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SOCIETY 383

The summer issue of SOCIETY features the countries Sweden and Armenia, as well as interviews with the Ambassadors of China, Cyprus, Japan, Lithuania, Korea and Switzerland and Turkmenistan. You will also find an article by Christian Wehrschütz on the parliamentary elections in Montenegro as well as travel stories on Provence in the south of France.

The summer issue of SOCIETY features the countries Sweden and Armenia, as well as interviews with the Ambassadors of China, Cyprus, Japan, Lithuania, Korea and Switzerland and Turkmenistan. You will also find an article by Christian Wehrschütz on the parliamentary elections in Montenegro as well as travel stories on Provence in the south of France.

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LÄNDER IM FOKUS<br />

ARMENIEN<br />

88<br />

Geschichte<br />

Armenien kann auf eine lange<br />

Geschichte blicken, die etwa 3000<br />

Jahre zurückreicht. Die Region erlebt<br />

zur Zeit des Königreiches Urartu, woher<br />

sich der Name des Berges Ararat ableitet,<br />

eine Blütezeit (zwischen dem 9.<br />

und 7. Jahrhundert v. Chr.). Erstmals<br />

namentlich erwähnt wird das armenische<br />

Volk ca. 500 v. Chr., etwa in<br />

den Inschriften des Achämenidenkönigs<br />

Dareios I. oder den Schriften des<br />

Gelehrten Herodot.<br />

Somit gelten die zu den Indoeuropäern<br />

zählenden Armenier als einer der<br />

ältesten Volksstämme des asiatischeuropäischen<br />

Raums. Unter König Tigranes<br />

erlangt Armenien im ersten Jahrhundert<br />

v. Chr. schließlich die größte<br />

territoriale Ausdehnung, welche bis<br />

nach Ägypten reicht.<br />

Nach der Taufe des damaligen<br />

Königs Tiridates III im Jahre 301 n. Chr.,<br />

durchgeführt vom Nationalheiligen<br />

Gregor dem Erleuchter, bekennt sich<br />

Armenien als erster Staat der Welt<br />

zum Christentum als Staatsreligion.<br />

Dies trägt, zusammen mit der Erfindung<br />

des eigenen Alphabets kurze<br />

Zeit später, wesentlich zur nationalen<br />

Identität bei. In den folgenden Jahrhunderten<br />

wird Armenien immer wieder<br />

Austragungsort von Schlachten<br />

und militärischen Konflikten, Gebietsteile<br />

fallen in die Hände von Mongolen,<br />

Kiliken, Byzantinern, Persern und<br />

Osmanen. Im Zuge dessen wird das<br />

armenische Volk wiederholt vertrieben<br />

oder steht unter Fremdregentschaft.<br />

Obwohl sie nie vollständig unterworfen<br />

werden, erlangen die Armenier<br />

jedoch auch lange nicht mehr<br />

ihre vollständige Unabhängigkeit.<br />

Im 19. Jahrhundert erobert das<br />

russische Zarenreich große Teile<br />

der heutigen Republik.<br />

Die Hauptstadt Jerewan von oben<br />

Die verheerendsten Ereignisse der<br />

jüngsten Vergangenheit erleben die<br />

Armenier im Zuge der grausamen<br />

Massaker und Genozide an ihrem Volk.<br />

Der Unterdrückungspolitik des osmanischen<br />

Sultans fallen zwischen 1894<br />

und 1897 tausende Armenier:innen,<br />

vor allem in der Region Sason (heutige<br />

Türkei), zum Opfer. Circa zwanzig<br />

Jahre später ereignet sich schließlich<br />

das schlimmste Verbrechen am armenischen<br />

Volk, als 1915 der Völkermord<br />

durch osmanische Soldaten verübt<br />

wird, bei dem mehr als 1,5 Millionen<br />

Armenier:innen ums Leben kommen.<br />

Der 24. April 1915, an dem die ersten<br />

Verhaftungen armenischer Intellektueller<br />

in Konstantinopel stattfinden,<br />

markiert seitdem den Jahrestag<br />

der verheerenden Ereignisse und ist<br />

nationaler Trauertag. Die Aufarbeitung<br />

und der Kampf um dessen rechtmäßige<br />

Anerkennung als Völkermord werden<br />

bis heute geführt. Österreich hat<br />

den Völkermord im Jahr 2015 durch<br />

das Parlament anerkannt, ebenso wie<br />

Deutschland, Frankreich, USA, Russland,<br />

die Niederlande, Polen, Slowakei,<br />

Uruguay, Argentinien, Libanon, Belgien<br />

und viele mehr. Nach dem Zusammenbruch<br />

des russischen Reichs erfolgt<br />

1918 schließlich die Ausrufung der Ersten<br />

Republik Armenien. Ein paar Jahre<br />

später wird Armenien Teil der Sowjetunion<br />

und erlangt erst 1991 seine<br />

Unabhängigkeit. Daraufhin tritt es der<br />

GUS sowie ein Jahr später der OSZE<br />

und den Vereinten Nationen bei. Seit<br />

2001 ist Armenien auch Teil des Europarates<br />

und seit 2003 bei der Welthandelsorganisation.<br />

Kultur und Bildung<br />

Großer Wert wird in Armenien seit jeher<br />

auf Bildung gelegt. Heutzutage befinden<br />

sich vornehmlich in der Hauptstadt<br />

Jerewan zahlreiche<br />

hochspezialisierte und<br />

angesehene Universitäten.<br />

In Aragaz, in der Bergkette<br />

des Aragat gelegen, hat<br />

sich zudem ein wichtiger<br />

wissenschaftlicher Standort<br />

herausgebildet: Im<br />

Astrophysischen Observatorium<br />

Bjurakan kann man<br />

einen Blick in die Sterne<br />

werfen und auch in der<br />

Cosmic Ray Research Station,<br />

die auf 3190 Metern<br />

Höhe liegt, lassen sich<br />

selbst schwächste Lichtsignale<br />

aus den Tiefen des<br />

Weltraums nachweisen.<br />

Die Hauptstadt Jerewan bildet das<br />

kulturelle Zentrum des Landes. Hier<br />

finden die wichtigsten Feste sowie<br />

größten Musik-, und Kulturveranstaltungen<br />

statt, wie z.B. das Wasserfest<br />

„Wardawar“, bei dem es zu großen<br />

Wasserschlachten auf den öffentlichen<br />

Plätzen kommen kann. Zu internationaler<br />

Bedeutung in der Filmszene<br />

hat es auch das Filmfest „Goldene<br />

Aprikose“ gebracht, bei dem jeden Juli<br />

internationale Filme um die begehrten<br />

Preise konkurrieren. Landesweit<br />

erfreut sich zudem der armenische<br />

Karneval „Barekendan“ großer Popularität.<br />

Ein fester Bestandteil der armenischen<br />

Kultur sind die überall im<br />

Lande zu findenden Kreuzsteine. Die<br />

reichlich verzierten, in Stein gemeißelten<br />

Kreuze symbolisieren Armeniens<br />

traditionelle Nähe zum christlichen<br />

Glauben.<br />

Kulinarik<br />

Die armenische Küche ist geprägt von<br />

kulinarischen Einflüssen aus dem Mittelmeer-,<br />

mittelöstlichen und osteuropäischen<br />

Raum. Sie bleibt dabei<br />

zumeist bodenständige Hausmannskost,<br />

welche aber mit mehreren Vorspeisen<br />

und Gängen zu längerem<br />

Schlemmen einlädt. Ähnlich zur südländischen<br />

Küche werden z.B. Zucchini<br />

oder Auberginen aber auch geschnittene<br />

Gurken und Tomaten als Vorspeise<br />

gereicht. Überall zu finden ist<br />

das „Lawasch“, ein in Tonöfen gebackenes<br />

Fladenbrot, welches oft noch mit<br />

Kräutern und lokalen Käsesorten garniert<br />

wird. Zusätzlich zu den Vorspeisen<br />

gibt es häufig eine Joghurtsuppe,<br />

„Spas“ sowie „Tolma“, in Wein-, und<br />

Kohlblättern eingerollte Hackfleischbällchen.<br />

Das Nationalgericht schlechthin<br />

sind „Chorowaz“, gegrillte Fleischspieße.<br />

Zu traditionellen Anlässen<br />

wird „Harissa“ serviert, ein über<br />

Stunde gekochter Maisbrei mit Hähnchenstücken.<br />

Als echte Delikatesse ist auch<br />

„Chasch“ berühmt: die eingekochten<br />

Kuhfüße galten früher noch als<br />

"Arme-Leute" Essen. Als Nachtisch<br />

werden frische Früchte oder süße Baklava<br />

gereicht. Etwas Besonderes sind<br />

dabei auch die grünen Walnüsse und<br />

getrockneten Früchte. Doch Armenien<br />

ist auch bekannt für seinen traditionsreichen<br />

Mokka, einen stark gebrauten<br />

schwarzen Kaffee. Weit über die Grenzen<br />

beliebt ist der exzellente Cognac,<br />

welcher zudem Armeniens bekanntestes<br />

Exportgut darstellt.<br />

Foto/s © unsplash, pixabay, Tigran Lorsabyan, Tigran Karatyan<br />

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