LJ_15_11
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Special: Zellbiologie / Zellanalytik<br />
linschicht letztendlich überhaupt nicht repariert<br />
wird, bleibt trotzdem schleierhaft.<br />
Ungeduldig hofft Czopka jetzt auf die<br />
Bestellung eines Lichtscheiben-Mikroskops.<br />
„Diese Art des Live Cell Imaging ist<br />
schonender für die Zellen. Man kann damit<br />
Langzeit-Mikroskopie machen, da das Ausbleichen<br />
der Fluoreszenz verhindert wird<br />
– ein Phänomen, das generell ein großes<br />
Problem bei der Fluoreszenzmikroskopie<br />
biologischer Proben<br />
darstellt“, so Czopka.<br />
Auf diese Weise ist die Lichtscheibenmikroskopie<br />
auch geeignet,<br />
ganze Organe oder komplette<br />
Organismen zu beobachten. Andererseits<br />
kann man mit ihr zur Darstellung<br />
einzelner Zellen oder gar<br />
Moleküle die Auflösung mit Hilfe<br />
spezieller Gitter auf die Spitze treiben<br />
– bis in den Nanometerbereich,<br />
wie die Arbeitsgruppe von Nobelpreisträger<br />
Eric Betzig am HHMI<br />
Janelia Research Campus zeigte.<br />
Letztes Jahr publizierten 27 Forscher<br />
aus USA, Europa und Japan<br />
gemeinsam ein Paper, in dem sie<br />
die Leistungsfähigkeit dieser hochauflösenden<br />
Gitter-Lichtscheiben-Mikroskopie<br />
anhand zwanzig<br />
verschiedener biologischer Systeme<br />
dokumentierten „… from single-molecule<br />
binding kinetics to cell<br />
migration and division, immunology, and<br />
embryonic development.“ (Science 346:<br />
1257998-1–1257998-12). Entsprechend<br />
will Czopka jetzt testen, ob er mit einem<br />
solchen Mikroskop ähnlich viel Neues über<br />
die Myelinisierung von Axonen herausfinden<br />
kann.<br />
100 Mikrometer pro Stunde<br />
Jetzt zu Beispiel Nummer zwei. Während<br />
man unter Live Cell Imaging die Mikroskopie<br />
lebender Zellen in Kultur versteht,<br />
ist die Intravital-Mikroskopie eine<br />
Technologie, mit der man das Geschehen<br />
tatsächlich am und im lebenden Organismus<br />
beobachten will. Voraussetzung dafür<br />
ist natürlich, dass man unter die Haut<br />
oder in das Gewebe schauen kann. Mit<br />
klassischer Fluoreszenzmikroskopie ist das<br />
nicht möglich, da das Anregungs-Laser licht<br />
(350 bis 750 nm Wellenlänge) Fluoreszenzmoleküle<br />
nicht nur in der Fokusebene anregt,<br />
sondern den Lichtstrahl entlang auch<br />
darüber und darunter – was letztlich in<br />
einem starken Rauschen resultiert.<br />
Zu allem Überfluss wird das Licht am<br />
Gewebe stark gestreut. Konfokalität hilft<br />
zwar, aber nicht gut genug. Besser geeignet<br />
ist vielmehr die Zwei-Photonen (2P)-<br />
50<br />
(oder auch Multiphotonen-) Mikroskopie.<br />
In diesem Fall wird mit nahem Infrarotlicht<br />
(780 bis 1400 nm) belichtet, dessen Energie<br />
nicht ausreicht, um Fluoreszenzmoleküle<br />
anzuregen. Daher müssen mindestens<br />
zwei Photonen gleichzeitig im Fokus auf<br />
ein Fluoreszenzmolekül treffen, damit sie<br />
gemeinsam genug Energie für ein Signal<br />
erzeugen können. Wegen der geringeren<br />
Plasmazellen (grün) wandern im Knochenmark<br />
Konzentration an Photonen außerhalb der<br />
fokalen Ebene wird dort keine Fluoreszenz<br />
angeregt und das Problem des Photobleaching<br />
damit weitgehend umgangen. Das<br />
heißt, es wird weniger Streulicht detektiert.<br />
Da diese Art der Anregung zudem weniger<br />
Hitze produziert, ist die Technologie zudem<br />
sehr gewebeschonend.<br />
Die 2P-Mikroskopie war auf diese Weise<br />
allerdings erst mit der Erfindung gepulster<br />
Femtosekunden-Laser in Kombination<br />
mit einer gezielten Fokussierung des Laserstrahls<br />
im Gewebe möglich, denn nur<br />
auf diese Weise werden ausreichend hohe<br />
Photonen-Konzentrationen erzeugt. Da das<br />
Infrarotlicht aber bis zu einem Millimeter<br />
tief in das Gewebe eindringen kann, ist sie<br />
jetzt die Technologie der Wahl für die Intravital-Mikroskopie.<br />
„Fährt man den Fokus entlang der<br />
z-Achse durch das Gewebe, erhält man einen<br />
Bildstapel, aus dem sich mit entsprechender<br />
Software die dreidimensionale<br />
Darstellung errechnen lässt“, erklärt Anja<br />
Hauser, die heute am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum<br />
(DRFZ) und der<br />
Charité in Berlin arbeitet. Bereits während<br />
ihres Postdoc-Aufenthalts an der Yale Universität<br />
machte sie sich mit der 2P-Mikroskopie<br />
vertraut. Ihr Ziel damals war, die<br />
Entwicklung von naiven B-Lymphozyten<br />
zu langlebigen Plasmazellen zu verfolgen.<br />
Und tatsächlich konnte sie an lebenden,<br />
narkotisierten Mäusen beobachten, wie<br />
B-Lymphozyten zu Antikörper-produzierenden<br />
Plasmazellen heranreifen und<br />
währenddessen mit einer Geschwindigkeit<br />
von etwa 100 Mikrometer pro Stunde vom<br />
Inneren des Lymphknotens, aus den Keimzentren,<br />
an dessen Rand wandern<br />
(Immunity 26: 695-99, Nat. Rev.<br />
Immunol. 7: 499-504).<br />
Das weitere Schicksal der Plasmazellen<br />
verläuft in zwei Bahnen:<br />
entweder enden sie als kurzlebige<br />
Plasmazellen oder sie verbringen,<br />
angelockt durch Chemokine, viele<br />
Jahre als Antikörper-produzierende<br />
Gedächtniszellen in speziellen<br />
Nischen im Knochenmark. Damit<br />
sich die Plasmazelle wohl fühlt,<br />
muss diese Nische mit Stromazellen<br />
ausgestattet sein – wie auch<br />
mit einem wechselnden Set hämatopoetischer<br />
Zellen, beispielsweise<br />
Eosinophilen (Nat. Immunol.<br />
12: <strong>15</strong>1-59, Eur. J. Immunol.<br />
8: 2306-17). In ihrer Wohlfühlzone<br />
angelangt, verliert die langlebige<br />
Plasmazelle ihre Motilität<br />
und reagiert auch nicht mehr auf<br />
Chemokine. Sie befindet sich in<br />
ständigem Kontakt mit residenten<br />
Stromazellen, ist extrem gut behütet und<br />
produziert Antikörper. „Das sind wahre Antikörper-Kraftwerke“,<br />
so Hauser. Im Falle<br />
von Autoimmunerkrankungen wie dem Lupus<br />
erythematosus ist der gute Schutz, den<br />
die Nische bietet, allerdings von Nachteil,<br />
denn selbst immunsuppressive Behandlungen<br />
machen den Zellen dort nicht viel<br />
aus, so dass sie jederzeit neue Krankheitsschübe<br />
auslösen können.<br />
Dank Multiphotonen-Mikroskopie hat<br />
man in den letzten 13 Jahren – die ersten<br />
drei Paper erschienen 2002 zusammen in<br />
Science – viel herausfinden können über<br />
das Leben und Verhalten von Immunzellen<br />
(Frontiers Immunol., doi 10.3389/fimmu.20<strong>15</strong>.00240,<br />
Current Opin. Cell Biol.<br />
30: 17-24). Im Fokus war beispielsweise<br />
die Wanderlust von T-Lymphozyten in den<br />
Lymphknoten, die durch ein komplexes Signalsystem<br />
von kleinen GTPasen gesteuert<br />
wird. Die „Raser“ unter den T-Zellen sind<br />
jedoch natürliche T-Killerzellen: mit 600<br />
bis 1.200 Mikrometern pro Stunde flitzen<br />
sie entlang der Wände der kleinen Lebergefäße<br />
(PLoS Biol., doi 10.1371/journal.<br />
pbio.0030<strong>11</strong>3).<br />
Regelrechte Actionstreifen drehte der<br />
aus Österreich stammende und jetzt in Sydney<br />
tätige Wolfgang Weninger mit 2P-Intra<br />
Foto: Sandra Zementiere<br />
<strong>11</strong>/20<strong>15</strong> Laborjournal