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SOCIETY 383

The summer issue of SOCIETY features the countries Sweden and Armenia, as well as interviews with the Ambassadors of China, Cyprus, Japan, Lithuania, Korea and Switzerland and Turkmenistan. You will also find an article by Christian Wehrschütz on the parliamentary elections in Montenegro as well as travel stories on Provence in the south of France.

The summer issue of SOCIETY features the countries Sweden and Armenia, as well as interviews with the Ambassadors of China, Cyprus, Japan, Lithuania, Korea and Switzerland and Turkmenistan. You will also find an article by Christian Wehrschütz on the parliamentary elections in Montenegro as well as travel stories on Provence in the south of France.

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<strong>SOCIETY</strong><br />

INTERVIEW<br />

Was kann<br />

Militärdiplomatie?<br />

Oberst Dr. Nikolaus Rottenberger ist<br />

Leiter der Abteilung Militärdiplomatie im<br />

Bundesministerium für Landesverteidigung<br />

(BMLV). <strong>SOCIETY</strong> hat ihm einige Fragen zu<br />

seinem Fachgebiet gestellt.<br />

128<br />

INTERVIEW VON SARAH HEFTBERGER<br />

„Militär und Diplomatie<br />

sind keine Widersprüche,<br />

vielmehr ergänzen<br />

sie sich.“<br />

Militär und Diplomatie erscheinen im ersten<br />

Moment eher widersprüchliche Konzepte zu sein<br />

– was kann man sich darunter konkret vorstellen?<br />

Wie unterscheidet sich die „klassische“ Diplomatie<br />

von der Militärdiplomatie?<br />

Militär und Diplomatie sind keine Widersprüche,<br />

vielmehr ergänzen sie sich. Zudem ist Militärdiplomatie<br />

eine der vielen Spezialformen von Diplomatie,<br />

wie es z.B. auch die Kulturdiplomatie ist.<br />

Sie ergänzt „klassische“ Diplomatie durch die<br />

Beziehungen zwischen Verteidigungsministerien<br />

und Generalstäben verschiedener Nationen. Dabei<br />

verfolgt Militärdiplomatie die Umsetzung von<br />

verteidigungs- und militärpolitischen Interessen,<br />

pflegt die militärischen Beziehungen zwischen<br />

Staaten, stellt einen Informationsaustausch<br />

sicher<br />

und berichtet über die<br />

verteidigungspolitischen<br />

und militärischen Entwicklungen<br />

in den Gaststaaten<br />

und Regionen. Militärdiplomatie<br />

wird durch ein Netz<br />

von Verteidigungsattachés<br />

umgesetzt. Die Verteidigungsattachés gehören zur<br />

Botschaft ihres Landes und arbeiten als Spezialattachés<br />

dem Missionschef zu.<br />

Seit 24. Februar 2022 herrscht ein Krieg in Europa<br />

– was kann Militärdiplomatie in solchen Zeiten<br />

leisten? Und wo stößt sie an ihre Grenzen?<br />

Militärdiplomatie verfolgt in Friedens- sowie in<br />

Kriegszeiten die nationalen Interessen. Neben der<br />

laufenden Beobachtung des Konfliktes ist Militärdiplomatie<br />

in die internationalen Bemühungen zur<br />

Beendigung eben dieses eingebunden. Militärdiplomatie<br />

kann etwa dazu beitragen, die Kommunikation<br />

zwischen den Konfliktparteien aufrechtzuerhalten<br />

und Missverständnisse zu vermeiden.<br />

Militärdiplomatie stößt auch in Krisen- und<br />

Kriegssituationen nicht an ihre Grenzen, da sie<br />

auch in der „heißen Phase“ von Konflikten weiterläuft.<br />

Wenn es zu einer Eskalation kommt und die<br />

Konfliktparteien nicht bereit sind, auf diplomatischem<br />

Wege zu verhandeln, wirkt die Militärdiplomatie<br />

wie die herkömmliche Diplomatie mit<br />

anderen Instrumenten der Konflikteindämmung<br />

Oberst Dr. Nikolaus Rottenberger<br />

oder -lösung, etwa mit Sanktionen, Verbindungsdiensten<br />

oder Waffenstillstandsverhandlungen.<br />

Wie wird man überhaupt Militärdiplomat?<br />

Die Verwendung als Verteidigungsattaché setzt<br />

eine fundierte militärische Laufbahn mit umfassender<br />

Erfahrung etwa in multinationalen Stäben<br />

oder Friedensoperationen voraus. Generalstabsoffiziere<br />

oder Offiziere mit vergleichbarer Laufbahn,<br />

meist im Dienstgrad Oberst, unterziehen sich nach<br />

ihrer Auswahl einer rund einjährigen Spezialausbildung<br />

in Wien. Diese beinhaltet insbesondere sicherheits-<br />

und außenpolitische Grundlagen, diplomatische<br />

Fertigkeiten, Protokollangelegenheiten und<br />

eine Sprachausbildung.<br />

Mit wie vielen Ländern hat Österreich militärdiplomatische<br />

Beziehungen? Welche Rolle spielt<br />

Österreichs Neutralität in der Ausarbeitung der<br />

militärdiplomatischen „Strategie“? Und wie entscheidet<br />

man, in welchen Ländern Militärbüros<br />

eingerichtet werden?<br />

Österreich hat aktuell rund 20 Verteidigungsattachébüros<br />

auf vier Kontinenten, wobei fast jedes<br />

Büro zusätzlich für zwei bis maximal vier weitere<br />

Länder verantwortlich ist. Dadurch kann Österreich<br />

bilaterale militärdiplomatische Beziehungen<br />

mit etwa 70 Ländern aufrechterhalten. Umgekehrt<br />

haben rund 50 Staaten Verteidigungsattachés in<br />

Wien akkreditiert.<br />

Selbstverständlich sind die Verpflichtungen<br />

eines neutralen Staates hochrelevant in der<br />

Verfolgung unserer Interessen. Ebenso wichtig<br />

sind die Verbindlichkeiten, die Österreich als<br />

Mitglied der EU und der NATO-Partnerschaft<br />

für den Frieden seit 1995 eingegangen ist. Ich<br />

denke, dass wir da eine gute Form der Umsetzung<br />

gefunden haben.<br />

Wir beurteilen laufend unser globales Netzwerk<br />

nach Zweckmäßigkeit und aufgrund der Änderung<br />

von Interessen und Verpflichtungen. Die Entscheidung,<br />

ob ein neues Büro eröffnet oder ein bestehendes<br />

verlagert wird, wird auf Grund von sicherheits-<br />

und verteidigungspolitischen Entwicklungen<br />

in Abstimmung mit den wesentlichen<br />

außen- und sicherheitspolitischen Institutionen in<br />

Österreich getroffen.<br />

Foto/s ©Gunther Pusch/HBF<br />

THE LEADING MAGAZINE OF MODERN DIPLOMACY

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