Bernd Grass Die Rolle der Betriebsräte in der Aus - Rainer Hampp ...

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Grass: Die Rolle der Betriebsräte in der Aus- und Weiterbildung (ZfP 2/97) 157 In beiden Erklärungsvarianten funktioniert das Regulativ der Betriebsverfassung nur unzureichend. Im übrigen ist zu bemerken, daß die Betriebsräte ins Leere laufen, wenn sie Mitbestimmung bei der Weiterbildung reklamieren und die andere Betriebspartei (Arbeitgeber) muß mangels vorhandener Daten und Absichten passen. Dennoch kann man davon ausgehen, daß – zumindest in den größeren Betrieben – in dem Punkt der Planungsrationalität in der Personalpolitik eher die Erklärung der Wahrnehmungslücke auf Seiten der Arbeitnehmervertretung zutrifft. Für diese Interpretation spricht die Differenzierung nach der Typologie der Einflußnahme auf die Weiterbildungsmaßnahmen, die im Zusammenhang der Darstellung formaler und informeller Aktivitäten der Betriebsräte entwickelt wurde (s.o.). Die Betriebsräte, die es gewohnt sind, die Register der Einflußnahme unterhalb der Regelungen in der Betriebsverfassung professionell zu ziehen, stellen in extrem höherem Umfang als alle übrigen Arbeitnehmervertretungen der Planungsrationalität ihrer Unternehmen bessere Noten aus. 56% in dieser Gruppe von Betriebsräten (gegenüber 45% im Durchschnitt) gehen von einer vorausschauenden Bildungs- und Personalplanung im Betrieb aus; 69% in der „Aktivistengruppe“ berichten, daß im Betrieb der Zusammenhang von Bildung und Investitionen dargestellt wird. Betriebsräte, die es gewohnt sind, vorwiegend auf informellem Wege Einfluß auf die Weiterbildungsmaßnahmen im Betrieb auszuüben, können die Rahmenbedingungen und die Zielsetzungen dieser Maßnahmen auch eher registrieren. Fazit Die Möglichkeiten der Betriebsverfassung in puncto Mitbestimmung in der betrieblichen Weiterbildung werden – wenn sie denn professionell betrieben wird – häufiger auf anderen als den vorgezeichneten Bahnen der §§ 96 bis 98 BetrVG genutzt. Die Mehrzahl unter den Betriebsräten kann mit dem Instrumentarium dieser Paragraphen nicht recht umgehen. Die Mehrheit unter den Betriebsräten hat sich ein Instrumentarium geschaffen, das eher ihren übrigen betriebsrätlichen Erfahrungen entspricht: Die Arbeit intern gut organisieren und mit der anderen Betriebspartei Gespräche über die Thematik der Weiterbildung führen. Betriebsräte, die diese Strategie wählen, sind auch eher als die anderen in der Lage sich mit den Planungsaktivitäten der Betriebe im Personalbereich auseinanderzusetzen. Die mangelnde Anwendung der Betriebsverfassung im Sektor betrieblicher Weiterbildung seitens der Arbeitnehmervertretung bedeutet nicht, daß diese Vorgehensweise ohne Erfolg wäre. Immerhin finden in allen Betrieben der in die Analyse einbezogenen Arbeitnehmervertretungen Weiterbildungsmaßnahmen statt. Auf die peronalpolitische Bedeutung der Mitbestimmung in puncto Weiterbildung bezogen, kann man folgende Thesen aufstellen: � Die formal-rechtliche Anwendung und Umsetzung der Mitbestimmung nach der Betriebsverfassung hat in der betrieblichen Praxis nur eine Bedeutung am Rande. � Die Betriebsräte üben ihre Funktion als Regulativ im Unternehmen – wenn sie es mit Erfolg betreiben – überwiegend mit anderen Methoden aus, in erster Linie auf informellem Wege.
158 Grass: Die Rolle der Betriebsräte in der Aus- und Weiterbildung (ZfP 2/97) � Personalpolitik in ihrer strategischen Orientierung ist für die Betriebsräte insgesamt mit Wahrnehmungsproblemen behaftet. Sie sind eher mit den Auswirkungen bzw. den unmittelbaren Folgen der Personalpolitik beschäftigt – im Bereich der personellen Maßnahmen. � Die Forschung über die personalpolitische Bedeutung der Mitbestimmung kann sich nicht auf die Ermittlung des Defizits im formal-rechtlichen Bereich beschränken. Es gilt die tatsächlichen Verhaltensweisen der Betriebsräten zun ergünden. Literatur Breisig, Thomas (1993): Personalentwicklung in mitbestimmungspolitischer Perspektive. In: ZfP 1/93, S. 7-24. Grass, Bernd (1990): Noch in den Kinderschuhen: Mitbestimmung bei Weiterbildungsmaßnahmen nicht ausgeschöpft – Ergebnisse einer Befragung von Betriebsräten der Druckindustrie sowie der Metall- und Elektroindustrie. In: Mitbestimmung 8/90 Hans-Böckler-Stiftung, (Hg.) (1989): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung in der Druckindustrie – Umfrage unter Betriebsräten, Reihe Manuskripte Band 10 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1990): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung in der Elektroindustrie – Umfrage unter Betriebsräten, Reihe Manuskripte Band 15 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1991): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung in der feinkeramischen Industrie, Reihe Manuskripte Band 44 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1991): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung in den Zeitungsund Zeitschriftenverlagen sowie Nachrichtenagenturen – Umfrage unter Betriebsräten, Reihe Manuskripte Band 51 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1992): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung in der Druckindustrie, der Elektroindustrie, der feinkeramischen Industrie sowie im Verlagswesen, Reihe Manuskripte Band 75 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1993): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung im Baugewerbe – Bericht über eine Umfrage unter Betriebsräten, Reihe Manuskripte Band 113 Hans-Böckler-Stiftung (Hg.) (1994): Zur Situation der Aus- und Weiterbildung im Bankgewerbe – Umfrage unter Betriebs- und Personalräten, Reihe Manuskripte Band 164 Lepsius, Rainer M. (1964): Industrie und Betrieb. In: König, René (Hg.): Soziologie, Frankfurt 1964, S. 122 ff. Scheuch, Erwin K. (1964): Methoden. In: König, René (Hg.): Soziologie, Frankfurt 1964, S. 184 ff.
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