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06/14 LAND UNTER

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74 GESUNDHEIT<br />

„RAD IM KOPF DREHT SICH IMMER NOCH“<br />

Sophie, 25, 162cm, 54kg<br />

Leider kann ich nicht behaupten, dass ich gesund bin.<br />

Und dabei bin ich es schon so leid! Zwar kann ich meine<br />

Fress- und Brechanfälle inzwischen gut kontrollieren,<br />

aber das Rad im Kopf dreht sich bei mir immer noch.<br />

Diese dauernden Gedanken ums Essen, mein Gewicht<br />

und meinen Körper. Oft frage ich mich, woran andere<br />

Menschen den ganzen Tag denken, wenn sie nicht ans<br />

Essen denken. Da ich kein natürliches Hunger- und<br />

Sättigungsgefühl habe, esse ich aus Vernunft. Ich würde<br />

so gerne wieder spüren, wie es ist, hungrig und satt zu<br />

sein. Ich schätze Essen eigentlich sehr, besonders durch<br />

meine Reisen in Länder, in denen viele Menschen Hunger<br />

leiden. Ich reise so oft wie möglich, weil mir diese<br />

Erfahrungen helfen, aus meiner essgestörten Welt auszubrechen.<br />

Trotzdem weiß ich, dass das Reisen immer<br />

eine Flucht ist und ich mir langfristig eine andere Lösung<br />

überlegen muss. Normales Alltagsleben ist ziemlich<br />

schwer für mich. Da gibt es so viele Orte und Situationen,<br />

in denen ich an meine Krankheit denken muss.<br />

Besonders der Westbahnhof ist schrecklich, weil einfach<br />

überall Essen ist. Das ist das Schwierige an einer Essstörung.<br />

Man kann nicht, wie ein Drogenabhängiger, aufhören<br />

die Droge zu nehmen. Man muss essen. Also muss<br />

man irgendwie lernen mit seinem Suchtmittel umzugehen.<br />

Ich wohne deshalb bewusst nicht alleine. Das würde<br />

ich mir nie zutrauen. Ich brauche die Sicherheit, dass da<br />

noch jemand ist. Das hilft mir alte Verhaltensmuster zu<br />

brechen und das will ich unbedingt! Denn ehrlich gesagt,<br />

essgestört zu sein ist unglaublich viel Arbeit. Und die will<br />

ich mir nicht mehr antun. Dafür liebe ich mein Leben<br />

zu sehr. Deshalb übe ich mich jetzt in positiver Faulheit!<br />

Informations- und Anlaufstellen für<br />

Betroffene und Angehörige<br />

Essstörungs-Hotline 0800 - 20 11 20<br />

kostenlos - anonym - bundesweit<br />

Montag bis Donnerstag von 12-17 Uhr<br />

(ausgenommen Feiertage)<br />

e-Mail-Beratung: hilfe@essstoerungshotline.at<br />

intakt Therapiezentrum für<br />

Menschen mit Essstörungen<br />

telefonisch unter 01/22 88 770-0<br />

Mo - Fr von 9:00 – 17:00<br />

oder online: www.intakt.at

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