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Special: Zellbiologie / Zellanalytik<br />

linschicht letztendlich überhaupt nicht repariert<br />

wird, bleibt trotzdem schleierhaft.<br />

Ungeduldig hofft Czopka jetzt auf die<br />

Bestellung eines Lichtscheiben-Mikroskops.<br />

„Diese Art des Live Cell Imaging ist<br />

schonender für die Zellen. Man kann damit<br />

Langzeit-Mikroskopie machen, da das Ausbleichen<br />

der Fluoreszenz verhindert wird<br />

– ein Phänomen, das generell ein großes<br />

Problem bei der Fluoreszenzmikroskopie<br />

biologischer Proben<br />

darstellt“, so Czopka.<br />

Auf diese Weise ist die Lichtscheibenmikroskopie<br />

auch geeignet,<br />

ganze Organe oder komplette<br />

Organismen zu beobachten. Andererseits<br />

kann man mit ihr zur Darstellung<br />

einzelner Zellen oder gar<br />

Moleküle die Auflösung mit Hilfe<br />

spezieller Gitter auf die Spitze treiben<br />

– bis in den Nanometerbereich,<br />

wie die Arbeitsgruppe von Nobelpreisträger<br />

Eric Betzig am HHMI<br />

Janelia Research Campus zeigte.<br />

Letztes Jahr publizierten 27 Forscher<br />

aus USA, Europa und Japan<br />

gemeinsam ein Paper, in dem sie<br />

die Leistungsfähigkeit dieser hochauflösenden<br />

Gitter-Lichtscheiben-Mikroskopie<br />

anhand zwanzig<br />

verschiedener biologischer Systeme<br />

dokumentierten „… from single-molecule<br />

binding kinetics to cell<br />

migration and division, immunology, and<br />

embryonic development.“ (Science 346:<br />

1257998-1–1257998-12). Entsprechend<br />

will Czopka jetzt testen, ob er mit einem<br />

solchen Mikroskop ähnlich viel Neues über<br />

die Myelinisierung von Axonen herausfinden<br />

kann.<br />

100 Mikrometer pro Stunde<br />

Jetzt zu Beispiel Nummer zwei. Während<br />

man unter Live Cell Imaging die Mikroskopie<br />

lebender Zellen in Kultur versteht,<br />

ist die Intravital-Mikroskopie eine<br />

Technologie, mit der man das Geschehen<br />

tatsächlich am und im lebenden Organismus<br />

beobachten will. Voraussetzung dafür<br />

ist natürlich, dass man unter die Haut<br />

oder in das Gewebe schauen kann. Mit<br />

klassischer Fluoreszenzmikroskopie ist das<br />

nicht möglich, da das Anregungs-Laser licht<br />

(350 bis 750 nm Wellenlänge) Fluoreszenzmoleküle<br />

nicht nur in der Fokusebene anregt,<br />

sondern den Lichtstrahl entlang auch<br />

darüber und darunter – was letztlich in<br />

einem starken Rauschen resultiert.<br />

Zu allem Überfluss wird das Licht am<br />

Gewebe stark gestreut. Konfokalität hilft<br />

zwar, aber nicht gut genug. Besser geeignet<br />

ist vielmehr die Zwei-Photonen (2P)-<br />

50<br />

(oder auch Multiphotonen-) Mikroskopie.<br />

In diesem Fall wird mit nahem Infrarotlicht<br />

(780 bis 1400 nm) belichtet, dessen Energie<br />

nicht ausreicht, um Fluoreszenzmoleküle<br />

anzuregen. Daher müssen mindestens<br />

zwei Photonen gleichzeitig im Fokus auf<br />

ein Fluoreszenzmolekül treffen, damit sie<br />

gemeinsam genug Energie für ein Signal<br />

erzeugen können. Wegen der geringeren<br />

Plasmazellen (grün) wandern im Knochenmark<br />

Konzentration an Photonen außerhalb der<br />

fokalen Ebene wird dort keine Fluoreszenz<br />

angeregt und das Problem des Photobleaching<br />

damit weitgehend umgangen. Das<br />

heißt, es wird weniger Streulicht detektiert.<br />

Da diese Art der Anregung zudem weniger<br />

Hitze produziert, ist die Technologie zudem<br />

sehr gewebeschonend.<br />

Die 2P-Mikroskopie war auf diese Weise<br />

allerdings erst mit der Erfindung gepulster<br />

Femtosekunden-Laser in Kombination<br />

mit einer gezielten Fokussierung des Laserstrahls<br />

im Gewebe möglich, denn nur<br />

auf diese Weise werden ausreichend hohe<br />

Photonen-Konzentrationen erzeugt. Da das<br />

Infrarotlicht aber bis zu einem Millimeter<br />

tief in das Gewebe eindringen kann, ist sie<br />

jetzt die Technologie der Wahl für die Intravital-Mikroskopie.<br />

„Fährt man den Fokus entlang der<br />

z-Achse durch das Gewebe, erhält man einen<br />

Bildstapel, aus dem sich mit entsprechender<br />

Software die dreidimensionale<br />

Darstellung errechnen lässt“, erklärt Anja<br />

Hauser, die heute am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum<br />

(DRFZ) und der<br />

Charité in Berlin arbeitet. Bereits während<br />

ihres Postdoc-Aufenthalts an der Yale Universität<br />

machte sie sich mit der 2P-Mikroskopie<br />

vertraut. Ihr Ziel damals war, die<br />

Entwicklung von naiven B-Lymphozyten<br />

zu langlebigen Plasmazellen zu verfolgen.<br />

Und tatsächlich konnte sie an lebenden,<br />

narkotisierten Mäusen beobachten, wie<br />

B-Lymphozyten zu Antikörper-produzierenden<br />

Plasmazellen heranreifen und<br />

währenddessen mit einer Geschwindigkeit<br />

von etwa 100 Mikrometer pro Stunde vom<br />

Inneren des Lymphknotens, aus den Keimzentren,<br />

an dessen Rand wandern<br />

(Immunity 26: 695-99, Nat. Rev.<br />

Immunol. 7: 499-504).<br />

Das weitere Schicksal der Plasmazellen<br />

verläuft in zwei Bahnen:<br />

entweder enden sie als kurzlebige<br />

Plasmazellen oder sie verbringen,<br />

angelockt durch Chemokine, viele<br />

Jahre als Antikörper-produzierende<br />

Gedächtniszellen in speziellen<br />

Nischen im Knochenmark. Damit<br />

sich die Plasmazelle wohl fühlt,<br />

muss diese Nische mit Stromazellen<br />

ausgestattet sein – wie auch<br />

mit einem wechselnden Set hämatopoetischer<br />

Zellen, beispielsweise<br />

Eosinophilen (Nat. Immunol.<br />

12: <strong>15</strong>1-59, Eur. J. Immunol.<br />

8: 2306-17). In ihrer Wohlfühlzone<br />

angelangt, verliert die langlebige<br />

Plasmazelle ihre Motilität<br />

und reagiert auch nicht mehr auf<br />

Chemokine. Sie befindet sich in<br />

ständigem Kontakt mit residenten<br />

Stromazellen, ist extrem gut behütet und<br />

produziert Antikörper. „Das sind wahre Antikörper-Kraftwerke“,<br />

so Hauser. Im Falle<br />

von Autoimmunerkrankungen wie dem Lupus<br />

erythematosus ist der gute Schutz, den<br />

die Nische bietet, allerdings von Nachteil,<br />

denn selbst immunsuppressive Behandlungen<br />

machen den Zellen dort nicht viel<br />

aus, so dass sie jederzeit neue Krankheitsschübe<br />

auslösen können.<br />

Dank Multiphotonen-Mikroskopie hat<br />

man in den letzten 13 Jahren – die ersten<br />

drei Paper erschienen 2002 zusammen in<br />

Science – viel herausfinden können über<br />

das Leben und Verhalten von Immunzellen<br />

(Frontiers Immunol., doi 10.3389/fimmu.20<strong>15</strong>.00240,<br />

Current Opin. Cell Biol.<br />

30: 17-24). Im Fokus war beispielsweise<br />

die Wanderlust von T-Lymphozyten in den<br />

Lymphknoten, die durch ein komplexes Signalsystem<br />

von kleinen GTPasen gesteuert<br />

wird. Die „Raser“ unter den T-Zellen sind<br />

jedoch natürliche T-Killerzellen: mit 600<br />

bis 1.200 Mikrometern pro Stunde flitzen<br />

sie entlang der Wände der kleinen Lebergefäße<br />

(PLoS Biol., doi 10.1371/journal.<br />

pbio.0030<strong>11</strong>3).<br />

Regelrechte Actionstreifen drehte der<br />

aus Österreich stammende und jetzt in Sydney<br />

tätige Wolfgang Weninger mit 2P-Intra­<br />

Foto: Sandra Zementiere<br />

<strong>11</strong>/20<strong>15</strong> Laborjournal

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