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KÖLN 7<br />
Über einen Seiteneingang<br />
komme ich ins Spiegelzelt<br />
und habe sofort ein Déjà-vu: Ich bin<br />
in der Hauptstadt. Es sieht nicht nur<br />
so aus, es fühlt sich an wie in der<br />
Bar jeder Vernunft in Berlin. Aber<br />
ich bin in Bonn, der ehemaligen<br />
Hauptstadt. Hier entsteht der<br />
Theaterpalast der Familie Malente,<br />
Premiere ist am 20. September. Ein<br />
Interview mit den Direktoren Knut<br />
Vanmarcke und Dirk Vossberg-<br />
Vanmarcke.<br />
Wie seid ihr auf den Namen<br />
Malente gekommen?<br />
Dirk: Wir sind große Freunde und Fans von<br />
Caterina Valente, Wirtschaftswunderzeit<br />
usw. Als wir für unsere Unternehmung<br />
einen Namen gesucht haben – wir haben<br />
damals viele Jahre im Schmidt Theater in<br />
Hamburg gespielt, das ist ausgegangen<br />
von Familie Schmidt – dachten wir: „Familie<br />
ist schon mal gut.“ Valente konnten wir<br />
nicht machen, Balente war zu nah am<br />
Original. Da haben wir das V verdoppelt und<br />
umgedreht, herausgekommen ist Malente.<br />
Dann kamen wir zufällig dahinter, dass in<br />
Malente in Schleswig-Holstein die Sportschule<br />
war, wo die Fußballnationalmannschaft<br />
1954 für den glorreichen Sieg bei<br />
der WM in Bern trainiert hatte. Da hatten<br />
wir wieder den Bezug zur Wirtschaftswunderzeit<br />
– und deswegen „Familie Malente“.<br />
Kenner nennen uns nur „die Malentes“ …<br />
Knut: … wie eine alte Artistenfamilie.<br />
Warum gerade Bonn?<br />
Knut: Wir haben viele Kreuzfahrten als<br />
Künstler mitgemacht, ganz am Anfang vor<br />
zwanzig Jahren. Unter anderem auf der MS<br />
Deutschland, wo wir Heide Keller kennengelernt<br />
haben, die Chefhostess Beatrice<br />
vom „Traumschiff“. Zu der Zeit waren wir<br />
schon viele Jahre auf See unterwegs und<br />
wollten wieder mal im Theater arbeiten,<br />
zurück dahin, wo wir herkommen. Sie<br />
sagte: „Da habe ich eine gute Adresse für<br />
euch, in Bonn-Bad Godesberg. Bei Herrn<br />
Walter Ullrich im Kleinen Theater müsst ihr<br />
mal spielen.“<br />
Dirk: Wir haben vor 13 Jahren in Bonn<br />
angefangen zu spielen.<br />
Knut: Es war ein Riesenerfolg und wir sind<br />
jedes Jahr wiedergekommen. Wir fühlen<br />
uns hier sehr wohl, haben hier eine große<br />
Fanbase und meine Familie lebt hier. Uns<br />
gefällt es hier so gut, dass wir gesagt haben:<br />
„Wenn, dann probieren wir’s hier“, weil<br />
uns die Region so gut gefällt.<br />
Ihr habt eine Abschiedstournee<br />
gemacht mit dem Titel „Familie<br />
Malente sagt Adieu“. Ist der letzte<br />
Vorhang für euch gefallen?<br />
Knut: Wir haben eine erste Abschiedstournee<br />
gemacht, so wie Howard<br />
Carpendale vor zwanzig Jahren. Bei uns<br />
war der Grund der Abschiedstournee der<br />
Abschied von der Tournee.<br />
Dirk: Wir gehen nicht mehr auf Reisen,<br />
wir bleiben fest an einem Ort mit einem<br />
festen Haus. Deswegen haben wir eine<br />
Abschiedstournee gemacht in über 42<br />
Städten in dreißig Tagen.<br />
Premiere ist im September. Womit<br />
eröffnet ihr die Spielzeit?<br />
Knut: Wir beginnen mit einem Malente-<br />
Klassiker. Wir machen jedes Jahr ein<br />
Malente-Stück, und dieses Jahr ist es „Mit<br />
17 hat man noch Träume“. Eine musikalische<br />
Komödie, die in den 60er-Jahren<br />
spielt. Das war die bisher erfolgreichste<br />
Show, die wir gemacht haben. Wir wollten<br />
dieses Haus mit etwas Bekanntem<br />
eröffnen, wo wir wissen: Mit diesem Stück<br />
treffen wir den Geschmack des Publikums.<br />
Dirk: Wir haben bis zur Eröffnung viele<br />
andere Sachen zu tun und können keine<br />
neue Produktion aus dem Boden stampfen.<br />
Alles, was wir machen, soll gut werden, soll<br />
eine entsprechende Qualität haben.<br />
Knut: Und danach kommt das „Weiße<br />
Rössl“. Das war das erste Stück, das wir<br />
in Berlin in der Bar jeder Vernunft gespielt<br />
haben. Wir lieben dieses Stück über alles,<br />
und ich wollte unbedingt einmal die Rössl-<br />
Wirtin spielen, also musste das Stück auf<br />
den Spielplan. Der Musical-Star Hardy<br />
Rudolz führt Regie und Bill Mockridge spielt<br />
abwechselnd mit Walter Ullrich den Kaiser.<br />
Wie hoch ist der Anteil an<br />
Eigenproduktionen?<br />
Knut: Wir werden mindestens eine<br />
Malente-Show pro Spielzeit haben …<br />
Dirk: Drei!<br />
Knut: … wo wir sechs bis acht Wochen<br />
selber spielen. Dann werden wir eine<br />
Produktion haben, wo wir mitspielen, und<br />
der Rest sind Produktionen, die wir gesehen<br />
haben und wo wir denken: „Mensch,<br />
das ist eine tolle Sache für Bonn.“ Aber<br />
wir werden, auch wenn wir nicht spielen,<br />
jeden Abend präsent sein. Wir sind dann<br />
Gastgeber im Haus. Wir sind immer da,<br />
immer greifbar. Wir reißen Karten ab,<br />
servieren, kümmern uns um Mutti, wenn<br />
sie nicht mehr laufen kann, und bringen<br />
sie zum Platz. Oder um Vati, wenn er<br />
zu viel getrunken hat und nicht mehr<br />
rauskommt.<br />
Eure Lieblingsfiguren?<br />
Dirk: Ich freue mich auf den Leopold im<br />
„Weißen Rössl“, ansonsten spiele ich<br />
immer das am liebsten, was gerade aktuell<br />
ist, was wir spielen.<br />
Knut: Meine Lieblingsrolle ist die Josepha,<br />
die Rössl-Wirtin.<br />
Dirk: Mit dem Stück erfüllen wir uns auch<br />
einen großen Wunsch.<br />
Knut: Das spielen wir echt lange …<br />
Dirk: … und wir sind zehn Personen auf<br />
der Bühne.<br />
Knut: Wir wollen irgendwann auch<br />
„La Cage“ machen, aber da würde ich<br />
noch gerne fünf, sechs Jahre warten.<br />
Dirk: Ich finde auch, je älter man ist bei<br />
„La Cage“, umso besser ist es.<br />
Knut: Eigentlich ist „La Cage“ unsere<br />
Geschichte, bis auf die Tatsache, dass wir<br />
wenig Travestie machen …<br />
Dirk: … und wir haben leider kein Kind.<br />
Knut: Doch, wir haben ein Kind: mit vier<br />
Beinen und viel Fell. *S.D.<br />
www.theaterpalast.de