LJ_15_11
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Special: Zellbiologie / Zellanalytik<br />
▲<br />
auswählen, welche Zellen man aussortieren will – ganz<br />
nach dem Motto „die Guten ins Töpfchen, die schlechten ins<br />
Kröpfchen.“ Dazu wird der erkannte Wassertropfen elektrostatisch<br />
aufgeladen und in einem elektrischen Feld abgelenkt. Die<br />
sortierten lebenden Zellen stehen dann für weitere Experimente<br />
und Anwendungen zur Verfügung.<br />
Wie schon erwähnt: nicht alles, was Zellen sortiert, trägt ein<br />
„FACS“ in der Gerätebezeichnung. Ob es reiner Zufall ist, dass<br />
Miltenyi Biotec ihr in den späten 1980ern entwickeltes magnetic-activated<br />
cell sorting-System mit dem phonetisch ähnlichen<br />
Akronym „MACS“ versehen haben, sei dahingestellt. Deren<br />
System verwendet ursprünglich magnetische Partikel, die an<br />
Oberflächenmarker gekoppelt sind. Markierte Zellen konnte<br />
man dann magnetisch fixieren und das restliche Zellmaterial<br />
herauswaschen. ‚MACS’ ist ebenfalls ein eingetragener Markenname<br />
und wird heute für diverse Miltenyi-Zellsortierer verwendet,<br />
die heute auch fluoreszenzbasiert arbeiten.<br />
Mario Rembold<br />
Durchflusszytometrie<br />
Spektral<br />
statt klassisch<br />
Während klassische Durchflusszytometer<br />
die Partikel einer Probe mit definierten<br />
Wellenlängen anregen, verfolgt<br />
die spektrale Durchflusszytometrie ein<br />
anderes Konzept: Die einzelnen Zellen<br />
werden mit Licht aus einem breiten<br />
Spektrum beleuchtet. Das von der Zelle<br />
emittierte Licht geht anschließend durch<br />
ein Prisma oder ein Beugungsgitter und<br />
wird dort in seine einzelnen Wellenlängen<br />
zerlegt. Das aufgefächerte Licht fällt<br />
dann auf ein Array linear angeordneter<br />
Detektoren; je mehr Detektoren und je<br />
dichter diese zusammenliegen, desto<br />
genauer kann man die spektrale Zusammensetzung<br />
des emittierten Lichts<br />
erfassen. Idealerweise ergeben sich aus<br />
diesem Spektrum dann alle Wellenlängen,<br />
die innerhalb einer Zelle angeregt<br />
werden, ohne dass man verschiedene<br />
Laser einsetzen muss.<br />
Beflügelte Methode<br />
Vor knapp drei Jahren verfassten<br />
John Nolan und Danilo Condello vom<br />
Scripps Institute in La Jolla einen Review<br />
zum Thema (Curr. Protoc. Cytom. 2013<br />
Jan; Chapter 1: Unit 1.27). Sie stellen<br />
fest, dass sich die Methode noch in der<br />
Entwicklung befindet, doch beflügelt<br />
wird von den Fortschritten in der Detektor-Technologie.<br />
Die Autoren nennen<br />
CCD- und PMT-Sensoren als besonders<br />
geeignet. Koji Futamura et al. aus Tokio<br />
stellten dieses Jahr ein Verfahren zur<br />
spektralen Durchflusszytometrie vor,<br />
dass das Emissionsspektrum zwischen<br />
grün und rot mit einer PMT-Einheit erfasst<br />
(Cytometry A. 87(9):830-42). Sony<br />
Biotechnology bietet mit dem SA3800<br />
Spectral Analyzer ein Zytometer an, das<br />
Wellenlängen zwischen 420 und 800 Nanometern<br />
analysiert. Mario Rembold<br />
42<br />
Zytometrie<br />
Gut sortiert für den Patienten<br />
Nicht immer geht es um möglichst viele<br />
Farben. Andrea Hauser kommt in der Regel<br />
mit vier verschiedenen Markern aus. Klingt<br />
simpel, ist es aber nicht. Denn die sortierten<br />
Zellen werden später Patienten per Infusion<br />
verabreicht. Entsprechend hoch sind<br />
die Anforderungen.<br />
Mastzellen<br />
Foto: NIAID/NIH<br />
Hauser ist die operative Leiterin am<br />
José-Carreras-Centrum für Somatische<br />
Zelltherapie an der Uniklinik Regensburg.<br />
In einer laufenden Phase I/II-Studie von<br />
Matthias Edinger versucht ihr Team, Patienten<br />
zu helfen, die nach einer Stammzelltransplantation<br />
im Zuge einer Leukämietherapie<br />
Komplikationen bekommen<br />
haben; Patienten, bei denen sich diese Komplikationen<br />
nicht konventionell behandeln<br />
lassen. Normalerweise sollen die Spenderzellen<br />
ein neues Immunsystem aufbauen<br />
und helfen im Idealfall dabei, verbliebene<br />
Krebszellen zu bekämpfen. Es kann aber<br />
auch zu ‚Graft-versus-Host’-Reaktionen<br />
kommen, bei denen die übertragenen Immunzellen<br />
den Wirtsorganismus im großen<br />
Stil angreifen. Übeltäter sind Effektor-T-Zellen,<br />
und meistens ist dabei vor allem der<br />
Darm betroffen. „Es kommt zu einer überschießenden<br />
Immunantwort mit starken<br />
Entzündungsreaktionen“, erklärt Hauser.<br />
Neben kampflustigen Immunzellen gibt<br />
es aber auch regulatorische T-Zellen, die<br />
entzündliche Prozesse bremsen. Und genau<br />
diese Leukozyten isolieren die Regensburger<br />
bei der Zellsortierung. „Sie müssen<br />
vom ursprünglichen Stammzell-Spender<br />
der Leukämiepatienten stammen“, betont<br />
Hauser, damit es nicht zu neuen Komplikationen<br />
komme.<br />
Dass man Zellen aus dem Sorter weiter<br />
kultiviert oder in Tierversuchen verwendet,<br />
wäre keine große Sache. Sehr wohl<br />
aber, dass diese Zellen menschlichen Patienten<br />
verabreicht werden. „Da sind wir<br />
in Deutschland die einzigen, die das machen“,<br />
so Hauser. Im juristischen Sinne<br />
stellt man ein Arzneimittel her, in diesem<br />
Fall ein ‚Arzneimittel für neuartige Therapien’.<br />
„Das bringt eine ganze Latte von<br />
Regularien mit sich“, weiß Hauser. Daher<br />
kann man nicht einfach einen beliebigen<br />
Zellsorter verwenden. „Alle Teile, die mit<br />
dem Zellmaterial in Kontakt kommen, darf<br />
man nur einmal verwenden“, nennt Hauser<br />
eine Anforderung. Daher nutzen sie den<br />
Influx der Firma BD Biosciences. Hauser:<br />
„Bei diesem Gerät kann man alle Schläuche<br />
komplett austauschen, die mit der Zellsuspension<br />
in Kontakt kommen; ich kenne<br />
kein Gerät, bei dem das noch möglich<br />
ist.“ Leider betrifft das auch die ‚Nozzle’,<br />
das Bauteil, das die Flüssigkeit fokussiert<br />
und die Zellen vereinzelt. Ein sehr teurer<br />
Wegwerfartikel sei das, da lande man bei<br />
einem niedrigen vierstelligen Eurobetrag.<br />
Die Kanälchen und Schläuche einfach mit<br />
Desinfektionsmittel auszuwaschen, erfüllt<br />
nicht die behördlichen Anforderungen, Autoklavieren<br />
scheitert an den Plastikteilen<br />
des Schlauchsystems, und andere Alternativen<br />
wie radioaktive Bestrahlung sind laut<br />
Hauser im Umfeld der Arzneimittelherstellung<br />
sehr aufwändig und kostspielig.<br />
Der lange Weg zum Sorter<br />
Damit nicht genug: Das Betreten des<br />
Raums, in dem der Sorter steht, braucht<br />
etwa 20 Minuten. „Das gilt aber nur für<br />
geübte Mitarbeiter“, schränkt Hauser ein.<br />
Der Weg endet nach drei Schleusen in<br />
einem Reinraum. Mitarbeiter müssen sich<br />
<strong>11</strong>/20<strong>15</strong> Laborjournal