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Special: Zellbiologie / Zellanalytik<br />
Zelladhäsion in Karlsruhe<br />
Zellen in Einzelhaft<br />
Höher, schneller und weiter<br />
– Hochdurchsatzverfahren<br />
spielen eine immer größere<br />
Rolle beim Sortieren und Charakterisieren<br />
von Zellen. Nicht<br />
so bei Clemens Franz in Karlsruhe.<br />
Dort messen die Forscher<br />
in fisseliger Handarbeit die Adhäsionskräfte<br />
einzelner Zellen.<br />
die richtigen Zellen finden und dort bleiben,<br />
wo sie hingehören. Denn die Zusammensetzung<br />
der Zelladhäsionsproteine auf<br />
der Membran ist für jeden Zelltyp charakteristisch.<br />
Aus der Entwicklungsbiologie gibt<br />
es hierzu eindrucksvolle Experimente – wie<br />
etwa dieses: Man zerlege einen Amphibien-Embryo<br />
in einzelne Zellen und werfe<br />
diese wieder zusammen. Wie von selbst<br />
reorganisieren sich dann Ekto-, Endo- und<br />
Mesoderm zu verschiedenen Schichten<br />
und bilden Zellverbände, die denen im ursprünglichen<br />
Embryo ähneln.<br />
Dabei spielen Adhäsionsmoleküle eine<br />
wichtige Rolle, bestätigt der Biochemiker<br />
Clemens Franz. Aber auch mechanische<br />
Besonderheiten seien wichtig, ergänzt er.<br />
„Es gibt Zelleigenschaften, die der Oberflächenspannung<br />
in Flüssigkeiten ähneln und<br />
dazu beitragen, dass sich gleiche Zellen<br />
finden und sich Gewebe voneinander abgrenzen.“<br />
Umgekehrt kann es fatale Folgen<br />
haben, wenn Adhäsion oder mechanische<br />
Eigenschaften von Zellen gestört sind. „Zellen<br />
aus Brusttumoren wandern häufig ins<br />
Knochengewebe“, nennt Franz ein Beispiel,<br />
„das korreliert oft mit einem Hochregulieren<br />
der Kollagenrezeptoren in den Metastasen-bildenden<br />
Zellen.“ Und weil Knochen<br />
kollagenreich sind, bieten sie dann<br />
eine ideale Umgebung für die Krebszellen.<br />
Gründe genug also, die Zelladhäsion näher<br />
unter die Lupe zu nehmen.<br />
Am Karlsruher Institut für Technologie<br />
(KIT) leitet Clemens Franz seit 2007<br />
eine Nachwuchsgruppe für Nanobiologie.<br />
Bereits während seines Studiums Ende<br />
Foto: Carina Gonnermann / KIT<br />
Messung der Kontaktstärke zweier Neuralleistenzellen via Einzelzell-Kraftspektroskopie<br />
Adhäsionsmoleküle helfen den Zellen dabei,<br />
Halt zu finden. So kennt man dutzende<br />
Cadherine, die den direkten Zell-Zell-Kontakt<br />
vermitteln. Oder Integrine, die Zellen<br />
in der extrazellulären Matrix verankern<br />
und dabei etwa mit Kollagen oder Laminin<br />
interagieren. Auf diese Weise entstehen<br />
stabile Gewebe und Organe. Zellen haften<br />
aber nicht einfach durch irgendeinen<br />
unspezifischen Leim aneinander. Vielmehr<br />
trägt Zelladhäsion auch dazu bei, dass sich<br />
44<br />
der 90er Jahre war Franz von Zelladhäsion<br />
und dem Wanderverhalten von Zellen<br />
fasziniert. „Damals haben wir vor allem<br />
klassische zellbiologische Methoden angewandt“,<br />
erinnert er sich. Doch für die<br />
Fragen, die ihn beschäftigen, reichten diese<br />
Werkzeuge nicht aus. „Mir war das nicht<br />
quantitativ genug, ich wollte genaue Zahlen<br />
haben.“<br />
Zusammen mit Jubin Kashef hat Franz<br />
unlängst einen Review-Artikel geschrie<br />
<strong>11</strong>/20<strong>15</strong> Laborjournal