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30./31. März 2013 / Nr. 13 UNSER ALLGÄU V<br />
Nadine Zeininger (Mitte) und ihre Tochter Marie-Luise wollen sich in Heimenkirch taufen lassen. Links im Bild Tam Thang Luu,<br />
der diesen Schritt bereits vor 30 Jahren gemacht hat.<br />
Foto: Winkler<br />
und wir wurden auf die ‚Cap Anamur‘<br />
gebracht. Wir waren gerettet.“<br />
Tam Thang Luu fasste sofort den<br />
Entschluss: „Ich lasse mich taufen.“<br />
Wenige Wochen später war er in<br />
Heimenkirch im Westallgäu angekommen.<br />
Er sprach kein Wort<br />
Deutsch. Aber seinen Entschluss<br />
verfolgte er mit aller Konsequenz.<br />
Es fand sich ein katholischer Pfarrer<br />
aus Vietnam, so dass die Vorbereitung<br />
auf die Taufe in seiner Muttersprache<br />
erfolgen konnte.<br />
Vor 30 Jahren war es dann soweit:<br />
Aus Tam Thang Luu wurde<br />
Martin. Auf diesen Namen ließ sich<br />
der heute 56-Jährige taufen und als<br />
Martin kennt ihn in der Pfarrgemeinde<br />
St. Margareta seither jeder.<br />
Denn in diesen drei Jahrzehnten ist<br />
der Flüchtling von einst zum Gemeinde-Mitglied<br />
geworden, hat im<br />
Kirchenchor gesungen und gestaltet<br />
Familiengottesdienste mit.<br />
Erfahrungen weitergeben<br />
Seine Geschichte bewegt. Aber<br />
mit all diesen Details kannte sie<br />
kaum jemand in Heimenkirch. Erzählt<br />
hat sie Tam Thang Luu am<br />
ersten Abend der Katechumengruppe.<br />
Deren Gründung stand an, weil<br />
sich mit Nadine Zeininger und ihrer<br />
Tochter Marie-Luise zwei Taufbewerber<br />
fanden. „Ich wusste sofort,<br />
dass ich dabei sein möchte“, erzählt<br />
Tam Thang Luu. Denn gut kann er<br />
sich erinnern an jene Zeit vor über<br />
30 Jahren, in der er sich auf die Taufe<br />
vorbereitete. Diese Erfahrungen<br />
wollte er weitergeben – und dachte<br />
dabei an die beiden Taufbewerber.<br />
Tatsächlich erreichte er schon<br />
am ersten Abend die ganze Gruppe.<br />
„Seine Geschichte hat mich tief bewegt“,<br />
erinnert sich Markus-Claudius<br />
Jejkal. Der Ortspfarrer und Dekan<br />
Franz Xaver Schmid hatte den Pfarrgemeinderat<br />
auf eine Beteiligung an<br />
der Gruppe angesprochen – „das interessierte<br />
mich“. Am ersten Abend<br />
habe man sich über die eigenen Gotteserfahrungen<br />
ausgetauscht und<br />
das führte zum Erzählen von Tam<br />
Thang Luu – aber auch zum eigenen<br />
Nachdenken. „Der Moment nach<br />
dem Empfang der Kommunion ist<br />
ein ganz Besonderer für mich“, hat<br />
Markus-Claudius Jejkal bei dieser<br />
Selbstreflektion gespürt, denn: „Da<br />
ist mir Gott ganz nah.“<br />
Aber auch die anderen Teilnehmer<br />
haben die zurückliegenden Monate<br />
als etwas Besonderes erlebt. So<br />
auch Christa Kegel. Die Sekretärin<br />
vom Pfarramt ist „begeistert, wie die<br />
Taufbewerber die Vorbereitung ernst<br />
nehmen“. Es sei etwas „Besonderes,<br />
gerade in der heutigen Zeit, in denen<br />
sonst nur über Kirchen austritte<br />
gesprochen wird“. Und Christa Kegel<br />
spürte, wie selbst verständlich sie<br />
in den Glauben und die Kirchengemeinde<br />
hineinwuchs.<br />
Pfarrer Schmid hat den monatlichen<br />
Treffen kein starres „Lernprogramm“<br />
zugrundegelegt. Wissen<br />
habe Nadine Zeininger schließlich<br />
schon mitgebracht. Und das, obwohl<br />
Kirche und Glauben im Leben<br />
der heute 37-Jährigen zunächst<br />
keine Rolle spielten. Sie wuchs in<br />
der damaligen DDR auf. Nach der<br />
Trennung von ihrem Ehemann kam<br />
sie mit Tochter Marie-Luise (11)<br />
2010 ins Allgäu. Hier lernte sie ihren<br />
neuen Partner kennen – und mit<br />
ihm dessen katholische Familie.<br />
Da lag ein besonderes Ereignis<br />
schon einige Zeit zurück. Während<br />
einer Autofahrt habe sie ein Sekundenschlaf<br />
überwältigt, erzählt sie.<br />
Wie im Traum hörte sie die Stimme<br />
ihrer Mutter, die sie wachrief.<br />
Doch die Mutter war schon viele<br />
Jahre vorher gestorben. Hinter diesem<br />
Erlebnis sah sie Gott. Im Allgäu<br />
dann besuchte sie eine Abendmesse<br />
und habe in der Kirche sofort eine<br />
beschützende Atmosphäre gespürt.<br />
Wohl gefühlt habe sie sich und sei<br />
während des Gottesdienstes ruhig<br />
und ausgeglichen geworden. „Ich<br />
kam mir vor, als würde ich in eine<br />
Familie aufgenommen“, erinnert<br />
sich die 37-Jährige. Hier ganz dazugehören,<br />
das möchte Nadine Zeininger<br />
und entschloss sich daher,<br />
sich taufen zu lassen, ebenso wie<br />
ihren neugeborenen Sohn Clemens.<br />
Dessen Halbschwester Marie-Luise<br />
möchte da nicht abseits stehen und<br />
hat sich ebenfalls entschlossen, sich<br />
Info<br />
Die Erwachsenentaufe<br />
taufen zu lassen. Und nach einem<br />
Gespräch mit Pfarrer Schmid war<br />
klar, dass die Vorbereitung gemeinsam<br />
mit der Mutter erfolgen sollte.<br />
Entschluss zieht Kreise<br />
Der Entschluss von Nadine Zeininger<br />
zieht Kreise. Auch mit ihrer in<br />
Berlin lebenden Schwester habe sie<br />
schon manches Gespräch über den<br />
Glauben geführt. Sie kommt in der<br />
Osternacht auch zur Taufe ins Westallgäu.<br />
Und die Katechumenengruppe<br />
wird es wohl auch danach geben.<br />
Als bereichernd haben alle Teilnehmer<br />
den Austausch erlebt. „Wir sind<br />
doch als Gruppe zusammengewachsen“,<br />
stellt Mesnerin Fini Schmid<br />
fest. Auch sie hatte sich sofort bereit<br />
erklärt, bei den Abenden dabei zu<br />
sein. Und sie hat festgestellt, dass sie<br />
hier tiefgründiger über den Glauben<br />
gesprochen habe als mit manchem<br />
langjährigen Bekannten.<br />
Susanne Loreck/Olaf Winkler<br />
Information:<br />
Die Osternacht in St. Lorenz in Kempten<br />
beginnt am Ostersonntag, 31. März, um<br />
5 Uhr morgens. Ab November 2013 bietet<br />
die Cityseelsorge St. Lorenz wieder<br />
einen Kurs „Christwerden“ an. Kontakt:<br />
Pfarrbüro, Telefon 08 31/54 05 60-0.<br />
In der Pfarrkirche St. Margareta in<br />
Heimenkirch im Westallgäu beginnt die<br />
Osternacht am Karsamstag, 30. März,<br />
um 20.30 Uhr.<br />
In der Osternacht werden die Taufbewerber<br />
durch Taufe, Firmung und Eucharistie<br />
in die Gemeinschaft der Gläubigen<br />
aufgenommen. Der Lichtfeier<br />
am Osterfeuer und dem Einzug mit<br />
Weitergabe des Lichts folgt der Wortgottesdienst.<br />
Bestandteil ist die Lesung<br />
vom Durchzug des Volkes Israel<br />
durch das Rote Meer: So wie das Volk<br />
Israel dadurch Freiheit erlangt, ist auch<br />
das „Durchgehen“ durch das Wasser<br />
der Taufe ein Zeichen des Freiwerdens<br />
von der Macht der Sünde.<br />
Bei der eigentlichen Tauffeier wird das<br />
Taufwasser geweiht, wobei auch die<br />
Osterkerze als Symbol der Auferstehung<br />
in das Taufwasser eingesenkt<br />
wird. Im Weihegebet wird noch einmal<br />
an alle biblischen Stellen erinnert, in<br />
denen Wasser eine zentrale Rolle<br />
spielt, unter anderen an die Taufe Jesu<br />
im Jordan.<br />
Schließlich werden die Taufbewerber<br />
gefragt, ob sie dem Leben ohne Gott<br />
widersagen und dem Glaubensbekenntnis<br />
zustimmen.<br />
Danach erfolgt die Taufe: Das Taufwasser<br />
wird über das Haupt des Taufbewerbers<br />
gegossen. Der Priester spricht: „Ich<br />
taufe Dich im Namen des Vaters und<br />
des Sohnes und des Heiligen Geistes.“<br />
„Wasser ist Ausdruck von zwei Dingen:<br />
Es wird abgewaschen, was an der Gemeinschaft<br />
mit Gott hindert und zugleich<br />
ist Wasser Symbol des neuen Lebens<br />
mit Christus“, erklärt der Kemptener Dekan<br />
und Stadtpfarrer Bernhard Ehler.<br />
Drei Zeichen verdeutlichen, was in der<br />
Taufe geschehen ist, vor allem die Salbung<br />
mit Chrisam, die bei erwachsenen<br />
Täuflingen im Rahmen der unmittelbar<br />
folgenden Firmung geschieht.<br />
Wer mit Chrisam gesalbt wird, ist Christ<br />
(Christus: der Gesalbte). Die Salbung<br />
ist Ausdruck der Würde, aber auch der<br />
Verpflichtung jedes Christen, seinen<br />
Glauben zu bezeugen. Der Taufschal<br />
(Taufkleid) und die Taufkerze sind weitere<br />
Zeichen.<br />
Anschließend erneuert die ganze Gemeinde<br />
ihr Taufversprechen und wird<br />
mit Weihwasser („Tauferinnerungswasser“)<br />
besprengt. Beim letzten Teil<br />
der Osternacht, der Eucharistiefeier,<br />
empfangen die Getauften die Erste<br />
Heilige Kommunion.<br />
sl