Zweitfach Physik nicht in diesem Ausmaß der<br />

Fall ist. Solch fachspezifische Ergebnisse erlauben ein zielgenaues Vorgehen bei<br />

der Stärken- und Schwächenanalyse und den sich daran anschließenden Änderungsversuchen.<br />

Wird das Individualfeedback von einer LehrerInnengruppe – etwa der gesamten<br />

Schule oder einer bestimmten Fachschaft – durchgeführt, so ergeben<br />

sich zusätzlich noch folgende Auswertungsmöglichkeiten: Zunächst ist es mög-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 159<br />

lich, dass sich die einzelnen Lehrpersonen untereinander vergleichen. Dieser<br />

Vergleich besteht in der Gegenüberstellung des eigenen Mittelwerts und der<br />

Mittelwerte der anderen KollegInnen bezogen auf die jeweiligen Items. Dieser<br />

Vergleich kann entweder anonym erfolgen, indem nur die Mittelwerte ohne<br />

Angabe der Namen der betreffenden LehrerInnen aufgelistet werden. Anhand<br />

dieser Liste können sich die einzelnen LehrerInnen mit den anonym verbleibenden<br />

KollegInnen vergleichen und sehen so, wie sie im Vergleich zu anderen<br />

KollegInnen ihrer Schule etwa in Englisch- oder Mathematik liegen.<br />

Eine weitere Auswertungsmöglichkeiten bei LehrerInnengruppen besteht darin,<br />

den Mittelwert zu einem bestimmten eingesetzten Statement über alle teilnehmenden<br />

LehrerInnen eines bestimmten Fachs hinweg zu bilden. Dieser<br />

Gruppenmittelwert kann dann als Orientierungsmarke für den einzelnen dienen.<br />

Er zeigt ihr/ihm an, welche Ergebnisse im Schnitt an dieser Schule und für das<br />

jeweilige Fach festgestellt wurden und sie/er kann daraus ablesen, ob sie/er bei<br />

dem jeweiligen Item unter oder über dem Gruppenmittelwert liegt. Natürlich<br />

können hier die Ergebnisse je nach Fragestellung variieren. So ist es durchaus<br />

vorstellbar, dass eine bestimmte Lehrkraft beim Item ‚kann gut erklären’ über<br />

dem Gruppendurchschnitt liegt (und damit also besser erklären kann als dies an<br />

dieser Schule oder in dieser Fachgruppe durchschnittlich der Fall ist). Gleichzeitig<br />

kann sie aber auch bezüglich des Items ‚unterfordert mich’ unter dem<br />

Gruppendurchschnitt liegen. (Diese LehrerIn unterfordert also weniger, als dies<br />

die LehrerInnen dieser Schule bzw. dieser Fachgruppe in diesem Fach im<br />

Durchschnitt tun).<br />

Lehrer Mustermann … (M.)<br />

Fach<br />

X<br />

X<br />

Fach<br />

Y<br />

Y A-Z<br />

1a 4b 6b<br />

Lehrer<br />

M.<br />

Fach-<br />

Koll.<br />

1a 5b<br />

Lehrer<br />

M.<br />

Fach-<br />

Koll. Schule<br />

… erklärt so, dass ich es gut verstehe 70% 73% 24% 55% 80% 64% 27% 45% 50% 70%<br />

… setzt mich unter Druck 11% 9% 6% 9% 20% 10% 21% 16% 50% 20%<br />

… ist mir sympathisch 60% 57% 24% 47% 50% 58% 33% 46% 70% 60%<br />

… ist streng 25% 68% 18% 37% 10% 29% 47% 38% 30% 50%<br />

… hält sein Fach für das wichtigste Fach 0% 55% 65% 40% 20% 43% 47% 45% 25% 60%<br />

… unterfordert mich 0% 0% 0% 0% 10% 0% 7% 4% 0% 20%<br />

… geht auf Lernschwierigkeiten ein 17% 14% 0% 10% 25% 14% 7% 10% 80% 40%<br />

… verlangt (leistungsmäßig) zu viel 33% 59% 82% 58% 30% 45% 79% 62% 60% 60%<br />

… ist (eher) gerecht 67% 27% 35% 43% 70% 43% 14% 29% 30% 20%<br />

… kommt mit dem Stoff voran 0% 9% 12% 7% 10% 10% 7% 8% 70% 80%<br />

… gestaltet Unterricht abwechslungsreich 67% 45% 6% 39% 80% 19% 7% 13% 60% 30%<br />

… … … … … … … … … … …<br />

Tab. 26: Muster für eine MSS-Rückmeldung im LehrerInnenfeedback


160 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Wird das Individualfeedback bei allen LehrerInnen einer Schule durchgeführt,<br />

so lassen sich also Vergleiche zwischen dem Mittelwert der jeweiligen LehrerIn<br />

und den Mittelwerten der jeweiligen Fachgruppe und auch dem Schulmittelwert<br />

anstellen. (Vgl. Tabelle 26)<br />

5.7.2 Einsatzzweck und Fallstricke<br />

Idealerweise sollte das Individualfeedback in Absprache mit den SchülerInnen<br />

eingesetzt werden. Zu dieser Absprache gehören folgende Punkte, die unbedingt<br />

angesprochen und abgeklärt werden sollten, bevor dieses Modul zum Einsatz<br />

kommt:<br />

• Einsatzzweck,<br />

• Anonymität der Erhebung,<br />

• Modulauswahl,<br />

• Umgang mit den Ergebnissen.<br />

Die SchülerInnen müssen über den Sinn und Zweck, den die Lehrkraft mit dem<br />

Individualfeedback verfolgt, ausführlich informiert werden. Es ist besonders<br />

wichtig, darauf hinzuweisen, dass es nicht um ein ‚Aushorchen’ der SchülerInnen<br />

durch die Lehrkraft und auch nicht um ein ‚an den Pranger stellen’ der<br />

Lehrkraft geht, sondern um den Versuch den eigenen Unterricht zu verbessern.<br />

Dies führt gleich zum zweiten Punkt: Anonymität. Den SchülerInnen muss<br />

die Anonymität beim Ausfüllen des schriftlichen Feedbacks garantiert werden.<br />

Bei einem Einsatz dieses Moduls im Rahmen einer schulweiten MSS-Erhebung,<br />

wird diese Anonymität, wie bereits erwähnt, im Vertrag schriftlich von Seiten<br />

des MSS-Teams garantiert. Wenn auch in den meisten Fällen die Anwesenheit<br />

einer Lehrkraft in der Klasse während des Ausfüllens des Feedbackbogens aufgrund<br />

der Aufsichtspflicht unumgänglich sein wird, so ist doch streng darauf zu<br />

achten, dass dadurch die Anonymität nicht aufgehoben wird oder auch nur<br />

dieser Eindruck entstehen könnte. Auf keinen Fall darf also die Lehrkraft etwa<br />

während des Ausfüllens der Feedbackbögen durch die Klasse gehen. Die ausgefüllten<br />

Bögen sollten von einem Schüler oder einer Schülerin – z.B. KlassensprecherIn<br />

– eingesammelt, in einen Briefumschlag gegeben und dieser verschlossen<br />

im Sekretariat abgegeben werden.<br />

Je nach Vertrauensverhältnis zwischen SchülerInnen und LehrerIn kann die<br />

Auswahl der einzelnen zu bewertenden Items von SchülerInnen und LehrerIn<br />

gemeinsam vorgenommen werden, oder aber die SchülerInnen können die ge-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 161<br />

wünschte Art und Anzahl von Items aus dem zur Verfügung stehenden Pool<br />

anonym auswählen. So können die SchülerInnen etwa den Auftrag erhalten, die<br />

fünf aus ihrer Sicht interessantesten Items aus dem vorliegenden MSS-Angebot<br />

auszuwählen und ohne Namensnennung auf ein Blatt Papier zu schreiben. Anschließend<br />

können die Vorschläge auf der Tafel aufgelistet werden und die<br />

‚Spitzenreiter’ der Klasse festgestellt werden. Diese Vorschläge sollten dann –<br />

ergänzt durch Items, die der Lehrkraft besonders am Herzen liegen – auch<br />

tatsächlich zum Einsatz kommen.<br />

Schließlich ist es auch sehr wichtig, dass den SchülerInnen mitgeteilt wird,<br />

was mit den Ergebnissen des Feedbacks geschieht. Am vorteilhaftesten dürfte<br />

das gemeinsame Gespräch über die Resultate sein. Ein solches Gespräch hat<br />

mehrere Vorteile: Zum einen erleben die SchülerInnen, dass sie nicht nur ihre<br />

Meinung kommentarlos abgeben dürfen, sondern ihre Meinung auch Ernst genommen<br />

wird. Zusätzlich unterstreicht die Lehrkraft auch, dass sie sich wertvolle<br />

Unterrichtszeit für das Gespräch nimmt und dem Feedback Bedeutung beimisst.<br />

Und schließlich kann das Gespräch Fragen, die offen geblieben sind, abklären<br />

helfen. Grundsätzlich sollte den SchülerInnen aber die klare und feste<br />

Absicht mitgeteilt werden, dass die Gespräche mit dem Ziel geführt werden,<br />

Verbesserungen des Unterrichts herbeizuführen. Aus motivationspsychologischer<br />

Sicht ist es darüber hinaus notwendig, dass die Präsentation der Resultate<br />

und die sich daran anschließenden Arbeitsgespräche möglichst rasch nach dem<br />

Ausfüllen der Feedbackbögen stattfinden! Um dies zu ermöglichen, muss die<br />

Dateneingabe und Auswertung möglichst schnell erfolgen.<br />

Natürlich ist es auch möglich, dass LehrerInnen, die zunächst einmal nur<br />

erste Erfahrungen mit dieser Form des schriftlichen Feedbacks sammeln wollen,<br />

ohne Beteiligung der SchülerInnen jene Items auswählen, über die sie sich<br />

persönlich Rückmeldungen wünschen. Nur muss darauf geachtet werden, dass<br />

dies den SchülerInnen vor der Durchführung erklärt wird. Es können dies durchaus<br />

Themenfelder sein, in denen sich die Lehrkraft als besonders kompetent und<br />

erfolgreich wahrnimmt. Dies erleichtert es in aller Regel, sich einem SchülerInnen-Feedback<br />

zu stellen.<br />

Es darf von der/m LehrerIn aber nicht übersehen werden, dass das Einholen<br />

eines Feedbacks immer ein Signal an die SchülerInnen darstellt, nämlich dass<br />

man sich ernsthaft mit dem eigenen Unterricht auseinanderzusetzen gewillt ist.<br />

Die Erfahrungen des MSS-Teams zeigen, dass dadurch bei SchülerInnen fast<br />

immer das Bedürfnis geweckt wird, über die Resultate des Feedbacks informiert<br />

und in ein Gespräch über diese Resultate eingebunden zu werden. Und genau<br />

dies ist auch der Sinn dieses schriftlichen Individualfeedbacks: das Gespräch


162 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

zwischen SchülerInnen und LehrerIn über jene Themenbereiche, die aufgrund<br />

der Resultate entweder der LehrerIn oder den SchülerInnen als besonders wichtig<br />

erscheinen. Dabei ist es nicht erforderlich, gleich alle Themenfelder auf einmal<br />

anzusprechen. Das anonym durchgeführte Individualfeedback erlaubt also<br />

die Aufdeckung von Schwächen und Stärken, die bei einem nicht-anonymen<br />

Gespräch mit der Klasse – vielleicht aus Angst (vor den MitschülerInnen und/<br />

oder der Lehrkraft) gar nicht oder nicht so offen zur Sprache gekommen wären.<br />

Mit der Erörterung des Moduls für Individualfeedback von Lehrerinnen wird die<br />

Darstellung von Modulen aus dem MSS-Pool abgeschlossen. Natürlich umfasst<br />

der Pool noch viele andere interessante und vielseitig einsetzbare Module. Eine<br />

Liste der derzeit verfügbaren MSS-Module ist dem Anhang zu entnehmen; eine<br />

laufend aktualisierte Version ist über die MSS-Homepage zugänglich. Der gesamte<br />

Modulpool kann beim MSS-Team gegen einen Unkostenbeitrag bestellt<br />

werden; die Adresse findet sich am Ende des Buchs. Im nächsten Abschnitt werden<br />

einige Fallbeispiele aus der Arbeit mit dem MSS im Rahmen der Schulentwicklung<br />

vorgestellt.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 163<br />

6. Fallbeispiele: Schulentwicklung auf MSS-Basis<br />

In diesem Kapitel werden einige Fallbeispiele dargestellt, die aufzeigen sollen,<br />

wie auf der Basis von MSS-Erhebungen Schulenwicklung durchgeführt werden<br />

kann. Besonders ausführlich wird dies am Projekt ‚Einführung eines Sozialtrainings’<br />

(6.1) dargestellt. Die weiteren, weniger ausführlich dargestellten Themenfelder<br />

sind ‚Arbeit mit dem Metaphermodul’ (6.2.1), ‚Englisch im nichtfremdsprachlichen<br />

Unterricht’ (6.2.2), ‚ECDL-Einsatz (European Computer Driving<br />

Licence) an der Schule’ (6.2.3), ‚Verbesserung des Informationsflusses’<br />

(6.2.4)‚ ‚Akzeptanz der Hausordnung’ (6.2.5), ‚LehrerInnen-Eltern-Interaktion:<br />

Besprechungszimmer’ (6.2.6), ‚Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen’<br />

(6.2.7), ‚Mittagessen an der Schule’ (6.2.8), ‚VertrauensschülerInnen<br />

und VertrauenslehrerInnen’ (6.2.9) und schließlich ‚Einführung von ‚Kriechspur’<br />

und ‚Überholspur’’(6.2.10).<br />

6.1 Einführung eines Sozialtrainings<br />

Im Folgenden wird anhand eines komplexeren Fallbeispiels im Detail illustriert,<br />

wie mit Hilfe des Modulansatzes zur Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten<br />

(MSS) effiziente Schulentwicklung betrieben werden kann. Als Beispiel<br />

wurde die Einführung eines Sozialtrainings in einer ersten Klasse AHS<br />

(Langform) ausgewählt. Anhand dieser ersten Falldarstellung sollen alle für die<br />

Verwirklichung einer Interventionsmaßnahme wichtigen Teilschritte – von der<br />

diagnostischen Ersterhebung bis zur Posterhebung – exemplarisch dargestellt<br />

werden.<br />

6.1.1 Diagnostische Ersterhebung mittels MSS<br />

Bei der am Projekt teilnehmenden Schule handelt sich um ein öffentliches Gymnasium<br />

mit Unterstufe (Langform), das im ländlichen Bereich angesiedelt ist.<br />

An der Schule befanden sich zum Zeitpunkt des MSS-Einsatzes über 500 SchülerInnen,<br />

welche von mehr als 50 LehrerInnen unterrichtet werden 15 .<br />

15 Die sozialstatistischen Angaben zur Schule werden hier nur stark gerundet wieder gegeben,<br />

um die Schule durch diese Angaben nicht identifizierbar zu machen. Dies ist notwendig, da<br />

bei MSS-Erhebungen die Schulen dem MSS-Team zwar die Publikation von Daten zugestehen,<br />

die vertraglich zugesicherte Anonymität dadurch aber nicht aufgehoben werden darf.


164 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Das MSS-Team stellte die Konzeption des Evaluationsinstruments MSS –<br />

seine Möglichkeiten und Grenzen – an der Schule vor und in einer Konferenz<br />

erklärten das Kollegium der Schule seine Zustimmung für die Durchführung<br />

einer diagnostischen Ersterhebung mit diesem Ansatz. Die Zustimmung der<br />

SchülerInnen erfolgte bei einem KlassensprecherInnentreffen, die der Eltern bei<br />

einer Elternvereinssitzung. In der Folge wurden jene für diese konkrete Schule<br />

relevanten Module aus dem Modulpool ausgewählt und drei Fragebögen erstellt;<br />

jeweils einer für die LehrerInnen, die SchülerInnen und die Eltern. Unter den<br />

ausgewählten Modulen befand sich u.a. auch das Modul ‚Aggressionen an der<br />

Schule’. Diese Fragebatterie umfasst Fragen zu Vandalismus, psychischer und<br />

physischer Gewalt. 16 Neben dem Aggressionsmodul wurde u.a. auch noch ein<br />

Modul zur Erfassung des Klassenklimas und zur Einführung neuer Fächer<br />

ausgewählt und eingesetzt. Die Befragung wurde für alle SchülerInnen in<br />

derselben Unterrichtseinheit durchgeführt. Die LehrerInnen und Eltern erhielten<br />

eine Woche Zeit, um den Fragebogen an das MSS-Team zurückzusenden.<br />

Insgesamt machten über 98% der SchülerInnen von der Möglichkeit Gebrauch,<br />

den Fragebogen auszufüllen. Nur ein verschwindend geringer Teil an<br />

Schülerbögen musste für die Auswertung ausgeschieden werden. Von über 30%<br />

der Eltern wurden ebenfalls verwertbare Fragebögen an das MSS-Team zurückgeschickt;<br />

bei den LehrerInnen beteiligten sich über 70% an der Erhebung. Bei<br />

den Eltern – in geringerem Ausmaß auch bei den LehrerInnen – können Verzerrungen<br />

nicht ausgeschlossen werden, da sich etwa einzelne Gruppierungen geschlossen<br />

an der Befragung nicht beteiligt haben könnten. Es sei an dieser Stelle<br />

aber darauf verwiesen, dass die Eltern in einem Begleitbrief der Schulleitung<br />

und des Elternvereinsvorstands explizit darauf aufmerksam gemacht wurden,<br />

dass nur jene Meinungen bei etwaigen Veränderungsmaßnahmen berücksichtigt<br />

werden können, die auch tatsächlich rückgemeldet werden würden, da ja alle die<br />

Möglichkeit zur Rückmeldung erhalten hätten.<br />

Die Erhebung zum Themenbereich ‚Aggressionen an der Schule’ ergab<br />

folgende Ergebnisse: 15% der SchülerInnen gaben an, mindestens einmal im<br />

letzten Monat von einem anderen Schüler oder einer SchülerInnengruppe angegriffen,<br />

geschlagen oder getreten worden zu sein. Weitere 15% legten sogar<br />

offen, dass sie selbst im letzten Monat in der einen oder anderen Form handgreiflich<br />

geworden waren. Über 40% behaupteten, im selben Zeitraum derartige<br />

Gewaltszenen beobachtet zu haben. Diese Zahlen machen es auch nachvollziehbar,<br />

dass ein gutes Fünftel der SchülerInnen behauptete, im letzten Monat Angst<br />

16 Ausführlicher wurde dieses Modul in Abschnitt 5.4 dieses Buchs dargestellt.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 165<br />

davor gehabt zu haben, von einem/r SchülerIn oder einer SchülerInnengruppe<br />

verletzt zu werden. Mehr als die Hälfte der SchülerInnen dieser Schule gaben<br />

ferner an, im letzten Monat mindestens einmal von MitschülerInnen beschimpft<br />

oder beleidigt worden zu sein. Zwei Drittel der SchülerInnen gaben an, dass es<br />

in ihrer Klasse AußenseiterInnen gibt. Und sogar etwa jede/r zehnte SchülerIn<br />

(11%) definierte sich selbst als AußenseiterIn. Nur 5% gaben an, dass sie bei<br />

Aufforderung Hilfe von MitschülerInnen bekommen würden. Bei denjenigen<br />

SchülerInnen, die sich selbst nicht als AußenseiterIn sahen, erwarteten immerhin<br />

35% Hilfe von ihren MitschülerInnen. Alles in allem wurden also durchaus unerfreuliche<br />

Resultate für den Bereich ‚Aggressionen an der Schule’ erzielt.<br />

In diesem Zusammenhang zeigt sich der Vorteil einer Vollerhebung ganz<br />

deutlich: Aufgrund des hohen Rücklaufs bei den SchülerInnen war es möglich,<br />

die Resultate bis auf die Klassenebene aufzuschlüsseln. Und es zeigte sich – wie<br />

übrigens bisher in jeder Untersuchung –, dass die Aggressionsraten von Klasse<br />

zu Klasse teilweise deutlich schwanken. Insbesondere wenn nur Minderheiten<br />

von einem Problem betroffen sind und daher kleine Fallzahlen entstehen, zeigt<br />

sich der Vorteil der MSS-Konzeption als Vollerhebung. Bei kleinen Stichproben<br />

könnten diese Minderheiten nicht in die Stichprobe eingehen und damit unbeabsichtigt<br />

nicht berücksichtigt werden.<br />

Zustimmung in Prozent<br />

100<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

64<br />

50<br />

40<br />

24 28<br />

"Zwischen den Schülern unserer Schule<br />

kommt es oft zu Aggressionen".<br />

14<br />

50<br />

41<br />

26<br />

48 54<br />

33<br />

50 54<br />

26 26 26<br />

75<br />

57 54<br />

22<br />

46<br />

20<br />

42<br />

29<br />

19<br />

1a 1b 1c 1d 1e 2a 2b 2c 2d 2e 3a 3b 3c 3d 4a 4b 4c 4d 5a 5b 6a 6b 7a 7b 8a 8b<br />

Abb. 19: Wahrnehmung der Aggressionen an der Schule durch die SchülerInnen.<br />

(Schule 800; N=632)


166 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Die Abbildung 19 zeigt, dass die Wahrnehmung von Aggressionen an der<br />

Schule durch die SchülerInnen stark von ihrer unmittelbaren Umwelt – der<br />

eigenen Klasse – geprägt ist.<br />

Die Abbildung 20 bietet hingegen ein differenzierteres Bild zum Themenbereich<br />

‚physische Aggressionen‘ an dieser Schule: es werden die ‚Opfer‘ von<br />

Gewaltakten und die ‚Täter‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen – einander<br />

gegenübergestellt. Dabei zeigt sich, dass physische Aggressionen (angreifen,<br />

schlagen, treten) vor allem in der Unterstufe auftreten. Dieses Bild entspricht<br />

bisherigen empirischen Untersuchungsergebnissen und wurde auch bei anderen<br />

Untersuchungen mittels MSS immer wieder festgestellt. 17<br />

Zustimmung in Prozent<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

36<br />

Gewalt an der Schule: Vergleich passiv ('Opfer') und aktiv<br />

('Täter')<br />

8<br />

28<br />

24<br />

17<br />

8 7<br />

21<br />

30<br />

17<br />

12<br />

26 24<br />

15<br />

12 14 12<br />

25<br />

11 10<br />

1a 1b 1c 1d 1e 2a 2b 2c 2d 2e 3a 3b 3c 3d 4a 4b 4c 4d 5a 5b 6a 6b 7a 7b 8a 8b<br />

"Im letzten Monat ...<br />

(a) wurde ich mindestens einmal (Opfer)<br />

(b) habe ich mindestens einmal (Täter)<br />

angegriffen, geschlagen, getreten."<br />

0<br />

6<br />

0<br />

10<br />

0<br />

17<br />

Opfer<br />

Täter<br />

Abb. 20: Physische Gewalt an der MSS-Schule: Gegenüberstellung von ‚Opfern‘ und<br />

‚Tätern‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen. (Schule 800; N=632)<br />

Ergänzt wird dieses Bild durch die Wünsche nach neuen Fächern. Hier äußerten<br />

50% der Unterstufen- und 61% der OberstufenschülerInnen den Wunsch nach<br />

einem neuen Fach ‚Sozialerziehung’. Auch 28% der LehrerInnen und 27% der<br />

Eltern sprachen sich für die Einführung eines derartigen Fachs aus. Ein neues<br />

Fach ‚Gesprächsführung’ wünschten sich 42% der Unterstufen- und 60% der<br />

17 Einen detaillierteren Überblick über die Resultate und den Zusammenhang zwischen<br />

Aggressionen und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen bieten RIFFERT, PASCHON & SAMS<br />

(2004).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 167<br />

OberstufenschülerInnen; diesen Wunsch äußerten auch 36% der Eltern, aber<br />

lediglich 16% der LehrerInnen. ‚Konfliktmanagement’ als neues Fach wollten<br />

48% der Unterstufen- und 58% der OberstufenschülerInnen; 28% der Eltern und<br />

21% der LehrerInnen teilten diesen Wunsch. Die Wünsche nach Fächern wie<br />

‚Sozialerziehung’, Gesprächsführung’ und ‚Konfliktmanagement’ – besonders<br />

stark in jener Personengruppe, die unmittelbar von der erhobenen Aggressionsrate<br />

betroffen ist – sind verständlich. Dies zeigt sehr deutlich, wie wichtig die<br />

Einbeziehung der SchülerInnen in die Erhebung des Ist-Zustands an Schulen ist.<br />

Wären nur die LehrerInnen- und Elternsicht berücksichtigt worden, so wäre die<br />

Einführung eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’ wohl kaum zu Stande gekommen.<br />

6.1.2 Diskussion und Entscheidung für das Fach ‚Sozialtraining’<br />

Diese Ergebnisse, zusammen mit einer ganzen Reihe weiterer Resultate der<br />

Fragebogenerhebung, wurden Gegenstand der Diskussion und Reflexion an der<br />

Schule. Schließlich formierte sich eine kleine Gruppe von engagierten LehrerInnen,<br />

die nach Möglichkeiten suchte, diesem unbefriedigenden Zustand an der<br />

Schule entgegenzuwirken.<br />

Zunächst war die Frage zu klären, ob die aktuellen Schwierigkeiten in einzelnen<br />

Klassen mit hohen Aggressionswerten thematisiert werden sollten, oder<br />

aber ein präventives Modell gesucht und erprobt werden sollte. Man entschied<br />

sich aus Zeit- und Ressourcengründen für letzteres und überließ die aktuellen<br />

Probleme den jeweiligen Klassenvorständen und KlassenlehrerInnen.<br />

Anschließend wurden verschiedene Möglichkeiten präventiver Maßnahmen<br />

geprüft. Die Einführung eines neuen Fachs ‚Sozialerziehung’ wurde schnell<br />

fallengelassen, da aufgrund des damaligen Sparpakets nicht mit zusätzlichen<br />

Werteinheiten (bezahlten Stunden) gerechnet werden konnte. Die Einführung<br />

eines neuen Fachs hätte daher zur Folge gehabt, dass die dafür benötigten Stunden<br />

nur durch Kürzungen in anderen Fächern gewonnen werden hätten können.<br />

Dies – so wurde in der Gruppe einhellig vermutet – hätte unweigerlich zu ‚Verteilungskämpfen’<br />

und damit zu einer Verschlechterung des Klimas unter den<br />

LehrerInnen geführt. Außerdem war eine mehrheitliche Zustimmung des Lehrkörpers<br />

für eine derartige Vorgangsweise aufgrund der eher mageren Befürwortungsrate<br />

für ein neues Fach Sozialerziehung seitens der LehrerInnen mehr<br />

als fraglich.<br />

Daher fiel nach längerer Suche und Diskussion in der Steuergruppe die Ent-<br />

scheidung auf das ‚Sozialtraining in der Schule’ von PETERMANN, JUGERT,


168 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

TÄNZER und VERBEEK (1997). 18 Dieses Training hatte zwei entscheidende Vorzüge<br />

vorzuweisen: Zum einen (1) handelt es sich um ein Training, dass nur drei<br />

bis vier Monate (12 bis 14 Doppeleinheiten) umfasst und folglich die Einführung<br />

eines neuen Faches nicht nötig wurde. Das Training kann nämlich im<br />

Zuge der Schulautonomie (SCHOG 14) von einzelnen interessierten und engagierten<br />

LehrerInnen im Rahmen ihrer eigenen Fächer durchgeführt werden. Der<br />

zweite Vorteil (2) bestand darin, dass das ‚Sozialtraining in der Schule’ bereits<br />

an mehreren Schulen in Deutschland erprobt und evaluiert worden war. Die<br />

Ergebnisse dieser Evaluationen wiesen das Training als wirksam aus. Damit<br />

musste man sich also nicht auf völliges Neuland wagen und konnte gegenüber<br />

skeptischen KollegInnen argumentieren, dass ein bewährtes Verfahren eingesetzt<br />

werde.<br />

Aber auch<br />

das Sozialtraining hatte problematische Seiten: so muss das Training<br />

in Doppeleinheiten durchgeführt werden. Der Unterricht in Doppeleinheiten<br />

war bislang an dieser Schule kaum jemals durchgeführt worden. Der Schulleiter<br />

erwies sich aber in dieser Hinsicht als sehr entgegenkommend. Etwas<br />

schwieriger erwies sich das Problem, dass das Training aufgrund der hohen<br />

SchülerInnenzahlen in den Klassen der Unterstufe jeweils von zwei Lehrkräften<br />

durchgeführt werden musste. Man entschied sich, auf Sponsorensuche zu gehen,<br />

und fand im Gesundheitsfond den Geldgeber für die zweite Lehrkraft. Über<br />

diese Quelle konnte auch ein Supervisor finanziert werden, der seitens des LehrerInnenteams<br />

als wichtige Unterstützungsinstanz für notwendig erachtet worden<br />

war.<br />

Schließlich tauchte auch noch eine weitere Frage auf: waren die LehrerInnen<br />

durch ihre universitäre Ausbildung hinreichend befähigt, das Sozialtraining<br />

durchzuführen? Diese Frage wurde umso drängender, als sich herausstellte, dass<br />

das präferierte Sozialtraining auf verhaltenstherapeutischen Prinzipien und<br />

Techniken aufgebaut war und eine zumindest grundlegende Kenntnis derselben<br />

auch von den Entwicklern des Trainings für wünschenswert erachtet wird<br />

(PETERMANN et al. 1997, S. 61). Andererseits wiesen die Autoren aber auch<br />

darauf hin, dass kein LehrerInnentraining existierte, welches zur LehrerInnenqualifizierung<br />

hätte herangezogen werden können.<br />

Daher wurde vom MSS-<br />

Team ein Training konzipiert, das einerseits die grundlegenden verhaltensthera-<br />

peutischen Techniken und Konzepte (z.B. Verstärkung,<br />

Shaping, Chaining, Mo-<br />

delllernen, Rollenspiel, Entspannungstechniken etc.) vermitteln und andererseits<br />

18<br />

Das Training liegt inzwischen in einer zweiten, überarbeiteten Auflage vor: PETERMANN,<br />

JUGERT, REHDER, TÄNZER & VERBEEK (1999).


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 169<br />

die teilnehmenden LehrerInnen mit den Inhalten des SchülerInnentrainings in<br />

Form einer Art Selbsterfahrung vertraut machen sollte. Die Qualifizierungsmaßnahme<br />

umfasste vier mal vier Trainingseinheiten und wurde an vier Nachmittagen<br />

durchgeführt. 19 Da sich mit 15 LehrerInnen der Schule eine genügend<br />

große Anzahl für die Teilnahme an dieser Qualifizierungsmaßnahme bereit erklärten,<br />

konnte diese als ‚Schulinterne Lehrerfortbildung’ (SCHILF) finanziell<br />

vom Pädagogischen Institut übernommen werden.<br />

6.1.3 Trainingsaufbau, Inhalte und Durchführung<br />

Das Sozialtraining ist kein therapeutisches, sondern ein präventives Programm,<br />

das dem Ziel dient, bei den SchülerInnen bereits im Vorfeld jene Basiskompetenzen<br />

zu fördern, die zur Ausbildung sozialer Kompetenz unerlässlich<br />

sind. Durch die Forcierung dieser Kompetenzen soll bereits im Vorfeld der<br />

Entwicklung von sozialem Fehlverhalten entgegengewirkt werden. Dabei handelt<br />

es sich einerseits um die Vermeidung der Entwicklung von Verhaltensexzessen<br />

wie aggressivem Verhalten in seiner ganzen Bandbreite von Sachbeschädigungen<br />

über Verbalinjurien bis hin zu physischen Gewaltakten gegen<br />

Personen. Andererseits geht es aber auch darum, Verhaltensdefiziten entgegenzuwirken.<br />

So sollte einerseits dem Unvermögen, soziale Kontakte aufzunehmen<br />

und aufrecht zu erhalten, entgegengewirkt werden und andererseits bei<br />

allen Beteiligten – also auch für die AkteurInnen selbst – die Kompetenzen gefördert<br />

werden, soziale Beziehungen günstig zu gestalten. Gerade dieser Problembereich<br />

wird an Schulen oft übersehen, da sozial ‚schüchterne’ SchülerInnen<br />

für die LehrerInnen zunächst einmal ein sehr angenehmes, weil eben<br />

ruhiges Klientel darstellen, das wenig Aufmerksamkeit und Zuwendung verlangt.<br />

Insgesamt erhoffen sich die Entwickler des Programms bei den TeilnehmerInnen<br />

den Aufbau von Selbstwirksamkeitsüberzeugen im sozialen Bereich:<br />

die SchülerInnen sollen ein nachhaltiges Vertrauen in ihre Fähigkeiten<br />

und Kompetenzen entwickeln, in sozialen Situationen Ziele auf eine ethisch<br />

akzeptable Weise erreichen zu können.<br />

Das Sozialtraining ist für SchülerInnen der vierten bis sechsten Schulstufe<br />

konzipiert. Es umfasst insgesamt zehn Trainingssitzungen zu je zwei Unterrichtseinheiten.<br />

Die zehn Trainingssitzungen sind immer nach demselben<br />

Grundschema aufgebaut (vgl. Tabelle 27).<br />

Am Beginn steht in der Einleitungsphase ein themenrelevantes Aufwärmspiel.<br />

Darauf folgt in der Regelphase die Einführung einer oder mehrerer Regeln<br />

19 Die Publikation des bereits einmal erprobten LehrerInnentrainings wird vorbereitet.


170 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

bzw. die Erinnerung an bereits eingeführte Verhaltensregeln (z.B. ‚Ich höre zuerst<br />

zu, bevor ich rede.’), die während der Sitzung besonders zu beachten sind.<br />

In der Ruhephase wird den SchülerInnen mittels Phantasiereisen die Möglichkeit<br />

geboten, sich zu entspannen und vom Regelunterricht, der zumeist aus<br />

Frontalunterricht<br />

und entsprechender Wissensvermittlung besteht, Abstand zu<br />

gewinnen. Im Hauptteil jeder Trainingssitzung, der so genannten<br />

Arbeitsphase,<br />

wird jeweils ein spezielles Thema bearbeitet. Die Themen und die Reihenfolge<br />

der Bearbeitung der Themen sind auf der Grundlage<br />

des sozial-kognitiven Ansatzes<br />

(BANDURA 1979, 1994) und im Speziellen der sozial-kognitiven Informationsverarbeitung<br />

(siehe: DODGE & FRAME (1982); DODGE & COIE (1987);<br />

DODGE, BATES & PETTIT (1990)) erarbeitet und fundiert. Es handelt sich dabei<br />

um: Fremdwahrnehmung, Selbstwahrnehmung, Vergleich von Fremd-<br />

und<br />

Selbstwahrnehmung, Gefühle erkennen und benennen, flexible Problemlösung,<br />

gemeinsames Handeln, Perspektivenwechsel und Vorwegnehmen von Konsequenzen<br />

eigenen Verhaltens. Eine ausführlichere, aber gleichwohl kompakte<br />

und prägnante Darstellung des Trainings bieten VERBEEK, PETERMANN &<br />

JUGERT (1998). (Vgl. auch RIFFERT 1998)<br />

1 Einleitungsphase (ca. 10min)<br />

2 Regelphase (ca. 3min)<br />

3 Ruhephase (ca. 12min)<br />

4 Arbeitsphase (ca. 60min)<br />

5 Abschlussphase (ca. 5min)<br />

Tab. 27: Typischer Aufbau einer Einheit im Sozialtraining<br />

Die Eltern wurden etwa ein Monat vor dem Trainingsbeginn an einem Eltern-<br />

abend über das Training informiert und um die Zustimmung zur Teilnahme ihrer<br />

Kinder gebeten. Das Projekt wurde seitens der Eltern sehr begrüßt und die Zustimmung<br />

fiel dementsprechend einhellig aus. Nach der Durchführung des<br />

SchülerInnentrainings<br />

wurde nochmals ein Elterntreffen abgehalten, um Rückmeldungen<br />

zum Training aus Elternsicht zu erhalten.<br />

Durchgeführt wurde das Sozialtraining zwischen Jänner und April 1999 von<br />

zwei Lehrerinnen, von denen eine die Klassenlehrerin der Klasse war. Die Trainingssitzungen<br />

fanden zur Hälfte in den beiden letzten Unterrichtseinheiten (5.<br />

und 6. Stunde) bzw. in früheren Einheiten statt.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 171<br />

6.1.4 Evaluation des Pilotprojekts<br />

6.1.4.1 Evaluationsdesign<br />

Das<br />

Training wurde einer intensiven Evaluierung durch das MSS-Team unterzogen,<br />

um auf der Grundlage der so erhaltenen<br />

Resultate verantwortet über die<br />

Sinnhaftigkeit<br />

eines großflächigeren Einsatzes entscheiden zu können.<br />

Population: An der Evaluationsstudie nahmen insgesamt 22 Schülerinnen<br />

und 21 Schüler von zwei ersten Klassen teil. In einer Klasse wurde das Training<br />

durchgeführt (Interventionsklasse), während die andere Klasse als Kontrollgruppe<br />

diente. In der Interventionsklasse befanden sich 11 Mädchen und 11<br />

Jungen; in der Kontrollklasse 11 Mädchen und 10 Jungen. Das Alter der Schü<br />

lerInnen<br />

lag in beiden Klassen zwischen 10 und 11 Jahren. Hinsichtlich des<br />

Alters sowie der Zusammensetzung nach Geschlecht waren beide Klassen miteinander<br />

vergleichbar. Die Präerhebung zeigt des Weiteren, dass sich die beiden<br />

Klassen auch hinsichtlich anderer zentraler Dimensionen wie Aggressionen,<br />

manifeste Angst, Prüfungsangst, Schulunlust und Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

nicht (signifikant) unterschieden (vgl. dazu Tabelle 28).<br />

Messinstrumente: Zur Erfassung der durch das Training erhofften Effekte<br />

wurden verschiedene Fragebögen eingesetzt:<br />

(1) EAS (Erhebungsbogen für Aggressionen in konkreten Situationen, F.<br />

PETERMANN<br />

& U. PETERMANN 1980): Dieses Erhebungsinstrument dient zur<br />

Erfassung aggressiver Verhaltenstendenzen bei Kindern. Es werden Situationen<br />

in Bildform dargeboten und für jedes Bild jeweils drei Verhaltensweisen zur<br />

Auswahl angeboten.<br />

Das Kind hat sich für eine der drei Varianten zu entscheiden.<br />

Der EAS liegt in einer Version für Jungen und einer für Mädchen vor.<br />

(2) AFS (Angstfragebogen für Schüler, WIECZERKOWSKI, NICKEL, JANKOWSKI,<br />

FITTKAU & RAUER 1980): Mittels AFS können die Auswirkungen der Interventionsmaßnahme<br />

auf die von den Subskalen gemessenen Dimensionen – Prüfungsangst,<br />

manifeste Angst und Schulunlust – erhoben werden. (siehe Abschnitt<br />

5.3) Damit erlaubt dieses Instrument die<br />

Überprüfung der Effektivität von Interventionsmaßnahmen<br />

auf der emotionalen Ebene. Der AFS wurde in einer abgeänderten<br />

Version eingesetzt: die dichotomen Antwortvorgaben (ja/nein) wurden<br />

durch eine Fünf-Punkte-Skala ersetzt, was ein differenziertes Antwortverhalten<br />

ermöglicht.<br />

Manifeste Angst: Mit dieser Subskala werden allgemeine – zum Teil physiologische<br />

– Angstsymptome wie Nervosität, Einschlaf- und Konzentrationsprobleme,<br />

Herzklopfen, reduziertes Selbstvertrauen und allgemeine Furchtsamkeit<br />

gemessen.


172 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Prüfungsangst: Bei dieser Skala geht es um spezifische Prüfungsängste. Es<br />

werden Gefühle der Hilflosigkeit und Unzulänglichkeit in Situationen schulischer<br />

Leistungserhebungen, Ängste vor Leistungsversagen etc. erfragt.<br />

Schulunlust: Diese Subskala dient der Feststellung von negativen Einstellungen<br />

der SchülerInnen gegenüber Schule und dem damit einhergehenden Motivationsabfall<br />

gegenüber dem Unterricht.<br />

(3) Selbstwirksamkeitsskalen (U. PETERMANN 1992; RIFFERT & PASCHON<br />

1999): Neben EAS und AFS wurden auch noch zwei Selbstwirksamkeitsskalen<br />

zur Messung der Ausprägung von schulleistungs- und schulveränderungsbezogenen<br />

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen eingesetzt. Es handelt sich dabei<br />

um eine Skala von U. PETERMANN und eine Skala, die von RIFFERT und<br />

PASCHON (1999; vgl. dazu auch: TARNAI, PASCHON, RIFFERT & ECKSTEIN 2000a<br />

& b; sowie Abschnitt 5.5 dieses Buchs) speziell für den Einsatz im Bereich<br />

Schulentwicklung konzipiert wurde. Eine Veränderungsmessung im Bereich<br />

Selbstwirksamkeitsüberzeugungen wurde deshalb vorgenommen, weil PETER-<br />

MANN et al. (1997) das<br />

Konzept der ‚Self-Efficacy’ von BANDURA (1979, 1994)<br />

explizit ihrem Training zugrunde gelegt hatten.<br />

(4) Zwei kurze Fragebatterien<br />

zur Erhebung der Effekte des Trainings aus<br />

der Sicht der teilnehmenden SchülerInnen und deren Eltern wurden speziell für<br />

dieses Projekt entwickelt. Die Fragebatterie für die SchülerInnen bestand aus 23<br />

Aussagen und die der Eltern aus 10 Aussagen, die zwischen den Polen 1<br />

(„stimmt genau“) und 5 („stimmt nicht“) zu bewerten waren.<br />

Die interne Konsistenz der verwendeten Skalen kann als mittel<br />

bis sehr hoch<br />

bezeichnet<br />

werden: EAS (Cronbach α = .78), manifeste Angst (Cronbach<br />

α = .92), Prüfungsangst (Cronbach α = .93), Schulunlust (Cronbach α = .80),<br />

Selbstwirksamkeitsskala nach U. PETERMANN (Cronbach α = .82). Die<br />

Auswertung<br />

wurde mittels t-T est für abhängige un d unabhängige Stichprobe n durchge- führt. Zusätzlich wurden noch die Effektgrößen berechnet, da sie bei kleiner<br />

Stichprobe eine genauere Feststellung der Auswirkung der Intervention erlauben<br />

(vgl. COHEN<br />

1988).<br />

6.1.4.2 Ergebnisse<br />

Die mittels<br />

der eingesetzten Skalen erhobenen Ergebnisse sind in Tabelle 28<br />

dargestellt.<br />

Es sind die Signifikanzen, die Effektstärken und die Mittelwerte an<br />

den beiden Messzeitpunkten (Mt1 & Mt 2) s owie die Richtung der Verände rung<br />

(signifikante Zunahme bzw. Abnahme) durch einen Pfeil angeführt. Fett sind<br />

jene Zahlen angegeben, die signifikante Ergebnisse darstellen.


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 173<br />

Aggressionen<br />

(EAS) 1)<br />

Schulunlust<br />

(AFS)<br />

1)<br />

Prüfungsangst<br />

(AFS)<br />

Manifeste Angst<br />

(AFS) 1)<br />

Selbstwirksamkeit<br />

(U. Petermann)<br />

Selbstwirksamkeit<br />

(Paschon/Riffert)<br />

INTERVENTIONSGRUPPE KONTROLLGRUPPE<br />

Sig. ES Mt1 Mt2 Richtung<br />

Sig. ES Mt1 Mt2 Rich-<br />

tung<br />

P


174 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Ein ähnliches Resultat ergibt sich für den Bereich ‚manifeste Angst‘. Auch<br />

hier weist die Interventionsklasse eine signifikante (p


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 175<br />

Dass die SchülerInnen in der ersten Klasse aber auch sehr genau zwischen<br />

Spaß und ‚Kinderei‘ unterscheiden können, zeigt ihr Antwortverhalten auf die<br />

Aussage ‚Das Projekt war kindisch.’; der Mittelwert von 4,6 drückt hier eine<br />

starke Ablehnung dieser Aussage aus. Ebenfalls ganz klar abgelehnt wurde die<br />

Aussage ‚Das Projekt war langweilig’ mit einem Mittelwert von 4,4. Und<br />

schließlich gibt kein/e einzige/r SchülerIn an, dass das Training Angst gemacht<br />

hätte. Auf die Frage, ob das Training viel Streit zwischen den SchülerInnen<br />

ausgelöst hat, verneinen 100% der Jungen und 73% der Mädchen; 27% der<br />

Mädchen bejahen diese Frage allerdings tendenziell. 73% der Mädchen und<br />

63% der Jungen geben an, dass sie ihre MitschülerInnen durch das Projekt<br />

besser verstehen können. 63% der Mädchen geben ferner an, dass sie durch das<br />

Training die Jungen besser verstehen können. Hingegen stimmen nur 27% der<br />

Jungen dieser Aussage zu.<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

55%<br />

Ich kann das Projekt 'Soziales Lernen'<br />

weiterempfehlen.<br />

64%<br />

36%<br />

36%<br />

Mädchen<br />

Jungen<br />

9%<br />

1 stimmt genau 2 3<br />

Abb. 21: SchülerInnenbewertung der Aussage:<br />

”Ich kann das Projekt ‚Soziales Lernen’ weiterempfehlen.“<br />

Die Ausprägungen 4 und 5 wurden von den Antwortenden nicht, 1...„stimmt genau“ bis<br />

5...„stimmt nicht“ genützt und sind daher auch nicht im Diagramm dargestellt.<br />

Sehr erfreulich ist schließlich auch das Ergebnis zur Aussage ‚Ich fühle mich oft<br />

als Außenseiter.’: Hier unterschieden sich beide Gruppen vor dem Beginn des<br />

Trainings signifikant: In der Interventionsgruppe war die Zustimmung zu dieser<br />

Aussage signifikant (p


176 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

wirken? Während sich die Ergebnisse der Prä- und Posterhebung in der Kontrollgruppe<br />

nicht signifikant unterscheiden, zeigt sich bei der Interventionsgruppe<br />

erwartungskonform eine signifikante Verbesserung im Bereich der Integration<br />

in den Klassen. Der Mittelwert der Posterhebung in der Interventionsgruppe<br />

liegt sogar leicht höher als der Mittelwert der Kontrollgruppe; der Unterschied<br />

ist aber nicht signifikant. Das heißt, dass die Interventionsgruppe ihre<br />

schlechtere<br />

Ausgangsposition in diesem Bereich nach dem Training kompensiert<br />

hatte.<br />

Wie bewerten die Eltern das Projekt ‚Soziales Lernen’? Beim zweiten<br />

Elternabend war der Grundtenor der Rückmeldungen sehr positiv. Um diese<br />

Stimmung auch quantifizieren<br />

zu können, wurde den Eltern ein kurzer Fragebogen<br />

mit zehn Items vorgelegt. Einige Resultate zeigt die Abbildung 22.<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2, 0<br />

1,5<br />

1,0<br />

1,1<br />

in der Kl.<br />

meines Kindes<br />

fortgesetzt<br />

werden<br />

Das Projekt 'Soziales Lernen' hat/sollte...<br />

Mittelwert<br />

1,7 1,7<br />

meinem Kind<br />

gefallen<br />

meinem Kind<br />

Spaß gemacht<br />

2,2<br />

meinem Kind<br />

gut getan<br />

4,8<br />

Stoffvermittlung<br />

in anderen<br />

Fächern<br />

geschadet<br />

Abb. 22: Das Projekt ‚Soziales Lernen’ aus der Elternperspektive;<br />

Y-Achse: 1...„stimmt genau“ bis 5... „stimmt nicht“<br />

5,0<br />

in anderen<br />

Klassen nicht<br />

durchgeführt<br />

werden<br />

Die Eltern geben an, dass das ‚Soziale Lernen’ ihren Kindern gefallen bzw.<br />

Spaß gemacht hat (Mittelwert jeweils 1,7). Dementsprechend sprechen sie sich<br />

auch ganz eindeutig (mit dem erstaunlichen Mittelwert von 1,1) für eine Fortsetzung<br />

des Projekts in der Klasse ihrer Kinder aus. Ausnahmslos (Mittelwert<br />

5,0) lehnen sie die Aussage ab, dass das Projekt nicht in anderen Klassen durchgeführt<br />

werden sollte. Dass ihre Kinder durch das Projekt und die dafür aufgewendete<br />

Zeit in anderen Fächern zu wenig gelernt hätten, verneinen die Eltern


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 177<br />

ebenfalls einhellig (Mittelwert: 4,8). Im Mittel von 2,2 sind die Eltern darüber<br />

hinaus auch der Meinung, dass das Projekt ihrem Kind gut getan hätte.<br />

Alles in allem waren die Ergebnisse der Evaluation des Pilotprojekts ‚Sozialtraining<br />

in der Schule’ durchgängig positiv: Die SchülerInnen waren in der überwältigenden<br />

Mehrheit von dieser Form des Unterrichts angetan und haben das<br />

Projekt weiterempfohlen. Auch die Eltern beurteilen das Projekt ganz ähnlich<br />

und wünschen sich dementsprechend auch eine Fortsetzung für ihre eigenen<br />

Kinder. Dies sind zweifelsohne wichtige Rückmeldungen. Ebenso wichtig ist<br />

allerdings, dass die mittels reliabler<br />

und valider Messinstrumente gemessenen<br />

Effekte des Trainings in den Bereichen Aggression, manifeste Angst, Prüfungsangst<br />

und Schulunlust die Wirksamkeit des Trainings eindeutig und widerspruchsfrei<br />

belegen.<br />

Unter allen untersuchten Konstrukten, konnte einzig bei den Selbstwirksamkeitsüberzeugungen<br />

der SchülerInnen keine signifikanten Veränderungen festgestellt<br />

werden. Dies kann verschiedene Ursachen haben. Zum einen lässt sich ex<br />

post facto vermuten, dass eine leistungsbezogene bzw. schulveränderungsbezogene<br />

Selbstwirksamkeitsdimension erhoben wurde und nicht eine soziale, was<br />

bei einem Sozialtraining Ziel führender gewesen wäre. Bei künftigen Evaluationen<br />

sollten daher Selbstwirksamkeitsskalen eingesetzt werden, die direkt zur<br />

Messung von Selbstwirksamkeitsüberzeugungen im sozialen Bereich entwickelt<br />

wurden. Eine Heranziehung von Skalen zur Messung sozialer Kompetenzen,<br />

wie sie schon vor einiger Zeit von GALASSI, DELO, GALASSI & BASTIEN (1974,<br />

College Self-Expression-Scale) oder von RATHUS (1974, Rathus Assertiveness<br />

Schedule) vorgelegt worden sind, sollte ebenfalls erwogen werden. Die Skala<br />

von Rathus hätte insbesondere den Vorteil, auch in einer vereinfachten Version<br />

(MCCORMICK 1985) einsetzbar und somit direkt in der Altersgruppe, für die das<br />

Sozialtraining konzipiert wurde, verwendbar zu sein.<br />

6.1.5 Abschließende Bemerkungen<br />

Welche Konsequenzen für die Zukunft nun aus den<br />

Ergebnissen dieser Evaluation<br />

gezogen werden, liegt in der Entscheidungskompetenz und Verantwor-<br />

tung der Schulpartner. An der Effektivität des Trainings kann aufgrund der Re-<br />

sultate dieser Untersuchung und der Studien<br />

Petermanns kaum gezweifelt wer-<br />

den.<br />

Freilich bleiben Fragen offen, von denen die Entscheidung über die Ausweitung<br />

des Trainingseinsatzes auf alle ersten Klassen abhängen wird: So wurde<br />

an der genannten Schule lange keine Lösung für das Problem<br />

gefunden, wie die<br />

Bezahlung der zweiten Lehrkraft für das dreimonatige Training finanziert wer


178 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

den soll. Letztlich wird sich an dieser Frage also entscheiden, wie wichtig die<br />

Sozialerziehung und damit Maßnahmen gegen die vorliegende hohe Aggressionsrate<br />

den Schulpartnern an dieser Schule ist. Beispielsweise könnte durch<br />

die Umwidmung von zwei ganzjährigen Stunden für Schreibmaschineschreiben<br />

(Freigegenstand) auf das Sozialtraining der anfallende Finanzierungsaufwand<br />

abgedeckt werden.<br />

Wie auch immer die Entscheidung an dieser Schule ausfallen wird, eines hat<br />

dieses Projekt unabhängig<br />

davon gezeigt: mittels MSS lassen sich zielgenau –<br />

bis hin auf die Klassenebene – und wissenschaftlich verlässlich Defizite lokalisieren,<br />

die dann ihrerseits durch effektive Verbesserungsmaßnahmen behoben<br />

werden können. Damit hat sich der MSS als außergewöhnlich effektives Schulentwicklungs-<br />

und Evaluationsinstrument bewährt.<br />

6.2 Weitere Fallbeispiele im Überblick<br />

In diesem Abschnitt sollen noch einige weitere Schulentwicklungsmaßnahmen,<br />

die in MSS-Schulen vorgenommen wurden, kurz skizziert werden. Auf diese<br />

Weise soll das breite Spektrum an Verbesserungsmaßnahmen, die der MSS in<br />

Gang zu setzen vermag, zumindest angedeutet werden.<br />

Dabei handelt es sich um die Themenfelder ‚Schulmetaphern’, ‚Englischsprachiger<br />

Fachunterricht’, ‚European Computer Driving Licence (ECDL)’,<br />

‚Informationsfluss an der Schule’, ‚Hausordnung’, ‚LehrerInnen-Eltern Interaktion<br />

am Beispiel Besprechungszimmer’,<br />

‚Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen’,<br />

‚Mittagsessen an der Schule’, ‚VertrauenslehrerInnen und<br />

VertrauensschülerInnen’ und ‚Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’’.<br />

6.2.1 Metapher-Modul<br />

Metaphern sind Bilder, die einen bestimmten Wirklichkeitsbereich schlagwortartig<br />

komprimiert beschreiben und zugleich auch bewerten. In dieser Konzentration<br />

auf das ‚Wesentliche’ und der Reduktion auf das ‚Entscheidende’ des so<br />

qualifizierten Wirklichkeitsbereichs liegt natürlich auch eine Übersimplifizierung,<br />

die das Beschriebene nur karikaturhaft-überspitzt wiedergibt; gleichzeitig<br />

bringen die Metaphern aber auch die eigene Sicht auf den Punkt. Metaphern erlauben<br />

es gerade durch die notwendige Zuspitzung auf zentrale Züge, wesentliche<br />

Überzeugungen von Menschen auf einfache Weise auszudrücken und da-<br />

mit auch leicht kommunizierbar zu machen. Sie bilden gerade deshalb einen<br />

idealen<br />

Einstieg für die Auseinandersetzung einer Gruppe von Menschen mit


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 179<br />

einem be stimmten Wirklichkeitsbereich wie zum Beispiel der eigenen Schule.<br />

Zusätzlich führt die in Metaphern vorliegende Tendenz zur Übertreibung auch<br />

zu einer Belebung der Diskussion über die unterschiedlichen Sichtweisen der<br />

Schule, aber auch über die in den Metaphern vernachlässigten Aspekte und unberücksichtigten<br />

Nuancen.<br />

Das alles macht Metaphern zu einem wertvollen Instrument im Schulentwicklungsprozess.<br />

Daher wurde auch ein Metaphernmodul in den Modulpool<br />

des MSS aufgenommen. Es basiert wesentlich auf Arbeiten, die im anglo-sächsischen<br />

Raum von GRADY, FISHER und FRASER (vgl. z.B. 1996, vgl. auch FISHER<br />

& GRADY 1998) durchgeführt worden sind. F ISHER , GRADY und FRASER<br />

entwickelten den Metapherfragebogen ISM (Images of School through Metaphor).<br />

Dabei handelt es sich um einen wissenschaftlich reflektierten und empirisch<br />

überprüften Fragebogen 20 , der zur Erfassung von Metaphern dient, die<br />

LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern zur Charakterisierung ihrer tatsächlichen<br />

Schule oder aber ihrer idealtypischen Wunschschule verwenden.<br />

6.2.1.1 Was sollen und können Metaphern in der Schulentwicklung?<br />

Wenn Menschen im Alltag zusammenarbeiten, entwickeln sie – oft unbemerkt –<br />

ein ‚intuitives’ Grundverständnis ihrer Institution, das auch Normen, Wertungen<br />

und emotionale Reaktionen beinhaltet. Solche Grundbilder beeinflussen und<br />

lenken dann ihrerseits – teilweise unbewusst und damit quasi ‚automatisch' – die<br />

Motivation und das Verhalten der Menschen in diesen Institutionen. Diese Bilder<br />

liegen an der Basis einer Organisationskultur und prägen sie leise und unauffällig,<br />

nichts desto trotz aber wirksam. Durch sie wird mehr oder weniger stark<br />

„die Weise wie Dinge hier gemacht werden“ (KILMANN et al. 1985, S. 5, Übersetzung)<br />

festgelegt.<br />

Diese Bilder oder Metaphern können vage oder deutlich sein, besser oder<br />

schlechter auf die Schulwirklichkeit dieser Schule passen, mehr oder weniger<br />

bewusst reflektiert sein, und unterschiedliche Grade an Differenziertheit aufweisen,<br />

aber sie beinhalten immer zugleich eine kognitive und eine emotionale<br />

sowie normative<br />

Komponente. Dies ermöglicht es bei der Arbeit mit Metaphern,<br />

eine<br />

ganzheitliche Betroffenheit bei den TeilnehmerInnen zu erzeugen. Grundmetaphern<br />

liegen oft an der Schwelle zum bewussten Bereich; vorgegebene<br />

Metaphern erlauben es nun diese oft subliminalen Grundeinstellungen an die be-<br />

20 Für wissenschaftlich und statistisch interessierte LeserInnen sei darauf hingewiesen, dass<br />

sich eine ausführliche Darstellung der statistischen Kennwerte bei GRADY, FISHER &<br />

FRASER (1996) finden lässt.


180 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

wusste Oberfläche zu holen und diese durch eine erste sprachliche Benennung<br />

zu fixieren und darauf aufbauend einer kritisch-konstruktiven Weiterverarbeitung<br />

zuzuführen (vgl. BOULDING 1956). „Metaphern sind oft das fundamentale<br />

Gerüst für ernst zu nehmende Anstrengungen bei der Suche nach<br />

umfassenden<br />

Beschreibungen, Erklärungen und Vorhersagen. In einem Wort,<br />

gut gewählte Metaphern sind nützliche Anfangspunkte für erzieherische Überlegungen.“<br />

(SCHLECHTY & JOSLIN 1986, S. 5, Übersetzung) Nach der intuitivassoziativen<br />

Auseinandersetzung mit den Schulmetaphern können fruchtbare,<br />

rational-bewusste (Selbst-) Reflexionen und (Partner-)Diskussionen entstehen,<br />

die in allgemeinere, aber auch sehr konkrete Zielperspektiven (z.B. in der Schulleitbild-<br />

und Schulprofilentwicklung) überführbar sind. Aufgrund dieser so<br />

gewonnenen Ziele lassen sich schließlich auch Interventionsmaßnahmen planen<br />

und umsetzen.<br />

F ISHER und G RADY (1998) beschreiben den Interaktionsprozess, wie er bei<br />

einem Einsatz des Metaphernmoduls stimuliert werden kann, folgendermaßen:<br />

„Wenn die Lehrer den ISM erst einmal ausgefüllt haben, finden bei Lehrertreffen<br />

wertvolle Diskussionen statt, in denen die Lehrer darüber reflektierten,<br />

warum ihre Schule zu einen bestimmten Ausmaß, beispielsweise ein Kindergarten<br />

und ein Museum ist. Die Diskussion dehnt sich oft auf die Erörterung von<br />

Fragen aus wie, ‚Sollte unsere Schule nicht eher wie eine Ausstellung und ein<br />

Forum sein.’ Dann taucht die Frage auf, wie es aussehen würde, wenn die<br />

Schule eher eine Ausstellung und ein Forum wäre und wie sich die Schüler, die<br />

Lehrer,<br />

der Direktor und die Eltern in einer Ausstellung und einem Forum<br />

verhalten würden.“ (FISHER & GRADY 1998, S. 348, Übersetzung)<br />

Eine Schule, die von vielen SchülerInnen primär als Museum wahrgenommen<br />

wird, vernachlässigt unter Umständen demokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten.<br />

Aus einer derartigen Diskussion könnte etwa folgendes Ziel für ein<br />

Schulleitbild von den Schulpartnern festgelegt werden: Schaffung von Möglichkeiten<br />

zur demokratische Partizipation der SchülerInnen. Die konkrete Realisierung<br />

des Ziels im Rahmen des Entwicklungsplans könnte dann beispielsweise in<br />

der Implementierung des bereits international an verschiedenen Schulen<br />

erprobten<br />

just-community-Ansatzes von Lawrence KOHLBERG (vgl. z.B. 1980 &<br />

1986) bestehen.<br />

6.2.1.2 Das Metaphernmodul<br />

und sein Einsatz<br />

Beim Metaphernmodul handelt es sich um eine Liste mit 29 vorgegebenen<br />

Metaphern.<br />

26 der vorgegebenen Metaphern stammen aus dem ISM (FISHER &


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 181<br />

GRADY 1998). Drei weitere Metaphern wurden vom MSS-Team hinzugefügt. 21<br />

(Vgl. Tabelle 29) Jede Metapher ist daraufhin zu bewerten, in wie weit sie auf<br />

die konkrete Schule (Ist-Zustand) zutrifft, bzw. in wie weit sich die ideale<br />

Wunschschule durch die vorgegebenen Metaphern charakterisieren ließe (Soll-<br />

Zustand).<br />

Zusätzlich zur Metaphernliste wurde vom MSS-Team auch noch eine Rangreihung<br />

eingeführt. Für diese Rangreihung sollen jene drei Metaphern ausgewählt<br />

werden, die den Ist-Zustand der Schule am besten beschreiben, bzw. jene<br />

drei Metaphern, die den Wunschzustand am besten wiedergeben. Dies zwingt<br />

die ausfüllenden Personen, sich für die drei jeweils am besten passenden<br />

Metaphern zu entscheiden, was vor allem bei den Soll-Metaphern wertvolle zusätzliche<br />

Informationen zur Differenzierung zwischen den einzelnen Metaphern<br />

bringt, da in dieser Kategorie häufig sehr hohe Werte vergeben werden, die eine<br />

Differenzierung zwischen den so bewerteten<br />

Metaphern schwierig macht.<br />

Die<br />

Bearbeitung der Metaphernliste erfolgt durch jede Einzelperson (Lehrer-<br />

Innen, SchülerInnen, Elternteile), wobei jede Metapher jeweils auf einer Dimension<br />

zwischen 1 (trifft auf unsere Schule z u bzw. trifft auf meine Wunschschule zu) und 5 (trifft nicht auf unsere Schule zu bzw. trifft auf meine Wunschschule<br />

nicht<br />

zu) zu bewerten ist.<br />

Das Ergebnis der Ist-Erhebung biete t das Bild, d as sich die jeweiligen Per<br />

sonen von der Schule machen. Diese Einzelergebnisse können selbstverständlich<br />

zu Gruppenresultaten zusammengefasst werden. So lassen sich etwa die Sichtweis<br />

e der LehrerInnen derjenige n der SchülerInn en oder Elt ern gegenüber stellen. Dieser Vergleich zwische n den Sicht weisen de r verschiedene n Perso-<br />

ne ngruppen kann sehr gut als Ausgangspunkt für Diskussionen u nd in der Folge<br />

für Schulveränderungsmaßnahm en dienen .<br />

Natürlich lässt sich – falls im Rahmen eines umfassend en MSS-Einsatzes entsprechende Fragen zur Sozialstatistik gestellt wur den – auch auswerten, ob<br />

Männer und Frauen bzw. altgediente u nd junge LehrerInnen oder SchülerInnen<br />

(z.B. Unter - und Oberstufe; aus verschiedenen Schulzweigen) die Schule unterschiedlich<br />

‚sehen’ und beurteilen.<br />

21<br />

Inzwischen liegt im Englische n Sprachraum eine neue Versi on des ISM vor, die 40<br />

Metaphern umfasst. Diese Metaphernlist e kann au s dem Internet über den Link URL:<br />

http://www.indiana.edu/~ bobweb/Handout/schoo l/html eingese hen un d heruntergeladen wer-<br />

den.


182 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Stellen Sie gegenüber: wie es IST und<br />

wie es sein SOLLTE.<br />

Bitte den Grad der Zustimmung<br />

bzw. Ablehnung durch Ankreuzen<br />

zum Ausdruck bringen.<br />

stimmt<br />

Unsere Schule<br />

IST<br />

wie...<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Kodierhilfe<br />

stimm<br />

t<br />

Unsere Schule<br />

SOLLTE<br />

sein wie...<br />

stimmt<br />

nicht<br />

Kodierhilfe<br />

1 Kultur O O O O O S127_001 O O O O O S127_101<br />

2 Herde O O O O O S127_002 O O O O O S127_102<br />

3 Familie O O O O O S127_003 O O O O O S127_103<br />

4 Forum O O O O O S127_004 O O O O O S127_104<br />

5 Ausstellung O O O O O S127_005 O O O O O S127_105<br />

6 Orchester O O O O O S127_006 O O O O O S127_106<br />

7 Krankenhaus O O O O O S127_007 O O O O O S127_107<br />

8 Kindergarten O O O O O S127_008 O O O O O S127_108<br />

9 Museum O O O O O S127_009 O O O O O S127_109<br />

10 Garten O O O O O S1 27_010 O O O O O S127_110<br />

11 Zwangsjacke O O O O O S127_011<br />

O O O O O S127_111<br />

12 Supermarkt O O O O O S127_012<br />

O O O O O S127_112<br />

13 Bien enkorb O O O O O S 127_013 O O O O O S127_113<br />

14 Kaserne O O O O O S127_014 O O O O O S127_114<br />

15 Ghetto O O O O O S127_015 O O O O O S127_115<br />

16 Farbpalette O O O O O S127_016 O O O O O S127_116<br />

17 Maschine O O O O O S127_017 O O O O O S127_117_<br />

18 Expedition<br />

O O O O O S127_018 O O O O O S127_118<br />

119<br />

19 Team<br />

O O O O O S127_019 O O O O O S127_<br />

20 Verkehrsstau O O O O O S127_020 O O O O O S127_120<br />

21 Ort für Verhandlungen O O O O O S127_021 O O O O O S127_121<br />

22 Gefängnis O O O O O S127_022 O O O O O S127_122<br />

23 Olympische Spiele O O O O O S127_023 O O O O O S127_123<br />

24 Lebender Organismus O O O O O S127_024 O O O O O S127_124<br />

25 Theater O O O O O S127_025 O O O O O S127_125<br />

26 Arbeitslager O O O O O S127_026 O O O O O S127_126<br />

27 Friedhof O O O O O S127_027 O O O O O S127_127<br />

28 Blumenwiese O O O O O S127_028 O O O O O S127_128<br />

29 … O O O O O S127_029 O O O O O S127_129<br />

Rang<br />

Geben Sie die Nummern jener drei<br />

Metaphern an, die Ihre Schule am<br />

besten beschreiben (IST):<br />

Rang<br />

1 1<br />

2 2<br />

3 3<br />

Geben Sie die Nummern jener drei Metaphern<br />

an, welche die ideale Schule am<br />

besten beschreiben (SOLL):<br />

Tab. 29: Metaphermodul Ist-Soll-Vergleich<br />

von 1...„stimmt genau “ bis 5...„stimmt nicht“ und Ranking (Plätze 1-3)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 183<br />

Aber auch zwischen Ist- und Soll-Zustand ergeben sich naturgemäß größere<br />

oder geringere Diskrepanzen. Wunsch und Realität klaffen auch bei Schulbildern<br />

gelegentlich weit auseinander. Diese Diskrepanzen geben nun erste Hin-<br />

weise bei welchen Themenfeldern der Schulentwicklungsprozess<br />

sinnvoller<br />

Weise ansetzen kann.<br />

Der Vergleich zwischen Ist-Bild und Soll-Bild innerhalb einzelner Personengruppen<br />

(etwa bei den LehrerInnen) oder zwischen den verschiedenen Personengruppen<br />

(etwa SchülerInnen und LehrerInnen) bietet wertvolle Anregung für<br />

Gespräche in Richtung Defizit- und Ressourcenaufdeckung und damit für die<br />

Planung von Veränderungsmaßnahmen bzw. für die Entscheidung zur Beibehaltung<br />

oder Stärkung bestimmter bereits vorhandener Einrichtungen.<br />

Die Diskrepanzen<br />

erlauben zunächst (1) erste klärende Gespräche zwischen<br />

den KollegInnen und/oder SchülerInnen über unterschiedliche Wahrnehmungen<br />

ihrer Schule<br />

und Schulkultur. In einem zweiten Schritt (2) lassen sich sodann die<br />

Problemfelder<br />

konkretisieren, von der Metapherebene auf die Verhaltensebene<br />

transferieren. Schließlich (3) lässt sich mit Hilfe des ZME-Ansatzes (vgl. die<br />

ausführliche Darstellung dieser Methode im Kapitel 4.) gezielt an der Problembeseitigung<br />

(Zielerreichung) arbeiten.<br />

6.2.1.3 Schulentwicklung mittels Metaphernmodul<br />

Das Metaphermodul erlaubt, wie gesagt, eine erste Beschäftigung mit der eigenen<br />

Schule auf einer kognitiven so wie auch auf einer emotionalen und normativen<br />

Ebene. Im Folgenden wird eine mögliche Vorgangsweise skizziert:<br />

(1) Ausfüllen der Metapherfragebogenbatterie durch alle an der SCHILF-<br />

Veranstaltung<br />

teilnehmenden LehrerInnen (gegebenenfalls auch durch die teil-<br />

nehmenden<br />

SchülerInnen und Eltern);<br />

(2) Auswertung und Gegenüberstellung der Ist- und Soll-Ergebnisse im<br />

Plenum;<br />

(3) Lokalisierung der größten Diskrepanzen (Ist-Soll-Unterschiede) im<br />

Plenum;<br />

(4) Bildung von Kleingruppen: die Kleingruppen wählen sich mehrere Metaphern,<br />

bei denen große Diskrepanzen bestehen, zur Bearbeitung aus. Die parallele<br />

Bearbeitung derselben Metaphern in verschiedenen Kleingruppen ist<br />

durchaus möglich und sinnvoll.<br />

(5) In jeder Kleingruppe<br />

listet jede/r Teilnehmer/in zunächst für sich allein<br />

auf,<br />

was ihn/sie selbst an der Schule konkret an eine z.B. ‚Zwangsjacke' oder an<br />

eine ‚Familie' erinnert bzw. was ihr/m an dieser Schule diesbezüglich fehlt. Die


184 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Angaben müssen auch von anderen wahrnehmbare (intersubjektive) Sachverhalte<br />

sein. (Nicht abstrakte Begriffe wie z.B. ‚gute Atmosphäre').<br />

(6) Für die effiziente Umsetzung bietet sich nun wieder das ZME-Arbeitsschema<br />

an.<br />

Im Folgenden wird zur Illustration ein Beispiel angeführt, das mit den SchülerInnen<br />

einer 5. Klasse AHS (9. Schulstufe; Langform) durchgeführt wurde. Anhand<br />

dieses Beispiels zeigt sich, dass das Metaphermodul durchaus auch nur in<br />

einer einzigen Klasse sinnvoll eingesetzt werden kann: Im Rahmen des Unterrichtsprinzips<br />

‚Politische Bildung’ wurde mit den SchülerInnen dieser Klasse<br />

eine Ist-Soll-Analyse der eigenen Schule mit Hilfe des Metaphernmoduls durchgeführt<br />

um auf der Basis der Ergebnisse die eigene schulische Wirklichkeit zu<br />

reflektieren und Verbesserungsmöglichkeiten für gefundene Defizite zu suchen<br />

und umzusetzen.<br />

Die Ergebnisse sind in unterschiedlich aufgearbeiteter Form den Abbildungen<br />

23 bis 27 zu entnehmen. In der Abbildung 23 wird der Ist-Soll-Vergleich,<br />

über alle SchülerInnen gerechnet, dargestellt; die Metaphern sind nach<br />

den gewünschten Soll-Werten aufsteigend gereiht, beginnend mit der am<br />

meisten gewünschten Metapher. Es zeigen sich starke Diskrepanzen vor allem<br />

bei den Metaphern, die stark gewünscht bzw. stark abgelehnt werden. Dies sind<br />

bei den stark gewünschten Metaphern: ‚Familie’ (3), ‚Team’ (19), ‚Expedition’<br />

(18), ‚Garten’ (10) und bei den<br />

stark abgelehnten Metaphern ‚Arbeitslager’ (26),<br />

‚ Zwangsjacke’ (11), ‚Gefängnis’ (22), ‚Verkehrsstau’ (20).<br />

Während also die SchülerInnen dieser Klasse das Bild von einem Team für<br />

die Schule wünschen (Mittelwert: 1,2), wird der durch dieses Bild repräsentierte<br />

Sachverhalt aber eher nur mittelmäßig realisiert (Mittelwert: 2,6). Noch stärker<br />

ist die Diskrepanz zwischen Realitätswahrnehmung (Ist-Wert) und Wunschtraum<br />

(Soll-Wert) bei der Metapher ‚Familie’ (Ist-Wert: 3,5; Soll-Wert: 1,6).<br />

Umgekehrt sieht es bei der Metapher ‚Arbeitslager’ aus: es wird mit einem<br />

Mittelwert von 4,6 von allen SchülerInnen (naturgemäß) stark abgelehnt, ist aber<br />

aus Sicht der SchülerInnen an ihrer Schule mit einem Mittelwert von 2,5 doch<br />

immerhin über das Mittelmaß hinaus ausgeprägt (Diskrepanz: 2,1). Insgesamt<br />

zeigt sich ein stimmiges Ergebnis, was den Vergleich zwischen Ist-Bild und<br />

Soll-Bild der Schule anbelangt: Die stark abgelehnten Soll-Metaphern werden<br />

als zumindest teilweise verwirklicht angesehen, während die erwünschten Soll-<br />

Metaphern als kaum realisiert bewertet werden. Kein sehr erfreuliches Bild für<br />

diese konkrete Schule; sollte sich ein analoges Bild auch in den anderen Klassen


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 185<br />

zeigen, so müssten an dieser Schule keine weiteren Themen für die Schulent-<br />

wicklung<br />

gesucht werden.<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

5C Soll/Ist-Vergleich<br />

193241810212328161 412292139255 6178147152620271122<br />

IST-5C<br />

SOLL-5C<br />

Abb. 23: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte) über alle Schülerinnen und Schüler der 5C<br />

Klasse, aufsteigend nach Soll-Werten geordnet. Y-Achse: Ist: 1... „trifft zu“, 5…„trifft<br />

nicht zu“; Soll: 1... „sollte zutreffen“, 5...„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern<br />

der X-Achse im Diagramm mit den Metaphernnamen in Tabelle 29; N= 16<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

5C Mädchen Soll/Ist-Vergleich<br />

1,0 19 3 18162124101223 1 2 2829 4 1325 5 8 6 1726 9 7 141115202227<br />

Ist-Mädchen<br />

Soll-Mädchen<br />

Abb. 24: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schülerinnen der 5C Klasse, aufsteigend nach<br />

Sollwerten geordnet; Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; Soll: 1…„sollte<br />

zutreffen“, 5…„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im<br />

Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N=7.


186 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Beim Ist-Soll-Vergleich der Mädchen zeigen sich (vgl. Abbildung 24) geringere<br />

Diskrepanzen als beim Ist-Soll-Vergleich der Jungen (vgl. Abbildung 25). Ausgenommen<br />

hiervon ist die Metapher ‚Familie’ (3); Hier klafft auch bei den Mädchen<br />

eine gehörige Diskrepanz zwischen Wunsch (1,3) und Realität (3,8)<br />

(Diskrepanz: 2,5) Bei den Jungen bestehen die größten Diskrepanzen zwischen<br />

Ist und Soll bei den Metaphern ‚Arbeitslager’ (26) (Ist: 1,7; Soll: 5; Diskrepanz:<br />

3,3!) ‚Blumenwiese’ (28) (Ist: 1,9; Soll: 4,1; Diskrepanz: 2,2), Gefängnis (22)<br />

(Ist: 2,9; Soll: 5; Diskrepanz: 2,1) und ‚Team’ (19) (Ist: 1,2; Soll: 3,1; Diskrepanz:<br />

1,9).<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3, 5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

5C Jungen Soll/Ist-Vergleich<br />

1924 3 1028212318 4 1 16 9 2912 6 5 1325 2 17 8 14 7 152026271122<br />

Ist-Jungen<br />

Soll-Jungen<br />

Abb. 25: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schüler der 5C Klasse; aufsteigend nach Soll-<br />

Werten geordnet. Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; Soll: 1…„sollte<br />

zutreffen“, 5…„sollte nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im<br />

Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N= 9.<br />

Betrachtet man die Soll-Werte für SchülerInnen und Schüler im Vergleich (Abbildung<br />

26), so zeigt sich, dass die Wunschvorstellungen bei Jungen und Mädchen<br />

doch erstaunlich homogen sind; es gibt nur wenige starke Abweichungen<br />

wie<br />

etwa bei den Metaphern ‚Blumenwiese’ (28) (Diskrepanz 1,3 Punkte) und<br />

Museum (9) (Diskrepanz: 0,9 Punkte). Die Zielvorstellungen – zumindest auf<br />

der noch relativ diffusen Ebene der Metaphern – sind also sehr einheitlich.<br />

Bezüglich der von beiden Personengruppen am stärksten gewünschten Metapher<br />

‚Team’ (19) herrscht beispielsweise fast völlige Übereinstimmung. Ähnliches


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 187<br />

gilt für die Metapher ‚Expedition’ (18). Etwas weniger deutlich tritt die<br />

Übereinstimmung bei der Metapher ‚Familie’ (3) zu Tage. Bei den am stärksten<br />

abgelehnten Metaphern zeigt sich ebenfalls große Übereinstimmung zwischen<br />

Mädchen und Jungen. So bestehen keine Unterschiede bei der Bewertung der<br />

Soll-Metaphern ‚Zwangsjacke’ (11), ‚Gefängnis’ (22) und ‚Friedhof’ (27).<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2, 5<br />

2, 0<br />

1,5<br />

1,0<br />

5C Soll-Vergleich Mädchen/Jungen<br />

19 3 18162124101223 1 2 2829 4 1325 5 8 6 1726 9 7 141115202227<br />

Soll-Mädchen<br />

Soll-Jungen<br />

Abb. 26: Soll-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse (Mittelwerte); aufsteigend nach<br />

den Soll-Werten der Mädchen geordnet. Y-Achse: Soll: 1…„sollte zutreffen“, 5…„sollte<br />

nicht zutreffen“; vergleiche die Nummern der X-Achse im Diagramm mit den<br />

Metaphernamen in Tabelle 29; N= 16.<br />

Sieht man sich hingegen den Ist-Vergleich zwischen Mädchen und Jungen an<br />

(vgl. Abbildung 27), so fallen deutliche Unterschiede auf. Dies bedeutet, dass<br />

die Jungen und die Mädchen die schulische Wirklichkeit unterschiedlich wahrnehmen.<br />

Eine Analyse zeigt, dass die Jungen die Schulrealität deutlich negativer<br />

bewerten als die Mädchen. Während die Mädchen die Schule durchaus als durch<br />

die ‚Team’-Metapher (19) charakterisiert sehen (Mittelwert: 1,8), trifft dies für<br />

die Jungen nicht zu (Mittelwert: 3,1). Dies stellt immerhin eine Diskrepanz von<br />

1,3 Punkten dar. Bei die Metapher ‚Arbeitslager’ (26) gilt Analoges:<br />

( Mittelwert-Jungen: 1,7; Mittenwert-Mädchen: 3,4; Diskrepanz:<br />

1,7).<br />

Diese Ergebnisse führten im Unterricht zu einer komplexen Diskussion in<br />

der viele Fragen aufgeworfen wurden, zu denen dann in Arbeitsgruppen<br />

Informationen gesucht und in Referaten dargestellt wurden. Darunter waren


188 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Themenstellungen wie ‚Geschlechtsspezifisches Rollenverständnis’, ‚Faktoren<br />

der Wahrnehmungsverzerrung’, ‚Kompromisse’, ‚Demokratische Mitbestimmung<br />

in der Schule – Möglichkeiten und Grenzen’.<br />

5,0<br />

4,5<br />

4,0<br />

3,5<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1, 0<br />

5C Ist-Vergleich Mädchen/Jungen<br />

2919212524 5 17 2 8 1214131623 26 6 2022 3 4 18 1 101128 7 9 1527<br />

Ist-Mädchen<br />

Ist-Jungen<br />

Abb. 27: Ist-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse; aufsteigend nach Ist-Werten der<br />

Mädchen geordnet. Y-Achse: Ist: 1…„trifft zu“, 5…„trifft nicht zu“; vergleiche die<br />

Nummern<br />

der X-Achse im Diagramm mit den Metaphernamen in Tabelle 29; N= 16.<br />

Alles in allem zeigt sich ein unvorhergesehener<br />

Reichtum an Anregungen, der<br />

durch die Arbeit mit dem Metaphernmodul aufgedeckt und angestoßen worden<br />

war.<br />

6.2.2 Englischsprachiger Fachunterricht<br />

Im Folgenden wird ein Pilotprojekt vorgestellt,<br />

in dem ein Themenblock (Gedächtnis/Memory)<br />

im Psychologieunterricht in Englischer Sprache unterrichtet<br />

wurde. Das Pilotprojekt wurde vom MSS-Team evaluiert.<br />

6.2.2.1 Englisch in Studium und Beruf<br />

Zweifelsohne werden SchülerInnen an Gymnasien – anders als an Berufsbildenden<br />

Höheren Schulen – primär auf ein Studium an Hochschulen, Fachhoch-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 189<br />

schulen und <strong>Universität</strong>en und damit auch auf Berufe, die zunehmend einen<br />

stärkeren Grad an internationaler Vernetzung aufweisen werden, vorbereitet. An<br />

den <strong>Universität</strong>en ist heute die Englische Sprache das internationale Kommunikationsmedium:<br />

in fast allen wissenschaftlichen Disziplinen sind die führenden<br />

internationalen wissenschaftlichen Journale englischsprachig und auf internationalen<br />

Kongressen, wo die neuesten Forschungsresultate vorgestellt und<br />

diskutiert werden, dominiert Englisch unangefochten. Analoges gilt auch für den<br />

Bereich der Wirtschaft. Daraus ergibt sich, dass nur jene, deren Kompetenzen<br />

im aktiven Umgang mit gesprochenem und geschriebenem Englisch auch ein<br />

Verständnis komplexerer Zusammenhänge und eine hinreichendes Ausdrucksvermögen<br />

eigener Gedankengänge erlauben, den Anschluss an das aktuelle Forschungs-<br />

und Wirtschaftsgeschehen erlangen und in den Diskussionen mitmischen<br />

können. Eine adäquate und zukunftsorientierte Ausbildung an Gymnasien<br />

hat diesen Tatsachen Rechnung zu tragen. Neben einem bereits etablierten<br />

guten Englischunterricht, dem Einsatz von ‚native speakers’ (z.B.<br />

Sprachassistenten) und Auslandsaufenthalten sowie Zusatzangeboten wie dem<br />

Ablegen von international anerkannten Sprachtests wie etwa dem „Cambridge<br />

Certificate“, können Englischkompetenzen<br />

zusätzlich auch dadurch gefördert<br />

werden, dass sie in verschiedenen Unterrichtsfächern zum Einsatz kommen. Ein<br />

derartiges Projekt wurde vom MSS-Team evaluiert.<br />

6.2.2.2 Projektbeschreibung<br />

Das<br />

Projekt wurde in einer von zwei 8. Klassen (12. Schulstufe) eines Gymnasiums<br />

realisiert. Eine der beiden Klassen fungierte als Interventionsgruppe<br />

(IG) mit englischsprachigem Unterricht im Fach Psychologie und die andere als<br />

Kontrollgruppe (KG).<br />

Im Wintersemester wurden dieselben Themen (Logik, Erkenntnistheorie) in<br />

beiden Klassen vom selben Lehrer auf Deutsch unterrichtet und bekamen zum<br />

Semesterende denselben Test auf Deutsch vorgelegt (Test I). Im Sommersemester<br />

wurde die Interventionsgruppe auf Englisch, die Kontrollgruppe auf Deutsch<br />

unterrichtet. Die Unterrichtsinhalte waren identisch, lediglich die Unterrichtssprache<br />

unterschied sich (memory/Gedächtnis). Am Ende dieser Unterrichts<br />

sequenz<br />

wurde wiederum ein Test (Test II) durchgeführt. Bei diesem Test (Test<br />

II) wurden beiden Gruppen (Klassen) dieselben Fragen gestellt. Der Projektklasse<br />

wurden die Fragen auf Englisch und Deutsch vorgelegt. Die Sprache in<br />

der die SchülerInnen die Fragen beantworten wollten, war ihnen freigestellt.<br />

Die Ergebnisse (erreichte Punkte bei einem Punktemaximum in beiden Tests<br />

von jeweils 24) der Tests II wurden sowohl miteinander als auch mit den


190 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Ergebnissen der Tests I des ersten Semesters verglichen, bei denen ebenfalls in<br />

beiden Klassen dieselben Fragen gestellt worden waren. Dadurch sollte Klarheit<br />

darüber gewonnen werden, ob es durch das Projekt zu Verschlechterung der<br />

Leistungen<br />

in der Projektklasse gegenüber der Leistung jener SchülerInnen, die<br />

auf Deutsch unterrichtet wurden, kam bzw. ob sich die Leistung der ProjektschülerInnen<br />

im zweiten Semester gegenüber ihrer Leistung im ersten Semester<br />

verschlechterte.<br />

Das Thema ‚memory/Gedächtnis’ wurde für die Interventionsgruppe vom<br />

Lehrer ausgewählt. Den 20 SchülerInnen der Interventionsklasse mit naturwissenschaftlicher<br />

Ausrichtung (also keiner Klasse mit sprachlichem Schwerpunkt)<br />

wurde ca. eine Woche vor Beginn des Projekts jeweils eine Liste mit eher seltenen<br />

und schwierigen Vokabeln, die aber für eine aktive Teilnahme am Unterricht<br />

zu diesem Themenbereich unerlässlich waren, übergeben. Diese Vokabeln<br />

sollten als Vorbereitung auf den englischsprachigen Unterrichtsblock gelernt<br />

werden.<br />

Das Projekt dauerte sechs Wochen zu jeweils zwei Unterrichtseinheiten und<br />

umfasste folgende Inhalte: encoding and storage processes, stage theory of<br />

memory (sensory register, short term and long term memory), research results<br />

on forgetting (pro-active and retro-active inhibition, tip of the tongue phenolmenon,<br />

the role of retrieval cues, flash bulb memories,<br />

childhood amnesia, implicit<br />

and explicit memory, hypnosis), mnemonics (‘chunking’ and the ‚method<br />

of loci’), the role of conceptual frame-works<br />

(schemes and scripts), memory re-<br />

search on eyewitness testimony, effects of brain damage on memory functions<br />

(anterograde and retrograde amnesia, prosopagnosia).<br />

6.2.2.3 Evaluationsergebnisse<br />

Um zu evaluieren, ob das Projekt auch die gewünschten Effekte und keine unvorhergesehenen<br />

negativen Nebeneffekte haben würde, wurde zusätzlich zu den<br />

Tests den SchülerInnen ein kurzer Fragebogen vorgelegt. Die vorgegebenen<br />

Aussagen waren auf einer fünfstufigen Likertskala (von 1 ‚stimmt genau’ bis 5<br />

‚stimmt nicht’) zu bewerten. Unter anderem wurden die SchülerInnen auch nach<br />

einer Selbsteinschätzung ihrer Englischkenntnisse gefragt: die eigenen Englischkenntnisse<br />

bewertete kein/e SchülerIn als schlecht oder sehr schlecht. Acht<br />

SchülerInnen schätzten ihre diesbezüglichen Kenntnisse als ausreichend, neun<br />

als gut und eine Person als sehr gut ein (zweimal wurde diese Frage nicht<br />

beantwortet). Der Fragebogen<br />

sollte Antworten auf folgende Fragen liefern: Wie<br />

haben<br />

die SchülerInnen das Projekt erlebt und wie bewerten sie es nachträglich?<br />

Wo lokalisieren die SchülerInnen die Schwächen des Projekts? Was sollte ver-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 191<br />

bessert werden? Soll das Projekt in Zukunft auch in anderen Klassen durchgeführt<br />

werden? etc.<br />

Keine/r der SchülerInnen gab nach der abschließenden schriftlichen Leistungsfeststellung<br />

(Test) an, dass sich durch das Projekt die eigene Note verschlechtert<br />

hätte. Diese Einschätzung wird auch durch einen Vergleich zwischen<br />

den Tests in der Projektklasse mit Englischunterricht und der Parallelklasse (Unterricht<br />

in Deutsch) erhärtet. Der Test II (über den Themenbereich ‚Gedächtnis/Memory’)<br />

bestand in der Projektklasse (Englisch) und in der Kontrollklasse<br />

(Deutsch), wie gesagt, aus denselben Fragen, um einen unmittelbaren Vergleich<br />

der Leistungen der SchülerInnen zu erlauben. Es zeigt sich (vgl. Tabelle 30),<br />

dass sich die Punktedifferenz zwischen Projektklasse und Kontrollklasse im<br />

Mittel von Test I auf Test II vermindert hat. Dies lässt sich – trotz der vielen<br />

unkontrollierbaren<br />

möglichen Störvariablen (z.B. Hawthorne-Effekt), die bei<br />

dem vorliegenden quasi-experimentelle Design nicht kontrolliert<br />

werden konnten<br />

– als Hinwe is auffassen, dass das Projekt eher zu einer Verbesserung<br />

der<br />

Leistungen in der Interventionsklasse beigetragen hat.<br />

IG KG<br />

Test I Punkte∅: 15,3 (Deutsch) Punkte∅: 19,8 (Deutsch)<br />

Test II Punkte∅: 17,0 (Englisch) Punkte∅: 18,9 (Deutsch)<br />

Tab. 30: Testpunkte im Projekt ‚Englischsprachiger Unterricht’; IG...Interventionsgruppe<br />

(Projektklasse Englisch unterrichtet), KG...Kontrollgruppe (Deutsch unterrichtet),<br />

∅ … durchschnittliche Punkteanzahl; Test I…Test ‚Logik und Erkenntnistheorie’ (beide<br />

Klassen Deutsch), Test II…Test ‚Gedächtnis/ Memory’.<br />

Zurück zu den Ergebnissen der Fragebogenerhebung: Mit einem erfreulichen<br />

Mittelwert von 1,9 hielten viele der SchülerInnen das Projekt für interessant und<br />

gaben zudem an, dass das Projekt ihrer Meinung nach auch in anderen Klassen<br />

durchgeführt werden sollte (Mittelwert: 2,0) bzw. dass sie das Projekt weiterempfehlen<br />

könnten (Mittelwert: 1,9; vgl. dazu die Grafiken 28, 29 und 31 zur<br />

Antwortverteilung). Eindeutig abgelehnt wurden im Mittel hingegen die folgen-<br />

den<br />

Aussagen: „Das Projekt hat bei mir Stress ausgelöst.“ (Mittelwert: 4,5),<br />

„Das Projekt war langweilig.“ (Mittelwert: 4,4), „Das Projekt war eine zusätzliche<br />

Belastung.“ (Mittelwert: 4,4), „Das Projekt hat mich demotiviert.“ (Mittelwert:<br />

4,3).


192 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Nennungen<br />

Nennungen<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Antwortverteilung auf die Aussage: "Das<br />

Projekt kann ich weiterempfehlen."<br />

5<br />

8<br />

4<br />

0 0<br />

1 2 3 4 5<br />

1...stimmt 5...stimmt nicht<br />

Abb. 28: Projekt wird weiterempfohlen;<br />

N=20 (Interventionsgruppe, davon 3<br />

Missings)<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

Antwortverteilung auf die Frage: "Das<br />

Projekt hat dazu geführt, dass ich große<br />

Mühe hatte, dem Unterricht zu folgen."<br />

1<br />

3<br />

4<br />

1 2 3 4 5<br />

1...stimmt 5...stimmt nicht<br />

Abb. 30: …Mühe, dem Unterricht zu<br />

folgen; N=20 (Interventionsgruppe)<br />

5<br />

7<br />

Nennungen<br />

Nennungen<br />

Antwortverteilung zur Aussage: "Das Projekt<br />

war interessant."<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

5<br />

13<br />

2<br />

0 0<br />

1 2 3 4 5<br />

1...stimmt 5...stimmt nicht<br />

Abb. 29: Das Projekt war interessant;<br />

N=20 (Interventionsgruppe)<br />

Antwortverteilung zur Aussage: "Das Projekt<br />

sollte auch in anderen Klassen durchgeführt<br />

werden."<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

7<br />

8<br />

4<br />

1 2 3 4 5<br />

1...stimmt 5...stimmt nicht<br />

Abb. 31: Projektwiederholung in anderen<br />

Klassen; N=20 (Interventionsgruppe)<br />

Insgesamt belegen die Antworten zum einen, dass es dem Lehrer gelungen ist,<br />

einen Unterricht zu gestalten, der die Interessen der SchülerInnen geweckt, sie<br />

aber zum anderen nicht überfordert hat. Dennoch kann und sollte man nach<br />

der/n Ursache/n dafür suchen, warum 20% der SchülerInnen (4 von 20 Personen)<br />

der Aussage ‚Das Projekt hat dazu geführt, dass ich große Mühe hatte,<br />

dem Unterricht zu folgen.’ tendenziell zustimmen. Dennoch zeigen die Ant-<br />

0<br />

1


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 193<br />

worten auf die Frage, ob sie durch das Projekt große Mühe gehabt hätten, dem<br />

Unterricht zu folgen, folgendes Bild (vgl. Abbildung 28 bis 31).<br />

Die Analyse der Kritikpunkte verweist auf die hohe Sprechgeschwindigkeit<br />

des Lehrers: Die Aussage „Der Lehrer hat zu schnell gesprochen.“ weist mit<br />

einem Mittelwert von 2,3 doch eine relativ hohe Zustimmung auf; diese Interpretation<br />

wird zudem auch noch durch die freien Antworten unterstützt: 50%<br />

(10 Personen) gaben unter der Rubrik „Das hat mir am Projekt nicht gefallen“<br />

an, dass der Lehrer zu schnell gesprochen hätte. Dies war im Wesentlichen der<br />

einzige geäußerte Kritikpunkt am Unterricht. Andere mögliche Ursachen scheiden<br />

eindeutig aus: So wurde die Aussage „Der Lehrer spricht ein schlechtes<br />

Englisch.“ mit einem Mittelwert von 4,3 von den SchülerInnen klar abgelehnt.<br />

Ähnliches gilt für die Aussagen „Der Lehrer sollte sich besser auf ein derartiges<br />

Projekt vorbereiten.“ (Mittelwert: 4,5), „Der Lehrer sollte seine Grammatikkenntnisse<br />

verbessern.“ (Mittelwert: 4,2) und „Der Lehrer sollte mehr relevante<br />

Vokabeln angeben.“ (Mittelwert: 4,2). Hingegen stimmen die SchülerInnen der<br />

positiven Aussage „Der Lehrer hat bei Bedarf Sachverhalte auch auf Deutsch<br />

erklärt.“ im Mittel von 1,5 sehr stark zu. Demnach lässt sich die Ursache für die<br />

Mühe beim Folgen des Unterrichts doch sehr deutlich am Sprechtempo des<br />

Lehrers festmachen; es handelt sich dabei um eine Problemursache, die, weil im<br />

Einflussbereich des Lehrers, sich künftig leicht beheben lassen dürfte.<br />

Insgesamt zeigt das Evaluationsergebnis aber eine positive Einschätzung des<br />

Pilotprojekts. So wurde etwa der folgenden Aussage „Falls das Projekt wieder<br />

durchgeführt wird, sollte im Großen und Ganzen alles so bleiben wie es diesmal<br />

war.“ von den SchülerInnen mit einem Mittelwert von 2,1 zugestimmt, während<br />

die Aussage „Der Lehrer sollte dieses Projekt nicht mehr durchführen.“ mit<br />

einem Mittelwert von 4,5 klar abgelehnt wurde.<br />

Alles in allem kann das Pilotprojekt abschließend als insgesamt positiv<br />

bewertet werden. Dies gilt sowohl für die SchülerInnensicht als auch für die<br />

Leistungen der SchülerInnen der Interventionsgruppe (Projektklasse) im Vergleich<br />

zur auf Deutsch unterrichteten Kontrollgruppe. Eine Weiterführung legt<br />

sich somit nicht nur aufgrund der zunehmenden Bedeutung der englischen<br />

Sprachkompetenzen in Forschung und Wirtschaft nahe, sondern wurde zudem<br />

auch von den SchülerInnen selbst eindeutig befürwortet. Die durch die Evaluation<br />

aufgedeckte Schwäche bezüglich der Mühen, dem Unterricht folgen zu<br />

können, konnten mit großer Wahrscheinlichkeit auf die Sprechgeschwindigkeit<br />

des Lehrers zurückgeführt werden. Diese Ursache kann – wenn sich der Lehrer<br />

aufgrund des Feedbacks seiner SchülerInnen (Evaluation) sich dieses Umstands<br />

bewusst wird – leicht behoben werden. Einer Fortführung dieses Projekt steht


194 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

damit zur Zeit nichts entgegen. Zu überlegen bleibt allenfalls, ob das Projekt<br />

auch auf geschriebenes Englisch in Form einfacher Publikationen – etwa in<br />

Form der Erstellungen von englischsprachigen Zusammenfassungen von Inhalten<br />

fachspezifischer Aufsätze – ausgedehnt werden sollte.<br />

6.2.3 ECDL-Einsatz an der Schule<br />

Ein weiteres MSS-Projekt betrifft die Evaluation des Einsatzes des Europäischen<br />

Computer Führerscheins (Eurpoean Computer Driving Licence, ECDL<br />

(bit media 2000). Bei den 91 TeilnehmerInnen handelte es sich um SchülerInnen<br />

eines Abendgymnasiums für Berufstätige der Ausbildungssemester 6, 7 und 8.<br />

39% waren Männer und 61% Frauen. Die Altersstruktur zeigte folgendes Bild:<br />

7% unter 21 Jahre, 28% zwischen 21 und 30 Jahren, 43% zwischen 31 und 40<br />

Jahren und 21% über 40 Jahre. Alle TeilnehmerInnen erhielten jeweils eine<br />

ECDL-CD-Rom zum Selbststudium ausgehändigt. Es war u.a. das Ziel des Projekts,<br />

zu überprüfen, inwieweit die ECDL-CD-Roms von den TeilnehmerInnen<br />

als sinnvoll und hilfreich erachtet wurden bzw. herauszufinden, wo Schwächen<br />

liegen, um, einen späteren Einsatz optimieren zu können. Über die Ergebnisse<br />

berichten Riffert und Eckstein im Abschlussbericht (2001); hier können nur ein<br />

paar wenige Details herausgegriffen werden.<br />

100%<br />

90%<br />

80%<br />

70%<br />

60%<br />

50%<br />

40%<br />

30%<br />

20%<br />

10%<br />

0%<br />

0<br />

50<br />

42<br />

68<br />

14<br />

8 9<br />

9 12<br />

sehr gut gut mittelmässig (sehr) schlecht<br />

73<br />

12<br />

3<br />

24<br />

55<br />

15<br />

6<br />

sehr verbessert<br />

verbessert<br />

kaum verbessert<br />

nicht verbessert<br />

Abb. 32: Computerkenntnisse vor der Maßnahme (Kategorien der X-Achse)<br />

und der Wissenszuwachs durch das ECDL-Projekt. (Y-Achse) (N=91)<br />

Insgesamt lässt sich festhalten, dass sich die Erfahrungen der SchülerInnen mit<br />

dem Produkt als durchwegs positiv erwiesen. Es zeigt sich erwartungsgemäß,<br />

dass bei denjenigen, die angaben, dass ihre PC-Kenntnisse bereits vor dem


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 195<br />

ECDL-Einsatz hoch waren, ein ‚ceiling-Effekt’ auftritt: wer schon vor dem<br />

ECDL-Einsatz ‚sehr gut’ war, profitierte natürlich von ECDL-CD-Rom nicht<br />

mehr sehr viel, dennoch sprechen immerhin 50% von einer Verbesserung. Bei<br />

jenen, die vorher ‚gut’ waren haben sich mehr als zwei Drittel verbessert, 9%<br />

sogar sehr verbessert. Jene Probanden, die sich vorher als mittelmäßig eingestuft<br />

haben, profitieren von der EDCL-CD-Rom am deutlichsten: 73% verbessern<br />

sich und 12% verbessern sich sehr. Bei der Gruppierung mit (sehr) schlechten<br />

Kenntnissen vor Beginn der Maßnahme konnten sich sogar ein Viertel sehr verbessern,<br />

weitere 55% zumindest sichtlich verbessern. (siehe Abbildung 32)<br />

Diese Ergebnisse zeigen, dass insbesondere die Gruppierungen mit geringen<br />

EDV-Kompetenzen mit der CD-Rom ein Selbstlernprodukt erhileten, das es<br />

ihnen ermöglichte, ihre Kenntnisse deutlich zu verbessern. Wenn man unterstellt,<br />

dass der ECDL nicht für die Weiterbildung von SpezialistInnen, sondern<br />

für den/die ‚DurchschnittsverbraucherIn’ mit wenig vorhandenen Vorkenntnissen<br />

entwickelt wurde, so belegen diese Ergebnisse, dass diese Zielsetzung<br />

sehr gut erreicht wird. Dieses Bild, das sich aus der Selbsteinschätzung der<br />

SchülerInnen ergibt wird auch dadurch gestützt, dass bereits am Ende des<br />

Schuljahres relativ viele SchülerInnen (ca. 30%) Prüfungen über Teilbereiche<br />

des ECDL großteils erfolgreich abgelegt hatten (vgl. Tabelle 31).<br />

angetreten und angetreten, aber noch nicht<br />

Kurse:<br />

bestanden nicht bestanden angetreten<br />

EDV Grundlagen 30 1 69<br />

Windows 98 31 0 69<br />

Word 2000 30 1 69<br />

Excel 2000 29 1 70<br />

Access 2000 30 1 69<br />

PowerPoint 2000 27 1 71<br />

Internet 29 1 70<br />

Tab. 31: Absolvierte Prüfungen und Prüfungserfolg bei den einzelnen Kursen<br />

(in Prozent)<br />

Es wurde auch der Frage nachgegangen, ob sich in der Gruppe derjenigen, die<br />

zumindest bereits eine Prüfung absolviert hatten, eine andere Bewertung der<br />

ECDL-CD-Rom zeigte. Werden diese Personen etwa gefragt, wie sie die Vorbereitung<br />

auf die ECDL-Prüfung durch die ECDL-CD-Rom wahrgenommen<br />

haben, geben 26% an, dass die Vorbereitung auf die Prüfung durch die ECDL-<br />

CD-Rom sehr gut gewesen wäre, 56% haben die Vorbereitung als gut bezeich-


196 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

net. 15% bewerteten sie als mittelmäßig. Die Bewertung der ECDL-CD-Rom<br />

durch jene, die ihre damit erworbenen Kenntnisse bereits einmal in einer Prüfungssituation<br />

beweisen mussten, ist demnach ebenfalls sehr positiv: über vier<br />

Fünftel, nämlich 82%, bewerteten die Vorbereitung auf die Prüfung als gut bis<br />

sehr gut. Dies stellt ein Indiz dafür dar, dass die Selbsteinschätzung des Lernzuwachses<br />

seitens der AnwenderInnen realistisch wiedergegeben wurde. Nur<br />

3% gaben an, dass die Vorbereitung auf die Prüfung durch das Arbeiten mit der<br />

ECDL-CD-Rom schlecht gewesen wäre, keine/r (0%) hielt sie für sehr schlecht.<br />

Überprüft man zusätzlich noch, ob es einen Zusammenhang zwischen den<br />

PC-Kenntnissen vor dem ECDL-Einsatz und dem Antritt bzw. Nicht-Antritt zur<br />

ECDL-Prüfung gibt, so zeigen sich keine signifikanten Korrelationen. Das bedeutet,<br />

dass nicht vermehrt SchülerInnen zu den Prüfungen angetreten sind, die<br />

bereits vor dem Studium der ECDL-CD-Rom über gute PC-Kenntnisse verfügten.<br />

Betrachtet man die Zusammenhänge zwischen PC-Kenntnissen vor dem<br />

ECDL-Einsatz und der Bewertung der Frage, ob die Arbeit mit der ECDL-CD-<br />

Rom eine gute Prüfungsvorbereitung war, so zeigt sich sogar, dass sich tendenziell<br />

jene besser auf die Prüfung vorbereitet fühlten, die vor dem ECDL-Einsatz<br />

ihre eigenen PC-Kenntnisse als mittelmäßig bzw. schlecht einschätzten, als jene,<br />

die ihre PC-Kenntnisse vor dem ECDL-Einsatz als sehr gut bzw. gut einschätzten.<br />

Ähnlich positiv liegen auch die Angaben zur Zufriedenheit mit der ECDL-<br />

CD-Rom insgesamt und mit einzelnen ECDL-Teilkursen. (Vgl. Tabelle 32) 82%<br />

geben an, dass sie mit der ECDL-CD-Rom insgesamt zufrieden waren (sehr<br />

zufrieden: 41%, eher zufrieden 41%). 15% sind nur mittelmäßig zufrieden, und<br />

nicht zufrieden sind nur 2%. Die Zufriedenheit mit den einzelnen Teilkursen<br />

weist in dieselbe Richtung: die Zufriedenheit liegt zwischen 89% (Windows 98<br />

und Word 2000) und 70% (Access 2000). Zudem wurden die negativen Kategorien<br />

kaum für Bewertung genutzt.<br />

Kurse: sehr eher mittelmäßig kaum gar nicht<br />

EDV-Grundlagen 46 41 10 3 0<br />

Windows 98 48 41 9 2 0<br />

Word 2000 55 34 9 2 0<br />

Excel 2000 52 35 12 2 0<br />

Access 2000 34 36 24 6 0<br />

PowerPoint 2000 36 40 22 2 0<br />

Internet 40 35 21 5 0<br />

Tab. 32: Zufriedenheit mit den einzelnen ECDL-CD-Rom-Kursen (in Prozent)


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 197<br />

Die auf der ECDL-CD-Rom mitgelieferten Kursmaterialien wurden von 14% als<br />

zu wenig ausführlich, von 78% als genau richtig und von 8% als zu ausführlich<br />

bewertet.<br />

Zusammenfassend ließen sich also durchwegs erfreuliche Resultate nachweisen,<br />

die sich über die hier nur exemplarisch angeführte Auswahl hinaus auch<br />

auf Bereiche wie Anwenderfreundlichkeit, Design und Lernzuwachs erstreckten.<br />

Insgesamt weisen die erhobenen Ergebnisse darauf hin, dass Schulen mit<br />

dem ECDL ein Medium zur Verfügung stehen könnte, das es erlaubt, SchülerInnen<br />

Basisfertigkeiten am PC mit einem vergleichsweise geringen Zeitaufwand<br />

an Betreuung durch die LehrerInnen zu vermitteln.<br />

Allerdings ist auch darauf hinzuweisen, dass es sich bei den TeilnehmerInnen<br />

dieser Studie um teilweise bereits ‚ältere Semester’ und zudem relativ<br />

motivierte und aktive AbendschülerInnen gehandelt hat und dass daher<br />

Verallgemeinerungen insbesondere auf jüngere SchülerInnen nur sehr behutsam<br />

vorgenommen werden können. Weitere MSS-Einsätze sind daher vor einer endgültigen<br />

Bewertung des ECDL als Selbstlernmedium für jüngere SchülerInnen<br />

unverzichtbar.<br />

Schließlich soll auch noch kurz auf das Hauptdefizit des ECDL hingewiesen<br />

werden. Es handelt sich hierbei um die soziale Isolation beim Lernen und die<br />

fehlende Möglichkeit, sich unmittelbar Rückmeldungen von LehrerInnen bzw.<br />

KollegInnen zu holen. Einerseits ermöglicht die Bearbeitung der CD-Rom zwar<br />

den Lernenden eine große Flexibilität, da sie immer lernen können, wann es für<br />

sie passt, andererseits aber wird genau dieser Vorteil auch durch den Nachteil<br />

einer gewissen Isolation erkauft. So geben immerhin 38% der Befragten an, dass<br />

es frustrierend ist, wenn man beim Arbeiten mit der ECDL-CD-Rom mit<br />

niemandem über auftauchende Probleme reden kann. Dementsprechend geben<br />

41% an, dass ihnen das Gespräch mit KollegInnen beim Arbeiten mit der<br />

ECDL-CD-Rom nicht abgegangen wäre, wohingegen 39% dies verneinen (mittlere<br />

Antwortkategorie: 19%). Und immerhin ein Viertel der Befragten (26%)<br />

gibt an, dass sie ungern mit dem ECDL gearbeitet hätten, weil ihnen die direkte<br />

Rückmeldung durch andere (LehrerIn, LehrgangsleiterIn, Mitstudierende) gefehlt<br />

hat (Ablehnung: 39%). Dieser Befund weist darauf hin, dass Präsenzphasen,<br />

in denen etwa aufgetretene Probleme direkt mit LehrerInnen und KollegInnen<br />

besprochen und diskutiert werden können, für eine nicht gerade kleine<br />

Anzahl von SchülerInnen sehr wichtig sind. Es kann vermutet werden, dass dies<br />

insbesondere für jüngere SchülerInnen in einem noch größeren Ausmaß der Fall<br />

sein könnte.


198 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Stellt das Angebot, sich per E-mail-Kontakt in den asynchronen (On-line-)<br />

Phasen die nötige Rückmeldung bzw. Hilfestellung zu besorgen, aus Schüler-<br />

Innensicht eine brauchbare Alternative zur synchronen Zusammenarbeit (in den<br />

Präsenzphasen) dar? Es zeigt sich, dass lediglich 10% von dieser Möglichkeit<br />

oft bis sehr oft Gebrauch gemacht haben, bei Fragen mit LehrerInnen bzw.<br />

KursleiterInnen Kontakt aufzunehmen (selten bis nie: 74%.). Ähnliches gilt für<br />

die Möglichkeit sich per E-mail mit MitschülerInnen/LehrgangsteilnehmerInnen<br />

in Verbindung zu setzen, um aufgetretene Probleme gemeinsam zu lösen: sie<br />

wurde aber nur von 11% genutzt.<br />

An diesen Ergebnissen zeigt sich ganz deutlich, dass das E-mail als Ersatz<br />

für direkte (synchrone) Betreuung durch Lehrpersonen oder Diskussionsmedium<br />

mit KollegInnen nur marginal genutzt wurde. Das war die einzige feststellbare<br />

Schwäche des ECDL, die bei dieser Erhebung zu Tage trat. Für künftige ECDL-<br />

Einsätze wurde daher den Schulen empfohlen, Präsenzphasen einzurichten, in<br />

denen SchülerInnen miteinander und mit ihren LehrerInnen Erfahrungen mit der<br />

ECDL-CD-Rom austauschen und aufgetretene Probleme lösen können. Zusätzlich<br />

sollte eine explizite Einschulung in den Gebrauch des E-mails für Fragen an<br />

die Lehrkräfte und KollegInnen durchgeführt werden. Diese soll die offensichtliche<br />

Hemmschwelle gegenüber dieser Informationsquelle abbauen helfen.<br />

Die durchgeführte MSS-Erhebung hat dazu beigetragen, einerseits die<br />

Qualität des ECDL-Konzepts zu belegen und andererseits mögliche Schwächen<br />

(Fehlen des direkten sozialen Kontakts) aufzudecken. Dadurch können auf der<br />

ZME-Basis punktgenaue Verbesserungsschritte gesetzt werden, um dieses Defizit<br />

zu minimieren. Diese Erkenntnisse können durchaus auch für andere Schulen<br />

von Nutzen sein, die versuchen wollen, die Attraktivität ihrer Schule durch ein<br />

ECDL-Angebot zu erhöhen.<br />

6.2.4 Verbesserung des Informationsflusses an der Schule<br />

Im Zuge der MSS-Erhebung an einem großen Gymnasium stellte sich heraus,<br />

dass sowohl die Eltern als auch das LehrerInnenkollegium den mangelnden<br />

Informationsfluss seitens der Schulleitung als ein zentrales Problem der Schule<br />

angaben: Dass der Informationsfluss gut sei, wurde lediglich von 33% der LehrerInnen<br />

behauptet. Nur 60% aller LehrerInnen gaben an, dass sie rechtzeitig<br />

von Entscheidungen, die sie betreffen, erfahren würden. Die Schulleitung griff<br />

dieses Thema sofort auf, um evtl. Spannungen, die durch das empfundene Informationsdefizit<br />

ausgelöst worden waren und die das Klima unter den LehrerInnen<br />

offenbar schon länger belasteten, zu beseitigen. Es wurde eine Arbeitsgruppe<br />

‚Erhöhung von Transparenz und Informationsfluss’ gebildet, welche die beste-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 199<br />

henden ‚Informationskanäle’ an dieser Schule kritisch auf Verbesserungsmöglichkeiten<br />

hin analysierte. Mittels ZME-Methode wurde deutlich herausgearbeitet,<br />

dass beispielsweise die Homepage stärker als Informationsdrehscheibe<br />

genutzt werden könnte. Zumindest – so die einhellige Meinung – die ‚Bringschuld<br />

der Schulleitung’ könne auf diesem Weg eingelöst werden. Ob und in<br />

welchem Ausmaß dieses neue Informationskonzept seitens der Schulpartner<br />

genutzt wird, kann erst eine Nachfolgeevaluation klären. Dieser erste Schritt zur<br />

stärkeren Einbindung moderner Kommunikationsstrukturen für den schulinternen<br />

Informationsfluss hatte auch Auswirkungen auf die Eltern dieser Schule:<br />

angeregt durch die Initiative der LehrerInnen entschlossen sich auch die Verantwortlichen<br />

im Elternverein die neuen Medien stärker zu nutzen. Sie sammelten<br />

die Email-Adressen der Eltern und verschickten die Elterninformationen auch<br />

auf diesem Weg. Dadurch konnte der – wie sich in der Vergangenheit immer<br />

wieder gezeigt hatte – ‚unsichere Weg’ des Elternbriefs über die Kinder zu den<br />

Eltern bei einem Großteil der Eltern durch den verlässlicheren, elektronischen<br />

Weg (Mails) ergänzt werden. Ob die Informationen nun zeitgerechter registriert<br />

werden und somit eine bessere Kommunikationsstruktur zwischen den Eltern<br />

ermöglicht wurde, kann ebenfalls nur eine weitere Evaluationsstudie zeigen.<br />

6.2.5 Akzeptanz der Hausordnung<br />

In einer Allgemeinbildenden Höheren Schule zeigte sich bei einer MSS-Erhebung,<br />

dass nur 15% der LehrerInnen die Einschätzung teilten, dass sich die<br />

SchülerInnen an die (überarbeitete) Hausordnung halten würden. Andererseits<br />

brachten 87% der LehrerInnen zum Ausdruck, dass ihnen die Einhaltung der<br />

Hausordnung sehr wichtig sei. Zugleich gaben aber auch drei Viertel aller<br />

LehrerInnen an, dass die Einhaltung der Hausordnung seitens der LehrerInnen<br />

nicht konsequent durchgesetzt werden würde. Auf LehrerInnenseite war also der<br />

Umgang mit der Hausordnung ebenfalls äußerst uneinheitlich. Ob diese Inkonsequenz<br />

seitens der LehrerInnen bei den SchülerInnen möglicherweise zu Verwirrung<br />

geführt haben mag, beziehungsweise dazu, dass der Eindruck entstand,<br />

dass die Hausordnung ohnehin nicht so wichtig sei, kann nur vermutet werden.<br />

Die Resultate der SchülerInnenbefragung bestätigten aber auf alle Fälle, dass<br />

nur 20% aller SchülerInnen der Aussage „Ich kenne die Hausordnung.“ sehr und<br />

weitere 22% tendenziell zustimmten. Dies alles zeigte sehr deutlich, dass die<br />

Hausordnung an dieser Schule zum Thema für die Schulentwicklung werden<br />

musste.<br />

Natürlich konnten die ersten Veränderungsmaßnahmen nicht bei den Regelverstößen<br />

durch die SchülerInnen ansetzen, wie dies von einigen LehrerInnen


200 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

sofort gefordert wurde. Zunächst musste an der Schule ein Diskussionsprozess<br />

unter den LehrerInnen gestartet werden, um sich untereinander auf eine einheitliche<br />

Linie bezüglich ‚konsequenter Einmahnung’ der Hausordnungsregeln zu<br />

einigen. Dies war, wie sich zeigen sollte, kein einfacher Prozess, da auch unter<br />

den LehrerInnen eine breite Streuung von Ansichten darüber vorlag, was an der<br />

Schule zu den unverzichtbaren Regeln für das alltägliche Zusammenleben<br />

gehören sollte: Sollen SchülerInnen etwa auf dem Boden herum lümmeln<br />

dürfen? Sollen sie Kaugummi kauen dürfen? Warum eigentlich nicht – so einige<br />

LehrerInnen -, wo die SchülerInnen doch sogar für das nachweislich extrem<br />

schädliche Rauchen eine ‚Ecke’ zugestanden bekommen hatten. Ein Kaugummiverbot<br />

– so die GegnerInnen – würde die LehrerInnenschaft vor diesem<br />

Hintergrund der Lächerlichkeit Preis geben. Zudem tauchte auch noch die Frage<br />

auf, ob diese Regeln für alle zu gelten hätten – also auch für die LehrerInnen<br />

und nicht nur für die SchülerInnen. Dürfen LehrerInnen Kaugummi kauen?<br />

Müssen auch LehrerInnen Hausschuhe tragen?<br />

Nachdem man sich mit Mühe auf einen Minimalkonsens geeinigt hatte,<br />

wurde die neue Hausordnung mit den gewählten SchülerInnenvertreterInnen besprochen<br />

und über diese den SchülerInnen zur Kenntnis gebracht. Jede/r<br />

SchülerIn hatte zudem durch Unterschrift deutlich zu machen, dass er den Inhalt<br />

der neuen Hausordnung kannte.<br />

In der ein Jahr später durchgeführten Zweiterhebung stieg die Zahl der SchülerInnen,<br />

welche die Hausordnung kannten, von 42% auf 73%. Dies kann als<br />

Erfolg gewertet werden – auch wenn nach wie vor jede/r vierte SchülerIn bei<br />

dieser anonymen Befragung angab, die Hausordnung noch immer nicht zu<br />

kennen. Natürlich bleibt an dieser Schule bezüglich Hausordnung noch einiges<br />

zu tun, wenn man nicht wieder in die alten Zustände zurückfallen will. Es kann<br />

vermutet werden, dass durch ein anderes Vorgehen bei der Erstellung der neuen<br />

Hausordnung – nämlich duch die Einbindung der SchülerInnen und Eltern –<br />

eine höhere Akzeptanz hätte erreicht werden können. Dies stellt für diese Schule<br />

auch eine wichtige Erkenntnis für künftige Schulprojekte dar.<br />

6.2.6 LehrerInnen-Eltern-Interaktion: Besprechungszimmer<br />

In einem Gymnasium wurde im Zuge einer MSS-Erhebung neben vielen<br />

zentralen Themen bei einer ‚unscheinbaren Frage’ zu Funktionsräumen unerwartet<br />

häufig von allen drei Personengruppen zu einem Raum Stellung genommen,<br />

der in dieser Schule für Einzelgespräche zwischen LehrerInnen und Eltern<br />

genutzt wird. Etliche Eltern haben diesen Raum als ‚Loch’, als ungastlich und<br />

unfreundlich bezeichnet. Selbst einige LehrerInnen versahen ihn mit Kommen-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 201<br />

taren wie „in diesem düsteren Raum möchte ich nicht einmal begraben sein“<br />

oder „das Zimmer ist fürchterlich“. Wissen, das latent vorhanden war, wurde<br />

explizit gemacht und schriftlich im Abschlussbericht dokumentiert. Der daraus<br />

resultierende Handlungsbedarf wurde sofort und klar erkannt. Es bedurfte nur<br />

verhältnismäßig wenig Engagements, um mit vertretbarem Kosten- und Zeitaufwand,<br />

diesen Raum, der als Nahtstelle des Eltern-LehrerInnen-Kontakts<br />

diente, zu verändern. Eine kleine Gruppe von LehrerInnen wurde von der<br />

Steuergruppe beauftragt, nach Lösungsmöglichkeiten für dieses Problem zu<br />

suchen. Schon beim ersten Treffen dieser Gruppe wurde eine Lösung erarbeitet:<br />

Das geräumigere Kopierzimmer, das sonnseitig und ruhiger gelegen war, wurde<br />

zum neuen ‚LehrerInnen-Eltern-Begegnungszimmer’ umfunktioniert und somit<br />

die beiden Funktionsräume einfach getauscht. Das neue Interaktionszimmer ist<br />

wesentlich heller, wurde durch Vorhänge, Blumenstöcke, selbst gemalte Bilder<br />

und Keramiken von SchülerInnen dieser Schule einladend gestaltet und somit<br />

atmosphärisch stark aufgewertet. Der Kopierer wurde in das alte Besprechungszimmer<br />

verlegt. Diese kleine aber deutliche Veränderung seitens der Schule<br />

stellte ein erstes und wichtiges Signal auch an alle anderen Personengruppen,<br />

insbesondere aber an die Eltern, dar, dass die erhobenen Beanstandungen ernst<br />

genommen und Veränderungen eingeleitet werden. Ein motivational wichtiger<br />

‚quick win’.<br />

6.2.7 Finanzielle Belastung durch Schulveranstaltungen<br />

In einer anderen AHS wurde vom Elternverein in die MSS-Erhebung als zentraler<br />

Punkt eingebracht, dass seitens einzelner Eltern immer wieder einmal die<br />

Schulveranstaltungen (Schikurs, Wienwoche etc.) der Schule beanstandet wurden,<br />

da die Kosten das Familienbudget zu sehr belasten würden. Da derartige<br />

Kritik seitens einzelner Eltern nur gelegentlich zum Ausdruck gebracht wurde,<br />

andererseits aber die ElternvertreterInnen unsicher waren, ob hinter diesen wenigen<br />

expliziten Äußerungen vielleicht doch eine nicht unbedeutende Anzahl von<br />

Eltern verborgen sein könnte, die sich zu keiner offenen Kritik aufraffen konnte<br />

oder wollte, sollte daher im Zuge des MSS-Einsatzes erhoben werden, wie die<br />

Eltern die finanzielle Belastung durch die Schulveranstaltungen einschätzen. So<br />

wurde in den MSS-Fragebogen dieser Schule auch eine Frage nach der ‚finanziellen<br />

Schmerzgrenze’ der Familien bezüglich Schulveranstaltungen mit aufgenommen.<br />

Diese erhobene Grenze lag deutlich unter den Erwartungen des Elternvereins.<br />

Es war aufgrund der familiären Finanzknappheit folglich nicht verwunderlich,<br />

dass einige SchülerInnen ausgerechnet bei diesen das Klassenklima för-


202 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

dernden Schulveranstaltungen nicht teilnehmen und stattdessen in einer Parallelklasse<br />

die Schulbank drücken mussten, und dadurch unter Umständen genau<br />

jene SchülerInnen mit schwachem sozio-ökonomischen Hintergrund zusätzlich<br />

stigmatisiert wurden. Die Erhebungsergebnisse erlaubten es den ElternvertreterInnen<br />

zu erörtern, ob etwa durch die generelle Reduktion der Schikurswoche<br />

um einen Tag, oder durch die Streichung eines Schikurses dem Limit des<br />

finanziell Verschmerzbaren näher zu kommen wäre. Andererseits war es auch<br />

möglich, aufgrund der genauen Erhebung den finanziellen Unterstützungsbedarf<br />

seitens des Elternvereins zu bestimmen.<br />

Im Schutz der Anonymität fällt es offenbar auch Eltern leichter, ehrliche Angaben<br />

zu ihren finanziellen Möglichkeiten und Grenzen zu machen, da sie nicht<br />

stigmatisiert werden. Für einen Elternverein ist es durch den Einsatz dieses Moduls<br />

möglich, auch die Bezuschussungsformalitäten bei einzelnen SchülerInnen<br />

bzw. deren Familien auf Basis der genau erhobenen Daten zu überdenken.<br />

6.2.8 Mittagessen an der Schule<br />

An einer anderen MSS-Schule gibt es einen hohen Anteil an SchülerInnen, die<br />

mit dem Bus zur Schule kommen und nachmittags Unterricht haben. Von den<br />

140 Eltern haben sich 100 dafür ausgesprochen, eine Lösung zu suchen, dass die<br />

SchülerInnen bereits in der Schule ein Mittagessen einnehmen können, ein<br />

Wunsch, der auch von LehrerInnen und SchülerInnen unterstützt wurde. Um<br />

eine breite Resonanz zu finden, galt es im Rahmen der MSS-Untersuchung unter<br />

anderem herauszufiltern, wie hoch die maximale finanzielle Belastung für die<br />

Eltern sein durfte, damit sie sich ein derartiges Angebot überhaupt leisten<br />

konnten. 70% der Eltern konnten sich mit einem Preis von zwei bis drei Euro<br />

anfreunden. Derzeit arbeitet eine Arbeitsgruppe – bestehend aus Schulleitung,<br />

Eltern und LehrerInnen – daran, den Wunsch unter Beachtung der finanziellen<br />

und schulorganisatorischen Rahmenbedingungen in die Realität umzusetzen.<br />

6.2.9 VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen<br />

In Österreich gibt es an manchen Schulen sogenannte ‚VertrauenslehrerInnen’<br />

oder ‚OmbudslehrerInnen’, die den SchülerInnen als erste Anlaufstellen bei Problemen<br />

dienen sollen. An einer <strong>Salzburg</strong>er AHS sollte zunächst mit dem MSS<br />

eruiert werden, ob die VertrauenslehrerInnen an dieser Schule den SchülerInnen<br />

bekannt sind und wie häufig von diesem Angebot Gebrauch gemacht wurde.<br />

Darüber hinaus sollte an dieser Schule mit dem MSS erhoben werden, ob neben


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 203<br />

den VertrauenslehrerInnen auch noch ein Bedarf an VertrauensschülerInnen<br />

besteht.<br />

Im Zuge der Befragung stellte sich zur großen Überraschung der LehrerInnen<br />

heraus, dass nur 39% aller SchülerInnen wussten, wer zum Erhebungszeitpunkt<br />

die VertrauenslehrerInnen an dieser Schule waren. Es zeigte sich wieder<br />

einmal die Notwendigkeit, pädagogisch-psychologische Hilfestellungen, die<br />

diese Schule anbietet, der Zielgruppe – im konkreten Fall den eigenen AHS-<br />

SchülerInnen – ins Bewusstsein zu bringen. Es wurde daher eine kleine Informationskampagne<br />

gestartet, welche die VertrauenslehrerInnen und den Zweck<br />

dieses Angebots den SchülerInnen bekannt machen sollte. In der MSS-Untersuchung<br />

ein Jahr später kannten zumindest 54% aller SchülerInnen ihre VertrauenslehrerInnen.<br />

Das ist zwar ein positives Resultat, es bleibt aber trotzdem<br />

noch einiges an schulinterner Informationsarbeit zu leisten.<br />

Das Einsetzen von VertrauensschülerInnen – zusätzlich zu den VertrauenslehrerInnen<br />

– wurde von SchülerInnenseite mehrheitlich gefordert: Bei der Ersterhebung<br />

haben neben den SchülernInnen aber auch 71% der Eltern und 74%<br />

der LehrerInnen zum Ausdruck gebracht, dass sie diese Idee begrüßten.<br />

Knapp jede/r zehnte SchülerIn (9%) hatten bei der Ersterhebung angegeben,<br />

ein aktuelles Problem zu haben, das sie mit einem/r VertrauenslehrerIn besprechen<br />

wollten und 10% hatten ein Problem für eine Erörterung mit einem/r<br />

VertrauensschülerIn. Aufgrund dieses Ergebnisses wurden VertrauensschülerInnen<br />

ausgewählt und bekamen eine Basisausbildung für ihren Aufgabenbereich.<br />

Bei der MSS-Erhebung im darauf folgenden Schuljahr zeigte sich, dass<br />

von den SchülerInnen immerhin 4% die VertrauenslehrerInnen und 6% die VertrauensschülerInnen<br />

in Anspruch genommen hatten. Eine Analyse zeigte ferner,<br />

dass VertrauensschülerInnen und VertrauenslehrerInnen von unterschiedlichen<br />

SchülerInnen – in Abhängigkeit auch vom Alter – und mit unterschiedlichen<br />

Problemstellungen konsultiert werden. Zumindest für diese Schule erwies sich<br />

daher die propagierte ‚Sowohl-als-auch-Strategie’ von VertrauenslehrerInnen<br />

und -schülerInnen als durchaus sinnvoll.<br />

6.2.10 Einführung von ‚Kriechspur’ und ‚Überholspur’<br />

Abendgymnasien für Berufstätige haben in der Schullandschaft eine Sonderstellung:<br />

Sie werden vorwiegend von motivierten Personen besucht. Die SchülerInnen<br />

können zudem oft auf mehrere Jahre Berufserfahrung zurückblicken.<br />

Andererseits stellen Abendschulen auch für Jugendliche, welche die klassische<br />

Schulkarriere abgebrochen haben, eine wichtige, oft letzte Wiedereinstiegsmöglichkeit<br />

dar. Die Klassen sind somit eher heterogen zusammengesetzt und vieles


204 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

in der Schulorganisation folgt anderen Anforderungen als in den traditionellen<br />

allgemeinbildenenden oder berufsbildenden Höheren Schulen: Einerseits brauchen<br />

die Eltern dieser (erwachsenen) SchülerInnen nicht mehr berücksichtigt zu<br />

werden, andererseits sind Berufstätige zeitlich nur begrenzt zusätzlich (z.B. mit<br />

Hausübungen) belastbar. Zudem stehen die Abendschulen in Österreich in den<br />

letzten Jahren zunehmend in einem stärkeren Konkurrenzkampf mit Berufsförderungs-<br />

und Wirtschaftsförderungsinstituten, die Berufsreifeprüfungen und<br />

Studienberechtigungsprüfungen in Kurssystemen anbieten. Diese Kurssysteme<br />

sind teilweise kostengünstiger und weniger zeitaufwändig als der Besuch eines<br />

mehrjährigen Abendgymnasiums. Vor allem aufgrund dieses wachsenden Konkurrenzdrucks<br />

und der sich daraus ergebenden existenziellen Bedrohung kooperiert<br />

ein Abendgymnasium seit einigen Jahren in unregelmäßigen Abständen<br />

mit dem MSS-Team. Es wird seitens der Schule unter anderem versucht, in der<br />

Öffentlichkeitsarbeit neue Wege zu beschreiten und die Vorteile der Abendschule<br />

(gegenüber dem Kurssystem der Konkurrenz) hervorzuheben. Zu diesem<br />

Zweck wurde auch eine AbsolventInnenbefragung konzipiert. Sie sollte zeigen,<br />

dass sich ehemalige AbendschülerInnen an der Schule wohl gefühlt hatten und<br />

sehr gut betreut worden wären. Darüber hinaus sollte erhoben werden, wie gut<br />

die ehemaligen SchülerInnen der Schule mit den Herausforderungen an der <strong>Universität</strong><br />

und im Berufsleben zurechtgekommen seien. Man erhoffte sich – aufgrund<br />

vorangegangener unsystematischer Rückmeldungen – ein positives Resultat.<br />

Jeweils rund 90% der AbsolventInnen gaben zum Bereich ‚Schulklima’ an,<br />

dass sie sich an der Schule und in ihrer Klasse wohl gefühlt hätten. 95% gaben<br />

sogar an, dass sie diese Schule wiederbesuchen würden, wenn sie noch einmal<br />

vor dieser Entscheidung stünden.<br />

Zusätzlich sollte versucht werden, die Schulorganisation stärker an die Bedürfnisse<br />

der Klientel anzupassen. Daher wurde von der Steuergruppe ein neues<br />

Konzept ausgearbeitet mit weit reichenden Folgen für das Schulprofil. Um<br />

sicherzugehen, dass es auch auf Seiten der SchülerInnen auf Akzeptanz stoßen<br />

würde, wurde das MSS-Team mit einer Befragung der SchülerInnen zu diesem<br />

Thema beauftragt.<br />

Das neue Organisationskonzept sieht unter anderem eine Flexibilisierung des<br />

Schulbesuchs und der Schuldauer vor: Die SchülerInnen sollen auf einer sogenannten<br />

‚Überholspur’ (bei entsprechender anrechenbarer Vorleistung in einem<br />

oder mehreren Fächern) ein Semester überspringen können. Andererseits solle<br />

es auch möglich sein, auf eine ‚Kriechspur’ auszuweichen, ohne die Schule abbrechen<br />

zu müssen, wenn in einem Semester weniger Zeit für die Abendschule<br />

zur Verfügung steht. Auf diese Weise wird eine höhere Flexibilität bei der Er-


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 205<br />

stellung der individuellen Stundenpläne zu realisieren versucht, die den SchülerInnen<br />

entgegen kommt. Um die Schule attraktiver und zeitgemäßer zu machen,<br />

sollen laut Konzept auch zusätzliche neue Wahlfächer (z.B: Präsentationstechniken,<br />

Kommunikations- und Konflikttraining) angeboten werden.<br />

Bei der Erhebung musste ausgelotet werden, welche Zeitressourcen bei den<br />

SchülerInnen prinzipiell vorhanden sind, um die angesprochene Flexibilisierung<br />

auch organisatorisch sinnvoll durchführen zu können. Der MSS-Fragebogen<br />

wurde so konzipiert, dass ein umfassendes Meinungsbild der betroffenen SchülerInnen<br />

zum neuen Konzept erhoben werden konnte; die Ergebnisse sollten als<br />

Basis für die weiteren Entscheidungen dienen.<br />

Die Resultate ergaben folgendes Bild: 41% der SchülerInnen würden im<br />

wöchentlichen Stundenausmaß Veränderungen vornehmen, 43% andere Fächerkombinationen<br />

zusammenstellen. Nur ein Drittel würde die Schule nach dem<br />

‚alten Konzept’ abschließen wollen. Im ersten Semester würden rund 60% die<br />

Fächer Informatik sowie Lern- und Präsentationstechniken in ihren Stundenplan<br />

aufnehmen. Die Einführung des ‚neuen Konzepts’ würde offenbar von einem<br />

Großteil der SchülerInnen angenommen werden. Auch in der AbsolventInnenbefragung<br />

sollten einige Aspekte des ‚neuen Konzepts’ thematisiert werden, um<br />

dieses retrospektiv bewerten zu lassen: Wie sehr hätten die AbsolventInnen die<br />

Neuerungen im Konzept als Vor- bzw. Nachteil erlebt? Die AbsolventInnen bestätigten<br />

im Wesentlichen die Einschätzungen der aktiven SchülerInnenpopulation<br />

– insbesondere die Einführung der neuen Fächer, die Möglichkeit der vorgezogenen<br />

Reifeprüfung sowie die freizügigere Stundenplangestaltung wurden<br />

begrüßt.<br />

In absehbarer Zeit wird es voraussichtlich zu einer neuerlichen MSS-Erhebung<br />

kommen, wenn die SchülerInnen mit der praktischen Umsetzung des Konzepts<br />

ausreichend Erfahrungen sammeln konnten. Allfällige Nachjustierungen<br />

sollten wiederum auf empirischer Datenbasis erfolgen. Derzeit arbeitet die<br />

Schule daran, Öffentlichkeitsarbeit für ihr Konzept zu betreiben. Die Steuergruppe<br />

‚Schulentwicklung’ hat den Kontakt zum MSS-Team weiterhin aufrechterhalten.<br />

Sie koordiniert die Erarbeitung des umfassenden Schulprogramms.<br />

Abschließend sei nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den angeführten<br />

Beispielen in diesem Kapitel nur um eine kleine Auswahl handelt. Durch<br />

den MSS-Einsatz in Gang gesetzte Schulentwicklungsprojekte erstrecken sich<br />

auch auf sehr komplexe Maßnahmen wie etwa die Bildungszielanalyse, Etablierung<br />

eines LehrerInnenfeedbacksystems und der Entwicklung von neuen<br />

Schulzweigen. (vgl. PASCHON 2003, PASCHON & RIFFERT 2004)


206 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 207<br />

7. Nachwort: ‚Quick Wins’ und ‚Everlasting<br />

Struggles’<br />

Schulentwicklung und die damit unverzichtbar zusammenhängende Evaluation,<br />

die Auskunft darüber gibt, ob bzw. wie weit die einzelnen Entwicklungsziele erreicht<br />

wurden, sind, wie die vorangegangenen Abschnitte dieses Buchs gezeigt<br />

haben, sehr anspruchsvolle Aufgaben. Die Betroffenen – Schulleitung, LehrerInnen,<br />

Eltern und SchülerInnen – wurden auf diese neue Herausforderung mit<br />

all ihren vielfältigen Facetten (Ethik, Motivation, Ressourcen, Überprüfung der<br />

Ergebnisse) bislang (zu) wenig vorbereitet und gingen daher manchmal nicht<br />

mit großer Professionalität an diese anspruchsvolle Aufgabe heran. Darüber hinaus<br />

stellt die Schulentwicklung als neue Aufgabe eine zusätzliche Arbeit für<br />

LehrerInnen, SchülerInnen und Eltern dar. Dies alles kann zu Frustrationen<br />

führen, die den in der Schulentwicklungsbegleitung tätigen BeraterInnen und<br />

TrainerInnen gut bekannt sind.<br />

Wie lässt sich die Motivation für diese neue Aufgabe steigern? Ist das<br />

überhaupt möglich? Dieter DÖRNER hat diesbezüglich in seinem auch für alle an<br />

Schulentwicklungsprozessen Beteiligten sehr lesenswerten Buch, Logik des<br />

Misslingens – Strategisches Denken in komplexen Situationen, auf eine alte<br />

lerntheoretische Erkenntnis hingewiesen: der Mensch ist so angelegt, dass er<br />

Anforderungen an sich nicht scheut, sondern diese unter bestimmten Umständen<br />

sogar als überaus reizvoll empfinden kann: „Allerdings müssen die Anforderungen<br />

bestimmte Bedingungen erfüllen. Es darf der Erfolg weder zu gewiss,<br />

noch zu ungewiss sein. Wenn der Erfolg zu gewiss ist, macht die ganze Geschichte<br />

keinen Spaß. Wenn der Erfolg überhaupt nicht eintritt, so ist das Ganze<br />

zu frustrierend. Situationen aber, die ungefähr eine mittlere Erfolgsrate haben,<br />

werden von Menschen als sehr spannend und sehr interessant empfunden: sie<br />

beschäftigen sich gern lange und intensiv mit solchen Aufgaben.“ (DÖRNER<br />

2002, S. 91) Zwar ist Schulentwicklung kein Spiel mit unterschiedlich wählbaren<br />

Schwierigkeitsstufen, aber es gibt dennoch Möglichkeiten im Schulentwicklungsprozess<br />

tendenziell strukturierend und steuernd auf die Erfolgsrate<br />

einzuwirken.<br />

Hier hilft eine grobe Unterscheidung zwischen ‚quick wins’ und ‚everlasting<br />

struggles’ weiter. Zwar ist der Schulentwicklungsprozess selbst niemals abgeschlossen,<br />

also ein ‚everlasting struggle’, da sich die Umwelt mit ihren Herausforderungen<br />

an die konkreten Schulen permanent verändert, aber trotzdem oder<br />

gerade deshalb sollte man darauf achten, den Schulentwicklungsprozess mit


208 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

leicht(er) erreichbaren Zielen zu beginnen und in der Folge auch immer wieder<br />

zu ‚garnieren’. So kommt man in den Genuss von ‚quick wins’.<br />

‚Quick wins’ sind Erfolge, die sich schnell einstellen und die dadurch zur<br />

Weiterarbeit, auch an schwierigeren und/oder längerfristigeren Zielsetzungen<br />

motivieren. In der Regel ist bei ‚quick wins’ die Zielrealisierung zudem für<br />

jederfrau gut erkennbar und damit nachvollziehbar. ‚Quick wins’ liegen häufig<br />

(aber nicht immer!) Ziele zugrunde, die äußerlicher Natur sind, d.h. Ziele deren<br />

Erreichen nicht die Modifikation eigener Einstellungen, eigenen Denkens,<br />

eingeschliffener Handlungsroutinen oder gar zentraler Wertvorstellungen bedürfen,<br />

sondern häufig in der Veränderung von Räumen, deren Ausstattung etc. bestehen.<br />

Einige Beispiele aus der MSS-Praxis haben dies bereits illustriert (vgl.<br />

6.5); abschließend seien noch einige weitere aufgelistet: Anbringen von Garderobenschränken<br />

für die SchülerInnen, qualitative und/oder quantitative Verbesserung<br />

des Angebotes im Schulbuffet, Aufstellen eines Getränkeautomaten,<br />

frühere Öffnung der Schule für FahrschülerInnen, Anschaffung bzw. Aufstellen<br />

von PCs in den Pausenräumen etc. Die Erreichung solcher Ziele erfordert in der<br />

Regel relativ wenig Aufwand und zeigt, dass der Schulentwicklungsprozess zu<br />

positiven Veränderungen führen kann. Das motiviert.<br />

Selbstverständlich kann parallel zu einer als ‚quick win’ gedachten Zielsetzung<br />

auch noch eine mittelfristige Aufgabenstellung in Angriff genommen<br />

werden. Solche Zielsetzungen zeichnen sich dadurch aus, dass sie zur Realisierung<br />

einen längeren Zeitraum benötigen und auch in alltägliche Handlungsroutinen<br />

verändernd eingreifen. Die Palette ist auch hier breit und natürlich von<br />

Schule zu Schule sehr unterschiedlich: Durchführung eines Auslandsprojekts<br />

(Sprachwoche, interkulturelles Lernen etc.), Einführung eines neuen Fachs<br />

(Sozialerziehung, Rhetorik und Präsentationstechniken etc.) oder Zusatzangebots<br />

(Fremdsprachenzertifikat, Europäischer Computerführerschein, Schauspielschulung,<br />

Schach etc.), Erprobung neuer Unterrichtstechniken etc.<br />

Schließlich gibt es auch noch sehr anspruchsvolle Ziele, die eines längeren<br />

Realisierungszeitraums bedürfen: ‚everlasting struggles’. Dazu gehören unter<br />

anderem die Einführung eines neuen Schulzweigs (der evtl. auf Kosten eines<br />

oder einiger Fächer und zugunsten anderer geht), Festlegung eines einheitlichen<br />

Beurteilungsschemas durch die jeweilige Fachgruppe, eines kontinuierlichen<br />

Unterrichtsfeedbacks durch Eltern und SchülerInnen, die Etablierung eines<br />

Schulparlaments etc. Es muss hier nicht besonders darauf hingewiesen werden,<br />

dass bei diesen Aufgaben Werthaltungen eine wesentlich wichtigere Rolle<br />

spielen als bei kurz- und mittelfristigen Zielsetzungen. Aber natürlich ist auch<br />

der Schulentwicklungsprozess selbst, der in Gang gehalten werden will und der


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 209<br />

von Zeit zu Zeit einer Metaevaluation durch die Schulbehörde unterzogen<br />

werden muss, ein ‚ever lasting struggle’ um Wertrealisierung.<br />

Um die Frustrationen bei der Schulentwicklungsarbeit möglichst zu vermeiden<br />

oder zumindest gering zu halten, werden nun abschließend in loser Folge<br />

noch ein paar ‚rules of thumb’ aufgelistet. Zu bedenken ist dabei freilich auch,<br />

dass diese Daumen-Mal-Pi-Regeln zwar häufig gelten, aber eben nicht immer<br />

und nicht unter allen Umständen:<br />

• Klären Sie vor Beginn des Schulentwicklungsprozesses genau, was die<br />

Aufgaben und die Kompetenzen des Schulentwicklungsteams sind. Es wird<br />

dem besten Team schnell die Lust an der Arbeit vergehen, wenn erreichte<br />

Kompromisse, Zielfestlegungen, Maßnahmenerarbeitungen etwa in einer<br />

Konferenz von anderen KollegInnen oder anderen Personengruppen (Eltern,<br />

SchülerInnen), die nicht aktiv in der Schulentwicklungsgruppe mitarbeiten,<br />

unterminiert und konterkariert werden. Hier ist insbesondere die Schulleitung<br />

gefordert. Sie muss klar und deutlich signalisieren, dass sie hinter dem<br />

engagierten Schulentwicklungsteam steht. Dies kann etwa dadurch geschehen,<br />

dass sie in einer Konferenz explizit darauf hinweist, dass jeder<br />

Kollege, jede Kollegin, jeder Schüler, jede Schülerin und jeder Elternteil<br />

eingeladen ist an einem konstruktiven Schulentwicklungsprozess zum Wohle<br />

der gesamten Schule teilzunehmen und sich rechtzeitig mit Vorschlägen, aber<br />

auch Befürchtungen einzubringen. Jede nachträgliche Sabotierung von durch<br />

die am Schulentwicklungsprozess beteiligten Personen erarbeiteten Ergebnissen<br />

wird dadurch bereits im Vorfeld entgegengewirkt.<br />

• Nehmen Sie sich nicht zu viel vor. Die zur Verfügung stehenden zeitlichen,<br />

finanziellen und persönlichen Ressourcen sind selbst bei den engagiertesten<br />

Beteiligten meist nur sehr begrenzt vorhanden. Sie ersparen sich so, auf halber<br />

Strecke und nach halb getaner Arbeit aufgeben zu müssen. Stecken Sie<br />

sich daher anfangs und auch zwischendurch immer wieder Ziele, die mit<br />

wenig Aufwand realisierbar sein. Vergessen Sie als den Motivationsfaktor<br />

‚quick wins’ nicht!<br />

• Setzen Sie sich – gerade am Beginn des Schulentwicklungsprozesses an Ihrer<br />

Schule – überschaubare Ziele, die auch ‚in Ihrer Macht’ liegen. Das ZME-<br />

Schema (siehe: Kapitel 4) wird Ihnen diesbezüglich eine wertvolle Hilfe<br />

sein!<br />

• Achten Sie darauf, dass Sie sich anfangs Ziele setzen, die möglichst wenig<br />

kontrovers sind – sowohl innerhalb der einzelnen Personengruppen aber<br />

auch zwischen diesen Gruppen. Eine multiperspektivisch angelegte MSS-


210 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Ersterhebung bietet diesbezüglich hervorragende Dienste als verlässliche<br />

Ausgangsbasis!<br />

• Vergessen Sie nicht, die anzustrebenden, wie auch die bereits erreichten Ziele<br />

zu kommunizieren, sodass möglichst viele KollegInnen, SchülerInnen und<br />

Eltern davon erfahren und über den aktuellen Stand Bescheid wissen.<br />

• Genießen Sie ausgiebig Ihre ‚Gipfelsiege’ in der kleinen aufgabenspezifischen<br />

Arbeitsgruppe, im Schulentwicklungsteam oder in der ganzen Schule<br />

und ‚feiern’ Sie diese auch entsprechend!<br />

• Bedenken Sie bei der Planung von Zielrealisierungen immer gleich von<br />

Anfang an mit, wie Sie die Zielerreichung evaluieren wollen und v.a.<br />

können! Das Erreichen eines Ziels sollte für jederfrau klar erkennbar sein.<br />

Nehmen Sie sich unbedingt Zeit dafür, konkrete und eindeutig nachvollziehbare<br />

Zielerreichungskriterien festzulegen. (Vgl. 4.2.3).<br />

• Scheuen Sie sich nicht davor, am Schulprogramm Veränderungen vorzunehmen,<br />

wenn Sie neue Aufgaben als wichtiger erkennen oder sich gesetzte<br />

Ziele als nicht realisierbar erweisen. Das Schulprogramm ist für die am<br />

Schulprozess beteiligten Personen da und nicht umgekehrt!<br />

Wenn Sie sich an diese Faustregeln halten, wird Ihnen so manche Frustration bei<br />

der Schulentwicklungsarbeit erspart bleiben. Viel Erfolg!


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 211<br />

Der Modulpool in seiner jeweils aktuellen Form ist über<br />

das MSS-Team und gegen Bezahlung eines Unkostenbeitrags<br />

als CD-ROM erhältlich. Die einzige Bedingung die<br />

das MSS-Team an diese kostengünstige Option knüpft, ist<br />

die Verpflichtung, die erhobenen Daten dem MSS-Team<br />

anonymisiert zur Verfügung stellen, damit der Modulpool<br />

fortlaufend verbessert werden kann. Dies kommt letztendlich<br />

allen Schulen wieder zu Gute!<br />

Kontaktadresse des MSS-Teams:<br />

Dr. Franz Riffert<br />

tel. 0662/8044-4219<br />

email: Franz.Riffert@sbg.ac.at<br />

homepage: http://sbg.ac.at/erz/people/riffert.htm<br />

Dr. Andreas Paschon<br />

Tel. 0662/8044-4241<br />

email : Andreas.Paschon@sbg.ac.at<br />

homepage: http://sbg.ac.at/erz/people/paschon.htm<br />

beide:<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong><br />

Kultur- und Gesellschaftswissenschaftliche Fakultät<br />

Fachbereich Erziehungswissenschaft und Kultursoziologie<br />

Abteilung für Erziehungswissenschaft<br />

Akademiestraße 26<br />

A-5020 <strong>Salzburg</strong>


212 Franz Riffert & Andreas Paschon


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 213<br />

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226 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Abbildungsverzeichnis:<br />

Abb. 1: Qualitätssicherungsmaßnahmen im Schulbereich ............................................... 24<br />

Abb. 2: Grundmuster der Evaluation ................................................................................. 29<br />

Abb. 3: Komponenten des „umfassenden Schulprogramms“ .......................................... 37<br />

Abb. 4: Zusammenspiel von Schulleitbild, -profil und –entwicklungsplan in der<br />

Schul(programm)entwicklung............................................................................... 40<br />

Abb. 5: Dimensionen des MSS-Analysewürfels................................................................ 61<br />

Abb. 6: Mögliche Aspekte der drei Modulwürfel-Dimensionen ....................................... 62<br />

Abb. 7: Modulwürfel: Sieben ausgewählte Modulwürfel.................................................. 63<br />

Abb. 8: Die neun Schritte eines idealtypischen Ablaufs eines MSS-Einsatzes. ................ 81<br />

Abb. 9: Grundstruktur der TOTE-Feedback-Schleife...................................................... 101<br />

Abb. 10: Darstellung des TOTE-Schemas mit seinen Rückkoppelungsphasen................. 102<br />

Abb. 11: ZME-Schema: eine effiziente Methode für die Schulentwicklungsarbeit104<br />

Abb. 12: Schematische Darstellung eines idealtypischen Evaluationseinsatzes mit dem<br />

MSS..................................................................................................................... 117<br />

Abb. 13: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse im Vergleich zur Abnahme von<br />

Wohlfühlen in der Schule unter Berücksichtigung des Wiederbesuchs<br />

wunsches; Basis: alle MSS-Schulen................................................................... 121<br />

Abb. 14: Stabilität von Wohlfühlen in der Klasse im Vergleich zur Abnahme von<br />

Wohlfühlen in der Schule unter Berücksichtigung des Wiederbesuchs<br />

wunsches; Basis: MSS-Schule 803 ................................................................... 122<br />

Abb. 15: Klassenauswertung von Item S047_101<br />

„Ich fühle mich in meiner Klasse wohl“ (Schule 804)........................................ 124<br />

Abb. 16: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚umfassende Allgemeinbildung’ .................... 154<br />

Abb. 17: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Erwerb sozialer Fähigkeiten’ ....................... 155<br />

Abb. 18: Diskrepanzanalyse Bildungsziel ‚Computerfertigkeiten erlernen’ ................... 155<br />

Abb. 19: Wahrnehmung der Aggressionen an der Schule durch die SchülerInnen. ......... 165<br />

Abb. 20: Physische Gewalt an der MSS-Schule: Gegenüberstellung von ‚Opfern‘ und<br />

‚Tätern‘ – aufgeschlüsselt nach Klassen. ............................................................ 166<br />

Abb. 21: SchülerInnenbewertung der Aussage: ”Ich kann das Projekt<br />

‚Soziales Lernen’ weiterempfehlen.“ ..................................................... 175<br />

Abb. 22: Das Projekt ‚Soziales Lernen’ aus der Elternperspektive .................................. 176<br />

Abb. 23: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte) über alle Schülerinnen und Schüler der 5C<br />

Klasse, aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul............................. 185


Selbstevaluation von Schulentwicklungsprojekten 227<br />

Abb. 24: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schülerinnen der 5C Klasse,<br />

aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul.......................................... 185<br />

Abb. 25: Ist-Soll-Vergleich (Mittelwerte), Schüler der 5C Klasse,<br />

aufsteigend nach Soll-Werten“ im Metapherrmodul.......................................... 186<br />

Abb. 26: Soll-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse (Mittelwerte);<br />

aufsteigend nach den Soll-Werten der Mädchen im Metaphermodul................ 187<br />

Abb. 27: Ist-Vergleich Mädchen/Jungen der 5C Klasse;<br />

aufsteigend nach Ist-Werten der Mädchen im Metaphermodul. ......................... 188<br />

Abb. 28: Projekt wird weiterempfohlen (Interventionsgruppe) ......................................... 192<br />

Abb. 29: Das Projekt war interessant (Interventionsgruppe) ............................................. 192<br />

Abb. 30: Mühe, dem Unterricht zu folgen; N=20 (Interventionsgruppe) .......................... 192<br />

Abb. 31: Projektwiederholung in anderen Klassen; N=20 (Interventionsgruppe)............. 192<br />

Abb. 32: Computerkenntnisse und der Wissenszuwachs durch das ECDL-Projekt .......... 194<br />

Tabellenverzeichnis:<br />

Tab. 1: Beispielformulierungen für Unter- und Oberstufe aus dem Modul<br />

‚Bildungsziele’ ...................................................................................................... 67<br />

Tab. 2: Auszug aus einem SchülerInnenfragebogen bestehend aus Items der Module<br />

028 (Transparenz) und 046 (Klassenklima) .......................................................... 70<br />

Tab. 3: MSS-Zielfestlegungen für die Schulpartner unter Beachtung des Zeitaspekts<br />

der Realisierung..................................................................................................... 86<br />

Tab. 4: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Originalbogen................................... 90<br />

Tab. 5: Auszug aus dem SchülerInnenfragebogen: Datenbasisbericht ............................. 91<br />

Tab. 6: Aufstellung der MSS-Schulen 1996-2002, Anzahl der Fragebögen,<br />

Versionen und Bogenlängen ................................................................................. 96<br />

Tab. 7: Metaevaluation der MSS-Fragebögen................................................................... 98<br />

Tab. 8: Auswahl von Statements zum „Wohlbefinden/Wiederbesuch“.......................... 120<br />

Tab. 9: Vergleich über acht MSS-Schulen: Prozentueller Anteil der SchülerInnen<br />

(getrennt nach Unter- und Oberstufe), die dem Item „Ich würde nach meinen<br />

bisherigen Erfahrungen dies Schule wiederbesuchen“ zustimmen..................... 123<br />

Tab. 10: Auswahl von Statements zum ‚Schul- und Klassenklima’ (S046)...................... 126<br />

Tab. 11: Manifeste Angst, 7 Items, Cronbach-α = .77 (N=2060) ..................................... 132<br />

Tab. 12: Prüfungsangst, 8 Items, Cronbach-α = .84 (N=2060) ......................................... 133<br />

Tab. 13: Schulunlust, 5 Items, Cronbach-α = .77 (N= 2060) ............................................ 133


228 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Tab. 14: Soziale Erwünschtheit, 5 Items, Cronbach-α = .59 (N=2060) ............................ 134<br />

Tab. 15: Dimensionen, Ausdrucksformen und Beispiele für aggressives Verhalten ........ 136<br />

Tab. 16: Auszug aus der Aggressions-Fragebatterie aus dem Modulpool (S101) ............ 139<br />

Tab. 17: Selbstwirksamkeitsskala von SCHWARZER und JERUSALEM,<br />

10 Items, Cronbach-α =.88 (N=2687) ................................................................. 146<br />

Tab. 18: Schulbewältigungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON nach<br />

SCHWARZER und JERUSALEM, 7 Items, Cronbach-α =.82 (N=998) .................... 147<br />

Tab. 19: Soziale Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />

4 Items, Cronbach-α =.66 (N=1030) ................................................................. 147<br />

Tab. 20: Allgemeine schulische Selbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON<br />

nach U. PETERMANN, 6 Items, Cronbach-α =.75 (N=2060)................................ 148<br />

Tab. 21: Zweck-Mittel-Skala von RIFFERT und PASCHON nach U. PETERMANN,<br />

7 Items, Cronbach-α =.85 (N=2048) ................................................................... 148<br />

Tab. 22: Schulleistungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />

5 Items, Cronbach-α =.78 (N=2590) ................................................................... 149<br />

Tab. 23: Schulveränderungsselbstwirksamkeit von RIFFERT und PASCHON,<br />

4 Items, Cronbach-α =.74 (N=2568) ................................................................... 149<br />

Tab. 24: Auszug aus dem Modul ‚Bildungsziele’ (S074) ................................................. 152<br />

Tab. 25: Auszug aus einer Musterauszählung im Modul ‚Bildungsziele’ (S074)............. 153<br />

Tab. 26: Muster für eine MSS-Rückmeldung im LehrerInnenfeedback ........................... 159<br />

Tab. 27: Typischer Aufbau einer Einheit im Sozialtraining.............................................. 170<br />

Tab. 28: Auswirkungen der Interventionsmaßnahme auf ‚Aggressionen’,<br />

‚Schulunlust’, ‚Prüfungsangst’, ‚Manifeste Angst’, ‚Selbstwirksamkeits-<br />

überzeugungen’. ................................................................................................. 173<br />

Tab. 29: Metaphermodul Ist-Soll-Vergleich...................................................................... 182<br />

Tab. 30: Testpunkte im Projekt ‚Englischsprachiger Unterricht’...................................... 191<br />

Tab. 31: Absolvierte Prüfungen und Prüfungserfolg bei den einzelnen Kursen ............. 195<br />

Tab. 32: Zufriedenheit mit den einzelnen ECDL-CD-Rom-Kursen ................................ 196


Aktueller Modulpool des MSS<br />

MMag. Dr Franz<br />

RIFFERT<br />

Mag. Dr. Andreas<br />

PASCHON<br />

Modulansatz zur Selbstevaluation von<br />

Schulentwicklungsprojekten<br />

Stand:<br />

Juni 2005<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Salzburg</strong><br />

Fachbereich<br />

Erziehungswissenschaft & Kultursoziologie<br />

Abteilung für Erziehungswissenschaft<br />

Akademiestraße 26<br />

A-5020 SALZBURG<br />

Tel.: 0662/8044-4241<br />

Fax.: 0662/8044-141<br />

e-mail: franz.riffert@sbg.ac.at oder andreas.paschon@sbg.ac.at<br />

S Schüler* L Lehrer* E Eltern<br />

1. Sozialstatistische Angabe S L E<br />

Allgemeine Angaben zur Person: S001 L001 E001<br />

• Geschlecht � � �<br />

• Alter, � � �<br />

• Muttersprache � � �<br />

• Fahrschüler � �<br />

• Raucher � � �<br />

• Klasse/n � � �<br />

• Schulstufe � � �<br />

• Religionszugehörigkeit � � �<br />

• Dienstjahre (insgesamt bzw. an dieser<br />

�<br />

Schule)<br />

• Beruf � �<br />

• Unterrichtsgegenstände �<br />

• Geschwister (insgesamt bzw. an dieser<br />

� �<br />

Schule)<br />

• Klassensprecher (ja, nein) �<br />

• Klassenvorstand (ja, nein) �<br />

• Zuständigkeit für schulische<br />

� �<br />

Angelegenheiten<br />

• Status: pragmatisiert, Praktikant, ... �<br />

• …<br />

© MSS 2005 229 Anhang A.1


230 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

* Aus Lesbarkeitsgründen werden im MSS-Pool die kürzeren, männlichen<br />

Formulierungen verwendet, aber ausdrücklich darauf hingewiesen, dass<br />

diese als geschlechtsneutral zu verstehen sind.<br />

Anhang A.1<br />

230<br />

230 Anhang A.1


•<br />

2. Räumlichkeiten S L E<br />

Arbeitsplatzbedingungen S002 L002 E002<br />

Schulgebäude S003 L003 E003<br />

Klassenraum S004 L004 E004<br />

Bibliothek S005 L005 E005<br />

Turnhalle S006 L006 E006<br />

Garderobe S007 L007 E007<br />

Wanderklasse S008 L008 E008<br />

Konferenzzimmer S009 L009 E009<br />

Tee- bzw. Kaffeeküche S010 L010 E010<br />

Besprechungszimmer S011 L011 E011<br />

Physiksaal S012 L012 E012<br />

Chemiesaal S013 L013 E013<br />

Musiksaal S014 L014 E014<br />

Zeichensaal S015 L015 E015<br />

Handarbeitsraum S016 L016 E016<br />

Sprachlabor S017 L017 E017<br />

Computerraum S018 L018 E018<br />

Medienraum/Mediathek S019 L019 E019<br />

Aufenthaltsraum S020 L020 E020<br />

Pausenplatz S021 L021 E021<br />

Buffet S022 L022 E022<br />

Fahrradabstellplatz S023 L023 E023<br />

Parkplatz S024 L024 E024<br />

Raucherzimmer/-ecke S025 L025 E025<br />

Umbau/Zubau/Neubau/Sanierung S026 L026 E026<br />

Werkstätte S140 L140 E140<br />

Labor S141 L141 E141<br />

3. Schulorganisation S L E<br />

Hausordnung S027 L027 E027<br />

Transparenz des Informationsflusses S028 L028 E028<br />

Schulfest S029 L029 E029<br />

Schulveranstaltungen S030 L030 E030<br />

Fünf-Tage-Woche S031 L031 E031<br />

Lehrbehelfe (Bücher, Geräte) S032 L032 E032<br />

Administrator S033 L033 E033<br />

Stundenplaner S034 L034 E034<br />

Schulwart S035 L035 E035<br />

Schuldemokratie S036 L036 E036<br />

© MSS 2005 231 Anhang A.1


232 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

Schulgemeinschaftsausschuss (SGA) S037 L037 E037<br />

Klassensprecherkonferenzen S038 L038 E038<br />

Klassenkonferenz S039 L039 E039<br />

Elternabend S040 L040 E040<br />

Klassenabend S041 L041 E041<br />

Elternsprechtag und Sprechstunden S042 L042 E042<br />

Treffen der Schulentwicklungsgruppe S043 L043 E043<br />

Finanzen S044 L044 E044<br />

Gleichberechtigung & Diskriminierung S045 L045 E045<br />

Computer/Internet/Homepage S129 L129 E129<br />

Internat S142 L142 E142<br />

Schulküche/Ausspeisung S145 L145 E145<br />

Pausengestaltung S148 L148 E148<br />

Nachmittagsbetreuung S151 L151 E151<br />

Fernstudium S180 L180 E180<br />

Abendschule S181 L181 E181<br />

Fahrschüler S139 L139 E139<br />

Schülküche/Ausspeisung S145 L145 E145<br />

4. Schüler S L E<br />

Mitschüler – Klassenklima<br />

• Kooperation<br />

• Konkurrenz<br />

• Kontakte<br />

• Außenseiter<br />

S046 L046 E046<br />

Wohlbefinden<br />

• Schule<br />

• Klasse<br />

• Leistungsgruppe<br />

• Sprachteilungsgruppe<br />

• Wiederbesuch dieser Schule<br />

S047 L047 E047<br />

Außerschulische Freizeitgestaltung S048 L048 E048<br />

Klassensprecher S049 L049 E049<br />

Schüler-Schüler-Kontakte S050 L050 E050<br />

Schülerabsenzen S051 L051 E051<br />

Schüler-Bild (Stereotypien) S052 L052 E052<br />

Anhang A.1<br />

232<br />

232 Anhang A.1


5. Eltern S L E<br />

Elternverein S053 L053 E053<br />

Elternengagement an der Schule S054 L054 E054<br />

• ideell<br />

• finanziell<br />

• zeitlich<br />

Eltern-Eltern-Kontakt S055 L055 E055<br />

Eltern-Bild (Stereotypien) S056 L056 E056<br />

© MSS 2005 233 Anhang A.1


234 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

6. Lehrer S L E<br />

Ausbildung<br />

• fachspezifisch<br />

• pädagogisch<br />

S057 L057 E057<br />

Fortbildung S058 L058 E058<br />

Motivation S059 L059 E059<br />

Lehrer-Lehrer-Kontakte<br />

• Kooperation<br />

• Konkurrenz<br />

• „Klima“<br />

• Kontakte zu Fachkollegen<br />

• Kollegenbild<br />

S060 L060 E060<br />

Wohlbefinden<br />

• Schule<br />

• Klasse<br />

• Kollegium<br />

S061 L061 E061<br />

Klassenvorstand S062 L062 E062<br />

Bürokratie- und Verwaltungsaufwand S063 L063 E063<br />

Lehrer-Bild (Stereotypien) S064 L064 E064<br />

Konferenzen und Besprechungen S136 L136 E136<br />

7. Schulbehörde S L E<br />

Schulleitung/Direktor S065 L065 E065<br />

Landesschulinspektor S066 L066 E066<br />

8. Interaktionen S L E<br />

Schüler-Lehrer-Interaktion S067 L067 E067<br />

Schüler-Eltern-Interaktion S068 L068 E068<br />

Schüler-Direktor-Interaktion S069 L069 E069<br />

Lehrer-Eltern-Interaktion S070 L070 E070<br />

Lehrer-Direktor-Interaktion S071 L071 E071<br />

Lehrer-Landesschulinspektor-<br />

Interaktion<br />

S072 L072 E072<br />

Eltern-Direktor-Interaktion S073 L073 E073<br />

Kooperationen im Kollegium S135 L135 E135<br />

Anhang A.1<br />

234<br />

234 Anhang A.1


© MSS 2005 235 Anhang A.1


236 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

9. Unterricht & Bildung S L E<br />

Bildungsziele S074 L074 E074<br />

Neue Fächer S075 L075 E075<br />

Lehrpläne S076 L076 E076<br />

Behindertenintegration S077 L077 E077<br />

Disziplin S078 L078 E078<br />

Lehrstil S079 L079 E079<br />

Unterrichtsgestaltung<br />

• Fächerübergreifender Unterricht<br />

• offenes Lernen<br />

• Montessori, etc.<br />

• Gestaltungsmöglichkeiten<br />

S080 L080 E080<br />

Wunschklasse S081 L081 E081<br />

Begabungsfördernder Unterricht S131 L131 E131<br />

Motivationale Unterrichtsgestaltung S132 L132 E132<br />

Lernmotivation S133 L133 E133<br />

Beziehungen zwischen<br />

Geschlechtern/Rollenbilder<br />

S170 L170 E170<br />

10. Schulumfeld S L E<br />

Beziehung zu anderen Schulen S082 L082 E082<br />

Beziehung zu Vereinen S083 L083 E083<br />

Beziehung<br />

Institutionen<br />

zu gesellschaftspol. S084 L084 E084<br />

Beziehung zur (Lokal-)Presse S085 L085 E085<br />

Beziehung zur Wirtschaft S086 L086 E086<br />

Öffentlichkeitsarbeit S087 L087 E087<br />

Stadtteilarbeit S088 L088 E088<br />

Kulturelle<br />

Aktivitäten<br />

Einrichtungen und S089 L089 E089<br />

Sponsoring S090 L090 E090<br />

11. Spezialmodule S L E<br />

Schwierigkeiten beim Überstieg (1.<br />

Klasse)<br />

Anhang A.1<br />

S091 L091 E091<br />

236<br />

236 Anhang A.1


Warum Gymn./Hauptschule (1., 2., 3.<br />

Klasse)<br />

S092 L092 E092<br />

Gründe für Schulwechsel (4. Klasse) S093 L093 E093<br />

Gründe für Verbleib (4., 5., 6.,Klasse) S094 L094 E094<br />

Vorbereitung auf Matura (7., 8.<br />

Klasse)<br />

Vorbereitung auf Studium (7., 8.<br />

Klasse)<br />

S095 L095 E095<br />

S096 L096 E096<br />

© MSS 2005 237 Anhang A.1


238 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

12. Fragebatterien (F) und<br />

Skalen (S)<br />

Anhang A.1<br />

S L E<br />

Schulbewältigungsstrategien (F) S097 L097 E097<br />

Soziale Kompetenz (S) S098 L098 E098<br />

Selbstwirksamkeit (kurz: SE) (S)<br />

• Allgemeine SE (S)<br />

• Leistungs-SE (S)<br />

• Soziale SE (S)<br />

S099 L099 E099<br />

Erlernte Hilflosigkeit (S) S100 L100 E100<br />

Aggression<br />

• Gewalt in der Schule (F)<br />

• Aggressionen in Situationen (S)<br />

S101 L101 E101<br />

Angst<br />

• Schulangst-Faktoren (S)<br />

• Allgemein (S)<br />

S102 L102 E102<br />

Hausübungen - allg. (F) S103 L103 E103<br />

Leistungsbeurteilung - allg. (F) S104 L104 E104<br />

Leistungsfeststellung - allg. (F)<br />

• Schularbeiten (F)<br />

• Tests (F)<br />

• Prüfungen (F)<br />

• Mitarbeitsüberprüfung (F)<br />

S105 L105 E105<br />

Selbstkonzept (F) S106 L106 E106<br />

Zufriedenheit (F) S107 L107 E107<br />

Schul-Metapher (F) S127 L127 E127<br />

Soziale Unterstützung (F) S128 L128 E128<br />

Schulstress S134 L134 E134<br />

13. Schulentwicklung/-profil S L E<br />

Erwartungen & Befürchtungen S108 L108 E108<br />

Mitarbeit S109 L109 E109<br />

Unterstützung,<br />

Rahmenbedingungen<br />

• PI-Kurse<br />

• SCHILF<br />

• MSS, QIS, etc.<br />

Hilfen, S110 L110 E110<br />

238<br />

238 Anhang A.1


Ressourcen S111 L111 E111<br />

• Lehrer<br />

• Eltern<br />

• Absolventen<br />

Kompetenzen S112 L112 E112<br />

Defizite S113 L113 E113<br />

Stärken und Schwächen dieser<br />

Schule<br />

S114 L114 E114<br />

Liestaler Diagnosefragebogen S138 L138 E138<br />

© MSS 2005 239 Anhang A.1


240 Franz Riffert & Andreas Paschon<br />

14. Schulleistung S L E<br />

Zukunftsrelevanz (alle Fächer) S115 L115 E115<br />

Beliebtheit (alle Fächer) S116 L116 E116<br />

Lernaufwand (alle Fächer) S117 L117 E117<br />

Nachhilfe (alle Fächer) S118 L118 E118<br />

Noten (alle Fächer) S119 L119 E119<br />

Begabung (alle Fächer) S120 L120 E120<br />

Lernschwierigkeiten (alle Fächer) S121 L121 E121<br />

Noten (alle Fächer) S122 L122 E122<br />

Feed-Back<br />

Fächer/Lehrer)<br />

an Lehrer (alle S123 L123 E123<br />

• gerecht, sympathisch, streng, verlangt zu<br />

viel, etc.<br />

Hausübungen (alle Fächer) S124 L124 E124<br />

Schularbeiten (alle Fächer) S125 L125 E125<br />

Zeitliche Belastung / Aufwand (alle<br />

Fächer)<br />

S126 L126 E126<br />

15. Schulqualität S L E<br />

Was ist eine gute Schule S137 L137 E137<br />

QIS (Qualität in Schulen) S152 L152 E152<br />

Praxisrelevanz S143 L143 E143<br />

Praktikum S144 L144 E144<br />

Drogen (Rauchen, Alkohol, etc.) S146 L146 E146<br />

Schwierigkeiten beim Schuleinstieg S147 L147 E147<br />

Stützkurse/Förderunterricht S149 L149 E149<br />

Schulsport/Turnen S150 L150 E150<br />

D: Schulleitermodul S Dir. E<br />

Personal D301<br />

Schülerfluktuation<br />

Repetentenquote<br />

&<br />

D302<br />

Konkurrenz zu anderen Schulen D303<br />

Selbstwirksamkeit für Direktoren (S) D304<br />

Leistungsorientierte Entlohnung D305<br />

Budget D306<br />

Anhang A.1<br />

240<br />

240 Anhang A.1


A: Absolventenmodul Abs. L E<br />

Sozialstatistische Angaben A201<br />

• Geschlecht, Alter, Maturajahrgang<br />

• Studium, Beruf, etc.<br />

Verbundenheit mit der Schule A202<br />

Vorbereitung für das Studium A203<br />

Vorbereitung auf das Leben A204<br />

Persönlichkeitsbildung A205<br />

Leistungsdruck aus späterer Sicht A206<br />

Lehrereinfluss A207<br />

Aufgaben und Zweck der Schule A208<br />

Soziale Dimension an der Schule A209<br />

Verbesserungsvorschläge A210<br />

0. Zuordnungscodes S L E<br />

• Fragebogennummer (Id.) � � �<br />

• Zahl-Buchstabenkombination (anonym) � � �<br />

• Schulcode (800 bis …) � � �<br />

• Typencode (S-L-E) � � �<br />

• Schulstufe, Klasse, etc. � � �<br />

• Final Motivation<br />

Qualitätscheck<br />

(Kontrollfrage)<br />

� � �<br />

© MSS 2005 241 Anhang A.1

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