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Journal Club<br />

Vogel-Partnerschaft in Seewiesen<br />

Fotos (2): Wolfgang Forstmeier<br />

Drum prüfe,<br />

wer sich<br />

ewig bindet<br />

Seewiesener Max-Planck-Forscher zeigen,<br />

dass sich arrangierte Ehen negativ auf die<br />

Erfolgschancen der Nachkommen auswirken.<br />

Auch wenn der Mann unter Anwendung bester<br />

Qualitätskriterien ausgesucht wurde, so kann<br />

man Liebe doch nicht erzwingen – jedenfalls<br />

bei Zebrafinken.<br />

Die in Australien weit verbreiteten Zebrafinken leben in großen<br />

Gruppen, aber sie sind keineswegs ein anonymer Schwarm.<br />

Männchen und Weibchen bilden Pärchen und bleiben lebenslang<br />

monogam, und beide Eltern beteiligen sich gleichermaßen<br />

an der Aufzucht des Nachwuchses.<br />

Die frisch promovierte Forscherin Malika Ihle, die zuvor<br />

an der französischen Université de Bourgogne in Dijon Verhaltensökologie<br />

studiert hatte, widmete dem Paarungsverhalten<br />

der Zebrafinken fünf Jahre im Rahmen eines Projekts<br />

am Max-Planck-Institut für Ornithologie im oberbayerischen<br />

Seewiesen. Erschienen ist die Arbeit der drei Wissenschaftler<br />

Malika Ihle, Bart Kempenaers und Wolfgang Forstmeier nun in<br />

PLoS Biology (Vol. 13: e1002248).<br />

Die Versuchstiere der Max-Planck-Forscher waren nicht etwa<br />

Vögel aus der Zoohandlung, sondern Zebrafinken, die frei von<br />

menschlicher Selektion und nicht mehr als zwölf Generationen<br />

von ihren wilden australischen Vorfahren entfernt waren.<br />

Laut Ihle zeigt ihre Studie zum ersten Mal, dass es für ein<br />

erfolgreiches Vogelfamilienleben nicht so sehr auf die genetische<br />

Fitness der Partner ankommt, sondern darauf, ob sie sich<br />

zusagen. Der Nachwuchs von Vogelpärchen, die einander frei<br />

finden durften, hatte in den Experimenten der Seewiesener<br />

„Vogel-Verkuppler“: Katrin Martin, Melanie Schneider,<br />

Malika Ihle, Wolfgang Forstmeier, Uli Knief<br />

und Johannes Schreiber (v.l.n.r.)<br />

Ornithologen eine 37 Prozent höhere Überlebenschance als die<br />

Küken eigens arrangierter Paare. Aber warum?<br />

Tatsächlich ist unter Verhaltensbiologen umstritten, nach<br />

welchen Kriterien Weibchen ihre männlichen Partner auswählen.<br />

Man unterscheidet Konzepte der genetischen und der<br />

Verhaltenskompatibilität. Frühere Studien haben laut Ihle et al.<br />

bei der Auswahl der zugewiesenen Partner aber nicht darauf<br />

geachtet, ob diese für die Aufgabe fit genug waren. Die Max-<br />

Planck-Forscher machten das nun anders. Die Vögel durften sich<br />

zunächst frei für einen Partner entscheiden. Dann griffen die<br />

Verhaltensforscher bei einem Teil der Pärchen rücksichtslos ein,<br />

trennten sie und mischten sie neu. Die Zebrafinken hatten also<br />

ihren ehemaligen Partner bereits als „gut genug” auserwählt.<br />

Die jeweilige Fitness der am Versuch teilnehmenden Tiere war<br />

damit objektiv gesichert, aus der Vogelperspektive. Und tatsächlich<br />

blieb die Qualität der Embryos in den befruchteten Eiern der<br />

selbst erwählten und der arrangierten Pärchen ungefähr gleich.<br />

Zwangsehen fehlt Harmonie<br />

Im Vergleich zu Nachkommen der selbst gewählten Partner<br />

überlebten allerdings deutlich weniger der geschlüpften Küken<br />

aus arrangierten Ehen. Deren Eltern zeigten weniger Interesse<br />

und kümmerten sich schlechter umeinander und um die Brutaufzucht.<br />

Während die selbsterwählten Pärchen miteinander<br />

turtelten und die Küken hingebungsvoll gemeinsam fütterten,<br />

war die Harmonie bei den Zwangsehen dahin.<br />

Die Väter gingen, wenig überraschend, eher fremd, statt Eier<br />

auszubrüten oder Futter heranzuschaffen. Viele Eier wurden<br />

verlassen, verschwanden aus den Nestern oder wurden unbefruchtet<br />

gelegt. Letzteres lag wiederum daran, dass die Weibchen<br />

in den arrangierten Ehen wenig Interesse am Geschlechtsverkehr<br />

mit dem zugewiesenen Männchen zeigten. Aber auch<br />

die Männchen hatten weniger Interesse, gegenüber einer vom<br />

Experimentator bestimmten Gattin einen Balztanz vorzuführen.<br />

Der Verlust des Partners ist für Zebrafinken relativ leicht<br />

zu bewältigen, denn in ihrer natürlichen Umgebung sind sie<br />

28<br />

<strong>11</strong>/20<strong>15</strong> Laborjournal

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