09.04.2020 Views

atw International Journal for Nuclear Power | 04.2020

Title atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2020 Description Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information. www.nucmag.com

Title

atw - International Journal for Nuclear Power | 04.2020


Description

Ever since its first issue in 1956, the atw – International Journal for Nuclear Power has been a publisher of specialist articles, background reports, interviews and news about developments and trends from all important sectors of nuclear energy, nuclear technology and the energy industry. Internationally current and competent, the professional journal atw is a valuable source of information.

www.nucmag.com

SHOW MORE
SHOW LESS

Create successful ePaper yourself

Turn your PDF publications into a flip-book with our unique Google optimized e-Paper software.

<strong>atw</strong> Vol. 65 (2020) | Issue 4 ı April<br />

Beeinträchtigung der Biosphäre führen<br />

können (§ 2 Nr. 2, § 4 Abs. 3<br />

VersV). 24<br />

IV<br />

Umsetzung des<br />

Entsorgungskonzepts<br />

1 Einleitung<br />

Rein rechtlich ist die Entsorgung der<br />

Rückbaumassen aus Kernkraftwerken<br />

ausführlich und ausreichend geregelt,<br />

einschließlich der Pflicht der zuständigen<br />

Entsorgungsträger, bestimmte<br />

Abfälle aus Kernkraftwerken anzunehmen.<br />

Wie einleitend erwähnt, wird<br />

das auf Herausgabe und Freigabe fußende<br />

Entsorgungskonzept jedoch in<br />

Teilen der Medien, der Politik und der<br />

Bevölkerung kritisiert und in Frage<br />

gestellt; die Diskussion dreht sich meist<br />

um die Deponierung von Bauschutt<br />

aus Kernkraftwerken. Gegner, die der<br />

Freigabe und kon ventionellen Entsorgung<br />

grund sätzlich ablehnend gegenüberstehen,<br />

<strong>for</strong>dern den gesicherten<br />

Verbleib der Rückbaumassen auf dem<br />

Anlagengelände („Bunker“) oder die<br />

Errichtung eines „Endlagers“. Kommunale<br />

Träger von Deponien lehnen teilweise<br />

die Annahme von Bauschutt aus<br />

kerntechnischen Anlagen ab.<br />

2 Vorgehen in einzelnen<br />

Bundesländern<br />

Einige Bundesländer haben deshalb<br />

Initiativen ergriffen, um der Bevölkerung<br />

die Unbedenklichkeit der<br />

konventionellen Entsorgung herausgegebener<br />

oder freigegebener<br />

Reststoffe aus dem Rückbau von<br />

Kernkraftwerken zu erläutern und<br />

ggf. durch Zusatzmaßnahmen eine<br />

größere Akzeptanz herzustellen.<br />

a) Baden-Württemberg<br />

In Baden-Württemberg wurde 2015<br />

eine „Handlungsanleitung zur Entsorgung<br />

von freigemessenen Abfällen<br />

auf Deponien in Baden-Württemberg“<br />

veröffentlicht. 25<br />

Sie entstand unter<br />

der Federführung des Landkreistags<br />

Baden-Württemberg und des Städtetags<br />

Baden-Württemberg unter Mitwirkung<br />

des Umweltministeriums.<br />

Das Papier bezieht sich auf die<br />

Entsorgung aller Abfälle, die gemäß<br />

Anlage III Tabelle 1 Spalte 9a bzw.<br />

Spalte 9c der (damaligen) Strahlenschutzverordnung<br />

für die Beseitigung<br />

auf Deponien freigegeben sind (S. 4),<br />

also auf die Deponierung fester Stoffe<br />

bis zu 100 bzw. 1.000 Tonnen pro Jahr<br />

(das entspricht Spalten 8 und 10 in Anlage<br />

4 Tabelle 1 der heutigen StrlSchV).<br />

Es stellt ausdrücklich fest, dass die entsorgungspflichtigen<br />

Deponiebetreiber<br />

in Baden-Württemberg gesetzlich verpflichtet<br />

sind, zur Beseitigung freigegebene<br />

Abfälle auf den Deponien anzunehmen<br />

und abzulagern (S. 2). Dennoch<br />

wird zur „ Gewährleistung einer<br />

unabhängigen zusätzlichen vollständigen<br />

Kontrolle“ (S. 5) in der Handlungsanleitung<br />

ein Verfahren festgelegt, das<br />

über die An<strong>for</strong>derungen der StrlSchV<br />

hinausgeht. Das Papier verzichtet auf<br />

eine ausdrückliche rechtliche Einordnung<br />

dieser Maßnahmen, referiert<br />

aber die (zutreffende) Rechtsansicht<br />

der Kernanlagenbetreiber, dass es sich<br />

um „rechtlich nicht zwingende Erweiterungen“<br />

handele, die aber<br />

freiwillig mitgetragen würden. Die<br />

hauptsäch lichen Zusatzelemente sind:<br />

p Die Freimessung wird vom<br />

Sachverständigen der atomrechtlichen<br />

Aufsichtsbehörde nach § 20<br />

AtG nicht mehr nur stichprobenartig,<br />

sondern vollständig überprüft.<br />

p Der Sachverständige verplombt<br />

nach der Freimessung sowohl den<br />

Behälter als auch den Ladungsträger<br />

für den Transport.<br />

p Die Deponiebetreiber erhalten vom<br />

Betreiber der kerntechnischen<br />

Anlage die Möglichkeit, sich von<br />

der Durchführung der o.g. Maßnahmen<br />

zu überzeugen; sie<br />

können einen eigenen Sachverständigen<br />

mit stichprobenartigen<br />

Prüfungen beauftragen.<br />

p Weitere Maßgaben betreffen die<br />

Protokollierung und Dokumentation<br />

der o.g. Maßnahmen und<br />

das tatsächliche Vorgehen bei<br />

Anlieferung und Einbau in den<br />

Deponien (Bündelung der Anlieferung<br />

an wenigen Tagen,<br />

Einbau auf einer kleinräumigen<br />

Fläche, zeitnahe Abdeckung).<br />

In einem zeitlichen und inhaltlichen<br />

Zusammenhang mit der Handlungsanleitung<br />

stand ein Gutachten,<br />

das die Abfallwirtschaftsgesellschaft<br />

des Neckar-Odenwald-Kreises mbH<br />

(AWN) beim Öko-Institut in Darmstadt<br />

in Auftrag gab; es ging um die<br />

Bewertung der Einlagerung von Bauschutt<br />

aus dem Kernkraftwerk Obrigheim<br />

in einer Deponie der AWN. 26<br />

Das Gutachten äußert sich verhalten<br />

positiv zum Zehn-Mikrosievert-<br />

Konzept (es begrenze mögliche<br />

Risiken für die Bevölkerung auf ein<br />

„sehr niedriges Niveau“) und hält die<br />

untersuchten Elemente des Entsorgungskonzepts,<br />

besonders auch<br />

unter Berücksichtigung der „Handlungsanleitung“,<br />

für belastbar.<br />

Das Ministerium stellte flankierend<br />

zahlreiche In<strong>for</strong>mationen zur Frei ga be<br />

bereit, unter anderem eine grafisch<br />

aufbereitete vergleichende Darstellung<br />

der durchschnittlichen Strahlenbelastung<br />

aus natürlichen bzw. zivilisatorischen<br />

Strahlenquellen in<br />

Deutschland und des Frei gabe-Dosiskrite<br />

riums von zehn Mikro sievert. 27<br />

Trotz dieser aufwendigen Vorarbeiten<br />

stellten sich Hemmnisse<br />

und Verzögerungen bei der Entsorgung<br />

ein. Bereits im Juni 2016<br />

verhängte das Umweltministerium<br />

ein Anlieferstopp auf Deponien für<br />

freigemessene Abfälle aus dem Rückbau<br />

kerntechnischer Anlagen. Zur<br />

Begründung führte es aus, die Frage<br />

der Nachnutzung von stillgelegten<br />

Deponien mit freigemessenen Abfällen<br />

sei bei Erlass der Strahlenschutzverordnung<br />

nicht ausreichend<br />

berücksichtigt worden, da es keine<br />

entsprechenden Berechnungen gegeben<br />

habe. 28<br />

Nachdem das Öko-<br />

Institut in einem vom Ministerium in<br />

Auftrag gegebenen Gutachten 29<br />

entsprechende<br />

Berechnungen nachgeholt<br />

und bestätigt hatte, dass für die<br />

in Frage kommenden Nachnutzungen<br />

(z. B. land- oder <strong>for</strong>stwirtschaftliche<br />

Nutzung, Wohnbebauung oder Verkehrsflächen)<br />

das Zehn-Mikrosievert-<br />

Konzept eingehalten werde, hob das<br />

Umweltministerium am 22.11.2016<br />

die Untersagung auf. 30<br />

ENERGY POLICY, ECONOMY AND LAW 213<br />

24 Näher zum Langzeitsicherheitsnachweis Schmidt/Versteyl (Fn. 21), S. 582 f.<br />

25 https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/3_Umwelt/Kernenergie/Freigaben_StrlSCHVO/Handlungsanleitung_<br />

Deponien_2015.pdf.<br />

26 Öko-Institut e.V. (Christian Küppers unter Mitarbeit von Mathias Steinhoff), Stellungnahme zu konzeptionellen Fragen der Freigabe zur Beseitigung auf einer Deponie<br />

bei Stilllegung und Abbau des Kernkraftwerks Obrigheim (KWO), 03.08.2015; https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-um/intern/Dateien/<br />

Dokumente/3_Umwelt/Kernenergie/Freigaben_StrlSCHVO/KWO/KWO_Deponie_bei_Stilllegung_und_Abbau.pdf.<br />

27 Die Grafik kann auf https://um.baden-wuerttemberg.de/de/umwelt-natur/kernenergie-und-radioaktivitaet/entsorgung/freigabe/de-minimis-konzept<br />

heruntergeladen werden.<br />

28 https://um.baden-wuerttemberg.de/de/service/presse/pressemitteilung/pid/gutachten-belegt-unbedenklichkeit-freigemessener-abfaelle/.<br />

29 Öko-Institut e.V. (Küppers/Claus/Ustohalova), Mögliche radiologische Folgen der Freigabe zur Beseitigung nach § 29 StrlSchV bei der Nachnutzung einer Deponie<br />

in der Nachsorgephase und in der Zeit nach der Entlassung aus der Nachsorge, Gutachten vom 15.11.2016; https://um.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/<br />

redaktion/m-um/intern/Dateien/Dokumente/3_Umwelt/Kernenergie/Freigaben_StrlSCHVO/20161115_Nachnutzung_Deponie.pdf.<br />

30 Siehe Fn. 28.<br />

Energy Policy, Economy and Law<br />

Disposal of Dismantling Materials from <strong>Nuclear</strong> Facilities – A Legal Inventory ı Christian Raetzke

Hooray! Your file is uploaded and ready to be published.

Saved successfully!

Ooh no, something went wrong!