DNS Ausgabe Februar 2014
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02.<strong>2014</strong><br />
Über 36 Jahre Amnesty<br />
International (AI) in Düren<br />
Eine Zwischenbilanz<br />
„Als die Hoffnung gehen lernte“<br />
Der Beginn:<br />
Über 50 Jahren setzt sich „Annesty International<br />
(AI)“ weltweit für Menschen ein, die in ihren<br />
grundlegenden Rechten unterdrückt werden.<br />
“Startschuss“ war am 28. Mai 1961 der Artikel<br />
“The Forgotten Prisoners” des jungen Anwalts<br />
Peter Benenson im Londoner “Observer”. Inhalt:<br />
das Schicksal zweier Studenten aus Lissabon, die<br />
wegen einer politischen, halb-privaten Äußerung zum<br />
Regime des Diktators Salazar im Gefängnis landeten.<br />
Beneson ruft zum “Appeal for amnesty”. Das Echo<br />
ist überwältigend. Dreißig Zeitungen drucken den<br />
Appell nach. In einem Keller mietet der Anwalt zwei<br />
winzige Räume. Das erste Amnesty-Büro. In London<br />
ist immer noch die AI-Zentrale.<br />
Bereits im Juni 1961 gründeten in Köln die<br />
prominenten Journalisten Gerd Ruge und Carola<br />
Stern eine Gruppe, aus der 1966 die Deutsche AI-<br />
Sektion entstand, die Carola leitete.<br />
Carola Stern besuchte später sehr häufig „ ihre“<br />
Dürener Gruppe zu Veranstaltungen und Lesungen.<br />
Die erarbeitete Glaubwürdigkeit und moralische<br />
Autorität wurde durch die Verleihung des<br />
Friedensnobelpreises 1977 geehrt. Damals war die<br />
deutsche Sektion mit über 600 Gruppen und 9000<br />
Mitgliedern schon die größte der Welt. Heute belegt<br />
Deutschland Rang drei.<br />
Wie begann es in Düren?<br />
Ursula Otte lud im Herbst 1976 ins heutige “Alte Post-<br />
Hotel” zur Information über AI ein und um “notfalls”<br />
eine Gruppe zu gründen. 100 Leute kamen! Offiziell<br />
wurde im August 1977 die Gruppe in die Deutsche<br />
Sektion mit der Nummer 1606 aufgenommen.<br />
Ursula Otte, heute noch aktiv, leitete die Gruppe<br />
von der Gründung bis zum 31.12.2001. Danach<br />
ein Jahrzehnt Frank Schnorrenberg zeitweise<br />
mit Sebastian Otte, nun ist Thomas Bongartz<br />
Gruppensprecher.<br />
Erfolge für die Gruppe:<br />
James Magotti war 1977 die erste Einzelbetreuung<br />
eines politischen Gefangenen. James, ein<br />
Menschenrechtsaktivist aus Tansania, wurde in<br />
der Haft schwer gefoltert, sein Bruder getötet. Mit<br />
unermüdlichem Einsatz kam er nach 2 Jahren durch<br />
eine Flut von Briefen und Appellen an die Behörden<br />
Tansanias frei. James ist immer noch mit der Gruppe<br />
befreundet und besuchte Düren mehrfach. Er war<br />
später führend bei Amnesty International Tansania.<br />
Übrigens, die Spuren der Misshandlungen trägt<br />
James heute noch.<br />
1985 wurde Pawel Rytikow, ein sowjetischer<br />
Dissident, nach 7 Jahren Haft von den Behörden<br />
freigelassen. Tamara Büstrowa, eine Dissidentin aus<br />
der ehemaligen Sowjetunion, kam nach 2 Jahren<br />
wieder frei. Dazwischen wurden Fälle in Südafrika,<br />
Nigeria und weitere aus der UdSSR betreut, teilweise<br />
3 Fälle gleichzeitig.<br />
Der schwierigste Fall war Abdel Hamed Miquat, ein<br />
gewaltloser politischer Gefangener aus Syrien. Den<br />
Dürenern gelang es, ihn nach 25 Jahre Haft aus<br />
dem Gefängnis zu holen. Die Arbeit gipfelte in einer<br />
„Audienz“ in der syrischen Botschaft, die maßgeblich<br />
zu Abdel Hamed Miquats Haftentlassung beitrug. Es<br />
war der erste AI-Besuch in einer syrischen Botschaft<br />
weltweit!<br />
Ab 2000 betreute die Gruppe Xu Wenli und kurz<br />
danach Li Wangyang. Harte Fälle. Mit Abdel Hamed<br />
Miqdad vergleichbar.<br />
Beide Männer wurden bereits 1981 bis 1993 wegen<br />
“Organisation einer konterrevolutionären Clique und<br />
konterrevolutionärer Propaganda und Agitation” zu<br />
15 Jahren verurteilt und verbrachten davon über<br />
10 Jahre in Haft. Ein paar Jahre später erfolgte die<br />
nächste Verurteilung aus dem gleichen Grund und<br />
wieder zu über 10 Jahren. Durch die „Lockerung“ in<br />
China während der Bewerbung für die Olympischnen<br />
Spiele kamen sie nach einigen Jahren vorzeitig frei.<br />
Xu Wenli reiste noch am Tag der Haftentlassung in die<br />
USA aus. Li Wangyang blieb in China. Seine Freiheit<br />
war kurz. Er wurde erneut am 20.9.2001 zu 12 Jahren<br />
Haft wegen “Planung der Unterwanderung der<br />
Staatsmacht” verurteilt. Schließlich wurde er am 5.5.<br />
2011 - erblindet - entlassen. Am 5.5.2012 - genau ein<br />
Jahr nach der Freilassung wurde er im Krankenaus<br />
tot „aufgefunden“. Menschenrechtsgruppen aus<br />
Hongkong sprechern von Mord durch Staatsorgane,<br />
weil er wenige Tage zuvor ein Presseinterview<br />
gegeben habe.<br />
Seit 2012 betreuten die Dürener den politischen<br />
Gefangenen Abolfazl Abedini Nasr aus dem<br />
Iran. Er wurde 1982 geboren, war mehrfach in den<br />
letzten Jahren wegen seiner Tätigkeit als Journalist<br />
und Menschenrechtsaktivist inhaftiert und ist zu<br />
insgesamt 12 Jahren verurteilt. Leider ist er entgegen<br />
den Zusagen des neuen iranischen Präsideten<br />
Ruhani nicht amnestiert worden.<br />
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